Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2011 - 4 StR 586/10

bei uns veröffentlicht am03.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 586/10
vom
3. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Februar 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 14. Juni 2010 im Ausspruch über den "erweiterten Verfall" mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten "gewerbsmäßigen" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 85 Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt; ferner hat es den "erweiterten Verfall" in Höhe von 19.498 Euro angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die im angefochtenen Urteil getroffene Verfallsentscheidung hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
3
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 3. Januar 2011 zutreffend ausgeführt hat, hätte das Landgericht die Verfallsanordnung auf die Bestimmungen der §§ 73, 73a StGB - Verfall von Wertersatz - und nicht auf die subsidiäre Vorschrift des § 73d StGB - erweiterter Verfall - stützen müssen (zum Verhältnis zwischen § 73 StGB und § 73d StGB vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2010 - 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255 m.w.N.).
4
An einer dementsprechenden Berichtigung des Tenors des angefochtenen Urteils ist der Senat gehindert, weil der Maßnahmeausspruch an einem weiteren, durchgreifenden Rechtsfehler leidet: Das Landgericht hat sich ersichtlich allein an den Bruttoerlösen orientiert, die der Angeklagte durch die festgestellten Taten vereinnahmt hat. Es hat jedoch nicht geprüft, ob gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anordnung des Wertersatzverfalls zumindest teilweise abgesehen werden kann und zwar, soweit der Wert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40 ff.; Beschlüsse vom 29. Oktober 2008 - 2 StR 347/08, NStZ-RR 2009, 94, und vom 27. Juli 2010 - 4 StR 84/10 m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung, die das Landgericht auch von seinem Rechtsstandpunkt aus hätte treffen müssen (§ 73d Abs. 4 StGB), ist dem Tatrichter vorbehalten und kann durch das Revisionsgericht nicht nachgeholt werden (BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - 2 StR 347/08 aaO), zumal es vorliegend weiterer Feststellungen bedarf, ob und gegebenenfalls inwieweit das Erlangte noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2011 - 4 StR 586/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2011 - 4 StR 586/10

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de
Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2011 - 4 StR 586/10 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

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Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Strafgesetzbuch - StGB | § 73d Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung


(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden is

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Apr. 2010 - 4 StR 119/10

bei uns veröffentlicht am 20.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 119/10 vom 20. April 2010 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts un
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2011 - 4 StR 586/10.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Mai 2011 - 4 StR 198/11

bei uns veröffentlicht am 24.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 198/11 vom 24. Mai 2011 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 119/10
vom
20. April 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 20. April 2010 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 18. November 2009
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wird,
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen sie den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 7.419,72 € angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen tateinheitlichen - täterschaftlich begangenen - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
Nach den Feststellungen begleitete die Angeklagte ihren damaligen Lebensgefährten B. bei einer Fahrt in die Niederlande. Ihr war dabei bekannt, dass B. dort Betäubungsmittel kaufen wollte, um diese in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und dort gewinnbringend weiter zu veräußern. Sie wusste weiterhin, dass B. sie mitnahm, um bei dem Grenzübertritt nicht aufzufallen. In den Niederlanden erwarb B. 50 g Kokaingemisch, das er - wie geplant - in Begleitung der Angeklagten in das Bundesgebiet einführte und in der Folge dort verkaufte.
4
Diese Feststellungen belegen nicht täterschaftliches Handeltreiben der Angeklagten. Sie hatte danach weder Einfluss auf den Erwerb der Betäubungsmittel noch auf deren Weiterverkauf. Die Tätigkeit der Angeklagten erschöpfte sich darin, B. bei der Einfuhr der Betäubungsmittel durch ihre Anwesenheit zu unterstützen. Ihr Tatbeitrag ist somit rechtlich nicht als täterschaft- liches Handeltreiben, sondern als Beihilfe zu dem Handeltreiben des B. zu werten (vgl. auch BGHSt 51, 219, 223 Rn. 11). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab.
5
2. Auch der Rechtsfolgenausspruch kann keinen Bestand haben.
6
a) Bei der Bemessung der Einzelstrafen hat das Landgericht straferschwerend berücksichtigt, dass die Angeklagte den Handel mit Betäubungsmitteln "aus reinem Gewinnstreben betrieben hat, ohne sich etwa aufgrund eigener Sucht zum Verkauf von Drogen gezwungen zu sehen". Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (Senat, Beschluss vom 7. November 2000 - 4 StR 456/00 m.w.N.), zumal das Landgericht festgestellt hat, dass die Angeklagte ab dem Tode ihres Vaters im Januar 2008, das heißt im Tatzeitraum, Drogen konsumiert hat. In Anbetracht dessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Erlöse aus den Drogenverkäufen jedenfalls auch der Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums gedient haben (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. September 2009 - 3 StR 294/09). Der Senat hebt daher die Einzelstrafen und den Ausspruch über die Gesamtstrafe auf, da - trotz der verhängten maßvollen Strafen - nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler auf mildere Freiheitsstrafen erkannt hätte.
7
b) Zur Verfallsentscheidung hat das Landgericht ausgeführt, der Verfall des bei der Angeklagten sichergestellten Geldes (insgesamt 6.070,00 €) sowie des aus der Verwertung eines sichergestellten Pkw's der Angeklagten erzielten Erlöses von 1.349,72 € sei "gemäß § 73 StGB" anzuordnen, da davon auszugehen sei, dass sie dieses Geld durch die Veräußerung von Kokain erlangt habe. Die Angeklagte, deren sonstigen Einnahmen nach eigenen Angaben nicht zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ausgereicht hätten, habe keine plausible Erklärung vorbringen können, auf welche andere Weise sie in den Besitz des Geldes gekommen sei.
8
Diese Ausführungen lassen bereits besorgen, dass das Landgericht das Verhältnis zwischen § 73 StGB (Verfall) und § 73 d StGB (erweiterter Verfall) nicht bedacht hat. Bei § 73 StGB muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, Gegenstand der Verurteilung sein, das heißt, das Gericht muss zur Überzeugung gelangen, dass der Täter für oder aus der/den ausgeurteilten Tat(en) etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat. § 73 d StGB regelt demgegenüber den Fall, dass der Täter über Vermögensgegenstände verfügt, die nach Überzeugung des Gerichts (vgl. hierzu BGHSt 40, 371, 373) für oder aus anderen rechtswidrigen Taten erlangt worden sind. Die Bestimmung des § 73 d StGB ist dabei gegenüber der des § 73 StGB subsidiär (h.M.; vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08 m.w.N.). Vor einer Anwendung des § 73 d StGB muss daher unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden können, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (Senat aaO).
9
Im Übrigen unterliegt dem Verfall - sei es nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB oder nach § 73 d Abs. 1 Satz 1 StGB - stets nur das, was unmittelbar aus der oder für die Tat erlangt worden ist. Bei der Anordnung des Verfalles sichergestellten Dealgeldes muss es sich daher um die nämlichen Geldscheine handeln, die durch die Drogenverkäufe erlangt worden sind. Befinden sich diese nicht mehr im Besitz des Täters, ist ihr Verfall somit aus tätsächlichen Gründen nicht (mehr) möglich, kommt gemäß § 73 a Satz 1 StGB die Anordnung eines Geldbetrages in Betracht, der dem Wert des Erlangten entspricht (Wertersatzverfall). Hierbei ist - vorbehaltlich einer Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB - unter Zugrundelegung des Bruttoprinzips (vgl. hierzu Fischer StGB 57. Aufl. § 73 Rn. 7) auf den aus den Drogenverkäufen erlangten Gesamterlös abzustellen.
10
Die Sache bedarf daher auch zur Verfallsentscheidung neuer Verhandlung und Entscheidung.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien Athing Ernemann ist infolge Urlaubs gehindert zu unterschreiben Athing Cierniak Mutzbauer

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.