Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2012 - I ZR 1/11

bei uns veröffentlicht am28.06.2012
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 37 O 89/08, 17.09.2009
Oberlandesgericht Düsseldorf, 20 U 170/09, 07.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 1/11 Verkündet am:
28. Juni 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Parfumflakon II
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 93 Abs. 5; Brüssel-I-VO Art. 5 Nr. 3
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 93
Abs. 5 der Verordnung (EG) 40/1994 des Rates vom 20. Dezember 1993 über
die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG Nr. L 11 vom 14. Januar 1994, S. 1) und zur
Auslegung des Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) 44/2001 des Rates vom
22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG
Nr. L 12 vom 16. Januar 2001, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung
vorgelegt:
1. Ist Art. 93 Abs. 5 der Verordnung (EG) 40/94 dahin auszulegen, dass eine
Verletzungshandlung in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) im Sinne von
Art. 93 Abs. 5 der Verordnung (EG) 40/94 begangen worden ist, wenn durch
eine Handlung in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat B) eine Teilnahme
an der im erstgenannten Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) begangenen
Rechtsverletzung erfolgt?
2. Ist Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) 44/2001 dahin auszulegen, dass das
schädigende Ereignis in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) eingetreten ist,
wenn die unerlaubte Handlung, die Gegenstand des Verfahrens ist oder aus
der Ansprüche abgeleitet werden, in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat

B) begangen ist und in der Teilnahme an der im erstgenannten Mitgliedstaat
(Mitgliedstaat A) erfolgten unerlaubten Handlung (Haupttat) besteht
?
BGH, Beschluss vom 28. Juni 2012 - I ZR 1/11 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. April 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt. II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 93 Abs. 5 der Verordnung (EG) 40/1994 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG Nr. L 11 vom 14. Januar 1994, S. 1) und zur Auslegung des Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG Nr. L 12 vom 16. Januar 2001, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist Art. 93 Abs. 5 der Verordnung (EG) 40/94 dahin auszulegen , dass eine Verletzungshandlung in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) im Sinne von Art. 93 Abs. 5 der Verordnung (EG) 40/94 begangen worden ist, wenn durch eine Handlung in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat B) eine Teilnahme an der im erstgenannten Mitgliedstaat (Mitgliedstaat
A) begangenen Rechtsverletzung erfolgt? 2. Ist Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) 44/2001 dahin auszulegen , dass das schädigende Ereignis in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) eingetreten ist, wenn die unerlaubte Handlung , die Gegenstand des Verfahrens ist oder aus der Ansprüche abgeleitet werden, in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat B) begangen ist und in der Teilnahme an der im erstgenannten Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) erfolgten unerlaubten Handlung (Haupttat) besteht?

Gründe:


1
I. Die Klägerin produziert und vertreibt Parfüm- und Kosmetikerzeugnisse. Sie leitet Rechte aus der nachfolgend abgebildeten, für Parfümeriewaren eingetragenen dreidimensionalen (schwarz/weißen) Gemeinschaftsmarke Nr. 003788767 ab:
2
Die Klägerin vertreibt in einem der Gemeinschaftsmarke nachgebildeten farbig gestalteten und beschrifteten Flakon das Damenparfüm „Davidoff Cool Water Woman“.
3
Die Beklagte, eine in Belgien ansässige Gesellschaft, betreibt den Großhandel mit Parfüms. Zu ihrer Produktpalette gehört ein Damenparfüm, das sie unter der Bezeichnung „Blue Safe for Women“ anbietet. Im Januar 2007 verkaufte sie das Parfüm an den in Deutschland geschäftsansässigen Stefan P.
4
Die Klägerin hat in dem Vertrieb des Parfümerzeugnisses durch die Beklagte in dem im Klageantrag abgebildeten Parfümflakon eine Markenverletzung , eine unzulässige vergleichende Werbung und eine unlautere Nachahmung gesehen. Sie hat behauptet, von der Markeninhaberin, der Zino Davidoff S.A., Schweiz, zur Geltendmachung der Ansprüche aus der Gemeinschaftsmarke ermächtigt zu sein. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass Stefan P.
beabsichtigt habe, das in Belgien erworbene Parfüm in Deutschland weiterzuverkaufen.
5
Die Klägerin hat beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, 1. Auskunft zu erteilen,
a) über Namen und Anschrift desjenigen, von dem die Beklagte die von ihr an Kunden in Deutschland, unter anderem Stefan P. Warenhandel, veräußerten Parfüms mit der Bezeichnung „Blue Safe for Women“ in dem nachstehend eingeblendeten Flakon erworben hat unter Vorlage der Lieferbelege: hilfsweise:
b) über Namen und Anschrift desjenigen, von dem die Beklagte die von ihr an Kunden in Deutschland, unter anderem Stefan P. Warenhandel, veräußerten Parfüms mit der Bezeichnung „Blue Safe for Women“ in dem nachstehend eingeblendeten Flakon erworben hat und unter Vorlage der Lieferbelege, soweit dieser Verkäufer in Deutschland geschäftsansässig ist: (es folgt die vorstehend unter I 1 a wiedergegebene Abbildung); 2. an die Klägerin 1.379,80 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2007 zu zahlen, hilfsweise hierzu: die Klägerin von Kostenforderungen ihrer Verfahrensbevollmächtigten für die außergerichtliche Vertretung im Abmahnverfahren bis zu einem Betrag in Höhe von 1.379,80 € freizustellen; II. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der aus dem Vertrieb des Parfüms mit der Bezeichnung „Blue Safe for Women“ in der zu Ziffer I 1 a bezeichneten Ausstattung nach Deutschland entstanden ist und noch entstehen wird.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es die Klage als unzulässig abgewiesen hat.
7
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
8
II. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 93 Abs. 5 der Verordnung (EG) 40/1994 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EG Nr. L 11 vom 14. Januar 1994, S. 1 - nachfolgend GMV) und des Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (ABl. EG Nr. L 12 vom 16. Januar 2001, S. 1 - nachfolgend Brüssel-I-VO) ab. Vor der Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
9
1. Das Berufungsgericht hat für die Klage gegen die in Belgien ansässige Beklagte die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung und nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10
Die Beklagte selbst habe in Deutschland keine Rechtsverletzung begangen. Die Klägerin habe den ihr obliegenden Beweis nicht geführt, dass die Beklagte die Parfümflakons nach Deutschland geliefert habe. Vielmehr dürfte im Gegenteil davon auszugehen sein, dass der Käufer Stefan P. die Waren bei der Beklagten in Belgien erworben und abgeholt habe. Dort seien der Handlungsort und der Ort, an dem der Primärschaden eingetreten sei.
11
Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich auch nicht aus einer Beihilfe der Beklagten zu einer etwaigen Verletzungshandlung des deutschen Käufers. Wenn der Vertrieb der Parfümflakons die Gemeinschaftsmarke verletze , sei die Beklagte Täterin. Als solche könne sie nicht auch Teilnehmerin einer etwaigen Verletzungshandlung des deutschen Käufers sein.
12
2. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren in der Revisionsinstanz kumulativ auf die Gemeinschaftsmarke Nr. 003788767 und auf wettbewerbsrechtliche Tatbestände sowie hilfsweise - soweit eine kumulative Klagehäufung ausscheidet - in erster Linie auf die Gemeinschaftsmarke und in zweiter Linie auf Wettbewerbsrecht gestützt. Für die Beurteilung des Streitfalls kommt es auf die Frage an, ob die deutschen Gerichte zur Entscheidung über die Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz und Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten wegen Verletzung der Klagemarke und wegen Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Tatbestände international zuständig sind.
13
3. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke kann sich im Streitfall nur aus Art. 93 Abs. 5 GMV ergeben. Die Vorschrift entspricht Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. EU Nr. L 78 vom 24. März 2009, S. 1), die an die Stelle der Verordnung (EG) 40/94 getreten ist. Im vorliegenden Rechtsstreit findet jedoch im Hinblick auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitraum, der vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 am 13. April 2009 liegt, die Verordnung 40/94 Anwendung (vgl. EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-323/09, GRUR 2011, 1124 Rn. 3 = WRP 2011, 1550 - Interflora/Marks & Spencer). Die Handlung, die Auslöser des Rechtsstreits ist, fand im Januar 2007 statt (Verkauf der Parfümflakons durch die Beklagte an Stefan P.).
14
a) Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 93 Abs. 1 bis 3 GMV scheidet aus, weil die Beklagte in einem anderen Mitgliedstaat geschäftsansässig ist. Die internationale Zuständigkeit ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht nach Art. 93 Abs. 4 Buchst. b GMV begründet worden. Nach dieser Vorschrift ist Art. 18 des Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens anzuwenden, wenn der Beklagte sich auf das Verfahren vor einem anderen Gemeinschaftsgericht einlässt. Mit Inkrafttreten der Brüssel-I-VO am 1. März 2002 ist nach ihrem Art. 68 Abs. 2 an die Stelle des Art. 18 des Gerichts- und Vollstreckungsübereinkommens in Art. 93 Abs. 4 Buchst. b GMV Art. 24 Brüssel-I-VO getreten. Danach wird ein Gericht zuständig , wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, weil die Beklagte die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts bereits mit dem ersten Verteidigungsvorbringen (Schriftsatz vom 13. Mai 2008) gerügt hat. Die Beklagte hat dort zwar nicht ausdrücklich das Fehlen der internationalen Zuständigkeit beanstandet, sondern sich auf eine mangelnde örtliche Zuständigkeit des zunächst angerufenen Landgerichts Berlin berufen. Das reicht jedoch für eine Rüge aus. Das Fehlen der internationalen Zuständigkeit muss nicht ausdrücklich geltend gemacht werden. Die Rüge kann vielmehr - wovon im Zweifel auszugehen ist - auch in der Rüge der örtlichen Unzuständigkeit enthalten sein (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 256/04, NJWRR 2005, 1518, 1519). Von einer konkludenten Rüge auch des Fehlens der internationalen Zuständigkeit ist im Streitfall auszugehen. Die Beklagte hat die (örtliche) Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts unter Hinweis darauf geltend gemacht, dass der Abnehmer Stefan P. die in Rede stehenden Erzeugnisse bei ihr in Belgien abgeholt hat. Darin liegt zugleich eine schlüssige Rüge im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
15
b) Nach Art. 93 Abs. 5 GMV können die Verfahren, die durch die in Art. 92 GMV genannten Klagen und Widerklagen - ausgenommen Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung einer Gemeinschaftsmarke - anhängig gemacht werden, auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht oder in dem eine Handlung nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GMV begangen worden ist. Zu den Klagen in diesem Sinne zählen alle Klagen wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke (Art. 92 Buchst. a GMV). Hierzu rechnet die vorliegende Klage , mit der die Klägerin Auskunfts- und Schadensersatzansprüche sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke geltend macht. Für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte kommt es daher grundsätzlich darauf an, ob die Klägerin eine im Inland begangene Verletzungshandlung der Beklagten im Sinne des Art. 93 Abs. 5 GMV schlüssig vorgetragen hat (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO EuGH, Urteil vom 19. April 2012 - C-523/10, GRUR 2012, 654 Rn. 26 - Wintersteiger/Products 4U; BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 19).
16
aa) Im Streitfall kann sich eine Verletzung der Klagemarke durch die Beklagte im Inland nur daraus ergeben, dass sie die beanstandeten Parfümflakons in Belgien an ihren Abnehmer Stefan P. veräußert und dieser im Inland eine Markenverletzung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV begangen hat.
17
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe die Parfümflakons nach Deutschland geliefert, während die Beklagte vorgetragen hat, die Parfümflakons Stefan P. in Belgien übergeben zu haben. Damit ist zwischen den Parteien der Ort der Verletzungshandlung, der Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit ist, streitig. In einem solchen Fall trifft die Klägerin die Beweislast, dass die Beklagte die Parfümflakons nach Deutschland geliefert hat. Den ihr obliegenden Nachweis einer Lieferung nach Deutschland hat die Klägerin nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht geführt. Es ist daher von dem Vortrag der Beklagten, den sich die Klägerin hilfsweise zu eigen gemacht hat, auszugehen, nach dem der Abnehmer Stefan P. die Parfümflakons in Belgien erworben und nach Deutschland transportiert hat. Die Beklagte hat hierzu geltend gemacht, Stefan P. habe die Parfümflaschen entgegen Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV im Inland vertrieben und die Beklagte habe ihm durch den Verkauf bei der Markenverletzung geholfen. Ihr sei bekannt gewesen, dass Stefan P. das in Belgien erworbene Parfüm in Deutschland habe weiterverkaufen wollen. Die Beklagte sei Gehilfin der von Stefan P. begangenen Markenverletzung und deshalb ebenfalls für die Verwirklichung des Verletzungstatbestandes verantwortlich. Das reicht für ein schlüssiges Vorbringen zu einer Haftung der Beklagten als Gehilfin einer Markenverletzung von Stefan P. aus.
18
Ob die Einfuhr und der Vertrieb der Parfümflakons in Deutschland durch Stefan P. eine Verletzung der Gemeinschaftsmarke im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV darstellen und ob die Beklagte hierzu Beihilfe geleistet hat, erfordert allerdings tatrichterliche Feststellungen. Hierzu rechnen die Bestimmung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke und die Ähnlichkeit der Kollisionszeichen und der von ihnen erfassten Waren. Weiter zählen dazu Feststellungen , ob die Beklagte die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Beihilfe zu einer Markenverletzung verwirklicht hat. Diese tatrichterlichen Feststellungen fehlen bislang. Das ist jedoch unschädlich, weil sie zur Beurteilung der Begründetheit der Klage gehören und ihre Klärung nicht schon bei der Prüfung der Verletzungshandlung im Sinne des Art. 93 Abs. 5 GMV erforderlich ist. Folglich ist der Prüfung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 93 Abs. 5 GMV der Vortrag der Klägerin zugrunde zu legen, dass Stefan P. die Parfümflakons entgegen Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV in das Inland eingeführt und hier vertrieben hat und die Beklagte durch den Verkauf in Belgien hierzu Hilfe geleistet hat.
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bb) Nicht als geklärt angesehen werden kann, ob eine Verletzungshandlung in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) - hier Deutschland - im Sinne von Art. 93 Abs. 5 GMV begangen worden ist, wenn durch eine Handlung in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat B) - vorliegend Verkauf und Vertrieb der Parfümflakons durch die Beklagte an Stefan P. in Belgien - eine Beihilfe zu der im erstgenannten Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A)begangenen Rechtsverletzung - hier Einfuhr und Vertrieb der Parfümflakons durch Stefan P. in Deutschland - geleistet wird.
20
(1) Überwiegend wird angenommen, dass für die Frage, in welchem Mitgliedstaat eine Verletzungshandlung im Sinne von Art. 93 Abs. 5 GMV begangen worden ist, sowohl auf den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort ) als auch auf den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort), abzustellen ist. Die Bestimmung des Handlungs- und des Erfolgsorts soll sich nach denselben Maßstäben richten, nach denen sich der Ort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO bestimmt, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (vgl. Eisenführ in Eisenführ/Schennen, Gemeinschaftsmarkenverordnung , 3. Aufl., Art. 97 Rn. 11; Bumiller, Durchsetzung der Gemeinschaftsmarke in der Europäischen Union, 1997, 17; Schaper, Durchsetzung der Gemeinschaftsmarke , 2006, S. 87 ff. insbes. S. 99 f.; Knaak, GRUR Int. 1997, 864, 866; Schulte-Beckhausen, WRP 1999, 300, 301 f.; Kouker, Mitt. 2000, 241, 245; Wichard, ZEuP 2002, 23, 49; Fayaz, GRUR Int. 2009, 459, 463; für eine Beschränkung auf den Handlungsort: Kohler, Festschrift Everling (1995), S. 651, 659 f.; Kreuzer/Klötgen, IPRax 1997, 90, 95; zum inhaltsgleichen Art. 82 Abs. 5 GGV auch Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung, 2. Aufl., Art. 82 Rn. 27; offengelassen österr. OGH, GRUR Int. 2009, 74, 75; für eine Beschrän- kung auf den Marktort für Verletzungshandlungen im Sinne von Art. 98 Abs. 2 GMV Tilmann, GRUR Int. 2001, 673, 676).
21
Der Senat neigt ebenfalls diesem Ergebnis zu. Hierfür sprechen Sinn und Zweck des Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO und des Art. 93 Abs. 5 GMV. Die Zuständigkeitsregel des Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO beruht darauf, dass zwischen der Streitigkeit und den Gerichten des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - C-509/09 und 161/10, GRUR 2012, 300 Rn. 40 - eDate Advertising/X und Martinez/MGN; EuGH GRUR 2012, 654 Rn. 18 - Wintersteiger/Products 4U). Diese Überlegung liegt ersichtlich auch der Bestimmung des Art. 93 Abs. 5 GMV zugrunde, die eine von Art. 93 Abs. 1 bis 4 GMV abweichende internationale Zuständigkeit am Ort der Verletzungshandlung begründet.
22
Gegen die Übertragung der Maßstäbe des Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO auf Art. 93 Abs. 5 GMV spricht nicht die Systematik der Bestimmungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung. Danach nimmt zwar Art. 90 Abs. 2 Buchst. a GMV die Vorschrift des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ und nunmehr des Art. 5 Nr. 3 Brüssel -I-VO von der Anwendung aus und regelt die Zuständigkeit in Art. 93 Abs. 5 GMV gesondert. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass Art. 93 Abs. 5 GMV einen von Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO abweichenden Regelungsgehalt hat. Die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Art. 93 Abs. 1 bis 3 GMV bestimmen die gerichtliche Zuständigkeit teilweise abweichend von den Vorschriften der Brüssel-I-Verordnung. Mit der Zuständigkeitsbestimmung des Art. 93 GMV hat der Verordnungsgeber insgesamt eine eigenständige Regelung der internationalen Zuständigkeit in der Gemeinschaftsmarkenverordnung geschaffen, ohne dass dies Rückschlüsse auf eine fehlende inhaltliche Parallelität zwischen Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO und Art. 93 Abs. 5 GMV erlaubt.
23
Auch der unterschiedliche Wortlaut zwischen Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO („Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“) und Art. 93 Abs. 5 GMV („Verletzungshandlung begangen worden ist“) zwingt nicht zu der Annahme , die beiden Vorschriften hätten einen unterschiedlichen Inhalt (vgl. Schaper aaO S. 90 f.). Für dieses Ergebnis spricht ein Vergleich mit Art. 101 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. EG Nr. L 227 vom 1. September 1994, S. 1). Nach dieser Vorschrift können Verfahren für Klagen, die Ansprüche wegen Verletzungshandlungen betreffen, auch bei dem Gericht des Ortes anhängig gemacht werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. In diesem Fall ist das Gericht nur für die Verletzungshandlungen zuständig, die in dem Mitgliedstaat begangen worden sind, zu dem es gehört.
24
In dieser Bestimmung hat der Verordnungsgeber den Begriff der Verletzungshandlung aus dem kurz zuvor erlassenen Art. 93 Abs. 5 GMV mit dem Ort des schädigenden Ereignisses aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ kombiniert. Umfasst der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, in Art. 101 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 auch den Erfolgsort - wie dies zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ und Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO angenommen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 30. November 1976 - 21/76, Slg. 1976, 1735 Rn. 24 und 25 = NJW 1977, 493, 494 - Mines de potasse d'Alsace; Urteil vom 16. Juli 2009 - C-189/08, Slg. 2009, I-6917 = NJW 2009, 3501 Rn. 23 - Zuid-Chemie) - kann die durch Art. 101 Abs. 3 Satz 2 dieser Verordnung bestimmte Entscheidungsbefugnis des Gerichts für „die Verletzungshandlungen, die in dem Mitgliedstaat begangen worden sind, zu dem es gehört“, sinnvollerweise nicht auf den Handlungsort beschränkt sein (vgl. Schaper aaO S. 90). Einen naheliegenden Sinn ergibt die Bestimmung dagegen, wenn sich „Verletzungshandlung, die in dem Mitgliedstaat begangen worden ist“ und „Ort des schädigenden Ereignisses“ entsprechen. Dann ist ein Gerichtsstand am Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) und am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) begründet und das angerufene Gericht kann über die Verletzungshandlungen entscheiden, die den Gerichtsstand begründen. Hat der Verordnungsgeber in Art. 101 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 die in Rede stehenden Begriffe aber gleichgesetzt, spricht der unterschiedliche Wortlaut von Art. 93 Abs. 5 GMV und Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO nicht gegen deren parallele Auslegung.
25
(2) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO bezeichnet der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (vgl. EuGH, Urteil vom 7. März 1995 - C-68/93, Slg. 1995, I-415 = GRUR Int. 1998, 298 Rn. 20 f. - Shevill; EuGH, GRUR 2012, 300 Rn. 41 - eDate Advertising/X und Martinez/MGN).
26
Im vorliegenden Revisionsverfahren ist nach dem Vortrag der Klägerin davon auszugehen, dass Stefan P. die beanstandeten Parfümflakons nach Deutschland eingeführt und dort weitervertrieben hat und Handlungs- und Erfolgsort insoweit in Deutschland liegen.
27
Kommt es für die Anwendung des Art. 93 Abs. 5 GMV auf den Handlungs - und Erfolgsort an, ist zu erwägen, ob am Handlungs- oder Erfolgsort der Haupttat zugleich auch ein Handlungs- oder Erfolgsort der Verletzungshandlung eines Teilnehmers im Sinne von Art. 93 Abs. 5 GMV begründet ist (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO österr. OGH, Beschluss vom 8. Juli 2003 - 4 Ob 122/03z, ZfRV 2003, 226; OLG Frankfurt, ZIP 2006, 2385, 2386 f.; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 22; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht , 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 236; Kropholler/v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 83b; Stein/Jonas/Wagner, ZPO, 22. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 153; Simotta in Fasching/Konecny, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen, Wien, 2008, Art. 5 EuGVVO Rn. 297; Heinze, Einst- weiliger Rechtsschutz im europäischen Immaterialgüterrecht, 2007, S. 226; aA Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 20a; Rauscher /Leible, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 2011, Art. 5 Brüssel -I-VO Rn. 88 f.; Weller, IPRax 2000, 202, 205; vgl. zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO auch Vorabentscheidungsersuchen LG Düsseldorf, Beschluss vom 29. April 2011 - 15 O 601/09, RIW 2011, 810, anhängig beim EuGH unter C-228/11). Da einem Teilnehmer die Verletzungshandlungen des Haupttäters zuzurechnen sind, könnte für die Frage, wo die Verletzungshandlung des Teilnehmers im Sinne des Art. 93 Abs. 5 GMV begangen ist, auch der Handlungsort der Haupttat maßgeblich sein. Dementsprechend hat der österreichische Oberste Gerichtshof die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte für eine Klage gegen ein italienisches Unternehmen bejaht, das durch den Verkauf markenrechtsverletzender Waren in Italien an österreichische Händler eine Beihilfe zu einem Markenrechtseingriff der Händler in Österreich geleistet hat (österr. OGH, ZfRV 2003, 226).
28
Im vorliegenden Fall ist die Klagemarke nach dem Vortrag derKlägerin von Stefan P. in Deutschland verletzt worden. Handlungs- und Erfolgsort liegen insoweit im Inland. Ist der Beklagten als Teilnehmerin diese Verletzungshandlung auch im Rahmen des Art. 93 Abs. 5 GMV zuzurechnen, wäre die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte vorliegend begründet.
29
Kommt es für die Anwendung des Art. 93 Abs. 5 GMV auch auf den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs an (Erfolgsort), kommt in Betracht, den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs durch den Haupttäter zugleich auch als den Ort anzusehen, an dem der Schadenserfolg der Teilnahmehandlung eingetreten ist (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO auch BGH, Urteil vom 15. November 2011 - XI ZR 54/09, BKR 2012, 78 Rn. 31 ff.). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ - Gleiches gilt für Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO - das Ziel der Verwirklichung einer ge- ordneten Rechtspflege zugrunde. Danach ist das Gericht jedes Mitgliedstaates, in dem die Verletzungshandlung erfolgt ist, örtlich am besten geeignet, um die in diesem Staat erfolgte Handlung zu beurteilen und den Umfang des entsprechenden Schadens zu bestimmen (vgl. EuGH NJW 1995, 1881 Rn. 31 - Shevill ). Dieser Gedanke ist nach Ansicht des Senats auch auf die Zuständigkeit der Gemeinschaftsmarkengerichte nach Art. 93 Abs. 5 GMV wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke übertragbar. Vor diesem Hintergrund besteht aus Sicht des Senats auch ein beachtenswertes Interesse, die Zuständigkeit des Gemeinschaftsmarkengerichts nach Art. 93 Abs. 5 GMV nicht auf Ansprüche gegen den Haupttäter zu beschränken, sondern auch die Handlungen eines Gehilfen zu erfassen, dessen Tatbeitrag zur Verwirklichung des Schadenserfolgs im Inland beigetragen hat.
30
(3) Gegen die Annahme einer internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 93 Abs. 5 GMV spricht nicht das vom Berufungsgericht herangezogene Rechtsinstitut der Konsumtion. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Haftung der Beklagten als Täterin einer etwaigen Markenverletzung in Belgien schließe ihre Haftung als Teilnehmerin einer Markenverletzung von Stefan P. in Deutschland aus, weil die leichtere Begehungsform der Beihilfe durch die schwerere der Haupttat konsumiert werde.
31
Dieser Überlegung möchte der Senat nicht folgen. Das Rechtsinstitut der Konsumtion entstammt dem Strafrecht und stellt einen Unterfall der Gesetzeseinheit dar. Der Konsumtion unterfallen mit abgegoltene Begleit-, Vor- oder Nachtaten, deren Unrechts- und Schuldgehalt durch die Bestrafung der Haupttat ausgeglichen ist, etwa weil die Tatbestandsverwirklichung der Begleittat regelmäßige Folge der Haupttat ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1955 - 2 StR 146/55, BGHSt 8, 54; Beschluss vom 23. April 2002 - 1 StR 95/02, NStZRR 2002, 235; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 104 und 124 ff.). Das für den Schuldausspruch und die Strafzumessung bedeutsame Rechtsinstitut der Konsumtion ist auf die Frage des Ortes der Verletzungshandlung im Sinne von Art. 93 Abs. 5 GMV nicht sinngemäß übertragbar. Die Konsumtion beruht auf Erwägungen zum Unrechts - und Schuldgehalt verschiedener Straftatbestände. Diesen liegt kein verallgemeinerungsfähiges Prinzip des zivilrechtlichen Deliktsrechts zugrunde.
32
Dagegen, dass die Teilnahme der Beklagten an einer Markenverletzung in Deutschland hinter einer Markenverletzung in Belgien zurücktritt, sprechen auch die unterschiedlichen Rechtsfolgen, die sich aus einer Markenverletzung in Belgien und der Teilnahme an einer Markenverletzung in Deutschland ergeben. Beteiligt sich die Beklagte an einer Markenverletzung in Deutschland, ist sie für den aus dieser Markenverletzung entstandenen Schaden mitverantwortlich. Dieser wird häufig nicht deckungsgleich sein mit dem durch die Markenverletzung in Belgien verursachten Schaden.
33
(4) Einer Anwendung des Art. 93 Abs. 5 GMV auf denjenigen, der Beihilfe zu einer im Inland begangenen Markenverletzung geleistet hat, steht aus Sicht des Senats nicht die Vorschrift des Art. 94 Abs. 2 GMV entgegen. Nach dieser Bestimmung ist ein nach Art. 93 Abs. 5 GMV zuständiges Gemeinschaftsmarkengericht nur für Handlungen zuständig, die in dem Mitgliedstaat begangen worden sind oder drohen, in dem das Gericht seinen Sitz hat. Art. 94 Abs. 2 GMV beschränkt die Entscheidungsbefugnis des angerufenen Gerichts auf diejenigen Verletzungshandlungen, die in dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts begangen worden sind. Die Beschränkung der Entscheidungsbefugnis entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ und Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO, wonach die Gerichte jedes Mitgliedstaats regelmäßig nur für die Entscheidung über diejenigen Schäden zuständig sind, die in diesem Staat entstanden sind (vgl. EuGH NJW 1995, 1881 Rn. 30 - Shevill; GRUR 2012, 300 Rn. 51 - eDate Advertising/X und Martinez/MGN). Daraus lässt sich nach Ansicht des Senats aber nicht der Schluss ziehen, dass eine internationale Zuständigkeit eines Gemeinschaftsmarkengerichts nach Art. 93 Abs. 5 GMV nicht für die in einem anderen Mitgliedstaat begangene Unterstützungshandlung eines Gehilfen an einer im Staat des Sitzes des Gerichts durch den Haupttäter begangenen Markenverletzung besteht. Dagegen spricht zum einen, dass dem Gehilfen nach § 830 BGB der Tatbeitrag des Täters zuzurechnen ist mit der Folge, dass auch der Gehilfe für den gesamten im Inland entstandenen Schaden verantwortlich ist. Zum anderen steht dem die Überlegung entgegen, dass der Gehilfe mit seinem Tatbeitrag die Verwirklichung des Schadenserfolgs im Inland gefördert hat.
34
4. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren auch auf einen unlauteren Werbevergleich im Sinne von § 6 Abs. 1 und 2 Nr. 6 UWG und auf die Grundsätze des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes nach § 4 Nr. 9 Buchst. a und b UWG gestützt. Für die Begründung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte kommt insoweit nur Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO in Betracht. Hier stellen sich die unter II 3 (Rn. 13 ff.) angeführten Fragen sinngemäß (vgl. auch LG Düsseldorf, Beschluss vom 29. April 2011 - 15 O 601/09, Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH anhängig unter C-228/11). Als nicht geklärt angesehen werden kann insoweit, ob ein schädigendes Ereignis im Sinne von Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO in einem Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) eingetreten ist, wenn die unerlaubte Handlung, die Gegenstand des Verfahrens ist oder aus der Ansprüche hergeleitet werden, in einem anderen Mitgliedstaat (Mitgliedstaat B) begangen worden ist - vorliegend Verkauf und Vertrieb der Parfümflakons durchdie Beklagte an Stefan P. in Belgien - und in der Teilnahme an der im erstgenannten Mitgliedstaat (Mitgliedstaat A) erfolgten unerlaubten Handlung des Haupttäters - hier: Einfuhr und Vertrieb der Parfümflakons durch Stefan P. in Deutschland - besteht.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.09.2009 - 37 O 89/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.12.2010 - I-20 U 170/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2012 - I ZR 1/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2012 - I ZR 1/11

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 830 Mittäter und Beteiligte


(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2012 - I ZR 1/11 zitiert 7 §§.

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(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 6 Vergleichende Werbung


(1) Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. (2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2002 - 1 StR 95/02

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 95/02 vom 23. April 2002 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angekl

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2011 - XI ZR 54/09

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 54/09 Verkündet am: 15. November 2011 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 57/08 Verkündet am: 13. Juli 2010 Weber Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

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a) Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die, wie die Beklagte, ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Ist der Ort, an dem das für die Begründung einer Schadensersatzpflicht in Betracht kommende Ereignis stattgefunden hat, nicht mit dem Ort identisch, an dem durch dieses Ereignis ein Schaden entstanden ist, kann der Beklagte nach Wahl des Klägers sowohl an dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort), als auch an dem Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) verklagt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 30. November 1976 - Rs. 21/76, Slg. 1976, 1735, Tz. 24 f. - Mines de Potasse d'Alsace, vom 7. März 1995 - Rs. C-68/93, Slg. 1995, I-415, Tz. 20 - Shevill, vom 19. September 1995 - Rs. C-364/93, Slg. 1995, I-2719, Tz. 11 - Marinari, vom 10. Juni 2004 - Rs. C-168/02, Slg. 2004, I-6009, Tz. 16 - Kronhofer und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-189/08, RIW 2009, 719, Tz. 23 - Zuid-Chemie BV). Die Zuständigkeit hängt nicht davon ab, dass tatsächlich eine unerlaubte Handlung begangen wurde; die schlüssige Behauptung der erforderlichen Tatsachen durch den Kläger reicht aus. Die Feststellung dieser Tatsachen ist erst zur Begründetheit der Klage erforderlich (vgl. BGHZ 167, 91, Tz. 21; BGH, Urteile vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07, WM 2008, 479, Tz. 14 und vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, WM 2010, 928, Tz. 8, jeweils m.w.N.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 54/09 Verkündet am:
15. November 2011
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland, verlangt von der Beklagten, einem britischen Brokerunternehmen mit Sitz in L. , Schadensersatz wegen Verlusten im Zusammenhang mit Börsenoptionsgeschäften.
2
Die der englischen Finanzaufsicht unterliegende Beklagte bietet neben institutionellen Kunden auch Privatkunden ihre Execution- und Clearingdienste für den Handel mit Derivaten an. Privatkunden können über Vermittler Handelsaufträge einreichen, die von der Beklagten abgewickelt werden.
3
Einer dieser Vermittler war W. , D. (im Folgenden: W.), der bis zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeit über eine deutsche aufsichtsrechtliche Erlaubnis als selbständiger Finanzdienstleister verfügte. Der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und W. lag ein als "Introducing Broker Agreement" bezeichnetes Abkommen vom 12. Juli 2001 zugrunde, das nach seiner Präambel den Zweck verfolgte, ein einträgliches Brokergeschäft aufzubauen. Die Beklagte hatte W. jede erdenkliche Unterstützung bei der Entwicklung des Geschäfts zu geben, für die von W. geworbenen Kunden Einzelkonten einzurichten und die in Auftrag gegebenen Transaktionen abzuwickeln. W. war verpflichtet , größtmögliche Anstrengungen zu unternehmen, um der Beklagten Kunden zuzuführen. Dabei hatte er aufsichts- und privatrechtliche Pflichten einzuhalten. In einem Schreiben vom 12. Juli 2001 bestätigte die Beklagte W., dass sie angeworbenen Kunden für jeden gehandelten Kontrakt eine Roundturn -Provision von 120 US-Dollar berechne, von der sie 25 US-Dollar und W. 95 US-Dollar erhalte.
4
Der Kläger schloss im August 2002 mit W. einen formularmäßigen Vertrag über die Vermittlung von Börsengeschäften. Nach einer Vergütungstabelle, die dem Vertrag beigefügt war, schuldete der Kläger für jeden gehandelten Kontrakt W. eine Roundturn-Provision von 100 US-Dollar und der Beklagten weitere 20 US-Dollar.
5
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vermittlungsvertrages erhielt der Kläger von der Beklagten das Formular "Private Customer Dealing Agreement /Handelsvereinbarung für Privatkunden" und das Merkblatt "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften".
6
W. eröffnete zur Durchführung der Geschäfte bei der Beklagten ein Konto für den Kläger. Dieser überwies von seinem in Deutschland geführten Konto auf das ebenfalls in Deutschland geführte Konto der Beklagten in der Zeit vom 27. August bis 18. Dezember 2002 insgesamt 218.000 €. Die Beklagte führte die von W. vermittelten Optionsgeschäfte aus und überwies dem Kläger in der Zeit vom 23. September 2002 bis 15. April 2003 insgesamt 30.591,92 € zurück. Den Differenzbetrag von 187.408,08 € zuzüglich Zinsen vom Zeitpunkt der einzelnen Überweisungen an sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.622,68 € macht dieser mit der Klage geltend.
7
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 187.408,08 € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit sowie weiterer 1.409,49 € stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der die Zinsforderung in voller Höhe weiter verfolgt worden ist, zurück- und auf die Berufung der Beklagten die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in Höhe von 187.408,08 € nebst Zinsen vom Zeitpunkt der einzelnen Überweisungen an sowie in Höhe weiterer 1.409,49 € weiter.

Entscheidungsgründe:

9
Die Revision ist begründet.

I.

10
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
11
Die ausschließlich auf deliktische Schadensersatzansprüche gestützte Klage sei zulässig, aber unbegründet.
12
Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf ergebe sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Der Handlungsort des der Beklagten zur Last gelegten Delikts befinde sich in Deutschland. Die Beklagte müsse sich die Anwerbung des Klägers durch W. in Deutschland zurechnen lassen. Nr. 30 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (gemeint: Private Customer Dealing Agreement), der die ausschließliche Zuständigkeit englischer Gerichte vorsehe , erfülle nicht die Voraussetzungen einer wirksamen Prorogation gemäß Art. 23 EuGVVO.
13
Auf die geltend gemachten deliktischen Ansprüche sei gemäß Art. 40 f. EGBGB aF deutsches Recht anwendbar, da D. als maßgeblicher Handlungsort anzusehen sei. Die Parteien hätten das deutsche Deliktsrecht in Nr. 30 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (gemeint: Private Customer Dealing Agreement) nicht wirksam abbedungen. Eine Rechtswahl vor Eintritt des schädigenden Ereignisses sei gemäß Art. 42 EGBGB aF unwirksam.
14
Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß §§ 826, 830 Abs. 2 BGB wegen Beihilfe zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des W. durch unterlassene Risikoaufklärung. Der Kläger habe bereits eine entsprechende Haupttat des W. gemäß § 826 BGB nicht dargelegt. Allerdings habe W. den Kläger nicht in der erforderlichen Weise aufgeklärt. Der Vermittlungsvertrag enthalte zwar Risikohinweise, nicht aber den Hinweis auf die von Anfang an bestehende praktische Chancenlosigkeit der Optionsgeschäfte aufgrund der dem Vermittler und dem Broker zu zahlenden Prämienaufschläge. Dieser Hinweis fehle auch in den "Wichtigen Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften". Die Aufklärungspflicht entfalle auch nicht wegen angeblicher Marktüblichkeit der Aufschläge von 120 US-Dollar. Dies könne allenfalls bei geringfügigen Aufschlägen in Betracht kommen. Die von der Beklagten und W. erhobenen Aufschläge seien jedoch nicht geringfügig gewesen, sondern hätten durchschnittlich 31% betragen.
15
Der Kläger sei jedoch nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass der Kläger bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung zu W. bereits termingeschäftserfahren gewesen sei. Zu einer weiteren Substantiierung sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, weil der Kläger ihren Vortrag nicht bestritten habe. In erster Instanz sei er dem Vortrag der Beklagten gar nicht entgegengetreten. In zweiter Instanz habe er ihn zunächst in sich widersprüchlich und damit unwirksam bestritten. Der nach einem gerichtlichen Hinweis erfolgte Vortrag des Klägers, er habe keine Anlageerfahrung mit Optionsgeschäften besessen , sei mangels Zulassungsgrundes gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
16
Die Klage sei auch nicht gemäß §§ 826, 830 Abs. 2 BGB wegen Beihilfe zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch churning begründet. Die von W. und der Beklagten erzielten Provisionen hätten zwar einen Umfang erreicht , der einem erfolgreichen churning entspreche. Gleichwohl habe der Kläger den objektiven Tatbestand der Provisionsschinderei durch W. nicht dargetan. In erster Instanz sei unstreitig gewesen, dass der Kläger alle Anlageentscheidungen selbst getroffen habe. Auch in zweiter Instanz habe der Kläger nicht vorgetragen, dass W. durch Ausnutzen der ihm erteilten Vollmacht oder durch Missbrauch seiner Vertrauensstellung durch Rat oder Empfehlung Einfluss auf das Kapitalvermögen des Klägers genommen habe.
17
Ein Anspruch gemäß §§ 826, 830 Abs. 2 BGB sei auch nicht wegen einer sittenwidrigen kick-back-Vereinbarung begründet. Eine solche Vereinbarung könne einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nur rechtfertigen, wenn sie dem Anleger verheimlicht werde. W. habe dem Kläger aber bereits bei Abschluss des Vermittlungsvertrages offen gelegt, dass er von den Provisionen, die die Beklagte einbehalte, den größten Teil zurückerstattet bekomme.
18
Mangels Hauptforderung sei auch der Zinsanspruch des Klägers unbegründet.

II.

19
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
20
1. Das Berufungsgericht ist allerdings im Ergebnis zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Es hat die - auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff., vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08, BGHZ 182, 24 Rn. 9; Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17 und BGH, Urteil vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, WM 2010, 928 Rn. 8, jeweils mwN) - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG Nr. L 12 vom 16. Januar 2001, S. 1 bis 23, berichtigt in ABl. EG Nr. L 307 vom 24. November 2001, S. 28; im Folgenden: EuGVVO) zu Recht bejaht.
21
a) Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die, wie die Beklagte, ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Ist der Ort, an dem das für die Begründung einer Schadensersatzpflicht in Betracht kommende Ereignis stattgefunden hat, nicht mit dem Ort identisch, an dem durch dieses Ereignis ein Schaden entstanden ist, kann der Beklagte nach Wahl des Klägers sowohl an dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort), als auch an dem Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) verklagt werden (vgl. EuGH, Slg. 1976, 1735 Rn. 24 f. - Mines de potasse d'Alsace; Slg. 1995, I-415 Rn. 20 - Shevill; Slg. 1995, I-2719 Rn. 11 - Marinari; Slg. 2004, I-6009 Rn. 16 - Kronhofer; RIW 2009, 719 Rn. 23 - Zuid-Chemie BV). Die Zuständigkeit hängt nicht davon ab, dass tatsächlich eine unerlaubte Handlung begangen wurde; die schlüssige Behauptung der erforderlichen Tatsachen durch den Kläger reicht aus. Die Feststellung dieser Tatsachen ist erst zur Begründetheit der Klage erforderlich (vgl. BGH, Urteile vom 30. März 2006, BGHZ 167, 91 Rn. 21, vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07, WM 2008, 479 Rn. 14 und vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, WM 2010, 928 Rn. 8, jeweils mwN).
22
aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Kläger eine Schadenshaftung aus unerlaubter Handlung im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO geltend macht.
23
Der verordnungsautonom auszulegende Begriff der unerlaubten Handlung umfasst alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpft. Der Begriff des "Vertrags" wiederum bezieht sich auf freiwillig gegenüber einer anderen Person eingegangene Verpflichtungen (EuGH, Slg. 2002, I-7357 Rn. 23 - Tacconi; Slg. 2005, I-481 Rn. 50 f. - Engler, jeweils mwN).
24
Gemessen hieran bildet eine unerlaubte Handlung den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Kläger verlangt Ersatz eines Vermögensschadens , den ihm W. durch die Vermittlung von vornherein chancenloser Börsentermingeschäfte vorsätzlich und unter vorsätzlicher Beteiligung der Beklagten zugefügt haben soll (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 19, 24 ff.). Damit knüpft die Klage nicht entscheidend an die zwischen den Parteien geschlossene Handelsvereinbarung an. Die geltend gemachte Teilnehmerhaftung der Beklagten ist nicht Ausdruck von Schwierigkeiten , die bei der Erfüllung einer aus der Handelsvereinbarung folgenden Verpflichtung auftreten können (vgl. hierzu Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 15. Juni 1988 in der Rs. 189/87, Slg. 1988, 5565 Rn. 30 - Kalfelis). Die maßgeblichen Umstände für die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte sich an einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des W. in haftungsrelevanter Weise vorsätzlich beteiligt hat, stehen vielmehr im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten und des W., ihrer Geschäftsbeziehung und dem zwischen ihnen geschlossenen Abkommen, an dem der Kläger nicht beteiligt war.
25
bb) Bei der Auslegung des somit anwendbaren Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist dessen Regelungszweck zu berücksichtigen. Die Vorschrift trägt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden : EuGH) zu der nahezu gleichlautenden Vorgängerregelung des Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. II 1972, S. 773, 774 ff.; im Folgenden: EuGVÜ) dem Umstand Rechnung, dass zwischen Streitigkeiten über unerlaubte Handlungen und den nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zuständigen Gerichten eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und sachgerechten Prozessgestaltung eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (vgl. EuGH, Slg. 1976, 1735 Rn. 8 ff. - Mines de Potasse d'Alsace; Slg. 1990, I-49 Rn. 17 - Dumez France und Tracoba; Slg. 1995, I-415 Rn. 19 - Shevill; Slg. 1995, I-2719 Rn. 10 - Marinari; Slg. 2004, I-6009 Rn. 15 - Kronhofer). Dieser Erwägung, die auch für die Auslegung der EuGVVO maßgeblich ist (vgl. 19. Erwägungsgrund zur EuGVVO; EuGH, RIW 2009, 719 Rn. 18 f. - Zuid-Chemie BV), liegt die Annahme zugrunde, dass das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, insbesondere wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme in der Regel am besten in der Lage ist, den Rechtsstreit zu entscheiden (vgl. EuGH, RIW 2009, 719 Rn. 24 - Zuid-Chemie BV).
26
Art. 5 Nr. 3 EuGVVO hat im Rahmen des Zuständigkeitssystems der EuGVVO Ausnahmecharakter und ist grundsätzlich eng auszulegen. Die EuGVVO baut auf einer durch Art. 2 Abs. 1 begründeten allgemeinen Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaates auf, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, und schließt in Art. 3 Abs. 2 die Anwendung nationaler Bestimmungen aus, die Gerichtsstände am Wohnsitz des Klägers gegenüber Beklagten begründen , die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben (vgl. EuGH, Slg. 1990, I-49 Rn. 16 - Dumez France und Tracoba; Slg. 1995, I-2719 Rn. 13 - Marinari). Besonderen Zuständigkeitsregelungen wie Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist daher eine enge Auslegung zu geben, die nicht über die ausdrücklich in der Verordnung vorgesehenen Fälle hinausgeht (EuGH, Slg. 1988, 5565 Rn. 19 - Kalfelis; Slg. 1990, I-49 Rn. 19 - Dumez France und Tracoba; Slg. 2004, I-6009 Rn. 14 - Kronhofer) und insbesondere nicht zur Erstreckung der dem Kläger eröffneten Wahlmöglichkeiten über die sie rechtfertigenden besonderen Umstände hinaus führen darf. Andernfalls würde der in Art. 2 Abs. 1 EuGVVO aufgestellte allgemeine Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaates , in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, unterlaufen und im Ergebnis über die ausdrücklich vorgesehenen Fälle hinaus die Zuständigkeit der Gerichte am Klägerwohnsitz anerkannt, der die Verordnung außer in den von ihr ausdrücklich vorgesehenen Fällen ablehnend gegenüber steht (vgl. EuGH, Slg. 1995, I-2719 Rn. 13 - Marinari; Slg. 2004, I-6009 Rn. 14 ff. - Kronhofer). Insbesondere darf die Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO nicht zu einer Zuständigkeit führen, die von ungewissen Umständen abhängt und damit einem der Ziele der Verordnung zuwiderliefe, nämlich den Rechtsschutz der in der Gemeinschaft ansässigen Personen dadurch zu stärken, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und dass für einen verständigen Beklagten erkennbar ist, vor welchem Gericht er verklagt werden kann (vgl. EuGH, Slg. 2004, I-6009 Rn. 20 - Kronhofer mwN).
27
b) Ob nach diesen Maßstäben der Auffassung des Berufungsgerichts gefolgt werden kann, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte könne auf den Handlungsort im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVVO gestützt werden, bedarf keiner Entscheidung.
28
Das Berufungsgericht hat die schädigende Tätigkeit des W. in Deutschland , zu der die Beklagte vorsätzlich Beihilfe geleistet haben soll, der Beklagten zuständigkeitsrechtlich zugerechnet und so die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 32 ZPO (vgl. Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 19, vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 463 und vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91, WM 1995, 100, 102) auf Art. 5 Nr. 3 EuGVVO übertragen.
29
Die Frage, ob im Rahmen des Deliktsgerichtsstandes des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bei einer grenzüberschreitenden Beteiligung mehrerer an einer unerlaubten Handlung für die Bestimmung des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, eine wechselseitige Handlungsortzurechnung zulässig ist, ist umstritten (bejahend: Mankowski in Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation , Art. 5 Rn. 221; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 22; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht , 3. Aufl., A. 1 Art. 5 Rn. 250; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 25; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 32. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 20; verneinend: LG Mönchengladbach, Urteil vom 5. Februar 2009 - 10 O 422/07, juris Rn. 21 ff.; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 20a; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Brüssel I-VO Art. 5 Rn. 88c; zweifelnd auch: MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., EuGVO Art. 5 Rn. 62; Wagner/Gess, NJW 2009, 3481, 3484 f.; zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: Weller, IPRax 2000, 202, 205 ff.). Diese Frage, die der Senat bereits in seinen Urteilen vom 13. Juli 2010 (XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 27 und XI ZR 28/09, WM 2010, 1590, Rn. 29) sowie vom 12. Oktober 2010 (XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 29) offen gelassen hat, bedarf auch hier keiner Entscheidung.
30
c) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist nämlich jedenfalls deshalb gegeben, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt. Nach dem schlüssigen Vortrag des Klägers ist der Vermögensschaden , den er mit der Klage ersetzt verlangt, an dem Guthaben auf seinem bei einem Kreditinstitut in Deutschland geführten Girokonto eingetreten, von dem er infolge der mit Beihilfe der Beklagten verübten vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des W. das angelegte Kapital auf ein Konto der Beklagten bei einem Kreditinstitut in Deutschland überwiesen hat. Aus den "Vertraulichen Kundeninformationen" und dem "Antrag zur Weiterleitung an den Broker", die der Kläger in den Tatsacheninstanzen zu den Akten gereicht hat und deren Inhalt zwischen den Parteien unstreitig ist, ergibt sich, dass der Kläger seine Einlagen von seinem Girokonto bei der Stadtsparkasse M. auf das Konto der Beklagten bei der Bank in F. überwiesen hat.
31
aa) Der Begriff des Erfolgsortes im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO wird aufgrund des Ausnahmecharakters der Vorschrift in der Rechtsprechung des EuGH restriktiv ausgelegt (vgl. EuGH, Slg. 1990, I-49 Rn. 17 - Dumez France und Tracoba und Slg. 1995, I-2719 Rn. 21 - Marinari). Der Wohnsitz eines Klägers als sein Vermögensmittelpunkt kann nach einer Entscheidung des EuGH zu Gerichtsständen bei Kapitalanlagedelikten (EuGH, Slg. 2004, I-6009 Rn. 21 - Kronhofer) nicht bereits deshalb als Erfolgsort angesehen werden, weil dem Kläger durch den Verlust von Vermögensbestandteilen in einem anderen Mitgliedstaat ein finanzieller Schaden entstanden ist. Diesem Urteil lag allerdings ein wesentlich anderer Sachverhalt als im vorliegenden Fall zugrunde, weil dort die unerlaubte Handlung erst nach Überweisung des Anlagekapitals von einem Konto am Wohnsitz des Anlegers auf ein im Ausland geführtes Konto verübt wurde (vgl. OGH, Beschluss vom 9. April 2002 - 4 Ob 40/02i; Junker, ZZPInt 9 [2004], 200, 204 f.). Der Entscheidung des EuGH ist zu entnehmen, dass unter anderen Umständen der Erfolgsort durchaus im Wohnsitzstaat des Klägers gelegen sein kann (vgl. von Hein, IPRax 2005, 17, 21; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 24; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht , 2. Aufl., Brüssel I-VO Art. 5 Rn. 86b; ferner Blobel, EuLF 2004, 187, 190 f.; Huber, IPRax 2009, 134, 136 f.).
32
Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat seinem Vortrag zufolge das Anlagekapital erst als Folge einer unerlaubten Handlung von seinem in Deutschland geführten Girokonto auf ein Konto der Beklagten bei einem Kreditinstitut in Deutschland überwiesen, so dass die durch die unerlaubte Handlung verur- sachte Minderung des Kontoguthabens den für die Bestimmung des Erfolgsortes maßgeblichen Schaden darstellt. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend , die Beklagte habe sich bedingt vorsätzlich zumindest als Gehilfin an einem Geschäftsmodell des W. beteiligt, das darauf angelegt gewesen sei, zur ausschließlich dem eigenen Vorteil dienenden hohen Gewinnerzielung möglichst viele Geschäfte zu vermitteln, die für den Anleger aufgrund der Gebührenhöhe und -struktur von vornherein chancenlos seien. Bei einem solchen Geschäftsmodell , das von vornherein bewusst darauf abzielt, uninformierte, leichtgläubige Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf deren Kosten zu bereichern (vgl. Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 26, vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541 und vom 22. November 2005 - XI ZR 76/05, WM 2006, 84, 87), und das auf Seiten des Anlegers einen Kenntnisrückstand voraussetzt, ohne den ein vernünftig denkender Anleger sich auf die Geldanlage nicht eingelassen hätte, erweist sich bereits die durch den Anleger veranlasste Überweisung des Anlagekapitals als Deliktserfolg, so dass gerichtsstandsbegründender Erfolgsort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO der Ort der Minderung des Kontoguthabens ist (Senatsurteile vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 30 und vom 13. Juli 2010 - XI ZR 28/09, WM 2010, 1590 Rn. 32; vgl. auch Junker, ZZPInt 9 [2004], 200, 205 f.; Mankowski in Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation, Art. 5 Rn. 239 f.; ders., RIW 2005, 561, 562; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht , 2. Aufl., Brüssel I-VO Art. 5 Rn. 86b; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 24). Diese Rechtsprechung des Senats steht, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 6. November 2007 (VI ZR 34/07, WM 2008, 479 ff.). Diese befasst sich mit dem Begriff des Erfolgsortes im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ (der Vorgängerregelung der EuGVVO) bei Ansprüchen gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB und dem Begriff des Handlungsorts bei Ansprüchen gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB. Darum geht es im vorliegenden Fall nicht. Den hier relevanten Begriff des Erfolgsortes bei Ansprüchen gemäß § 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB behandelt die Entscheidung des VI. Zivilsenats nicht.
33
Der von der Revisionserwiderung erhobene Einwand, der in der Minderung des Kontoguthabens liegende Schaden werde dadurch kompensiert, dass der Kläger bis zur Durchführung der einzelnen Optionsgeschäfte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Anlagekapitals gehabt habe, greift nicht durch. Dem für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit maßgeblichen Sachvortrag des Klägers in den Tatsacheninstanzen ist nicht zu entnehmen, dass dem Kläger ein solcher Anspruch zustand und werthaltig war, d.h. dass die Beklagte insoweit zahlungswillig war.
34
bb) Diese Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO entspricht dem Zuständigkeitssystem der EuGVVO und dem Ausnahmecharakter des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Sie führt zwar bei Kapitalanlagedelikten der vorliegenden Art in Abweichung von der Grundregel des Art. 2 Abs. 1 EuGVVO regelmäßig zu einem Gerichtsstand im Wohnsitzstaat des Anlegers. Dies ist aber aufgrund der - hier unterstellten - unerlaubten Handlung der Beklagten, die unmittelbar einen Schaden des im Wohnsitzstaat des Klägers belegenen Vermögens verursacht hat, gerechtfertigt. Das gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zuständige Gericht hat in Fällen der vorliegenden Art die erforderliche Nähe zum Streitgegenstand, die für eine geordnete Rechtspflege und sachgerechte Prozessgestaltung erforderlich ist. Dies gilt insbesondere für den Gesichtspunkt der Beweisnähe. Soll etwa über den Inhalt von Gesprächen zwischen Vermittler und Anleger oder über Ausmaß und Höhe des Schadens Beweis erhoben werden, dürften nicht selten Zeugen benannt werden, die bei den Gesprächen zwischen Anlagevermittler und Anleger in dessen Wohnsitzstaat zugegen waren (vgl. von Hein, IPRax 2005, 17, 21; Kiethe, NJW 1994, 222, 226; Mankowski, RIW 2005, 561, 562).
35
Auch der Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit des zuständigen Gerichts erfordert keine andere Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Für ein Brokerunternehmen , das, wie die Beklagte, mit Vermittlern in anderen Mitgliedstaaten zusammenarbeitet und sich durch die Ausrichtung seiner gewerblichen Tätigkeit auf diese Staaten ausländische Märkte erschließt, ist vorhersehbar, dass auf diese Weise geworbene Anleger durch Überweisung von Anlagegeldern gegebenenfalls selbstschädigende Vermögensverfügungen in ihren Heimatstaaten treffen (vgl. von Hein, IPRax 2005, 17, 21; Mankowski in Magnus/ Mankowski, Brussels I Regulation, Art. 5 Rn. 239; Muir Watt, Rev. crit.dr.i.pr. 94 [2005], 330, Rn. 10).
36
cc) Eine wirksame Derogation der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 23 EuGVVO hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revisionserwiderung unangegriffen verneint.
37
dd) Die Beschlüsse des Landgerichts Düsseldorf vom 29. April 2011 - 15 O 601/09 - und des Landgerichts Mönchengladbach vom 11. Oktober 2011 - 10 O 120/09 -, durch die diese Gerichte dem EuGH Rechtsfragen zur Auslegung des Art. 5 EuGVVO, insbesondere zu den Begriffen des Handlungs- und des Erfolgsortes, zur Vorabentscheidung vorgelegt haben, geben keine Veranlassung , im vorliegenden Verfahren ebenfalls eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen oder das Verfahren auf den Antrag der Revisionserwiderung vom 13. Mai 2011 entsprechend § 148 ZPO auszusetzen.
38
(1) Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht, wenn eine gemeinschaftsrechtliche Frage nicht entscheidungserheblich ist oder wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (BVerfG, ZIP 2010, 642 Rn. 18 und 20; EuGH, Slg. 1982, 3415 Rn. 21; st.Rspr.). Der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 29. April 2011 - 15 O 601/09 - gibt demnach bereits deshalb keine Veranlassung zu einer Vorlage an den EuGH, weil er allein den Begriff des Handlungsorts betrifft, der im vorliegenden Fall, wie dargelegt, nicht entscheidungserheblich ist.
39
Der Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach vom 11. Oktober 2011 - 10 O 120/09 - erfasst zwar auch die Begriffe der unerlaubten Handlung im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVVO und des Erfolgsortes im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Die Auslegung dieser Begriffe ist aber, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 13. Juli 2010 (XI ZR 28/09, WM 2010, 1590 Rn. 35), vom 13. Juli 2010 (XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 33) und vom 12. Oktober 2010 (XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 36) entschieden hat, derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat sich der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu Art. 5 Nr. 1 und 3 EuGVVO, die auch in der Literatur allgemeine Zustimmung gefunden hat (Pfeiffer in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 2; Kropholler/v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVVO Art. 5 Rn. 90; v. Hein, EuZW 2011, 369, 371; Ulmer, WuB IV A. § 826 BGB 1.11; Engert/Groh, IPRax 2011, 458, 463 f.; Thole, ZBB 2011, 399, 402), angeschlossen (Beschluss vom 15. Februar 2011 - VI ZR 189/10). Das Bundesverfassungsgericht hat die Verneinung einer Vorlagepflicht an den EuGH durch Beschluss vom 29. August 2011 - 1 BvR 3108/10 - bestätigt. Vor diesem Hintergrund gibt der Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach vom 11. Oktober 2011 - 10 O 120/09 - keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung.
40
(2) Der Senat sieht auch davon ab, das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH über das Vorlageersuchen des Landgerichts Mönchengladbach in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Aussetzung: BGH, Beschluss vom 30. März 2005 - X ZB 26/04, BGHZ 162, 373, 378). Ausschlaggebend für diese nach § 148 ZPO zu treffende Ermessensentscheidung ist, dass die richtige Auslegung des entscheidungserheblichen Gemeinschaftsrechts, wie dargelegt, derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich von den von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung angeführten Entscheidungen anderer Gerichte (BVerwG, NVwZ 2001, 319, 320; BAG, NJW 2011, 1836; BFH, BFH/NV 1999, 840; BPatG, GRUR 2002, 734, 735), die die Antwort auf die jeweils entscheidungserhebliche gemeinschaftsrechtliche Frage als nicht offenkundig angesehen und das jeweilige Verfahren ausgesetzt haben.
41
Auch die Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und der EU-Kommission bzw. den Gemeinschaftsgerichten rechtfertigt keine andere Entscheidung. Nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR Int. 2001, 333 Rn. 55 f.) folgt in Fällen, in denen die Entscheidung des bei einem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreits von der Gültigkeit einer Entscheidung der Kommission abhängt, aus der Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit , dass das nationale Gericht, um nicht eine der Entscheidung der Kommission zuwiderlaufende Entscheidung zu erlassen, das Verfahren aussetzen sollte, bis die Gemeinschaftsgerichte eine endgültige Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der Kommission erlassen haben , es sei denn, es hält es unter den gegebenen Umständen für gerechtfertigt, dem Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage nach der Gültigkeit der Entscheidung der Kommission vorzulegen. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Fall ist entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. In dem vom EuGH entschiedenen Fall lag bereits eine Entscheidung eines maßgeblichen Gemeinschaftsorgans, nämlich der Kommission, vor, zu der sich das nationale Gericht mit seiner Entscheidung nicht in Widerspruch setzen sollte. Im vorliegenden Fall, in dem es eine solche Entscheidung der Kommission nicht gibt, steht auch die Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und den Gemeinschaftsgerichten einer Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den erkennenden Senat, die derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt, nicht entgegen.
42
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen hat.
43
a) Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung deutsches Deliktsrecht zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 29 ff., vom 13. Juli 2010 - XI ZR 28/09, WM 2010, 1590 Rn. 37 und vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 38, jeweils mwN).
44
b) Hingegen hält die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Beihilfe zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch W. aufgrund unterlassener Risikoaufklärung verneint hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
45
Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger sei nicht aufklärungsbedürftig gewesen, ist rechtsfehlerhaft. Hierfür reicht der bloße Vortrag der Beklagten , der Kläger sei bereits termingeschäftserfahren gewesen, nicht aus. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt bei Geschäften der vorliegenden Art eine Verneinung der Aufklärungsbedürftigkeit dann in Betracht, wenn der Anleger die negativen Auswirkungen der hohen Gebührenaufschläge des Ver- mittlers auf sein Verlustrisiko positiv kennt (Senatsurteil vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242 Rn. 23 ff.), er also weiß, dass er praktisch chancenlos ist. Dafür enthalten die Feststellungen des Berufungsgerichts und der Sachvortrag der Parteien, namentlich der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten, keinen Anhaltspunkt.
46
Unabhängig davon ist das Berufungsurteil auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil es auf eine unzureichende Risikoaufklärung nicht entscheidend ankommt. Denn neben der - hier nicht maßgeblichen - Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet der Vermittler wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln. Einem solchen Vermittler geht es allein darum, hohe Gewinne zu erzielen, indem er möglichst viele Geschäfte realisiert, die für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge chancenlos sind. Sein Geschäftsmodell zielt damit von vornherein ganz bewusst darauf ab, uninformierte, leichtgläubige Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf ihre Kosten zu bereichern. Auf eine solche Haupttat müssen sich die objektiven und subjektiven Merkmale einer nach § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB haftungsrelevanten Teilnahmehandlung beziehen (st.Rspr.; siehe nur Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 26 f. und vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 37 f., jeweils mwN).
47
c) Rechtsfehlerfrei ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Anspruch gemäß § 826 BGB wegen churning verneint hat. Churning bedeutet den durch das Interesse des Kunden nicht gerechtfertigten häufigen Umschlag eines Anlegerkontos, durch den der Broker oder der Vermittler oder beide sich - unter Ausnutzung einer erteilten Vollmacht oder durch Emp- fehlung und Ratschläge - zu Lasten der Gewinnchancen des Kunden Provisionseinnahmen verschaffen (BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - VI ZR 136/03, WM 2004, 1768, 1769 mwN). Dass W. oder die Beklagte einen solchen Umschlag des Kontos des Klägers veranlasst haben, indem sie aufgrund einer entsprechenden Vollmacht entsprechende Geschäfte getätigt oder den Kläger durch Empfehlungen und Ratschläge zu solchen Geschäften veranlasst haben, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und der Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen. Der von der Revision in Bezug genommene Vortrag des Klägers, er sei von W. betreut worden, außerdem habe eine Bevollmächtigung W.'s vorgelegen, die einzelnen Anlagegeschäfte für den Kläger tätigen und steuern zu können, reicht hierfür nicht aus.
48
d) Einen Anspruch gemäß § 826 BGB wegen Verheimlichung einer kickback -Abrede (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051; vgl. zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen auch: Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f. und Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5, jeweils mwN) hat das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint. Dem Kläger ist in der von ihm unterschriebenen Vergütungstabelle, die dem Vermittlungsvertrag mit W. vom August 2002 beigefügt war, offen gelegt worden, dass W. für jeden gehandelten Kontrakt eine Roundturn-Provision erhielt. Diese Provision ist in der Vergütungstabelle mit 100 US-Dollar sogar um 5 US-Dollar höher als zwischen W. und der Beklagten vereinbart beziffert worden. In dem Vermittlungsvertrag wird außerdem darauf hingewiesen, dass die Provisionen des W. und der Beklagten aus buchungstechnischen Gründen zusammengefasst werden können und dass in diesem Fall der Anteil W.'s an der Gesamtprovision den Angaben in der Vergütungstabelle entspreche.

III.

49
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich, soweit es einen Anspruch gemäß § 826 BGB wegen Beihilfe zur Vermittlung praktisch chancenloser Geschäfte verneint hat, nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
50
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers wegen vorsätzlicher Teilnahme der Beklagten an einem auf eine sittenwidrige Schädigung des Anlegers ausgerichteten Geschäftsmodell des W. (§§ 826, 830 BGB) nicht verjährt. Da ein etwaiger Anspruch erst nach dem 1. Januar 2002 entstanden ist, ist seine Verjährung nach den am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen §§ 195, 199 BGB nF zu beurteilen.
51
Die Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB nF war bei Klageerhebung im August 2007 noch nicht abgelaufen, so dass diese zur Hemmung der Verjährung geführt hat (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Nach §§ 195, 199 BGB nF beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners hat oder diese Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat.
52
a) Die erforderliche Kenntnis liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist. Weder ist es notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es, abgesehen von Ausnahmefällen , nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an (vgl. BGH, Ur- teil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, WM 2008, 89 Rn. 15; Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rn. 32 und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346 Rn. 27, jeweils mwN).
53
Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, WM 2005, 382, 384; Senatsurteil vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, WM 2008, 2158 Rn. 34, jeweils mwN).
54
b) Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger vor dem 1. Januar 2004 weder positive Kenntnis von einer Beteiligung der Beklagten am sittenwidrigen Geschäftsmodell von W., noch beruhte seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit.
55
Geht es, wie hier, um die Frage einer deliktischen Haftung eines Brokers wegen bedingt vorsätzlicher Teilnahme an einem sittenwidrigen Geschäftsmodell , kann von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Anlegers nur ausgegangen werden, wenn ihm sowohl die Umstände, die in Bezug auf dieses Geschäftsmodell einen Ersatzanspruch begründen, als auch die Umstände , aus denen sich ergibt, dass auch der das Transaktionskonto führende und die einzelnen Aufträge des Anlegers ausführende Broker als möglicher Haftender in Betracht kommt, bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sind (Senatsurteile vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 46 und vom 25. Januar 2011 - XI ZR 106/09, WM 2011, 735 Rn. 59).
56
Beides war hier vor der im März 2007 erfolgten Mandatierung seiner Prozessbevollmächtigten durch den Kläger nicht der Fall. Dem Kläger waren mit der bloßen Kenntnis davon, dass in den Jahren 2002 und 2003 Verluste realisiert wurden, noch keine Umstände bekannt, die auf die Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells von W. schließen ließen oder zu weiteren Nachforschungen oder der Einholung von Rechtsrat Anlass gaben. Die Verluste konnten aus Sicht des Klägers auch auf den Marktgegebenheiten beruhen. Ferner waren dem Kläger keine Umstände bekannt, die die Beklagte als mögliche deliktisch Haftende in Frage kommen ließen. Da die Beklagte nicht Vertragspartnerin des Vermittlungsvertrages vom August 2002 war und gegenüber dem Kläger nur als kontoführendes Institut auftrat, konnten die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB allenfalls vorliegen, wenn dem Kläger zusätzlich zu der - hier nicht vorhandenen - Kenntnis von Umständen, die den Schluss auf die Chancenlosigkeit der von W. vermittelten Geschäfte zuließen, Umstände bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen wären , aus denen sich ergab, dass die Beklagte sich bedingt vorsätzlich an dem von W. praktizierten Geschäftsmodell beteiligte. Dafür ist nichts ersichtlich. Die maßgeblichen Umstände für die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte sich an einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des W. gemäß § 826 BGB in haftungsrelevanter Weise vorsätzlich im Sinne von § 830 BGB beteiligt hat, stehen im Zusammenhang mit der Begründung der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und W. und ergeben sich unter anderem aus dem Abkommen vom 12. Juli 2001. Dass der Kläger hiervon vor dem 1. Januar 2004 Kenntnis erlangt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erlangt hat, ist weder festgestellt noch dem Parteivortrag zu entnehmen.
57
2. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher Teilnahme am Geschäftsmodell des W. gemäß §§ 826, 830 BGB ist auch nicht verwirkt.
58
Eine Verwirkung als Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung kommt in Betracht, wenn der Berech- tigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er hierzu in der Lage war, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281 und vom 20. Oktober 1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 298, jeweils mwN).
59
Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Dabei kann dahinstehen , ob der zwischen der letzten Rückzahlung und der Klageerhebung liegende Zeitraum von etwa vier Jahren und vier Monaten als solcher die Annahme des für die Verwirkung erforderlichen Zeitmoments bereits vor Ablauf der dreijährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB überhaupt rechtfertigt (vgl. Palandt /Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 242 Rn. 97 mwN). Jedenfalls ist weder ersichtlich noch dem Parteivortrag zu entnehmen, dass der Kläger bei der Beklagten in zurechenbarer Weise einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen die Beklagte sich berechtigterweise darauf einrichten durfte, der Kläger werde ihr gegenüber seine Rechte nicht mehr geltend machen. Der in diesem Zusammenhang stehende Hinweis der Beklagten auf die nach britischem Aufsichtsrecht für sie maßgebliche und zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufene dreijährige Aufbewahrungsfrist für Kundenunterlagen greift nicht durch. Die Beklagte konnte bei dem Kläger, einem ausländischen Privatanleger, keine Kenntnis von den Bestimmungen des britischen Aufsichtsrechts voraussetzen.

IV.

60
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
61
1. Das Berufungsgericht wird unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (siehe nur Urteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 24 ff., bestätigt durch BVerfG, WM 2011, 924, und vom 8. Februar 2011 - XI ZR 168/08, WM 2011, 650 Rn. 33 ff.) Feststellungen zu einer Teilnahme der Beklagten an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch W. gemäß §§ 826, 830 BGB zu treffen haben.
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a) Von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch W. gemäß § 826 BGB ist aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen. Danach war das Geschäftsmodell des W., namentlich aufgrund der Gebührenstruktur, darauf angelegt, den Anlegern chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln. In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand, dass der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sämtliche Anlageentscheidungen selbst getroffen und W. nur auf seine Weisung hin gehandelt hat, keine Bedeutung zu, weil der Kläger von W. nicht in der erforderlichen Weise über die praktische Chancenlosigkeit der Geschäfte aufgeklärt war und die Folgen seines Tuns deswegen nicht richtig einschätzen konnte. Die Feststellungen des Berufungsgerichts und der Sachvortrag der Parteien, namentlich der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten, enthalten auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger nicht aufklärungsbedürftig war, weil er die negativen Auswirkungen der hohen Gebührenaufschläge des W. auf sein Verlustrisiko positiv kannte.
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b) Zu einer Teilnahme der Beklagten an der danach begebenen Haupttat des W. sind weitere Feststellungen des Berufungsgerichts erforderlich. Dabei kommen als objektive Beihilfehandlungen der Beklagten die Eröffnung des Transaktionskontos für den Kläger, die Ausführung der erteilten Einzelaufträge und die Abführung von Provisionen und Gebühren an W. in Betracht. Für die Beurteilung, ob die Beklagte mit Gehilfenvorsatz handelte, sind Feststellungen dazu erforderlich, ob die Beklagte das Geschäftsmodell des W., namentlich die Gebührenstruktur, gekannt hat. Die Kenntnis der Gebührenstruktur, für die das Schreiben der Beklagten vom 12. Juli 2001 an W. spricht, in der die Gebühren mitgeteilt werden, reicht für die Bejahung des Gehilfenvorsatzes aus (st.Rspr., siehe nur Senatsurteil vom 13. Juli 2010 - XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 53). Aber auch das Fehlen dieser Kenntnis stünde einem bedingten Vorsatz nicht entgegen. In diesem Fall sind Feststellungen dazu erforderlich, ob die Beklagte mit der Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells rechnete, weil sie Kenntnis vom maßgeblichen deutschen Recht, insbesondere von der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, sowie von den zahlreichen zurückliegenden Missbrauchsfällen hatte (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 42). Die W. erteilte aufsichtsrechtliche Erlaubnis entlastet die Beklagte gegebenenfalls nicht (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 46).
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Auch die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu Aufklärungspflichten bei gestaffelter Einschaltung mehrerer Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Senatsurteil vom 8. Mai 2001 - XI ZR 192/00, BGHZ 147, 343, 353) steht der Annahme eines Teilnehmervorsatzes nicht entgegen, weil es vorliegend um die mögliche Haftung der Beklagten wegen einer bedingt vorsätzlichen Beteiligung an einem sittenwidrigen Geschäftsmodell eines Optionsvermittlers und nicht wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten geht (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 26 f.). Zudem kann bei vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und hierzu vorsätzlich geleisteter Beihilfe, d.h. bei kollusivem Zusammenwirken der beteiligten Wertpapierdienst- leistungsunternehmen, ohnehin kein Unternehmen auf eine ausreichende Aufklärung des Anlegers durch das andere Unternehmen vertrauen.
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2. Falls sich die Hauptforderung als begründet erweisen sollte, wäre auch die mit der Berufung des Klägers verfolgte Zinsforderung vom Zeitpunkt der Überweisung der einzelnen Anlagebeträge an gemäß § 849 BGB begründet (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2007 - II ZR 167/06, WM 2008, 291).
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.02.2008 - 13 O 215/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.01.2009 - I-16 U 32/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 95/02
vom
23. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2002 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 26. November 2001 im Schuldspruch dahin geändert, daß
a) im Fall B. 1. (Tat vom 4./5. April 2001) die tateinheitliche Verurteilung wegen Nötigung und
b) im Fall B. 2. (Tat vom 23. April 2001) die Verurteilung wegen tateinheitlicher Bedrohung entfallen. Die §§ 240, 241 StGB werden in der Liste der angewendeten Vorschriften gestrichen. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Nötigung sowie wegen Vergewalti-
gung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zur Änderung des Schuldspruchs. Im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Das Landgericht hat in beiden abgeurteilten Fällen das Konkurrenzverhältnis unzutreffend beurteilt. Es hat den Angeklagten jeweils wegen Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung schuldig gesprochen, im Falle B. 1. zudem wegen tateinheitlich begangener Nötigung, im Falle B. 2. wegen tateinheitlicher Bedrohung. Die hierzu getroffenen Feststellungen ergeben, daû der Angeklagte das Tatopfer, seine in derselben Wohnung von ihm getrennt lebende Ehefrau, im Kinderzimmer aufsuchte, die sich Wehrende unter Anwendung körperlicher Gewalt zum Geschlechtsverkehr zwang und sie schlug. Im ersten Fall sagte er ihr während des Geschehens, sie solle aufhören zu schreien, sonst werde er sie umbringen, "da ihm ihr Schreien auf die Nerven ging". Das Opfer nahm die Drohung ernst und schrie aus Angst nicht mehr, versuchte aber, den über ihr knienden Angeklagten wegzudrücken. Darin sieht das Landgericht auch eine vollendete Nötigung (§ 240 StGB). Im zweiten Falle erklärte er ihr wiederum, er werde sie umbringen, wenn sie schreie, weil "ihm auch hier ihr Schreien auf die Nerven ging". Seine Frau schrie aber dennoch (UA S. 6). Dies beurteilt das Landgericht als Bedrohung (§ 241 StGB). Der Tatbestand der Bedrohung (§ 241 StGB) tritt hinter den der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung (§ 177 StGB) zurück, wenn das Opfer zur Durchführung der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung mit dem Tode bedroht wird (BGH bei Holtz MDR 1979, 281; BGH, Beschl. vom 21. September 1993 - 1 StR 510/93; Träger/Schluckebier in LK 11. Aufl. § 241 Rdn. 27). Die Drohung ist hier Mittel der sexuellen Nötigung. Gleiches gilt für das Verhältnis
von Nötigung zu sexueller Nötigung bzw. Vergewaltigung (BGH NStZ-RR 1996, 227 = BGHR StGB § 177 Abs. 1 Konkurrenzen 12; BGH, Beschl. vom 8. April 1998 - 3 StR 25/98). Anders könnte es sich für die vorliegende Fallgestaltung nur dann verhalten, wenn die Nötigung und auch die Bedrohung einem anderen Zweck als dem der Erzwingung sexueller Handlungen gedient hätte, wenn der Täter also damit ein weiteres, von § 177 StGB nicht erfaûtes Ziel verfolgt hätte (vgl. Träger/Altvater in LK 11. Aufl. § 240 Rdn. 124, 126). Die Strafkammer nimmt ersichtlich an, ein solches anderweitiges Ziel sei es hier gewesen, die Schreie des Tatopfers zum Verstummen zu bringen, die dem Angeklagten "auf die Nerven gingen". Die getroffenen Feststellungen ergeben indessen unbeschadet dieser konkreten Empfindung des Angeklagten ("auf die Nerven gehen") ohne weiteres, daû er im Zusammenhang des Geschehens kein den Tatbestandsrahmen des § 177 Abs. 1 StGB überschreitendes Ziel im Auge hatte. Die Drohung, die Geschädigte umzubringen, wenn sie schreie, war Teil einer einheitlichen physischen und psychischen Einwirkung auf das Opfer, die ersichtlich auch nach dem Willen des Angeklagten im Ergebnis dazu diente, die Duldung des Geschlechtsverkehrs zu erzwingen. Dem Ziel, die Schreie des Opfers zu unterbinden, kann bei dem festgestellten Ablauf kein in tatbestandsmäûiger Hinsicht eigenständiger Unrechtsgehalt zukommen. Die Drohungen erfolgten während der Gewaltanwendung und bezweckten so erkennbar, den - auch durch Schreien geleisteten - Widerstand der Frau zu brechen. 2. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. Er schlieût aus, daû der Rechtsfehler den Rechtsfolgenausspruch zum Nachteil des Angeklagten beeinfluût haben kann. Die Drohungen dürfen im Rahmen der konkreten Strafzumessung zur Kennzeichnung des konkret verwirklichten Unrechts
ohnehin berücksichtigt werden (vgl. § 46 Abs. 2 StGB: Art der Ausführung). Soweit die Strafkammer die neben den Vergewaltigungen verwirklichten Tatbestände in den Strafzumessungserwägungen anspricht, hebt sie ausdrücklich hervor, daû diese neben den Hauptdelikten "unbedeutend" waren (UA S. 19 unten). 3. Die Strafzumessung ist auch sonst von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Der Senat schlieût aus, daû der Kammer Alter und Gesundheitszustand des Angeklagten in diesem Zusammenhang aus dem Blick geraten sein könnten, zumal da sie der Straffindung nicht den Strafrahmen für den besonders schweren Fall, sondern den Normalstrafrahmen zugrundegelegt hat. Daû das Opfer die Ehefrau des Angeklagten war, erwähnt die Strafkammer ausdrücklich. Nack Boetticher Schluckebier Kolz Hebenstreit

(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.

(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.

(1) Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

(2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

1.
sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht,
2.
nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist,
3.
im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt,
4.
den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt,
5.
die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder
6.
eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.