Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - 4 StR 533/17
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2017 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten „des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz durch Führen eines Springmessers sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in zwei Fällen sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Beisichführen eines Gegenstands (Pfefferspray), der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist,“ schuldig gesprochen und ihn hierwegen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten; das Rechtsmittel erweist sich als unzulässig.
- 2
- Im Umfang der Anfechtung ist der Angeklagte durch die angegriffene Entscheidung nicht beschwert.
- 3
- a) Der Angeklagte hat – nach unbeschränkter Einlegung des Rechtsmittels – die Revision innerhalb der Revisionsbegründungsfrist wie folgt ausdrücklich auf die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB beschränkt:
- 4
- „DasLandgericht Magdeburg hat allerdings davon abgesehen, die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt im Sinne von § 64 StGB festzustellen bzw. eine Unterbringung anzuordnen. Hiergegen richtet sich das eingelegte Rechtsmittel, wonach das angefochtene Urteil keinen Bestand haben kann.
- 5
- Das Verfahren ist vielmehr an eine andere Kammer des Landgerichts Magdeburg zur erneuten mündlichen Verhandlung und Entscheidung über die gebotene Unterbringung nach § 64 StGB zurückzuverweisen.
- 6
- Dies wird ausdrücklich beantragt.“
- 7
- Dementsprechend heißt es am Ende der Revisionsbegründung:
- 8
- „Nach alledem bedarf die Frage der Maßregelanordnung daher unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) einer neuen Verhand- lung und Entscheidung.“
- 9
- b) Das Rechtsmittel ist nach wirksamer Konkretisierung des Umfangs der Anfechtung auf die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4) mangels Beschwer unzulässig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 21. März 1979 – 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 330 f.; und vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7; Beschlüsse vom 13. Juni 1991, aaO; vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 459/10, NStZ-RR 2011, 255; vom 29. August 2011 – 5 StR 329/11, vom 19. Oktober 2011 – 2 StR 421/11; und vom 16. Oktober 2012 – 3 StR 414/12).
Franke Bender
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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - 4 StR 533/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen, Wohnungseinbruchsdiebstahls , fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und angeordnet, dass dem Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr und sechs Monaten keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Revision wendet sich der Angeklagte ausdrücklich allein gegen die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
- 2
- Das Rechtsmittel ist mangels Beschwer des Angeklagten unzulässig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB ange- ordnet worden ist (BGH, Urteil vom 21. März 1979 - 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 330 f.; Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7; Beschluss vom 13. Juni 1991 - 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7; Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 363; Beschluss vom 1. Juni 2005 – 2 StR 186/05; Beschluss vom 19. Juli 2006 – 2 StR 181/06 Rn. 4, NStZ 2007, 213; Beschluss vom 10. Januar 2008 – 4 StR 665/07 Rn. 2, NStZ-RR 2008, 142; Beschluss vom 7. Januar 2009 – 3 StR 458/08 Rn. 6, NStZ 2009, 261; Beschluss vom 27. Oktober 2009 – 3 StR 424/09 Rn. 2, NStZ 2010, 270; Beschluss vom 29. Oktober 2009 – 3 StR 141/09 Rn. 3; Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09 Rn. 29; zweifelnd zwischenzeitlich der 1. und der 4. Senat in Beschlüssen vom 3. November 1998 – 1 StR 531/98, NStZ-RR 2000, 43 und vom 14. September 2000 – 4 StR 314/00, StV 2001, 100). Dementsprechend wirkt ein Aufhebungsantrag des Generalbundesanwalts wegen der Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu Lasten des Angeklagten und hindert nicht die Verwerfung der Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO (st. Rspr., u.a. Beschluss vom 14. Dezember 2005 – 1 StR 420/05, NStZ-RR 2006, 103; Beschluss vom 4. November 2009 – 2 StR 434/09).
- 3
- Hieran hat sich durch die Novellierung der §§ 64, 67 StGB durch das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327) nichts geändert (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2009 – 3 StR 458/08 Rn. 6 f., NStZ 2009, 261). Die in der Entscheidung BGHSt 28, 327, 331 f. angeführten Argumente für eine zusätzliche Beschwer des Angeklagten durch die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB treffen auch nach der Neufassung der §§ 64, 67 StGB zu. Dies gilt auch für den Gesichtspunkt, dass sich eine zusätzliche Beschwer schon aus der gesetzlichen Regelung in §§ 331 Abs. 2, 358 Abs. 2 Satz 2 (jetzt: Satz 3) StPO ergibt, die diese Anordnung trotz des grundsätzli- chen Verschlechterungsverbots als Ausnahme hiervon gestattet (BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 - 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7). Ernemann Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten und auf eine Verfahrensrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte ausschließlich gegen die Nichtanordnung seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
- 2
- Das Rechtsmittel ist bereits mangels Beschwer des Angeklagten unzulässig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 21. März 1979 – 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 330 f., und vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7; Beschlüsse vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7, und vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 459/10, NStZ-RR 2011, 255). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Revisionsschrift entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts neben der ausdrücklich und insoweit aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht ordnungsge- mäß nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhobenen Verfahrensrüge auch die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts entnommen werden könnte.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 16. August 2010 unter Freispruch im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt und auf Verfall von Wertersatz erkannt. Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat mit Beschluss vom 15. Dezember 2010 (2 StR 594/10) das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über die Anordnung des Verfalls von Wertersatz und insoweit aufgehoben, als eine Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht getroffen wurde, und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Das Landgericht hat nunmehr von der Anordnung eines Wertersatzverfalls und von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision.
- 2
- Das Rechtsmittel ist bereits mangels Beschwer des Angeklagten unzulässig. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist (vgl. Senat, Urteil vom 21. März 1979 - 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 330 f.; BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7; Beschlüsse vom 13. Juni 1991 - 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7 und vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 459/10, NStZ-RR 2011, 255).
- 3
- Da sich der Senat demnach mit der Revision sachlich nicht zu befassen hat, fehlt ihm die Zuständigkeit für eine Entscheidung über die von dem Angeklagten weiterhin eingelegte sofortige Beschwerde, mit der er sich gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts wendet (vgl. mwN MeyerGoßner , StPO 54. Aufl. § 464 Rn. 25a).
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach
BUNDESGERICHTSHOF
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Die Revision ist unzulässig. Nachdem der Senat mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 (3 StR 421/11) die Sache nur insoweit an das Landgericht zurückverwiesen hatte, als dieses in seinem ersten Urteil keine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt getroffen hatte, war das Landgericht allein noch dazu berufen, diese Entscheidung nachzuholen. Das Landgericht hat die Unterbringung abgelehnt. Hierdurch ist der Angeklagte nicht beschwert, sodass er das Urteil nicht mit der Revision anfechten kann (st. Rspr.; s. nur BGH, Beschlüsse vom 17. März 2009 - 3 StR 84/09, NStZ-RR 2009, 252; vom 2. Dezember 2010 - 4 StR 459/10, NStZ-RR 2011, 255 mwN).