Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - 4 StR 590/18

bei uns veröffentlicht am04.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 590/18
vom
4. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:040719B4STR590.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 17. Juli 2018 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen – ausgenommen die Feststellungen zum Fall B.II.2. der Urteilsgründe, die aufrechterhalten bleiben – aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Tatkomplex B.II.1.a der Urteilsgründe , im Tatkomplex B.II.1.b der Urteilsgründe – hinsichtlich der über das Darknet angebahnten Verkaufsgeschäfte und der Tat B.II.1.b (1) – und im Tatkomplex B.II.1.c der Urteilsgründe sowie im Fall B.II.2. der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Gesamtstrafenausspruch und hinsichtlich der Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Gesamtstrafe,
c) im Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und
d) hinsichtlich der gesamten Einziehungsentscheidung. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 27 Fällen, davon in 26 Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 146 Fällen und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei tateinheitlichen Fällen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und den Vorwegvollzug von zwei Jahren und neun Monaten der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel bestimmt. Des Weiteren hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für deren Neuerteilung von vier Jahren festgesetzt. Schließlich hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 361.077,30 Euro und „0,99 Bitcoin“ angeordnet, eine Armbanduhr sowie vier elektronische Geräte eingezogen und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Nach den Feststellungen handelte der Angeklagte von den Niederlanden aus über das Darknet mit unterschiedlichen Betäubungsmitteln. Er nahm über zwei Verkaufsplattformen im Darknet Bestellungen von Betäubungsmitteln – Haschisch, Marihuana, Heroin, Kokain, Ecstasy, Amphetamin und MDMA – entgegen, verpackte zum Teil mit Unterstützung seiner Mutter die bestellten und von den Bestellern mit Bitcoins bezahlten Drogen und verbrachte bei dreibis fünfmal pro Woche unternommenen Fahrten von den Niederlanden nach Deutschland im Durchschnitt jeweils 35 versandfertige Lieferungen nach G. oder B. , wo er sie bei verschiedenen Postfilialen an die Besteller abschickte.
4
Im Zeitraum vom 16. Mai 2017 bis 16. Juli 2017 nahm der Angeklagte über eine der Verkaufsplattformen im Darknet in 152 Fällen Bestellungen unterschiedlicher Betäubungsmittel entgegen, die er nach Bezahlung durch die Besteller mittels Bitcoins von Postfilialen in Deutschland aus an die jeweiligen Abnehmer zur Versendung brachte. In sechs Fällen wurden Ecstasy-Tabletten, Kokain oder MDMA in Größenordnungen bestellt, welche jeweils die Grenze zur nicht geringen Menge überstiegen (Tatkomplex B.II.1.a der Urteilsgründe). Ebenfalls nach Bestellungen über das Darknet, die zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen Anfang Februar 2017 und Mitte Juli 2017 erfolgten, lieferte der Angeklagte an eine Gruppe von Abnehmern aus der Nähe von C. in zehn Fällen Marihuana in Mengen von einem bis zu drei Kilogramm mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 10 % THC sowie zweimal 500 und einmal 250 Ecstasy-Tabletten mit mindestens 200 mg MDMA-Base pro Tablette. Auch diese Lieferungen wurden vom Angeklagten nach Deutschland gebracht und von dort mit der Post versandt. Zu einem nicht mehr aufklärbaren Zeitpunkt im Juli 2017 kam der Angeklagte mit der Abnehmergruppe überein, die Verkaufsgeschäfte nicht mehr über das Darknet, sondern künftig persönlich abzuwickeln. Aufgrund dieser Abrede übergab der Angeklagte am 12. Juli 2017 drei Kilogramm Marihuana mit mindestens 10 % THC an die Abnehmer. In der Zeit vom 2. August 2017 bis zum 13. Oktober 2017 kam es zu vier weiteren Mari- huanalieferungen von zweimal vier Kilogramm, sechs Kilogramm und zehn Kilogramm mit Wirkstoffgehalten von jeweils mindestens 10 % THC, wobei mit der zweiten Lieferung von vier Kilogramm Marihuana am 21. August 2017 zusätzlich noch 100 Gramm Kokain mit 97,3 % Kokainhydrochlorid übergeben wurden (Tatkomplex B.II.1.b der Urteilsgründe).
5
Am 7. und 9. November 2017 fuhr der Angeklagte jeweils von den Niederlanden nach Deutschland und gab bei unterschiedlichen Postfilialen in B. Postsendungen mit Betäubungsmitteln zur Versendung an die jeweiligen Besteller auf. Die am 7. November 2017 aufgegebenen 22 Sendungen enthielten insgesamt ca. fünf Kilogramm Marihuana mit mindestens 10 % THC, 100 Gramm Amphetamin mit mindestens 10 % Amphetaminbase sowie 89 Ecstasy-Tabletten, 2,3 Gramm MDMA-Pulver, 15,5 Gramm Kokain und 31,4 Gramm Heroin. Am 9. November 2017 brachte der Angeklagte in 36 Sendungen insgesamt 226,6 Gramm Amphetamin mit 147 Gramm Amphetaminbase , 2.674 Ecstasy-Tabletten, 29,8 Gramm MDMA-Pulver, 46,4 Gramm Kokain, 69,8 Gramm Heroin und 1,7 Gramm Marihuana zum Versand. Am selben Tag verwahrte der Angeklagte in den Niederlanden in seiner Wohnung sowie in der Wohnung seiner Mutter eine Menge verschiedenster Betäubungsmittel zum Zweck der gewinnbringenden Veräußerung an Besteller aus Deutschland, darunter 21,7 Kilogramm und 16,5 Kilogramm Ecstasy-Tabletten , 14,7 Kilogramm und 680 Gramm MDMA-Pulver, 1,8 Kilogramm Heroin, 3,1 Kilogramm Amphetamin, 3,9 Kilogramm Marihuana und 389 Gramm Kokain (Tatkomplex B.II.1.c der Urteilsgründe).
6
Als der Angeklagte, der am 9. November 2017 mit einem angemieteten Pkw in Richtung W. fuhr, zum Zwecke der Festnahme durch zwei zivile Polizeifahrzeuge zum Anhalten gebracht werden sollte, drängte er das eine Fahr- zeug nach links ab und setzte sich links neben das weitere Fahrzeug. Sodann zog er unvermittelt nach rechts und rammte das neben ihm fahrende Polizeifahrzeug , das dadurch im Bereich des linken Vorderrades beschädigt wurde. Auch an dem vom Angeklagten gesteuerten Mietfahrzeug entstand ein nicht unerheblicher Sachschaden. Nach der Kollision setzte der Angeklagte seine Fahrt zunächst fort, ohne Feststellungen zu seiner Person, seinem Fahrzeug und der Art seiner Beteiligung zu ermöglichen. Im Zuge der weiteren Verfolgung durch die Polizei konnte er schließlich zum Anhalten gezwungen und festgenommen werden. Bei der Fahrt führte der Angeklagte von den zuvor aus den Niederlanden eingeführten Betäubungsmitteln noch 4,7 Gramm Kokain in 13 Einzelportionen sowie aus Drogengeschäften stammendes Bargeld in Höhe von 1.502,30 Euro mit sich. Durch sein Verhalten wollte der Angeklagte sich seiner Festnahme entziehen, das Auffinden des im Fahrzeug befindlichen Kokains verhindern und Zeit gewinnen, um seine Mutter in den Niederlanden zu warnen und zu veranlassen, die aufbewahrten Drogen vor dem Zugriff durch die Polizei in Sicherheit zu bringen. Er nahm zumindest billigend in Kauf, dass der von ihm geführte Mietwagen und die beteiligten Polizeifahrzeuge beschädigt und deren Insassen verletzt werden könnten (Tat B.II.2. der Urteilsgründe).

II.


7
1. Soweit der Angeklagte im Tatkomplex B.II.1.a der Urteilsgründe, im Tatkomplex B.II.1.b der Urteilsgründe hinsichtlich der über das Darknet angebahnten Verkaufsgeschäfte und der Tat vom 12. Juli 2017 und im Tatkomplex B.II.1.c der Urteilsgründe sowie im Fall B.II.2. der Urteilsgründe verurteilt worden ist, hält das angefochtene Urteil einer rechtlichen Prüfung nicht stand, da auf der Grundlage der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine ab- schließende rechtliche Bewertung des materiell-rechtlichen Konkurrenzverhältnisses nicht möglich ist.
8
a) Bei den Taten aus dem Komplex B.II.1.a der Urteilsgründe, welche vom Landgericht – ausgehend von den einzelnen Bestellungen – als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 146 Fällen und unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen gewürdigt worden sind, hat die Strafkammer weder in den Blick genommen, ob die Lieferungen der bestellten Betäubungsmittel ganz oder teilweise aus einem Gesamtvorrat erfolgten, noch hat sie berücksichtigt, dass der Angeklagte nach den zu seiner Vorgehensweise allgemein getroffenen Feststellungen bei einer Fahrt nach Deutschland durchschnittlich 35 Liefersendungen ins Inland verbrachte. Auch zu den Zeiträumen, in welchen die nach dem Datum ihres Eingangs im Darknet mitgeteilten Bestellungen vom Angeklagten und seiner Mutter abgearbeitet wurden, verhalten sich die Urteilsfeststellungen nicht. Es bleibt daher offen, ob und in welchem Umfang die einzelnen Lieferungen materiellrechtlich als Teilakte einer oder mehrerer auf einen einheitlichen Güterumsatz bezogener Bewertungseinheiten (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 593 ff.) anzusehen sind. Zudem lässt sich nicht beurteilen, inwieweit aufgrund der Bestellungen versandfertig gemachte Postsendungen bei ein und derselben Transportfahrt nach Deutschland eingeführt wurden.
9
b) Soweit der Angeklagte im Tatkomplex B.II.1.b der Urteilsgründe wegen der über das Darknet angebahnten Verkaufsgeschäfte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen verurteilt worden ist, kann eine materiell-rechtliche Verknüpfung mit Taten aus dem Komplex B.II.1.a der Urteilsgründe nicht ausgeschlossen werden. Denn diese Verkaufsgeschäfte erfolgten nach den Feststellungen im selben Tatzeitraum und wurden auf dieselbe Weise abgewickelt. Es hätte daher einer tatrichterlichen Prüfung bedurft, ob die drei Lieferungen von Ecstasy-Tabletten aus einer auch bei Taten aus dem Komplex B.II.1.a der Urteilsgründe verwendeten Gesamtmenge stammten und ob die 13 Postsendungen an die Abnehmergruppe aus der Nähe von C. ganz oder teilweise gemeinsam mit Lieferungen aus dem ersten Tatkomplex nach Deutschland eingeführt wurden. Letzteres gilt auch für die erste persönlich durchgeführte Übergabe an die Abnehmergruppe, die am 12. Juli 2017 und damit innerhalb des Zeitraums der Taten aus dem Komplex B.II.1.a der Urteilsgründe erfolgte. Zu alldem verhalten sich die bisherigen Urteilsgründe nicht.
10
c) Hinsichtlich der Taten aus dem Komplex B.II.1.c der Urteilsgründe hat das Landgericht ebenfalls nicht in den Blick genommen, ob die am 7. und 9. November 2017 eingeführten und die am 9. November 2017 in den Niederlanden aufbewahrten Betäubungsmittel wenigstens teilweise aus einer einheitlichen Gesamtmenge stammten, obwohl dies angesichts der mitgeteilten Einlassung des Angeklagten, am Wochenende vor seiner Festnahme eine neue Lieferung von ca. 14 Kilogramm MDMA und ca. 100.000 Ecstasy-Tabletten erhalten zu haben, jedenfalls nicht fernliegend erscheint. Mangels entsprechender , vom Tatrichter zu treffenden Feststellungen bleibt es für die rechtliche Bewertung durch den Senat unklar, ob es sich bei den drei vom Landgericht unter anderem als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen ausgeurteilten Taten um Teilakte einer auf einen einheitlichen Güterumsatz bezogenen Bewertungseinheit handelte.
11
d) Schließlich ist auch bei der Tat B.II.2. der Urteilsgründe eine materiellrechtliche Verknüpfung mit Taten aus dem Komplex B.II.1.c der Urteilsgründe nicht auszuschließen. Nach den Feststellungen führte der Angeklagte bei der Fahrt, mit der er sich der Festnahme durch die Polizei entziehen wollte, von den an diesem Tag aus den Niederlanden eingeführten Betäubungsmitteln noch 13 Einzelportionen Kokain mit einem Gewicht von insgesamt 4,7 Gramm mit sich. Zu den dem Mitsichführen des Kokains zugrundeliegenden Beweggründen verhalten sich die Urteilsgründe nicht, obgleich hiervon die rechtliche Bewertung des Konkurrenzverhältnisses abhängt. Denn bei einer Beförderung von Rauschgift zu Handelszwecken (Einfuhrfahrt, Transportfahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zum Abnehmer etc.) stehen weitere Gesetzesverstöße, die der Täter durch das Führen des Transportfahrzeugs verwirklicht, wegen der Teilidentität der Ausführungshandlungen zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit nach § 52 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Juli 2013 – 4 StR 187/13, NStZ-RR 2013, 320, 321; vom 31. Januar 2017 – 4 StR 597/16, DAR 2017, 381; vom 14. September 2017 – 4 StR 177/17 Rn. 9 f., insoweit nicht abgedruckt in NStZ-RR 2018, 24).
12
e) Da die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils eine abschließende rechtliche Bewertung des materiell-rechtlichen Konkurrenzverhältnisses nicht zulassen, hebt der Senat die Verurteilung des Angeklagten in den genannten Fällen – bei den Betäubungsmitteltaten mit den zugehörigen Feststellungen – auf. Die zur Tat B.II.2. der Urteilsgründe rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen können dagegen bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird zu den vom Angeklagten mit dem Transport des Kokains verfolgten Zwecken ergänzende Feststellungen zu treffen haben, die den bisherigen nicht widersprechen dürfen.
13
f) Soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen B.II.1.b (2) bis (5) der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen verurteilt hat, ist das angefochtene Urteil rechtsfehlerfrei. Der festgestellte Tatzeitraum vom 2. August 2017 bis 13. Oktober 2017 weist keine zeitlichen Überschneidungen mit den anderen Tatkomplexen auf. Konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für eine materiellrechtliche Verknüpfung mit anderen verfahrensgegenständlichen Taten lassen sich den Urteilsfeststellungen nicht entnehmen.
14
2. Die Teilaufhebung der Verurteilung entzieht der Gesamtstrafe, der Entscheidung über den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe vor der Unterbringung nach § 64 StGB sowie dem Maßregelausspruch nach den §§ 69, 69a StGB die Grundlage.
15
3. Die vom Landgericht getroffene Einziehungsentscheidung kann ebenfalls nicht bestehen bleiben.
16
a) Soweit sich die vom Landgericht angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c StGB auf die der Aufhebung unterliegenden Taten aus den Komplexen B.II.1.a bis c der Urteilsgründe bezieht, ist sie bereits deswegen aufzuheben. Gleiches gilt für die auf § 74 StGB gestützte Einziehung der vier elektronischen Geräte, weil diese nach den Feststellungen ausschließlich bei den aufgehobenen Fällen als Tatmittel zur Abwicklung der Drogengeschäfte im Darknet eingesetzt wurden.
17
b) Auch im Übrigen hält die Einziehungsentscheidung des angefochtenen Urteils einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
18
aa) Die Anordnung der erweiterten Einziehung des Wertes von Taterlösen in Höhe von 86.115,89 Euro sowie der Einziehung des Wertes von Taterträgen aus den Taten B.II.1.b (2) bis (5) der Urteilsgründe in Höhe von 112.000 Euro kann in Ansehung des Umstands, dass sich der Angeklagte ausweislich der Strafzumessungserwägungen der Strafkammer mit der Verwertung des sichergestellten Bargelds in Höhe von 361.077,30 Euro einverstanden erklärt hat, nicht bestehen bleiben. Soweit sich das Einverständnis mit der Verwertung auf das anlässlich der Festnahme in Deutschland sichergestellte Bargeld in Höhe von 1.502,30 Euro bezieht, ist durch die Erklärung des Angeklagten nach den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18, NJW 2019, 1692 Rn. 33 mwN; vom 6. Februar 2019 – 5 StR 560/18 Rn. 4; vom 6. März 2019 – 5 StR 546/18 Rn. 8) der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73c StGB in Höhe dieses Betrages erloschen und die Einziehung oder erweiterte Einziehung des Wertes von Taterlösen insoweit ausgeschlossen. Bezüglich des in den Niederlanden auf von der Strafkammer nicht näher mitgeteilter Rechtsgrundlage sichergestellten Bargelds bedarf es einer tatrichterlichen Prüfung , ob mit der Einverständniserklärung des Angeklagten zur Verwertung dieses Bargelds in Höhe von 359.575 Euro nach den Rechtsprechungsgrundsätzen ebenfalls ein Erlöschen des staatlichen Zahlungsanspruchs nach § 73c StGB in entsprechender Höhe verbunden ist.
19
bb) Bei der angeordneten Einziehung des Wertes von 0,99 Bitcoin hat die Strafkammer – abgesehen davon, dass sie es versäumt hat, einen Geldbetrag zu bestimmen, der dem Wert des Erlangten entspricht – übersehen, dass der Vermögensgegenstand noch als solcher vorhanden ist und damit die Voraussetzungen des § 73c Satz 1 StGB nicht vorliegen (zur Einziehung von Bitcoins vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401; vom 6. Juni 2018 – 4 StR 569/17, wistra 2019, 98). Ferner ergeben die Urteilsgründe nichts zur Herkunft der 0,99 Bitcoin, sodass die Voraussetzungen für eine Einziehung oder erweiterte Einziehung dieses Vermögensgegenstandes im vorliegenden Verfahren nicht belegt sind (zur Subsidiarität des § 73a StGB vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. April 2018 – 3 StR 63/18 Rn. 6; vom 6. Juni 2018 – 4 StR 569/17 aaO).
20
cc) Hinsichtlich der sichergestellten Armbanduhr, die der Angeklagte am 21. Oktober 2017 zum Preis von 10.500 Euro erworben hatte, hat das Landgericht nicht klären können, ob der Angeklagte für den Erwerb Erlöse aus verfahrensgegenständlichen oder aus anderen nicht konkret feststellbaren Betäubungsmittelgeschäften verwendete. Im letztgenannten Fall wäre eine Einziehung der Uhr nur als erweiterte Einziehung des mit dem ursprünglich Erlangten erworbenen Surrogats möglich. Anders als nach der früheren Regelung in § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB aF i.V.m. § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF ist aber eine erweiterte Einziehung von Surrogaten in dem durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) neu gestalteten Vermögensabschöpfungsrecht gesetzlich nicht mehr vorgesehen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2019 – 5 StR 603/18).

III.


21
Für die neue Hauptverhandlung merkt der Senat an:
22
Zu der von den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs bislang unterschiedlich beantworteten Rechtsfrage, ob mehrere Taten der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch eine einheitliche, in ihren Ausführungshandlungen jeweils teilidentischen Tat des unerlaubten Han- deltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer materiellrechtlichen Tat verbunden werden, wird auf die Gründe der Senatsbeschlüsse vom 21. Juni 2018 – 4 StR 647/17 und vom 6. Dezember 2017 – 4 StR 395/17 verwiesen. Diese Divergenz in den Auffassungen der Strafsenate hat zur Folge, dass der Senat bei einer den Angeklagten beschwerenden Annahme von Tatmehrheit eine Sachentscheidung zu dem Konkurrenzverhältnis erst nach Durchführung eines Anfrage- und Vorlageverfahrens nach § 132 Abs. 2 und 3 GVG treffen kann.
Quentin Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - 4 StR 590/18

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Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - 4 StR 597/16

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 400/19 vom 9. Oktober 2019 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a. ECLI:DE:BGH:2019:091019B1STR400.19.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 187/13
vom
2. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle (Saale) vom 21. Dezember 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit er im Fall II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, im Maßregelausspruch , im Ausspruch über die Anordnung des Verfalls und im Ausspruch über die Einziehung. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen einer Schusswaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe sowie Munition und in weiterer Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Ferner wurde bestimmt, dass ein Jahr und sechs Monate der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind, ein sichergestellter Geldbetrag in Höhe von 3.330 Euro verfallen ist und verschiedene Betäubungsmittel und Tabletten sowie eine VorderschaftRepetierflinte nebst Munition eingezogen werden. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Verurteilung in den Fällen II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
3
1. Nach den Feststellungen überquerte der Angeklagte mit einem Pkw Suzuki Swift in Halle (Saale) aus der Straße kommend die in diesem Bereich vierspurige Straße, ohne die Geschwindigkeit zu verringern und die Vorfahrt zu beachten. Aufgrund dessen mussten die Lenker von zwei sich auf der bevorrechtigten Straße von links annähernden Pkw Gefahrenbremsungen durchführen, um mit dem von dem Angeklagten geführten Pkw nicht zu kollidieren. Einer der beiden Pkw war ein ziviles Dienstfahrzeug der Polizei, das mit zwei Beamten besetzt war. Der Angeklagte war aufgrund zuvor konsumierten Kokains nicht mehr fahrtüchtig. Dies hätte er erkennen können und müssen. Ihm war bekannt, dass er nicht über die erforder- liche Fahrerlaubnis verfügte und das von ihm geführte Fahrzeug nicht haftpflichtversichert war (Fall II. 3 der Urteilsgründe).
4
Der Angeklagte verwahrte in dem von ihm gelenkten Pkw 308,1 Gramm „cannabishaltige Substanzen“ mit einem THC-Anteil von 13,5 Gramm und 25 Gramm „Amphetamin“ mit einer Wirkstoffmenge von 0,2 Gramm Amphetaminbase , um diese gewinnbringend weiterzuverkaufen. Dabei führte er in einer Sporttasche auf der Rückbank des Pkw eine funktionstüchtige und schussbereite so genannte Pumpgun der Marke Deerfield, Modell 672 X, Kaliber 20/76 mit gekürztem Lauf und Hinterschaft und 44 Schrotpatronen im Kaliber 20/70 bei sich, ohne über die für die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über diese Gegenstände erforderliche Berechtigung zu verfügen. Eine Patrone be- fand sich im Lauf (Patronenlager) der „Pumpgun“ und vier weitere Patronenin deren Magazin. In der Sporttasche verwahrte der Angeklagte außerdem zwei Kunststoffdosen mit jeweils 100 Tabletten, die die Bezeichnung „Androlic“ trugen und einen Wirkstoffanteil von 9.921 mg Oxymetholon aufwiesen. Diese Tabletten wollte der Angeklagte selbst konsumieren, um eine sportliche Leistungssteigerung zu erzielen (Fall II. 4 der Urteilsgründe). Ferner führte der Angeklagte in seiner Hosentasche (UA 10 und 12) insgesamt 3.330 Euro bei sich, die aus dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln stammten (UA 23 f.).
5
Das Landgericht hat die Taten im Fall II. 3 der Urteilsgründe als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis (§§ 2, 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz (§§ 1, 6 Abs. 1 PflVG) und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB) und im Fall II. 4 der Urteilsgründe als „unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen einer Schusswaffe“ (§§ 1, 3, 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) in Tateinheit mit unerlaub- tem Besitz einer Schusswaffe (§ 51 Abs. 1 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2), unerlaubtem Besitz von Munition (§ 52 Abs. 3 Nr. 2b WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1) und einem Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (§ 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG i.V.m. Nr. I.1.a) der Anlage zur DmMV) gewertet. Beide Taten stünden zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit , weil allein die Gleichzeitigkeit zweier Handlungen noch keine Tateinheit begründen könne (UA 19).
6
2. Die Verurteilung im Fall II. 3 der Urteilsgründe war aufzuheben, weil die Feststellungen die für einen Schuldspruch nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB erforderliche Herbeiführung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert nicht belegen.
7
Für die Annahme, dass Leib oder Leben der Insassen des Polizeifahrzeugs oder des anderen die Straße befahrenden Pkw konkret gefährdet waren, fehlt es an einer ausreichenden Tatsachengrundlage, weil sich das Urteil weder zu den gefahrenen Geschwindigkeiten, noch zu der Intensität der Gefahrenbremsungen verhält (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289). Um eine konkrete Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert bejahen zu können, hätte es bestimmter Angaben zum Wert der gefährdeten Fahrzeuge und zur Höhe des drohenden Schadens (berechnet anhand der am Marktwert zu messenden Wertminderung ) bedurft (BGH, Beschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215, 216; Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289).
8
3. Die Verurteilung im Fall II. 4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil sich aus den getroffenen Feststellungen nicht ergibt, dass es sich bei der sichergestellten „Pumpgun“ um eine verbotene Waffe gemäß § 51 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 WaffG Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2 gehandelt hat.
9
Nach Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2 (Waffenliste) zu § 2 Abs. 3 WaffG unterfällt der Umgang mit einer Vorderschaftrepetierflinte nur dann § 51 Abs. 1 WaffG, wenn anstelle des Hinterschafts ein Kurzwaffengriff vorhanden ist oder die Waffengesamtlänge in der kürzest möglichen Verwendungsform weniger als 95 cm oder die Lauflänge weniger als 45 cm beträgt. Damit wollte der Gesetzgeber nur solche Vorderschaftrepetierflinten verbieten, die so verändert (eingekürzt ) sind, dass sie verdeckt geführt und im Nahbereich eingesetzt werden können, wodurch sie sich für kriminelle Verwendungen besonders eignen (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 28. Januar 2008, BT-Drucks. 16/7717, S. 25; Heinrich in Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl., § 2 WaffG Rn. 6b; Hinze/Runkel, Waffenrecht, 55. Aktualisierung Okt. 2008, § 2 WaffG Rn. 56a). Die Urteilsgründe bezeichnen die von dem Angeklagten mitgeführte Vorderschaftrepetierflinte lediglich nach Marke, Modell und Kaliber. Außerdem wird mitgeteilt, dass Lauf und Hinterschaft gekürzt sind (UA 8). Aus der Beweiswürdigung ergibt sich lediglich, dass es sich hierbei um nachträgliche Veränderungen handelt (UA 14). Ob diese Veränderungen dazu geführt haben, dass eines der in Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2 der Waffenliste angeführten äußeren Merkmale erfüllt ist, kann den Urteilsgründen dagegen nicht entnommen werden. Die Bezeichnung als „Pumpgun“ vermag diese Angaben nicht zu ersetzen, da es sich hierbei nur um einen umgangssprachlichen Namen für Vorderschaftrepetierflinten handelt, der nichts über die hier maßgeblichen weiteren Eigenschaften aussagt (vgl. Hinze/Runkel, Waffenrecht, 55. Aktualisierung Okt. 2008, § 2 WaffG Rn. 56; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl., Rn. 274; Busche, Waffenrecht, 7. Aufl., S. 88).
10
Sollte der neue Tatrichter Feststellungen treffen können, die belegen, dass der Angeklagte in dem von ihm geführten Pkw eine Vorderschaftrepetierflinte verwahrt hat, die eine der in Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2 (Waffenliste) zu § 2 Abs. 3 WaffG benannten Voraussetzungen erfüllt, wird er auch zu prüfen haben, ob anstelle einer Verurteilung wegen Besitzes einer verbotenen Waffe eine solche wegen Führens einer verbotenen Waffe nach § 51 Abs. 1 WaffG in Betracht kommt.
11
4. Schließlich halten auch die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Annahme einer Tatmehrheit (§ 53 StGB) zwischen den zueinander in Tateinheit stehenden Verstößen gegen § 315c Abs. 1 StGB, § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG und § 6 PflVG (Fall II. 3 der Urteilsgründe) einerseits und § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, § 51 Abs. 1 WaffG, § 52 Abs. 3 Nr. 2b WaffG und § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG (Fall II. 4 der Urteilsgründe) andererseits begründet hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
12
Zwar vermögen – was das Landgericht nicht verkannt hat – ein einheitliches Motiv, eine Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen oder eine MittelZweck -Verknüpfung eine Tateinheit nicht zu begründen (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 – 4 StR 78/99, NStZ 2000, 85; Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319 mwN). Mehrere strafbare Gesetzesverstöße stehen aber zueinander in Tateinheit (§ 52 StGB), wenn die jeweiligen Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Begeht ein Täter, der Rauschgift zu Handelszwecken in einem Pkw befördert (Einfuhrfahrt, Transport- fahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zu Abnehmern etc.) durch das Führen des Transportfahrzeuges weitere Gesetzesverstöße, so stehen diese nach den genannten Grundsätzen zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB). Denn ihr Tatbestand wird durch dieselbe Ausführungshandlung verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 – 4 StR 209/11, NZV 2012, 250 zu § 24a Abs. 2 StVG und § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; Beschluss vom 11. Dezember 2008 – 3 StR 533/08, BGHR StVG § 24a Abs. 2 Konkurrenzen 1 zu § 24a Abs. 2 StVG und § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG; offengelassen in BGH, Beschluss vom 5. März 2009 – 3 StR 566/08, NStZ 2009, 705 Rn. 8; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 316 Rn. 57; MünchKommStGB/Kotz, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1210).
13
Nach den Feststellungen waren die im Fahrzeug des Angeklagten verwahrten Betäubungsmittel für den gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen. Das bei ihm sichergestellte Bargeld stammte aus dem Handeltreiben mit diesem Rauschgift und wurde deshalb nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB und nicht nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB für verfallen erklärt. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte vor seiner Kontrolle bereits Rauschgift verkauft hatte und es sich bei den sichergestellten Betäubungsmitteln nur um den Rest einer größeren zum Teil bereits verkauften Menge handelte. Unter diesen Umständen hätte erörtert werden müssen, ob die dem Angeklagten unter II. 3 der Urteilsgründe angelasteten Gesetzesverletzungen bei einer Fahrt begangen wurden, die dem Transport des im Pkw befindlichen Rauschgifts zu Handelszwecken (etwa zu weiteren Abnehmern oder ins Depot) diente und deshalb Tateinheit mit dem Betäubungsmittelhandel und den weiteren unter II. 4 ausgeurteilten Delikten anzunehmen ist.

II.


14
Die aufgezeigten Mängel zwingen zur Aufhebung der für sich genommen rechtlich nicht zu beanstandenden tateinheitlichen Verurteilungen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Fahrens ohne Versicherungsschutz im Fall II. 3 der Urteilsgründe und wegen bewaffneten Betäubungsmittelhandels (zur Tenorierung vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2006 – 3 StR323/06), unerlaubten Besitzes von Munition und Besitzes von Arzneimitteln in nicht geringer Menge zu Dopingzwecken (zur Tenorierung vgl. Körner/ Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 95 AMG Rn. 70) im Fall II. 4 der Urteilsgründe (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, NStZ 1997, 276).
15
Die Aufhebung des Schuldspruchs für die Taten zu II. 3 und II. 4 zieht neben der Aufhebung der Gesamtstrafe auch die Aufhebung der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, der Verfallsanordnung und der Einziehungsanordnung nach sich, weil diese Entscheidungen an die Verurteilung wegen der Tat unter II. 4 der Urteilsgründe anknüpfen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 597/16
vom
31. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:310117B4STR597.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 31. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 8. September 2016 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Handeltreibens mit Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen von Waffen“ und Urkundenfälschung in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine hiergegen eingelegte Revision hat Erfolg.
2
1. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a), Abs. 3 Nr. 1 StGB kann nicht bestehen bleiben, weil die zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen widersprüchlich sind und deshalb nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO genügen.
3
a) Danach sind die für erwiesen erachteten Tatsachen anzugeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Hierzu hat der Tatrichter auf der Grundlage einer vorausgegangenen rechtlichen Subsumtion die Urteilsgründe so abzufassen, dass sie in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen können (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 – 4 StR 386/07, NStZ-RR 2008, 83, 84; Beschluss vom 13. Januar 2005 – 3 StR 473/04, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 13). Ein Urteil weist daher einen auf die Sachrüge hin zu beachtenden Rechtsfehler auf, wenn die Darstellung des strafbaren Verhaltens in wesentlichen Teilen unvollständig oder widersprüchlich ist und deshalb unklar bleibt, welche Tatsachen das Gericht aufgrund der Hauptverhandlung für erwiesen hält und welchen Sachverhalt es seiner rechtlichen Beurteilung eigentlich zugrunde gelegt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2008 – 2 StR 424/08).
4
b) Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe hinsichtlich der Verurteilung wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a), Abs. 3 Nr. 1 StGB nicht gerecht.
5
Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte aufgrund des vorangegangenen Konsums von Amphetaminen und Cannabis nicht mehr in der Lage war, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen, als er am 1. Juni 2016 mit seinem Pkw mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durch Halle (Saale) fuhr und, nachdem er – inzwischen von der Polizei verfolgt – in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße gefahren war, bei einem Einparkversuch frontal gegen ein anderes Fahrzeug stieß. Zur inneren Tatseite hat die Strafkammer dabei zwar zunächst festgestellt, dass der Angeklagte seine Fahruntüchtigkeit auch erkannt hatte und die konkrete Gefährdung des am Straßenrand abgestellten Pkw vorhersehen und vermeiden konnte (UA 7 und 8). Dann aber hat sie an anderer Stelle ausgeführt, dass er „bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen können, dass er aufgrund seines Drogenkonsums nicht fahrtüchtig war und dies billigend in Kauf nahm“ (UA 8). Auf UA 9 heißt es schließlich, dass dem Angeklagten bewusst war, dass er aufgrund der zuvor genossenen Drogen nicht mehr in der Lage war, das „Kraftfahrzeug sicher zu fahren“ und es in Kauf nahm, dass er dabei fremde Sachen von erheblichem Wert gefährdete. Danach bleibt unklar, ob sich der Angeklagte – wovon das Landgericht in der rechtlichen Würdigung ausgegangen ist – einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung (Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination) oder nur einer Fahrlässigkeitstat gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a), Abs. 3 Nr. 2 StGB schuldig gemacht hat. Diese Unklarheit lässt sich auch nicht durch eine ergänzende Heranziehung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe auflösen, denn die Beweiswürdigung er- schöpft sich insoweit in der Mitteilung, dass sich der Angeklagte „vollgeständig“ eingelassen habe. Auch die in den Feststellungen zur Sache enthaltenen weiteren Erwägungen zur Fahruntüchtigkeit des Angeklagten (unangepasste Fahrweise , Kontrollverlust) geben hierzu keinen weiteren Aufschluss.
6
2. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des gesamten Urteils.
7
a) Die – an sich rechtsfehlerfreien – Verurteilungen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG undvorsätzlichen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz gemäß § 6 Abs. 1 PflVG (dem Angeklagten war bekannt, dass er nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte und das von ihm geführte Fahrzeug nicht haftpflichtversichert war) sowie wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB (an dem Pkw des Angeklagten war einvon einem anderen Fahrzeug abmontiertes amtliches Kennzeichen angebracht) können nicht bestehen bleiben, weil sie zu der rechtsfehlerhaften Verurteilung wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit stehen. Würden sie in Rechtskraft erwachsen, hätte dies zur Folge, dass einer weiteren Verfolgung der zugrunde liegenden Tat unter dem Gesichtspunkt des § 315c StGB das Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) entgegenstünde (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).
8
b) Auch die ebenfalls für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG (Transport von 12,6 Gramm Methamphetamin [6,69 Gramm Methamphetaminbase ] und 39 MDMA-haltigen „Ecstasy-Tabletten“ zu Handelszwecken mit zwei griffbereit abgelegten Wurfmessern) war mit aufzuheben. Zwar hat das Landgericht insoweit Tatmehrheit (§ 53 StGB) angenommen. Dies führt hier aber nicht zur Teilbarkeit der Aufhebung, denn der Auffassung des Landgerichts zu dem Konkurrenzverhältnis zwischen dieser und den übrigen Gesetzesverletzungen kann nicht gefolgt werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Begeht ein Täter, der Rauschgift zu Handelszwecken in einem Pkw befördert (Einfuhrfahrt, Transportfahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zu Abnehmern etc.), durch das Führen des Transportfahrzeuges weitere Gesetzesverstöße, so stehen diese zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit nach § 52 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juli 2013 – 4 StR 187/13, NStZ-RR 2013, 320, 321 mwN). Nach den Feststellungen des Landgerichts diente die in Rede stehende Fahrt „den Verkäufen von Drogen zur Einnahmeerzielung“ (UA 8).
9
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf das Folgende hin:
10
a) Anders als bei Alkohol kann der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a), § 316 StGB nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Es bedarf daher neben dem Blutwirkstoffbefund noch weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2015 – 4 StR 111/15, NZV 2015, 562 [Ls]). Grundsätzlich kann hierbei auch aus der Fahrweise auf eine relative Fahruntüchtigkeit geschlossen werden. Befand sich der Täter – wie hier – auf der Flucht vor der Polizei, muss dies in die Beurteilung des Indizwertes seines Fahrverhaltens einbezogen werden. Dabei ist der Tatrichter nicht gehindert, auch bei einem Täter, der sich seiner Festnahme durch die Polizei entziehen will, in einer deutlich unsicheren, waghalsigen und fehlerhaften Fahrweise ein Beweisanzeichen für eine rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit zu sehen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2000 – 4 StR 171/00, NStZ-RR 2001, 173; Beschlussvom 29. November 1994 – 4 StR 651/94, DAR 1995, 166; König in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 316 Rn. 111 f. mwN).
11
b) § 315c Abs. 1 StGB setzt voraus, dass einer fremden Sache von bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat. Es sind daher stets zwei Prüfschritte erforderlich, zu denen im Strafurteil entsprechende Feststellungen zu treffen sind: Zunächst ist zu fragen, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert handelt, was etwa bei älteren oder bereits vorbeschädigten Fahrzeugen fraglich sein kann. Handelt es sich um eine Sache von bedeutendem Wert, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen , ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, wobei ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein kann als der maßgebliche Gefährdungsschaden. Der Wert der Sache ist hierbei nach dem Verkehrswert und die Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289; Ernemann in: SSW-StGB, 3. Aufl., § 315c Rn. 25 mwN).
12
c) Der neue Tatrichter wird sich – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) – auch mit der Frage zu befassen haben, ob der Angeklagte nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist.
13
Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte „seit zwei Jahren regelmäßig Crystal“, stand bei Tatbegehung unter dem Einfluss von be- rauschenden Mitteln (Amphetaminen, Cannabinoiden und Alkohol) und beging die ausgeurteilte Betäubungsmittelstraftat, „um den eigenen Drogenkonsum zu finanzieren“. Er strebt eine Therapie an und will in Zukunft ohne Drogen leben. Das Landgericht hat sich deshalb veranlasst gesehen, bereits im Urteil seine Zustimmung gemäß § 35 BtMG zu erklären.
14
Dies legt nahe, dass die Tat auf einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen Konsum von berauschenden Mitteln zurückzuführen ist und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 64 StGB vorliegen. Bei der Prüfung wird auch zu beachten sein, dass die Unterbringung nach § 64 StGB einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG vorgeht (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2013 – 3 StR 193/13; Beschluss vom 19. Juni 2012 – 3 StR 201/12, NStZ-RR 2012, 314 [Ls]).
15
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 3 Satz 2 StPO). Der Angeklagte hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 3 StR 554/15, insofern nicht abgedruckt in NStZ-RR 2016, 209).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke
9
3. Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Fall II. 4 der Urteilsgründe unterliegt ebenfalls der Aufhebung. Die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 StGB) zwischen dieser Tat und den zueinander in Tateinheit stehenden Verstößen gegen § 315c Abs. 1 StGB und § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG im Fall II. 5 a der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

33
aa) Zwar begegnet der Verzicht hinsichtlich des Bargelds an sich keinen Bedenken. Insofern bedurfte es aus den dargelegten Gründen keiner Darstellung des Verhaltens des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft zu dem Angebot. Das Landgericht hat aber nicht erkennbar bedacht, dass bei einem wirksamen Verzicht auf sichergestelltes Bargeld der staatliche Zahlungsanspruch nach § 73c StGB in Höhe des jeweiligen Betrages erloschen und die Einziehung des Wertes des Tatertrages insoweit ausgeschlossen ist (vgl. etwa BGH, Urteile vom 5. April 2000 – 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480, 481, und vom 10. Oktober 2002 – 4 StR 233/02, BGHSt 48, 40; Beschlüsse vom 18. November 2015 – 2 StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83, und vom 6. Juni 2017 – 2 StR 490/16). Daran hat die Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensab- schöpfung nichts geändert (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 61; siehe auch BGH, Urteil vom 10. April 2018 – 5 StR 611/17, aaO).
4
b) Rechtsfehlerhaft hat sie aber allein auf die Summe dieser Taterträge in Höhe von 965.106,83 Euro ihre Einziehungsanordnung gestützt. Sie hat dabei die möglichen Folgen des von ihr als wirksam angesehenen Verzichts auf die Rückzahlung einer Kaution von 15.000 Euro sowie auf diverse in Vollziehung eines Arrestes gepfändete Gegenstände und Forderungen (drei Bankguthaben von 9.402,59 Euro, 2.905,37 Euro und 2.348,86 Euro, Depotwerte in Höhe von 8.347,03 Euro, zwanzig Silbermünzen, 400 Briefmarken im Gesamtwert von 580 Euro, weitere 3.419 Briefmarken im Wert von je 1,45 Euro, 2.171 „Einschreiben -Marken“ im Wert von je 2,15 Euro und einen Goldbarren mit einem Gewicht von 5 Gramm, UA S. 1606, 1645 f.) für die Einziehungsanordnung verkannt. Zudem hat sie sich nicht mit den Voraussetzungen eines wirksamen Verzichts auseinandergesetzt (vgl. eingehend BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18 Rn. 21 ff., 34 ff., zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen).

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 412/16
vom
27. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Computerbetruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:270717B1STR412.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 27. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 13. April 2016
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte der Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten sowie der Fälschung beweiserheblicher Daten in 16 Fällen jeweils in Tateinheit mit Computerbetrug, schuldig ist;
b) im Ausspruch über den Verfall weiterer 1.730 Bitcoins dahingehend geändert, dass dieser der Höhe nach auf einen Betrag von 432.500 Euro begrenzt ist;
c) aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 3 und 18 der in den Urteilsgründen enthaltenen Tabelle (IPAdressen und ) verurteilt worden ist.
Insoweit wird der Angeklagte freigesprochen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass von der Gesamtfreiheitsstrafe ein Monat als vollstreckt gilt.
3. Im Umfang des Teilfreispruchs fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Die von dem Angeklagten zu tragende Gebühr für dieses Revisionsverfahren wird um ein Sechstel ermäßigt. Die Kosten und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen für dieses Revisionsverfahren trägt die Staatskasse zu einem Sechstel und der Angeklagte zu fünf Sechsteln.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen Ausspähens von Daten in Tateinheit mit Datenveränderung sowie wegen Computerbetruges in 18 Fällen jeweils tateinheitlich mit Fälschung beweiserheblicher Daten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hatte zudem den Verfall der sichergestellten 86 Bitcoins und den Verfall von Wertersatz (hinsichtlich weitere 1.730 Bitcoins) in Höhe von 432.500 Euro sowie die Einziehung von im Einzelnen näher bezeichneter Computerhardware nebst Zubehör angeordnet. Auf die Sachrüge des Angeklagten hatte der Senat das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben.
2
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten und wegen Computerbetruges in 18 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daneben hat es den Verfall von 86 sichergestellten Bitcoins sowie weiterer 1.730 Bitcoins an- geordnet und in der Urteilsformel konkret bezeichnete Computerhardware eingezogen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die nicht näher ausgeführte Sachrüge erhebt. Sein Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs, einem Freispruch in zwei Fällen sowie einer Beschränkung des Verfalls der Höhe nach; im Übrigen ist es gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

A.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.


4
Der Angeklagte und der rechtskräftig Verurteilte R. schlossen sich zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Anfang des Jahres 2012 zusammen , um ein sogenanntes Botnetz aufzubauen.
5
Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss einer Vielzahl von Computern, auf denen Programme – zumeist vom Nutzer unbemerkt – im Hintergrund automatisiert sich wiederholende Rechenaufgaben abarbeiten. Die Programme verbinden sich selbständig mit einem durch den sogenannten BotHerder gesteuerten zentralen Command-and-Control-Server, so dass der BotHerder infolgedessen die angeschlossenen Rechner fernsteuern und für seine Zwecke nutzen kann. Die Bots werden von den Computernutzern häufig durch das Öffnen eines sogenannten trojanischen Pferdes, einer getarnten Schadsoftware , unbewusst selbst installiert oder es erfolgt eine Infektion des Rech- ners über eine Sicherheitslücke des Betriebssystems, des Webbrowsers oder eines Programms. Das vom Angeklagten und R. geplante Botnetz sollte einerseits der Erzeugung von Bitcoins, dem sogenannten „Bitcoin-Mining“, und andererseits der Datenspionage dienen.
6
Bitcoin ist ein weltweit verfügbares dezentrales Zahlungssystem und der Name einer virtuellen Geldeinheit. Die Übertragung von Bitcoins geschieht über einen Zusammenschluss von Rechnern über das Internet und wird mithilfe einer speziellen Peer-to-Peer-Anwendung, also ohne Einbeziehung einer als Bank dienenden Zentrale, abgewickelt. Sämtliche Bitcoins werden im öffentlichen Transaktionsregister, der sogenannten Blockchain, gespeichert. Ihre Zuordnung zu einzelnen Teilnehmern erfolgt über persönliche digitale Brieftaschen , sogenannte Wallets, über die das Guthaben verwaltet wird. Hierfür gibt es einen, jedem Teilnehmer des Peer-to-Peer Netzwerks erkennbaren öffentlichen und einen privaten, nur dem Inhaber der Wallet bekannten Schlüssel. Der Marktwert von Bitcoins ergibt sich aufgrund von Angebot und Nachfrage.
7
Mit jeder Transaktion, die von der Mehrheit der Teilnehmer des Netzwerks als gültig bestätigt werden muss, um als ausgeführt zu gelten, werden bis zum Erreichen der systembedingten Maximalmenge zugleich neue Bitcoins erzeugt. Die für die Bestätigung der Transaktionen erforderlichen Rechenoperationen bestehen in der Lösung kryptographischer Aufgaben, wodurch das öffentliche Transaktionsregister der Kryptowährung, die Blockchain, erweitert wird. Die hierfür zu lösenden Algorithmen werden mit zunehmender Anzahl von Bitcoins immer komplexer und erfordern den Einsatz von zunehmend steigender Rechenzeit und -leistung. Derjenige Teilnehmer, der die Rechenoperation durchgeführt hat, erhält die mit der Erweiterung der Blockchain neu geschürften Bitcoins seiner Wallet gutgeschrieben. Je größer die eingesetzte Rechnerleis- tung, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, das richtige Ergebnis zu finden. Gewöhnliche Prozessoren sind jedoch nicht rentabel, da die durch sie verursachten Stromkosten den durch die neu generierten Bitcoins erfolgten Wertzuwachs minimieren. Die Stromkosten fallen jedoch bei der Lösung der Rechenaufgaben durch ein Botnetz bei dem Nutzer der mit Schadsoftware infizierten Hardware und nicht bei dem sie über den Command-and-Control-Server steuernden Bot-Herder an, was die Attraktivität der Botnetze für das Schürfen von Bitcoins erklärt.
8
R. kam die Aufgabe zu, die als Musik-, Video- oder Programmdatei zum Herunterladen aus dem Internet getarnte Schadsoftware in Form eines Trojaners nebst Möglichkeit zur Bitcoin-Generierung zu entwickeln. Als Grundlage hierfür diente ihm die als Software frei zugängliche sogenannte Zeus-Komponente, die eine sogenannte Keyloggingfunktion zur Übermittlung von Tastenanschlägen des betroffenen Nutzers und ein Spionageprogramm zur Aufdeckung und Manipulation verschlüsselten Netzwerkverkehrs enthielt. Diese ergänzte er um die TOR-Komponente, ein Netzwerk zur Anonymisierung von Verbindungsdaten, und die der Bitcoin-Generierung dienende Programmkomponente cgminer.exe, welche die Rechnerleistung der Grafikkarte nutzbar machte. Die Schadsoftware wurde sodann mit einer von R. und dem Angeklagten entwickelten Verschleierungsschicht und dem Kernschadprogramm angereichert. Der Angeklagte war für das Hochladen in das Usenet zuständig. Das Usenet ist ein Teil des Internets, der vorwiegend der anonymen Verschaffung illegaler Raubkopien dient und einen besonderen kostenpflichtigen Zugang beim Nutzer voraussetzt.
9
Kurz vor dem 13. März 2012 begann der Angeklagte, mit der Schadsoftware versehene Dateien auf verschiedene Server in das Usenet hochzuladen.
Wegen des damit verbundenen hohen Zeitanfalls warb er ab etwa Mitte des Jahres 2012 drei weitere Mittäter, sogenannte Spreader an, die insgesamt mehrere Millionen infizierte Dateien hochluden.
10
Der Trojaner war für die Betriebssysteme ab Windows XP bis Windows 7 bestimmt. Seit der Softwareaktualisierung Servicepack 2 (Herausgabedatum: 25. August 2004) verfügen diese Betriebssysteme standardmäßig (bei Windows XP) über eine aktivierte „Firewall“. Diese lässt sich manuell deaktivie- ren. Bei einer „Firewall“ handelt es sich um eine Zugriffssicherung für Netzwerke , um Angriffe aus dem Internet auf den Computer des Nutzers zu vereiteln. Hierzu werden insbesondere eingehende Verbindungsanfragen anhand der Konfiguration unter Windows geprüft und sofern keine Erlaubnis in Form einer speziellen, diesen Zugriff erlaubenden Konfiguration vorliegt, abgelehnt. Wäre die vom Nutzer selbst heruntergeladene Schadsoftware nicht als Musik-, Videooder Programmdatei getarnt gewesen, wäre das Programm, das den Zugriff des Command-and-Control-Servers auf den Computer ermöglichte, mittels der Firewall dieser Kontrolle unterzogen und der Zugriff verweigert worden.
11
In dem Zeitraum vom 13. März 2012 bis zum 4. Oktober 2013 luden insgesamt 327.379 Computernutzer die Schadsoftware auf ihren Rechner herunter. Da sie durch die Tarnung davon ausgingen, es handele sich um die gewünschte Musik-, Video- oder Programmdatei, bejahten sie die Frage, ob das Programm installiert werden solle. Sie installierten sodann unbewusst den Trojaner und setzten in mindestens 245.534 Fällen infolgedessen ebenso unbewusst selbst die Firewall außer Kraft. In der zentralen Registrierungsdatenbank der jeweiligen Betriebssysteme, der sogenannten Registry-Datei, wurde ein Schlüssel und darin ein Wert erzeugt, der als Konfigurationseintrag für die Zeus-Komponente diente. Zudem wurde ein zusätzlicher Eintrag hinzugefügt, wodurch die Schadsoftware, insbesondere die Programmkomponenten Zeus, TOR und cg.miner, beim Hochfahren des Rechners automatisch startete, ohne dass der Computernutzer hiervon Kenntnis erlangte. Diese Veränderung der Registry-Datei führte zu einer grundlegenden Änderung der Datenstruktur und zugleich der Datei ntuser.dat, unter der die Werte des Benutzerprofils hinterlegt sind. Nach Installation des Trojaners nahm der Rechner des betroffenen Nutzers über einen ansonsten verschlossenen Zugang, den Port 42349, Verbindung mit dem Command-and-Control-Server auf. Da es sich um eine ausgehende Verbindungsanfrage handelte, wurde diese durch die Firewall nicht blockiert. Diese ausgehende Verbindung hätte ohne die Funktionen der Schad- software die Einrichtung einer speziellen Konfiguration des Systems („Port Forwarding“) erfordert.
12
Anschließend wurden die individuell vergebenen Computernamen, die verwendeten Betriebssysteme sowie weitere Informationen und TastaturEingaben der infizierten Rechner über die Ports 42349 und 9050 an eine vom Angeklagten und R. angelegte Datenbank übertragen und dort gespeichert. Darüber hinaus wurde ab einer Inaktivität des Computernutzers von 120 Sekunden mittels der Programmkomponente cg.miner die Rechenleistung der Grafikkarte für die Lösung komplexer Rechenaufgaben genutzt, für deren Bewältigung Bitcoins gutgeschrieben wurden. Über die Keyloggingfunktion der Zeus-Komponente wurden die letzten 1.000 Tastenanschläge an den Datenbankserver des Angeklagten übermittelt; zudem überschrieb Zeus die Programmcodes der für Ver- und Entschlüsselung zuständigen Netzwerkbibliotheken , so dass die Eingabe von Kontodaten, Geheimnummern und Passwörtern in unverschlüsselter Form an den Angeklagten übertragen wurde.
13
Die vom Angeklagten und R. betriebene Datenbank zeichnete bis zum Herunterfahren des Hauptservers zum 4. Oktober 2013 Einträge auf, wonach sich 327.379 Nutzer den Trojaner hinuntergeladen hatten. Das Landgericht konnte weder die Anzahl der verwendeten Versionen der Schadsoftware ermitteln, noch wie viele verschiedene Dateien in das Usenet hochgeladen wurden. Infolgedessen ist es zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen , dass sämtliche Computernutzer ihre Rechner mit derselben Datei der Schadsoftware aus dem Usenet infiziert haben.

II.


14
Zum Betrieb des Botnetzes wurden insgesamt sieben Server betrieben, wobei es sich um einen Command-and-Control-Server, einen Hauptserver, einen Statistikserver und vier immer wieder wechselnde Server zur Bereitstellung der infizierten Dateien zum Download handelte.
15
Zwischen dem 19. November 2012 und dem 17. März 2013 mieteten entweder der Angeklagte selbst oder die von ihm beauftragten Spreader unter missbräuchlicher Verwendung zuvor durch die beschriebene Vorgehensweise ausgespähter Zugangsdaten in insgesamt 18 Fällen Server für den Betrieb des Botnetzes und die Verbreitung der Schadsoftware an. Die Server wurden aufgrund jeweils neuen Tatentschlusses und nicht aufgrund automatisierter Routinen unter Verwendung der Logindaten der Geschädigten angemietet; deren Freischaltung erfolgte in einem automatisierten Verfahren nach elektronischer Übermittlung des Antrags und der Daten. Hierdurch versprach sich der Angeklagte nicht zurückverfolgt werden zu können und sich die Anschluss- und Nutzungsgebühren zu ersparen.

16
Durch die Anmietung der Server entstand den Anbietern ein Gesamtschaden in Höhe von 7.349,75 Euro, nachdem diese den betroffenen Nutzern die angefallenen Kosten erstattet hatten. In zwei Fällen „entstand den Compu- ternutzern eine Vermögensgefährdung hinsichtlich der Anmietkosten für vier Wochen“. Für diese beiden Fälle konnten weder der betroffene Anschlussinha- ber noch der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses benannt werden.

III.


17
Während 86 unverschlüsselte Bitcoins beschlagnahmt wurden, konnten weitere 1.730 Bitcoins lediglich vorläufig gesichert werden, weil deren Zugriff passwortgeschützt war, der Angeklagte das Passwort nicht preis gab und eine Entschlüsselung nicht möglich war.

B.


I.


18
Der Schuldspruch wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten gemäß §§ 202a, 303a Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2, § 52 StGB weist keinen Rechtsfehler auf.
19
1. Die Überzeugung des Landgerichts von dem insoweit festgestellten Sachverhalt beruht auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
20
a) Zwar hat der Angeklagte eine Beteiligung an dem Botnetzbestritten. Das Landgericht hat dies jedoch mit nicht zu beanstandenden Erwägungen als unwahre Schutzbehauptung gewertet und sich hierfür insbesondere auf die Angaben des R. und weiterer Zeugen für die zwischen R. und dem Angeklagten im Tatzeitraum geführte Handykommunikation sowie einen Chat gestützt, in dem der Angeklagte gegenüber einem weiteren Zeugen Details zur Vorgehensweise einschließlich der Benennung des Vornamens des Mittäters R. offen gelegt hat.
21
b) Auch die Feststellungen zur Anzahl der Computersysteme, deren Nutzer sich das vom Angeklagten und R. in das Usenet gestellte trojanische Pferd mitsamt der Schadsoftware heruntergeladen und auf ihrem Computer installiert haben, fußen auf einer tragfähigen Grundlage. Hierzu hat das Landgericht die Einträge in der Datenbank des Hauptservers des Botnetzes ausgewertet und anhand der dort aufgezeichneten 327.379 individuellen IPAdressen , die neben anderen Merkmalen nach erfolgreicher Installation der Schadsoftware an den Hauptserver des Botnetzes übertragen worden waren, die Anzahl der betroffenen Nutzer bestimmt. Da die IP-Adressen nebst weiteren Angaben nicht ohne die Installation des Trojaners an den vom Angeklagten betriebenen Datenbankserver übertragen worden wären, durfte das Landgericht aus der Aufzeichnung dieser Daten in der Datenbank des Angeklagten auf die erfolgreiche Installation der Schadsoftware schließen.
22
c) Die Wirkungsweise der vom Computernutzer unbewusst installierten Schadsoftware hat das Landgericht auf der Grundlage der nachvollziehbar dargelegten Erläuterungen der Sachverständigen hinreichend genau festgestellt. Insbesondere ergibt sich daraus zum einen, dass das Programm auf die Umgehung der – Zugriffe aus dem Internet verhindernden – Firewall angelegt war, indem es den Computernutzer über den Inhalt der heruntergeladenen und installierten Software getäuscht hat. Zum anderen wird daraus aber auch deutlich , zu welchen Funktionsänderungen die zusätzlichen Einträge in der Registry und damit in der das Benutzerprofil speichernden Datei nt.user.dat führten, dass nämlich Funktionen ausführende Komponenten gestartet, dadurch eine zuvor durch die Konfiguration des Computers nicht erlaubte Verbindung zum Command-and-Control-Server hergestellt und Daten an den Hauptserver des Botnetzes übertragen wurden.
23
d) Soweit das Landgericht davon ausgeht, dass jedenfalls 75 % der betroffenen Nutzer, mithin 245.534 tatsächlich eine aktivierte Firewall auf ihrem Computersystem nutzten, ist auch dies tragfähig begründet.
24
Insoweit waren dem sachverständig beratenen Landgericht konkrete Feststellungen zu den einzelnen betroffenen Computersystemen unmöglich. Denn anhand der übertragenen Daten war weder eine Identifizierung der Nutzer derselben noch deren konkrete Konfiguration zu ermitteln. Zwar waren die IP-Adressen bekannt, anhand des Zeitablaufs konnte aber bei den Internetprovidern keine Zuordnung der betroffenen Accounts mehr erfolgen.
25
Deswegen war das Landgericht befugt, auf das Vorhandensein einer aktiven Firewall indiziell zu schließen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; Beschlüsse vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13, NStZ 2014, 318; vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98 und vom 24. August 2017 – 1 StR 625/16, ZInsO 2018, 324), zumal da individuelle Leistungsmotive insoweit keine Rolle spielten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 6. September 2017 – 5 StR 268/17, NStZ-RR 2017, 375).
26
Die tatsächlichen Umstände, aus denen es auf das Vorhandensein einer aktiven Firewall bei 75 % der betroffenen Computersysteme geschlossen hat, hat es nachvollziehbar dargelegt. Insoweit hat es sich auf die sachverständigen Darlegungen gestützt, wonach die Wahrscheinlichkeit, dass Internetnutzer keine aktivierte Firewall benutzten, äußerst gering sei. Darauf aufbauend hat das Landgericht zudem berücksichtigt, dass es sich bei den betroffenen Nutzern um solche handelte, die immerhin mit dem Usenet vertraut gewesen seien und einen eigenen kostenpflichtigen Zugang hierzu unterhielten. Um der geringen Wahrscheinlichkeit zu begegnen, dass dennoch infizierte Computersysteme zumindest keine Windows-Firewall aktiviert hatten, hat es von der Anzahl der infizierten Computer einen Abschlag von 25 % vorgenommen und so die Zahl der Computersysteme auf 75 % geschätzt, bei denen die Schadsoftware die Firewall umging. Auch vor dem Hintergrund, dass die Schadsoftware für Betriebssysteme bestimmt war, bei denen die Firewall standardmäßig aktiviert war, lässt diese Vorgehensweise einen Rechtsfehler nicht erkennen. Hierdurch hat das Landgericht pflichtgemäß diejenigen Tatsachen ermittelt, von deren Richtigkeit es überzeugt ist und ist damit der Abbildung der tatsächlichen Verhältnisse möglichst nahegekommen (vgl. zur Schätzung im Steuerstrafverfahren BGH, Beschluss vom 6. April 2016 – 1 StR 523/15, wistra 2016, 363).

II.


27
Auf der Grundlage dieser Feststellungen erweist sich die Verurteilung des Angeklagten wegen Datenveränderung in 327.379 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit 245.534 tateinheitlichen Fällen des Ausspähens von Daten gemäß §§ 202a, 303a Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2, § 52 StGB als rechtsfehlerfrei. Dabei ist das Landgericht zutreffend von mittelbarer Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB im Hinblick auf die Installation des Trojaners durch den geschädigten Computerinhaber selbst ausgegangen (vgl. Frank in Hilgendorf, Informationsstrafrecht und Rechtsinformatik, 2004, S. 23 [30] mwN; zur Funktionsweise eines Trojaners siehe MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 84).
28
1. Der Angeklagte hat danach Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB in 327.379 tateinheitlichen Fällen begangen.
29
Gemäß § 303a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer rechtswidrig Daten löscht, unterdrückt, unbrauchbar macht oder verändert. Die Vorschrift schützt das Interesse des Verfügungsberechtigten an der unversehrten Verwendbarkeit der gespeicherten oder übermittelten Daten (Bär in Wabnitz/Janowsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., 14. Kapitel Rn. 108; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 303a Rn. 2; LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 4 mwN; vgl. auch BT-Drucks. 10/5058, S. 34).
30
Der Angeklagte und seine Mittäter haben vorliegend durch den Eingriff in die Registry-Dateien und der Datei nt.user.dat der geschädigten Computersysteme Daten im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB verändert.
31
a) Diese Dateien sind taugliche Tatobjekte im Sinne der Legaldefinition des § 202a Abs. 2 StGB, nämlich solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden (Bär aaO Rn. 110; Fischer aaO Rn. 3; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, 2. Aufl., § 303a Rn. 8; zur nicht unmittelbaren Wahrnehmbarkeit Goeckenjan wistra 2009, 47, 49 mwN). Eine Beschränkung auf Computerdaten, wie in der Richtlinie auf 2013/40/EU vom 12. August 2013, Art. 2 lit.b, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen (Fischer aaO Rn. 3, § 202a Rn. 4 unter Hinweis auf BTDrucks. 16/3656 S. 10; vgl. demgegenüber aber Heine, NStZ 2016, 441, 443), wobei dies im vorliegenden Fall zu keinen abweichenden Ergebnissen führen würde. Unter den so bestimmten Datenbegriff fallen nach ganz einhelliger Meinung auch Programmdaten, da sie aus einer Vielzahl von Daten zusammengefügt sind und nicht unmittelbar wahrnehmbare Informationen enthalten (vgl. nur MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 12 f. mwN; hierzu auch BGH, Beschluss vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339; aA nur v. Gravenreuth , NStZ 1989, 201, 204).
32
b) Da die Daten sich auf einem für den Angeklagten fremden Speichermedium befanden und ihm kein Nutzungs- oder Zugriffsrecht für bzw. auf diese zustand, braucht der Senat nicht zu entscheiden, welcher einschränkender Kriterien es bedürfte, um eine Verfolgbarkeit allein inhaltlicher Unrichtigkeit von Daten zu verhindern und den Zusammenhang mit § 303 StGB zu wahren (vgl. Bär aaO Rn. 111 f.; Fischer aaO Rn. 4 f.; MünchKommStGB/Wieck-Noodt aaO Rn. 9 f.).
33
c) Ein Verändern liegt vor bei einem Herbeiführen von Funktionsbeeinträchtigungen der Daten, die eine Änderung ihres Informationsgehalts oder des Aussagewerts zur Folge haben (BT-Drucks. 10/5058, S. 35; Bär aaO Rn. 118; Bär in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 303a StGB Rn. 20; Heine NStZ 2016, 441, 443; LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 27; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, aaO Rn. 15). Hierunter fällt – entsprechend der Definition in § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BDSG (in der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung) – also jede Form der inhaltlichen Umgestaltung von gespeicherten Daten (LK-StGB/Wolff, 12. Aufl., § 303a Rn. 27; Altenhain in Matt/Renzikowski/Altenhain, § 303a Rn. 10; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, 2. Aufl., § 303a Rn. 15), wobei es nicht darauf ankommt, ob diese eine objektive Verbesserung darstellt (Fischer aaO Rn. 12; Hilgendorf/Valerius, Computerund Internetstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 589; MünchKommStGB/Wieck-Noodt, aaO Rn. 15; aA Altenhain in Matt/Renzikowski/Altenhain, StGB, § 303a Rn. 10). Entscheidend ist vielmehr, dass ein vom bisherigen abweichender Zustand herbeigeführt wird (BT-Drucks. 10/5058 S. 36 zu § 303b, aber unter Bezug auf § 303a; LK-StGB/Wolff aaO Rn. 27).
34
Durch das Hinzufügen der Einträge in der Registry-Datei und die damit verbundene Veränderung des in der Datei nt.user.dat hinterlegten Benutzerprofils , ist eine solche Funktionsbeeinträchtigung der Daten eingetreten. Denn die Schadsoftware startete beim Hochfahren des Rechners automatisch, ohne dass der Computernutzer hiervon Kenntnis bekam. Infolgedessen wurde ein ansonsten verschlossener Zugang zum Internet geöffnet, worüber das Computersystem Verbindung mit dem vom Angeklagten betriebenen Command-andControl -Server aufnahm und Informationen auf die Datenbank des Angeklagten übertrug. Vor der Hinzufügung dieser Einträge enthielt weder die zentrale Datenbank der betroffenen Computersysteme noch das in der Datei nt.user.dat hinterlegte Benutzerprofil die Information, dass die Programmkomponenten Zeus, TOR und cg.miner beim Hochfahren des Rechners automatisch gestartet werden. Zudem war der für die Verbindung zum Command-and-Control-Server genutzte Port für Verbindungen zum Internet durch die bisherige Konfiguration nicht freigegeben. Nach der Installation der Schadsoftware enthielten sie dagegen einen hiervon abweichenden Inhalt, dass nämlich diese Funktionen – das automatische Starten dieser Komponenten und damit auch die Verbindungsaufnahme zum Internet über einen ansonsten verschlossenen Zugang (vgl. zur Datenveränderung durch Öffnen eines ansonsten verschlossenen Ports Buggisch/Kerling, Kriminalistik 2006, 531, 536; Goeckenjan, wistra 2009, 47, 51; Heine aaO 444; vgl. auch Ernst, NJW 2003, 3233, 3238) – ausgeführt werden. Dadurch ist der Informationsgehalt dieser Dateien umgestaltet und mithin verändert worden.
35
Eine engere, diese Umgestaltung der auf den betroffenen Computersystemen enthaltenen, durch Daten verkörperten Informationen, nicht als Veränderung im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB erfassende Auslegung würde dem Schutzzweck der Vorschrift nicht gerecht werden. Denn der Computernutzer betrieb ein Computersystem, welchem er nicht die Informationen gegeben hatte , die die durch die Schadsoftware bewirkten Funktionen, u.a. zum Betrieb eines Botnetzes (vgl. Bär in Graf/Jäger/Wittig aaO: Infektion des Rechners mit Schadsoftware zum Betrieb eines Botnetzes ist Verändern), zugelassen hätte. Sein Interesse an der unversehrten Nutzung des bisherigen Datenbestandes mit den von ihm bestimmten Beschränkungen, insbesondere dem geschlossenen Zugang zum Internet, ist durch die Hinzufügung der Funktionen beeinträchtigt.
36
Auf die Frage, ob ein Verändern von Daten im Sinne des § 303a Abs. 1 StGB auch vorliegt, wenn dem System durch die Installation eines Trojaners lediglich Daten hinzugefügt werden, ohne die vorhandenen (Bestands-)Daten zu verändern (dies verneinend: Hilgendorf/Valerius, Computer- und Internet- strafrecht, 2. Aufl., Rn. 597; Hilgendorf, JuS 1997, 323 [324 f.] und Altenhain aaO Rn. 10; vgl. auch Heine aaO S. 443), kommt es in Anbetracht der getroffenen Feststellungen nicht mehr entscheidungserheblich an.
37
2. Der Angeklagte hat sich tateinheitlich zu der Datenveränderung auch wegen Ausspähens von Daten nach § 202a StGB in 245.534 tateinheitlichen Fällen strafbar gemacht.
38
Gemäß § 202a Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft. Die Vorschrift schützt das formelle Geheimhaltungsinteresse des Verfügungsberechtigten (BT-Drucks. 16/3656 S. 9; 10/5058 S. 29; MünchKommStGB/Graf aaO Rn. 2 mwN; Schönke/Schröder/Lenckner/ Eisele, StGB, 29. Aufl., § 202a Rn. 1; im Ergebnis auch Bär in Wabnitz/ Janowsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., 14. Kapitel Rn. 72; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 202a Rn. 2; LK-StGB/Hilgendorf, 12. Aufl., § 202a Rn. 6; aA Haft NStZ 1987, 6, 9; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 28. Aufl., § 202a Rn. 1). Geschützt sind Daten durch die Vorschrift aber nur dann, wenn der Verfügungsberechtigte das Interesse an ihrer Geheimhaltung durch besondere Sicherungsvorkehrungen dokumentiert hat (BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339 und vom 6. Juli 2010 – 4 StR 555/09, NStZ 2011, 154; Valerius in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , 2. Aufl., § 202a Rn. 19; BeckOKStGB/Weidermann, § 202a Rn. 13; kritisch zur Dokumentation des Geheimhaltungsinteresses durch Sicherung, Dietrich NStZ 2011, 247).
39
a) Die Daten waren infolge der jeweils aktivierten Firewall im Sinne des § 202a Abs. 1 StGB gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert.
40
Um von einer Dokumentation an der Geheimhaltung der Daten ausgehen zu können, bedarf es einer zum Tatzeitpunkt bestehenden Zugangssicherung , die darauf angelegt sein muss, den Zugriff Dritter auf die Daten auszuschließen oder wenigstens nicht unerheblich zu erschweren. Darunter fallen insbesondere Schutzprogramme, die geeignet sind, unberechtigten Zugriff auf die auf einem Computer abgelegten Daten zu verhindern, und die nicht ohne fachspezifische Kenntnisse überwunden werden können und den Täter zu einer Zugangsart zwingen, die der Verfügungsberechtigte erkennbar verhindern wollte (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2010 – 4 StR 555/09, NStZ 2011, 154 Rn. 6 und vom 21. Juli 2015 – 1 StR 16/15, NStZ 2016, 339 Rn. 8 f., jeweils mwN; BT-Drucks. 16/3656 S. 10; MünchKommStGB/Graf, 3. Aufl., § 202a Rn. 35 ff. mwN).
41
Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen (vgl. oben 1. d) verfügten 245.534 der betroffenen Computersysteme zum Tatzeitpunkt über eine aktivierte Firewall. Diese stellt eine solche besondere Sicherung gegen unberechtigten Zugang dar. Denn sie dient gerade der Verhinderung eines unberechtigten Eindringens in das Netzwerk von außen und des Zugriffs auf (Rechner-)Daten innerhalb des Netzes (vgl. dazu auch Schönke/ Schröder/Lenckner/Eisele, StGB, 29. Aufl., § 202a Rn. 14; Heghmanns in Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 100; vgl. auch allgemein zu software-integrierten Sicherungen Bär aaO Rn. 79; Fischer aaO Rn. 9; MünchKommStGB/Graf aaO Rn. 45). Einen unkontrollierten Zugriff aus dem Internet auf den eigenen Rechner und mithin einen die jeweilige Firewall überwindenden Zugang wollten die Verfügungsberechtigten durch Verwendung einer solchen Sicherung erkennbar verhindern.
42
b) Der Angeklagte hat sich den Zugang zu den Daten auch durch die Überwindung gerade dieser Zugangssicherung verschafft, indem er die jeweils aktivierte Firewall mithilfe eines Trojaners umgangen hat. Denn erst durch den gezielten Einsatz eines Trojaners, der die Schadsoftware verbarg und den Computernutzer als Tatmittler glauben machte, er lade sich eine harmlose Musik -, Video oder Programmdatei herunter, tatsächlich aber unbewusst die Ausspähprogrammkomponenten installierte, konnten der Angeklagte und seine Mittäter die jeweilige Firewall überwinden und Zugang zu den Daten innerhalb des Netzes erlangen (dazu auch Bär aaO Rn. 83). Ohne diese Täuschungen der Computernutzer mittels des Trojaners wäre der Zugriff auf die Daten durch die Firewall verhindert worden, da durch diese eine eingehende Verbindungsanfrage des vom Angeklagten betriebenen Netzwerks abgelehnt worden wäre. Dieses Ergebnis korrespondiert auch mit einer Auslegung des Willens des Gesetzgebers , demzufolge Hacking-Angriffe mithilfe von Trojanern unter Strafe gestellt werden sollten (vgl. BT-Drucks. 16/3656 S. 9).
43
Durch die beschriebene Vorgehensweise hat der Angeklagte nicht nur das schon tatbestandsmäßige Verschaffen des bloßen Zugangs verwirklicht (vgl. BT-Drucks. 16/3656 S. 9), sondern zusätzlich sich die Daten selbst verschafft , was durch die Einträge in seiner Datenbank belegt wird.
44
c) Weder der Angeklagte noch seine Mittäter waren befugt im Sinne des § 202a StGB, da die ausgespähten Daten nicht zu ihrer Kenntnisnahme bestimmt waren (vgl. hierzu Fischer aaO Rn. 12 mwN; Valerius aaO Rn. 34; Gercke/Brunst, Praxishandbuch Internetstrafrecht, 2009, Rn. 100).
45
d) Ob der Tatbestand des § 202a StGB darüber hinaus auch durch Einsatz der Keyloggingfunktion erfüllt wurde, wie vom Landgericht angenommen, brauchte der Senat hier nicht zu entscheiden. Zweifel daran bestehen, zumal dem Landgericht aufgrund der enormen Datenmenge eine konkrete Zuordnung von gewonnenen, zuvor verschlüsselten Datensätzen nicht möglich war.
46
Die vom Landgericht angenommene zusätzliche Tatbestandsverwirklichung durch die Keyloggingfunktion hat sich bei der Strafzumessung auch nicht ausgewirkt. Soweit dort die „multimodale Verwendungsmöglichkeit“ durch den „Zugriff“ berücksichtigt wird, wirddies von den Feststellungen getragen, ohne dass es auf die weitere Tatbestandsmäßigkeit ankommt.
47
e) Die Annahme von Tateinheit zwischen der Datenveränderung und dem Ausspähen von Daten durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden.

III.


48
Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß § 263a Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 269 Abs. 1 StGB durch Anmietung der Server unter unbefugter Verwendung von Nutzerdaten der Geschädigten allerdings nur in 16 statt – wie vom Landgericht ausgeurteilt – in 18 Fällen. Da insoweit im Hinblick auf den Zeitablauf auszuschließen ist, dass ergänzende, eine Strafbarkeit des Angeklagten tragende Feststellungen getroffen werden können, spricht der Senat den Angeklagten in diesen beiden Fällen aus tatsächlichen Gründen frei.
49
1. Das Landgericht hat sich in neun Fällen mit sachverständiger Hilfe davon überzeugt, dass die Zugangsdaten, nämlich Kundennummern bzw. Passwörter für die Internetprovider oder E-Mail-Adressen der Anschlussnutzer für diese Anmietungen aus der vom Angeklagten im Rahmen des Botnetzes betriebenen Datenbank stammen. Zu dieser Datenbank waren die übertragenen Daten vom infizierten Rechner übermittelt worden.
50
In neun weiteren Fällen konnten die für die Anmietung verwendeten Daten zwar nicht in dem Bestand aus 1,9 Milliarden Daten festgestellt werden. Dennoch hat sich die Strafkammer davon überzeugt, dass der Angeklagte die Server unter Verwendung der durch die Keylogging-Funktion erlangten Daten anmietete. Das hat sie darauf gestützt, dass die angemieteten Server als Infektionsserver genutzt worden seien und der Angeklagte über die Schadsoftware die Möglichkeit gehabt habe, an die verwendeten Zugangsdaten zu gelangen. Nur in sieben dieser Fälle sind der Name des Geschädigten und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt.
51
2. Dieser Schluss auf die Anmietung der Server unter Verwendung der vom Angeklagten mittels der Schadsoftware erlangten Daten ist allerdings nur insoweit tragfähig, als belegt wird, dass eine Anmietung unter Nutzung fremder Zugangsdaten überhaupt erfolgt ist. Soweit nämlich die Namen der Geschädigten bekannt sind, ist in der Zusammenschau ausreichend dargelegt, dass deren Zugangsdaten unbefugt zur Anmietung der Server verwendet worden sind.
52
In zwei Fällen – nämlich in den Fällen 3 und 18 der in den Urteilsgründen enthaltenen Tabelle (IP-Adressen und ) – ist dies allerdings nicht der Fall. Insoweit sind weder Feststellungen zu den Geschädigten , noch zu den Tatzeiten und entstandenen Schäden getroffen worden. Festgestellt ist neben der verwendeten IP-Adresse lediglich, dass in die- sen Fällen den nicht namhaft gemachten Computerinhabern eine Vermögensgefährdung bezüglich der Anmietkosten für vier Wochen entstanden sei.
53
Die Strafkammer legt hingegen nicht dar, woraus sie in diesen beiden Fällen den Schluss zieht, dass die Anmietung unter Nutzung fremder Zugangsdaten stattgefunden hat. Aus den Feststellungen für diese Fälle folgt zwar, dass der angemietete Server als Infektionsserver genutzt worden ist. Nachdem weder derjenige benannt werden konnte, dessen Daten verwendet worden sein sollen, noch festgestellt worden ist, dass den Providern ein tatsächlicher Schaden entstanden ist, kommt ebenso in Betracht, dass der Angeklagte diese Server unter Verwendung seiner Zugangsdaten angemietet und als Infektionsserver genutzt hat. Diese Möglichkeit wird von der Strafkammer nicht in den Blick genommen und infolgedessen auch nicht ausgeschlossen.
54
3. Eine Anmietung unter diesen Umständen stellt sich allerdings nicht als strafbar dar.
55
a) Danach hat der Angeklagte schon keine Daten im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB unbefugt verwendet. Deswegen kommt es nicht mehr darauf an, dass die Höhe des eingetretenen Gefährdungsschadens in diesen beiden Fällen weder konkret festgestellt noch beziffert wird und damit die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gewahrt sind (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 Rn. 135 ff., insbesondere Rn. 150 [zu § 266 StGB], BVerfGE 126, 170 sowie BGH, Urteil vom 15. April 2015 – 1 StR 337/14, NStZ 2015, 514 [515] und Beschluss vom 4. Februar 2014 – 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, jeweils mwN).
56
b) Aber auch eine Fälschung beweiserheblicher Daten kann auf dieser Grundlage nicht angenommen werden. Denn die Speicherung oder Verände- rung beweiserheblicher Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr ist danach nur strafbar, wenn bei Wahrnehmung der manipulierten Daten eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde. Gleiches gilt für den täuschenden Gebrauch derartiger Daten (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 2003 – 3 StR 128/03; NStZ-RR 2003, 265 und vom 16. April 2015 – 1 StR 490/14, NStZ 2016, 42). Diese Voraussetzungen sind für die zwei fraglichen Fälle hier nicht belegt.
57
c) Auch eine Strafbarkeit nach anderen Vorschriften kommt für die Anmietung der Server unter diesen Umständen nicht in Betracht.
58
4. Angesichts des Zeitablaufs seit der Anmietung der Server ist auszuschließen , dass weitergehende, den Angeklagten belastende Feststellungen getroffen werden können. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Landgericht festgestellt hat, dass über die bekannten IP-Adressen keine Rückschlüsse mehr auf die Nutzer gezogen werden können. Andere Anhaltspunkte zur Erlangung von Informationen über die verwendeten Zugangsdaten bestehen nicht. Der Angeklagte war daher für diese beiden Fälle freizusprechen, § 354 Abs. 1 StPO.

IV.


59
1. Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
60
Der Gesamtstrafausspruch konnte trotz der Aufhebung der für diese zwei Fälle verhängten Einzelstrafen von zweimal zehn Monaten infolge des Freispruchs bestehen bleiben. Angesichts der maßvollen Erhöhung der Ein- satzstrafe von zwei Jahren und den für die 16 verbliebenen Fälle des Computerbetruges in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten verhängten Einzelstrafen von jeweils zehn Monaten, konnte der Senat ausschließen, dass die Änderung des Schuldspruchs und der Wegfall von zwei Einzelstrafen in Höhe von jeweils zehn Monaten Einfluss auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe gehabt hätte.
61
2. Im Hinblick auf die überlange Dauer des Revisionsverfahrens, die der Angeklagte nicht zu vertreten hat, war anzuordnen, dass hinsichtlich der Gesamtfreiheitsstrafe ein Monat als vollstreckt gilt.

V.


62
Die Anordnung des Verfalls der 86 Bitcoins sowie weiterer 1.730 Bitcoins erweist sich – bezüglich letztgenannten dem Grunde nach – als rechtsfehlerfrei. Sie hat allein insoweit keinen Bestand als der Verfall der weiteren 1.730 Bitcoins der Höhe nach nicht auf einen Betrag von 432.500 Euro begrenzt ist. Diesen begrenzenden Ausspruch hat der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachgeholt.
63
1. Hinsichtlich der Verfallsanordnung des Landgerichts kommt das vor dem 1. Juli 2017 geltende Recht zur Anwendung. Zwar finden ausweislich der einschlägigen Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (Art. 316h EGStGB) mit Inkrafttreten des Gesetzes auch für bereits laufende Verfahren grundsätzlich ausschließlich die neuen Regelungen Anwendung (vgl. dazu BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Allerdings sind gemäß Art. 316h Satz 2 EGStGB die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist. Dies ist hier der Fall, sodass die seit dem 1. Juli 2017 geltenden Vorschriften keine Anwendung finden.
64
2. Das Landgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass die Bitcoins aus der Tat, nämlich der Datenveränderung gemäß § 303a StGB erlangt wurden und gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB dem Verfall unterliegen.
65
a) Die mittels des Botnetzes generierten Bitcoins sind im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB aus der Tat erlangt. Aus der Tat sind danach alle Vermögenswerte erlangt, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen (BGH, Urteile vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299 [309]; vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227 [246] und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 [45 f.]; Beschlüsse vom 13. Februar 2014 – 1 StR 336/13, wistra 2014, 354 [358] und vom 17. März 2016 – 1 StR 628/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 19).
66
Durch die Datenveränderung wurde auf dem betroffenen Computersystem eine Verbindung zum Command-and-Control-Server über das Internet hergestellt , die vor dem Eingriff durch die Schadsoftware nicht stattgefunden hätte und auch nicht möglich gewesen wäre. Diese Internetverbindung wurde genutzt , um nach 120 Sekunden Inaktivität durch den Computersystemnutzer die Rechnerleistung von dessen Grafikkarte für die Rechenoperationen zu nutzen, die dem Schürfen der Bitcoins dienten. Durch die Nutzung der Rechenleistung erwarb der Angeklagte auch nicht lediglich eine Chance zum Schürfen von Bitcoins , die er erst später realisierte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. März 2002 – 5StR 138/01, BGHSt 47, 260 [269 f.]). Vielmehr flossen ihm die 1.816 Bitcoins ohne jeden weiteren Zwischenschritt, mithin unmittelbar durch die – wäh- rend der Nutzung der fremden Rechnerkapazitäten – andauernde Verwirklichung des Tatbestandes der Datenveränderung gemäß § 303a Abs. 1 StGB zu.
67
Erlangtes Etwas im Sinne der vorgenannten Vorschrift ist die Gesamtheit des materiell aus der Tat tatsächlich Erlangten (dazu BT-Drucks. 12/989, S. 23; vgl. auch Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 8). Hiervon werden – ungeachtet ihrer Rechtsnatur (vgl. hierzu Goger, MMR 2016, 431 [432 f.]; Heine, NStZ 2016, 441, 444; Rückert, MMR 2016, 295 [296]; Spindler/Bille, WM 2014, 1357 [1363] jeweils mwN) – auch Bitcoins erfasst. Sie stellen angesichts ihres Marktwertes einen realisierbaren Vermögenswert dar, für den der Angeklagte sowohl materiell Berechtigter ist als auch die faktische Verfügungsgewalt (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2009 – 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320 und vom 17. März 2016 – 1 StR 628/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 19) hat. Sie sind angesichts der Speicherung in der Blockchain und der Kombination aus öffentlichen und dem Angeklagten bekannten privaten Schlüssel der Wallet hinreichend abgrenzbar (vgl. hierzu Rückert aaO) und damit tauglicher, wenn auch nicht körperlicher Gegenstand einer Verfallsanordnung (Goger aaO; Heine aaO). Soweit dagegen geltend gemacht wird, Bitcoins könnten allein deswegen kein Verfallsgegenstand sein, da sie weder Sache noch Recht seien und deswegen der Wortlaut des § 73e aF StGB auf sie nicht anwendbar sei (Rückert aaO), kann dem nicht gefolgt werden. Die Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 aF StGB enthält gerade keine solche Begrenzung auf Sachen oder Rechte (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 9; Heine aaO; Spindler/Bille aaO; vgl. auch BT-Drucks. 12/989, S. 23). § 73e aF StGB kommt demgegenüber keine einschränkende Wirkung zu.
68

b) Ob der private Schlüssel für die Wallet den Ermittlungsbehörden bekannt ist, hat auf die Möglichkeit der Anordnung des Verfalls keine Auswirkung. Die Kenntnis dieses Schlüssels ist zwar Voraussetzung, um die faktische Verfügungsgewalt über die Bitcoins zu übernehmen. Dies betrifft aber allein die Vollstreckung der Verfallsentscheidung, lässt hingegen die Anordnung des Verfalls unberührt (Heine aaO 445). Soweit der private Schlüssel zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Verfall nicht bekannt ist, ist für die Vollstreckung der Anordnung des Verfalls die Mitwirkung des Angeklagten erforderlich. Ob diese erfolgt, kann bei der Entscheidung nicht beurteilt werden, weswegen es für die Anordnungsvoraussetzungen darauf nicht ankommen kann. Es handelt sich vielmehr um eine reine Vollstreckungsfrage.
69
c) Ansprüche von Verletzten stehen der Verfallsanordnung nicht entgegen. Nachdem sich die Ansprüche auf Beseitigung der Datenveränderung nicht auf die Rückerstattung des durch die Tat Erlangten richten (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73 aF Rn. 17), kommen insoweit nur Ansprüche von Verletzten in Betracht, die auf die Nutzung ihrer Grafikkarte für das Botnetz, also auf den hierdurch verbrauchten Strom bezogen sind. Da den betroffenen Computernutzern aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls die Möglichkeit fehlt, einen solchen zivilrechtlichen Anspruch schlüssig behaupten zu können, ihnen mithin kein durchsetzbarer Anspruch erwachsen ist, steht § 73 Abs. 1 Satz 2 aF StGB der Verfallsanordnung nicht entgegen (vgl. hierzu Heine aaO mwN).
70
Regelungsziel dieser Vorschrift ist es, den Angeklagten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen und ihm die Mittel zu belassen, die er zur Erfüllung der Ansprüche des Verletzten benötigt (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 680; Beschlüsse vom 10. November 2009 – 4 StR 443/09, NStZ 2010, 693 f. und vom 12. März 2015 – 2StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171). Sie steht also der Anordnung des Verfalls entgegen, wenn zumindest eine abstrakte Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171). Eine solche abstrakte Gefahr besteht zwar auch, wenn die durch die Taten des Angeklagten Geschädigten nicht ermittelt werden konnten und deren Feststellung auch künftig nicht zu erwarten, mithin mit der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den Angeklagten nicht zu rechnen ist (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2006 – 4 StR 223/06) oder die Geschädigten bisher tatsächlich untätig geblieben sind (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 680; vgl. auch Beschluss vom 9. Dezember 2014 – 3 StR 438/14). Die Gefahr der doppelten Inanspruchnahme entfällt aber, wenn eine erfolgreiche Durchsetzung der Forderung aus Rechtsgründen ausgeschlossen werden kann (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, 621 zum Verzicht und zur Verjährung).
71
So liegt es hier. Den Geschädigten ist es nicht möglich, den ihnen entstandenen Schaden zu beziffern. Hierzu müssten sie den gerade durch die Nutzung ihrer Grafikkarte für das Botnetz verbrauchten Strom plausibel machen können. Dies scheitert bereits daran, dass sie wegen der Besonderheit der Tat nicht bestimmen können, wann dies der Fall war. Danach ist es nicht lediglich aus tatsächlichen Gründen nicht (mehr) zu erwarten, dass die Geschädigten keine Ansprüche mehr geltend machen. Vielmehr scheidet es nach der Rechtslage aus, dass es noch zu einer Erfüllung der Ersatzforderung der betroffenen Computernutzer kommen könnte. Da das Risiko einer zumindest theoretischen Doppelbeanspruchung danach nicht besteht, wäre es mit dem Zweck der anzuwendenden Verfallsvorschriften – Abschöpfung des Taterlöses – unvereinbar , in diesem Fall über die Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 aF StGB dem Angeklagten die Möglichkeit zu eröffnen, sich die aus der Tat verschafften Vorteile zu sichern (Heine aaO).
72
3. Allerdings ist infolge der Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 432.500 Euro bezüglich der weiteren 1.730 Bitcoins im ersten Rechtsgang nunmehr gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO die Anordnung des Verfalls der Höhe nach auf diesen Betrag zu beschränken.
73
Durch das aus der Vorschrift resultierende und von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1959 – 2 StR 291/59, BGHSt 14, 5 [7]; Beschluss vom 3. April 2013 – 3 StR 60/13, StV 2014, 466; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 358 Rn. 13) Verbot der Schlechterstellung darf das angefochtene Urteil in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte , zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Denn der Angeklagte soll bei seiner Entscheidung darüber, ob er von einem ihm zustehenden Rechtsmittel Gebrauch machen will, nicht durch die Besorgnis beeinträchtigt werden, es könne ihm durch die Einlegung eines Rechtsmittels ein Nachteil entstehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. November 1999 – 3 StR 361/99, BGHSt 45, 308 [310] mwN).
74
Das Verschlechterungsverbot gilt auch für die Verfallsvorschriften (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 9. November 2010 – 4 StR 447/10, NStZ 2011, 229 und vom 6. Februar 2014 – 1 StR 577/13, wistra 2015, 29) und bewirkt, dass die Maßnahme im Falle einer Anordnung nicht über den ursprünglichen Gegenstand hinaus erweitert werden darf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 2013 – 5 StR 258/13, NStZ 2014, 32 und vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09, StraFo 2010, 207; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 331 Rn. 21; BeckOK StPO/Wiedner, 29. Ed., § 358 Rn. 24). Zwar bleibt die Vermögensabschöpfung auf die Bitcoins beschränkt und erfasst unmittelbar keinen darüber hinausgehenden Gegenstand. Das Entfallen der Wertgrenze für die Vermögensabschöpfung, die dem Angeklagten im ersten Rechtsgang als Begünstigung gewährt worden war, stellt aber nach der gebotenen faktischen Betrachtungsweise (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. August 2007 – 4 StR 212/07, StraFo 2007, 510) eine den Angeklagten – je nach volatiler Entwicklung der Bitcoins – möglicherweise ungleich stärker belastende und damit schwerere Rechtsfolge dar (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2010 – 2 StR 519/09, StraFo 2010, 207 und vom 3. April 2013 – 3 StR 60/13, StV 2014, 466). Der Angeklagte durfte darauf vertrauen, dass die neuerliche Vermögensabschöpfung nicht über einen Betrag von 432.500 Euro hinausgeht.

VI.


75
Die Kostenfolge für den freisprechenden Teil ergibt sich aus § 467 Abs. 1 StPO. Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht infolge des teilweisen Erfolgs des Rechtsmittels im Hinblick auf die Verfallsentscheidung auf § 473 Abs. 4 StPO.
Raum Graf Cirener Radtke Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 569/17
vom
6. Juni 2018
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
Für die Bestimmung des Wertersatzverfallsbetrages nach § 73a Satz 1
StGB aF sind Wertsteigerungen des Erlangten ab dem Zeitpunkt, zu welchem
die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls eingetreten sind, unbeachtlich.
BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018 – 4 StR 569/17 – LG Landau in der Pfalz
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
ECLI:DE:BGH:2018:060618B4STR569.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 6. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 2. Juni 2017, soweit es den Angeklagten betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Maßregelausspruch;
b) in den Aussprüchen über den Verfall sowie den Verfall des Wertersatzes. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2015 zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug von fünf Jahren und fünf Monaten der Strafe angeordnet. Ferner hat es einen Pkw Maserati Quattroporte des Angeklagten für verfallen erklärt, den Verfall des Wertersatzes in Höhe von zehn Millionen Euro angeordnet sowie ein Notebook und zwei Mobilfunkgeräte des Angeklagten eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts vertrieb der Angeklagte in der Zeit von Mai 2015 bis zu seiner Festnahme am 14. April 2016 unter dem Pseu- donym „z100“ als maßgeblicher Organisator unter Mitwirkung weiterer Perso- nen über das Internet Betäubungsmittel, insbesondere Amphetamin, Kokain, Crystal Meth, MDMA, Ecstasy, Marihuana und LSD. Die Betäubungsmittel wurden sowohl über einen mit üblichen Browsern aufrufbaren Webshop als auch über eine Plattform im sogenannten „Darknet“ angeboten. Die Bezahlung er- folgte nach den Vorgaben des Angeklagten ausschließlich in der virtuellen Internet -Währung Bitcoin. Die eingenommenen Bitcoins verwaltete der Angeklag- te mittels eines sogenannten Wallets, einer mit einer „elektronischen Geldbörse“ vergleichbaren Software. Über dieses Wallet wurden im Tatzeitraum für Be- täubungsmittelverkäufe 8.102 Einzahlungen über insgesamt 6.049,76731891 Bitcoins abgewickelt; diese hatten – ausgehend von einem Wert je Bitcoin von 1.740,33 Euro am 19. Mai 2017 – einen Gesamtwert von 10.528.591,55 Euro. Zum Zeitpunkt der Festnahme des Angeklagten wurden über sein Wallet noch 757 Bitcoins verwaltet, zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch etwa 400 Bitcoins.
3
Gegenstand der Verurteilung sind acht Taten, bei denen unter Mitwirkung des Angeklagten zwischen 10 kg und 45,35 kg – insgesamt 211,05 kg – Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 30 % Amphetaminbase sowie insgesamt 3 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10 % THC in den Niederlanden erworben und nach Deutschland verbracht wurden, von wo aus anschließend ihr Vertrieb über das Internet erfolgte.

II.


4
Die Revisionsbeschränkung durch den Verteidiger Prof. Dr. S. , nach der die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausgenommen sein soll, ist unwirksam, da sich das Rechtsmittel auch gegen den gesamten Schuldspruch richtet. In einem solchen Fall kann nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung nach § 64 StGB verzichtet werden, da die Feststellung einer Symptomtat unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Januar 2010 – 4 StR 504/09, NStZ-RR 2010, 171, 172; vom 26. August 2009 – 2 StR 302/09; MüKo-StGB/van Gemmeren, 3. Aufl., § 64 Rn. 129 mwN). Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass ohnehin die unbeschränkt eingelegte und damit weiter gehende Revision des Verteidigers N. für den Anfechtungsumfang maßgeblich wäre (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 344 Rn. 5).

III.


5
Die Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Januar 2018 genannten Gründen ohne Erfolg. Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:
6
Die in der Revisionsbegründung des Verteidigers N. erhobene Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung der Zeugin L. beanstandet wird, ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die ladungsfähige Anschrift der Zeugin nicht mitgeteilt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2013 – 4 StR 242/13; Beschluss vom 30. Juli 2014 – 4 StR 263/14; LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 368).

IV.


7
Die Sachrüge führt zur Aufhebung der Maßregelanordnung und zur Aufhebung der Verfallsentscheidungen; im Übrigen ist sie unbegründet.
8
1. Der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung nach § 74 StGB weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
9
2. Der Strafausspruch hat ebenfalls Bestand.
10
Näherer Erörterung bedarf insoweit nur die von der Strafkammer gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB vorgenommene nachträgliche Gesamtstrafenbildung.
11
Das Landgericht hat angenommen, dass neben den Einzelstrafen aus den Fällen 1 bis 3 auch die wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge verhängte Einzelstrafe aus Tat 4 (vier Jahre und sechs Monate) mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2015 gesamtstrafenfähig ist.
12
a) Eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt allerdings voraus, dass die einzubeziehende Tat im Zeitpunkt der Vorverurteilung im materiell-rechtlichen Sinne beendet ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 4 StR 259/17, juris Rn. 14; Beschluss vom 18. August 2015 – 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305). Da das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne der §§ 29 ff. BtMG erst beendet ist, wenn diese an den Abnehmer gelangt sind und die Gegenleistung erbracht ist (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 201; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 628), kommt es für die Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB insoweit nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Betäubungsmittelerwerbs, sondern auch auf etwaige nachfolgende Handelsakte an (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 423/14, juris Rn. 4).
13
b) Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils erfolgten der Erwerb und die Einfuhr der Betäubungsmittel in Tat 4 an einem nicht näher bezeichneten Tag im Oktober 2015. Damit war die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zwar im Oktober 2015 beendet, das tateinheitlich begangene Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge indes lediglich vollendet, denn die Betäubungsmittel wurden anschließend noch bestimmungsgemäß über das Internet vertrieben. Da die nächste Einfuhrfahrt (Tat 5) erst am 23. Dezember 2015 stattfand, erscheint es nicht ausgeschlossen , dass zum Zeitpunkt der Vorverurteilung durch das Amtsgericht Karlsruhe am 23. November 2015 noch nicht sämtliche im Rahmen von Tat 4 erworbenen Betäubungsmittel (30 kg Amphetamin und 2 kg Marihuana) abgesetzt waren.
14
c) Der genaue Zeitpunkt der Beendigung von Tat 4 kann hier jedoch letztlich dahinstehen, da der Senat auszuschließen vermag, dass das Landgericht ohne Berücksichtigung von Tat 4 auf eine niedrigere erste Gesamtstrafe erkannt hätte und der Angeklagte durch eine rechtsfehlerhafte Gesamtstrafenbildung beschwert wäre. Denn auch in diesem Fall verbliebe es bei Bildung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe bei einer Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (aus Tat 3). Dass das Landgericht angesichts der weiteren einzubeziehenden Strafen von vier Jahren, drei Jahren und sechs Monaten sowie einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe auch mit Blick auf das den Angeklagten treffende Gesamtstrafenübel eine noch geringere als die äußerst maßvoll bemessene Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren festgesetzt hätte, schließt der Senat aus.
15
3. Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn das angefochtene Urteil verhält sich nicht zu der Frage, ob die Gefahr besteht, dass der Angeklagte infolge seines Hanges zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (§ 64 Satz 1 StGB). Auch dem Zusammenhang der Urteilsgründe lässt sich die unterbliebene Gefährlichkeitsprognose nicht entnehmen. Deren gänzlich fehlende Erörterung erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft, da sich eine negative Prognose trotz des festgestellten Betäubungsmittelkonsums des Angeklagten nicht von selbst versteht.
16
4. Die Verfallsentscheidungen des Landgerichts – Anordnung des Verfalls bezüglich des Pkw Maserati sowie des Verfalls des Wertersatzes in Höhe von zehn Millionen Euro – haben ebenfalls keinen Bestand. Zwar ist die Strafkammer , die zutreffend das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht angewandt hat (§ 316h Satz 2 EGStGB), im Ausgangspunkt zurecht davon ausgegangen, dass Bitcoins als erlangte Vermögensvorteile dem Verfall unterliegen, so dass hieran auch die Anordnung des Wertersatzverfalls anknüpfen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 404 f.; Heine, NStZ 2016, 441, 444; Greier, wistra 2016, 249, 252 f.; Goger, MMR 2016, 431, 432 f.). Die vom Landgericht ausschließlich auf die Vorschriften der §§ 73, 73a StGB aF gestützten Verfallsanordnungen sind aber nicht tragfähig begründet, auch nicht in Bezug auf den für verfallen erklärten Pkw Maserati.
17
a) Das Landgericht ist bereits von einem zu weiten Anwendungsbereich der §§ 73, 73a StGB aF ausgegangen.
18
aa) Bei der Anordnung des Verfalls beziehungsweise des Verfalls des Wertersatzes nach §§ 73, 73a StGB aF muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, von der Anklage umfasst und Gegenstand der Verurteilung sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Mai 2012 – 4 StR 76/12, NStZ-RR 2012, 312; vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422 f.; vom 28. März 1979 – 2 StR 700/78, BGHSt 28, 369; MüKo-StGB/Joecks, 3. Aufl., § 73 Rn. 24). Eine Anordnung des Verfalls bzw. des Wertersatzverfalls nach §§ 73, 73a StGB aF für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten Straftaten ist unzulässig; insoweit kommt – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – nur der erweiterte Verfall nach § 73d StGB aF in Betracht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 – 1 StR 336/11, NStZ-RR 2012, 81, 82).
19
Die insoweit erforderliche Abgrenzung hat das Landgericht nicht vorgenommen. Den Urteilsgründen kann weder entnommen werden, in welchem Umfang die vom Angeklagten vereinnahmten Bitcoins den urteilsgegenständlichen Straftaten zuzuordnen sind, noch ist ersichtlich, ob der Pkw Maserati gerade durch Einnahmen aus den verfahrensgegenständlichen Straftaten finanziert worden ist.
20
Gegenstand der Verurteilung ist allein der Handel des Angeklagten mit insgesamt 211,05 kg Amphetamin und insgesamt 3 kg Marihuana in acht Fällen. Nur insoweit kamen Entscheidungen nach den §§ 73, 73a StGB aF in Betracht. In den Urteilsgründen werden den verfahrensgegenständlichen Taten jedoch keine Einnahmen – auch nicht im Wege einer Schätzung – zugeordnet, sondern es werden lediglich die Gesamteinnahmen des Angeklagten aus Betäubungsmittelverkäufen im Tatzeitraum benannt. Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte im Tatzeitraum jedoch neben Amphetamin und Marihuana zahlreiche weitere illegale Betäubungsmittel. Diesbezügliche Verkaufsmengen werden im angefochtenen Urteil zwar nicht im Einzelnen mitgeteilt. Dass auch dieser nicht verfahrensgegenständliche Handel von nennenswertem Umfang war, liegt aber bereits angesichts der im Depot der Tätergruppierung sichergestellten Betäubungsmittelvorräte nahe (u.a. etwa 1,3 kg Kokain; 4.158 Einheiten LSD; 4,6 kg MDMA in kristalliner Form; 5,1 kg MDMA in Form von Ecstasy-Pillen). Zudem ergibt sich aus den in den Urteilsgründen mitgeteilten, vom Angeklagten ungefähr erzielten Verkaufspreisen für Amphetamin und Marihuana, dass allein mit den verfahrensgegenständlichen Handelsmengen kein der Verfallsentscheidung entsprechender Betrag erwirtschaftet worden sein kann.
21
bb) Es kommt hier auch nicht in Betracht, die Verfallsanordnung ergänzend auf den – von der Strafkammer nicht in den Blick genommenen – erweiterten Verfall nach § 73d StGB aF zu stützen.
22
Die Vorschrift des § 73d StGB aF ist gegenüber §§ 73, 73a StGB aF subsidiär. Eine Anwendung des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB aF ist daher erst dann möglich, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen der §§ 73, 73a StGB aF erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Beschlüsse vom 11. Februar 2016 – 3 StR 486/15, juris Rn. 5; vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, NStZ 2014, 82, 83; vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423; LK-StGB/Schmidt, 12. Aufl., § 73d Rn. 11). Dies hindert es, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf § 73d StGB aF verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen der vorrangig anwendbaren §§ 73, 73a StGB zu prüfen sind (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2016 – 3 StR 486/15, aaO; vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, aaO).
23
Vorliegend liegt es nahe, dass etwaige weitere Straftaten des Angeklagten konkretisiert werden können, da im Verfahren alle Angeklagten geständige Angaben gemacht haben und die einzelnen Bestellvorgänge in weiten Teilen durch Bestelllisten dokumentiert sind.
24
b) Zudem erweist sich die Anordnung des Wertersatzverfalls der Höhe nach insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landgericht die Wertsteigerung der Bitcoins bis kurz vor Ende der erstinstanzlichen Hauptverhandlung berücksichtigt hat, obwohl der Angeklagte die Bitcoins bereits zum Zeitpunkt seiner Festnahme zum weit überwiegenden Teil nicht mehr innehatte.
25
aa) Nach § 73a Satz 1 StGB aF ordnet das Gericht, soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF abgesehen wird, den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Auf welchen Zeitpunkt für die Wertbestimmung abzustellen ist, ist bislang unterschiedlich beurteilt worden.
26
(1) Nach teilweise im Schrifttum vertretener Auffassung ist für die Wertbestimmung im Rahmen von § 73a Satz 1 StGB aF generell auf den Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung abzustellen (vgl. Altenhain in Matt/ Renzikowski, StGB, § 73a Rn. 2; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 73a Rn. 12; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 73a Rn. 4; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73a Rn. 3; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73a Rn. 13; NK-StGB/ Saliger, 5. Aufl., § 73a Rn. 6).
27
(2) Nach der Gegenansicht ist im Rahmen des § 73a Satz 1 StGB aF derjenige Zeitpunkt maßgeblich, zu welchem der Wertersatzanspruch als solcher entsteht; wird der Verfall des ursprünglich erlangten Gegenstandes im Sinne von § 73a Satz 1 Var. 2 StGB aF nachträglich unmöglich, soll daher auf den Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit abzustellen sein (vgl. MüKo-StGB/ Joecks, aaO, § 73a Rn. 17; SK-StGB/Wolters, 9. Aufl., § 73a Rn. 3; Lindemann in Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 73a Rn. 6; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 67 f.; Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, 2002, S. 117). Dieser Auffassung hat sich zuletzt das Oberlandesgericht Stuttgart bezüglich des maßgeblichen Verkehrswertes von ursprünglich erlangten Aktien angeschlossen (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Juni 2014 – 2 Ss 541/13, AG 2015, 45, 46 f.).
28
bb) Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung insoweit, als für die Bestimmung des Wertersatzverfallsbetrages nach § 73a Satz 1 StGB aF Wert- steigerungen des Erlangten ab dem Zeitpunkt, zu welchem die Voraussetzungen dieser Vorschrift eingetreten sind, unbeachtlich sind; bei nachträglicher Unmöglichkeit des unmittelbaren Verfalls im Sinne des § 73a Satz 1 Var. 2 StGB aF bleiben ab diesem Zeitpunkt eintretende Wertsteigerungen somit außer Betracht (in diese Richtung weist auch die Gesetzesbegründung für die ab dem 1. Juli 2017 geltende Vorschrift des § 73c StGB, die die Einziehung des Wertes von Taterträgen regelt und die inhaltlich die Vorschrift des § 73a StGB aF übernommen hat, vgl. BT-Drucks. 18/1925, S. 67; Köhler, NStZ 2017, 497, 504).
29
Während sich weder aus dem Wortlaut des § 73a Satz 1 StGB aF noch aus der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drucks. 5/4095, S. 40) für die vorliegende Frage etwas ergibt, sprechen für dieses Verständnis Sinn und Zweck der Verfallsvorschriften. Diese haben das Ziel, dem illegitimen Empfänger die durch eine rechtswidrige Tat erlangten Vermögensvorteile wieder abzunehmen (LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73 Rn. 7; MüKo-StGB/Joecks, aaO, § 73 Rn. 4; SK-StGB/Wolters, aaO, § 73 Rn. 7; Güntert, aaO, S. 68). Dabei muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter aus der Tat gezogen hat (BGH, Urteile vom 27. November 2013 – 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 92; vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73 Rn. 19; Wiedner in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts - und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 73 StGB Rn. 23).
30
Wertsteigerungen, die der ursprünglich erlangte Gegenstand erfährt, nachdem der Täter diesen nicht mehr innehat, kommen dem Tätervermögen jedoch nicht mehr zugute. Würde man gleichwohl solche nachträglichen Wertzuwächse im Rahmen von § 73a StGB aF berücksichtigen, orientierte sich die Abschöpfung an einem Wert, der von dem Täter zu keinem Zeitpunkt seiner Verfügungsgewalt über das Erlangte hätte realisiert werden können (vgl. OLG Stuttgart, aaO; MüKo-StGB/Joecks, aaO; Güntert, aaO, S. 68; Wallschläger, aaO, S. 117). Dies ginge aber über die genannte Zielsetzung des Verfalls – spiegelbildliche Abschöpfung illegitim erlangter Vermögensvorteile – hinaus. Eine solchermaßen verschärfte Haftung rechtfertigt sich auch nicht aufgrund des Rechtscharakters des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB aF, da dieses Institut lediglich der Lückenschließung für Fälle dient, in denen ein an sich zulässiger Verfall des erlangten Tatvorteils aus bestimmten Gründen nicht möglich ist (Eser in Schönke/Schröder, aaO, § 73a Rn. 1; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73a Rn. 2; Güntert, aaO, S. 67; Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, S. 89). Mit dieser bloßen Auffangfunktion ist eine über die illegitime Vermögensmehrung hinausgehende Haftung nicht vereinbar.
31
cc) Gemessen daran hätte die Strafkammer bei der Ermittlung des Wertersatzverfallsbetrages nicht auf den Wert der Bitcoins, den diese zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung hatten, abstellen dürfen.
32
dd) Der vorliegenden Entscheidung steht nicht die zu § 401 der Reichsabgabenordnung (RAbgO) ergangene Entscheidung des 1. Ferienstrafsenats vom 27. August 1953 (1 StR 781/52, BGHSt 4, 305 ff.) entgegen. Die Vorschrift des § 401 RAbgO ermöglichte in Abs. 1 die Einziehung der steuerpflichtigen Erzeugnisse und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer eine Steuerhinterziehung begangen worden war, sowie der zur Tatbegehung genutzten Beförderungsmittel; Abs. 2 sah im Fall einer nicht mehr vollziehbaren Einziehung die Auferlegung einer Wertersatzleistung vor. Für die Bemessung dieser Wert- ersatzleistung war der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung als maßgeblich erachtet worden (BGH, aaO).
33
Hieraus ergibt sich keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG (vgl. auch OLG Stuttgart, aaO). Die Entscheidung vom 27. August 1953 betraf ein anderes, inzwischen aufgehobenes Gesetz. Das Verfallsrecht der §§ 73 ff. StGB aF wurde dagegen erst durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717 ff.) zum 1. Januar 1975 eingeführt und geht in seinem Anwendungsbereich deutlich über die Einziehung nach § 401 RAbgO hinaus. Zudem war die Einziehung nach § 401 RAbgO – anders als der Verfall – als Nebenstrafe ausgestaltet (vgl. Hartung, Das Steuerstrafrecht, 2. Aufl. [1956], S. 106 und 109).
34
c) Es kommt schließlich nicht mehr entscheidend darauf an, dass auch die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB aF durch das Landgericht durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, da es in Anwendung dieser Vorschrift lediglich den von ihm aufgrund der erlangten Bitcoins errechneten Betrag von 10.528.591,55 Euro auf zehn Millionen Euro reduziert, sich aber nicht in tragfähiger Weise damit auseinandergesetzt hat, ob der Wert des Erlangten auch insoweit noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB; zur Prüfungsreihenfolge BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2015 – 4 StR 265/15, NStZ-RR 2015, 307; vom 21. März 2013 – 3 StR 52/13, StV 2013, 630; jeweils mwN).
35
Das Landgericht hat seine Annahme, der Verfallsbetrag von zehn Millionen Euro sei noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden, allein auf die Erwägung gestützt, der Angeklagte habe Interesse an Immobilien in Belgrad, Amsterdam und Brüssel bekundet. Aus dem bloßen, nicht näher spezifizierten Interesse an Immobilien ergibt sich jedoch nicht, dass der Angeklagte über erhebliche finanzielle Mittel verfügte.
36
5. a) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat – mit Blick auf die Ausführungen des Landgerichts auf UA 127 – darauf hin, dass es auf die Möglichkeit der Anordnung eines unmittelbaren Verfalls von Bitcoins nach § 73 StGB aF ohne Auswirkung ist, ob den Ermittlungsbehörden der private Schlüssel für das Wallet bekannt ist. Die Erlangung der faktischen Verfügungsgewalt über die Bitcoins setzt zwar die Kenntnis des privaten Schlüssels voraus; die mit einer Nichtkenntnis verbundenen tatsächlichen Hindernisse betreffen aber allein die Vollstreckung der Verfallsentscheidung und lassen die Anordnung des Verfalls unberührt (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 405; Heine, NStZ 2016, 441, 445).
37
b) Auch das neue Tatgericht wird bei den zu treffenden Verfallsentscheidungen das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht anzuwenden haben (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2018 – 4 StR 568/17, NJW 2018, 1831, 1832).
Sost-Scheible Franke Bender
Quentin Feilcke

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

6
Die erweiterte Einziehung von Taterträgen beim Angeklagten gemäß § 73a Abs. 1 StGB setzt voraus, dass das Tatgericht aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung die uneingeschränkte Überzeugung gewonnen hat, der Angeklagte habe die betreffenden Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt, ohne dass diese selbst im Einzelnen festgestellt werden müssten (vgl. zu § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB aF BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371, 372 f.). Die Vorschrift des § 73a StGB ist zudem gegenüber § 73 StGB subsidiär (vgl. zum Verhältnis von § 73d StGB aF zu § 73 StGB aF BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2). Eine erweiterte Einziehung von Taterträgen beim Täter kommt deshalb erst dann in Betracht, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (BGH aaO). Die Neufassung der Bestimmungen durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) hat insoweit zu keiner sachlichen Änderung geführt (vgl. Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 670 [Fn. 51] unter Hinweis auf BT-Drucks. 18/9525, S. 66).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 569/17
vom
6. Juni 2018
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
Für die Bestimmung des Wertersatzverfallsbetrages nach § 73a Satz 1
StGB aF sind Wertsteigerungen des Erlangten ab dem Zeitpunkt, zu welchem
die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls eingetreten sind, unbeachtlich.
BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018 – 4 StR 569/17 – LG Landau in der Pfalz
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
ECLI:DE:BGH:2018:060618B4STR569.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 6. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 2. Juni 2017, soweit es den Angeklagten betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Maßregelausspruch;
b) in den Aussprüchen über den Verfall sowie den Verfall des Wertersatzes. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2015 zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug von fünf Jahren und fünf Monaten der Strafe angeordnet. Ferner hat es einen Pkw Maserati Quattroporte des Angeklagten für verfallen erklärt, den Verfall des Wertersatzes in Höhe von zehn Millionen Euro angeordnet sowie ein Notebook und zwei Mobilfunkgeräte des Angeklagten eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts vertrieb der Angeklagte in der Zeit von Mai 2015 bis zu seiner Festnahme am 14. April 2016 unter dem Pseu- donym „z100“ als maßgeblicher Organisator unter Mitwirkung weiterer Perso- nen über das Internet Betäubungsmittel, insbesondere Amphetamin, Kokain, Crystal Meth, MDMA, Ecstasy, Marihuana und LSD. Die Betäubungsmittel wurden sowohl über einen mit üblichen Browsern aufrufbaren Webshop als auch über eine Plattform im sogenannten „Darknet“ angeboten. Die Bezahlung er- folgte nach den Vorgaben des Angeklagten ausschließlich in der virtuellen Internet -Währung Bitcoin. Die eingenommenen Bitcoins verwaltete der Angeklag- te mittels eines sogenannten Wallets, einer mit einer „elektronischen Geldbörse“ vergleichbaren Software. Über dieses Wallet wurden im Tatzeitraum für Be- täubungsmittelverkäufe 8.102 Einzahlungen über insgesamt 6.049,76731891 Bitcoins abgewickelt; diese hatten – ausgehend von einem Wert je Bitcoin von 1.740,33 Euro am 19. Mai 2017 – einen Gesamtwert von 10.528.591,55 Euro. Zum Zeitpunkt der Festnahme des Angeklagten wurden über sein Wallet noch 757 Bitcoins verwaltet, zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch etwa 400 Bitcoins.
3
Gegenstand der Verurteilung sind acht Taten, bei denen unter Mitwirkung des Angeklagten zwischen 10 kg und 45,35 kg – insgesamt 211,05 kg – Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 30 % Amphetaminbase sowie insgesamt 3 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10 % THC in den Niederlanden erworben und nach Deutschland verbracht wurden, von wo aus anschließend ihr Vertrieb über das Internet erfolgte.

II.


4
Die Revisionsbeschränkung durch den Verteidiger Prof. Dr. S. , nach der die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausgenommen sein soll, ist unwirksam, da sich das Rechtsmittel auch gegen den gesamten Schuldspruch richtet. In einem solchen Fall kann nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung nach § 64 StGB verzichtet werden, da die Feststellung einer Symptomtat unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Januar 2010 – 4 StR 504/09, NStZ-RR 2010, 171, 172; vom 26. August 2009 – 2 StR 302/09; MüKo-StGB/van Gemmeren, 3. Aufl., § 64 Rn. 129 mwN). Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass ohnehin die unbeschränkt eingelegte und damit weiter gehende Revision des Verteidigers N. für den Anfechtungsumfang maßgeblich wäre (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 344 Rn. 5).

III.


5
Die Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Januar 2018 genannten Gründen ohne Erfolg. Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:
6
Die in der Revisionsbegründung des Verteidigers N. erhobene Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung der Zeugin L. beanstandet wird, ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die ladungsfähige Anschrift der Zeugin nicht mitgeteilt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2013 – 4 StR 242/13; Beschluss vom 30. Juli 2014 – 4 StR 263/14; LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 368).

IV.


7
Die Sachrüge führt zur Aufhebung der Maßregelanordnung und zur Aufhebung der Verfallsentscheidungen; im Übrigen ist sie unbegründet.
8
1. Der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung nach § 74 StGB weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
9
2. Der Strafausspruch hat ebenfalls Bestand.
10
Näherer Erörterung bedarf insoweit nur die von der Strafkammer gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB vorgenommene nachträgliche Gesamtstrafenbildung.
11
Das Landgericht hat angenommen, dass neben den Einzelstrafen aus den Fällen 1 bis 3 auch die wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge verhängte Einzelstrafe aus Tat 4 (vier Jahre und sechs Monate) mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2015 gesamtstrafenfähig ist.
12
a) Eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt allerdings voraus, dass die einzubeziehende Tat im Zeitpunkt der Vorverurteilung im materiell-rechtlichen Sinne beendet ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 4 StR 259/17, juris Rn. 14; Beschluss vom 18. August 2015 – 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305). Da das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne der §§ 29 ff. BtMG erst beendet ist, wenn diese an den Abnehmer gelangt sind und die Gegenleistung erbracht ist (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 201; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 628), kommt es für die Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB insoweit nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Betäubungsmittelerwerbs, sondern auch auf etwaige nachfolgende Handelsakte an (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 423/14, juris Rn. 4).
13
b) Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils erfolgten der Erwerb und die Einfuhr der Betäubungsmittel in Tat 4 an einem nicht näher bezeichneten Tag im Oktober 2015. Damit war die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zwar im Oktober 2015 beendet, das tateinheitlich begangene Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge indes lediglich vollendet, denn die Betäubungsmittel wurden anschließend noch bestimmungsgemäß über das Internet vertrieben. Da die nächste Einfuhrfahrt (Tat 5) erst am 23. Dezember 2015 stattfand, erscheint es nicht ausgeschlossen , dass zum Zeitpunkt der Vorverurteilung durch das Amtsgericht Karlsruhe am 23. November 2015 noch nicht sämtliche im Rahmen von Tat 4 erworbenen Betäubungsmittel (30 kg Amphetamin und 2 kg Marihuana) abgesetzt waren.
14
c) Der genaue Zeitpunkt der Beendigung von Tat 4 kann hier jedoch letztlich dahinstehen, da der Senat auszuschließen vermag, dass das Landgericht ohne Berücksichtigung von Tat 4 auf eine niedrigere erste Gesamtstrafe erkannt hätte und der Angeklagte durch eine rechtsfehlerhafte Gesamtstrafenbildung beschwert wäre. Denn auch in diesem Fall verbliebe es bei Bildung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe bei einer Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (aus Tat 3). Dass das Landgericht angesichts der weiteren einzubeziehenden Strafen von vier Jahren, drei Jahren und sechs Monaten sowie einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe auch mit Blick auf das den Angeklagten treffende Gesamtstrafenübel eine noch geringere als die äußerst maßvoll bemessene Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren festgesetzt hätte, schließt der Senat aus.
15
3. Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn das angefochtene Urteil verhält sich nicht zu der Frage, ob die Gefahr besteht, dass der Angeklagte infolge seines Hanges zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (§ 64 Satz 1 StGB). Auch dem Zusammenhang der Urteilsgründe lässt sich die unterbliebene Gefährlichkeitsprognose nicht entnehmen. Deren gänzlich fehlende Erörterung erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft, da sich eine negative Prognose trotz des festgestellten Betäubungsmittelkonsums des Angeklagten nicht von selbst versteht.
16
4. Die Verfallsentscheidungen des Landgerichts – Anordnung des Verfalls bezüglich des Pkw Maserati sowie des Verfalls des Wertersatzes in Höhe von zehn Millionen Euro – haben ebenfalls keinen Bestand. Zwar ist die Strafkammer , die zutreffend das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht angewandt hat (§ 316h Satz 2 EGStGB), im Ausgangspunkt zurecht davon ausgegangen, dass Bitcoins als erlangte Vermögensvorteile dem Verfall unterliegen, so dass hieran auch die Anordnung des Wertersatzverfalls anknüpfen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 404 f.; Heine, NStZ 2016, 441, 444; Greier, wistra 2016, 249, 252 f.; Goger, MMR 2016, 431, 432 f.). Die vom Landgericht ausschließlich auf die Vorschriften der §§ 73, 73a StGB aF gestützten Verfallsanordnungen sind aber nicht tragfähig begründet, auch nicht in Bezug auf den für verfallen erklärten Pkw Maserati.
17
a) Das Landgericht ist bereits von einem zu weiten Anwendungsbereich der §§ 73, 73a StGB aF ausgegangen.
18
aa) Bei der Anordnung des Verfalls beziehungsweise des Verfalls des Wertersatzes nach §§ 73, 73a StGB aF muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, von der Anklage umfasst und Gegenstand der Verurteilung sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Mai 2012 – 4 StR 76/12, NStZ-RR 2012, 312; vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422 f.; vom 28. März 1979 – 2 StR 700/78, BGHSt 28, 369; MüKo-StGB/Joecks, 3. Aufl., § 73 Rn. 24). Eine Anordnung des Verfalls bzw. des Wertersatzverfalls nach §§ 73, 73a StGB aF für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten Straftaten ist unzulässig; insoweit kommt – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – nur der erweiterte Verfall nach § 73d StGB aF in Betracht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 – 1 StR 336/11, NStZ-RR 2012, 81, 82).
19
Die insoweit erforderliche Abgrenzung hat das Landgericht nicht vorgenommen. Den Urteilsgründen kann weder entnommen werden, in welchem Umfang die vom Angeklagten vereinnahmten Bitcoins den urteilsgegenständlichen Straftaten zuzuordnen sind, noch ist ersichtlich, ob der Pkw Maserati gerade durch Einnahmen aus den verfahrensgegenständlichen Straftaten finanziert worden ist.
20
Gegenstand der Verurteilung ist allein der Handel des Angeklagten mit insgesamt 211,05 kg Amphetamin und insgesamt 3 kg Marihuana in acht Fällen. Nur insoweit kamen Entscheidungen nach den §§ 73, 73a StGB aF in Betracht. In den Urteilsgründen werden den verfahrensgegenständlichen Taten jedoch keine Einnahmen – auch nicht im Wege einer Schätzung – zugeordnet, sondern es werden lediglich die Gesamteinnahmen des Angeklagten aus Betäubungsmittelverkäufen im Tatzeitraum benannt. Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte im Tatzeitraum jedoch neben Amphetamin und Marihuana zahlreiche weitere illegale Betäubungsmittel. Diesbezügliche Verkaufsmengen werden im angefochtenen Urteil zwar nicht im Einzelnen mitgeteilt. Dass auch dieser nicht verfahrensgegenständliche Handel von nennenswertem Umfang war, liegt aber bereits angesichts der im Depot der Tätergruppierung sichergestellten Betäubungsmittelvorräte nahe (u.a. etwa 1,3 kg Kokain; 4.158 Einheiten LSD; 4,6 kg MDMA in kristalliner Form; 5,1 kg MDMA in Form von Ecstasy-Pillen). Zudem ergibt sich aus den in den Urteilsgründen mitgeteilten, vom Angeklagten ungefähr erzielten Verkaufspreisen für Amphetamin und Marihuana, dass allein mit den verfahrensgegenständlichen Handelsmengen kein der Verfallsentscheidung entsprechender Betrag erwirtschaftet worden sein kann.
21
bb) Es kommt hier auch nicht in Betracht, die Verfallsanordnung ergänzend auf den – von der Strafkammer nicht in den Blick genommenen – erweiterten Verfall nach § 73d StGB aF zu stützen.
22
Die Vorschrift des § 73d StGB aF ist gegenüber §§ 73, 73a StGB aF subsidiär. Eine Anwendung des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB aF ist daher erst dann möglich, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen der §§ 73, 73a StGB aF erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Beschlüsse vom 11. Februar 2016 – 3 StR 486/15, juris Rn. 5; vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, NStZ 2014, 82, 83; vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423; LK-StGB/Schmidt, 12. Aufl., § 73d Rn. 11). Dies hindert es, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf § 73d StGB aF verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen der vorrangig anwendbaren §§ 73, 73a StGB zu prüfen sind (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2016 – 3 StR 486/15, aaO; vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, aaO).
23
Vorliegend liegt es nahe, dass etwaige weitere Straftaten des Angeklagten konkretisiert werden können, da im Verfahren alle Angeklagten geständige Angaben gemacht haben und die einzelnen Bestellvorgänge in weiten Teilen durch Bestelllisten dokumentiert sind.
24
b) Zudem erweist sich die Anordnung des Wertersatzverfalls der Höhe nach insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landgericht die Wertsteigerung der Bitcoins bis kurz vor Ende der erstinstanzlichen Hauptverhandlung berücksichtigt hat, obwohl der Angeklagte die Bitcoins bereits zum Zeitpunkt seiner Festnahme zum weit überwiegenden Teil nicht mehr innehatte.
25
aa) Nach § 73a Satz 1 StGB aF ordnet das Gericht, soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF abgesehen wird, den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Auf welchen Zeitpunkt für die Wertbestimmung abzustellen ist, ist bislang unterschiedlich beurteilt worden.
26
(1) Nach teilweise im Schrifttum vertretener Auffassung ist für die Wertbestimmung im Rahmen von § 73a Satz 1 StGB aF generell auf den Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung abzustellen (vgl. Altenhain in Matt/ Renzikowski, StGB, § 73a Rn. 2; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 73a Rn. 12; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 73a Rn. 4; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73a Rn. 3; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73a Rn. 13; NK-StGB/ Saliger, 5. Aufl., § 73a Rn. 6).
27
(2) Nach der Gegenansicht ist im Rahmen des § 73a Satz 1 StGB aF derjenige Zeitpunkt maßgeblich, zu welchem der Wertersatzanspruch als solcher entsteht; wird der Verfall des ursprünglich erlangten Gegenstandes im Sinne von § 73a Satz 1 Var. 2 StGB aF nachträglich unmöglich, soll daher auf den Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit abzustellen sein (vgl. MüKo-StGB/ Joecks, aaO, § 73a Rn. 17; SK-StGB/Wolters, 9. Aufl., § 73a Rn. 3; Lindemann in Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 73a Rn. 6; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 67 f.; Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, 2002, S. 117). Dieser Auffassung hat sich zuletzt das Oberlandesgericht Stuttgart bezüglich des maßgeblichen Verkehrswertes von ursprünglich erlangten Aktien angeschlossen (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Juni 2014 – 2 Ss 541/13, AG 2015, 45, 46 f.).
28
bb) Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung insoweit, als für die Bestimmung des Wertersatzverfallsbetrages nach § 73a Satz 1 StGB aF Wert- steigerungen des Erlangten ab dem Zeitpunkt, zu welchem die Voraussetzungen dieser Vorschrift eingetreten sind, unbeachtlich sind; bei nachträglicher Unmöglichkeit des unmittelbaren Verfalls im Sinne des § 73a Satz 1 Var. 2 StGB aF bleiben ab diesem Zeitpunkt eintretende Wertsteigerungen somit außer Betracht (in diese Richtung weist auch die Gesetzesbegründung für die ab dem 1. Juli 2017 geltende Vorschrift des § 73c StGB, die die Einziehung des Wertes von Taterträgen regelt und die inhaltlich die Vorschrift des § 73a StGB aF übernommen hat, vgl. BT-Drucks. 18/1925, S. 67; Köhler, NStZ 2017, 497, 504).
29
Während sich weder aus dem Wortlaut des § 73a Satz 1 StGB aF noch aus der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drucks. 5/4095, S. 40) für die vorliegende Frage etwas ergibt, sprechen für dieses Verständnis Sinn und Zweck der Verfallsvorschriften. Diese haben das Ziel, dem illegitimen Empfänger die durch eine rechtswidrige Tat erlangten Vermögensvorteile wieder abzunehmen (LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73 Rn. 7; MüKo-StGB/Joecks, aaO, § 73 Rn. 4; SK-StGB/Wolters, aaO, § 73 Rn. 7; Güntert, aaO, S. 68). Dabei muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter aus der Tat gezogen hat (BGH, Urteile vom 27. November 2013 – 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 92; vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73 Rn. 19; Wiedner in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts - und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 73 StGB Rn. 23).
30
Wertsteigerungen, die der ursprünglich erlangte Gegenstand erfährt, nachdem der Täter diesen nicht mehr innehat, kommen dem Tätervermögen jedoch nicht mehr zugute. Würde man gleichwohl solche nachträglichen Wertzuwächse im Rahmen von § 73a StGB aF berücksichtigen, orientierte sich die Abschöpfung an einem Wert, der von dem Täter zu keinem Zeitpunkt seiner Verfügungsgewalt über das Erlangte hätte realisiert werden können (vgl. OLG Stuttgart, aaO; MüKo-StGB/Joecks, aaO; Güntert, aaO, S. 68; Wallschläger, aaO, S. 117). Dies ginge aber über die genannte Zielsetzung des Verfalls – spiegelbildliche Abschöpfung illegitim erlangter Vermögensvorteile – hinaus. Eine solchermaßen verschärfte Haftung rechtfertigt sich auch nicht aufgrund des Rechtscharakters des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB aF, da dieses Institut lediglich der Lückenschließung für Fälle dient, in denen ein an sich zulässiger Verfall des erlangten Tatvorteils aus bestimmten Gründen nicht möglich ist (Eser in Schönke/Schröder, aaO, § 73a Rn. 1; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73a Rn. 2; Güntert, aaO, S. 67; Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, S. 89). Mit dieser bloßen Auffangfunktion ist eine über die illegitime Vermögensmehrung hinausgehende Haftung nicht vereinbar.
31
cc) Gemessen daran hätte die Strafkammer bei der Ermittlung des Wertersatzverfallsbetrages nicht auf den Wert der Bitcoins, den diese zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung hatten, abstellen dürfen.
32
dd) Der vorliegenden Entscheidung steht nicht die zu § 401 der Reichsabgabenordnung (RAbgO) ergangene Entscheidung des 1. Ferienstrafsenats vom 27. August 1953 (1 StR 781/52, BGHSt 4, 305 ff.) entgegen. Die Vorschrift des § 401 RAbgO ermöglichte in Abs. 1 die Einziehung der steuerpflichtigen Erzeugnisse und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer eine Steuerhinterziehung begangen worden war, sowie der zur Tatbegehung genutzten Beförderungsmittel; Abs. 2 sah im Fall einer nicht mehr vollziehbaren Einziehung die Auferlegung einer Wertersatzleistung vor. Für die Bemessung dieser Wert- ersatzleistung war der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung als maßgeblich erachtet worden (BGH, aaO).
33
Hieraus ergibt sich keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG (vgl. auch OLG Stuttgart, aaO). Die Entscheidung vom 27. August 1953 betraf ein anderes, inzwischen aufgehobenes Gesetz. Das Verfallsrecht der §§ 73 ff. StGB aF wurde dagegen erst durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717 ff.) zum 1. Januar 1975 eingeführt und geht in seinem Anwendungsbereich deutlich über die Einziehung nach § 401 RAbgO hinaus. Zudem war die Einziehung nach § 401 RAbgO – anders als der Verfall – als Nebenstrafe ausgestaltet (vgl. Hartung, Das Steuerstrafrecht, 2. Aufl. [1956], S. 106 und 109).
34
c) Es kommt schließlich nicht mehr entscheidend darauf an, dass auch die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB aF durch das Landgericht durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, da es in Anwendung dieser Vorschrift lediglich den von ihm aufgrund der erlangten Bitcoins errechneten Betrag von 10.528.591,55 Euro auf zehn Millionen Euro reduziert, sich aber nicht in tragfähiger Weise damit auseinandergesetzt hat, ob der Wert des Erlangten auch insoweit noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB; zur Prüfungsreihenfolge BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2015 – 4 StR 265/15, NStZ-RR 2015, 307; vom 21. März 2013 – 3 StR 52/13, StV 2013, 630; jeweils mwN).
35
Das Landgericht hat seine Annahme, der Verfallsbetrag von zehn Millionen Euro sei noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden, allein auf die Erwägung gestützt, der Angeklagte habe Interesse an Immobilien in Belgrad, Amsterdam und Brüssel bekundet. Aus dem bloßen, nicht näher spezifizierten Interesse an Immobilien ergibt sich jedoch nicht, dass der Angeklagte über erhebliche finanzielle Mittel verfügte.
36
5. a) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat – mit Blick auf die Ausführungen des Landgerichts auf UA 127 – darauf hin, dass es auf die Möglichkeit der Anordnung eines unmittelbaren Verfalls von Bitcoins nach § 73 StGB aF ohne Auswirkung ist, ob den Ermittlungsbehörden der private Schlüssel für das Wallet bekannt ist. Die Erlangung der faktischen Verfügungsgewalt über die Bitcoins setzt zwar die Kenntnis des privaten Schlüssels voraus; die mit einer Nichtkenntnis verbundenen tatsächlichen Hindernisse betreffen aber allein die Vollstreckung der Verfallsentscheidung und lassen die Anordnung des Verfalls unberührt (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 405; Heine, NStZ 2016, 441, 445).
37
b) Auch das neue Tatgericht wird bei den zu treffenden Verfallsentscheidungen das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht anzuwenden haben (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2018 – 4 StR 568/17, NJW 2018, 1831, 1832).
Sost-Scheible Franke Bender
Quentin Feilcke

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 603/18
vom
17. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:170419B5STR603.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Mai 2018 aufgehoben, soweit die Einziehung des Pkw Daimler Benz 124C AMG (Fahrzeug-IdentNummer ) angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe eines Teilbetrages von 3.480 Euro gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnet wird.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung , Diebstahls in zwei Fällen, Beleidigung und unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Zudem hat es mehrere Einziehungsanordnungen getroffen. Das auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist seine Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Urteilsfeststellungen erlangte der Angeklagte die (Mit )Verfügungsgewalt über den Ertrag aus der Tat 3 gemeinsam mit zwei unbekannten Mittätern. Er haftet daher insoweit als Gesamtschuldner, was im Tenor zum Ausdruck zu bringen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2018 – 1 StR 527/18). Der Senat holt dies in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nach.
3
2. Die auf § 73a StGB gestützte Einziehung des in der Beschlussformel bezeichneten Pkw des Angeklagten hat keinen Bestand.
4
a) Zwar ist das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das Bargeld in Höhe von 25.000 Euro, mit dem der Angeklagte das Fahrzeug erworben hat, aus einer – nicht konkret feststellbaren – rechtswidrigen Tat stammt, weshalb die erweiterte Einziehung eines entsprechenden Geldbetrages gemäß § 73a Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB anzuordnen gewesen wäre. § 73a StGB bietet aber keine Rechtsgrundlage für die erweiterte Einziehung des damit erworbenen Surrogates in Gestalt des Pkw. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift können Gegenstände des Beteiligten nur dann gemäß § 73a Abs. 1 StGB eingezogen werden, wenn „diese Gegenstände“ durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt worden sind. Die hier angeordnete erweiterte Einziehung eines Surrogates bedürfte daher einer gesonderten rechtlichen Grundlage in Form einer ausdrücklichen Ermächtigung oder eines Verweises auf die Surrogateinziehung in § 73 Abs. 3 StGB. § 73a StGB enthält aber weder das eine noch – im Gegensatz zu § 73d StGB aF (vgl. insofern BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 – 1 StR 115/04) – das andere (vgl. auch Schönke/Schröder – E- ser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73a Rn. 8; a.A. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73a Rn. 14 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zu § 73d StGB aF).
5
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO), da mangels Feststellungen zum tatsächlichen Wert des Pkw nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser im Anordnungszeitpunkt über dem nach §§ 73a, 73c StGB einzuziehenden Geldbetrag von 25.000 Euro lag.
6
Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
7
b) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
8
Aufgrund der rechtskräftigen Feststellungen unterläge der erweiterten Einziehung nach §§ 73a, 73c StGB eigentlich ein Geldbetrag von 25.000 Euro. Wegen des Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) ist die Höhe der Einziehungsanordnung nunmehr jedoch durch den Wert des im Tenor bezeichneten Pkw des Angeklagten begrenzt, der im Rahmen der Vollstreckung der Entscheidung verwertet (vgl. § 459g Abs. 2 i.V.m. 459 StPO, § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG, §§ 808 ff. ZPO) und zu deren Sicherung aufgrund eines Vermögensarrestes gepfändet werden kann (vgl. §§ 111e ff. StPO).
9
3. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Der Senat bemerkt insoweit ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts: Die Beweiswürdigung zur Täterschaft des Angeklagten erweist sich auch betreffend die Taten 2 und 3 als rechtsfehlerfrei.
10
a) Insbesondere ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht bei der Darstellung der Ergebnisse der molekulargenetischen Gutachten auf die Mitteilung beschränkt hat, dass die an der Tatortspur nachgewiesene DNA-Merkmalskombination mit jener beim Angeklagten übereinstimmt und der diesbezügliche Wahrscheinlichkeitsquotient 1 : 57 Trilliarden bzw. 1 : 506 Quadrillionen beträgt. Denn in den wie hier vorliegenden Fällen eindeutiger Einzelspuren genügt es, wenn das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage numerisch in den Urteilsgründen mitgeteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2018 – 5 StR 50/17, NJW 2018, 3192, 3193 [zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt]).
11
b) Weitergehende Darstellungsanforderungen ergeben sich auch nicht aus den hier vorliegenden Besonderheiten.
12
Allein aus dem Umstand, dass die Eltern des Angeklagten aus dem Libanon stammen, lässt sich dies nicht herleiten. Die Zugehörigkeit eines Angeklagten zu einer fremden Ethnie hat allenfalls dann Bedeutung, wenn die Beweisaufnahme konkrete Anhaltspunkte dafür ergibt, dass der Tatverdächtige ausschließlich in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu finden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2016 − 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490, 492). Dies ist indes hier nicht der Fall.
13
Gleiches gilt für die Tatsache, dass Teile des bei der Tat 3 entwendeten Bargeldes bei einem Verwandten des Angeklagten sichergestellt wurden. Denn aus den Urteilsgründen ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die am Tatort gesicherte Einzelspur, die in allen 16 untersuchten DNASystemen mit dem DNA-Merkmalmuster einer Speichelprobe des Angeklagten übereinstimmt, von diesem – nicht zu den nahen Familienangehörigen des Angeklagten (Eltern oder Geschwister) gehörenden – Verwandten stammen könn- te (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2018, aaO). Eine zulässige Aufklärungsrüge hat der Beschwerdeführer insofern nicht erhoben.
VRiBGH Dr. Mutzbauer ist Sander Ri’inBGH Dr. Schneider ist urlaubsbedingt an der Un- urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. terschrift gehindert. Sander Sander Berger Köhler

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 647/17
vom
21. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. und 3.: bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:210618B4STR647.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 21. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten T. G. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 14. Juni 2017, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten T. G. sowie die Revisionen der Angeklagten M. G. und S. H. gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
2
– den Angeklagten T. G. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.2.a) der Urteilsgründe), wegen „bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ (Fälle II.2.b) und e) der Urteilsgründe), und wegen zweier Fälle „des bandenmäßigen unerlaubtenHandeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und jeweils mit bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und jeweils mit gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige“ (Fälle II.2.c) und d) der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten;
3
– den Angeklagten M. G. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.2.a) der Urteilsgründe) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr sowie – unter Bestehenlassen einer anderweitig erkannten Gesamtgeldstrafe – wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen (Fälle II.2.b) bis e) der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ;
4
– den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.2.a) der Urteilsgründe), wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fälle II.2.b) bis d) der Urteilsgründe), und wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.2.e) der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren.
5
Darüber hinaus hat das Landgericht Verfalls- und Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Das Rechtsmittel des Angeklagten T. G. führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Berichtigung des ihn betreffenden Schuldspruchs; im Übrigen sind sowohl seine Revision als auch diejenigen der Angeklagten M. G. und S. H. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
6
1. Die Schuldsprüche zu Fall II.2.a) der Urteilsgründe haben hinsichtlich aller drei Angeklagten Bestand.
7
a) Nach den zu diesem Fall getroffenen Feststellungen fuhren die Angeklagten am 17. Juni 2016 gemeinsam in die Niederlande. Dort wollte der Angeklagte T. G. 500 Gramm Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf erwerben. Das ihm dort angebotene Marihuana war jedoch von so schlechter Qualität, dass er einen Kauf ablehnte und stattdessen mit dem Lieferanten vereinbarte, in der Folgewoche zurückzukehren und sodann Marihuana besserer Qualität zu erhalten. Am 24. Juni 2016 fuhren die Angeklagten T. G. und H. erneut in die Niederlande. Das dem Angeklagten T. G. nunmehr angebotene Marihuana war von besserer Qualität, jedoch konnte er hiervon nur 300 Gramm erwerben, da ihm keine darüber hinausgehende Menge angeboten wurde; daher vereinbarte man ein drittes Treffen einige Tage später, bei dem die weiteren 200 Gramm geliefert werden sollten. Die bereits erworbenen 300 Gramm Marihuana verbrachte der Angeklagte H. im Kofferraum seines Fahrzeugs nach Deutschland, während sich der Angeklagte T. G. in einem Begleitfahrzeug befand. Am 28. Juni 2016 fand die zuvor vereinbarte dritte Fahrt in die Niederlande statt. Dem Angeklagten T. G. wurden statt der vereinbarten 200 Gramm Marihuana besserer Qualität nunmehr 400 Gramm angeboten, woraufhin er die ihm angebotene Gesamtmenge erwarb und sie – begleitet von ihm selbst und dem Angeklagten M. G. – wiederum durch den Angeklagten H. nach Deutschland verbringen ließ.
8
b) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Annahme des Landgerichts zutrifft, dass es sich bei dem dargestellten Geschehen trotz der zwei Einfuhrtaten insgesamt nur um eine materiell-rechtliche Tat der Angeklagten T. G. und H. handelt.
9
Zwar wird die Frage, ob mehrere Taten der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch eine einheitliche, jeweils teilidentische Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat verbunden werden, in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bislang unterschiedlich beurteilt. Während der 1. und der 2. Strafsenat ebenso wie der erkennende Senat entschieden haben, dass in diesen Fällen eine einheitliche Tat im materiell-rechtlichen Sinne anzunehmen ist (vgl. BGH, Urteile vom 6. Dezember 2017 – 4 StR 395/17, juris Rn. 3 [dort offengelassen]; vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147, 149; vom 18. Juli 1984 – 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 f.; Vorlagebeschluss vom 22. Mai 2014 – 4 StR 223/13, juris Rn. 9 ff.; Beschlüsse vom 23. Oktober 2014 – 4 StR 377/14, NStZ 2015, 226; vom 22. Oktober 1996 – 1 StR 548/96, NStZ 1997, 136; vom 5. November 1993 – 2 StR 534/93, NStZ 1994, 135; offengelassen in BGH, Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 530/11, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 13; zweifelnd BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 2 ARs 319/13, NStZ-RR 2014, 81), hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs eine Verklammerung mehrerer Einfuhrtaten von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch ein einheitliches jeweils teilidentisches Delikt des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verneint (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2014 – 3 ARs 7/13, NStZ-RR 2014, 146; vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11, juris).
10
Vorliegend kann der Senat diese Frage jedoch wiederum offenlassen, da es jedenfalls ausgeschlossen ist, dass die Angeklagten T. G. und H. durch die Annahme jeweils nur einer einheitlichen Tat durch das Landgericht beschwert sind.
11
2. Die Schuldsprüche zu den Fällen II.2.b) bis e) der Urteilsgründe haben bei den Angeklagten M. G. und H. uneingeschränkt Bestand, lediglich bei dem Angeklagten T. G. bedarf der Schuldspruch zu diesen Fällen einer Berichtigung.
12
a) Bei dem Angeklagten T. G. hält der Schuldspruch insoweit rechtlicher Nachprüfung nicht stand, als ihn die Strafkammer in den Fällen II.2.b) bis e) der Urteilsgründe jeweils neben der – rechtsfehlerfreien – Verurteilung wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tateinheitlich wegen bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbindet in den Fällen des § 30a Abs. 1 BtMG der Bandenhandel die im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinander folgenden Teilakte, insbesondere auch den Teilakt der unerlaubten Einfuhr, zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. April 2015 – 3 StR 627/14, NStZ 2015, 589, 590; vom 29. September 2009 – 3 StR 322/09, NStZ 2010, 223, 224; vom 1. Juli 2009 – 2 StR 194/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 13. Februar 1998 – 4 StR 631/97, NStZ-RR 1999, 219). Insoweit kommt mit Blick auf die identischen Strafrahmen der bandenmäßigen Einfuhr neben dem Bandenhandel keine selbstständige rechtliche Bedeutung zu. Der Senat hat bei dem Angeklagten T. G. den Schuldspruch entsprechend berichtigt.
13
b) Hingegen hat bei dem Angeklagten H. der Schuldspruch auchin den Fällen II.2.b) bis d) der Urteilsgründe Bestand. Die Annahme von Tateinheit zwischen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in diesen Fällen begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Denn der täterschaftlichen bandenmäßigen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln kommt neben einer Beihilfe zum Bandenhandel ein eigener Unrechtsgehalt zu, so dass Tateinheit möglich ist (vgl.
BGH, Urteil vom 19. Juli 2006 – 2 StR 162/06, NStZ 2007, 101, 102; Beschlüsse vom 11. März 2003 – 1 StR 50/03, NStZ-RR 2003, 186 mwN).
14
3. Auch die Strafaussprüche halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
15
a) Bei dem Angeklagten T. G. bleibt der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II.2.b) bis e) der Urteilsgründe ohne Auswirkung auf die festgesetzten Strafen, da das jeweilige Tatunrecht unverändert bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2009 – 2 StR 194/09, juris).
16
b) Bei dem Angeklagten H. kann der Senat im Hinblick auf die Strafzumessung für Fall II.2.e) der Urteilsgründe aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen dem Zusammenhang der Urteilsgründe entnehmen, dass der vertypte Strafmilderungsgrund der Beihilfe nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB bereits bei der Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 30a Abs. 3 StGB Berücksichtigung gefunden hat.
17
4. Der nur geringfügige Erfolg der Revision des Angeklagten T. G. rechtfertigt es nicht, ihn teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 395/17
vom
6. Dezember 2017
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:061217B4STR395.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2017 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster (Westf.) vom 10. Mai 2017 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II.2 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist, und bb) im Gesamtstrafenausspruch mit der Maßgabe aufgehoben , dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Die Entscheidung über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „eines Falles des unerlaub- ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Opium) in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ unter Einbeziehung der Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten aus einer früheren Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt nach einer Teileinstellung des Verfahrens zu einer Änderung des Schuldspruchs und Aufhebung der Gesamtstrafe; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Entgegen der missverständlich formulierten Urteilsformel hat das Landgericht ausweislich seiner ausführlichen Darlegungen zur rechtlichen Würdigung das abgeurteilte strafbare Verhalten des Angeklagten als zwei materiellrechtlich selbständige Taten der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet und für die Tat am 15. November 2016 (II.2 der Urteilsgründe) eine Einzelstrafe von einem Jahr und drei Monaten und für die Tat am 20./21. November 2016 eine Einzelstrafe von vier Jahren verhängt. Die Annahme real konkurrierender Taten hat es damit begründet, dass eine – infolgetateinheitlicher Verknüpfung mehrerer Bewertungseinheiten – einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mehrere zu deren Verwirklichung vorgenommene Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht zu einer Tat verbinden könne.
3
Der Senat kann über die vom Landgericht vorgenommene Bewertung des Konkurrenzverhältnisses nicht abschließend befinden, ohne von tragenden Entscheidungen anderer Senate des Bundesgerichtshofs abzuweichen. Während der 1. und 2. Strafsenat ebenso wie der erkennende Senat entschieden haben, dass mehrere Taten der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch eine einheitliche jeweils teilidentische Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat verbunden werden (vgl. BGH, Urteile vom 18. Juli 1984 – 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 f.; vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147, 149; Beschlüsse vom 5. November 1993 – 2 StR 534/93, NStZ 1994, 135; vom 22. Oktober 1996 – 1 StR 548/96, NStZ 1997, 136; Vorlagebeschluss vom 22. Mai 2014 – 4 StR 223/13, Rn. 9 ff.; offengelassen in BGH, Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 530/11, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 13; zweifelnd BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 2 ARs 319/13, NStZ-RR 2014, 81), hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs eine Verklammerung mehrerer Einfuhrtaten von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch ein einheitliches jeweils teilidentisches Delikt des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verneint (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11; vom 6. Februar 2014 – 3 ARs 7/13, NStZ-RR 2014, 146). Da der Angeklagte durch die Annahme selbständiger, real konkurrierender Taten beschwert ist, kann der Senat die Konkurrenzfrage auch nicht offenlassen.
4
Im Hinblick darauf, dass sich der Angeklagte in Haft befindet und die für die Tat II.2 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe neben der Einsatzstrafe von vier Jahren und der im Zuge der nachträglichen Gesamtstrafenbildung einzubeziehenden Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten nicht beträchtlich ins Gewicht fällt, sieht der Senat von der zeitaufwendigen Durchführung eines Anfrageverfahrens nach § 132 Abs. 2 GVG ab und stellt das Verfahren hinsichtlich der Tat II.2 der Urteilsgründe auf Antrag des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen nach § 154 Abs. 2 StPO ein.
5
2. Die Teileinstellung des Verfahrens hat die Änderung des Schuldspruchs , den Wegfall der im Fall II.2 der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafe sowie die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.
6
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch dem Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuzuweisen. Eine Verweisung in das Beschlussverfahren kann auch dann erfolgen, wenn – wie hier – im Revisionsverfahren eine Einzelstrafe durch Einstellung in Wegfall kommt und nur deshalb über die Gesamtstrafe neu zu befinden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. August 2017 – 4 StR 275/17, Rn. 4; vom 13. März 2014 – 4 StR 537/13, NStZ-RR 2014, 222 [Ls]).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.