Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2003 - I ZB 36/02

bei uns veröffentlicht am10.04.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
10. April 2003
I ZB 36/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Auswärtiger Rechtsanwalt II
Beauftragt ein gewerbliches Unternehmen, das über eine eigene, die Sache bearbeitende
Rechtsabteilung verfügt, für die Führung eines Prozesses vor einem
auswärtigen Gericht einen am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalt,
sind dessen im Zusammenhang mit der Terminswahrnehmung anfallenden Reisekosten
im allgemeinen keine notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung oder
-verteidigung. Dies gilt grundsätzlich auch für das Verfahren der einstweiligen
Verfügung.
BGH, Beschl. v. 10. April 2003 – I ZB 36/02 – OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. April 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm
, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20. September 2002 wird auf Kosten der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 609,78 esetzt.

Gründe:


I.


Die Verfügungsklägerin ist ein größeres, in Berlin ansässiges Mineralölunternehmen. In einem wettbewerbsrechtlichen Streit mit der Verfügungsbeklagten beauftragte sie die Rechtsanwälte einer in Berlin, Düsseldorf, Hamburg und München ansässigen überörtlichen Sozietät, die für sie beim Landgericht Mannheim eine Beschlußverfügung erwirkten und nach Widerspruch den Verhandlungstermin vor dem Landgericht wahrnahmen. Das Landgericht bestätigte die einstweilige Verfügung und erlegte der Verfügungsbeklagten die Kosten des Rechtsstreits auf.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Verfügungsklägerin beantragt, auch die Kosten der Reise ihres Berliner Prozeßbevollmächtigten zum Verhandlungs-
termin in Mannheim festzusetzen. Das Landgericht hat diesen Antrag abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Verfügungsklägerin, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Reisekosten weiterverfolgt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Mit Recht hat das Beschwerdegericht die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Berliner statt eines Mannheimer Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen.
Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt davon ab, ob es für die Verfügungsklägerin notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Berlin ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Diese Frage hat das Beschwerdegericht zutreffend verneint.
Der Bundesgerichtshof hat allerdings entschieden, daß es sich im allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung handelt, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900 f.; Beschl. v. 12.12.2002 – I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 – Auswärtiger Rechtsanwalt). Diese Regel kennt indessen Aus-
nahmen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u.a. regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH NJW 2003, 898, 901). In diesen Fällen ist davon auszugehen , daß der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist unter diesen Voraussetzungen weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Nach der schriftlichen Übermittlung der erforderlichen Informationen können Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens ebenfalls schriftlich oder telefonisch erfolgen. Im Hinblick auf die modernen Kommunikationsformen ist auch eine Verzögerung nicht zu befürchten , wenn ein am Sitz des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt beauftragt wird. Diese Grundsätze gelten auch für das Verfügungsverfahren (vgl. auch BGH NJW 2003, 898, 901).
Die Reisekosten des Berliner Anwalts sind danach im Streitfall keine notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts unterhält die Verfügungsklägerin eine eigene Rechtsabteilung; die Angelegenheit ist dort von einem Syndikus, also von einem Mitarbeiter mit juristischer Qualifikation, bearbeitet worden. Die Verfügungsklägerin hätte unter diesen Umständen einen Mannheimer Rechtsanwalt beauftragen und ihm die erforderlichen Informationen schriftlich zukommen lassen können. Besonderheiten des Sachverhalts, die eine persönliche Kontaktaufnahme erfordert hätten, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2003 - I ZB 36/02

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2003 - I ZB 36/02

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
12. Dezember 2002
I ZB 29/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Beauftragt eine Partei, die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mit
ihrer Vertretung einen auswärtigen Rechtsanwalt, der beim Prozeßgericht zwar
postulationsfähig, aber nicht zugelassen ist, handelt es sich bei dem dadurch anfallenden
Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten, die für eine zweckentsprechende
Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig sind. Dies gilt auch dann,
wenn der auswärtige Anwalt bereits vorprozessual in derselben Angelegenheit tätig
war.
BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2002 – I ZB 29/02 – OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg
, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Juli 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 83,18 esetzt.

Gründe:


I. Die bis Juli 2000 in Pfinztal-Söllingen im Landgerichtsbezirk Karlsruhe und danach in Eisenach ansässige Beklagte wurde vor dem Landgericht Karlsruhe mit Klage vom 5. Januar 2000 auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit ihrer Vertretung beauftragte sie die Rechtsanwälte einer u.a. in Stuttgart ansässigen überörtlichen Sozietät, die sie ständig vertreten und auch in dieser Sache bereits außergerichtlich für sie tätig geworden waren. Die beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe nahm für sie ein Stuttgarter Rechtsanwalt dieser Sozietät wahr, der beim Landgericht Karlsruhe nicht zugelassen ist. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Karlsruhe hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagte hat u.a. die Festsetzung folgender Kosten für die Wahrnehmung der beiden Verhandlungstermine vor dem Landgericht Karlsruhe durch ihre Prozeßbevollmächtigten begehrt:
Termin vom 18.10.2000: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Parkgebühren gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO 8,00 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 60,00 DM Termin vom 2.5.2001: Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (142 km × 0,52 DM) 73,84 DM Abwesenheitsgeld gemäß § 28 Abs. 3 BRAGO 30,00 DM Summe 245,68 DM
Hiervon hat das Landgericht lediglich einen Betrag in Höhe von 42,44 83 DM) zuerkannt. Dies entspricht den Kosten, die der Beklagten im Falle der Beauftragung eines Karlsruher Rechtsanwalts für eine Informationsreise entstanden wären (Fahrtkosten: 20 km × 0,40 DM/km + Verdienstausfall: 3 St. × 25 DM/St.).
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der nicht zuerkannten Reisekosten in Höhe von 83,18 162,68 DM) nebst Zinsen weiterverfolgt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Stuttgarter statt eines Karlsruher Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Auch wenn seit dem 1. Januar 2000 nach § 78 Abs. 1 ZPO jeder bei einem Land-
gericht zugelassene Rechtsanwalt bei jedem anderen Landgericht postulationsfä- hig sei, seien nur die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Denn die Erweiterung des örtlichen Tätigkeitsbereichs der Rechtsanwälte habe nichts daran geändert, daß Prozeßkosten nach § 91 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur im Rahmen des Notwendigen zu erstatten seien. Die Zuziehung eines in Stuttgart ansässigen statt eines Karlsruher Rechtsanwalts sei in diesem Sinne nicht notwendig gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die mit der Prozeßvertretung beauftragten Rechtsanwälte schon außergerichtlich für die Beklagte tätig gewesen seien.
2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

a) Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt allein davon ab, ob es für die Beklagte notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Stuttgart ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der die Reisekosten des beim Prozeßgericht zugelassenen , aber nicht am Ort des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts generell nicht zu erstatten sind, findet im Streitfall – entgegen einer in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. OLG Hamburg OLG-Rep 2001, 96, 97; OLG Zweibrücken NJW-RR 2001, 1001, 1002; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 18; Bischof, MDR 2000, 1357, 1359) – keine Anwendung. Wie der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 16. Oktober 2002 (VIII ZB 30/02, Umdruck S. 7 ff.) entschieden hat, steht der Wortlaut des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO einer unmittelbaren Anwendung, das Fehlen einer Regelungslücke einer entsprechenden Anwendung entgegen.

b) Für die Frage, ob die Zuziehung eines nicht beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO als zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig anzusehen ist, sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Der Streitfall zeichnet sich dadurch aus, daß die Beklagte im eigenen Gerichtsstand in Karlsruhe verklagt worden ist, mit ihrer Vertretung jedoch einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt hat, der zwar vor dem Landgericht Karlsruhe auftreten konnte (§ 78 Abs. 1 ZPO), dort aber nicht zugelassen war. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, mit ihrer Vertretung jedoch einen am Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Die dritte Kategorie betrifft die Fälle, in denen eine Partei bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird und mit ihrer Vertretung einen Rechtsanwalt beauftragt, der an einem dritten Ort – also weder am Wohn- oder Geschäftsort der Partei noch im Bezirk des Prozeßgerichts – ansässig ist.
Für die zweite Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 ff.). Diese Entscheidung sagt indessen nichts darüber aus, ob regelmäßig auch die Beauftragung eines auswärtigen, also nicht am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts als notwendig angesehen werden kann. Diese Frage ist jedenfalls für die hier allein zu entscheidende erste Konstellation zu verneinen, in der die Partei – wie vorliegend – im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird (ebenso OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302; OLG Koblenz JurBüro 2002, 202).
aa) Bei der Prüfung, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist,
steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht.
bb) Als Regelfall kann davon ausgegangen werden, daß eine vernünftige, kostenbewußte Partei, die im Anwaltsprozeß am eigenen Sitz klagen möchte oder am eigenen Sitz verklagt wird, einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei hat, in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, Umdruck S. 10 f.). Dies ist ausgesprochen worden für diejenigen Fälle, in denen eine Partei vor einem auswärtigen Gericht klagen möchte oder verklagt wird, gilt aber um so mehr für eine Partei, die einen Prozeß im eigenen Gerichtsstand führen möchte oder führen muß. Die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts empfiehlt sich hier in aller Regel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die einfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und Beratung.
cc) Von der Regel, daß im allgemeinen allein die Beauftragung eines beim Prozeßgericht zugelassenen, in seinem Bezirk ansässigen Rechtsanwalts notwendig ist, kann es Ausnahmen geben. Im Streitfall liegt eine solche Ausnahme aber nicht vor.
Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheint dann als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht
beauftragt werden kann (vgl. MünchKomm.ZPO/Belz, 2. Aufl., § 91 Rdn. 27; Zöller /Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13 Stichwort „Reisekosten des Anwalts“ m.w.N.). Dagegen rechtfertigt der Umstand, daß die Partei ständig mit dem beauftragten auswärtigen Rechtsanwalt zusammenarbeitet, kein Abweichen von der Regel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einschätzung der Notwendigkeit in diesen Fällen stets subjektiv geprägt ist. Für eine Partei mögen die zusätzlichen Reisekosten unerheblich erscheinen, solange sie nur den Anwalt ihres Vertrauens beauftragen kann. Doch muß sie in diesem Fall bereit sein, diese Zusatzkosten auch dann selbst zu tragen, wenn dem Gegner die Prozeßkosten auferlegt worden sind.
Der Umstand, daß der mit der Prozeßvertretung beauftragte auswärtige Rechtsanwalt bereits für die Partei in derselben Angelegenheit vorprozessual tätig war, stellt ebenfalls keinen Grund dar, von der beschriebenen Regel abzuweichen (a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 998; NJW-RR 2001, 998, 999). Zwar ist der Rechtsbeschwerde einzuräumen, daß es im allgemeinen immer dann, wenn bereits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengünstiger ist, diesen Rechtsanwalt auch mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Denn die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO wird auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO angerechnet (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO), während bei Beauftragung eines anderen Anwalts beide Gebühren nebeneinander geschuldet werden. Doch ist für die Frage , ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist, nicht erst auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der auswärtige Rechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten Partei, schon vorprozessual einen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. OLG Frankfurt a.M. OLG-Rep 2000, 301, 302). Im übrigen ist für die Frage der Notwendigkeit be-
stimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen auch auf die Sicht der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragen hat. Aus deren Sicht gibt es keine Kostenersparnis durch Beauftragung eines auswärtigen, bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts, weil diese Kosten nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und daher in keinem Fall erstattungsfähig sind.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)