Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2005 - 5 StR 182/05

bei uns veröffentlicht am31.05.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 182/05

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 31. Mai 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Mai 2005

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten M wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 6. Januar 2005 gemäß § 349 Abs. 4 StPO, auch hinsichtlich der Angeklagten K und B , aufgehoben, soweit die Angeklagten im Fall II.1. der Urteilsgründe wegen Brandstiftung verurteilt worden sind, und in sämtlichen Strafaussprüchen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten M wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Brandstiftung – die Angeklagten M und K auch wegen weiterer Straftaten – zu Jugendstrafen verurteilt. Die Revision des Angeklagten M erzielt mit der Sachrüge den aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Teilerfolg, der nach § 357 StPO auch den Angeklagten zugutekommt, die kein Rechtsmittel eingelegt, der beantragten Verfahrensweise nach Anhörung über ihre Verteidiger indes nicht widersprochen haben. Im übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 29. April 2004 ausgeführt: „Die aufgrund der allgemeinen Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils ergibt, daß die Feststellungen im Falle II.1. (UA S. 7 bis 10) den Schuldspruch nicht tragen. Auch nach seinem Zusammenhang läßt sich dem Urteil weder entnehmen, daß es sich bei dem in Brand gesetzten Bauwagen um eine ‚Hütte’ im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB handelte (vgl. OLG Karlsruhe NStZ 1981, 482), noch daß dieser ein (mit Maschinenkraft bewegtes ) Kraftfahrzeug (§ 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB) war.
Der aufgezeigte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Schuldspruchs im beantragten Umfang. Dies entzieht wegen des danach (vorläufig) zu weit gefaßten Schuldspruchs dem Strafausspruch die Grundlage (vgl. Senat , Beschluß vom 20. April 2005 – 5 StR 73/05). Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es jedoch nicht. Der zu neuer Entscheidung berufene Tatrichter wird im Hinblick auf den Bauwagen gegebenenfalls allein ergänzende Feststellungen treffen.“ Dem folgt der Senat.
Basdorf Häger Raum Brause Schaal

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2005 - 5 StR 182/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2005 - 5 StR 182/05

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 306 Brandstiftung


(1) Wer fremde 1. Gebäude oder Hütten,2. Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,3. Warenlager oder -vorräte,4. Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,5. Wälder, Heiden oder Moore oder6. land-, ernährungs- o
Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2005 - 5 StR 182/05 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 306 Brandstiftung


(1) Wer fremde 1. Gebäude oder Hütten,2. Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,3. Warenlager oder -vorräte,4. Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,5. Wälder, Heiden oder Moore oder6. land-, ernährungs- o

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2005 - 5 StR 182/05 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2005 - 5 StR 182/05 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Apr. 2005 - 5 StR 73/05

bei uns veröffentlicht am 20.04.2005

5 StR 73/05 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 20. April 2005 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Totschlag u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2005 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urte
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2005 - 5 StR 182/05.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2018 - 4 StR 170/18

bei uns veröffentlicht am 18.07.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 170/18 vom 18. Juli 2018 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. ECLI:DE:BGH:2018:180718B4STR170.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 1. a)

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer fremde

1.
Gebäude oder Hütten,
2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,
3.
Warenlager oder -vorräte,
4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,
5.
Wälder, Heiden oder Moore oder
6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

5 StR 73/05

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 20. April 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Totschlag u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2005

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. November 2004 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die Verurteilung wegen tateinheitlicher Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung entfällt,
b) im Ausspruch über die Höhe der Jugendstrafe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Totschlag in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung (Tatzeit: Oktober 1992) zu drei Jahren und drei Monaten Jugendstrafe verurteilt und hat differenzierte Anordnungen zur Anrechnung in Syrien und im Libanon erlittener Freiheitsentziehung getroffen. Die Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im übrigen ist das Rechtmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Schuldspruch wegen tateinheitlicher Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung (§ 223a [a. F.], § 2 Abs. 3 StGB) entfällt, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, wegen absoluter Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 2, § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).
Im übrigen ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei. Die Verhängung von Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld (§ 17 Abs. 2 JGG) unterliegt keinen rechtlichen Bedenken angesichts des Tatbildes des Kapitalverbrechens , das der Angeklagte unterstützt hat, und zwar ungeachtet des geringen Lebensalters des zur Tatzeit möglicherweise erst 14jährigen Angeklagten , seines spontanen Entschlusses zur Tatbeteiligung und seiner engen Beziehung zu dem Haupttäter, seinem älteren Bruder.
Die Höhe der Jugendstrafe hat indes keinen Bestand. Sie beruht, da die Jugendkammer dem Angeklagten die erheblichen Verletzungsfolgen des zweiten Tatopfers ausdrücklich besonders angelastet hat, auf dem rechtsfehlerhaft zu weit gefaßten Schuldspruch. Angesichts der durch den langen Zeitablauf zwischen Tat und Aburteilung begründeten besonderen Schwierigkeit der Bemessung einer angemessenen Jugendstrafe vermag der Senat weder festzustellen, daß eine geringere Strafhöhe keine angemessene Sanktion mehr wäre, noch erscheint es angezeigt, von einer Aufhebung der Jugendstrafe gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO abzusehen.
Bei dem bloßen Subsumtionsfehler bedarf es nicht der Aufhebung von Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht hat die Jugendstrafe auf der Grundlage des reduzierten Schuldspruchs und der umfassenden bislang fehlerfrei getroffenen Feststellungen zu bemessen, die allenfalls durch weitere ihnen nicht widersprechende Feststellungen ergänzt werden dürfen. Dabei wird es Wendungen zu vermeiden haben, die als bedenk- liche Relativierung des trotz der zeitlichen Fallbesonderheiten beachtlichen Erziehungsgedankens (§ 18 Abs. 2 JGG) aufgefaßt werden könnten. Zur Vermeidung von Mißverständnissen merkt der Senat an, daß die gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB nach allgemeinem Strafrecht gebotene Strafrahmenverschiebung zu beachten ist. Bei etwa andauerndem Vollzug der Untersuchungshaft wird namentlich unter Berücksichtigung der aufrechterhaltenen Anrechnungsentscheidung und angesichts der verstärkten Flexibilität möglicher Reststrafaussetzung im Jugendstrafrecht eine besonders beschleunigte Förderung des Verfahrens geboten sein.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum