Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2017 - I ZR 167/15

bei uns veröffentlicht am28.06.2017
vorgehend
Landgericht München I, 33 O 26527/13, 12.08.2014
Oberlandesgericht München, U 3427/14, 02.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 167/15
vom
28. Juni 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:280617BIZR167.15.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler und Feddersen

beschlossen:
Von dem durch Beschluss vom 27. April 2017 für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde auf insgesamt 390.000 € festge- setzten Streitwert entfallen 300.000 € auf den Unterlassungsan- trag, 75.000 € auf den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und 15.000 € auf den Auskunftsantrag.

Gründe:

1
Der Senat hat den Streitwert für den Unterlassungsantrag in Überein- stimmung mit dem Berufungsgericht auf 300.000 € bemessen. Für den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht hat er einen Streitwert von 75.000 € (25% des Unterlassungsstreitwerts) und für den Auskunftsantrag einen Streitwert von 15.000 € (5% des Unterlassungsstreitwerts) angesetzt. Danach be- trägt der Streitwert insgesamt 390.000 €.
Der Streitwert war nicht im Hinblick darauf zu erhöhen, dass die Klägerin
2
ihre Anträge im Eventualverhältnis auf vertragliche, sachenrechtliche bzw. deliktische und urheberrechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt hat. Zwar werden mehrere Ansprüche, die im Eventualverhältnis geltend gemacht werden, zusammengerechnet , soweit eine Entscheidung über sie ergeht (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG). Die Klägerin hat im vorliegenden Fall jedoch nicht mehrere prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) geltend gemacht.
3
Bei einem einheitlichen Klagebegehren liegen verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet. Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet. Dann liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegenstände vor. Diese Maßstäbe gelten ebenfalls, wenn der Kläger Ansprüche aus unerlaubter Handlung - etwa wegen Verletzung eines Schutzrechts oder wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens - und aus Vertrag verfolgt. Auch dann ist maßgeblich, ob aufgrund der materiell-rechtlichen Regelung die zusammentreffenden Ansprüche erkennbar unterschiedlich ausgestaltet sind und deshalb mehrere Streitgegenstände vorliegen oder ob bei natürlicher Betrachtungsweise von einem Lebenssachverhalt auszugehen ist, auf den nur unterschiedliche Anspruchsnormen Anwendung finden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 60/11, GRUR 2013, 397 Rn. 13 = WRP 2013, 499 - Peek & Cloppenburg III, mwN).
Im Streitfall ist bei natürlicher Betrachtungsweise von einem Lebens4 sachverhalt auszugehen, auf den nur unterschiedliche Anspruchsnormen anwendbar sind. Die Klägerin stützt ihre Klageanträge darauf, dass die Mitarbeiter der Beklagten auf deren Weisung an den Online-Spielen "World of Warcraft" und "Diablo III" teilgenommen haben, um durch die Analyse der Spielabläufe die für die Entwicklung der Automatisierungssoftware benötigten Informationen
zu gewinnen. Sie macht geltend, die Nutzung der Spielsoftware zu gewerblichen Zwecken und insbesondere für die Herstellung und den Vertrieb von Bots verstoße gegen ihre Nutzungsbedingungen. Dieser einheitliche Lebenssachverhalt liegt nicht nur den vertraglichen und den sachenrechtlichen bzw. deliktischen Ansprüchen zugrunde, sondern auch den urheberrechtlichen Ansprüchen , die maßgeblich vom Inhalt der Lizenzverträge bestimmt werden.
Büscher Schaffert Koch Löffler Feddersen
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 12.08.2014 - 33 O 26527/13 -
OLG München, Entscheidung vom 02.07.2015 - U 3427/14 Kart -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2017 - I ZR 167/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2017 - I ZR 167/15

Referenzen - Gesetze

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2017 - I ZR 167/15 zitiert 1 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2017 - I ZR 167/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2017 - I ZR 167/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2013 - I ZR 60/11

bei uns veröffentlicht am 24.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 60/11 Verkündet am: 24. Januar 2013 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Referenzen

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

13
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 18 - UHU; Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 17 = WRP 2012, 1392 - Pelikan). Der Klagegrund umfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Klageantrag zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2003 - VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 51; Urteil vom 26. April 2012 - VII ZR 25/11, NJW-RR 2012, 849 Rn. 15). Bei einem einheitlichen Klagebegehren liegen allerdings verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell -rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - III ZR 59/92, NJW 1993, 2173; Beschluss vom 16. September 2008 - IX ZR 172/07, NJW 2008, 3570 Rn. 9; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., Einleitung Rn. 70). Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 31 = WRP 2012, 716 - OSCAR; Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 137/10, GRUR 2012, 630 Rn. 14 = WRP 2012, 824 - CONVERSE II). Dann liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegenstände vor. Diese Maßstäbe gelten ebenfalls, wenn der Kläger Ansprüche aus unerlaubter Handlung - etwa wegen Verletzung eines Schutzrechts oder wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens - und aus Vertrag verfolgt. Auch dann ist maßgeblich, ob aufgrund der materiell-rechtlichen Regelung die zusammentreffenden Ansprüche erkennbar unterschiedlich ausgestaltet sind und deshalb mehrere Streitgegenstände vorliegen oder ob bei natürlicher Betrachtungsweise von einem Lebenssachverhalt auszugehen ist, auf den nur unterschiedliche Anspruchsnormen Anwendung finden. Von einem Lebenssachverhalt - und folglich einem Klagegrund - ist im Regelfall auszugehen, wenn der Kläger das beantragte Verbot sowohl auf einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch als auch auf einen Anspruch aufgrund einer Unterlassungsvereinbarung stützt, die die Parteien nach einer vorausgegangenen Verletzungshandlung getroffen haben (zu einer derartigen Fallkonstellation BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 222/00, GRUR 2003, 889 = WRP 2003, 1222 - Internet-Reservierungssystem ).