Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2011 - 5 StR 247/11

bei uns veröffentlicht am29.08.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 247/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 29. August 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. August 2011

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. H. wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 28. Januar 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch geändert und insgesamt auch nach § 349 Abs. 2 StPO dahin neu gefasst, dass der Angeklagte wegen Betruges in 46 Fällen (1 bis 6; 8 und 9; 11 und 12; 13a bis d; 14a bis g; 15 und 16; 19a; 20 bis 35; 37 bis 41 und 43), davon in einem Fall (3) in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schreckschusswaffe, wegen Untreue (7), wegen versuchten Betruges in vier Fällen (19b, 36, 42 und 44), wegen Diebstahls in zwei Fällen (18 und 45) und wegen Bedrohung (10) verurteilt ist, und
b) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen 7 und 42 und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
2. Auf die Revision der Angeklagten E. H. wird das vorbezeichnete Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit diese Angeklagte im Fall 29 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die Angeklagte in den Fällen 36 und 42 der Urteilsgründe jeweils wegen versuchten Betruges verurteilt ist, und
c) im Einzelstrafausspruch im Fall 42 und im Ausspruch über die zweite Gesamtfreiheitsstrafe (ein Jahr und acht Monate Freiheitsstrafe) aufgehoben.
3. Auf die Revision des Angeklagten L. wird das vorbezeichnete Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit dieser Angeklagte im Fall 29 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte in den Fällen 36 und 42 der Urteilsgründe jeweils wegen versuchten Betruges verurteilt ist, und
c) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
4. Die weitergehenden Revisionen aller Angeklagten werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, bei den Angeklagten E. H. und

L.

mit der Maßgabe, dass sie im Fall 43 der Urteilsgründe wegen Betruges verurteilt sind.
5. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. H. wegen Betruges in 48 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz, wegen versuchten Betruges in drei Fällen, wegen Bedrohung und wegen Diebstahls in zwei Fällen schuldig gesprochen. Es hat gegen diesen Angeklagten unter Einbeziehung einer vom (richtig:) Landgericht Gera (Urteil vom 10. Juni 2009 – 286 Js 35151/07 3 Ns) verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten erkannt und hiervon wegen überlanger Verfahrensdauer acht Monate als vollstreckt erklärt.
2
Das Landgericht hat ferner die Angeklagte E. H. wegen Betruges in 29 Fällen und versuchten Betruges in drei Fällen unter Einbeziehung einer anderweitig verhängten Freiheitsstrafe zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die auf die Bewährungsauflage aus der einbezogenen Sache erbrachte gemeinnützige Arbeit hat es auf die erste Gesamtfreiheitsstrafe mit sechs Tagen angerechnet und wegen überlanger Verfahrensdauer fünf Monate als vollstreckt erklärt.
3
Das Landgericht hat ferner den Angeklagten L. wegen Betruges in 14 Fällen und versuchten Betruges in zwei Fällen schuldig gesprochen. Es hat diesen Angeklagten unter Einbeziehung anderweitig verhängter Einzelstrafen zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Auf eine erfüllte Bewährungsauflage sind 30 Tage der ersten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt angerechnet worden.
4
Die Revisionen erzielen die aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolge. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
5
1. Das Landgericht hat den Angeklagten H. unter anderem als Einzeltäter wegen zwölf in den Jahren 2003 und 2004 begangener Betrugstaten verurteilt. Bei den nachfolgenden übrigen Betrugstaten hat nach den Feststellungen des Landgerichts mit Ausnahme des Falles 15 (Alleintäterschaft der Angeklagten E. H. ) ab November 2004 seine mitangeklagte Ehefrau und ab Dezember 2008 (Fälle 29 bis 44) zusätzlich sein Neffe, der Angeklagte L. , mitgewirkt. Die beiden Diebstähle und die Bedrohung hat der Angeklagte als Einzeltäter begangen.
6
Im Fall 7 der Urteilsgründe ist der Schuldspruch zu ändern. Der angenommene Betrug wird weder als ein solcher zum Nachteil des Darlehensgebers G. noch zum Nachteil der involvierten Commerzbank belegt. Nach den Feststellungen veranlasste der Angeklagte den Zeugen G. am 13. August 2004, bei der Bank ein Konto zu eröffnen und ihm eine Kontovollmacht auszustellen. „Er spiegelte G. vor, dass das Konto dazu dienen soll, die gewährten Darlehen ihm zurück zu zahlen“ (UA S. 84). Der Angeklagte nutzte die ihm erteilte Kontovollmacht, um ein vorübergehendes Guthaben in Höhe von 15.000 €, dasaus einer Lastschrift des Angeklagten auf ein von ihm defizitär geführtes Konto stammte, sogleich bar abzuheben. Den in dieser Höhe auf dem Konto des G. nach Rückbuchung der Gutschrift entstandenen Schuldsaldo musste der Kontoinhaber ausgleichen.
7
Bei dieser Vorgehensweise des Angeklagten bestehen gegen die Annahme eines Betruges durchgreifende Bedenken. Indes enthalten die fehlerfrei getroffenen Feststellungen alle Merkmale einer Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) zu Lasten des G. . Der Angeklagte hat die ihm erteilte Bankvollmacht durch Abhebung ihm nicht zustehender 15.000 € missbraucht. Hierin liegt ein Verstoß gegen eine durch Rechtsgeschäft begründete Treuepflicht (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 266 Rn. 39), durch den das betreute Vermögen des G. um gerade diesen Betrag durch Begründung und Ausgleich des Anspruchs der Bank gegen G. geschädigt worden ist. Der Senat ändert den Schuldspruch. Er schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen den abweichenden Schuldspruch erfolgreich hätte verteidigen können. Die Strafe bedarf unter Berücksichtigung des dargelegten Schadensumfangs neuer Zumessung.
8
2. Bezüglich aller Angeklagten sind in den Fällen 36, 42 und 43 der Urteilsgründe die Schuldsprüche zu korrigieren. Das Landgericht hat in den Fällen 36 und 42 zu Unrecht einen vollendeten Betrug angenommen, weil die mit irrealen Zahlungsversprechen gekauften Fernsehgeräte nicht übergeben worden sind. Es hat im Fall 43 der Urteilsgründe nur einen Versuch angenommen, obwohl die gekauften Lebensmittel in Höhe von 313 € nach Täuschung über die Deckung des belasteten Kontos übergeben worden waren. Im Fall 43, in dem den Angeklagten zu Unrecht die Versuchsmilderung zugebilligt wurde, und im Fall 36, in dem das Landgericht Einzelstrafen wie auch sonst für Versuchstaten zugemessen hat, bleiben die Einzelstrafen bestehen. Hingegen bedürfen die Einzelstrafaussprüche im Fall 42 neuer Zumessung.
9
3. Die Verurteilungen der Angeklagten E. H. und L. haben im Fall 29 der Urteilsgründe keinen Bestand. Insoweit enthalten die Urteilsgründe keinerlei Beleg für die angenommene Mittäterschaft dieser Angeklagten hinsichtlich der ausgeurteilten betrügerischen Erlangung des Mietwagens.
10
4. Zur Gesamtstrafenbildung hinsichtlich des Angeklagten B. H. merkt der Senat an:
11
Das Landgericht hat übersehen, dass der Strafbefehl des Amtsgerichts Chemnitz vom 18. Februar 2005 eine Zäsur begründet hat, wonach aus den für die Taten 1 bis 13c (15 Freiheitsstrafen) mit den bisher nicht vollstreckten Geldstrafen (90 Tagessätze Gesamtgeldstrafe; sechs Geldstrafen zu je 20 Tagessätzen) aus dem Strafbefehl gemäß § 55 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 3 StGB eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden gewesen wäre. Damit wird die erste Gesamtfreiheitsstrafe – wie die bisherige – ausgehend von der Einsatzstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe mit 14 weiteren Einzelstrafen zwischen drei Monaten sowie einem Jahr und zehn Monaten unter Berücksichtigung eines Gesamtschadens von ca. 150.000 € zu bilden sein. Eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe wird mit einer Einsatzstrafe von lediglich Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten aus dem einbezogenen Urteil des Landgerichts Gera vom 10. Juni 2009 (286 Js 35151/07 3 Ns) mit einem bloßen Gefährdungsschaden von 158.000 € als Grundlage und 38 – freilich geringeren – Freiheitsstrafen unter Berücksichtigung eines Gesamtschadens von 34.000 € zu bildensein. Die Summe der Gesamtstrafen darf die bisherige Gesamtstrafe nicht erreichen. Bei gebotener Berücksichtigung der Schadenshöhen und des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. März 2011 – 5 StR 585/10 – und 6. Juli 2011 – 5 StR 220/11) erscheint ein etwas geringeres Gesamtstrafübel nicht ausgeschlossen.
12
Die Kompensationsentscheidung bleibt unberührt.
13
5. Hinsichtlich der Angeklagten E. H. bedingen der Wegfall der Strafen in den Fällen 29 und 42 die Aufhebung der zweiten Gesamtstrafe in Höhe von einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe.
14
6. Hinsichtlich des Angeklagten L. ist der gesamte Strafausspruch aufzuheben. Das Landgericht hat den – im Übrigen im Verhältnis zu seinem Onkel B. H. eher untergeordnet tätig gewordenen (UA S. 116) – Angeklagten fälschlicherweise für die Taten 29 bis 33 der Urteilsgründe als einschlägig mit Freiheitsstrafen vorbestraft betrachtet. Die Verurteilung zu der aus neun Einzelfreiheitsstrafen von je zwei Monaten gebildeten, zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten durch das Amtsgericht Marienberg erfolgte indes erst am 29. Januar 2009 und somit nach Begehung dieser Taten. Daneben hat das Landgericht auch diesem Angeklagten angelastet (UA S. 116), durch Betrugshandlungen über Jahre hinweg seinen Lebensstil finanziert zu haben. Dies trifft bei den lediglich für einen Zeitraum vom 18. Dezember 2008 bis 28. April 2009 festgestellten Taten dieses Angeklagten offensichtlich nicht zu. Sämtliche Strafen sind deshalb nach Korrektur der Wertungsfehler auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen neu zu bestimmen, wobei auch die mittäterschaftlich zugerechneten Gesamtschäden (2.800 und 2.900 €) bei der Bildung der Gesamtstrafen (vgl. BGH aaO) zu würdigen sein werden.
15
Die Anrechnungsentscheidung bleibt unberührt.
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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2011 - 5 StR 247/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2011 - 5 StR 247/11

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 54 Bildung der Gesamtstrafe


(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2011 - 5 StR 247/11 zitiert 5 §§.

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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2011 - 5 StR 247/11 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2011 - 5 StR 585/10

bei uns veröffentlicht am 16.03.2011

5 StR 585/10 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 16. März 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen Betruges u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2011 beschlossen: Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil de

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

5 StR 585/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 16. März 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2011

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 31. August 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO jeweils im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, beim Angeklagten M. R. mit der Klarstellung, dass er wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten C. R. und S. wegen Betruges in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung letzterer wurde zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten M. R. hat es wegen „Beihilfe zum Betrug in elf Fällen“ zu der Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurde.
2
Die Angeklagten wenden sich gegen die Verurteilung und machen die Verletzung sachlichen Rechts geltend. Die Angeklagten R. rügen daneben auch die Verletzung formellen Rechts, wobei sie insbesondere eine rechtsstaatswidrige Verfahrenverzögerung bemängeln. Die Revisionen erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
3
1. Die Angriffe auf den Schuldspruch sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Zutreffend hat die Strafkammer die fortlaufende Förderung der Taten durch den Angeklagten M. R. als nur eine Beihilfehandlung angesehen; dies veranlasst eine Klarstellung des Tenors. Dagegen kann der gesamte Rechtsfolgenausspruch aus sachlichrechtlichen Gründen nicht bestehen bleiben.
4
2. Die Strafzumessungsgründe gehen nur unzureichend darauf ein, dass zwischen der letzten Provisionsauszahlung und der Aburteilung der Taten beträchtliche Zeit verstrichen ist. Zwar hat die Jugendkammer im Rahmen der Strafzumessung bei allen Angeklagten „das lange Zurückliegen der Taten“ berücksichtigt; daneben hätte das Tatgericht hier jedoch weitergehend strafmildernd zu bedenken gehabt, dass bereits einer überdurchschnittlich langen Verfahrensdauer eine eigenständige strafmildernde Bedeutung zukommt, wenn sie für den Angeklagten mit besonderen Belastungen verbunden ist (BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2009 – 3 StR 173/09, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 20; vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 142). Das Schweigen der Urteilsgründe hierzu legt nahe, dass das Tatgericht den hier bestimmenden Milderungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO in seiner Bedeutung verkannt hat.
5
Parallel dazu hat es das Tatgericht auch unterlassen zu prüfen, ob das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK garantierte Recht der Angeklagten auf gerichtliche Entscheidung in angemessener Zeit verletzt ist. Vor dem Hintergrund der im Urteil mitgeteilten Eckdaten zum Verfahrensablauf und der im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensvoraussetzungen ist dieser Mangel hier bereits auf Sachrüge beachtlich (BGH, Beschluss vom 11. November 2004 – 5 StR 376/03, BGHSt 49, 342). Die markanten Anzeichen für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung und damit einher- gehend für eine beträchtliche Belastung der Angeklagten infolge der überlangen Verfahrensdauer ergeben sich hier – unter anderem – namentlich vor dem Hintergrund des mit der Anklage zu prüfenden keineswegs ungewöhnlich großen Gesamtschadens und der nahezu fehlenden Vorbelastungen der Angeklagten aus dem hiernach offensichtlich verfehlten, an Willkür grenzenden Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Plauen nach § 270 StPO, durch den sich jedenfalls die beiden erwachsenen Angeklagten einer sachlichrechtlich ersichtlich unberechtigten hohen Straferwartung und drohendem lange währenden Strafvollzug ausgesetzt sahen.
6
Bei dem Angeklagten M. R. hat es das Landgericht zudem durch rechtsfehlerhafte Verwertung nach BZRG tilgungsreifer Vorverurteilungen versäumt, diesem Angeklagten den gewichtigen Strafmilderungsgrund gänzlicher Unbestraftheit zugute zu bringen.
7
3. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Das neue Tatgericht wird zu Ausmaß und Folgen der Verfahrensverzögerung für jeden der Angeklagten ergänzende Feststellungen zu treffen und eine neue Strafzumessung , darüber hinaus nahe liegend einen bezifferten Abschlag auf die neu verhängte Strafe wegen Verletzung des Art. 6 Abs. 1 MRK vorzunehmen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52,

124).


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