Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2016 - 5 StR 482/16

bei uns veröffentlicht am08.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 482/16
vom
8. November 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:081116B5STR482.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2016 beschlossen :
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 17. Mai 2016 nach § 349 Abs. 4 StPO

a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Schusswaffen und Munition und in weiterer Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis in 13 Fällen, wegen Nötigung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sieben Fällen verurteilt ist,

b) im Ausspruch betreffend die Einzelstrafen in den Fällen 8 bis 20 des Tatkomplexes 4 (Fahren ohne Fahrerlaubnis) aufgehoben ; diese Einzelstrafen entfallen.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Schusswaffen und Munition, wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen im Tatkomplex 4 fuhr der Angeklagte – obwohl er, wie er wusste, keine Fahrerlaubnis hatte – in 13 Fällen mit Kraftfahrzeugen zu einer von ihm angemieteten Garage, wo er einen Teil seines Betäubungsmittelvorrats verwahrte. Das Landgericht ist insoweit von jeweils eigenständigen Taten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis ausgegangen.
3
Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellen das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) und das Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 StVG) in den genannten Fällen keine eigenständigen Taten dar. Vielmehr ist Tateinheit gegeben, weil sie in der Ausführungshandlung zusammentreffen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 27. Januar 2016 – 5 StR 497/15). Zwar verhalten sich die Feststellungen nicht ausdrücklich zu den Gründen des Aufsuchens der Garage; es ist aber – wie zu Gunsten des Angeklagten anzunehmen ist – nicht ausgeschlossen und im Übrigen auch äußerst naheliegend, dass gerade diese Fahrten dazu dienten, Betäubungsmittelgeschäfte abzuwickeln.
4
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. Dem steht § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen, da sich der insoweit geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung und zum Wegfall der Einzelstrafaussprüche in den Fällen 8 bis 20 des Tatkomplexes 4 (Fahren ohne Fahrerlaubnis).
5
2. Angesichts der verbleibenden Einzelstrafen und des unverändert bleibenden Schuldgehalts kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung des Konkurrenzverhältnisses auf eine mildere Gesamtstrafe erkannt hätte.

Sander Schneider Dölp RiBGH Prof. Dr. König ist krankheitsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2016 - 5 StR 482/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2016 - 5 StR 482/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 21 Fahren ohne Fahrerlaubnis


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dies
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2016 - 5 StR 482/16 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2016 - 5 StR 497/15

bei uns veröffentlicht am 27.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 497/15 vom 27. Januar 2016 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:270116B5STR497.15.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtsho

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 497/15
vom
27. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:270116B5STR497.15.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2016 beschlossen :
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 13. August 2015 nach § 349 Abs. 4 StPO

a) im Schuldspruch dahingehend gefasst, dass der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe sowie mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt ist,

b) im Strafausspruch dahin geändert, dass unter Wegfall der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der dieser zugrundeliegenden beiden Einzelstrafen eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten festgesetzt wird.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei- bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit „vorsätzlichem unerlaubtem Besitz einer Schreckschusswaffe“ und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt (Einzelstrafen: drei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe , 60 Tagessätze Geldstrafe) und eine Maßregelentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellen das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) und das Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 StVG) keine eigenständigen Taten dar. Vielmehr ist Tateinheit gegeben, weil sie in der Ausführungshandlung zusammentreffen. Die vom Landgericht als selbständige Tat ausgeurteilte Fahrt diente nach den Feststellungen dem Verkauf von Teilmengen aus dem Heroinvorrat des Angeklagten, den dieser in seiner Wohnung bereithielt. Damit war die Verkaufsfahrt Teil des Handeltreibens (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Januar 2014 – 2 StR 507/13 mwN).
3
2. Die durch den Senat vorgenommene Schuldspruchänderung entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe und den beiden Einzelfreiheitsstrafen die Grundlage. Da die zutreffende rechtliche Bewertung des Konkurrenzverhältnisses den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat hier insgesamt aber nicht beeinflusst , setzt der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Freiheitsstrafe auf drei Jahre und vier Monate fest.
4
3. Ansonsten hat die rechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Festsetzung einer sogenannten isolierten Sperrfrist ist vorliegend noch hinreichend begründet (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14, NZV 2015, 252 [L]; Urteil vom 5. September 2006 – 1 StR 107/06, NStZ-RR 2007, 40; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 69 StGB Rn. 13, 13a).
Sander Dölp König
Berger Bellay

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.