Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2007 - 4 StR 1/07

bei uns veröffentlicht am27.09.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 1/07
vom
27. September 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
zu 2.: Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 27. September 2007 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten Olaf E. wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 9. August 2006, soweit es ihn betrifft, aufgehoben,
a) soweit er in den Fällen II. B 5 und 19 der Urteilsgründe verurteilt worden ist mit den Feststellungen,
b) soweit der Angeklagte in den Fällen II. B 2, 3, 7 bis 10, 12, 14 bis 18, 20 und 21 der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist mit den zur Gefährdung anderer Personen, zum Wert der durch die jeweiligen Verkehrsunfälle gefährdeten fremden Sachen und den insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen ; die übrigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle durch den Angeklagten bleiben jedoch aufrechterhalten;
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen. 2. Auf die Revision der Angeklagten Manuela Carmen E. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit sie im Fall II. B 5 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in 20 Fällen und wegen Betruges in 21 Fällen, wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und gegen ihn eine Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB festgesetzt. Die Angeklagte hat es wegen Betruges in 21 Fällen, wobei es in vier Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel der Angeklagten haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Soweit das Landgericht im Fall II. B 5 der Urteilsgründe den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und beide Angeklagte wegen eines mittäterschaftlich begangenen Betruges zum Nachteil der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners verurteilt hat, haben die Rechtsmittel der Angeklagten mit einer zulässig erhobenen, auf die Verletzung des § 261 StPO gestützten Verfahrensrüge Erfolg.
3
Das Landgericht hat seine Überzeugung, dass der Angeklagte den Unfall mit dem von ihm geführten Pkw, dessen Halterin die Angeklagte gewesen ist, absichtlich herbeigeführt hat, indem er das Fahrzeug ohne verkehrsbedingten Grund plötzlich bis zum Stillstand abgebremst hat, auf die Bekundungen des in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Unfallgegners und einer Zeugin , die den Unfall als Fußgängerin beobachtet hat, gestützt.
4
Die Angeklagten rügen zu Recht, das Landgericht habe entgegen § 261 StPO die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt, weil es unterlassen habe, die in der Hauptverhandlung verlesene Schadensanzeige des Unfallgegners vom 1. Dezember 2000 und die von diesem gefertigte Unfallskizze, die in Augenschein genommen wurde, in seine Beweiswürdigung einzubeziehen. In seiner Schadensanzeige hatte der Unfallgegner angegeben, ein Bus habe durch Blinkzeichen angezeigt, den Haltestellenbereich verlassen zu wollen, worauf die drei vor ihm fahrenden Pkw abrupt abgebremst worden seien, so dass er nicht rechtzeitig habe halten können und auf den vor ihm befindlichen Pkw aufgefahren sei. Diese mit der von dem Zeugen gefertigten Unfallskizze in Einklang stehende Schilderung des Unfallhergangs lässt sich mit den Bekundungen des Zeugen in der Hauptverhandlung nicht vereinbaren. Das Landgericht hätte sich deshalb in den Urteilsgründen mit diesem Widerspruch auseinandersetzen müssen (vgl. BGH StV 1993, 115; BGH, Urteil vom 15. September 2005 - 4 StR 107/05).
5
2. Soweit der Angeklagte im Fall II. B 19 der Urteilsgründe wegen Betruges verurteilt worden ist, hat sein Rechtsmittel ebenfalls mit einer auf die Verletzung des § 261 StPO gestützten Verfahrensrüge Erfolg.
6
Nach den Feststellungen brachte die Zeugin F., die mit ihrem Pkw aus einer untergeordneten Straße kommend nach rechts in die Hauptstraße abbiegen wollte, den Pkw vor der Kreuzung an der Sichtlinie zum Halten. Der Angeklagte , der sich mit seinem Fahrrad der Kreuzung auf dem Bürgersteig – aus der Sicht der Zeugin – von links näherte, erkannte, dass die Zeugin mit ihrem Pkw so weit vorgefahren war, dass sie den Bürgersteig nicht mehr im Blick hatte. Als die Zeugin anfuhr, steuerte er sein Rad vor den Pkw der Zeugin und kam, wie von ihm beabsichtigt, zu Fall. Die Haftpflichtversicherung der Zeugin zahlte als Schadensersatz und Schmerzensgeld insgesamt 902,20 Euro an den Angeklagten, weil sie aufgrund der Unfallschilderung in dem Schreiben des vom Angeklagten beauftragten Rechtsanwalts davon ausging, die Zeugin sei mit ihrem Pkw plötzlich und unvermittelt angefahren, als der Angeklagte den Einmündungsbereich bereits nahezu vollständig überquert gehabt habe. Das Landgericht hat seine Überzeugung, dass der Angeklagte den Unfall absichtlich herbeigeführt hat, auf die Bekundungen der Zeugin F. in der Hauptverhandlung gestützt. Aus der Sicht der Zeugin sei die Vorfahrtsstraße in beide Richtungen gerade und gut einsehbar gewesen. Da die Zeugin sich sicher gewesen sei, keinen Radfahrer auf der Fahrbahn gesehen zu haben, müsse sich der Angeklagte , wie die Zeugin „bereits vermutet“ habe, außerhalb ihres Sichtfeldes befunden haben und sich mithin über den Bürgersteig angenähert haben.
7
Die Revision des Angeklagten rügt zu Recht, dass das Landgericht sich entgegen § 261 StPO nicht mit der in der Hauptverhandlung am 18. Januar 2006 verlesenen, von der Zeugin und vom Angeklagten unterschriebenen Unfallanzeige vom 16. November 2002 und mit der in Augenschein genommenen Unfallskizze auseinandergesetzt hat. Dies war deshalb geboten, weil sich sowohl aus der von der Zeugin für die Schadensanzeige bei der Haftpflichtversicherung gefertigten Skizze als auch aus der Beschreibung der Unfallsituation in der Unfallanzeige ergibt, dass der Angeklagte sich der Kreuzung auf dem für Radfahrer freigegebenen Gehweg nicht – wie aufgrund der Bekundungen der Zeugin festgestellt – von links, sondern von rechts näherte. Nach der von der Zeugin gefertigten Skizze war die Sicht nach rechts aus dem auf die Kreuzung zufahrenden Pkw aber durch eine Hecke am Rand des Geh- und Radweges eingeschränkt.
8
3. Die aufgezeigten Verfahrensfehler führen zur Aufhebung der Verurteilungen in den Fällen II. B 5 und 19 der Urteilsgründe. Das Landgericht hat die Verurteilung in diesen Fällen entscheidend auf die Bekundungen der Unfallgegner gestützt, von deren Glaubhaftigkeit es sich insbesondere auch im Hinblick darauf überzeugt hat, dass sie „auch nicht im Widerspruch zu früheren Angaben und Vernehmungen“ standen (UA 107). Es ist deshalb nicht auszuschließen , dass das Landgericht, hätte es die Beweisergebnisse umfassend gewürdigt , zu anderen, für die Angeklagten günstigeren Feststellungen gelangt wäre. Dass sich die Verfahrensfehler auch auf die der Verurteilung der Angeklagten in den übrigen Fällen zu Grunde liegende Beweiswürdigung ausgewirkt haben können, schließt der Senat aus. Soweit das Landgericht seine Überzeugung, dass der Angeklagte die Unfälle absichtlich herbeigeführt hat, unter anderem auf die Vielzahl der Unfälle, an denen der Angeklagte beteiligt war, die Vergleichbarkeit der jeweiligen Verkehrslage an den Unfallorten und die stets glei- che Abwicklung der Schadensfälle gestützt hat, steht dem nicht entgegen, dass der Angeklagte in den Fällen II. B 5 und 19 der Urteilsgründe die Unfälle möglicherweise nicht provoziert hat. Denn der Unfallhergang in diesen Fällen unterscheidet sich deutlich von dem Unfallgeschehen in den übrigen Fällen, die zahlreiche Gemeinsamkeiten aufweisen, die für eine Unfallprovokation durch den mit den Verhältnissen an den Unfallorten vertrauten Angeklagten sprechen.

II.


9
Soweit es die Angeklagte betrifft, hat die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu deren Nachteil ergeben. Die Revision des Angeklagten hat jedoch mit der Sachrüge Erfolg, soweit er in den Fällen II. B 2, 3, 7 bis 10, 12, 14 bis 18, 20 und 21 jeweils wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist.
10
1. Zwar hat der Angeklagte nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen den Verkehrsunfall jeweils absichtlich herbeigeführt (§ 315 b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 a StGB) und mithin die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er einen "ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff" im Sinne des § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB vorgenommen hat (vgl. BGHSt 48, 233). Der Straftatbestand des § 315 b Abs. 1 StGB setzt darüber hinaus aber voraus, dass durch den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden. Dass in den genannten Fällen Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet worden sind, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Auch die Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert ist in den genannten Fällen nicht belegt. Dass eine Sache von bedeutendem Wert nur in (wirtschaftlich) unbedeutendem Maße gefährdet wird, reicht hierfür nicht aus; vielmehr muss der konkret drohende Schaden bedeutenden Umfanges sein (vgl. BGH NJW 1990, 194, 195; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 315 Rdn. 16 m.w.N.). Für die Berechnung des Gefährdungsschadens kommt es auf die am Marktwert zu messende Wertminderung an (vgl. BGH NStZ 1999, 350, 351; Barnickel in MünchKomm StGB § 315 Rdn. 71). Die Wertgrenze für die Annahme der Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert im Sinne des § 315 b Abs. 1 StGB lag zu dem für die Wertbestimmung maßgeblichen Gefährdungszeitpunkt (vgl. Barnickel in MünchKomm StGB aaO Rdn. 69 m.N.) bei mindestens 1.500 DM bzw. 750 Euro (BGHSt 48, 14, 23; vgl. Barnickel aaO). Dass in den oben genannten Fällen ein Schaden (zumindest) in dieser Höhe drohte, ist durch die bisherigen Feststellungen nicht belegt:
11
Soweit im Fall II. B 20 der Urteilsgründe der eingetretene Fremdsachschaden mit 375 Euro beziffert wird, liegt es nach den bisherigen Feststellungen eher fern, dass ein darüber hinausgehender Schaden drohte. In den übrigen Fällen hat die Strafkammer die Höhe des entstandenen Sachschadens nicht genannt. Weder das Schadensbild in den Fällen II. B 8 der Urteilsgründe (Kratzer an der vorderen Stoßstange rechts), II. B 9 ("zwei Punkte" am Fahrzeug des Unfallgegners), II. B 10 (Beschädigung der Stoßstange vorne rechts) und II. B 17 (eine etwa einen Zentimeter tiefe Einbeulung des vorderen Kennzeichens ) noch die Feststellungen zum Unfallhergang in diesen und den übrigen Fällen belegen eine zweifelsfrei die Wertgrenze überschreitende konkrete Gefährdung der an dem Unfall beteiligten Fremdfahrzeuge.
12
2. Die danach gebotene Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den genannten Fällen lässt jedoch die Verurteilung der Angeklagten in diesen Fällen wegen eines mittäterschaftlich zum Nachteil der Haftpflichtversicherungen der jeweiligen Unfall- gegner begangenen Betruges unberührt. Sie zieht nur die Aufhebung der zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen, zur Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert und der insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen nach sich. Im Übrigen halten die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle und zum Schädigungsvorsatz des Angeklagten rechtlicher Nachprüfung stand und können deshalb bestehen bleiben.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2007 - 4 StR 1/07

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Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 315 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr


(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er 1. Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,2. Hindernisse bereitet,3. falsche Zeichen oder Signale gibt oder
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2007 - 4 StR 1/07 zitiert 5 §§.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 107/05
vom
15. September 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
15. September 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 16. September 2004 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von dem Vorwurf eines weiteren Betruges hat es ihn freigesprochen.
Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrens- und der Sachbeschwerde gegen den Teilfreispruch. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Beide Rechtsmittel haben Erfolg.

I.


Revision der Staatsanwaltschaft
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft dringt bereits mit der Sachrüge durch, so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht bedarf.
1. Soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, liegt ihm zur Last, im Juli des Jahres 2000 mit dem Arzt Dr. Z. einen Vertrag über den Erwerb einer Unterbeteiligung an dem ihm angeblich zustehenden Kommanditanteil an der mbH & Co. in B. ( ), 13. und 14. B. KG, abgeschlossen zu haben. Zur Erbringung der Gegenleistung habe Dr. Z. seine Tante, Brigitte Z. , veranlasst , 250.000 DM auf das Konto des Angeklagten zu überweisen, wo das Geld am 20. Juli 2000 eingegangen sei. Der Angeklagte habe verschwiegen, dass er an der 13. und 14. B. gar nicht beteiligt gewesen sei, dass bereits am 14. Mai 1997 Antrag auf Konkurseröffnung über sein Privatvermögen gestellt und daraufhin die Sequestration über sein Vermögen angeordnet worden sei, er am 23. April 1999 die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und er Steuerschulden in zumindest sechsstelliger Höhe gehabt habe.
2. Nach den Feststellungen des Landgerichtes befand sich der Angeklagte vom 11. Juni 1999 bis zum 4. Mai 2000 wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft. Hier lernte er den wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges - bis zum 20. Juni 2000 - ebenfalls inhaftierten Dr. Z. kennen. Die Verbindung zwischen beiden bestand auch nach ihrer jeweiligen Haftentlassung fort. Der Angeklagte, über dessen Vermögen bereits
am 1. Dezember 1997 die Sequestration angeordnet worden war und der am 23. März 1999 die eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse abgegeben hatte, bot Dr. Z. , der um “finanzielle Unterstützung“ gebeten hatte, die Beteiligung an einem Immobilienprojekt in B. an, das er als günstig und gewinnbringend anpries. Seine eigene desolate finanzielle Situation verschwieg er. Zum Erwerb der Beteiligung veranlasste Dr. Z. seine Tante , Brigitte Z. , 250.000 DM auf ein Konto des Angeklagten zu überweisen. Das Geld ging dort am 20. Juli 2000 ein; der Angeklagte verfügte bereits am 21. Juli 2000 darüber, indem er es auf das Konto seiner Lebensgefährtin überwies. Im Juli oder August 2000 unterschrieben der Angeklagte und Dr. Z. einen “Unterbeteiligungsvertrag“ betreffend die Kommanditeinlage des Angeklagten in Höhe von 400.000 DM an der “ 13.+14. B. , B. “. Am 23. Oktober 2000 erkundigte sich der Angeklagte bei dem Sequester , ob er seine B. -B. verkaufen könne, für die inzwischen ein Käufer gefunden worden sei. Von dessen Vertreter erhielt er die Auskunft, er möge den Vertrag unter dem Vorbehalt der späteren Genehmigung durch den Sequester abschließen. Der Sequester, der aufgrund der verhängten Postsperre von der B. -B. des Angeklagten erfahren hatte, erhielt auf seine Nachfrage von der die Auskunft, dass der Angeklagte an der 15. – und nicht an der 13. und 14. B. KG – beteiligt, der Wert der Beteiligung aber “mit DM 0“ anzusetzen sei, da für ältere Immobilienfonds kein Markt vorhanden sei.
3. Das Landgericht begründet den Freispruch vom Vorwurf des Betruges damit, dass dem Angeklagten eine Täuschungshandlung nicht nachzuweisen sei. Es habe nicht hinreichend sicher festgestellt werden können, dass der Angeklagte gegenüber Dr. Z. bewusst falsche Angaben zu der Unterbeteiligung
gemacht habe. Zwar habe er in dem “Unterbeteiligungsvertrag“ die 13. und 14. B. eingetragen, obwohl er nur Teilhaber an der 15. B. gewesen sei; gegen eine bewusste Täuschung des Dr. Z. spreche aber, dass der Angeklagte den Sequester über einen Kaufinteressenten informiert habe, wozu er keinen Anlass gehabt hätte, wenn er in Täuschungsabsicht eine nicht vorhandene Beteiligung habe verkaufen wollen. Für einen bloßen Irrtum über die Bezeichnung der Beteiligung spreche auch, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Unterbeteiligungsvertrages nicht über seine Unterlagen verfügt habe und die von ihm gegenüber Dr. Z. als Gesellschaftsvermögen bezeichneten Grundstücke tatsächlich der 15. B. zustünden, an der er Teilhaber gewesen sei. Schließlich habe der Angeklagte ausweislich eines Schreibens vom 3. Juli 2000 gegenüber dem Zeugen Sch. angegeben, an der 13. und 14. B. Kommanditanteile zu besitzen; auch deshalb und wegen seiner damaligen Alkoholprobleme könne nicht ausgeschlossen werden , dass sich der Angeklagte über die Bezeichnung der Beteiligung geirrt habe. Es sei auch nicht erweislich, dass der Angeklagte falsche Angaben über die Werthaltigkeit der Beteiligung gemacht habe, da nach der Aussage des Dr. Z. hierüber nicht gesprochen worden sei.
4. Die Staatsanwaltschaft rügt zu Recht, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts lückenhaft und widersprüchlich und damit rechtsfehlerhaft ist (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16).

a) Zum einen berücksichtigt das Landgericht bei seinem Argument, gegen eine Täuschungsabsicht des Angeklagten spreche, dass er mit dem Sequester über den Verkauf der Beteiligung gesprochen habe, nicht, dass die
Anfrage des Angeklagten an den Sequester, ob er die B. -B. verkaufen könne, erst mehrere Monate nach Überweisung der Gegenleistung an den Angeklagten und der Unterzeichnung des Unterbeteiligungsvertrages, nämlich am 23. Oktober 2000, erfolgte. Diese zeitliche Differenz - und auch der Umstand, dass der Sequester dem Angeklagten das für die Beteiligung gezahlte Geld mit Sicherheit nicht zur freien Verfügung überlassen hätte (vgl. UA 30 f.) - legen nahe, dass zwischen den auf Erhalt des Geldes gerichteten Handlungen des Angeklagten und der Einbeziehung des Sequesters kein Zusammenhang bestand. Damit hätte sich die Wirtschaftsstrafkammer auseinandersetzen müssen.

b) Die angeordnete Sequestration gab auch Anlass zu der Erörterung, ob gegen den Angeklagten - was dem Urteil nicht zu entnehmen ist, sich nach den Feststellungen aber aufdrängt - im Rahmen der Sequesterbestellung ein allgemeines Veräußerungs- und Verfügungsverbot erlassen worden ist und damit die Verfügung des Angeklagten – selbst wenn er den richtigen Gesellschaftsanteil hätte übertragen wollen – unwirksam gewesen sein konnte (vgl. Hess, Kommentar zur Konkursordnung 6. Aufl. § 106 Rdn. 4 ff.) und ob der Angeklagte dies wusste. Wenn das der Fall war, so wäre dies ein gewichtiges Indiz für einen Täuschungsvorsatz des Angeklagten.

c) Soweit im Urteil ausgeführt ist, zwischen Dr. Z. und dem Angeklagten sei über den Wert der Beteiligung nicht gesprochen worden, steht dies im Widerspruch zu der Feststellung, der Angeklagte habe gegenüber Dr.Z. die B. -B. “als günstig und gewinnbringend (angepriesen)“ (UA 15). Die Täuschungsrelevanz dieser Behauptung liegt vor allem deshalb nahe, weil nicht ersichtlich ist, welchen Vorteil der nach den Feststellungen mittellose, um
finanzielle Unterstützung nachsuchende Dr. Z. aus einem als Steuersparmodell entwickelten, Verluste zuweisenden geschlossenen Immobilienfonds ziehen sollte, bei dem die auf dem Grundstück ruhenden Lasten so hoch sind, dass bis zum Ablauf des Jahres 2012 eine Veräußerung der Beteiligung noch nicht einmal den Kapitaleinsatz der Kommanditisten decken würde (UA 5). Auch das bedurfte der Erörterung.

d) Schließlich hat das Landgericht bei Prüfung der Frage, ob der Angeklagte die B. , die Gegenstand des Unterbeteiligungsvertrages war, bewusst falsch bezeichnet hat, nicht gewürdigt, dass der Angeklagte im Ergänzungsblatt I zu seiner eidesstattlichen Versicherung vom 23. März 1999 angegeben hat, eine Forderung gegenüber der 15. - und nicht etwa der 13. und 14. - B. zu haben (UA 4 f.). Auch damit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.

II.


Revision des Angeklagten
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung des § 261 StPO Erfolg; eines Eingehens auf die weiteren Rügen bedarf es daher nicht.
1. Nach den der Verurteilung zugrunde gelegten Feststellungen des Landgerichts bat Dr. Z. am 25. Juli 2000 seine Ehefrau, Felicitas H. - Z. , dem Angeklagten 200.000 DM als Überbrückungsdarlehen für zwei bis drei Wochen zur Verfügung zu stellen, wobei er ihr zusicherte, der Angeklagte
sei absolut vertrauenswürdig und biete als Sicherheit die Übertragung einer B. -B. an; außerdem verfüge er in Luxemburg über entsprechende Mittel zur Rückzahlung. Die Ehefrau “sträubte sich zunächst“, erklärte sich aber schließlich bereit, das Darlehen zu gewähren, wobei sie die Modalitäten der Darlehenshingabe mit dem Angeklagten selbst besprechen wollte. Dieser rief sie am Folgetag an und bezifferte den kurzfristig benötigten Betrag mit 248.500 DM. Die Rückzahlung sei “kein Problem“, da er Millionen an Außenständen habe, deren Begleichung er kurzfristig erwarte. Wegen der angeblich kurzen Darlehensdauer verzichtete Frau H. -Z. auf die angebotene Sicherheit und überwies im Vertrauen auf die tatsächlich nicht vorhandene Rückzahlungsbereitschaft und –fähigkeit des Angeklagten die geforderte Summe am 26. Juli 2000, und zwar vereinbarungsgemäß auf ein Konto der Lebensgefährtin des Angeklagten. Da der Angeklagte den Darlehensbetrag nicht zurückzahlte , erstattete Frau H. -Z. im Februar 2002 Strafanzeige wegen Betruges.
2. Der Angeklagte hat über seine Verteidiger vortragen lassen, dass der Betrag von 248.500 DM eine weitere Ratenzahlung des Dr. Z. zum Ankauf der B. -B. gewesen sei, und allein Dr. Z. seine Ehefrau getäuscht und durch falsche Angaben über eine angebliche Liquiditätslücke des Angeklagten zur Überweisung des Geldbetrages veranlasst habe.
3. Dieses Vorbringen sieht das Landgericht insbesondere als durch die glaubhaften Angaben des Dr. Z. widerlegt an. Dieser habe als Zeuge unter Eid ausgesagt, dass der Angeklagte um den Geldbetrag zur Deckung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses gebeten habe. Die Richtigkeit der Aussage werde dadurch belegt, dass der Angeklagte am 7. August 2000 den Empfang des Darlehens schriftlich bestätigt habe. Weder gegenüber Frau H. -Z.
noch vor der Haftrichterin habe sich der Angeklagte auf seine Version zum Grund der Geldhingabe berufen. Auch die Korrespondenz zwischen RechtsanwaltW. auf Seiten von Frau H. -Z. und Rechtsanwalt S. auf Seiten des Angeklagten spreche gegen seine Darstellung; denn mit Schriftsatz vom 3. November 2000 habe RechtsanwaltS. im Namen des Angeklagten unstreitig gestellt, dass dieser 248.500 DM erhalten habe und erklärt, dass der Angeklagte den gezahlten Betrag “selbstverständlich“ zurücküberweisen werde. Obwohl zu diesem Zeitpunkt das Geld noch vorhanden gewesen sei, habe der Angeklagte lediglich Ratenzahlung vereinbaren wollen. Der Angeklagte habe auch zu keinem Zeitpunkt Dr. Z. auf Zahlung des Betrages in Anspruch genommen. Dies wäre aber naheliegend gewesen, wenn Dr.Z. – wie der Angeklagte gegenüber Rechtsanwalt S. geäußert haben solle – den Angeklagten zur Unterschrift unter den Darlehensvertrag gedrängt hätte, um seine Ehefrau zu beruhigen, mit dem gleichzeitigen Versprechen, dass er – Dr. Z. – dem Angeklagten den Geldbetrag wieder beschaffen werde. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb Dr.Z. bereit gewesen sein solle, mehr zu bezahlen als die B. -B. nominal wert gewesen sei. Schließlich spreche auch das vom Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt St. , außerhalb der Hauptverhandlung an Frau H. -Z. unterbreitete Angebot, der Angeklagte sei bereit, 127.000 € zu zahlen, wenn erklärt würde, es bestünden keine Ansprüche mehr gegen ihn, für die Darstellung der Eheleute Z. .
4. Die Revision des Angeklagten rügt zu Recht, das Landgericht habe entgegen § 261 StPO die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt, weil es unterlassen habe, das in der Hauptverhandlung verlesene, an den Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt L. , gerichtete Schreiben des Rechtsanwalts S. vom 16. Juli 2003 in seine Beweiswürdigung einzubeziehen.


a) Dieses Schreiben hat im Wesentlichen folgenden Inhalt: Der Angeklagte habe Anfang August 2000 Rechtsanwalt S. aufgesucht und ihm mitgeteilt, im Juli 2000 die B. -B. an Dr. Z. veräußert zu haben; der Kaufpreis sei in zwei Raten entrichtet worden. Nunmehr habe Dr.Z. den Angeklagten wegen eines Streites mit seiner Ehefrau, die von dem Erwerb der B. -B. nichts wisse, gebeten, im Nachhinein einen Darlehensvertrag über 248.500 DM mit der Ehefrau des Dr. Z. zu schließen. Hierauf habe Rechtsanwalt S. dem Angeklagten geraten, Dr. Z. anzurufen und zu klären, was der Hintergrund des Darlehensvertrages sein solle. In dem folgenden Telefonat in der Kanzlei des Rechtsanwalts, bei dem Rechtsanwalt S. selbst anwesend gewesen sei, habe Dr. Z. den Angeklagten nochmals gebeten , wegen eines ehelichen Streites einen Darlehensvertrag über die letzte Rate (für die B. -B. ) zu schließen; das Geld zur Rückzahlung des Darlehens werde er (Dr. Z. ) dem Angeklagten zur Verfügung stellen.
Der Angeklagte habe Rechtsanwalt S. dann mitgeteilt, dass der Darlehensvertrag kurze Zeit später geschlossen worden sei. Als im Herbst 2000 der Rechtsanwalt der Ehefrau des Dr. Z. juristische Schritte und “Konsequenzen“ angedroht habe, habe der Angeklagte wiederum in Rechtsanwalt S. s Beisein Dr. Z. angerufen und ihm angekündigt, nunmehr dessen Ehefrau vollumfänglich zu informieren, woraufhin Dr. Z. angeboten habe, das Geld dem Angeklagten durch Ratenzahlungen zur Verfügung zu stellen. Den Ratenzahlungsplan habe Rechtsanwalt S. auf Wunsch des Angeklagten dem Rechtsanwalt von Frau H. -Z. unterbreitet. Allerdings habe Dr. Z. sein Zahlungsversprechen nicht eingehalten.

b) Die Angaben des Rechtsanwalts S. , der auch als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommen worden ist, in seinem Schreiben vom 16. Juli 2003 stützen das Vorbringen des Angeklagten, der Betrag von 248.500 DM sei ursprünglich als Erwerbspreis für die B. -B. bezahlt und erst im Nachhinein als Darlehen deklariert worden. Sie stellen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr. Z. in Frage. Zugleich stehen sie der Annahme der Wirtschaftskammer , die Ankündigung im Schreiben des Rechtsanwaltes S. vom 3. November 2000 an den Rechtsanwalt von Frau H. -Z. , der Angeklagte werde den Betrag zurückzahlen, sei mit der Darstellung des Angeklagten nicht vereinbar, entgegen. Die Wirtschaftskammer war daher gehalten, sich mit dem Schreiben und den Angaben des Zeugen S. hierzu in der Hauptverhandlung im Rahmen der Beweiswürdigung auseinander zu setzen. Da in den Urteilsgründen weder eine Wertung des Schreibens vom 16. Juli 2003 noch eine solche der Aussage des Rechtsanwalts S. vorgenommen wurde, ist die Beweiswürdigung unvollständig und damit rechtsfehlerhaft (vgl. BGHSt 38, 14, 16 f.; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 7, 15, 22, 25, 30, 41).

III.


Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil – sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten - auf der rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung des Landgerichts beruht. Die Sache muss daher neu verhandelt werden.
Tepperwien Kuckein Athing
Ernemann Sost-Scheible

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet,
3.
falsche Zeichen oder Signale gibt oder
4.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
in der Absicht handelt,
a)
einen Unglücksfall herbeizuführen oder
b)
eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, oder
2.
durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.