Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2004 - 5 StR 3/04

bei uns veröffentlicht am28.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 3/04

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2004

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 25. Juni 2003 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 20.313,63 € aufgehoben. In diesem Umfang entfällt die Maßnahme.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in fünf Fällen (Fälle 2, 4, 7 bis 9), in zwei Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fälle 4 und 8) sowie in zwei weiteren Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (Fälle 2 und 9), wegen schweren Menschenhandels in zwei Fällen (Fälle 1 und 3), davon in einem Fall in Tateinheit mit Zuhälterei und Förderung der Prostitution (Fall 1), wegen räuberischer Erpressung (Fall 10), wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung (Fall 6), wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern (Fall 11) sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Fall 5) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren sowie zur Zahlung von 8.000 € Schmerzensgeld an die Nebenklägerin verurteilt und einen Betrag in Höhe von 45.000 € für verfallen erklärt.
Die Revision erweist sich mit Ausnahme eines Teils der Verfallsentscheidung als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts, die durch die weiteren Ausführungen der Revision im hiergegen replizierenden Schriftsatz der Verteidigerin nicht entkräftet werden, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Auch der Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern im Fall 11 hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand. Die Wendung des Landgerichts, daß sich die fünf osteuropäischen Prostituierten im Bundesgebiet aufgehalten haben, „ohne im Besitz einer nach Maßgabe des Ausländergesetzes erforderlichen Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit gewesen zu sein“ (UA S. 38), ist zwar mißverständlich. Denn die Unterstützung allein solchen Tuns wird nicht nach dem Ausländergesetz, sondern allenfalls als ungenehmigte Ausländerbeschäftigung nach §§ 404 ff. SGB III sowie seit dem 1. August 2004 nach §§ 10, 11 des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung vom 23. Juli 2004 (BGBl. I 1842) sanktioniert. Ersichtlich meint das Landgericht jedoch damit – wie aus verschiedenen Hinweisen auf den illegalen Aufenthaltsstatus deutlich wird (UA S. 37, 39, 76, 78) –, daß die Aufnahme der Erwerbstätigkeit als Prostituierte die Illegalität des Aufenthalts der osteuropäischen Frauen begründete. Diese durften sich zur jeweiligen Tatzeit als sog. „Positivstaatler“ nur dann ohne Aufenthaltsgenehmigung im Bundesgebiet aufhalten, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgingen (vgl. § 3 Abs. 1 AuslG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 12 Abs. 1 DVAuslG sowie Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3 i. V. m. Anlage II EUVisaVO; BGH, Beschl. vom 20. April 2004 – 4 StR 67/04). Indem der Angeklagte die osteuropäischen Prostituierten in seinen Bordellen beschäftigte und damit die Illegalität ihres bis dahin genehmigungsfreien Aufenthalts herbeiführte, beging er eine Beihilfe zu deren illegalem Aufenthalt (vgl. Mosbacher, Illegale Beschäftigung von Ausländern, in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 2004, Kap. XII 4 Rdn. 93 m.w.N.), die sich unter den vom Landgericht festgestellten qualifizierenden Umständen als Straftat des gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern gemäß § 92a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG darstellt. Daß es womöglich näher gelegen hätte, in Hinblick auf die verschiedenen Bordelle, die unterschiedlichen Prostituierten und die teils weit auseinanderliegenden Tatzeiten mehrere Straftaten des Einschleusens von Ausländern statt einer Tat anzunehmen, beschwert den Angeklagten nicht.
2. Dagegen kann der Ausspruch über den Verfall in Höhe eines Teilbetrages von 20.313,63 € keinen Bestand haben. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt: „Jedoch begegnet die Anordnung des Verfalls von Wertersatz rechtlichen Bedenken, soweit sie die Einnahmen des Angeklagten einschließt, die dieser in Höhe von 39.730 DM aufgrund der Tätigkeit der Nebenklägerin erzielt hat. Dem stehen die zivilrechtlichen Ansprüche der durch die Zuhältereihandlungen des Angeklagten betroffenen Nebenklägerin als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2003 – 5 StR 536/02 – und vom 18. Dezember 2003 – 5 StR 275/03) ... Hinsichtlich der Ansprüche der Nebenklägerin sind die Möglichkeiten der Zurückgewinnungshilfe (§ 111b Abs. 5 StPO) in Betracht zu ziehen (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Mai 2003 – 5 StR 536/02).“ Dem tritt der Senat bei; er entnimmt diesen Ausführungen zugleich eine Beschränkung des Aufhebungsantrags nach § 349 Abs. 4 StPO auf den beanstandeten Betrag in Höhe von 39.730 DM (= 20.313,63 €). Weitergehend als der Generalbundesanwalt schließt der Senat aus, daß eine neue Haupt- verhandlung insoweit zur Anordnung des Verfalls von Wertersatz führen könnte (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Dezember 2003 – 5 StR 275/03).
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2004 - 5 StR 3/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2004 - 5 StR 3/04

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafprozeßordnung - StPO | § 111b Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung oder Unbrauchbarmachung


(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die B
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2004 - 5 StR 3/04 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

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(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die B

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2004 - 5 StR 3/04 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2003 - 5 StR 275/03

bei uns veröffentlicht am 18.12.2003

5 StR 275/03 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 18. Dezember 2003 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2003 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2003 - 5 StR 536/02

bei uns veröffentlicht am 07.05.2003

5 StR 536/02 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 7. Mai 2003 in der Strafsache gegen wegen Zuhälterei u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2003 beschlossen: I. Dem Angeklagten T wird gegen die Versäumung der Frist zur Begrün

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

5 StR 536/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 7. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Zuhälterei u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2003

beschlossen:
I. Dem Angeklagten T wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. April 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
II. Auf die Revision des Angeklagten T wird das vorgenannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO, soweit es ihn betrifft ,
a) im Schuldspruch insoweit abgeändert, als jeweils die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Förderung der Prostitution in Wegfall kommen, und
b) unter Aufrechterhaltung der Feststellungen im gesamten Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
III. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
IV. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten T wegen Förderung der Prostitution in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung , mit Zuhälterei, mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sowie mit Beihilfe zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG und zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, mit tateinheitlich in vier Fällen begangener Zuhälterei, mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen die §§ 92 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AuslG sowie mit Beihilfe zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit, in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sowie mit Beihilfe zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Förderung der Prostitution nach § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F. haben aus Rechtsgründen keinen Bestand. Dieser Straftatbestand ist durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten – ProstG – vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3983) aufgehoben worden. Diese Rechtsänderung hat das Revisionsgericht nach § 354a StPO zu berücksichtigen. Die Korrektur des Schuldspruches führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruches, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß ohne die Berücksichtigung des mittlerweile außer Kraft getretenen Straftatbestandes das Landgericht geringere Einzelstrafen und eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.
Die Anordnung des Verfalls unterliegt durchgreifenden Bedenken. Insoweit hat das Landgericht die durch die Zuhältereihandlungen des Ange- klagten betroffenen Frauen zu Unrecht nicht als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB angesehen. Das Landgericht hat seine Auffassung darauf gestützt, daß diese Frauen im Hinblick auf ihre gesetz- und sittenwidrigen Einkünfte keine Ansprüche gegen den Angeklagten T hätten. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob diese Rechtsauffassung vor der Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten zutreffend war. Jedenfalls nach der nunmehr getroffenen Wertentscheidung (§ 1 ProstG) sind weder die Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig noch sind rechtliche Hinderungsgründe ersichtlich, wonach Prostituierte rechtswidrige Einbußen ihres (jedenfalls auch) aus den Prostitutionserlösen bestehenden Vermögens nicht im Wege eines Schadensersatzanspruches geltend machen könnten. Da die Strafvorschrift des § 181a StGB gerade auch dem Schutz der Prostituierten dient und sie vor finanzieller Abhängigkeit und Ausbeutung durch den Zuhälter bewahren will (vgl. BGHSt 42, 179, 180 f.), ist diese Regelung auch Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
Der neue Tatrichter wird deshalb festzustellen haben, inwieweit – über die vom Angeklagten im Vergleichswege bereits zugesagten Schadensersatzzahlungen in Höhe von 104.000 DM an die Nebenklägerinnen hinaus – entsprechende Schadensersatzansprüche bestehen. Dabei sind die Möglichkeiten der Zurückgewinnungshilfe (§ 111b Abs. 5 StPO) in Betracht zu ziehen. Weiterhin sind, da Gegenstand des Verfalls nach dem Wegfall des § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F. nur noch die Vorteile aus den verbleibenden ausländerrechtlichen Taten sein können, nur diese aus dem Gesamtumfang der Prostitutionserlöse zu berücksichtigen. Die hierzu noch vorzunehmenden Ermittlungen berühren die vom Landgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht, weshalb diese im vollen Umfang aufrechterhalten werden können. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, zusätzliche Feststellungen zu treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Bei der Neubemessung der Strafen wird die unerklärlich lange Zeitdauer des Revisionsverfahrens (Übersendung der Akten an den Generalbundesanwalt erst ein Jahr nach Eingang der Revisionsbegründung) zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13).
Harms Häger Basdorf Raum Brause
5 StR 275/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 18. Dezember 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2003

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. Dezember 2002 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch des Verfalls von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Diese Maßnahme entfällt.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit Menschenhandel, schwerem Menschenhandel, Zuhälterei, Vergewaltigung, Raub, gefährlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung und Anstiftung zur Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat zudem den Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.000 Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 30. Oktober 2003 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit das Rechtsmittel sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet. Jedoch hält die Anordnung des Verfalls von Wertersatz sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt : „Die Anordnung des Verfalls kann keinen Bestand haben. Insoweit hat das Landgericht die durch die Zuhältereihandlungen des Angeklagten betroffenen Frauen zu Unrecht nicht als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB angesehen (vgl. Senat, Beschluß vom 7. Mai 2003 – 5 StR 536/02 –).“ Der Senat schließt – weitergehend als der Generalbundesanwalt – aus, daß eine neue Hauptverhandlung zur Anordnung des Verfalls von Wertersatz führen kann.
Harms Häger Basdorf Raum Schaal

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

5 StR 536/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 7. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Zuhälterei u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2003

beschlossen:
I. Dem Angeklagten T wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. April 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
II. Auf die Revision des Angeklagten T wird das vorgenannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO, soweit es ihn betrifft ,
a) im Schuldspruch insoweit abgeändert, als jeweils die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Förderung der Prostitution in Wegfall kommen, und
b) unter Aufrechterhaltung der Feststellungen im gesamten Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
III. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
IV. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten T wegen Förderung der Prostitution in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung , mit Zuhälterei, mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sowie mit Beihilfe zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG und zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, mit tateinheitlich in vier Fällen begangener Zuhälterei, mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen die §§ 92 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AuslG sowie mit Beihilfe zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit, in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sowie mit Beihilfe zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Förderung der Prostitution nach § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F. haben aus Rechtsgründen keinen Bestand. Dieser Straftatbestand ist durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten – ProstG – vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3983) aufgehoben worden. Diese Rechtsänderung hat das Revisionsgericht nach § 354a StPO zu berücksichtigen. Die Korrektur des Schuldspruches führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruches, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß ohne die Berücksichtigung des mittlerweile außer Kraft getretenen Straftatbestandes das Landgericht geringere Einzelstrafen und eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.
Die Anordnung des Verfalls unterliegt durchgreifenden Bedenken. Insoweit hat das Landgericht die durch die Zuhältereihandlungen des Ange- klagten betroffenen Frauen zu Unrecht nicht als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB angesehen. Das Landgericht hat seine Auffassung darauf gestützt, daß diese Frauen im Hinblick auf ihre gesetz- und sittenwidrigen Einkünfte keine Ansprüche gegen den Angeklagten T hätten. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob diese Rechtsauffassung vor der Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten zutreffend war. Jedenfalls nach der nunmehr getroffenen Wertentscheidung (§ 1 ProstG) sind weder die Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig noch sind rechtliche Hinderungsgründe ersichtlich, wonach Prostituierte rechtswidrige Einbußen ihres (jedenfalls auch) aus den Prostitutionserlösen bestehenden Vermögens nicht im Wege eines Schadensersatzanspruches geltend machen könnten. Da die Strafvorschrift des § 181a StGB gerade auch dem Schutz der Prostituierten dient und sie vor finanzieller Abhängigkeit und Ausbeutung durch den Zuhälter bewahren will (vgl. BGHSt 42, 179, 180 f.), ist diese Regelung auch Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
Der neue Tatrichter wird deshalb festzustellen haben, inwieweit – über die vom Angeklagten im Vergleichswege bereits zugesagten Schadensersatzzahlungen in Höhe von 104.000 DM an die Nebenklägerinnen hinaus – entsprechende Schadensersatzansprüche bestehen. Dabei sind die Möglichkeiten der Zurückgewinnungshilfe (§ 111b Abs. 5 StPO) in Betracht zu ziehen. Weiterhin sind, da Gegenstand des Verfalls nach dem Wegfall des § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F. nur noch die Vorteile aus den verbleibenden ausländerrechtlichen Taten sein können, nur diese aus dem Gesamtumfang der Prostitutionserlöse zu berücksichtigen. Die hierzu noch vorzunehmenden Ermittlungen berühren die vom Landgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht, weshalb diese im vollen Umfang aufrechterhalten werden können. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, zusätzliche Feststellungen zu treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Bei der Neubemessung der Strafen wird die unerklärlich lange Zeitdauer des Revisionsverfahrens (Übersendung der Akten an den Generalbundesanwalt erst ein Jahr nach Eingang der Revisionsbegründung) zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13).
Harms Häger Basdorf Raum Brause

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 275/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 18. Dezember 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2003

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. Dezember 2002 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch des Verfalls von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Diese Maßnahme entfällt.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit Menschenhandel, schwerem Menschenhandel, Zuhälterei, Vergewaltigung, Raub, gefährlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung und Anstiftung zur Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat zudem den Verfall von Wertersatz in Höhe von 10.000 Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 30. Oktober 2003 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit das Rechtsmittel sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet. Jedoch hält die Anordnung des Verfalls von Wertersatz sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt : „Die Anordnung des Verfalls kann keinen Bestand haben. Insoweit hat das Landgericht die durch die Zuhältereihandlungen des Angeklagten betroffenen Frauen zu Unrecht nicht als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB angesehen (vgl. Senat, Beschluß vom 7. Mai 2003 – 5 StR 536/02 –).“ Der Senat schließt – weitergehend als der Generalbundesanwalt – aus, daß eine neue Hauptverhandlung zur Anordnung des Verfalls von Wertersatz führen kann.
Harms Häger Basdorf Raum Schaal