Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Sept. 2019 - 4 StR 206/19

bei uns veröffentlicht am05.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 206/19
vom
5. September 2019
in dem Sicherungsverfahren
gegen
ECLI:DE:BGH:2019:050919B4STR206.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 5. September 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 21. Dezember 2018 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Beschuldigten hat Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
a) Der vielfach, u.a. wegen einer im Jahr 1997 begangenen Körperverletzung mit Todesfolge und wegen Eigentumsdelikten vorbestrafte Beschuldigte zeigte schon seit dem 5. Schuljahr Verhaltensauffälligkeiten. Er konsumierte Alkohol, später auch Heroin und Kokain. Wegen Wahrnehmungsstörungen, Realitätsverkennungen und seiner polyvalenten Suchtmittelabhängigkeit war er mehrfach erfolglos in stationärer Behandlung. Zwei Unterbringungen nach § 64 StGB wurden jeweils für erledigt erklärt. Bei Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe fiel er im Mai 2018 durch wirres Reden und Aggressionen gegen die Mitgefangenen auf. Er wurde deshalb in eine psychiatrische Klinik verlegt, die eine akute schwere psychotische Erkrankung, differentialdiagnostisch ein Entzugsdelir oder eine paranoide Schizophrenie diagnostizierte. Während der anschließenden einstweiligen Unterbringung in dieser Sache zeigte sich der krankheitsuneinsichtige Beschuldigte zeitweise hochpsychotisch.
4
b) Am 1. November 2017 konsumierte der Beschuldigte gemeinsam mit B. Alkohol auf einer Bank in S. . B. , der seinen kleinen Hund dabei hatte, stieß diesen mit dem Bein zur Seite. Der Beschuldigte schlug ihm nun mehrfach mit der Faust ins Gesicht, so dass B. einen Nasenbeinbruch erlitt. B. setzte sich zur Wehr und schlug seinerseits auf den Beschuldigten ein, bis die Polizei beide trennte (Tat 1). Am 9. März 2018 hielt sich der Beschuldigte in O. auf. Wegen seiner Alkoholisierung fand er keinen Platz im Obdachlosenasyl. Gegen 22.00 Uhr kam er an einem Damenmodengeschäft vorbei und entschloss sich spontan, dort einzubrechen, um Stehlenswertes zu entwenden und später zu verkaufen. Er warf die Schaufensterscheibe mit einem Pflasterstein ein und stieg in das Geschäft ein. Er nahm ein rotes Kleid zum Verkaufspreis von 298 Euro und drei Modeschmuckketten für insgesamt 60 Euro an sich, wobei er glaubte, an den Sachen Preisschilder von mehreren Tausend Euro gesehen zu haben. Das rote Kleid warf er kurze Zeit nach Verlassen des Geschäfts weg, die drei Ketten verschenkte er. Als ihn Polizeibeamte gegen 22.35 Uhr festnahmen, redete er „wirres Zeug“, war aber nicht aggressiv (Tat 2).
5
c) Das Landgericht hat die Tat 1 vom 1. November 2017 als vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) und die Tat 2 vom 9. März 2018 als Einbruchdiebstahl (§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB) gewürdigt. Dem gehörten Sachverständigen folgend hat es hinsichtlich der ersten Tat eine Aufhebung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit wegen einer chronifizierten, seit 2008 bestehenden paranoiden Schizophrenie nicht auszuschließen vermocht. Bei der zweiten Tat sei aufgrund der paranoiden Schizophrenie die Steuerungsfähigkeit aufgehoben gewesen. Der Beschuldigte habe unmittelbar nach der Tat deutliche Zeichen einer schizophrenen Phase gezeigt, habe wirr geredet, Wahngedanken geäußert, und auch die Angaben zu den Preisschildern würden auf eine Realitätsverkennung hindeuten. Die Strafkammer hat (nur) in dem Einbruchdiebstahl eine erhebliche Anlasstat im Sinne von § 63 StGB gesehen. Es sei wahrscheinlich, dass der Beschuldigte auch in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde. Er pflege einen unsteten Lebenswandel, habe eine Vielzahl von Straftaten begangen und sei unbeeindruckt von gerichtlichen Sanktionen. Die chronifizierte Schizophrenie diene als Grundlage für das Ausleben aggressiver Impulse. Es seien nicht nur Diebstähle im besonders schweren Fall, sondern auch Körperverletzungen und gefährliche Körperverletzungen zu erwarten.
6
2. Der Maßregelausspruch hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Feststellungen sind nicht geeignet, die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB zu tragen.
7
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus setzt unter anderem die positive Feststellung voraus, dass der Beschuldigte eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen hat. Hierfür muss vom Tatgericht im Einzelnen dargelegt werden, wie sich die festgestellte, einem Merkmal von §§ 20, 21 StGB un- terfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden psychischen Zustand zurückzuführen sind (BGH, Beschlüsse vom 29. Mai 2012 – 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307; vom 18. November 2013 – 1 StR 594/13, NStZ-RR 2014, 76, 77; vom 17. Juni 2015 – 4 StR 196/15, NStZ-RR 2015, 275; und vom 10. August 2017 – 3 StR 181/17 Rn.6; jeweils mwN). Insoweit ist insbesondere zu untersuchen, ob in der Person des Beschuldigten oder in seinen Taten letztlich nicht nur Eigenschaften und Verhaltensweisen hervortreten, die sich im Rahmen dessen halten, was bei schuldfähigen Menschen anzutreffen und übliche Ursache für strafbares Verhalten ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 1997 – 2 StR 53/97, NStZ 1997, 383; Beschlüsse vom 15. Juli 1997 – 4 StR 303/97, BGHR StGB § 63 Zustand 26; vom 19. Februar 2015 – 2 StR 420/14 Rn. 7).
8
a) Ausgehend davon sind die Voraussetzungen der Unterbringung des Beschuldigten gemäß § 63 StGB im Urteil bereits deswegen nicht rechtsfehlerfrei dargetan, weil das Landgericht nicht ausreichend dargelegt hat, wie sich die beim Beschuldigten vorliegende Schizophrenie auf seine Steuerungsfähigkeit bei der Anlasstat des Einbruchdiebstahls ausgewirkt hat. Die festgestellte Tatmotivation , Stehlenswertes zu entwenden und später zu verkaufen, ist unschwer normalpsychologisch zu erklären. Aus dem Umstand, dass der Beschuldigte nach Einsteigen in das Geschäft einer Fehlwahrnehmung bei den Preisschildern erlag und bei seiner Festnahme „wirres Zeug“ redete, lässt sich demgegenüber ohne nähere Darlegung nicht entnehmen, dass in Folge der Schizophrenie die Steuerungsfähigkeit aufgehoben war. Hinsichtlich der vorsätzlichen Körperverletzung, bei der das Landgericht eine Schuldunfähigkeit lediglich nicht auszuschließen vermocht hat und die deshalb als Anlasstat ausscheidet , erschließt sich ein Zusammenhang der Tat mit der Erkrankung des Beschuldigten ebensowenig, zumal auch einer der Zeugen angegeben hat, sich über das Verhalten des B. gegenüber dem Hund geärgert zu haben, weshalb er schon habe dorthin gehen wollen.
9
b) Auch die Ausführungen des Landgerichts zur Gefährlichkeitsprognose begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar hat der Beschuldigte in der Vergangenheit eine Vielzahl von Straftaten, zumeist Eigentumsdelikte, begangen. Die Urteilsgründe verhalten sich jedoch nicht dazu, inwieweit diese Straftaten im Zusammenhang mit der Erkrankung des Beschuldigten stehen. Die Eintragungen im Bundeszentralregister beginnen bereits im Jahr 1992. Die Körperverletzung mit Todesfolge hat der Beschuldigte im Jahr 1997 begangen. Danach ist er – abgesehen von der verfahrensgegenständlichen Tat zum Nachteil des B. – nicht mehr mit Körperverletzungsdelikten in Erscheinung getreten. Die paranoide Schizophrenie des Beschuldigten ist erstmals 2008 diagnostiziert worden. Angesichts des langen Zeitraums der Erkrankung, in dem der Beschuldigte nicht gewalttätig geworden ist, und des Umstands, dass die Körperverletzung zum Nachteil des B. nicht sicher auf seine Erkrankung zurückzuführen ist, ist nicht belegt, dass von dem Beschuldigten gerade aufgrund seiner Erkrankung in Zukunft Körperverletzungen und gefährliche Körperverletzungen zu erwarten sind. Allein durch die allgemein gehaltene Annahme, dass die chronifizierte Schizophrenie als Grundlage für das Ausleben aggressiver Impulse diene, ist eine Wiederholungsgefahr im Sinne von § 63 StGB für den konkreten Fall nicht hinreichend dargetan.
10
Soweit das Landgericht als „ähnlich gelagerte Straftaten“ künftige Ein- bruchdiebstähle für wahrscheinlich hält, lassen die Urteilsgründe schon nicht erkennen, ob dadurch ein schwerer wirtschaftlicher Schaden droht.
11
Die Sache bedarf daher umfassender neuer tatrichterlicher Prüfung.

Sost-Scheible Roggenbuck Quentin
Feilcke Bartel

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Sept. 2019 - 4 StR 206/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Sept. 2019 - 4 StR 206/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Sept. 2019 - 4 StR 206/19 zitiert 10 §§.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls


(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Gesc

Strafgesetzbuch - StGB | § 242 Diebstahl


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 139/12
vom
29. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. Mai 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 13. Oktober 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung in sieben Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, sowie des versuchten Diebstahls freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Nach Überzeugung der sachverständig beratenen Strafkammer befand sich der Angeklagte aufgrund einer chronifizierten und zur Tatzeit akuten schizophrenen Psychose bei Begehung der Körperverletzungsdelikte und des in zwei Fällen tateinheitlich begangenen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in einem Zustand, in dem sowohl seine Einsichts- als auch seine Steue- rungsfähigkeit auf motivationaler Ebene vollständig aufgehoben waren (§ 20 StGB), während er sich bei Begehung des versuchten Diebstahls in einem Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit befand, wobei eine völlige Aufhebung nicht ausgeschlossen werden konnte. Infolge seines Zustandes und des dadurch bedingten Wahnerlebens seien auch in Zukunft erhebliche Straftaten , auch im Bereich von Gewalttaten, zu erwarten. Eine psychiatrische Behandlung des Angeklagten könne nur unter den geschützten Bedingungen des Maßregelvollzuges erfolgen.
3
2. Die Voraussetzungen des § 63 StGB werden durch die Urteilsfeststellungen nicht hinreichend belegt.
4
Das Landgericht hat bereits nicht hinreichend dargelegt, dass der Angeklagte bei Begehung der Anlasstaten sicher schuldunfähig bzw. erheblich vermindert schuldfähig war. Dabei ist noch nicht ausschlaggebend, dass die Strafkammer bei Begehung der Körperverletzungsdelikte und des tateinheitlich begangenen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte einen Ausschluss der Einsichts- und der Steuerungsfähigkeit angenommen hat (BGHR StGB § 63 Schuldfähigkeit 1; Fischer StGB 59. Aufl. § 21 Rn. 5; vgl. aber auch BGH NStZRR 2006, 167, 168). Es fehlt jedenfalls an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme eines jeweils akuten Schubs der Erkrankung und insbesondere auch eines spezifischen Zusammenhangs zwischen der Erkrankung und den einzelnen Taten.
5
Allein die Diagnose einer schizophrenen Psychose führt für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten Beeinträchtigung bzw. Aufhebung der Schuldfähigkeit (vgl. BGH, NStZ-RR 2008, 39). Erforderlich ist vielmehr stets die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Taten auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (vgl. BGH, StraFo 2004, 390 mwN). Die Strafkammer schließt sich insoweit der Beurteilung des Sachverständigen an, ohne dessen dafür wesentlichen Anknüpfungs - und Befundtatsachen im Urteil so wiederzugeben, wie es zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 5 StR 123/10 mwN). Soweit der Sachverständige und ihm folgend die Kammer darauf abgestellt haben, der Angeklagte habe aufgrund eines zum jeweiligen Tatzeitpunkt bestehenden "Wahnerlebens" (UA S. 18) bzw. er habe auf eine "subjektiv empfundene, gegebenenfalls auch wahnhaft wahrgenommene, Provokation hin" sein Verhalten nicht mehr "steuern" können, bzw. projiziere seine eigenen Aggressionen "in (vermeintlich) feindselige Handlungsformen anderer Personen" (UA S. 19), wird dies in den Urteilsgründen nicht belegt. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergeben sich insoweit keine hinreichenden Anhaltpunkte. Die festgestellten Taten des Angeklagten richteten sich gegen seine vormalige Freundin, die ihm eine gewünschte Aussprache verweigerte, gegen einen Passanten , der ihr beistehen wollte, gegen zwei Schüler, die zuvor Steinchen gegen das Auto des Angeklagten geworfen bzw. ihm Zigarettenrauch ins Gesicht geblasen hatten, sowie gegen zwei Polizeibeamte, die in zwei Fällen hinzu kamen und den Angeklagten festnehmen wollten. Lediglich im Fall des versuchten Diebstahls lassen die Feststellungen erkennen, dass der Angeklagte offenkundig davon ausging, dass er ein Fahrzeug, das nicht erkennbar gebraucht werde, mitnehmen dürfe; auch dies weist entgegen der Annahme der Kammer aber nicht auf eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit hin.
6
3. Die Sache bedarf daher insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung. Der Senat war durch den Umstand, dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hat, nicht gehindert, auch den Freispruch aufzuheben (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; vgl. BGH StraFo 2011, 55 mwN).
Fischer Berger Krehl Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 594/13
vom
18. November 2013
in dem Straf- und Sicherungsverfahren
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. November 2013 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten und Beschuldigten gegen das Urteil
des Landgerichts Freiburg vom 4. Juli 2013 wird als unbegründet
verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten und Beschuldigten (nachfolgend: Beschuldigter) von den ihm im Strafverfahren vorgeworfenen Taten freigesprochen. Wegen dieser Taten und derjenigen, wegen derer das Sicherungsverfahren gegen ihn betrieben wird, hat es allerdings gemäß § 63 StGB seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Den Vollzug der Maßregel hat es zur Bewährung ausgesetzt.
2
Der Unterbringung liegt die Begehung von insgesamt 14 rechtswidrigen Taten durch den Beschuldigten zugrunde. Bei diesen handelt es sich überwiegend um Beleidigungen und Bedrohungen (hier vor allem Drohungen mit der Tötung der Bedrohten) sowie in einem Fall (II.3. der Urteilsgründe) um eine vorsätzliche Körperverletzung und in einem weiteren Fall (II.9. der Urteilsgründe) um den Versuch einer gefährlichen Körperverletzung. Die Taten richteten sich in der Mehrzahl gegen Personen aus der Nachbarschaft des Beschuldigten.
3
Gegen das Urteil wendet sich die Revision des Beschuldigten, mit der er die näher ausgeführte Sachrüge erhebt.

II.


4
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Das Tatgericht hat im Ergebnis ohne Rechtsfehler die Voraussetzungen der Maßregel gemäß § 63 StGB angenommen.
5
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus darf lediglich angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die unterzubringende Person bei Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Begehung der Taten auf diesem Zustand beruht (BGH, Beschlüsse vom 26. September 2012 - 4 StR 348/12; vom 20. November 2012 - 1 StR 504/12, NJW 2013, 246; vom 6. März 2013 - 1 StR 654/12, NStZ-RR 2013, 303, 304). Dabei muss vom Tatgericht im Einzelnen dargelegt werden, wie sich die festgestellte , einem Merkmal von §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden psychischen Zustand zurückzuführen sind (BGH jeweils aaO, siehe auch BGH, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307).
6
a) Der Bestand des Urteils wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das sachverständig beratene Landgericht als Eingangsmerkmale gemäß §§ 20, 21 StGB entweder eine auf einer wahnhaften Störung (ICD-10: F22.0) oder einer paranoiden Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.0) beruhende „andere schwere seelische Abartigkeit“ oder eine durcheine paranoide Schizophrenie (ICD-10: F20.0) bedingte „krankhafte seelische Störung“ angenommen hat. Zwar bedarf es grundsätzlich schon im Hinblick auf den symptomatischen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den Anlasstaten sowie deren Bedeutung im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose der Feststellung, welche Ursachen bei dem Beschuldigten zu welchem von §§ 20, 21 StGB erfassten Zustand geführt haben (siehe nur van Gemmeren in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 63 Rn. 37 und 45; siehe auch BGH, Beschluss vom 5. Februar 2003 - 2 StR 1/03, NStZ-RR 2003, 168). Ausnahmsweise kann jedoch auf eine zweifelsfreie Aufklärung verzichtet werden, wenn mehrere Störungen in Betracht kommen, die aber jeweils die Schuldfähigkeit des Täters sicher beeinträchtigen (vgl. BGH aaO). Allerdings muss der Tatrichter bei einer solchen Konstellation im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose jede der die Schuldfähigkeit beeinträchtigenden Ursachen auf ihre Bedeutung für die Beurteilung der zukünftigen Gefährlichkeit des Täters hin gesondert untersuchen (BGH aaO; siehe auch van Gemmeren aaO Rn. 45).
7
Beidem ist das Tatgericht noch gerecht geworden. Aus dem Gesamtzusammenhang des Urteils lässt sich entnehmen, dass die bei dem Beschuldigten vorliegende dauerhafte Erkrankung durch wahnhafte Fehlinterpretationen des Verhaltens Dritter, vor allem solcher aus seiner Nachbarschaft, ihm gegenüber geprägt ist (UA S. 18 und 21). Nach den getroffenen Feststellungen und den Ausführungen des Tatgerichts im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose bezieht der Beschuldigte an sich völlig neutrale Geschehnisse auf sich und fühlt sich aufgrund der krankheitsbedingten Fehleinordnung in seiner Person angegriffen (UA S. 21). Sein eigenes beleidigendes, Gewalttätigkeiten androhendes und in Einzelfällen auch tatsächlich gewalttätiges Verhalten bewertet er - wiederum krankheitsbedingt - als normale und angemessene Gegenreaktion auf das Verhalten insbesondere seiner Nachbarn, aber auch seiner Umwelt insgesamt (UA S. 18 und 21, 23). In Bezug auf dieses Krankheitsbild hat das Tatgericht auf der Grundlage rechtsfehlerfreier Feststellungen dargelegt, dass dieses entweder dem Eingangsmerkmal einer krankhaften seelischen Störung oder einer schweren seelischen Abartigkeit zuzuordnen und aufgrund der Erkrankung die Schuldfähigkeit des Beschuldigten zumindest erheblich beeinträchtigt ist. Eine weitere Aufklärung der Grunderkrankung, die möglicherweise eine sichere Zuweisung zu einem der beiden genannten Merkmale gemäß §§ 20, 21 StGB ermöglicht hätte, ist dem Tatgericht (auch) wegen der fehlenden Bereitschaft des Beschuldigten, sich für die Erstellung eines Gutachtens gesondert explorieren zu lassen, nicht möglich gewesen.
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Das Urteil zeigt - wenn auch sehr knapp - trotz der fehlenden eindeutigen Klassifizierung der beschriebenen chronifizierten Grunderkrankung einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dieser und der Begehung der Anlasstaten auf. Sämtliche Anlasstaten seien auf die wahnhafte Fehlinterpretation der Verhaltensweisen seiner Umwelt sowie die völlig situationsunangemessene Reaktion des Beschuldigten als Beharren auf seinen vermeintlichen Rechten zurückzuführen (UA S. 20 f.). Das Tatgericht trägt im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose dem Erfordernis Rechnung, angesichts der nicht eindeutigen Zuordnung des Krankheitszustandes des Beschuldigten die möglichen Ursachen der feststehenden Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit gesondert auf ihre Bedeutung für die zukünftige Gefährlichkeit zu untersuchen. Insoweit stellt es im Ergebnis ohne Rechtsfehler im Hinblick auf sämtliche in Betracht kommenden Einordnungen des Krankheitsbildes des Beschuldigten darauf ab, dass er we- gen der wahnbedingten Fehlwahrnehmung der Verhaltensweisen von Personen in seiner Umgebung deren Verhalten stets auf sich bezieht, von einem Angriff auf seine Rechte ausgeht und sich gegen die entsprechenden Personen mit Bedrohungen und - wegen der zugleich vorhandenen aggressiv-impulsiven Reaktionen - mit erheblichen Körperverletzungen „zur Wehr setzen“ wird.
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b) Das Urteil bedarf auch nicht deshalb der Aufhebung, weil das Tatgericht festgestellt hat, aufgrund seines Zustandes sei bei dem Beschuldigten die Fähigkeit, das Unrecht seiner Taten einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, sicher erheblich vermindert gewesen, nicht ausschließbar sei dieser sogar unfähig gewesen, das Tatunrecht einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (UA S. 11). Zwar kann im Grundsatz weder bei § 20 noch bei § 21 StGB offen bleiben, ob die jeweilige Anwendung auf der Aufhebung oder der erheblichen Beeinträchtigung der Einsichts- oder der Steuerungsfähigkeit beruht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. September 1986 - 4 StR 470/86, BGHR StGB § 63 Schuldunfähigkeit 1; vom 6. März 2013 - 1 StR 654/12, NStZ-RR 2013, 303, 304; LK-StGB/Schöch, 12. Aufl., § 20 Rn. 80; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 21 Rn. 5 mwN; zu einem Ausnahmefall kumulativen Fehlens von Einsichts- und Steuerungsfähigkeit BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 - 2 StR 394/05, NStZ-RR 2006, 167 f.). Es lässt sich hier jedoch wiederum dem Gesamtzusammenhang des Urteils unter Berücksichtigung der Erwägungen zur Gefährlichkeitsprognose noch entnehmen, dass das Tatgericht von einer sicher feststehenden erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit und von einer nicht ausschließbaren Aufhebung der Einsichtsfähigkeit im Zeitpunkt der Begehung der Anlasstaten ausgegangen ist (UA S. 18). Das Landgericht hat sich auf der Grundlage einer eigenständigen Überprüfung insoweit der Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen angeschlossen, angesichts des durch die Wahnvorstellungen hervorgerufenen Realitätsverlustes sei eine Aufhebung des Realitätsbezuges nicht auszuschließen. Sollte ein solcher trotz der Wahnvorstellungen noch erhalten geblieben sein, bestehe sicher wegen der die Krankheit begleitenden psychotischen oder psychosenahen Handlungsantriebe eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit. In der Gesamtschau lassen sich damit die für die Anordnung der Maßregel gemäß § 63 StGB notwendigen Feststellungen über die Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten entnehmen.
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2. Im Ergebnis tragen die vom Tatgericht getroffenen Feststellungen auch die weiteren Anordnungsvoraussetzungen des § 63 StGB, insbesondere die zukünftige Gefährlichkeit.
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a) Soweit die Revision sich gegen die die Feststellungen zur Gefährlichkeitsprognose tragende Beweiswürdigung richtet, zeigt sie aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 22. Oktober 2013 genannten zutreffenden Gründen keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Auch die Ausführungen in dem Schriftsatz des Verteidigers vom 8. November 2013 weisen keinen auf die lediglich erhobene Sachrüge hin zu berücksichtigenden Rechtsfehler aus.
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b) Den Darlegungsanforderungen an die Gefährlichkeitsprognose wird ebenfalls genügt.
13
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus darf wegen der Schwere des mit ihr verbundenen Eingriffs lediglich angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Dafür ist zwar nicht erforderlich, dass die Anlasstaten selbst erheblich sind. Die zu erwartenden Taten müssen aber schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen und daher grundsätzlich zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sein (BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2008 - 2 StR 161/08 und vom 22. Februar 2011 - 4 StR 635/10, NStZ-RR 2011, 202; vom 6. März 2013 - 1 StR 654/12, NStZ-RR 2013, 303, 304 jeweils mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 550/10, NStZ-RR 2011, 240, 241). Erreichen die Anlasstaten ihrem Gewicht nach nicht einmal diesen Bereich, ist eine Anordnung der Maßregel gemäß § 63 StGB nicht völlig ausgeschlossen; das Tatgericht muss in solchen Fällen allerdings die erforderliche Gefährlichkeitsprognose besonders sorgfältig darlegen (BGH, Urteil vom 2. März 2011 - 2 StR 550/10, NStZ-RR 2011, 240, 241; Beschluss vom 6. März 2013 - 1 StR 654/12, NStZ-RR 2013, 303, 304 f.). Dazu ist regelmäßig eine besonders eingehende Würdigung der Person des bzw. der Beschuldigten, vor allem der Krankheitsgeschichte sowie der Anlasstaten, notwendig (BGH aaO).
14
Das Tatgericht hat den vorgenannten Maßstab berücksichtigt und im Ergebnis ohne Rechtsfehler näher dargelegt, warum nicht nur die mit höherer Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Körperverletzungsdelikte, sondern auch die Bedrohungen, die in der Vergangenheit stets Todesdrohungen zum Inhalt gehabt haben, eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Rechtsfriedens besorgen lassen. Zutreffend wird darauf verwiesen, dass die massiven Bedrohungen mit näher beschriebenen Tötungsarten nicht lediglich irreal seien, wie sich u.a. aus dem Einsatz gefährlicher Gegenstände wenigstens bei einer Anlasstat ableiten lässt.
15
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose hinreichend das Ausbleiben weiterer Anlasstaten seit der Entlassung des Beschuldigten aus der vorläufigen Unterbringung im Oktober 2011 berücksichtigt. Da nach der Überzeugung der Kammer dieser Umstand im Wesentlichen auf der bis März 2013 fortlaufend erfolgten ambulanten psychiatrischen Behandlung mit entsprechender, die Symptomatik dämpfender Medikation beruht, die zukünftig nicht ohne weiteres sicher gestellt werden kann, konnte sie ohne Rechtsfehler von der Gefahr zukünftiger erheblicher Straftaten des Beschuldigten ausgehen.
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c) Der Gesamtzusammenhang des Urteils belegt auch die Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus.
17
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet bei der Anordnung (und der Vollstreckung) der Unterbringung gemäß § 63 StGB, dass die Freiheit der Person nur beschränkt werden darf, soweit dies im öffentlichen Interesse unerlässlich ist (BVerfG, Beschluss vom 5. Juli 2013 - 2 BvR 789/13; BGH, Urteil vom 31. Juli 2013 - 2 StR 220/13). Dementsprechend darf die Unterbringung nicht angeordnet werden, wenn die wegen ihrer unbestimmten Dauer sehr belastende Maßnahme außer Verhältnis zu der Bedeutung der begangenen und zu erwartenden Taten stehen würde (BGH, Beschluss vom 26. Juni 2007 - 5 StR 215/07, NStZ-RR 2007, 300, 301; BGH aaO). Bei der gebotenen Abwägung zwischen den Sicherungsbelangen der Allgemeinheit und dem Freiheitsanspruch des Betroffenen ist auf die Besonderheiten des Falles einzugehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Oktober 1985 - 2 BvR 1150/80 u.a., BVerfGE 70, 297, 313). Zu erwägen sind nicht nur der Zustand des Beschuldigten und die von ihm ausgehende Gefahr, sondern auch sein früheres Verhalten, seine aktuellen Lebensumstände, die ihn konkret treffenden Wirkungen einer Unterbringung nach § 63 StGB sowie die Möglichkeiten, ggf. durch andere Maßnahmen auf ihn einzuwirken (BGH aaO).
18
Vorliegend hat sich das Tatgericht zwar auf die Bewertung beschränkt, die Unterbringung des Beschuldigten stehe nicht außer Verhältnis zu den von ihm zukünftig zu erwartenden Straftaten. Allerdings hat es sich, teils im Rahmen der Feststellungen zur Schuldfähigkeit, teils im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose , mit den im vorstehenden Absatz genannten Umständen befasst. Dabei hat das Landgericht jedenfalls im Zusammenhang mit den Darlegungen zur Aussetzung des Vollzugs der Unterbringung auch die Möglichkeiten der Einwirkungen auf den Beschuldigten erörtert.
Wahl Rothfuß Cirener
Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 181/17
vom
10. August 2017
in dem Sicherungsverfahren
gegen
ECLI:DE:BGH:2017:100817B3STR181.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 10. August 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 13. Februar 2017 mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen (Fall 1 bis Fall 4 der Urteilsgründe) aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision, die er in allgemeiner Form erhoben hat. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts trat bei dem Beschuldigten etwa ab dem Jahr 2014 eine Wesensveränderung ein. Er warf seiner damaligen Lebensgefährtin grundlos vor, sie würde ihn betrügen. Später entwickelte er Wahnvorstellungen, etwa dergestalt, dass sein Chef ihn abhören würde. Hauptsächlich richteten sich seine wahnhaften Gedanken aber gegen seinen Onkel, den er beschuldigte, pädophil und für das Verschwinden von Mädchen in Trier verantwortlich sowie ein Auftragskiller des Vatikans zu sein. Bei der Äußerung dieser Beschuldigungen in sozialen Medien drohte der Beschuldigte seinem Onkel auch Gewalt an. Sich selbst hielt er jedenfalls im Sommer 2015 für einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes, der die Tochter eines französischen Staatmannes beschützen müsse; er sei zugleich aber auch derjenige, der sie bedrohe.
3
Am Abend des 24. Juni 2016 wollte der Beschuldigte, der zuvor eine geringe Menge Cannabis konsumiert hatte, seine ehemalige Lebensgefährtin aufsuchen. Als er an dem Haus, in dem sie wohnte, ankam, traf er an der Haustür eine Hausbewohnerin, die ihm vorschlug, wegen der vorgerückten Stunde einen Termin an einem anderen Tag zu vereinbaren, und die Haustür schließen wollte. Der Beschuldigte stieß die Tür auf und drängte sich hindurch, wobei die Bewohnerin gegen die Tür fiel und sich eine Prellung der Schulter zuzog (Fall 1 der Urteilsgründe). Im Anschluss daran stürmte der Beschuldigte die Treppe hoch, klingelte bei seiner ehemaligen Lebensgefährtin und machte lautstark auf sich aufmerksam. Außerdem schlug und trat er gegen die Wohnungstür. Da sie nicht öffnete, agierte er immer heftiger und warf sich schließlich mit voller Kraft gegen die Tür, wodurch die Holzzarge und der Putz um diese herum beschädigt wurden; anschließend fuhr er mit seinem Fahrrad davon (Fall 2 der Urteilsgründe ). Am nächsten Tag begab sich der Beschuldigte, nachdem er zuvor eine geringe Menge Cannabis, eine "Line" Amphetamin und zwei bis drei Flaschen Bier konsumiert hatte, abends zum Haus seines Onkels. Als dieser ihm kurzzeitig den Rücken zuwandte, nahm ihn der Beschuldigte von hinten in den Würgegriff , den er noch verstärkte, als beide zu Boden gefallen waren. Der Zeuge, dem schwarz vor Augen wurde und der kurz davor war, das Bewusstsein zu verlieren, konnte sich erst nach ein bis zwei Minuten mit letztem Kraftaufwand aus dem Würgegriff befreien und von dem Beschuldigten lösen. Dieser trat ihn daraufhin gegen die linke Körperhälfte, bevor er erneut mit dem Fahrrad floh (Fall 3 der Urteilsgründe). In der darauffolgenden Nacht wurde der Beschuldigte von vier Polizisten, die - ohne sich vorher als solche zu erkennen zu geben - seine Wohnungstür gewaltsam geöffnet und Pfefferspray gegen ihn eingesetzt hatten, festgenommen. Er stand im Moment der Türöffnung zwar mit einer Machete in der Hand hinter der Wohnungstür, leistete aber keinerlei Widerstand und ließ sich die Machete wegnehmen (Fall 4 der Urteilsgründe).
4
Das Landgericht hat - sachverständig beraten - angenommen, in den Fällen 1 und 2 sei die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten, im Fall 3 bereits seine Einsichtsfähigkeit aufgehoben gewesen. Im Fall 4 der Urteilsgründe hat die Strafkammer hingegen keinen Straftatbestand als verwirklicht angesehen.
5
II. Die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB hält auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
6
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung im Sinne eines der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruht. In diesem Zusammenhang ist darzulegen, wie sich die festgestellte, einem Merkmal der §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden Zustand zurückzuführen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 3 StR 211/16, juris Rn. 5 mwN).
7
2. Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
8
Bereits die Voraussetzungen einer aufgrund aufgehobener Steuerungsbzw. Einsichtsfähigkeit ausgeschlossenen Schuldfähigkeit (§ 20 StGB) des Beschuldigten bei Begehung der Anlasstaten sind nicht in nachvollziehbarer Weise dargestellt und belegt.
9
Nach den in der rechtlichen Würdigung wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen leidet der Beschuldigte an einer paranoiden Schizophrenie ; außerdem liege ein Amphetamin- und Cannabismissbrauch vor. Die zur Tatzeit bereits über lange Zeit bestehende, fest verwurzelte und sich durch eine Fülle unterschiedlicher Wahngedanken aufschaukelnde paranoide Psychose sei handlungsleitend gewesen und durch den Amphetaminmissbrauch, der die Reizschwelle zur Begehung aggressiver Handlungen reduziere, ungünstig beeinflusst worden. Vor diesem Hintergrund sei in den Fällen 1 und 2 die Steuerungsfähigkeit und im Fall 3 im Hinblick auf die Wahnvorstellungen betreffend seinen Onkel bereits die Einsichtsfähigkeit aufgehoben gewesen.
10
Hinsichtlich der Fälle 1 und 2 wird nicht konkret auf die Tatsituation bezogen dargelegt, worauf die Annahme aufgehobener Steuerungsfähigkeit beruht ; dies war auch nicht mit Blick auf die referierte ungünstige Beeinflussung der Psychose durch Amphetaminmissbrauch entbehrlich, weil der Beschuldigte vor diesen Taten lediglich eine geringe Menge Cannabis konsumiert hatte. Im Fall 3 fehlt ebenfalls eine nachvollziehbare Begründung dafür, warum der Beschuldigte zweifelsfrei nicht in der Lage gewesen sei, das Unrecht seiner Tat zu erkennen; es ist nach den wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen nicht ersichtlich, dass und warum der Beschuldigte, der die Tat geleugnet hat, in der konkreten Situation angenommen haben sollte, er habe seinen Onkel würgen dürfen.
11
III. Über die Maßregelanordnung muss deshalb umfassend neu verhandelt und entschieden werden. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen werden von dem Rechtsfehler jedoch nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben.
Becker RiBGH Dr. Schäfer befindet sich Gericke im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
Tiemann Hoch

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

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2. Diese Feststellungen und Wertungen des Landgerichts sind nicht geeignet , die Anordnung der Unterbringung gemäß § 63 StGB zu rechtfertigen. Diese setzt die positive Feststellung voraus, dass der Angeklagte eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen hat. Insoweit ist insbesondere zu untersuchen, ob in der Person des Angeklagten letztlich nicht nur Eigenschaften und Verhaltensweisen hervortreten, die sich im Rahmen dessen halten, was bei schuldfähigen Menschen anzutreffen und übliche Ursache für strafbares Verhalten ist (vgl. Senatsurteil vom 2. April 1997 - 2 StR 53/97, NStZ 1997, 383; BGH, Beschluss vom 15. Juli 1997 - 4 StR 303/97, BGHR StGB § 63 Zustand 26).

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.