Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2001 - 5 StR 181/01

bei uns veröffentlicht am27.06.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 181/01

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. Juni 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juni 2001

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 14. November 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist und
b) soweit der Verfall des Wertersatzes angeordnet worden ist.
1. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 32 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie wegen (gewerbsmäßigen) unerlaubten Handeltreibens mit Betäu- bungsmitteln in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ferner ein Tatwerkzeug eingezogen sowie den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 217.262,50 DM angeordnet. Die Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 25. April 2001 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit das Rechtsmittel sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet. Jedoch kann das Urteil aus sachlichrechtlichen Gründen keinen Bestand haben, soweit die Prüfung der Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB unterblieben ist und der Verfall des Wertersatzes angeordnet worden ist.
Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: “Die Strafkammer hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Abs. 1 StGB zu prüfen. Das insoweit sachverständig beratene Landgericht hat beim Angeklagten im Tatzeitraum eine Polytoxikomanie im Sinne der Abhängigkeit mit Konsum von mindestens drei verschiedenen Betäubungsmitteln sowie Beruhigungsmitteln festgestellt und den Schweregrad der Polytoxikomanie dem Stadium 3 zugeordnet (UA S. 20). Der Angeklagte beteiligte sich an den abgeurteilten Rauschgiftgeschäften, um sich selbst Rauschgift beschaffen zu können (UA S. 21). Danach bestand beim Angeklagten im Tatzeitraum eine Suchtmittelabhängigkeit, die ausweislich der Urteilsgründe zwar als ‚schwere andere seelische Abartigkeit‘ zu werten ist und die in Zeiten exzessiven Drogenkonsums zu einer verminderten Steuerungsfähigkeit im Sinne der drogeninduzierten Senkung der Hemmschwelle sowie der Kritik- und Urteilsfähigkeit geführt hat; erheblich v erminderte Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB lag indessen nicht vor (UA S. 5/6). Demgemäß führt das Landgericht in den Urteilsgründen aus (UA S. 28 oben): ‚Für den Angeklagten spricht, daß er gewillt ist, sich seiner Suchtproblematik zu stellen und, um dieser zu begegnen, eine entsprechende Thera- pie zu absolvieren. Eine Suchttherapie erscheint aus Sicht der Kammer unerläßlich , damit der Angeklagte im Anschluß an die Verbüßung seiner Strafe für die Taten, die er auch aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, die Chance der Rehabilitation und für eine erfolgreiche Resozialisierung hat. Er sieht dies in einsichtiger Weise ebenso.‘ Auf dem Hintergrund dieser Erwägungen hätte das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten auf der Grundlage von § 64 Abs. 1 StGB erörtern müssen. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB wird für die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB nicht vorausgesetzt (BGH NJW 1990, 3282 m.w.N.).
Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; vgl. BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.). Anhaltspunkte dafür, daß keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten von seinem Hang zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die Sucht zu bewahren (vgl. BVerfGE 91, 1, 29), sind angesichts der vom Landgericht festgestellten Einsicht des Beschwerdeführers in die Therapienotwendigkeit nicht ersichtlich. Da die Strafkammer die Notwendigkeit der an den Strafvollzug sich anschließenden Therapie bereits in ihre Strafzumessungserwägungen mit aufgenommen und darüber hinaus – was aus Rechtsgründen nicht erforderlich gewesen wäre – die Anordnung des Wertersatzverfalls strafmildernd berücksichtigt hat, kann ausgeschlossen werden, daß bei Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt worden wäre, weshalb der Strafausspruch bestehenbleiben kann.
Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz kann nicht bestehenbleiben.
Auch bei der Anordnung von Wertersatzverfall können Umfang und Wert des Erlangten geschätzt werden (§ 73b StGB). Die Vorschrift ist auf Fälle zugeschnitten, in denen nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, in welcher Form und in welcher genauen Höhe Gewinne angefallen sind (BGHR StGB § 73b – Schätzung 1). Allerdings darf das Gericht auch in einem solchen Fall nicht willkürlich und ohne ein Mindestmaß an zureichenden Anhaltspunkten vorgehen; die notwendigen Einzelheiten müssen vielmehr soweit geklärt sein, daß eine hinreichend sichere Schätzungsgrundlage gegeben ist (BGH, aaO). Die Revision rügt im vorliegenden Fall zu Recht, daß das Landgericht die Schätzungsgrundlagen nicht hinreichend dargelegt hat. Die Urteilsgründe beschränken sich vielmehr auf die Mitteilung des Ergebnisses, nämlich die ausgerechnete Gesamtsumme, für die der Verfall des Wertersatzes angeordnet wurde. Nähere Darlegungen wären hier umso mehr erforderlich gewesen, als in einer Reihe von Fällen, die als Einzelfälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln abgeurteilt wurden, die Verkaufserlöse im einzelnen nicht festgestellt werden konnten. Die Strafkammer hat sich darüber hinaus nicht erkennbar mit § 73c StGB auseinandergesetzt. Dazu hätte angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten zum Zeitpunkt der Aburteilung, worauf die Revision zutreffend hinweist, Anlaß bestanden. Der Senat kann daher im vorliegenden Fall nicht überprüfen, ob die Voraussetzungen des unbestimmten Rechtsbegriffes einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB vorliegen oder ob die Strafkammer das hier in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat (vgl. BGHR StGB § 73c – Härte 3; BGH, Urteil vom 20. März 2001 – 1 StR 12/01 –). Selbst nachholen kann der Senat diese Entscheidung nicht (BGH NStZ 1999, 560, 561 m.w.N.).” Harms Häger Basdorf Gerhardt Brause

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2001 - 5 StR 181/01

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2001 - 5 StR 181/01

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 358 Bindung des Tatgerichts; Verbot der Schlechterstellung


(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Das angefochtene Urte
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Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafgesetzbuch - StGB | § 73b Einziehung von Taterträgen bei anderen


(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn 1. er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,2. ihm das Erlangte a) unent

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2001 - 1 StR 12/01

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 12/01
vom
20. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
20. März 2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Schaal,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 22. September 2000 im Ausspruch über die Verfallsanordnung mit den Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1. Der erheblich körperbehinderte Angeklagte, der selbst keine Drogen konsumiert, bezog als "Anlaufstelle für Auslandslieferungen" und "zentraler Zwischenhändler" von einem nicht ermittelten Lieferanten aus den Niederlanden Haschisch und Marihuana, das er in einem Versteck lagerte. Er verkaufte in sieben im einzelnen festgestellten Fällen jeweils entweder an M. oder A. B. , beide Zwischenhändler und Eigenkonsumenten, insgesamt 7,25 Kilogramm Haschisch sowie in einem weiteren Fall an beide gemeinsam ein halbes Kilogramm Marihuana. Der Marihuanaverkauf war im August 1999, die übrigen Verkäufe fanden zwischen dem 1. März 1999 und dem 17. Sep-
tember 1999 statt, ohne daß insoweit eine nähere zeitliche Eingrenzung möglich gewesen wäre. Haschisch und Marihuana waren meist von durchschnittlicher Qualität. Insoweit ist die Strafkammer von einem THC-Gehalt von mindestens 3 % ausgegangen. Bei einem Verkauf von insgesamt 1,25 Kilogramm Haschisch an M. B. waren 250 Gramm von besonders guter Qualität. Insoweit ist die Strafkammer von einem THC-Gehalt von mindestens 5 % ausgegangen. Der Preis für das Haschisch betrug jeweils 5.000 DM pro Kilogramm, der Preis für die Lieferung der 1,25 Kilogramm Haschisch betrug 10.000 DM, der Preis für das Marihuana 4.250 DM, so daß der Angeklagte aus den Verkäufen insgesamt einen Erlös von 44.250 DM erzielte. M. und A. B. gaben das Haschisch an den Händler undKonsumenten L. zu dem von ihnen an den Angeklagten bezahlten Preis weiter, nachdem sie zuvor jedoch insgesamt 350 Gramm zum Eigenverbrauch einbehalten hatten. Auch von dem Marihuana behielten sie eine kleinere Menge zum Eigenverbrauch, das übrige gaben sie - zum Preis ist insoweit nichts festgestellt - an Endverbraucher weiter. 2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wegen acht Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zugleich wurden 44.250 DM für verfallen erklärt.

II.

Die Revision des Angeklagten hat nur hinsichtlich der Verfallsanordnung Erfolg.
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beweiswürdigung weder lückenhaft noch sonst rechtlich zu beanstanden. Der Angeklagte hat das Geschehen im Kern eingeräumt, aber einen Verkaufsakt weniger und teilweise geringere Verkaufsmengen behauptet. Soweit die Feststellungen der Strafkammer damit nicht übereinstimmen, beruhen sie auf den auch von der Aussage des Zeugen L. bestätigten Aussagen der Zeugen B. , die die Strafkammer rechtsfehlerfrei als glaubhaft gewürdigt hat.
b) Zutreffend weist die Revision allerdings darauf hin, daß die Strafkammer keine ausdrücklichen Feststellungen zu dem für einen Schuldspruch wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erforderlichen Eigennutz des Angeklagten getroffen hat. Dieser Mangel gefährdet den Bestand des Urteils hier jedoch nicht, da sich Eigennutz des Angeklagten dem Urteil seinem Zusammenhang nach zumindest mittelbar entnehmen läßt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 3. September 1985 - 5 StR 550/85 - und vom 29. September 1992 - 1 StR 601/92). Nach Art und Umfang der auf Umsatz gerichteten Tätigkeit des Angeklagten scheiden andere als eigennützige Motive nach Lage des Falles aus (vgl. BGH, Beschluß vom 2. Oktober 1992 - 2 StR 466/92), denn er hat als selbst kein Rauschgift konsumierender "zentraler Zwischenhändler" über Monate hin in einer nicht unerheblichen Zahl von Einzelfällen Rauschgift für jeweils vier- oder gar fünfstellige Beträge weiterveräußert.
c) Verteidigung und Generalbundesanwalt machen geltend, die Strafkammer habe nicht erörtert, ob die Taten des Angeklagten im Sinne einer Bewertungseinheit als tateinheitlich verbunden anzusehen seien; im Falle der Annahme einer Bewertungseinheit sei eine mildere Strafe nicht auszuschließen.
Unbeschadet der Frage, ob allein eine zwar fehlerhafte, den Schuldumfang aber nicht berührende Beurteilung der Konkurrenzverhältnisse hier zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis führen könnte (vgl. hierzu BGHSt 41, 368, 373; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9), teilt der Senat auch im übrigen diese Auffassung nicht. aa) Da schon der Erwerb von Rauschgift zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung den Tatbestand des Handeltreibens hinsichtlich der Gesamtmenge erfüllt, sind darauf folgende Veräußerungen von Teilmengen nicht mehr rechtlich selbständige Taten, sondern es liegt insgesamt nur eine Tat im Rechtssinne (Bewertungseinheit) vor (st. Rspr., vgl. BGHSt 30, 28; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 1 ff.). bb) Es ist jedoch nicht geboten, konkret festgestellte Einzelverkäufe nur deshalb zu Tateinheit zusammenzufassen, weil die nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, daß sie ganz oder teilweise aus einem Verkaufsvorrat stammten und so zu einer Bewertungseinheit verbunden sein könnten (st. Rspr., vgl. nur BGHR aaO 5, 11, 12). cc) Hier ergeben sich mehrere Lieferungen schon allein aus der Feststellung , daß der Angeklagte Anlaufstelle für "Auslandslieferungen" war. Es spricht auch gegen nur eine Lieferung, daß das vom Angeklagten verkaufte Haschisch über Monate hinweg von gleichbleibender Qualität war. Erfahrungsgemäß verringert sich schon nach wenigen Wochen der THC-Gehalt von gelagertem Haschisch sehr deutlich (BGHR aaO 1; Körner, BtMG 4. Aufl., Anhang C 1, Rdn. 229). dd) Andererseits hat die Strafkammer aber auch festgestellt, daß der Angeklagte "die Drogen" vorrätig hatte und jederzeit in der Lage war, ohne
Voranmeldung Haschisch im Kilobereich zu liefern. Dies legt aber allenfalls die Annahme nahe, daß jeweils zumindest eine gewisse Anzahl der abgeurteilten Verkaufsmengen aus größeren Vorräten stammten, die vom Angeklagten zuvor als Gesamtmenge erworben worden waren. Nähere Feststellungen sind in diesem Zusammenhang jedoch nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, daß dies möglich gewesen wäre, ergeben die Urteilsgründe nicht. Eine Aufklärungsrüge mit der Behauptung von Erwerbsgeschäften über bestimmte größere Einkaufsmengen ist nicht erhoben. Wenn aber ausreichende Anhaltspunkte dafür fehlen , daß bestimmte Verkäufe einer vom Angeklagten erworbenen Gesamtmenge im Sinne einer Bewertungseinheit zuzuordnen sein könnten, käme lediglich eine willkürliche Zusammenfassung in Betracht. Dies wäre aber rechtlich nicht zulässig (BGHR aaO, 14; BGH NStZ 1997, 137).
d) Auch im übrigen ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei. 2. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Die hier erkennbar ausschließlich für die Strafzumessung bedeutsamen Feststellungen zum THC-Gehalt sind nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision ist nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Beurteilung der Qualität durch tatbeteiligte Konsumenten geeignete Grundlage für die dem Tatrichter obliegende Feststellung des Wirkstoffgehalts nicht sichergestellter Rauschmittel (vgl. Körner aaO, § 29a Rdn. 82 m.w.N.). Auch unter Berücksichtigung des Verkaufspreises wird der Angeklagte durch die Annahme, das als von durchschnittlicher Qualität beurteilte Haschisch habe einen THCGehalt von nur 3 % gehabt, jedenfalls nicht rechtsfehlerhaft benachteiligt (vgl. Körner aaO, Rdn. 83 und Anhang C 1 Rdn. 232 jew. m.w.N.). Erst recht gilt das für die Annahme, das Haschisch, das nach den Aussagen der Zeugen "besonders gut schmeckte", und das wesentlich teurer war als das übrige, habe nur
einen THC-Gehalt von 5 % gehabt. Im Ergebnis nichts anderes gilt hinsichtlich des Marihuanas. Marihuana hat allerdings einen geringeren THC-Gehalt als Cannabisharz, bei mittlerer Qualität beträgt er erfahrungsgemäß etwa 2 bis 4 % (Körner aaO, Anhang C 1, Rdn. 231). Zumal unter Berücksichtigung des Umstands , daß das Marihuana hier fast doppelt so teuer war wie das übrige Rauschgift, ist die Annahme eines Wirkstoffgehalts von 3 % daher ebenfalls nicht zu beanstanden.
b) Auch im übrigen ist der Strafausspruch ohne den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler. 3. Die Verfallsanordnung kann dagegen nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer, die zutreffend davon ausgegangen ist, daß der vom Angeklagten eingenommene Verkaufserlös ohne Berücksichtigung von ihm gegenüberstehenden Unkosten insgesamt dem Verfall unterliegen kann ("Bruttoprinzip"), hat sich nicht erkennbar mit § 73c StGB auseinandergesetzt. Die Feststellungen, daß der niemandem unterhaltspflichtige Angeklagte, nachdem seine Pflasterfirma seit 1998 nicht mehr betrieben wird, eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente von 1.100 DM bezieht und in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, machen ausdrückliche Erörterungen hierzu nicht entbehrlich. Der Senat kann nicht überprüfen, ob hier (ausnahmsweise) die Voraussetzungen des unbestimmten Rechtsbegriffs einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. hierzu Schmidt in LK, 11. Aufl. § 73c Rdn. 6 bis 8 m.w.N.) vorliegen oder ob die Strafkammer das ihr in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat (vgl. BGHR StGB § 73c Härte 3; Schmidt aaO Rdn. 12, 13 m.w.N.). Selbst nachholen kann der Senat diese Entscheidung nicht (BGH NStZ 1999, 560, 561 m.w.N.).
In diesem Umfang bedarf die Sache daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Gegebenenfalls wird dabei auch zu prüfen sein, ob dem Angeklagten nach Maßgabe der für Geldstrafen geltenden Grundsätze (vgl. § 42 StGB) von Amts wegen Zahlungserleichterungen zu bewilligen sind (vgl. BGHSt 33, 37, 40; Schmidt aaO Rdn. 15). Schäfer Wahl Schluckebier Hebenstreit Schaal