Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2003 - 4 StR 488/02

bei uns veröffentlicht am09.01.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 488/02
vom
9. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. und 2.: räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer u.a.
zu 3.: Verabredung zum schweren Raub u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 9. Januar 2003 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 26. April 2002, soweit es sie betrifft, in den Maßregelaussprüchen über die Anordnung einer Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis aufgehoben; die Aussprüche entfallen. 2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wie folgt verurteilt: den Angeklagten D. wegen versuchten schweren Bandendiebstahls , wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und wegen Verabredung zum schweren Raub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten; den Angeklagten G. wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlichem Angriff auf einen Kraftfahrer und wegen Verabredung zum schweren Raub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten und den Angeklagten S. wegen Verabredung zum schweren Raub in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstladekurz-
waffe zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Ferner hat es bestimmt, daß die Verwaltungsbehörde ihnen vor Ablauf von zwei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben nur zum Maßregelausspruch Erfolg.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrügen hat zu den Schuldund Strafaussprüchen keinen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Anordnungen der isolierten Sperrfristen nach §§ 69 Abs. 1, 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB können hingegen nicht bestehen bleiben.
Nach den Feststellungen ließen sich die Angeklagten von der Mitangeklagten Sa. , die als einzige von ihnen im Besitz einer Fahrerlaubnis war, zu den jeweiligen Tatorten fahren, wo sie die Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Taten begingen, während die Fahrerin im PKW wartete. Anschließend ließen sie sich von ihr wieder davonfahren.
Das Landgericht hat die Maßregelanordnung hinsichtlich der Angeklagten D. und G. lediglich pauschal damit begründet, sie hätten sich "durch die Tat" als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Hinsichtlich des Angeklagten S. stützt die Strafkammer die Maßregel darauf, daß er "die Taten unter Benutzung eines Kraftfahrzeugs durch Anfahrt zum Tatort und Ausspionieren desselben" begangen habe.
Diese Erwägungen tragen die Maßregelaussprüche nicht. Zwar ist der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, daß § 69 Abs. 1 StGB nicht nur
bei Verkehrsverstößen im engeren Sinne, sondern auch bei sonstigen strafbaren Handlungen anwendbar ist, sofern sie im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen werden und sich daraus die mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt, zutreffend. Anders als bei Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten begründet jedoch allein der Umstand, daß der Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung einer Straftat benutzt hat, nicht bereits eine (Regel-)Vermutung für seine charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen; deshalb bedarf es in diesen Fällen einer näheren Begründung der Entscheidung aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung (vgl. BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 6 und 7 m.w.N.). An einer solchen fehlt es hier. Darüber hinaus ergeben die Urteilsfeststellungen den nach § 69 StGB erforderlichen - verkehrsspezifischen - Zusammenhang zwischen den abgeurteilten Straftaten und dem Führen eines Kraftfahrzeugs nicht (vgl. hierzu BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02 m.w.N.), zumal die Angeklagten lediglich in dem von einer anderen Person geführten Kraftfahrzeug mitgefahren sind.
Der Senat schließt aus, daß sich aufgrund neuer Hauptverhandlung solche Feststellungen treffen lassen. Er hebt deshalb in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Maßregelanordnungen auf.
Der geringfügige Teilerfolg der Rechtsmittel gibt keinen Anlaß, die Angeklagten teilweise von den Kosten ihrer Rechtsmittel freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tepperwien Kuckein Athing

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2003 - 4 StR 488/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2003 - 4 StR 488/02

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2003 - 4 StR 488/02 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2003 - 4 StR 488/02 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2003 - 4 StR 488/02 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2002 - 4 StR 406/02

bei uns veröffentlicht am 05.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 406/02 vom 5. November 2002 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesa
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2003 - 4 StR 488/02.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2003 - 2 StR 161/03

bei uns veröffentlicht am 26.09.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 161/03 vom 26. September 2003 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. September 2003 aufgrund de

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 406/02
vom
5. November 2002
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. November 2002 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 26. August 2002 im Maßregelausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. Der Ausspruch entfällt. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und bestimmt, daß ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Die vom Angeklagten gegen das Urteil eingelegte, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision hat zum Maßregelausspruch Erfolg; im übrigen ist sie entsprechend der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis hat keinen Bestand. Das Landgericht hat die Annahme, der Angeklagte sei zum Führen von
Kraftfahrzeugen ungeeignet, allein damit begründet, daß er seine Fahrerlaubnis "zur Begehung mehrerer Taten eingesetzt hat, indem er mit seinem Fahrzeug die Betäubungsmittel abgeholt hat". Diese Erwägung trägt die Entscheidung nicht. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts , daß § 69 Abs. 1 StGB nicht nur bei Verkehrsverstößen im engeren Sinne , sondern auch bei sonstigen strafbaren Handlungen anwendbar ist, sofern sie im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangen werden und sich daraus die mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt. Anders als bei der Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten begründet jedoch allein der Umstand, daß der Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung von Straftaten benutzt hat, nicht bereits eine Regelvermutung für seine charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen; deshalb verlangt die Rechtsprechung in diesen Fällen regelmäßig eine nähere Begründung der Entscheidung aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 5 und 8; zuletzt Senatsbeschluß vom 22. Oktober 2002 - 4 StR 339/02).
Allerdings wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Auffassung vertreten, daß bei der Durchführung von Betäubungsmittelgeschäften unter Benutzung eines Kraftfahrzeugs die charakterliche Zuverlässigkeit "in aller Regel" verneint werden müsse und "nur unter ganz besonderen Umständen ausnahmsweise etwas anderes gelten" könne (BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 3; BGH NStZ 1992, 586; BGH NStZ 2000, 26). Gegen diese Rechtsprechung hat bereits der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das grundlegende Bedenken geltend gemacht, daß damit einer spezifischen Deliktsgruppe im Ergebnis die gleiche Wirkung wie den Katalogstraftatbeständen des § 69 Abs. 2 StGB beigemessen werde (Urteil vom 28. August 1996 - 3 StR 241/96 =
BGHR aaO Entziehung 6). Der Senat teilt diese Bedenken, zieht darüber hinaus die Rechtsprechung aber allgemein in Frage, soweit überhaupt unter Benutzung von Kraftfahrzeugen begangene Anlaßtaten die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen sollen, die keinerlei spezifische Verkehrssicherheitsinteressen berühren.
Die Maßregel nach § 69 StGB dient nicht der allgemeinen Verbrechensbekämpfung; vielmehr setzt der nach dieser Vorschrift erforderliche Zusammenhang zwischen Straftat und dem Führen eines Kraftfahrzeugs voraus, daß durch das Verhalten des Täters eine erhöhte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer eintritt (Geppert in LK 11. Aufl. § 69 Rdn. 34; ebenso Hentschel, Trunkenheit , Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 8. Aufl. Rdn. 582). Ergibt die Anlaßtat keinen Hinweis darauf, daß der Angeklagte auch die allgemeinen Regeln des Straßenverkehrs verletzt hat oder zumindest unter Inkaufnahme ihrer Verletzung die Straftat begangen hat, so entfernt sich die Entziehung der Fahrerlaubnis von ihrer Rechtsnatur als Maßregel der Besserung und Sicherung und gewinnt den Charakter einer Nebenstrafe, die sie jedoch gerade nicht ist (vgl. Senatsbeschluß vom 22. Oktober 2002 - 4 StR 339/02). Dabei zeigt gerade der Vergleich mit der Regelung des Fahrverbots in § 44 StGB, das Nebenstrafe ist und dessen Anordnung – insoweit nicht anders als § 69 Abs. 1 StGB – daran anknüpft, daß der Täter eine Straftat „bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat“, daß die Verwendung eines Kraftfahrzeugs bei der Begehung einer (auch schwerwiegenden) Straftat für sich allein noch nicht die für die Maßregel nach § 69 Abs. 1 StGB weiter vorausgesetzte fehlende Eignung begründet. Eine Beschränkung der strafrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis auf die Fälle einer Negativprognose in bezug auf Verkehrs-
sicherheitsbelange erscheint zudem mit Blick auf die Bedeutung der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr in einer auf Mobilität angelegten Gesellschaft unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. dazu u.a. Herzog 30. VGT 1992, 25 ff.; Ronellenfitsch DAR 1992, 321 ff. und DAR 1994, 7 ff.; Sendler DAR 1990, 404 ff.) angezeigt. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung zur - allerdings verwaltungsrechtlichen - Entziehung der Fahrerlaubnis die diese Maßnahme rechtfertigenden charakterlich-sittlichen Mängel dann als vorliegend erachtet, "wenn der Betroffene bereit ist, das Interesse der Allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen eigenen Interessen unterzuordnen und hieraus resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen des Verkehrs in Kauf zu nehmen" (BVerfG, Beschluß vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96, u.a. NZV 2002, 422, 424). Auf die strafrechtliche Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB bei Nicht-Katalogtaten im Sinne des § 69 Abs. 2 StGB übertragen, verlangt dies deshalb konkrete Anhaltspunkte für die Gefahr, der Täter werde seine kriminellen Ziele über die im Verkehr gebotene Sorgfalt und Rücksichtnahme stellen (Hentschel aaO).
Der Senat braucht die aufgeworfene Rechtsfrage jedoch nicht abschließend zu entscheiden. Denn die pauschale Würdigung, mit der das Landgericht die Annahme der Ungeeignetheit im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB begründet, trägt die Maßregelanordnung schon nach der bisherigen Rechtsprechung nicht. Dabei kann dahinstehen, ob die Anlaßtaten schon von ihrem Gewicht her die in der bisherigen Rechtsprechung zum Teil angenommene Indizwirkung für die Annahme fehlender Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entfalten. Zwar war in allen Transportfällen der Verbrechenstatbestand des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllt, doch handelte es sich bei den Mengen, die der Angeklagte jeweils
von seinem Lieferanten in Paderborn abholte, um bis zu 350 g der "weichen" Droge Haschisch und in einem Fall von zusätzlich 17 g Marihuana. Schon angesichts dieser Mengen spielte die Benutzung des Fahrzeugs für das dem Angeklagten angelastete Handeltreiben nur eine völlig untergeordnete Bedeutung. Ein Erfahrungssatz, daß jeder Täter, der - wie der Angeklagte - Betäubungsmittel mit einem Kraftfahrzeug transportiert, deshalb zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen ist, um sich im Zweifel auch um den Preis der Gefährdung anderer durch Flucht seiner Feststellung zu entziehen, besteht in dieser Allgemeinheit nicht. Die Urteilsfeststellungen ergeben auch nicht, daß der Angeklagte bei den Fahrten unter der Wirkung des von ihm früher konsumierten Haschischs stand. Sonstige Umstände, die auf eine unzureichende Bereitschaft des Angeklagten, den Konsum von Haschisch von dem Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen (vgl. hierzu BVerfG aaO; zu diesem Gesichtspunkt BGH bei Tolksdorf DAR 1998, 169 Nr. 15 und BGH NStZ 2000, 26, 27) oder in anderer Weise Verkehrssicherheitsinteressen zu vernachlässigen, schließen lassen, sind ebenfalls nicht hervorgetreten. In diesem Zusammenhang hätte das Landgericht zudem bedenken müssen, daß die Ungeeignetheit im Sinne des § 69 StGB noch im Zeitpunkt des Urteils gegeben sein muß (st. Rspr.; BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 4 m.w.N.). Dazu bestand umso mehr Anlaß, als sich das Landgericht ausdrücklich die Überzeugung verschafft hat, daß der Angeklagte mittlerweile keine Betäubungsmittel mehr konsumiert. Angesichts dessen schließt der Senat aus, daß sich aufgrund neuer Hauptverhandlung noch Umstände ergeben könnten, die eine Ungeeignetheitsprognose im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB rechtfertigen und deshalb den Maßregelausspruch tragen könnten. Dieser entfällt daher.
Der geringfügige Teilerfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlaß, den Angeklagten teilweise von den Kosten seines Rechtsmittels freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tepperwien Maatz Athing

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.