Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2018 - 4 StR 214/18

bei uns veröffentlicht am13.09.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 214/18
vom
13. September 2018
in dem Sicherungsverfahren
gegen
ECLI:DE:BGH:2018:130918B4STR214.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. September 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. Dezember 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Beschuldigten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat Erfolg.
2
Die Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Geschädigte den Beschuldigten auf der gemeinsamen Rückfahrt von einem Discothekenbesuch in einem vom Zeugen P. gesteuerten Pkw in den frühen Morgenstunden des 26. Februar 2017, ihm seine (des Beschuldigten) Baseballkappe zur Anprobe auszuhändigen. Während der Beschuldigte eine kurzfristige Rückgabe erwartete, verbarg der Geschädigte die Kappe von diesem unbemerkt im Handschuhfach, nicht ausschließbar, um sie für sich zu behalten oder jedenfalls den Beschuldigten zu ärgern. Als der Beschuldigte den Geschädigten zur Rückgabe der Kappe aufforderte, kam es zum Streit, bei dem der Geschädigte dem Beschuldigten unter anderem Schläge androhte und ihn beleidigte. Nachdem der Zeuge P. sein Fahrzeug am Fahrtziel des Beschuldigten angehalten hatte und der Geschädigte zuerst ausgestiegen war, befürchtete der mit einer Blutalkoholkonzentration von maximal 1,79 Promille alkoholisierte und unter Medikamenteneinfluss stehende Beschuldigte, dieser werde seine Ankündigung , ihn zu schlagen, nunmehr wahrmachen. Um in der erwarteten Auseinandersetzung nicht zu unterliegen, holte er das von ihm zum Eigenschutz mitgeführte Einhand-Klappmesser aus seiner Hosentasche und öffnete es, bevor er seinerseits das Fahrzeug verließ. Unmittelbar darauf setzte der seinerseits alkoholisierte Geschädigte (Blutalkoholkonzentration: 2,2 Promille), der von dem Messer des Beschuldigten nichts wusste, mit seiner rechten Hand zu einem Faustschlag an, den dieser jedoch verhindern konnte. Sofort danach stach der Beschuldigte, der die Alkoholisierung des Geschädigten erkannt hatte , mit dem Klappmesser gezielt in dessen Hals, um diesen, der sich keines Angriffs versah, kampfunfähig zu machen. Anschließend flüchtete er. Der Geschädigte verstarb noch am Tatort infolge Verblutens.
4
b) Das Landgericht hat eine Notwehrlage im Sinne von § 32 Abs. 2 StGB verneint; im Übrigen, so die Strafkammer, sei der Messerstich weder erforderlich noch geboten gewesen. Zu den Voraussetzungen einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hat sie u.a. ausgeführt, der Angeklagte habe wegen sicher aufgehobener Steuerungsfähigkeit im Zustand der Schuld- unfähigkeit gehandelt. Seine Erkrankung – eine nicht remittierte paranoide Schizophrenie – sei vor allem durch ein chronifiziertes Beeinträchtigungs- und Bedrohungserleben gekennzeichnet, begleitet von schwerwiegenden psychotischen Angstzuständen und wahnhafter Verkennung der Realität. Im Tatzeitpunkt habe er sich in einer massiv destabilisierten psychotischen Verfassung befunden. Die Anlasstat habe Symptomcharakter, da der Messereinsatz durch das chronische Beeinträchtigungs- und Bedrohungsgefühl motiviert gewesen sei. Weder der Alkoholisierung noch der Wirkung psychotroper Substanzen komme – auch nicht im Zusammenwirken – eine handlungsleitende Bedeutung zu.
5
2. Mit dieser Begründung sind die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) nicht rechtsfehlerfrei belegt.
6
a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme , die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und wenn die Tatbegehung hierauf beruht. Die Unterbringung erfordert darüber hinaus eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades, dass der Unterzubringende infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden. Neben der sorgfältigen Prüfung dieser Anordnungsvoraussetzungen ist das Tatgericht auch verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 1. August 2018 – 5 StR 336/18 mwN). Es bedarf insbesondere der Darlegung, in welcher Weise sich das festgestellte Krankheitsbild bei Begehung der Taten auf die Handlungsmöglichkeiten des Beschuldigten in den jeweiligen konkreten Tatsituationen ausgewirkt haben soll (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2018 – 5 StR 336/18; Beschluss vom 17. Mai 2018 – 1 StR 33/18).
7
b) Gemessen daran ist der Symptomcharakter der Anlasstat hier nicht belegt. Die Urteilsgründe vermögen nicht zu vermitteln, wie sich gerade eine wahnhafte Verkennung der realen Situation als Folge der psychischen Erkrankung des Beschuldigten auf sein Handeln angesichts der vom Landgericht festgestellten Konfliktsituation mit dem Getöteten ausgewirkt haben soll. Die Annahme der Strafkammer, die Anlasstat beruhe auf einer wahnhaften Verkennung der realen Situation, sei also Ausfluss seiner psychischen Erkrankung, widerspricht den getroffenen Feststellungen, wonach sich der Beschuldigte einer tatsächlichen Bedrohung ausgesetzt sah. Danach weigerte sich das Tatopfer kurz vor der Tat, dem Beschuldigten dessen Baseballkappe zurückzugeben. Infolgedessen kam es zu einer Konfrontation zwischen dem Beschuldigten und dem Geschädigten; letzterer beleidigte den Beschuldigten, der auf der Rückgabe seiner Kopfbedeckung beharrte, und drohte ihm Schläge an. Unmittelbar vor dem Messerstich erhob der dem Beschuldigten frontal gegenüber stehende Geschädigte seine rechte Hand, um diesem einen Faustschlag zu versetzen. Vor dem Hintergrund dieses Tatablaufs hätte sich das Landgericht mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Reaktion des Beschuldigten auch normalpsychologisch erklärbar sein könnte.
8
3. Sollte der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter wiederum zu Feststellungen zum Tathergang gelangen, die denen im angefochtenen Urteil entsprechen, wird er auch bei der gemäß § 63 StGB erforderlichen Gefährlichkeitsprognose in den Blick zu nehmen haben, dass die Ausnahmesituation , in der sich der Beschuldigte bei der Tat befand, diesen – möglicherweise – krankheitsbedingt zu einer Überreaktion in Gestalt eines tödlichen Messerstichs veranlasste.
Sost-Scheible Franke Bender
Quentin Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2018 - 4 StR 214/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2018 - 4 StR 214/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 32 Notwehr


(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2018 - 4 StR 214/18 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 32 Notwehr


(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2018 - 4 StR 214/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2018 - 1 StR 33/18

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 33/18 vom 17. Mai 2018 in dem Sicherungsverfahren gegen ECLI:DE:BGH:2018:170518B1STR33.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2018 - 5 StR 336/18

bei uns veröffentlicht am 01.08.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 336/18 vom 1. August 2018 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls ECLI:DE:BGH:2018:010818B5STR336.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und d

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 336/18
vom
1. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2018:010818B5STR336.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 1. August 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 22. März 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist.
2. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls und wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die mit der nicht näher ausgeführten Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts versuchte der Ende 2016 aus Strafhaft entlassene Angeklagte im Mai 2017 vergeblich, ein gekipptes Küchenfenster aufzudrücken, um aus der Wohnung stehlenswerte Gegenstände zu entwenden. Ende Juli 2017 stieg er auf einen im Hochparterre gelegenen Balkon, schlug mit einem Blumentopf die Türscheibe ein und stahl aus der Wohnung Gegenstände im Gesamtwert von 5.000 Euro. Der Angeklag- te litt bei diesen Taten jeweils an Geldmangel; er lebte zu dieser Zeit von „Hartz IV“. Die Art und Weise der Tatbegehung ähnelt früheren Taten.
3
b) Der Angeklagte ist massiv einschlägig vorbestraft. Verurteilungen wegen Diebstahlstaten (auch Wohnungseinbruchdiebstahl) erfolgten unter anderem 2002, 2003, 2008, 2009, 2010, 2011, 2014 und 2015. Seit spätestens 2013 leidet der unter gesetzlicher Betreuung stehende Angeklagte an einer paranoidhalluzinatorischen Psychose, zudem liegt ein Cannabismissbrauch vor. Bei den Verurteilungen in den Jahren 2014 und 2015 wurden aufgrund dieser Erkrankung , teils in Verbindung mit Cannabiskonsum, die Voraussetzungen des § 21 StGB bei der Tatbegehung angenommen.
4
c) Das sachverständig beratene Landgericht hat angenommen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Tatbegehung erheblich vermindert gewesen sei. Zwar hätten sich keine Anhaltspunkte für ein psychotisches Erleben mit inhaltlicher Verkennung der realen Gegebenheiten ergeben, weshalb auch nicht von einer Exacerbation der psychotischen Krankheit auszugehen sei. Es habe sich vielmehr jeweils um ein folgerichtiges Vorgehen gehandelt, bei dem der Angeklagte auch um die Strafbarkeit der Taten gewusst habe. „Das Verhalten verstehe sich eher als eine eingeschliffene Lebensweise.“
5
Könne deshalb eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit sicher ausgeschlossen werden, dürfe doch nicht verkannt werden, dass die psychotische Störung mit einer erheblichen Ambivalenz und Ambitendenz einhergehe, was dazu führe, dass die von der Erkrankung betroffene Person nicht über die gleiche Handlungsfreiheit, Selbstsicherheit und auch Frustrationstoleranz verfüge wie ein gesunder Mensch. Damit gehe eine wesentlich eingeschränkte Steuerungsfähigkeit einher, die konkret auch beim Angeklagten angenommen werden müsse und hier die Taten wesentlich mitbedingt habe. Zukünftig seien krankheitsbedingt ähnliche erhebliche Taten zu erwarten, weshalb der Angeklagte nach § 63 StGB unterzubringen sei.
6
2. Die Unterbringungsentscheidung hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
7
a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme , die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Die Unterbringung erfordert darüber hinaus eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades, dass der Unterzubringende infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden. Neben der sorgfältigen Prüfung dieser Anordnungsvoraussetzungen ist das Tatgericht auch verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Dezember 2017 – 5 StR 388/17 mwN). Auch bei der Diagnose einer schweren psychischen Erkrankung wie etwa einer paranoid-halluzinatorischen Psychose bedarf es einer konkretisierenden Darlegung , in welcher Weise sich das festgestellte Krankheitsbild bei Begehung der Taten auf die Handlungsmöglichkeiten des Beschuldigten in den jeweiligen konkreten Tatsituationen ausgewirkt haben soll (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 1 StR 33/18).
8
b) Der Senat kann anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen, in welcher Weise sich die nicht exacerbierte Erkrankung – etwa auch in Form einer krankheitsbedingten Persönlichkeitsveränderung (vgl. BGH aaO) – bei der jeweiligen Tatbegehung konkret auf die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten ausgewirkt haben soll. Der Angeklagte begeht seit über 15 Jahren – und damit auch schon vor Krankheitsausbruch – immer wieder gleichartige Diebstahlstaten , darunter auch Wohnungseinbruchdiebstahl, um seine finanziellen Verhältnisse aufzubessern. Die Sachverständige und mit ihr das Landgericht sehen hierin zutreffend eine „eingeschliffene Lebensweise“.
9
Die eher allgemein gehaltenen Ausführungen des Landgerichts zu krankheitsbedingten Persönlichkeitseinschränkungen belegen vor dem Hintergrund der Vorgeschichte des Angeklagten nicht, dass die neuerlichen Taten nunmehr ihren Grund in der Erkrankung des Angeklagten finden (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 27. April 2016 – 2 StR 80/16, und vom 19. September 2017 – 5 StR 385/17). Jedenfalls hätte die Strafkammer in diese Prüfung die einschlägigen Vorstrafen einbeziehen und erörtern müssen, inwieweit trotz der seit vielen Jahren „eingeschliffenen Lebensweise“ die Krankheit des Ange- klagten auf einmal ein solches Gewicht für die (nicht etwa irrational motivierte) Tatbegehung erhält, dass sie zur sicheren Annahme des § 21 StGB führen könnte.
10
3. Über den Maßregelausspruch muss deshalb nochmals entschieden werden. Schuld- und Strafausspruch sind vom Rechtsfehler unberührt. Der Senat schließt aus, dass eine erneute Verhandlung zur Feststellung der Schuldunfähigkeit des Angeklagten führen wird und sich die Anordnung der Maßregel bei der Strafzumessung oder der Bewährungsentscheidung zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt hat.
Mutzbauer Schneider König
Mosbacher Köhler

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 33/18
vom
17. Mai 2018
in dem Sicherungsverfahren
gegen
ECLI:DE:BGH:2018:170518B1STR33.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. Mai 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. September 2017 mit Ausnahme der Feststellungen zu dem jeweiligen äußeren Tatgeschehen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten im psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und einen Betrag von 2.514 Euro sowie zahlreiche Asservate eingezogen. Hiergegen wendet sich der Beschuldigte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision, die weitgehenden Erfolg hat.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Beschuldigte leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Dies führ- te zu einem „grundlegenden paranoiden Symptom“ mit bizarren Gedankeninhal- ten, formalen Denkstörungen, einer auffälligen Apathie, inadäquaten Affekten und einer verminderten Leistungsfähigkeit. Seit Mitte der 1980er Jahre war sein Leben geprägt von teilweise jahrelangen Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken und Justizvollzugsanstalten. 1997 war gegen ihn bereits die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden, diese Maßregel wurde 2012 für erledigt erklärt. Während der Maßregel wurde er wegen Diebstahls verurteilt, auch danach erfolgten weitere Verurteilungen, vor allem wegen Diebstahls. Nach seiner letzten Haftentlassung im Juni 2016 war der Beschuldigte obdachlos. Nachdem er am 23. November 2016 wegen eines Sturzes in ein Krankenhaus gebracht worden war, wurde er von dort wegen bedrohlichen Verhaltens und psychischer Auffälligkeit in eine psychiatrische Klinik gebracht, wo er auch als bedrohlich und psychotisch beschrieben wurde. Obwohl am 24. November 2016 die vorläufige Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 BGB beantragt worden war, wurde der Beschuldigte vier Tage später entlassen und seitens der Klinik die Aufhebung der vorläufigen Unterbringung beantragt, da eine geschlossene psychiatrische Krankenhausbehandlung nicht mehr erforderlich sei.
4
2. Zwischen dem 30. November und dem 18. Dezember 2016 beging der Beschuldigte vier Einbruchstaten. Dabei handelte er stets in der Absicht, sich eine Einnahmequelle von einigem Umfang und Dauer zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes zu verschaffen. Aufgrund seiner psychotischen Erkrankung war dabei in allen Fällen seine Steuerungsfähigkeit sicher erheblich vermindert, nicht ausschließbar aufgehoben. Im Einzelnen:
5
a) In der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 2016 drang der Beschuldigte in N. in im Erdgeschoss gelegene Büroräume ein, indem er die Fensterscheibe zum Waschraum aufhebelte. Er führte ein Beil mit sich. Er durchsuchte die Räumlichkeiten nach werthaltigen Gegenständen und nahm Schmuckgegenstände und zwei Uhren im Wert von 750 Euro mit, um sie für sich zu behalten.
6
b) Zwischen dem 30. November und dem 11. Dezember 2016 verschaffte sich der Beschuldigte Zutritt zu einem Kellerabteil eines Wohnhauses. Die Sicherung durch ein Vorhängeschloss überwand er, indem er den angenagelten Riegel lockerte, so dass sich die Holzlattentür öffnen ließ. Er entwendete die werthaltigen Gegenstände, wie Koffer, Taschen und einige Schmuckgegenstände im Wert von 800 Euro, um sie für sich zu behalten.
7
c) Zwischen dem 7. und dem 9. Dezember 2016 hielt sich der Beschuldigte im Keller desselben Wohnhauses auf. Hier befand sich eine Tür, die zum Funduskellerraum der im Nachbarhaus gelegenen Ballettschule führte. Von dieser Seite war die Tür mit Styroporplatten verkleidet, davor standen Regale mit Kartons. Der Beschuldigte drückte kraftvoll gegen diese Tür, so dass er in den Keller der Ballettschule gelangte. Die Regale mit den Kartons stellte er wieder auf, so dass die schadhafte Verkleidung nicht auf Anhieb sichtbar war. Er entwendete Modeschmuck und zahlreiche Bekleidungsgegenstände von Ballettartikelherstellern , die die Ballettschule vertrieb, im Gesamtwert von etwa 10.000 Euro. Außerdem nahm er aus einem Porzellanschwein 100 Euro und aus der aufgehebelten Registrierkasse die dort befindlichen 40 Euro. Er nahm aber auch den Schlüssel zur Eingangstür mit; mit diesem verließ er die Ballettschule durch die Eingangstür, die er ordnungsgemäß verschloss.
8
d) Am 18. Dezember 2016 gelangte der Beschuldigte gegen 5.20 Uhr über ein im Innenhof befindliches Baugerüst auf den Balkon im zweiten Obergeschoss , der zur Wohnung der Geschädigten K. und Kö. gehörte. Dabei hatte er ein Taschenmesser in seiner Hosentasche. Die verriegelte Balkontür drückte er gewaltsam auf und kam so in die Wohnung. Hier entwendete er aus einer Handtasche eine kostspielige Sonnenbrille und die Geldbörse, die er zwischen die zwei von ihm getragenen Jacken steckte und die dort durch den Bund der äußeren Jacke gehalten wurden. Als er sich im Bereich der Garderobe befand, wurde die Geschädigte K. wegen des Scheins der Ta- schenlampe im ansonsten dunklen Flur auf ihn aufmerksam. Sie schrie „Einbrecher“ , woraufhin der Beschuldigte durch die Wohnungstür zu entkommen versuchte. Dies gelang ihm nicht, da die Geschädigte ihn in ein Gerangel verwickelte. Durch den Schrei aufmerksam geworden, betrat nun der Geschädigte Kö. den Flur und forderte den Beschuldigten auf, sich auf den Boden zu legen. Das tat der Beschuldigte aber nicht, er ging vielmehr auf Kö. zu und versuchte, ihm Faustschläge zu versetzen, um unerkannt mit der Beute entkommen zu können. Tatsächlich traf er Kö. , dessen dadurch hervorgerufene Ablenkung der Beschuldigte zu nutzen suchte, um die Wohnungstür mit dem steckenden Schlüssel aufzusperren und zu entkommen. Er stieß hierzu die im Wege stehende K. zur Seite, wurde aber letztlich durch Kö. zu Boden gebracht. Dort leistete er keine Gegenwehr mehr und wurde festgenommen.
9
Die Beute aus den Taten konnte entweder am Beschuldigten oder in mehreren Schließfächern im Bahnhof sichergestellt werden.

II.


10
1. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sind rechtsfehlerfrei getroffen.
11
2. Die Unterbringung des Beschuldigten im psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB kann jedoch keinen Bestand haben.
12
a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur angeordnet werden, wenn unter anderem zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung im Sinne eines der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruht. In diesem Zusammenhang ist darzulegen, wie sich die festgestellte, einem Merkmal der §§ 20, 21 StGB unterfallende Störung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichtsoder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden Zustand zurückzuführen sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 25. Juli 2017 – 3 StR 119/17; Urteil vom 9. August 2017 – 1 StR 63/17).
13
b) Den sich daraus ergebenden Anforderungen an die Feststellung der ursächlichen Verknüpfung zwischen dem Zustand, in dem der Beschuldigte sich befand, und der ihm zur Last gelegten Taten genügen die Urteilsgründe nicht.
14
Die Diagnose entweder einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie oder einer psychotischen Störung führt für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit. Es hätte vielmehr einer konkretisierenden Darlegung bedurft, in welcher Weise sich das festgestellte Krankheitsbild bei Begehung der Taten auf die Handlungsmöglichkeiten des Beschuldigten in den jeweiligen konkreten Tatsituationen ausgewirkt haben soll (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 9. August 2017 – 1 StR 63/17; Beschlüsse vom 16. März 2017 – 4 StR 11/17 und vom 6. September 2017 – 1 StR 307/17).
15
Hierzu stellt das Landgericht lediglich allgemein fest, dass die Steue- rungsfähigkeit „aufgrund der festgestellten dauerhaften massiven Veränderung seiner Persönlichkeitsstruktur mit Impulskontrollstörungen“ sicher erheblich vermindert, eine wahnbedingte Aufhebung der Einsichtsfähigkeit nicht ausgeschlossen werden könne. Konkrete Feststellungen zu einem etwaigen Effekt der psychischen Erkrankung auf die Tatbegehungen sind indes weder ausdrücklich getroffen noch lassen sie sich den Urteilsgründen sonst entnehmen.
16
Anzeichen für wahnhaftes Erleben, formale Denkstörungen, krankhaft leistungsgemindertes oder apathisches Verhalten – die als psychopathologische Verhaltensweisen des Beschuldigten festgestellt werden –, lassen sich in den von zielgerichteter und zweckmäßiger Ausführung unter Vermeidung von Entdeckungsrisiken geprägten Einbruchstaten, die zudem zahlreiche planerische Elemente aufweisen, nicht ausmachen. Dies zeigt sich in der jeweiligen situationsangepassten und sachgerechten Zutrittsweise zu den Diebstahlsobjekten. Auch wählte der Beschuldigte für die Tatbegehung in den Fällen 2.a. und d. jeweils die Nachtzeit, im Fall 2.d. führte er eine Taschenlampe mit, deren Gebrauch nahe liegt, um nachts in fremden Wohnungen unbemerkt nach werthaltigen Gegenständen suchen zu können. Im Fall 2.c. richtete er den Keller nach seinem Eindringen so wieder her, dass die beschädigte Türverkleidung zunächst nicht auffiel, und wählte den regulären Ausgang über die Tür, für die er den Schlüssel mitführte. Angesichts dieser Tatbilder vermag auch der Umstand , dass der Beschuldigte wenige Tage vor den Taten in einer psychiatrischen Klinik als psychotisch beschrieben worden ist, nicht den Schluss auf eine psychotische Beeinflussung der Taten zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 2017 – 1 StR 63/17), zumal da diese Einschätzung durch das spätere Verhalten der Klinik an Bedeutung verliert.
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Dass die Tatbegehungen in seiner krankheitsbedingten Persönlichkeitsveränderung wurzeln, erschließt sich ebenfalls nicht. Als imponierende Persönlichkeitszüge werden dargestellt eine feindliche Wahrnehmung der Umwelt, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, weitschweifige und sprunghafte Erzählweise ; wie solche Verhaltensweisen sich auf die Handlungsmöglichkeiten des Beschuldigten bei der Begehung der Taten ausgewirkt haben sollen, bleibt unerörtert. Dies gilt auch für die schon nicht mit konkreten Verhaltensweisen des Beschuldigten unterlegte Impulskontrollstörung. Dass diese Ursache für die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit gewesen sein soll, hätte angesichts der Nutzung der Nachtzeit für die entdeckungsgeneigten Taten in den Fällen 2.a. und d., der zweckmäßigen Ausrüstung und der Konzentration auf werthaltige Gegenstände bei allen Taten, konkretisierender Darlegung bedurft. Hinzu tritt, dass sich das Landgericht davon überzeugt hat, dass der Beschuldigte die Taten beging, um sich aus den Erlösen eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, was auch das Motiv nachvollziehbar und ohne Zusammenhang zur diagnostizierten Störung erscheinen lässt.
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Die von der Strafkammer mitgeteilte Einschätzung des Sachverständigen , im Fall 2.c. „könne das Loch in der Wand vom Beschuldigten wahnhaft interpretiert worden sein“ und im Fall 2.d. könne „der Wahn sich aus der“ später fallen gelassenen „Schilderung“ des Beschuldigten gegenüber den Polizeibe- amten ergeben, der Geschädigte Kö. habe ihn entführt oder ihn mit dem Brotmesser angegriffen, „falls es sich hierbei nicht um Rechtfertigungsversuche handele“, bleibt spekulativ und vermag eine Beeinflussungdieser Taten durch die psychotische Erkrankung des Beschuldigten ebenso wenig tragfähig zu belegen.
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Über die Maßregelanordnung muss deshalb umfassend neu verhandelt und entschieden werden.
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3. Die rechtsfehlerhafte Einziehungsentscheidung (vgl. § 413 StPO) wird ohnehin von der Aufhebung miterfasst.
Raum Jäger Bellay
Cirener Fischer

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.