Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2019 - 5 StR 87/19

bei uns veröffentlicht am19.06.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 87/19
vom
19. Juni 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
hier: Prozesskostenhilfe im Adhäsionsverfahren
ECLI:DE:BGH:2019:190619B5STR87.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juni 2019 gemäß § 404 Abs. 5 StPO beschlossen:
Dem Angeklagten wird im Adhäsionsverfahren für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt und Rechtsanwalt B. aus Fürstenwalde beigeordnet.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen und wegen Entziehung elektrischer Energie zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Außerdem hat es den Angeklagten verurteilt, der Adhäsionsklägerin E. sämtliche Schäden zu ersetzen, die dieser infolge der Entziehung elektrischer Energie zum Betrieb einer Cannabisplantage entstanden sind. Mit Beschluss vom 3. April 2019 hat der Senat das Urteil des Landgerichts hinsichtlich des Angeklagten aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
2
Mit an das Landgericht gerichtetem Schriftsatz vom 31. Oktober 2018 hatte der Angeklagte beantragt, ihm für die Revisionsinstanz im Adhäsionsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3
Im Adhäsionsverfahren ist über den Prozesskostenhilfeantrag für die jeweilige Instanz gesondert zu entscheiden (§ 404 Abs. 5 Satz 1 StPO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. März 2001 – 3 StR 25/01, NJW 2001, 2486 ff.; vom 27. Mai 2009 – 2 StR 103/09, NStZ-RR 2009, 253). Da die Voraussetzungen vorliegen, ist dem Angeklagten Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz zu bewilligen und ihm sein Verteidiger Rechtsanwalt B. beizuordnen (§ 404 Abs. 5 Satz 1, 2 Halbsatz 1 StPO). Eine auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkende Entscheidung ist hier möglich, weil der Antrag nicht rechtzeitig beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Erforderliche getan hatte (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2010 – 5 StR 179/10, BGHR StPO § 404 Abs. 5 Prozesskostenhilfe 1).
Mutzbauer König Berger
Mosbacher Köhler

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2019 - 5 StR 87/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2019 - 5 StR 87/19

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 119 Bewilligung


(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn d

Strafprozeßordnung - StPO | § 404 Antrag; Prozesskostenhilfe


(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2019 - 5 StR 87/19 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 119 Bewilligung


(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn d

Strafprozeßordnung - StPO | § 404 Antrag; Prozesskostenhilfe


(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2019 - 5 StR 87/19 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2019 - 5 StR 87/19 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Okt. 2010 - 5 StR 179/10

bei uns veröffentlicht am 13.10.2010

5 StR 179/10 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 13. Oktober 2010 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2010 beschlossen: Der Nebenklägerin D.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Mai 2009 - 2 StR 103/09

bei uns veröffentlicht am 27.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 103/09 vom 27. Mai 2009 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen gefährlicher Körperverletzung Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2009 beschlossen: Der Nebenklägerin Be. wird im Adhäsionsverfa

Referenzen

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.

(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 103/09
vom
27. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2009 beschlossen:
Der Nebenklägerin Be. wird im Adhäsionsverfahren für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin S. -R. aus Köln beigeordnet. Ihr weitergehender Antrag auf Bestellung von Rechtsanwältin S. -R. als Beistand für die Revisionsinstanz ist gegenstandslos.

Gründe:

1
1. Einer Entscheidung über den Antrag der Nebenklägerin, ihr auch für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. -R. aus Köln zu gewähren, bedarf es hinsichtlich des Strafverfahrens gegen die Angeklagten nicht. Die durch Beschluss des Landgerichts vom 7. Dezember 2007 erfolgte Bestellung von Rechtsanwältin S. -R. als Beistand nach § 397 a Abs. 1 Satz 1 StPO wirkt über die jeweilige Instanz hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens fort und erstreckt sich somit auch auf die Revisionsinstanz.
2
2. Dagegen ist im Adhäsionsverfahren über den Prozesskostenhilfeantrag der Nebenklägerin gesondert zu entscheiden. Die Bestellung als Beistand umfasst nicht das Adhäsionsverfahren (vgl. BGH NJW 2001, 2486; StraFo 2008, 131). Das Landgericht hat demgemäß der Nebenklägerin durch weiteren Beschluss vom 11. März 2008 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. -R. bewilligt. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wirkt jedoch nur für die jeweilige Instanz, § 404 Abs. 5 Satz 1 StPO i. V. m. § 199 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
3
Danach ist der Nebenklägerin im Adhäsionsverfahren Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz zu bewilligen und ihr Rechtsanwältin S. -R. insoweit zur Vertretung beizuordnen.
4
Die Nebenklägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen weiterhin nicht in der Lage, die Prozesskosten aufzubringen. Die Erfolgsaussichten ihres Schmerzensgeldanspruches sind nicht mehr zu prüfen (§ 404 Abs. 5 Satz 1 StPO i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Da die Angeklagten in der Revisionsinstanz durch ihre Verteidiger vertreten werden, ist der Nebenklägerin Rechtsanwältin S. -R. beizuordnen (§ 404 Abs. 5 Satz 2 StPO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO). Fischer Rothfuß Roggenbuck Appl Schmitt
5 StR 179/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2010

beschlossen:
Der Nebenklägerin D. wird im Adhäsionsverfahren für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin S. aus Berlin beigeordnet.
G r ü n d e
1
Im Adhäsionsverfahren ist über den Prozesskostenhilfeantrag der Nebenklägerin für die Revisionsinstanz gesondert zu entscheiden (vgl. BGH NJW 2001, 2486; NStZ-RR 2009, 253). Das Landgericht hat demgemäß der Geschädigten durch Beschluss vom 7. September 2009 Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren im ersten Rechtszug ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. bewilligt. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wirkt jedoch nur für die jeweilige Instanz, § 404 Abs. 5 Satz 1 StPO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO, so dass im Revisionsverfahren erneut zu entscheiden ist.
2
Danach ist vom Senat als dem mit der Sache befassten Gericht (§ 404 Abs. 5 Satz 3 StPO) der Nebenklägerin im Adhäsionsverfahren Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz zu bewilligen und ihr Rechtsanwältin S. zur Vertretung insoweit beizuordnen.
3
Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht dabei nicht entgegen, dass das Revisionsverfahren inzwischen rechtskräftig abgeschlossen ist. Freilich ist eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe, zumal nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss, grundsätzlich nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 1991 – 3 StR 142/91; Senge in KK 6. Aufl. § 397a Rdn. 4). Eine auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwir- kende Entscheidung kommt jedoch in Betracht, wenn der Antrag nicht rechtzeitig beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Erforderliche getan hat (vgl. BVerfG NStZ-RR 1997, 69; BGH NJW 1985, 921; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. § 397a Rdn. 15).
4
Auch vorliegend ist es geboten, der Adhäsionsklägerin rückwirkend Prozesskostenhilfe zu gewähren. Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2009 beantragte sie, ihr auch im Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren unter Beiordnung ihrer bisherigen Rechtsanwältin zu gewähren ; diesem Antrag fügte sie die erforderlichen Unterlagen bei. Der Antrag wurde vom Landgericht zu den Strafakten genommen, ist im Revisionsverfahren jedoch übersehen worden.
5
Die Nebenklägerin war nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen weiterhin nicht in der Lage, die Prozesskosten aufzubringen. Die Erfolgsaussichten ihres Schmerzensgeldanspruches waren nicht mehr zu prüfen (§ 404 Abs. 5 Satz 1 StPO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der Nebenklägerin ist Rechtsanwältin S. beizuordnen, die der Antragstellerin bereits als Nebenklagevertreterin beigeordnet war (§ 404 Abs. 5 Satz 2 StPO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO).
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(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.