Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2018 - 4 StR 484/18

bei uns veröffentlicht am06.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 484/18
vom
6. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:061218B4STR484.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 1. Juni 2018 wird das vorbezeichnete Urteil
a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben aa) soweit der Angeklagte im Fall II.1.a) der Urteilsgründe verurteilt worden ist; bb) im Gesamtstrafenausspruch; cc) im Adhäsionsausspruch betreffend die Adhäsionsklägerin M. ; insoweit wird von einer Entscheidung abgesehen.
b) im Adhäsionsausspruch betreffend die Adhäsionsklägerin G. dahingehend geändert, dass Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. April 2018 zu zahlen sind. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Endscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und versuchten sexuellen Übergriffs unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Leipzig vom 17. November 2017 nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und zwei Adhäsionsentscheidungen getroffen. Seine auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision hat den in der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I.


2
Soweit der Angeklagte im Fall II.1.a) der Urteilsgründe wegen Vergewaltigung verurteilt worden ist, kann das Urteil nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht den Beweisantrag auf Einvernahme des Zeugen T. mit unzutreffender Begründung abgelehnt hat und die Verurteilung hierauf beruht.
3
1. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen sprach der Angeklagte die zu diesem Zeitpunkt erkennbar betäubungsmittelabhängige Nebenklägerin G. in den frühen Morgenstunden des 3. Mai 2017 im Hauptbahnhof H. an und stellte sich ihr unter einem falschen Namen vor. Er fragte sie, ob sie Betäubungsmittel konsumiere. Nachdem die Nebenklägerin dies bejaht hat- te, bot ihr der Angeklagte ein „Geschäft“ an, bei dem es um den Verkauf von Betäubungsmitteln gehen sollte. Um Genaueres zu besprechen, müsse sie mit in seine Wohnung kommen. Die Nebenklägerin vertraute dem Angeklagten und ging mit ihm in dessen Wohnung. Als der Angeklagte sie dort aufforderte, ihn mit der Hand zu befriedigen, war sie „total überrascht“ und sagte ihm deutlich, dass sie das nicht wolle. Als sie die Wohnung verlassen wollte, schloss der An- geklagte die Wohnungstür ab. Die Nebenklägerin begann nun zu schreien, woraufhin ihr der Angeklagte den Mund zuhielt. Der Angeklagte hielt die Nebenklägerin fest, drückte sie rücklings aufs Bett, zog ihr die Jogginghose herunter und drang mit seinem Glied in sie ein. Die Nebenklägerin konnte sodann die Wohnung verlassen. Einige Tage später traf die Nebenklägerin anlässlich des Verkaufs eines Fernsehers durch eine Freundin nochmals mit dem Angeklagten zusammen. Am 17. November 2017 kam es zu einer weiteren Begegnung, bei der ein Bekannter der Nebenklägerin den Angeklagten in ihrem Auftrag zu fotografieren versuchte. Dabei kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Bekannten und dem Angeklagten. Bei der sich anschließenden polizeilichen Anzeigenaufnahme wegen der Körperverletzung zum Nachteil des Angeklagten zeigte die Nebenklägerin die Vergewaltigung an.
4
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung angegeben, die Nebenklägerin im Hauptbahnhof getroffen zu haben und von ihr gebeten worden zu sein, sie bei ihm übernachten zu lassen. In den nächsten drei Tagen sei sie bei ihm geblieben, und es sei mehrfach zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen. Als seine Freundin ihm telefonisch ihr Kommen angedroht habe, habe er der Nebenklägerin erklärt, dass sie gehen müsse. Sie habe zunächst nicht gehen wollen, weil sie seine Geliebte habe sein wollen. Die Vergewaltigung behaupte sie nur aus Rache.
5
Das Landgericht hat seine Überzeugung hinsichtlich des Tatgeschehens und der Begleitumstände auf die Angaben der Nebenklägerin gestützt.
6
2. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung am 24. Mai 2018 den Antrag gestellt, den Zeugen T. zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass der Angeklagte mit der Nebenklägerin Anfang Mai 2017 in der Wohnung des Zeugen gewesen sei. Dadurch werde bewiesen, dass die Angaben der Nebenklägerin zum Tatablauf nicht stimmen könnten.
7
Das Landgericht hat diesen Antrag nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt und ausgeführt, dass die zu beweisende Tatsache aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung ohne Bedeutung sei. Selbst wenn der Zeuge die Beweisbehauptung bestätigen würde, lasse dies keinen Schluss darauf zu, ob die Vergewaltigung stattgefunden habe. Auch wäre die Beweistatsache im Fall ihres Nachweises nicht geeignet, die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin G. zu beeinflussen, denn die Frage, ob der Angeklagte mit der Zeugin G. in der Wohnung des Zeugen T. gewesen sei, betreffe nicht das eigentliche Tatgeschehen und damit den Kernbereich der Aussage der Zeugin G. .
8
3. Diese Begründung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sie die Beweistatsache in ihrer Bedeutung als Indiztatsache für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin G. nicht umfassend in den Blick nimmt.
9
a) Eine unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache ist aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung bedeutungslos, wenn sie in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfindung steht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihrer Bestätigung keinen Einfluss auf die richterliche Überzeugung vom entscheidungserheblichen Sachverhalt hätte, weil sie nur einen möglichen Schluss auf das Vorliegen oder Fehlen einer Haupttatsache oder den Beweiswert eines anderen Beweismittels ermöglicht und das Gericht der Überzeugung ist, dass dieser Schluss in Würdigung der gesamten Beweislage nicht gerechtfertigt wäre. Ob der Schluss gerechtfertigt wäre, hat das Tatgericht nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Hierzu hat es die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache so, als sei sie erwiesen, in ihrem vollen Umfang ohne Umdeutung, Einengung oder Verkürzung in das bisherige Beweisergebnis einzustellen und prognostisch zu prüfen , ob hierdurch seine bisherige Überzeugung zu der potentiell berührten Haupttatsache bzw. zum Beweiswert des anderen Beweismittels in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2018 – 3 StR 342/17, NStZ-RR 2018, 188 [Ls]; Beschluss vom 5. Februar 2013 – 1 StR 553/12, NStZ 2013, 352, 353; weitere Nachweise bei Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220). Der Beschluss, mit dem die Erhebung eines Beweises wegen Unerheblichkeit der Beweistatsache abgelehnt wird, ist mit konkreten Erwägungen zu begründen. Aus ihnen muss sich ergeben, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2015 – 1 StR 300/15, NStZ-RR 2015, 315 [Ls]; Beschluss vom 5. Februar 2013 – 1 StR 553/12, NStZ 2013, 352, 353; weitere Nachweise bei Trüg/Habetha in MünchKommStPO, § 244 Rn. 260 i.V.m. Fn. 1547).
10
b) Vor diesem Hintergrund greift die Begründung, mit der die Strafkammer die beantragte Beweisaufnahme abgelehnt hat, unter den hier gegebenen Umständen zu kurz. Soweit sie dabei – im Ansatz zutreffend – die Beweistatsache auch im Hinblick auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeuginin den Blick genommen hat, hat sie nur darauf abgestellt, inwieweit diese Tatsache Rückschlüsse auf das Tatgeschehen als solches zulässt. An dieser Stelle hätte aber auch erwogen werden müssen, ob und inwieweit hierdurch die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin zu den Kontakten mit dem Angeklagten außerhalb des Tatgeschehens (nach ihrer Aussage nur beim Verkauf des Fernsehers wenige Tage später und im November 2017) erschüttert wird und – sofern dies der Fall sein sollte – ob sich daraus ein Rückschluss auf eine Aussagesteuerung ergibt, die auch ihre Bekundungen zu dem das Tatgeschehen ausmachenden unfreiwilligen Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten in Frage stellt. Dies gilt umso mehr, als sich der Angeklagte mit der Einlassung verteidigt hat, ein mehrtägiges Verhältnis zu der Zeugin gehabt zu haben, bei dem es zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen sei.
11
c) Auf dieser Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO beruht die Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung im Fall II.1.a) der Urteilsgründe. Die dadurch begründete Teilaufhebung des Schuldspruchs zieht auch die Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe nach sich. Auf die weiteren hierzu erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht mehr an.
12
4. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen der Tat zum Nachteil der Zeugin G. führt nicht zur Aufhebung der zu ihren Gunsten ergangenen Adhäsionsentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 StR 470/14, Rn. 56 [insoweit in NJW 2016, 513 nicht abgedruckt]; Urteil vom 18. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96, 98). Jedoch bedarf diese insoweit einer Änderung, als nach § 404 Abs. 2 Satz 1 und 2 StPO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB Zinsen erst ab dem auf die Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag zugesprochen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2018 – 4 StR 292/18, Rn. 2 mwN).

II.


13
1. Die Verurteilung wegen versuchten sexuellen Übergriffs im Fall II.2.a) der Urteilsgründe und der Ausspruch über die Einzelstrafe für diese Tat weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Die hierzu erhobene Verfahrensrüge ist jedenfalls unbegründet. Der Senat entnimmt dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, dass der Angeklagte die weitere Tatausführung nicht freiwillig aufgab und ein strafbefreiender Rücktritt deshalb ausscheidet.
14
2. Der an diese Tat anknüpfende Adhäsionsausspruch zugunsten der Nebenklägerin M. kann dagegen nicht bestehen bleiben, weil der zugrunde liegende, auf Zahlung eines „angemessenen“ Schmerzensgeldes gerichtete Adhäsionsantrag nicht den Zulässigkeitsanforderungen gemäß § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO genügt.
15
a) § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO verlangt die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Bei einem unbezifferten Antrag müssen die tatsächlichen Grundlagen für die Ermessensausübung des Gerichts mitgeteilt werden. Wenn der Umfang der Leistung im richterlichen Ermessen steht, muss zwar kein konkreter Betrag geltend gemacht werden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt aber zumindest die Angabe der Größenordnung des begehrten Betrages, um das Gericht und den Gegner darüber zu unterrichten, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2018 – 3 StR 618/17, Rn. 11; Beschluss vom 14. März 2018 – 4 StR 516/17, NStZ-RR 2018, 223, 224; Beschluss vom 25. August 2016 – 2 StR 585/15, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 9; Urteil vom 30. April 1996 – VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 350 f.).
16
b) Diesen Anforderungen wird der Adhäsionsantrag der Nebenklägerin vom 4. Januar 2018 nicht gerecht. Der Antrag ist nicht beziffert und enthält auch sonst keinen Hinweis auf eine Größenordnung oder einen Mindestbetrag. Eine von der Nebenklägerin hingenommene gerichtliche Streitwertangabe, die als eine entsprechende Wertangabe ihrerseits angesehen werden könnte, ist nicht erfolgt. Von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag war daher abzusehen.
Sost-Scheible Roggenbuck Quentin
Feilcke Bartel

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2018 - 4 StR 484/18

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Strafprozeßordnung - StPO | § 404 Antrag; Prozesskostenhilfe


(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des
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(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 342/17
vom
6. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
ECLI:DE:BGH:2018:060318B3STR342.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. März 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 25. Januar 2017 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Auf die weiteren Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge kommt es daher nicht mehr an.
2
Die Revision beanstandet zu Recht, die Strafkammer habe einen Beweisantrag mit fehlerhafter Begründung abgelehnt.
3
1. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte seine Ehefrau mit einer Holzlatte mehrfach von hinten gegen Kopf und Oberkörper schlug. Als sie reglos, aber noch lebend am Boden lag, ging der Angeklagte vom unmittelbaren Tatort, der in dem Zwischentrakt zwischen Wohnhaus und einem gewerblich genutzten Ausstellungsgebäude lag, durch eine feuerhemmende Tür in den zum Wohnhaus führenden Flur, holte von dort zwei Mülltüten, stülpte diese seiner Frau über den Kopf und fixierte sie mit einer elastischen Schnur und einem Karabinerhaken an deren Hals. Seiner Absicht entsprechend erstickte das Tatopfer schließlich entweder infolge einer Drosselung ihres Halses oder aufgrund einer Rückatmung in die Mülltüten.
4
Der Angeklagte hat die Tat bestritten. Seine Überzeugung zum konkret festgestellten Tatablauf hat das Landgericht auf die Angaben der Zeugin L. gestützt, die nach ihrer Schilderung bei der Tat anwesend war und sich vor der feuerhemmenden Tür aufhielt. Dabei hat es in dem Umstand, dass sich auf der Schwelle der Tür Blutspuren des Tatopfers befanden, die dort von einem Körperteil oder Gegenstand senkrecht auf den Boden getropft sein müssen , keinen die Glaubhaftigkeit in Frage stellenden Widerspruch zu den Schilderungen der Zeugin gesehen. Dies hat das Landgericht damit begründet, dass diese Spuren nicht zwingend auf einen Kampf zwischen Tatopfer und Täter unmittelbar vor der Tür oder auf einen dort vorgenommenen ersten Angriff mit einer Holzlatte zurückzuführen seien. Denn es sei ebenso gut möglich, dass die Blutabtropfspuren nicht unmittelbar aus einer Wunde der Verstorbenen, sondern von einem Gegenstand (dem Tatwerkzeug) oder den Händen oder Armen des Angeklagten auf den Boden tropften, als er die Schwelle der Tür überschritt , um die Mülltüten zu holen.
5
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung beantragt, ein Blutspritzeranalysegutachten unter anderem zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass weitere Blutabtropfspuren auf dem Weg vom Auffindeort der Toten zu der feuerhemmenden Tür sowie vor deren Schwelle vorhanden gewesen wären, wenn das Blut auf der Schwelle von dem Täter oder einem Gegenstand in seiner Hand heruntergetropft wäre, und auch hinter der Schwelle, wenn der Täter durch die Tür gegangen wäre. Mit Einholung des beantragten Gutachtens sollte außerdem im Ergebnis bewiesen werden, dass das Tatopfer direkt an der Tür von dem Täter mit einem Schlag von vorn gegen den Kopf angegriffen wurde und die Blutstropfen unmittelbar von der Getöteten auf die Schwelle herabfielen , was mit den Angaben der Zeugin nicht zu vereinbaren war.
6
Das Landgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die Beweistatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung sei, weil ebenso "denkbar wäre", dass sich an dem Täter oder einem Gegenstand nur so geringe Mengen an Blut befanden, dass lediglich die Blutspuren auf der Schwelle der feuerhemmenden Tür und keine weiteren Blutabtropfspuren entstanden sind.
7
2. Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
a) Eine unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache ist aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung bedeutungslos, wenn sie in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfindung steht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihrer Bestätigung keinen Einfluss auf die richter- liche Überzeugung vom entscheidungserheblichen Sachverhalt hätte, weil sie nur einen möglichen Schluss auf das Vorliegen oder Fehlen einer Haupttatsache oder den Beweiswert eines anderen Beweismittels ermöglicht und das Gericht der Überzeugung ist, dass dieser Schluss in Würdigung der gesamten Beweislage nicht gerechtfertigt wäre. Ob der Schluss gerechtfertigt wäre, hat das Tatgericht nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Hierzu hat es die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache so, als sei sie erwiesen, in ihrem vollen Umfang ohne Umdeutung, Einengung oder Verkürzung in das bisherige Beweisergebnis einzustellen und prognostisch zu prüfen , ob hierdurch seine bisherige Überzeugung zu der potentiell berührten Haupttatsache bzw. zum Beweiswert des anderen Beweismittels in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 - 3 StR 544/14, NStZ 2015, 296; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220 mwN).
9
b) Diesen Anforderungen wird die Begründung des Landgerichts nicht gerecht. Denn es stellt die unter Beweis gestellte Tatsache nicht so, als sei sie erwiesen, sondern gerade das Gegenteil der Beweisbehauptung in seine vorläufige Würdigung als denkbare Alternative ein. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut war Inhalt der Beweisbehauptung der Erfahrungssatz, das Fehlen weiterer Blutspuren schließe eine mittelbare Übertragung der festgestellten Blutspuren aus. Die Ablehnung des Begehrens wird hingegen damit begründet, dass das Spurenbild auch mit einer solchen Spurenübertragung in Einklang stehe. Damit hat das Landgericht gerade nicht dargelegt, dass seine bisherige Überzeugung im Fall des Erwiesenseins der Beweistatsache nicht erschüttert würde.
10
3. Auf dem aufgezeigten Fehler beruht das Urteil (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat kann - insbesondere im Hinblick auf die mit demselben Antrag weiter unter Beweis gestellten Tatsachen, die auf der betroffenen Beweisbehauptung aufbauen - nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die fehlerhafte Ablehnung der Beweiserhebung zu einer abweichenden Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin L. gelangt wäre. Denn Ziel des Beweisantrags war, ihre Schilderung des Tatgeschehens in Frage zu stellen und die Zeugin selbst als mögliche Täterin oder Tatbeteiligte darzustellen.
11
Der Verfahrensmangel ergreift sämtliche Feststellungen und entzieht damit dem Schuldspruch die Grundlage. Zwar hat das Landgericht dargelegt, dass es bereits ohne die Angaben der Zeugin aufgrund der weiteren objektiven Indizien von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt war, und deren Aussage als reine Bestätigung seiner bereits gewonnenen Überzeugung gewertet. Allerdings beruhen die zur Sache getroffenen Feststellungen in erheblichem Umfang allein auf den Angaben der Zeugin. Dies gilt insbesondere für die Feststellungen zum unmittelbaren Tatablauf und den Handlungen des Angeklagten, aber auch für sein Motiv und Nachtatverhalten. Es ist dem Senat daher weder möglich noch als Revisionsgericht gestattet, selbst festzulegen, welche Feststellungen das Tatgericht auch ohne die Angaben der Zeugin getroffen hätte. Das gilt umso mehr, als das Landgericht, wenn es - dem Beweisziel des Antrags entsprechend - die Angaben der Zeugin im Kerngeschehen für widerlegt erachtet hätte, gehalten gewesen wäre, sich hiermit im Rahmen der Beweiswürdigung im Hinblick auf die Täterschaft des Angeklagten auseinanderzusetzen.
12
4. Der Senat hat gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 StPO von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an ein zu demselben Land gehörendes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen.
Becker Spaniol Berg
Hoch Leplow

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 553/12
vom
5. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Februar 2013 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Freiburg vom 11. Juni 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.


1
Der Angeklagte wurde wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung unter Einbeziehung früher verhängter Strafen zu einer nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Seine Revision hat mit einer Verfahrensrüge, mit der sie die nicht rechtsfehlerfreie Ablehnung eines Beweisantrages geltend macht, Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
1. Folgendes ist festgestellt:
4
Der Angeklagte arbeitete im Nachtclub seiner geschiedenen Frau in W. . In einer nicht mehr genau feststellbaren Nacht im April oder Mai 2009 hielten sich dort die Tochter des Angeklagten und deren damals 17 Jahre alte Freundin O. auf; es war vorgesehen, dass diese in B. in der Wohnung der geschiedenen Frau des Angeklagten schlafen sollte. Die beiden jungen Frauen gingen nach ihrem Aufenthalt im Nachtclub zunächst mit zwei jungen Männern in die Wohnung eines dieser jungen Männer im nahegelegenen Frankreich und tranken dort Kaffee. Danach rief die Tochter den Angeklagten an, er solle O. und sie mit dem Pkw abholen. Nach einem Zwischenaufenthalt im Nachtclub brachte er die beiden zum Haus seiner geschiedenen Frau und ordnete dort an, seine Tochter solle aussteigen, mit der Freundin habe er noch zu reden. Anschließend verriegelte er die Beifahrertür und erklärte der Freundin, er wolle mit ihr „ficken“. Obwohl diese deutlich mach- te, dass sie dies alles nicht wolle, brachte er sie wieder in den Nachtclub. Dabei vermittelte er ihr den Eindruck, sie könne nicht weglaufen. Er verschloss die Tür des Nachtclubs, in dem niemand mehr war und führte sie in ein Zimmer mit einem Bett. Aus Furcht entkleidete sie sich und legte sich aufs Bett, er legte sich über sie. Als sie sich herauswinden wollte, hielt er sie fest, sie ließ dann den Geschlechtsverkehr über sich ergehen. Danach brachte er sie wieder in die Wohnung seiner geschiedenen Frau.
5
2. Die Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den Angaben von O. , die die Strafkammer nach sachverständiger Beratung als glaubwürdig angesehen hat.
6
Der Angeklagte hat die Tat bestritten, die Beschuldigung sei eine Erfindung von O. . Eine Autofahrt von Frankreich bzw. der französischen Grenze nach B. habe es nie gegeben. Er habe lediglich einmal die beiden auf ihren Wunsch vom Nachtclub zur Grenze gefahren. Vielleicht ginge die Anzeige darauf zurück, dass er seiner Tochter den Kontakt mit O. verboten habe, weil er erfahren habe, dass deren Bruder Rauschgift konsumiere.

7
3. Nicht unerhebliche Teile der Beweisaufnahme bezogen sich auf Hilfstatsachen , die die Glaubwürdigkeit von O. hätten möglicherweise in Frage stellen können.
8
Ohne dass hier die Urteilsgründe in allen Einzelheiten nachzuzeichnen wären, ging es dabei etwa um Folgendes:
9
O. hat die Tat erst mit zeitlicher Verzögerung bei der Polizei angezeigt. Ihre Freundin M. hat sie zur Polizei begleitet. Diese hat (u.a.) darüber ausgesagt, was ihr O. von der Tat erzählt habe. Im Unterschied zu ihren der Verurteilung zu Grunde gelegten Angaben habe sie, so die Zeugin M. , erzählt, sie sei vom Angeklagten in dessen Pkw vor der Einfahrt ihres ( O. s) Wohnhauses vergewaltigt worden.
10
Diese Schilderung, so legt die Strafkammer näher dar, sei unzutreffend, O. habe M. nicht alles, "sondern nur den Beginn" und die Tatsache der Vergewaltigung erzählt. Sie habe auch gesagt, dass der Angeklagte sie "heimgefahren" habe. Damit habe sie gemeint, er habe sie zur Wohnung ihrer Freundin in B. gebracht. M. habe sich daraus jedoch "zusammengereimt", dass die Tat im Pkw vor dem Wohnhaus von O. stattgefunden habe.
11
Gegenüber ihrem Bruder, der faktisch den Vater ersetzt habe, hat O. nach dessen Aussage angegeben, der Angeklagte habe sie bei sich (dem Angeklagten) zu Hause vergewaltigt.
12
Dies, so die Strafkammer, erkläre sich aus dem „soziokulturellen, eher konservativen Hintergrund“ der Familie O. . Daher habe sie dem Bruder nicht gesagt, dass die Tat in einem Nachtclub stattgefunden habe, sondern „bei ihm“, was der Bruder als „bei dem Angeklagten zu Hause“ verstanden habe.

II.


13
Vor dem Hintergrund der nach alledem ersichtlich nicht einfachen Beweislage erweist sich folgender Beweisantrag als nicht rechtsfehlerfrei behandelt :
14
In das Wissen einer Zeugin, einer langjährigen Freundin von O. war gestellt, dass diese im Sommer 2009, also mehrere Wochen nach der (terminlich nicht genau feststehenden) Tat auf einem Spielplatz in W. ihr gegenüber behauptet habe, ihr Bruder habe sie vergewaltigt. Neige die Zeugin, so ist zur Begründung des Antrags näher ausgeführt, dazu, andere sexueller Übergriffe zu bezichtigen, könne dies die Beurteilung ihrer Aussage beeinflussen, wobei auch eine „weitere psychologisch/psychiatrische Glaubwürdigkeitsbegutachtung“ genannt ist.
15
Die Strafkammer hat den Antrag wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:
16
„Mit der Aussage der Zeugin soll eine Hilfstatsache bewiesen werden. Es ist aber nicht ersichtlich, welche Schlüsse aus dieser Hilfstatsache für die Bewertung der Aussage der Zeugin O. gezogen werden könnten, zumal die Kammer eine weitere Glaubwürdigkeitsbegutachtung nicht beabsichtigt, weil deren Voraussetzungen nicht vorliegen“.
17
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

18
1. Ohne dass dies näherer Ausführung bedürfte, ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen, dass der Beweisantrag auf eine Hilfstatsache gerichtet war.
19
Zutreffend ist auch der Ansatz, dass eine Hilfstatsache in tatsächlicher Hinsicht - um anderes geht es hier nicht - (auch) dann bedeutungslos ist, wenn nicht erkennbar ist, warum die Beweisbehauptung (Zeugin O. behauptet, von ihrem Bruder vergewaltigt worden zu sein) den behaupteten Schluss auf den Beweiswert einer anderen Aussage dieser Zeugin (der Angeklagte habe sie vergewaltigt) zulässt, wenn also letztlich ein Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung einerseits und dem Anklagevorwurf andererseits fehlt (vgl. zusammenfassend Becker in LR-StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220 Fn. 1134 mwN).
20
2. Allgemein-abstrakte Grundsätze darüber, in welcher Beziehung die Beweistatsache zu dem Verfahrensgegenstand stehen muss, wenn sie für seine Beurteilung Bedeutung haben soll, lassen sich kaum aufstellen. Auch Vorfälle , die dem angeklagten Vorwurf zeitlich nachfolgen, und an denen der Angeklagte nicht beteiligt war, können im Einzelfall auf die Beurteilung des konkreten Falles wichtige Schlüsse zulassen und dadurch Bedeutung erhalten.
21
Im Kern kommt es darauf an, ob im konkreten Fall nach allgemeiner - oder jedenfalls richterlicher - Erfahrung der aufgezeigte Zusammenhang erkennbar ohne weiteres sicher zu verneinen ist (vgl. Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 587 f).
22
3. Gründe, aus denen sich eine solche Bedeutungslosigkeit ergibt, teilt die Strafkammer nicht mit. In einem Beschluss, durch den ein Beweisantrag als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos abgelehnt wird (§ 244 Abs. 6 StPO), sind die hierfür maßgeblichen Erwägungen aber zumindest in ihrem Kern konkret darzulegen, um dem Antragsteller zu ermöglichen, sein weiteres Prozessverhalten entsprechend einzurichten (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Fischer in KK-StPO, 6. Aufl., § 244 Rn. 145 mwN). Dementsprechend hat der Senat, dem im Übrigen eine eigene Beweiswürdigung verwehrt ist, nicht darüber zu befinden, ob und gegebenenfalls wie hier die Annahme einer solchen Bedeutungslosigkeit zu begründen wäre.
23
4. Der Senat hat erwogen, ob hier - ausnahmsweise - eine nähere Begründung für die Zurückweisung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit entbehrlich sein könnte. Dies ist dann der Fall, wenn die hierfür maßgeblichen Gründe evident auf der Hand liegen (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Fischer aaO Rn. 147 mwN).
24
Dies ist hier nicht der Fall:
25
O. hat sowohl gegenüber M. als auch gegenüber ihrem Bruder Angaben gemacht, die nach der Bewertung der Strafkammer bei beiden Zeugen Fehlvorstellungen ausgelöst haben. Es ist unter diesen Umständen nicht völlig selbstverständlich, dass von vorneherein keinerlei Schlussfolgerungen daraus gezogen werden könnten, wenn sie in zeitlicher Nähe zu der Anzeige der verfahrensgegenständlichen Vergewaltigung behauptet hat, auch noch von einer anderen Personen vergewaltigt worden zu sein.
26
5. Es mag dahinstehen, ob der nicht näher erläuterte Hinweis der Strafkammer , eine erneute Begutachtung sei nicht beabsichtigt, daneben auch zum Ausdruck bringen soll, dass jedenfalls nach den konkreten Umständen des Falles selbst bei Gelingen des Beweises ein Schluss auf die Glaubhaftigkeit der Aussage von O. nicht gezogen würde, selbst wenn ein solcher Schluss (doch) möglich sein sollte. Auch dann fehlte aber in gleicher Weise die notwendige konkrete Begründung.
27
6. Auch sonst ist dieser Hinweis nicht ganz klar.
28
Es versteht sich von selbst, dass alle vor dem Urteil angefallenen Erkenntnisse zu berücksichtigen und zu bewerten sind. Ist der Richter nach seiner Auffassung hierzu selbst nicht in der Lage, sondern bedarf er hierzu sachverständiger Beratung, muss er sie - erforderlichenfalls ergänzend - einholen. Jedenfalls könnte auf eine Beweiserhebung zu einer Frage, die möglicherweise für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der zentralen Aussage eines Zeugen bedeutsam sein kann, nicht deshalb verzichtet werden, weil dessen Begutachtung bereits erfolgt ist.

III.


29
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung, ohne dass es auf das weitere Revisionsvorbringen noch ankäme.
30
Der Senat bemerkt jedoch, dass gegebenenfalls die nicht völlig klare nachträgliche Gesamtstrafenbildung zu verdeutlichen wäre. Einbezogen ist hier jeweils die Strafe aus Verurteilungen vom 5. Mai 2010 und 14. März 2011. Die Tatzeiten sind nicht mitgeteilt. Durch ein Urteil vom 8. Juni 2011 wurde aus der dort verhängten Strafe und den genannten Strafen eine nachträgliche Gesamt- strafe gebildet. Diese hat die Strafkammer ohne weitere Ausführungen aufgelöst. Die Strafe für die am 8. Juni 2011 abgeurteilte Tat - es ist weder ihre Höhe noch die Tatzeit mitgeteilt - ist hier nicht einbezogen. Nack Wahl Jäger Frau RinBGH Cirener ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 0 0 / 1 5
vom
5. August 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. August 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 17. März 2015, soweit es ihn betrifft , mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten E. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts Traunstein zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten E. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen, gegen den Angeklagten K. eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und gegen den Angeklagten E. eine Freiheitsstrafe von acht Jahren verhängt. Zudem hat es auf Einziehung von etwa 14 kg Kokain erkannt. Die Revision des Angeklagten K. führt mit einer Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils, soweit es ihn betrifft. Die Revision des Angeklagten E. führt mit der näher ausgeführten Sachrüge zur Aufhebung des ihn betreffenden Strafausspruchs; im Übrigen ist die Revision des Angeklagten E. aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Den Beweisantrag des Angeklagten K. , die in seinem Geldbeutel sichergestellten Zettel mit handschriftlichen Aufzeichnungen durch einen Sachverständigen zum Beweis der Tatsache untersuchen zu lassen, dass sich darauf weder Fingerabdrücke noch DNA dieses Angeklagten befinden, hat das Landgericht mit der Begründung als tatsächlich bedeutungslos zurückgewiesen, die Beweistatsache lasse nur einen möglichen, nicht aber einen zwingenden Schluss darauf zu, dass der Angeklagte K. die Zettel nicht berührt habe; den möglichen Schluss wolle die Kammer nicht ziehen. Bei den Zetteln handelt es sich nach den Urteilsgründen um das zentrale Beweismittel, mit dem die Einlassung der Angeklagten, der Angeklagte K. habe von den transportierten Betäubungsmitteln nichts gewusst und die benannten Zettel habe ihm der Angeklagte E. untergeschoben, aus Sicht der Strafkammer widerlegt wurde. Die Revision des Angeklagten K. rügt zu Recht, dass die Begründung des Beschlusses den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Ablehnung eines Beweisantrags wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit einer Indiztatsache nicht entspricht.
3
Eine unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache ist aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung bedeutungslos, wenn sie in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfindung steht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Falle ihrer Bestätigung keinen Einfluss auf die richterliche Überzeugung vom entscheidungserheblichen Sachverhalt hätte, da sie nur einen möglichen Schluss auf das Vorliegen oder Fehlen einer Haupttatsache oder den Beweiswert eines anderen Beweismittels ermöglicht und das Gericht der Überzeugung ist, dass dieser Schluss in Würdigung der gesamten Beweis- lage nicht gerechtfertigt wäre. Ob der Schluss gerechtfertigt wäre, hat das Tatgericht nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Hierzu hat es die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache so, als sei sie erwiesen , in das bisherige Beweisergebnis einzustellen und prognostisch zu prüfen , ob hierdurch seine bisherige Überzeugung zu der von der potentiell berührten Haupttatsache bzw. zum Beweiswert des anderen Beweismittels in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 – 3 StR 544/14, NStZ 2015, 296 m. Anm. Venn; Senat, Urteil vom 21. August 2014 – 1 StR 13/14, NStZ-RR 2014, 316). Die Anforderungen an die Begründung entsprechen grundsätzlich den Darlegungserfordernissen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 – 3 StR 47/12).
4
Diesen Anforderungen wird die Beweisantragsablehnung des Landgerichts nicht gerecht. Angesichts des Umstandes, dass es sich bei den im Beweisantrag benannten Zetteln um das Hauptüberführungsindiz handelte, durfte das Landgericht den Beweisantrag nicht mit der bloßen Begründung ablehnen, der von dem Angeklagten erstrebte Schluss sei nicht zwingend, sondern nur möglich. Damit wurde die unter Beweis gestellte Indiztatsache gerade nicht als erwiesen in das bisherige Beweisergebnis eingestellt, sondern lediglich isoliert betrachtet.
5
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht. Dies zieht die Aufhebung des Urteils, soweit es den Angeklagten K. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen nach sich. Nicht erfasst hiervon ist die Einziehungsentscheidung, die ihre Rechtfertigung bereits im rechtskräftigen Schuldspruch des Angeklagten E. findet.
6
2. Die Strafzumessung leidet hinsichtlich des Angeklagten E. an einem durchgreifenden Rechtsfehler. Das Landgericht hat bei der Prüfung eines minder schweren Falls nach § 29a Abs. 2 BtMG den vertypten Milderungsgrund der Beihilfe nicht erörtert (vgl. zur Prüfungsreihenfolge Senat, Beschluss vom 11. Februar 2015 – 1 StR 629/14). Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler auf den Strafausspruch bei dem Angeklagten E. ausgewirkt hat. Zwar liegt – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist – nahe, dass sich der Angeklagte E. auch wegen tateinheitlichen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht hat, in welchem Fall der vertypte Milderungsgrund der Beihilfe keine Rolle mehr spielen würde. Diese Bewertung steht aber vorliegend – gegebenenfalls nach Hinweis gemäß § 265 Abs. 1 StPO – dem neuen Tatrichter zu; das Verschlechterungsverbot nach § 358 Abs. 2 StPO würde einer Verböserung des Schuldspruchs nicht entgegenstehen.
7
Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, weil diese vom Wertungsfehler nicht betroffen sind (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, sofern diese zu den vorhandenen nicht in Widerspruch stehen.
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 553/12
vom
5. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Februar 2013 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Freiburg vom 11. Juni 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.


1
Der Angeklagte wurde wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung unter Einbeziehung früher verhängter Strafen zu einer nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Seine Revision hat mit einer Verfahrensrüge, mit der sie die nicht rechtsfehlerfreie Ablehnung eines Beweisantrages geltend macht, Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
1. Folgendes ist festgestellt:
4
Der Angeklagte arbeitete im Nachtclub seiner geschiedenen Frau in W. . In einer nicht mehr genau feststellbaren Nacht im April oder Mai 2009 hielten sich dort die Tochter des Angeklagten und deren damals 17 Jahre alte Freundin O. auf; es war vorgesehen, dass diese in B. in der Wohnung der geschiedenen Frau des Angeklagten schlafen sollte. Die beiden jungen Frauen gingen nach ihrem Aufenthalt im Nachtclub zunächst mit zwei jungen Männern in die Wohnung eines dieser jungen Männer im nahegelegenen Frankreich und tranken dort Kaffee. Danach rief die Tochter den Angeklagten an, er solle O. und sie mit dem Pkw abholen. Nach einem Zwischenaufenthalt im Nachtclub brachte er die beiden zum Haus seiner geschiedenen Frau und ordnete dort an, seine Tochter solle aussteigen, mit der Freundin habe er noch zu reden. Anschließend verriegelte er die Beifahrertür und erklärte der Freundin, er wolle mit ihr „ficken“. Obwohl diese deutlich mach- te, dass sie dies alles nicht wolle, brachte er sie wieder in den Nachtclub. Dabei vermittelte er ihr den Eindruck, sie könne nicht weglaufen. Er verschloss die Tür des Nachtclubs, in dem niemand mehr war und führte sie in ein Zimmer mit einem Bett. Aus Furcht entkleidete sie sich und legte sich aufs Bett, er legte sich über sie. Als sie sich herauswinden wollte, hielt er sie fest, sie ließ dann den Geschlechtsverkehr über sich ergehen. Danach brachte er sie wieder in die Wohnung seiner geschiedenen Frau.
5
2. Die Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den Angaben von O. , die die Strafkammer nach sachverständiger Beratung als glaubwürdig angesehen hat.
6
Der Angeklagte hat die Tat bestritten, die Beschuldigung sei eine Erfindung von O. . Eine Autofahrt von Frankreich bzw. der französischen Grenze nach B. habe es nie gegeben. Er habe lediglich einmal die beiden auf ihren Wunsch vom Nachtclub zur Grenze gefahren. Vielleicht ginge die Anzeige darauf zurück, dass er seiner Tochter den Kontakt mit O. verboten habe, weil er erfahren habe, dass deren Bruder Rauschgift konsumiere.

7
3. Nicht unerhebliche Teile der Beweisaufnahme bezogen sich auf Hilfstatsachen , die die Glaubwürdigkeit von O. hätten möglicherweise in Frage stellen können.
8
Ohne dass hier die Urteilsgründe in allen Einzelheiten nachzuzeichnen wären, ging es dabei etwa um Folgendes:
9
O. hat die Tat erst mit zeitlicher Verzögerung bei der Polizei angezeigt. Ihre Freundin M. hat sie zur Polizei begleitet. Diese hat (u.a.) darüber ausgesagt, was ihr O. von der Tat erzählt habe. Im Unterschied zu ihren der Verurteilung zu Grunde gelegten Angaben habe sie, so die Zeugin M. , erzählt, sie sei vom Angeklagten in dessen Pkw vor der Einfahrt ihres ( O. s) Wohnhauses vergewaltigt worden.
10
Diese Schilderung, so legt die Strafkammer näher dar, sei unzutreffend, O. habe M. nicht alles, "sondern nur den Beginn" und die Tatsache der Vergewaltigung erzählt. Sie habe auch gesagt, dass der Angeklagte sie "heimgefahren" habe. Damit habe sie gemeint, er habe sie zur Wohnung ihrer Freundin in B. gebracht. M. habe sich daraus jedoch "zusammengereimt", dass die Tat im Pkw vor dem Wohnhaus von O. stattgefunden habe.
11
Gegenüber ihrem Bruder, der faktisch den Vater ersetzt habe, hat O. nach dessen Aussage angegeben, der Angeklagte habe sie bei sich (dem Angeklagten) zu Hause vergewaltigt.
12
Dies, so die Strafkammer, erkläre sich aus dem „soziokulturellen, eher konservativen Hintergrund“ der Familie O. . Daher habe sie dem Bruder nicht gesagt, dass die Tat in einem Nachtclub stattgefunden habe, sondern „bei ihm“, was der Bruder als „bei dem Angeklagten zu Hause“ verstanden habe.

II.


13
Vor dem Hintergrund der nach alledem ersichtlich nicht einfachen Beweislage erweist sich folgender Beweisantrag als nicht rechtsfehlerfrei behandelt :
14
In das Wissen einer Zeugin, einer langjährigen Freundin von O. war gestellt, dass diese im Sommer 2009, also mehrere Wochen nach der (terminlich nicht genau feststehenden) Tat auf einem Spielplatz in W. ihr gegenüber behauptet habe, ihr Bruder habe sie vergewaltigt. Neige die Zeugin, so ist zur Begründung des Antrags näher ausgeführt, dazu, andere sexueller Übergriffe zu bezichtigen, könne dies die Beurteilung ihrer Aussage beeinflussen, wobei auch eine „weitere psychologisch/psychiatrische Glaubwürdigkeitsbegutachtung“ genannt ist.
15
Die Strafkammer hat den Antrag wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:
16
„Mit der Aussage der Zeugin soll eine Hilfstatsache bewiesen werden. Es ist aber nicht ersichtlich, welche Schlüsse aus dieser Hilfstatsache für die Bewertung der Aussage der Zeugin O. gezogen werden könnten, zumal die Kammer eine weitere Glaubwürdigkeitsbegutachtung nicht beabsichtigt, weil deren Voraussetzungen nicht vorliegen“.
17
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

18
1. Ohne dass dies näherer Ausführung bedürfte, ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen, dass der Beweisantrag auf eine Hilfstatsache gerichtet war.
19
Zutreffend ist auch der Ansatz, dass eine Hilfstatsache in tatsächlicher Hinsicht - um anderes geht es hier nicht - (auch) dann bedeutungslos ist, wenn nicht erkennbar ist, warum die Beweisbehauptung (Zeugin O. behauptet, von ihrem Bruder vergewaltigt worden zu sein) den behaupteten Schluss auf den Beweiswert einer anderen Aussage dieser Zeugin (der Angeklagte habe sie vergewaltigt) zulässt, wenn also letztlich ein Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung einerseits und dem Anklagevorwurf andererseits fehlt (vgl. zusammenfassend Becker in LR-StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220 Fn. 1134 mwN).
20
2. Allgemein-abstrakte Grundsätze darüber, in welcher Beziehung die Beweistatsache zu dem Verfahrensgegenstand stehen muss, wenn sie für seine Beurteilung Bedeutung haben soll, lassen sich kaum aufstellen. Auch Vorfälle , die dem angeklagten Vorwurf zeitlich nachfolgen, und an denen der Angeklagte nicht beteiligt war, können im Einzelfall auf die Beurteilung des konkreten Falles wichtige Schlüsse zulassen und dadurch Bedeutung erhalten.
21
Im Kern kommt es darauf an, ob im konkreten Fall nach allgemeiner - oder jedenfalls richterlicher - Erfahrung der aufgezeigte Zusammenhang erkennbar ohne weiteres sicher zu verneinen ist (vgl. Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 5. Aufl., S. 587 f).
22
3. Gründe, aus denen sich eine solche Bedeutungslosigkeit ergibt, teilt die Strafkammer nicht mit. In einem Beschluss, durch den ein Beweisantrag als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos abgelehnt wird (§ 244 Abs. 6 StPO), sind die hierfür maßgeblichen Erwägungen aber zumindest in ihrem Kern konkret darzulegen, um dem Antragsteller zu ermöglichen, sein weiteres Prozessverhalten entsprechend einzurichten (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Fischer in KK-StPO, 6. Aufl., § 244 Rn. 145 mwN). Dementsprechend hat der Senat, dem im Übrigen eine eigene Beweiswürdigung verwehrt ist, nicht darüber zu befinden, ob und gegebenenfalls wie hier die Annahme einer solchen Bedeutungslosigkeit zu begründen wäre.
23
4. Der Senat hat erwogen, ob hier - ausnahmsweise - eine nähere Begründung für die Zurückweisung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit entbehrlich sein könnte. Dies ist dann der Fall, wenn die hierfür maßgeblichen Gründe evident auf der Hand liegen (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Fischer aaO Rn. 147 mwN).
24
Dies ist hier nicht der Fall:
25
O. hat sowohl gegenüber M. als auch gegenüber ihrem Bruder Angaben gemacht, die nach der Bewertung der Strafkammer bei beiden Zeugen Fehlvorstellungen ausgelöst haben. Es ist unter diesen Umständen nicht völlig selbstverständlich, dass von vorneherein keinerlei Schlussfolgerungen daraus gezogen werden könnten, wenn sie in zeitlicher Nähe zu der Anzeige der verfahrensgegenständlichen Vergewaltigung behauptet hat, auch noch von einer anderen Personen vergewaltigt worden zu sein.
26
5. Es mag dahinstehen, ob der nicht näher erläuterte Hinweis der Strafkammer , eine erneute Begutachtung sei nicht beabsichtigt, daneben auch zum Ausdruck bringen soll, dass jedenfalls nach den konkreten Umständen des Falles selbst bei Gelingen des Beweises ein Schluss auf die Glaubhaftigkeit der Aussage von O. nicht gezogen würde, selbst wenn ein solcher Schluss (doch) möglich sein sollte. Auch dann fehlte aber in gleicher Weise die notwendige konkrete Begründung.
27
6. Auch sonst ist dieser Hinweis nicht ganz klar.
28
Es versteht sich von selbst, dass alle vor dem Urteil angefallenen Erkenntnisse zu berücksichtigen und zu bewerten sind. Ist der Richter nach seiner Auffassung hierzu selbst nicht in der Lage, sondern bedarf er hierzu sachverständiger Beratung, muss er sie - erforderlichenfalls ergänzend - einholen. Jedenfalls könnte auf eine Beweiserhebung zu einer Frage, die möglicherweise für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der zentralen Aussage eines Zeugen bedeutsam sein kann, nicht deshalb verzichtet werden, weil dessen Begutachtung bereits erfolgt ist.

III.


29
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung, ohne dass es auf das weitere Revisionsvorbringen noch ankäme.
30
Der Senat bemerkt jedoch, dass gegebenenfalls die nicht völlig klare nachträgliche Gesamtstrafenbildung zu verdeutlichen wäre. Einbezogen ist hier jeweils die Strafe aus Verurteilungen vom 5. Mai 2010 und 14. März 2011. Die Tatzeiten sind nicht mitgeteilt. Durch ein Urteil vom 8. Juni 2011 wurde aus der dort verhängten Strafe und den genannten Strafen eine nachträgliche Gesamt- strafe gebildet. Diese hat die Strafkammer ohne weitere Ausführungen aufgelöst. Die Strafe für die am 8. Juni 2011 abgeurteilte Tat - es ist weder ihre Höhe noch die Tatzeit mitgeteilt - ist hier nicht einbezogen. Nack Wahl Jäger Frau RinBGH Cirener ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Radtke

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

56
V. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen der Taten zum Nachteil der Nebenklägerin J. führt nicht zur Aufhebung der zu ihren Gunsten ergangenen Adhäsionsentscheidung. Dies folgt hinsichtlich der zugesprochenen 1.000 € schon aus dem Umstand, dass der Angeklagte den Schmerzensgeld- anspruch in dieser Höhe anerkannt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2013 - 4 StR 364/13, juris Rn. 16). Aber auch soweit das Landgericht ein streitiges Grundurteil gesprochen hat, gilt, dass die Aufhebung des strafrechtlichen Teils im Falle der Zurückverweisung nicht den Adhäsionsausspruch erfasst, § 406a Abs. 3 Satz 1 StPO; dessen Aufhebung wäre dem neuen Tatrichter vorbehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2015 - 2 StR 388/14, juris Rn. 7 mwN; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 406a Rn. 8).

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

2
1. Der Angeklagte hat Anspruch auf Prozesszinsen aus dem von ihm anerkannten Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 4.000 EUR gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 1 BGB, § 187 Abs. 1 BGB analog erst ab dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2015 – 4 StR 411/15; BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2018 – 5 StR 277/18 und vom 20. März 2018 – 5 StR 52/18; Beschlüsse vom 17. Oktober 2018 – 2 StR 357/18 und 2 StR 259/18; Folgetagslösung; siehe auch BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 555/16; Urteil vom 24. Januar 1990 – VIII ZR 296/88, NJW-RR 1990, 518, 519; BAG, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 5 AZR 621/16, NJW 2018, 1707, 1709). Soweit der Senat im Hinblick auf anders lautende Entscheidungen des 1. und des 3. Strafsenats (vgl. Beschlüsse vom 8. Dezember 2016 – 1 StR 351/16, StV 2017, 321, 322; und vom 15. April 2014 – 3 StR 69/14, Rn. 2) erwogen hat, seine Rechtsauffassung zu überdenken (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 2018 – 4 StR 239/18, Rn. 21), hält er hieran nicht fest, zumal der 1. und der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mitgeteilt haben, an ihrer entgegen stehenden Rechtsprechung nicht festhalten zu wollen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

11
III. Auch der Adhäsionsausspruch kann, soweit der Nebenklägerin ein Schmerzensgeld von 60.000 € nebst Zinsen zugesprochen worden ist, nicht bestehen bleiben. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit ausgeführt: "Die Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 60.000 Euro an die Geschädigte kann dagegen keinen Bestand haben. Denn der Adhäsionsantrag war nicht beziffert und enthielt auch sonst keinen Hinweis auf die Größenordnung oder einen Mindestbetrag , den die Adhäsionsklägerin als Schmerzensgeld anstrebte (vgl. auch BGH NJW 1996, 2425). Damit genügte der Antrag nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dies wurde bis zum Ende der Hauptverhandlung auch nicht geheilt - etwa durch eine Streitwertangabe oder eine vor Urteilserlass unwidersprochen hingenommene Streitwertfestsetzung seitens des Gerichts (vgl. dazu Greger in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 253 Rn. 14 m.w.N.). § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt aber die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Die Vorschrift steht der Zulässigkeit eines unbezifferten Antrags nur dann nicht entgegen , wenn zugleich die tatsächlichen Grundlagen für die Ermessensausübung des Gerichts mitgeteilt werden. Wenn der Umfang der Leistung im richterlichen Ermessen steht, muss zwar kein konkreter Betrag geltend gemacht werden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt aber zumindest die Angabe der Größenordnung des begehrten Betrages, um das Gericht und den Gegner darüber zu unterrichten, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll. Deshalb fehlt es an der von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO geforderten Bestimmtheit des unbezifferten Klageantrags, wenn der Adhäsionskläger keine Angaben zur Größenordnung, zum geforderten Mindestbetrag des begehrten Schmerzensgeldes oder zum Streitwert macht (vgl. BGH NStZ-RR 2016, 351)."

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 516/17
vom
14. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
ECLI:DE:BGH:2018:140318B4STR516.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 27. Juni 2017
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Vergewaltigung schuldig ist und im Übrigen freigesprochen wird; soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, fallen der Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zur Last;
b) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit eine Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist und hinsichtlich der Adhäsionsentscheidung.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 Euro nebst Zinsen an die Nebenklägerin verurteilt. Von der Freiheitsstrafe gelten fünf Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme von drei ideal konkurrierenden Vergewaltigungstaten hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
3
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte den Entschluss gefasst, mit der Nebenklägerin mehrfach und auch gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr durchzuführen. Als sie seine Wohnung verlassen wollte, zog er sie von der Wohnungstür weg, schubste sie ins Schlafzimmer und schlug ihr ins Gesicht. Auch zog er ihr die geschlossene Jacke so über den Kopf, dass sie wenig Luft bekam, die Arme nicht bewegen konnte und Todesangst verspürte. Anschließend übte er mit ihr gegen ihren Willen den vaginalen Geschlechtsverkehr aus. Sodann half er ihr, die Jacke auszuziehen und forderte sie auf, im Bett liegen zu bleiben. Aus Angst befolgte die Nebenklägerin diese Anweisung. Nach 15 Minuten forderte der Angeklagte die Nebenklägerin auf, den Oralverkehr an ihm auszuüben und drückte ihren Kopf in Richtung auf sein erigiertes Glied. Es kam nun erneut zum oralen und vaginalen Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin gegen deren Willen. Nach einer weiteren Pause von 15 bis 30 Minuten verlangte der Angeklagte wiederum, dass ihn die Nebenklägerin oral oder mit der Hand befriedige, was die Nebenklägerin tat. Anschließend übte der Angeklagte nochmals den vaginalen Geschlechtsverkehr mit ihr aus.
4
a) Soweit die Strafkammer nicht feststellen konnte, dass es danach zu einem vierten, als selbstständige Tat angeklagten Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Nebenklägerin kam, hatte aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift angeführten Gründen Teilfreispruch zu erfolgen. Dies holt der Senat nach.
5
b) Für die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei mehrfach hintereinander begangenen Vergewaltigungen kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, ob der Nötigung des Tatopfers ein einheitliches Tun des Angeklagten zugrunde liegt. Bei einheitlicher Gewaltanwendung liegt ebenso wie bei fortgesetzter oder fortwirkender Drohung trotz mehrfach dadurch erzwungener Beischlafhandlungen nur eine Tat im Rechtssinne vor (vgl. BGH, Urteile vom 19. April 2007 – 4 StR 572/06, NStZ-RR 2007, 235; vom 13. Februar 2007 – 1 StR 574/06, juris Rn. 12; vom 25. Oktober 2001 – 4 StR262/01, NStZ 2002, 199, 200; Beschlüsse vom 18. Juni 2015 – 4 StR 46/15, NStZ-RR 2015, 277; vom 28. Januar 2003 – 4 StR 521/02, StraFo 2003, 281; vom 9. März 2000 – 4 StR 513/99, NStZ 2000, 419, 420; vom 23. November 1993 – 1 StR 739/93, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Gewalt 10). So liegt der Fall hier. Den Feststellungen der Strafkammer ist jedenfalls in ihrem Gesamtzusammenhang zu entnehmen, dass die vom Angeklagten durch den Schlag und die Beseitigung der Gegenwehrmöglichkeiten der Nebenklägerin mittels Hochziehens ihrer Jacke zur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs geschaffene Bedrohungssituation noch fortbestand, als er sie zur Ausübung des Oralverkehrs bzw. der Manipulation an seinem Glied und anschließend jeweils zur Duldung des Geschlechtsverkehrs zwang. Damit wurden die sexuellen Handlungen auf- grund eines Tatentschlusses durch den Einsatz desselben Nötigungsmittels erzwungen, sodass sich das Geschehen als einheitliche Tat der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF darstellt.
6
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Unrechtsgehalt der Tat ändert sich durch die geänderte konkurrenzrechtliche Bewertung nicht. Die mehrfache Ausübung des Oral- und Geschlechtsverkehrs durfte die Strafkammer auch bei einer einheitlichen Tat strafschärfend berücksichtigen.
7
2. Das Urteil kann keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Die Feststellungen zum Alkoholkonsum des Angeklagten drängten zu der Prüfung , ob die Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 64 StGB gegeben sind.
8
Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 56 Jahre alte Angeklagte trinkt seit dem Schulabschluss im Übermaß Alkohol. Zwei Ausbildungen und eine Umschulung brach er deshalb ab. In seiner Ehe kam es wegen seines übermäßigen Alkoholkonsums zu Spannungen, die letztlich zur Trennung und zur Scheidung führten. Bei einer einschlägigen Vortat in der Nacht vom 5. auf den 6. März 1995 hatte er eine Blutalkoholkonzentration von 2,21 ‰. Das Landgericht Dortmund ordnete seinerzeit die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Die Unterbringung war am 13. September 2000 erledigt. Am 24. Januar 2011 wurde er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt. Vor der jetzt ausgeurteilten Tat in der Nacht vom 14. auf den 15. März 2012 trank der Angeklagte neun Flaschen Bier à 0,5 Liter. Um Mitternacht hatte er eine Blutalkoholkonzentration von maximal 1,56 ‰.
9
Diese Feststellungen legen nahe, dass der Angeklagte einen Hang im Sinne des § 64 Satz 1 StGB hat, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2012 – 4 StR 253/12, juris Rn. 2; Beschluss vom 6. November 2003 – 1 StR 406/03, NStZ-RR 2004, 39, 40) und die abgeurteilte Tat hierauf zurückgeht (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 1990 – 1 StR 293/90, NJW 1990, 3282, 3283). Die mitgeteilte Vorstrafe und die Alkoholisierung bei der jetzigen Tat deuten darauf hin, dass ihm auch die für eine Maßnahme nach § 64 StGB erforderliche Gefährlichkeitsprognose zu stellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1993 – 1 StR 572/93, NStZ 1994, 280). Umstände, die eine Erörterung des § 64 StGB entbehrlich machten, sind aus den Urteilsgründen nicht ersichtlich.
10
Der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht einer Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
11
Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt hätte.
12
3. Der Adhäsionsantrag der Nebenklägerin genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen gemäß § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO. Daher ist die Adhäsionsentscheidung aufzuheben und die Sache auch insoweit an das Landgericht zurückzuverweisen.
13
a) Die Adhäsionsklägerin hat beantragt, den Angeklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen. Das reicht nicht aus.
14
§ 404 Abs. 1 Satz 2 StPO verlangt die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Bei einem unbezifferten Antrag müssen die tatsächlichen Grundlagen für die Ermessensausübung des Gerichts mitgeteilt werden. Wenn der Umfang der Leistung im richterlichen Ermessen steht, muss zwar kein konkreter Betrag geltend gemacht werden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt aber zumindest die Angabe der Größenordnung des begehrten Betrages, um das Gericht und den Gegner darüber zu unterrichten, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll (vgl. BGH, Urteile vom 13. Oktober 1981 – VI ZR 162/80, NJW 1982, 340; vom 30. April 1996 – VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 350, 351; Beschluss vom 25. August 2016 – 2 StR 585/15, BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 9). Deshalb fehlt es an der von § 404 Abs. 1 Satz 2 StPO geforderten Bestimmtheit des unbezifferten Adhäsionsantrags, wenn – wie hier – der Kläger keine Angaben zur Größenordnung des begehrten Schmerzensgeldes macht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1984 – VI ZR 70/82, NJW 1984, 1807, 1809).
15
b) Der Senat hat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung über den Adhäsionsantrag zurückverwiesen.
16
Zwar soll regelmäßig eine Zurückverweisung allein zur Entscheidung über einen Adhäsionsantrag unterbleiben; in diesen Fällen soll vielmehr von einer Entscheidung über die Entschädigung des Verletzten ganz abgesehen werden (st. Rspr.; vgl. Beschlüsse vom 27. März 1987 – 2 StR 106/87, NStZ 1988, 237, 238; vom 29. Juli 2003 – 4 StR 222/03, juris Rn. 5; vom 7. Juli 2010 – 2 StR 100/10, NStZ-RR 2010, 337). Jedoch hat der Senat die angefochtene Entscheidung auch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, soweit von einer Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist. Damit hat der Tatrichter Gelegenheit – nach entsprechender Ergänzung des Antrags – auch über den zivilrechtlichen Teil der Sache neu zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2017 – 4 StR 177/17, NStZ-RR 2018, 24, 25).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 585/15
vom
25. August 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchten Totschlags u.a.
zu 2.: Beihilfe zum versuchten Totschlag u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:250816B2STR585.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 25. August 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 12. Mai 2015 im Ausspruch über die Adhäsionsanträge wie folgt abgeändert:
a) Der Anspruch des Adhäsionsklägers S. gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz aller immateriellen Schäden aus dem Ereignis vom 10. September 2014 ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Es wird festgestellt, dass der Adhäsionskläger S. gegen die Angeklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz aller künftigen materiellen Schäden aus dem genannten Ereignis hat, soweit nicht Ansprüche auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Es wird festgestellt, dass die Schmerzensgeldansprüche auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen. Im Übrigen wird von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren über die Anträge des Adhäsionsklägers S. abgesehen.
b) Der Adhäsionsausspruch zugunsten der Adhäsionsklägerin N. wird aufgehoben. Insoweit wird von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. gegen das vorgenannte Urteil wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die den Nebenklägern insoweit entstandenen notwendigen Auslagen und die dem Neben- und Adhäsionskläger S. im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten zu tragen. Die aufgrund des Antrags der Adhäsionsklägerin N. entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die insoweit entstandenen eigenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst. 3. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten D. , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weiter gehende Revision des Angeklagten D. wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen gefährlicher Kör1 perverletzung und wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Den Angeklagten D. hat es wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum versuchten Totschlag und zur gefährlichen Körperverletzung unter Einbeziehung eines früheren Urteils zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Außerdem hat das Landgericht festgestellt, dass die Angeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Nebenklägern alle materiellen und immateriellen Schäden aus dem Schadensereignis vom 10. September 2014 zu erstatten, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Schließlich hat es festgestellt, dass „diese Schmerzensgeldansprüche“ auf ei- ner vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen. Im Übrigen hat es von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

1. Der Ausspruch über die Adhäsionsanträge des Adhäsionsklägers
2
S. ist teilweise abzuändern.
a) Die Strafkammer wollte nach den Urteilsgründen „jeweils ein Grund-
3
urteil erlassen“, das sie aber wie ein Feststellungsurteil tenoriert hat. Der Senat berichtigt insoweit die Urteilsformel, soweit es um den Anspruch des Adhäsionsklägers S. auf Ersatz aller immateriellen Schäden geht.
4
Insofern hatte er eine auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 175.000 Euro nebst Prozesszinsen gerichtete Leistungsklage erhoben, über die das Landgericht durch Teilurteil dem Grunde nach zu seinen Gunsten entschieden hat. Ein Vorbehalt für den Fall des Forderungsübergangs auf Sozialversicherungsträger (§ 116 Abs. 1 SGB X) oder andere Dritte (§ 86 Abs. 1 VVG) ist in dem Grundurteil nicht auszusprechen, zumal ein Forderungsübergang beim Schmerzensgeldanspruch grundsätzlich nicht in Frage kommt.
b) Hinsichtlich der bisher entstandenen und künftigen materiellen Schä5 den hat der Adhäsionskläger S. einen Feststellungsantrag gestellt, der nur zum Teil zulässig und begründet ist. aa) Hinsichtlich der bereits entstandenen materiellen Schäden hat der
6
Adhäsionskläger S. weder geltend gemacht noch ist aus seinem Vortrag ansonsten ersichtlich, welche Schäden bereits entstanden sein könnten und warum er nicht in der Lage ist, diese Schäden schon jetzt zu beziffern. Für die Feststellungsklage mangelt es insoweit an dem erforderlichen Feststellungsinteresse (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 - 4 StR 169/15 mwN). bb) Hinsichtlich der künftigen materiellen Schäden, die angesichts der
7
erheblichen Verletzungen des Adhäsionsklägers S. in Betracht kommen, aber von ihm noch nicht beziffert werden können, ist ein Feststellungsausspruch zulässig und in der Sache gerechtfertigt. Bei schweren Verletzungen kann ein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftigen Schaden nur dann verneint werden, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen kann, mit Spätfolgen wenigstens zu rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 1997 - VI ZR 184/96, BGHR ZPO § 256 Feststellungsinteresse 43). Das ist hier nicht der Fall.
8
Die Anspruchsvoraussetzungen liegen vor. Insoweit bedarf der Ausspruch nur der Einschränkung für den Fall des Forderungsübergangs auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte. 2. Soweit sich die Revisionen gegen den Adhäsionsausspruch zuguns9 ten der Adhäsionsklägerin N. richten, sind sie begründet. Deren Adhäsionsantrag genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Daher ist von einer Adhäsionsentscheidung zu ihren Gunsten abzusehen.
a) Die Adhäsionsklägerin N. hat zunächst beantragt, die Ange10 klagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes „Teilschmerzensgeld“ zu zahlen. Das reicht nicht aus. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt die bestimmte Angabe des Gegen11 standes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Er steht der Zulässigkeit eines unbezifferten Klageantrags nur dann nicht entgegen, wenn zugleich die tatsächlichen Grundlagen für die Ermessensausübung des Gerichts mitgeteilt werden. Wenn der Umfang der Leistung im richterlichen Ermessen steht, muss zwar kein konkreter Betrag geltend gemacht werden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt aber zumindest die Angabe der Größenordnung des begehrten Betrages, um das Gericht und den Gegner darüber zu unterrichten, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 1981 - VI ZR 162/80, NJW 1982, 340). Deshalb fehlt es an der von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO geforderten Bestimmtheit des unbezifferten Klageantrags, wenn der Kläger keine Angaben zur Größenordnung des begehrten Schmerzensgeldes macht (vgl. BGH, Urteil 28. Februar 1984 - VI ZR 70/82, NJW 1984, 1807, 1809). Das gilt erst recht im Fall einer offenen Teilklage.
12
b) Soweit die Adhäsionsklägerin N. weiter beantragt hat „festzustellen , dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Nebenklägerin alle absehbaren und nicht absehbaren Folgeschäden aus dem Schadensereignis vom 14. Juli 2014 zu ersetzen“, ist dieser Antrag - von der fehlerhaften Datierung der unerlaubten Handlung abgesehen - unklar. Was unter al- len „absehbaren und nicht absehbaren Folgeschäden“ zu verstehen sein soll, für die Schadensersatz begehrt wird, hat die Adhäsionsklägerin nicht erklärt. Daraus ist bereits nicht zu entnehmen, ob es um den Ersatz künftiger materieller oder immaterieller Schäden gehen soll und wie sich diese Klage zur Teilklage auf ein Schmerzensgeld verhält.

II.

Die Revision des Angeklagten M. ist unbegründet im Sinne von
13
§ 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Die rechtsfehlerhafte Annahme von Tateinheit der gegen die höchstpersönlichen Rechtsgüter der Nebenkläger gerichteten Handlungen beschwert ihn nicht. Die Kostenentscheidung zum Rechtsmittel des Angeklagten M. be14 ruht auf § 473 Abs. 4, § 472a Abs. 2 StPO.

III.

1. Die Revision des Angeklagten D. ist im Sinne von § 349 Abs. 2
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StPO unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Der Ausspruch über die Jugendstrafe kann dagegen keinen Bestand haben.
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a) Das Landgericht hat angenommen, dass „in Übereinstimmung mit dem Votum der Jugendgerichtshilfe Jugendstrafrecht anzuwenden“ sei. Man- gels Erläuterung ist dies nicht nachprüfbar.
b) Die Notwendigkeit der Verhängung einer Jugendstrafe ist im Urteil
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nur damit erklärt worden, dies gebiete „bereits die Schwere der Schuld“. Auch dagegen bestehen rechtliche Bedenken. Der Schuldgehalt der Tat bei der Begehung durch heranwachsende Täter, auf die das Jugendstrafrecht Anwendung findet, ist jugendspezifisch zu bestimmen. Die „Schwere der Schuld“ im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG wird daher nicht vorrangig anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat und ihrer Einordnung nach dem allgemeinen Strafrecht bestimmt. Vielmehr ist auf die innere Tatseite abzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 19. Februar 2014 - 2 StR 413/13, NStZ 2014, 407, 408). Die Urteilsgründe setzen sich damit nicht auseinander.
c) Schließlich begegnet der Ausspruch über die Höhe der Jugendstrafe
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durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Gemäß § 18 Abs. 2 JGG bemisst sich die Höhe der Jugendstrafe vor19 rangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist. Die Urteilsausführungen lassen nicht erkennen, dass das Landgericht dem Erziehungsgedanken Bedeutung beigemessen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 22. April 2015 - 2 StR 503/14, NStZ 2016, 105). Es hat alleine auf das Tatunrecht abgestellt und nur Strafzumessungserwägungen aus dem allgemeinen Strafrecht genannt. Die verhängte Einheitsjugendstrafe hat es deshalb als „tat- und schuldangemessen“ bezeich- net. Unter erzieherischen Gesichtspunkten hätte es zum Beispiel - gegebenenfalls - auf eine positive Entwicklung eingehen müssen, die der Angeklagte seit der Tat genommen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 2 StR 376/12, StV 2013, 758). An derartigen Erwägungen zum Erziehungsbedarf fehlt es in den Urteilsgründen. 2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch zum
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Nachteil des Angeklagten auf den Rechtsfehlern beruht. Deshalb verweist er die Sache insoweit an das Landgericht zurück. Fischer Krehl Eschelbach Ott Zeng

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.