Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Apr. 2005 - I ZR 45/04

bei uns veröffentlicht am21.04.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 45/04
vom
21. April 2005
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. April 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision wird zurückgewiesen.
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. März 2004 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Revisionsverfahren wird auf 250.000 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Beklagte vertreibt in Deutschland unter der Bezeichnung "K. PRO" ein Arzneimittel, das die Klägerin in Spanien unter der Bezeichnung "K. Comprimidos" auf den Markt bringt. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze ihre Rechte an der Marke "K. ", indem sie die Originalverpackung des spanischen Präparats mit der Bezeichnung "K. PRO" überklebe, und hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil hat die Beklagte Beschwerde eingelegt. Der Senat hat mit Beschluß vom 16. Dezember 2004 die Revision zugelassen. Der Beschluß ist dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis (§ 174 Abs. 1 ZPO) am 20. Dezember 2004 zugestellt worden. Durch Verfügung vom 2. März 2005 ist die Beklagte darauf hingewiesen worden, daß bislang eine Schrift zur Revisionsbegründung nicht zu den Akten gelangt sei. Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. März 2005 unter Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und in Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen. Weiter hat sie beantragt, ihr gegen die Versäumung der Frist für die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs trägt sie vor, im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten in der Revisionsinstanz sei versäumt worden, die Revisionsbegründungsfrist einzutragen. In dessen Kanzlei sei die Eintragung aller gesetzlichen und richterlichen Fristen unter Einschluß der Fristen des seit
dem 1. Januar 2002 geltenden Revisionsrechts so organisiert, daß seine beiden Büroangestellten angewiesen seien, die Fristen selbständig zu berechnen, zu kontrollieren und in den Fristenkalender einzutragen. Zudem werde von dem Prozeßbevollmächtigten die Eintragung in den Fristenkalender - bei gesetzlichen Fristen unter ausdrücklicher Nennung des Ablaufdatums - vorsorglich in jedem Einzelfall noch einmal mündlich angeordnet. Die Eintragung im Fristenkalender werde sodann zusätzlich in den Handakten vermerkt. Darüber hinaus führe eine der Büroangestellten selbständig eine Computerliste, in der sie alle Fristen und Termine zusätzlich erfasse. Der Prozeßbevollmächtigte selbst führe unabhängig von seinem Sekretariat einen eigenen Termin- und Fristenkalender. Ihr Prozeßbevollmächtigter könne nicht ausschließen, daß im konkreten Fall die Eintragung der Revisionsbegründungsfrist in den beiden Fristenkalendern, der Computerliste und der Handakte deshalb versäumt worden sei, weil er unter sehr großem Zeitdruck gestanden und die Zulassung der Revision mit der Annahme der Revision nach altem Recht verwechselt habe, die ein weiteres Tätigwerden nicht erfordert hätte. Eine der beiden Büroangestellten habe sich in einer schweren persönlichen und familiären Krise befunden, die bereits zu innerbetrieblichen Störungen einschließlich anderer Fehler im Sekretariatsbereich geführt gehabt habe. Die andere Büroangestellte sei dadurch zusätzlich belastet gewesen.
II. Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Sie ist erst am 10. März 2005 und daher nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten seit Zustellung der der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten stattgebenden Entscheidung des Senats am 20. Dezember 2004 (§ 544 Abs. 6 Satz 3 i.V. mit § 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO) begründet worden.
1. Die Revision ist nicht schon zugleich mit der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde begründet worden (vgl. dazu BGH, Urt. v. 7.7.2004 - IV ZR 140/03, NJW 2004, 2981). Die Beschwerdebegründung der Beklagten vom 2. August 2004 enthält nur die Darlegung der Zulassungsgründe und genügt daher nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
2. Gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist kann der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Ihr hierauf gerichteter Antrag ist zwar zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

a) Nach § 233 ZPO ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Die mit dem Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft gemachten Angaben schließen ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten in der Revisionsinstanz bei der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist nicht aus. Die Partei muß sich dieses nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher zurückzuweisen (vgl. BGH, Beschl. v. 18.10.1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319; Beschl. v. 4.11.2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688, 689).

b) Die Revisionsbegründungsfrist (§ 551 Abs. 2 Satz 2 ZPO), deren Lauf mit der Zustellung des Beschlusses zur Zulassung der Revision begann (§ 544 Abs. 6 Satz 3 ZPO), ist im Fristenkalender des Rechtsanwalts der Beklagten nicht eingetragen worden. Deshalb wurde die Frist versäumt. Die Beklagte hat nicht dargelegt, daß das Unterbleiben der Eintragung nicht auf einem Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten in der Revisionsinstanz beruht.

c) Nach ihrem Vortrag zur allgemeinen Behandlung der Fristen im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten und zu den Gründen, aus denen dessen Büro-
personal die Eintragung der Revisionsbegründungsfrist unterlassen hat, kann ein für die Fristversäumung ursächliches Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten nicht ausgeschlossen werden. Denn dieser hat das Empfangsbekenntnis über die Zustellung des Senatsbeschlusses vom 16. Dezember 2004 unterzeichnet und zurückgegeben, obwohl das Datum der Zustellung nicht in den Handakten vermerkt war.
aa) Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat (vgl. § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO), bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (BGH, Beschl. v. 17.9.2002 - VI ZR 419/01, NJW 2002, 3782 m.w.N.). Um sicherzustellen, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebliche Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über die Zustellung einer Entscheidung, mit der eine Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt, erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist (BGH, Beschl. v. 13.2.2003 - V ZR 422/02, NJW 2003, 1528, 1529 m.w.N.).
bb) Dieses Sorgfaltsgebot hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten objektiv verletzt, als er am 20. Dezember 2004 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne daß die Revisionsbegründungsfrist notiert war. Nach dem Vortrag der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden , daß ihn insoweit kein Verschulden trifft.
Daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bei Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses die Handakten vorgelegt worden sind und er überprüft hat, ob die Frist bereits notiert worden war, kann nach dem Vorbringen der Beklagten ausgeschlossen werden. Es ist zwar nicht erforderlich, daß das Emp-
fangsbekenntnis erst nach vollständiger Fristensicherung unterzeichnet und in den allgemeinen Geschäftsbetrieb des Rechtsanwalts und von dort an das zuständige Gericht zurückgegeben wird (vgl. BGH NJW 2003, 1528, 1529). Unterzeichnet der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis, bevor die Frist in den Fristenkalender eingetragen und dies in den Handakten vermerkt ist, dann muß er aber durch konkrete Einzelanweisung die erforderlichen Eintragungen veranlassen (vgl. BGH NJW 2003, 1528, 1529). Eine solche konkrete Einzelanweisung ist im vorliegenden Fall nicht erteilt worden. Ob eine Einzelanweisung entbehrlich sein kann, wenn ausreichende organisatorische Maßnahmen getroffen worden sind, damit die erforderlichen Eintragungen nach der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses nachgeholt werden (vgl. BGH, Urt. v. 5.5.1993 - XII ZR 44/92, NJW-RR 1993, 1213, 1214 f.), kann dahingestellt bleiben. Denn die Beklagte hat nicht hinreichend vorgetragen, welche organisatorischen Maßnahmen im Büro ihres Prozeßbevollmächtigten zur Fristensicherung im Zusammenhang mit der Unterzeichnung eines Empfangsbekenntnisses bestanden haben. Ihrem Vortrag zur allgemeinen Behandlung der Fristen und deren Eintragung in die Fristenkalender, die Handakten und die Computerliste läßt sich nicht entnehmen, ob diese Eintragungen vor oder nach der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Rechtsanwalt erfolgen und durch welche organisatorischen Maßnahmen überprüft wird, ob die Fristensicherung im Einzelfall auch tatsächlich erfolgt, bevor das Empfangsbekenntnis an das Gericht zurückgegeben wird. Werden die getroffenen organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung hinreichend vorgetragen und glaubhaft gemacht, so ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten zu vermuten (vgl. BGH NJW 2004, 688, 689).
Dem Vortrag der Beklagten, ihr Prozeßbevollmächtigter könne nicht ausschließen , daß die Eintragung der Revisionsbegründungsfrist nach Zustellung des Senatsbeschlusses vom 16. Dezember 2004 unterblieben sei, weil er die
Zulassung der Revision mit der Annahme der Revision nach altem Recht verwechselt und deshalb angenommen habe, ein weiteres Tätigwerden sei nicht erforderlich, kann nicht entnommen werden, daß die Fristversäumung auf einem unverschuldeten Irrtum des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten beruht. Der Umstand, daß ihr Prozeßbevollmächtigter unter sehr großem Zeitdruck stand, weil er bis zum 23. Dezember 2004 noch verschiedene Arbeiten abzuschließen hatte, vermag den Irrtum nicht zu entschuldigen. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter anführt, ihr Prozeßbevollmächtigter in der Revisionsinstanz sei möglicherweise durch die Vorkorrespondenz mit ihrem Bevollmächtigten in den Tatsacheninstanzen beeinflußt gewesen, weil dieser in seinem Schreiben vom 8. Dezember 2004 von der "Annahme der Nichtzulassungsbeschwerde" gesprochen habe, kann darin gleichfalls kein Umstand gesehen werden , der den Irrtum als unverschuldet erscheinen lassen könnte.

d) Da somit nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht ausgeschlossen ist, daß die Fristversäumung auf einem Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten in der Revisionsinstanz beruht, kann die beantragte Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Eine Wiedereinsetzung kommt schon dann nicht in Betracht, wenn ein Mitverschulden der Partei oder ihres Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 1 ZPO) Ursache für die Fristversäumung war (BGH, Beschl. v. 8.3.2001 - V ZB 5/01, NJW-RR 2001, 1072 m.w.N.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Pokrant Büscher Bergmann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Apr. 2005 - I ZR 45/04

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Apr. 2005 - I ZR 45/04 zitiert 8 §§.

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Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke de

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552 Zulässigkeitsprüfung


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Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke der Zustellung ausgehändigt wurde und wann das geschehen ist; bei Aushändigung an den Vertreter ist dies mit dem Zusatz zu vermerken, an wen das Schriftstück ausgehändigt wurde und dass die Vollmacht nach § 171 Satz 2 vorgelegt wurde. Der Vermerk ist von dem Bediensteten zu unterschreiben, der die Aushändigung vorgenommen hat.

(1) Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Revision an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen.

(2) Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen.

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 140/03 Verkündet am:
7. Juli 2004
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO (2002) §§ 544 Abs. 6 Satz 3, 551 Abs. 3 Satz 2
Die aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassene Revision muß
nicht erst innerhalb der mit Zustellung des Zulassungsbeschlusses in Lauf
gesetzten Revisionsbegründungsfrist (durch Bezugnahme auf die Begründung
der Nichtzulassungsbeschwerde oder durch davon unabhängige, auch zusätzliche
Ausführungen) begründet werden. Vielmehr kann eine den Anforderungen
des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO genügende Revisionsbegründung auch
schon vor Beginn der Revisionsbegründungsfrist, z.B. in dem Schriftsatz gegeben
werden, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde begründet wird. In
diesem Fall beginnt die Frist für eine Anschlußrevision mit Zustellung des Zulassungsbeschlusses.

a) Grundpfandrechte, mit denen schon der Erblasser Nachlaßgrundstücke belastet
hatte, stellen stets außerordentliche, auf den Stammwert von Erbschaftsgegenständen
gelegte Lasten dar, auch wenn sie langfristig zu tilgen
sind.

b) Der Erblasser kann den Vorerben jedoch im Wege eines Vermächtnisses
zugunsten des Nacherben verpflichten, die Grundpfandrechte aus den an
sich dem Vorerben zustehenden Nutzungen der Erbschaft zu tilgen mit der
Folge, daß Erstattungsansprüche aus § 2124 Abs. 2 BGB insoweit nicht
geltend gemacht werden können.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 - IV ZR 140/03 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juni 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist aufgrund des Testaments ihres am 17. Januar 1979 gestorbenen Vaters dessen nicht befreite Vorerbin; der Beklagte, ein entfernter Verwandter, ist als Nacherbe eingesetzt. Zum Nachlaß gehören noch zwei Grundstücke (Mietobjekte). Die Klägerin hat langfristige Darlehen getilgt, die vom Erblasser herrührten, an einem dieser Grundstücke durch Hypotheken und Grundschulden gesichert waren und eine Laufzeit von noch ca. 20 Jahren seit dem Erbfall hatten. Außerdem hat die Klägerin aufgrund eines im Testament des Vaters angeordneten Vermächtnisses eine Rente an die Witwe des Erblassers bis zu deren Tod am 27. Oktober 2000 bezahlt. Für ihre Aufwendungen zur Erfüllung dieser Verbindlichkeiten möchte die Klägerin 295.411,78 € dem Nachlaß entnehmen. Deshalb fordert sie gemäß § 2120 BGB die Zustimmung des

Beklagten zur Veräußerung eines der beiden Nachlaßgrundstücke. Außerdem möchte sie ihm gegenüber festgestellt wissen, daß sie berechtigt sei, aus dem Erlös für dieses Nachlaßgrundstück einen Betrag in Höhe der genannten Aufwendungen für sich zu entnehmen.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Die Revision ist zulässig. Die Rüge des Beklagt en, die Revision sei nicht fristgerecht begründet worden, trifft nicht zu. Zwar hat die Klägerin die Revision, nachdem sie aufgrund ihrer Nichtzulassungsbeschwerde vom Senat zugelassen worden war, nicht innerhalb der mit Zustellung des Zulassungsbeschlusses beginnenden Revisionsbegründungsfrist (§ 544 Abs. 6 Satz 3 ZPO) begründet. Sie hat innerhalb dieser Frist auch nicht auf die Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen (§ 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
Der Schriftsatz, mit dem die Klägerin ihre Nichtzu lassungsbeschwerde begründet hat, trägt aber die Überschrift: "Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und der Revision". Nach abgekürztem Rubrum folgt unter der weiteren Überschrift: "A. Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde :" der Antrag, die Revision zuzulassen. Mit den an-

schließenden Ausführungen werden nicht nur Zulassungsgründe, sondern auch Verletzungen des formellen und materiellen Rechts so geltend gemacht, daß damit den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO genügt ist. Darauf werden in demselben Schriftsatz unter der Überschrift "B. Revisionsbegründung:" die Revisionsanträge angekündigt und kurz begründet. Insoweit wird im wesentlichen auf die vorangegangene Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde verwiesen.
Damit ist die Revision hier fristgerecht begründet worden. Das Gesetz schließt eine Begründung der Revision schon vor Beginn der Revisionsbegründungsfrist nicht aus. Vielmehr kann die Revisionsbegründung sogar schon in der Revisionsschrift enthalten sein (§ 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gilt, wenn ihr stattgegeben wird, als Einlegung der Revision; das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren fortgesetzt (§ 544 Abs. 6 Satz 1 und 2 ZPO). Mithin ist auch im Fall der Nichtzulassungsbeschwerde eine Begründung der Revision vor Beginn der durch Zustellung des Zulassungsbeschlusses in Lauf gesetzten Revisionsbegründungsfrist möglich.
Dem steht § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht entgegen, der dem Beschwerde - und Revisionsführer lediglich die weitere Möglichkeit eröffnet, sich zur Begründung einer - bisher noch nicht begründeten - Revision auf die Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde zu beziehen (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl. Aktualisierungsband § 551 Rdn. 4; Zöller/Gummer, ZPO 24. Aufl. § 544 Rdn. 16; § 551 Rdn. 16). Dem Revisionsführer steht es im übrigen frei, eine schon vor Zustellung des Zulassungsbeschlusses gegebene Revisionsbegründung innerhalb der mit

Zustellung des Zulassungsbeschlusses in Lauf gesetzten Revisionsbegründungsfrist zu ergänzen.
Ist die Revision wie hier bereits vor Zustellung d es Zulassungsbeschlusses formgerecht begründet und dem Gegner zugestellt worden, beginnt mit Zustellung des Zulassungsbeschlusses die Frist des § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO für eine Anschlußrevision des Revisionsbeklagten. Ergänzt der Revisionsführer seine Revisionsbegründung innerhalb der mit Zustellung des Zulassungsbeschlusses beginnenden Revisionsbegründungsfrist , verlängert sich die Frist für die Anschlußrevision entsprechend (MünchKomm/Wenzel, aaO § 554 Rdn. 11; Zöller/Gummer, aaO § 554 Rdn. 4). Danach ist eine - wie hier - schon vor Zustellung des Zulassungsbeschlusses begründete Revision auch mit den für die Anschlußrevision geltenden Regeln vereinbar.
II. Soweit es materiell-rechtlich um die Tilgung d er Darlehen geht, stellt das Berufungsgericht fest, daß die über mehr als zwei Jahrzehnte verteilten, jährlich gleichbleibenden Belastungen aus einem alljährlich geringer werdenden Zins- und einem wachsenden Tilgungsanteil bestanden. Diese langfristige Verteilung der Last präge den Tilgungsleistungen den rechtlichen Charakter gewöhnlicher Erhaltungskosten im Sinne von § 2124 Abs. 1 BGB auf; sie seien daher vom Vorerben zu tragen (im Anschluß an BGH, Urteil vom 31. Oktober 1984 - IVa ZR 210/82 - unter 4 B b, unveröffentlicht bis auf die auszugsweise Wiedergabe bei Johannsen, WM 1985 Beilage 1 S. 16; zustimmend Staudinger/Avenarius, BGB 2002, § 2124 Rdn. 8). Hinsichtlich der Rente an die Witwe des Erblassers ergebe eine Auslegung des Testaments, daß die Verpflichtung den jeweili-

gen Inhaber des Stammvermögens für die Dauer seiner Inhaberschaft habe treffen sollen, hier also die Klägerin als Vorerbin.
III. Das hält im Ergebnis nach den besonderen Umst änden des hier zu entscheidenden Falles rechtlicher Nachprüfung stand.
1. a) In bezug auf die Aufwendungen zur Tilgung de r Grundpfandrechte macht die Revision allerdings mit Recht geltend, sie könnten - anders als Zinszahlungen - nicht als gewöhnliche Erhaltungskosten im Sinne von § 2124 Abs. 1 BGB angesehen werden. Vielmehr hätten sie eine langfristig wertsteigende Wirkung. Der Vorerbe werde um die ihm zustehenden Nutzungen der Erbschaft gebracht, wenn man ihn für verpflichtet halte, damit die Werterhöhung des später dem Nacherben zufallenden Nachlasses zu finanzieren. Im Verhältnis des Vorerben zum Nacherben könne es nicht darauf ankommen, ob die Grundschuld auf einmal oder in Raten fällig werde. Deshalb seien Tilgungsleistungen auf Grundschuld- oder Hypothekendarlehen zu den anderen Aufwendungen im Sinne von § 2124 Abs. 2 BGB bzw. zu den außerordentlichen, auf den Stammwert der Erbschaftsgegenstände gelegten Lasten (§ 2126 BGB) zu zählen (so auch OLG Stuttgart BWNotZ 1961, 92; OLG Bremen NJWE-FER 1999, 277; Soergel/Harder/Wegmann, BGB 13. Aufl. § 2124 Rdn. 5; § 2126 Rdn. 3; MünchKomm/Grunsky, BGB 3. Aufl. § 2126 Rdn. 3; Bamberger/Roth/Litzenburger, BGB § 2126 Rdn. 1; Palandt/ Edenhofer, BGB 63. Aufl. § 2126 Rdn. 1).

b) Der Revision und der herrschenden Meinung in de r Literatur ist zuzustimmen. Eine Abgrenzung nach der Höhe, Häufigkeit und Dauer

der Tilgungsleistungen würde die Rechtsanwendung mit kaum zu überwindenden praktischen Schwierigkeiten und Unsicherheiten belasten, zumal solche Zahlungsmodalitäten durch Vereinbarung geändert werden können. Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31. Oktober 1984, auf das sich das Berufungsgericht gestützt hat, wird zwar auf die Rechtslage bei einem Nießbrauch am Vermögen Bezug genommen; der Nießbraucher hat wiederkehrende Tilgungsleistungen jedenfalls in der Regel auch im Innenverhältnis gegenüber dem Besteller zu tragen (so OLG Düsseldorf OLGZ 1975, 341 ff.; Staudinger/Frank, BGB [2002] § 1088 Rdn. 3, 12; MünchKomm/Pohlmann, BGB 4. Aufl. § 1088 Rdn. 3, 5). Das ist für das gesetzlich näher geregelte Verhältnis von Vor- und Nacherbe aber nicht entscheidend. Danach stehen dem Vorerben vielmehr, auch wenn er von den in § 2136 BGB genannten Beschränkungen nicht befreit ist, die vollen Nutzungen (§ 100 BGB) der Erbschaft zu; er hat lediglich die Substanz des Nachlasses im Nacherbfall herauszugeben (§ 2130 BGB). Außer Fruchtziehungskosten fallen dem Vorerben nur die gewöhnlichen Erhaltungskosten (§ 2124 Abs. 1 BGB) zur Last. Mithin stellen Grundpfandrechte , mit denen schon der Erblasser Nachlaßgrundstücke belastet hatte, für den Vorerben stets außerordentliche, auf den Stammwert von Erbschaftsgegenständen gelegte Lasten dar, deren Tilgung gemäß §§ 2126, 2124 Abs. 2 BGB letzten Endes aus der Substanz der Erbschaft oder vom Nacherben zu erstatten ist. Soweit der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 31. Oktober 1984 eine andere Auffassung vertreten hat, wird daran nicht mehr festgehalten.

c) Der im Urteil vom 31. Oktober 1984 vertretene G edanke, Tilgungsraten seien wiederkehrende Leistungen, die bei ordnungsgemäßer Verwaltung ähnlich wie beim Nießbrauch an einem Vermögen im allge-

meinen aus den Einkünften des Vermögens bestritten würden, kann jedoch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt auch für das Verhältnis von Vorerben und Nacherben Bedeutung gewinnen. Der Erblasser kann den Vorerben nach allgemeiner Meinung im Hinblick auf die diesem zustehenden Nutzungen der Erbschaft mit einem Vermächtnis zugunsten des Nacherben beschweren (Palandt/Edenhofer, aaO § 2136 Rdn. 1; Bamberger/Roth/Litzenburger, aaO § 2136 Rdn. 8; Soergel/Harder /Wegmann, aaO § 2136 Rdn. 1 a.E.; Staudinger/Avenarius, aaO § 2136 Rdn. 28; MünchKomm/Grunsky, aaO § 2136 Rdn. 6). Als Gegenstand eines Vermächtnisses kommt alles in Betracht, was als Inhalt der Leistungspflicht eines Schuldners nach § 241 BGB vereinbart werden könnte (BGHZ 148, 187, 190). Mithin kann der Erblasser den Vorerben im Verhältnis zum Nacherben verpflichten, die zur Tilgung von Grundpfandrechten erforderlichen Aufwendungen aus den regelmäßig zu ziehenden Nutzungen der Erbschaft aufzubringen, und zwar im Umfang der vom Erblasser vereinbarten laufenden Raten; damit ist dem Vorerben ungeachtet der rechtlichen Einordnung seiner Aufwendungen als außerordentliche Lasten die Geltendmachung des daraus an sich folgenden Erstattungsanspruchs aus § 2124 Abs. 2 BGB im Interesse des Nacherben versagt. Dieser wird durch die so auf Kosten des Vorerben erreichte ständige Werterhöhung der Substanz des Nachlasses begünstigt. Für eine derartige Willensrichtung des Erblassers kann insbesondere seine Absicht sprechen, das Grundvermögen des Nachlasses trotz seiner Belastungen vor einer Veräußerung oder Zwangsversteigerung zu bewahren , um es in seinem vollen Bestand für eine spätere Generation zu erhalten. Ein Anhaltspunkt für einen solchen Erblasserwillen kann auch die im Urteil vom 31. Oktober 1984 angeführte Art der Verwaltung des Vermögens durch den Erblasser sein, wenn der Schuldendienst bei ord-

nungsmäßiger Bewirtschaftung des Vermögens aus dessen regelmäßigen Einkünften bedient wurde, das Vermögen sich also gewissermaßen selbst entschuldete.

d) Im vorliegenden Fall stellt das Berufungsgerich t im Zusammenhang mit dem Rentenvermächtnis zugunsten der Witwe des Erblassers fest, diesem habe der Grundbesitz besonders am Herzen gelegen. Im Testament heißt es ausdrücklich: "Mein Wunsch ist es, daß insbesondere der Grundbesitz in der späteren Generation im Eigentum meiner Nachkommen ... bleibt." Deshalb habe der Erblasser der Vorerbin und dem Nacherben im Testament untersagt, die Grundstücke zu veräußern oder zu belasten. Bevor die eingetragenen Belastungen nicht getilgt seien , dürften keine weiteren Belastungen aufgenommen werden, die dann auch nur zu Renovierungszwecken zulässig seien. Weiter stellt das Berufungsgericht fest, es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Mieteinkünfte nicht ausgereicht hätten, um neben der Witwenrente auch die Tilgungsleistungen zu erbringen. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen kann der S enat das Testament dahin auslegen, daß die Klägerin im Interesse der Erhaltung aller Grundstücke und damit zugunsten des Nacherben verpflichtet sein sollte, die Grundpfandrechte mit den vom Erblasser vorgegebenen laufenden Ratenzahlungen zu Lasten der ihr an sich als Vorerbin zustehenden Mieterträge zu tilgen. Daß die nach Abzug von Fruchtziehungs- und gewöhnlichen Erhaltungskosten verbleibenden Mieterträge nicht ausschließlich der Klägerin zustehen sollten, wird gerade daran deutlich, daß die von ihr mit der Klage geforderte Erstattung ihrer Tilgungsauf-

wendungen durch Verkauf eines der Nachlaßgrundstücke in klarem Gegensatz zu dem vom Erblasser angeordneten Veräußerungsverbot steht. Das Geltendmachen des Anspruchs aus §§ 2126, 2124 Abs. 2 BGB auf Erstattung der Tilgungsleistungen ist treuwidrig, weil ihm der Anspruch des Beklagten aus dem Vermächtnis entgegensteht (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est). Damit ist der Beklagte auch nicht zu einer Zustimmung nach § 2120 BGB verpflichtet.
2. Hinsichtlich der Rente, die der Erblasser zugun sten seiner Witwe ausgesetzt hat, rügt die Revision, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Klägerin übergangen, daß diese Belastung im Testament der Vorerbin und dem Nacherben gleichermaßen auferlegt sei. Das trifft jedoch nicht zu. Das Berufungsgericht befaßt sich zwar nicht ausdrücklich mit der von der Klägerin ins Feld geführten Testamentsbestimmung, wonach "der Erbe (Vorerbe oder Nacherbe)" der überlebenden Ehefrau Rente zahlen sollte; es geht aber davon aus, daß die Vermächtnislast, die sich aus der angeordneten Witwenrente ergibt, den jeweiligen Inhaber des Stammvermögens treffen sollte. Damit ist dieser von der Revision hervorgehobene Gesichtspunkt nicht außer Betracht geblieben. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Erblasser, der die Nachlaßgrundstücke für die spätere Generation erhalten, die Vorerbin und den Nacherben aber nicht zum Einsatz sonstigen Vermögens verpflichten wollte, vielmehr davon ausgegangen, daß die Rentenzahlung (ebenso wie die Darlehenstilgung) jeweils aus den Mieteinkünften der Nachlaßgrundstücke bestritten werden sollte. Diese tatrichterliche Würdigung läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

Zwar geht das zu Lasten von Vorerbin und Nacherben angeordnete Rentenvermächtnis hier im Ergebnis allein zu Lasten der Vorerbin und bleibt dem Nacherben erspart. Seit dem inzwischen eingetretenen Tod der Witwe und der ebenfalls erledigten Rückzahlung der Darlehen stehen die Mieteinkünfte nunmehr aber in vollem Umfang der Klägerin zu. Die Auslegung des Testaments durch das Berufungsgericht ist danach nicht zu beanstanden.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 50/03
vom
4. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen
sein, daß eine mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine
Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät
und die Fristeintragung deshalb unterbleibt.

b) Werden die (gegen das Vergessen einer lediglich mündlichen Anweisung) getroffenen
organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung
gegen die Versäumung der Berufungsfrist vorgetragen und glaubhaft gemacht
, ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2
ZPO) zu vermuten und der Antrag zurückzuweisen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - LG Saarbrücken
AG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer A des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.565,74

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2003 die Klage abgewiesen. Die Berufungsfrist lief am 30. Mai 2003 ab. Die Berufung des Klägers ist am 17. Juni 2003 zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er habe am 13. Mai 2003 seine Prozeßbevollmächtigten mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt. Der die Sache bearbeitende Assessor T. habe die Unterlagen zur Neuanlage der Akte, Notierung der Berufungsfrist auf den 30. Mai 2003 und der Berufungsbegründungsfrist auf den 30. Juni 2003 an die Fachangestellte C. verfügt. Bei einer
routinemäßigen Durchsicht der Akte zur Vorbereitung der Berufungsbegründung am 13. Juni 2003 habe T. festgestellt, daß die Berufung nicht eingelegt war und die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist im Terminbuch nicht eingetragen gewesen seien. Auf Frage habe die Mitarbeiterin C. mitgeteilt, sie habe trotz entsprechender Weisung versäumt, die Fristen einzutragen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8. Juli 2003 die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welcher Form der Fristenkalender bei seinen Prozeßbevollmächtigten geführt werde, ob hier eine Wiedervorlagefrist verfügt und ob der Zustellungstag in der Handakte vermerkt worden sei. Eine Überprüfung, ob die Fristeneintragung und -überwachung ausreichend organisiert gewesen sei, sei nicht möglich. Von einem fehlenden Verschulden des zweitinstanzlichen Anwalts an der Fristversäumung könne daher nicht ausgegangen werden. Gegen den ihm am 18. Juli 2003 zugestellten Beschluß des Landgerichts hat der Kläger am 12. August 2003 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 18. September 2003 begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Ansicht des Klägers zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) nicht erforderlich.
1. Eine Divergenz (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – NJW-RR 2003, 1366; BGHZ 151, 221, 225 f.) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – aaO; BGHZ aaO). Das kann insbesondere auch bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, etwa wenn der angefochtene Beschluß die Partei in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - VersR 2003, 1144, 1146, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - aaO) beeinträchtigt. Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten muß nach den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zutage treten, also offenkundig sein; ferner muß die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen (vgl. BGHZ aaO und BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - aaO). Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem entscheidungserheblichen klar zutage tretenden Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte des Klägers; sie ist zudem einzelfallbezogen und erfordert deshalb keine korrigierende Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
a) Dies gilt insbesondere, soweit das Berufungsgericht Angaben zur allgemeinen Organisation und Fristenkontrolle vermißt, obwohl der Kläger eine
Einzelanweisung seines Berufungsanwalts im konkreten Fall zur Fristeintragung vorgetragen hat, die von der Fachangestellten versehentlich nicht berücksichtigt worden sei. Die Rechtsbeschwerde verkennt die für einen solchen Fall in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Das ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. aa) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels setzt voraus, daß die Berufungsschrift rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - VersR 2002, 380, 381). Dabei setzt eine wirksame Fristenkontrolle voraus, daß Fristen zur Einlegung und Begründung von Rechtsbehelfen deutlich als solche gekennzeichnet werden. Sie müssen so notiert werden, daß sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheiden (vgl. BGH, Beschluß vom 21. Juni 2000 - XII ZB 93/00 - VersR 2001, 607, 608). Ferner obliegt dem Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, daß fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Er hat sicherzustellen , daß eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der Schriftsatz abgesandt oder zumindest postfertig gemacht ist (vgl. BGH, Beschluß vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 - VersR 2000, 1564). Daß die Organisation der Fristenkontrolle im Büro seines Prozeßbevollmächtigten diesen Anforderungen genügt hätte, hat der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Das Berufungsgericht hat hiernach ohne Rechtsfehler ein
Verschulden des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten für nicht ausgeschlossen erachtet und dementsprechend den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95 - VersR 1996, 256, 257 und vom 9. Juni 1994 - I ZB 5/94 - VersR 1995, 72, 73). bb) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf, vorliegend komme es auf die allgemeine Organisation der Fristenkontrolle im Büro der Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht an, weil die Fachangestellte eine auf den konkreten Fall bezogene Einzelanweisung zur Fristeintragung versehentlich nicht befolgt habe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers hierzu nicht übergangen und nicht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Allerdings braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - VersR 1992, 764, 765). Im allgemeinen kann er ferner darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Weisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186). In der Anwaltskanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435, 436). Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungsfrist nur mündlich vermittelt wird, dann bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO).

b) Aus demselben Grund ist auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen. Der Rechtsbeschwerde kann nicht darin gefolgt werden, daß auch bei Beachtung der erforderlichen Organisationsmaßnahmen die Fehlleistung der Büroangestellten nicht vermieden worden wäre. Sie verkennt, daß es nicht darum geht, die Möglichkeit eines Fehlers auszuschließen. Es muß vielmehr Vorsorge dagegen getroffen werden, die Folgen eines Fehlers von Büroangestellten möglichst zu vermeiden. Das aber wäre durch eine Kontrolle der Fristeintragung erreicht worden, beispielsweise in Form der vom Berufungsgericht vermißten Wiedervorlageanweisung, wozu selbstverständlich auch deren Vermerk gehört, oder durch einen deutlich sichtbaren Vermerk auf der Handakte, wenn dessen Bearbeitung durch eine weitere Person sichergestellt worden wäre.
c) Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich einer auf den konkreten Fall bezogenen Einzelanweisung verstoßen hätte. Die hierzu aufgestellten Grundsätze (etwa zum Vertrauen auf die Ausführung durch eine bisher zuverlässige Büroangestellte - vgl. BGH, Beschluß vom 18. Februar 1998 - VIII ZB 1/98 - NJW-RR 1998, 932) betrafen die Übermittlung eines Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht oder eine eigenmächtige Berechnung der
Rechtsmittelfrist trotz anderweitigem Vermerk auf einem Handzettel (vgl. BGH, Beschluß vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - VersR 2002, 211 f.). Hier dagegen geht es um die unterlassene Ausführung einer lediglich mündlich erteilten Anweisung über die Eintragung einer Rechtsmittelfrist, die schon aufgrund allgemeiner Anweisung hätte sichergestellt werden müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.

(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge);
2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar:
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Ist die Revision auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen worden, kann zur Begründung der Revision auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug genommen werden.

(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke der Zustellung ausgehändigt wurde und wann das geschehen ist; bei Aushändigung an den Vertreter ist dies mit dem Zusatz zu vermerken, an wen das Schriftstück ausgehändigt wurde und dass die Vollmacht nach § 171 Satz 2 vorgelegt wurde. Der Vermerk ist von dem Bediensteten zu unterschreiben, der die Aushändigung vorgenommen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 419/01
vom
17. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 212 a a.F., § 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sind, daß die Anweisung
in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt.
BGH, Beschl. vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2002 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 42.033,54

Gründe:


I.


Der Kläger, der Alleinerbe seiner am 28. Dezember 1995 verstorbenen Ehefrau ist, hatte von den Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz und ein Schmerzensgeld wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung seiner Ehefrau begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 24. Oktober 2001 hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist seinem zweitinstanzlichen Prozeßbevoll-
mächtigten am 31. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 21. November 2001 erteilte dieser den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision einzulegen. Der Auftrag ging am 22. November 2001 zusammen mit einer Kopie der (zweiten) Ausfertigung des Berufungsurteils, die einen Eingangsstempel vom 9. November 2001 aufwies, bei der Revisionsanwältin ein. Die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 ging am selben Tage beim Bundesgerichtshof ein. Die Senatsvorsitzende verlängerte antragsgemäß die Frist zur Revisionsbegründung bis zum 8. Mai 2002. Nach Eingang der Revisionsbegründung am 17. April 2002 wies der Berichterstatter mit Verfügung vom 26. Juni 2002, der Revisionsanwältin zugegangen am 27. Juni 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 31. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2002 begehrt der Kläger unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 und die Revisionsbegründung vom 9. April 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Die Revisionsanwältin habe aufgrund der eingereichten Unterlagen keinen Anlaß zu Zweifeln an der richtigen Berechnung der Revisionsfrist gehabt. Im Büro des Berufungsanwalts sei dessen für ihn als Angestellte tätige Ehefrau mit der Kontrolle und Überwachung der Frist beauftragt gewesen. Nach Zustellung des Berufungsurteils habe er seine Ehefrau angewiesen , die Revisionsfrist im Terminkalender zu notieren. Versehentlich habe seine Ehefrau weder die Rechtsmittelfrist noch eine Vorfrist eingetragen und auch keinen Vermerk in die Handakte aufgenommen. Die Urteilsausfertigung habe sie im Original an den Kläger weitergeleitet, ohne für die Akte eine Kopie zu fertigen. Als am 9. November 2001 eine zweite Ausfertigung des Berufungsurteils eingegangen sei, habe die Ehefrau des Berufungsanwalts von sich aus die Revisionsfrist für den 10. Dezember 2001 und die Vorfrist auf den 3. Dezember 2001 eingetragen. Der Berufungsanwalt selbst habe diesen
Posteingang nicht weiter beachtet, weil diese (zweite) Urteilsausfertigung ohne Empfangsbekenntnis eingegangen sei. Er habe sich an den im Terminkalender fehlerhaft eingetragenen Fristen orientiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F., vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO i.d.F. von Art. 3 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 - BGBl. I S. 1887). Sie ist erst am 6. Dezember 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 31. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Daran fehlt es hier. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Kläger selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil der mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwältin nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, seine Anweisung, den Fristablauf im
Terminkalender und in der Handakte einzutragen, sei richtig ausgeführt worden. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 31. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben. Ihn trifft ein Organisationsverschulden , weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Ausführung der Anweisung unterblieb. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, daß die Anweisung hier in mündlicher Form erfolgt ist. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter
Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Zwar braucht ein Rechts- anwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (BAGE 78, 184, 186). Das Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO). Dieser bleibt nicht deswegen folgenlos, weil der Berufungsanwalt hier eine Einzelanweisung erteilt hat, deren Befolgung die durch das Organisationsverschulden geschaffene Gefahrenlage noch rechtzeitig beseitigt hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782, 783). Soweit der Bundesgerichtshof an anderer Stelle (vgl. Beschlüsse vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360, 1361 und vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823) ausgeführt hat, auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts komme es nicht an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden seien, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte, lagen diesen Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Sein Datum braucht, wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht mit dem allein maßgeblichen Datum übereinzustimmen , unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F.
unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.).
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich , denn wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 422/02
vom
13. Februar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Rechtsanwalt, der das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung zurückreicht
, obwohl für ihn die vollständige Fristensicherung zumindest zweifelhaft sein
mußte, trifft eine besondere Sorgfaltspflicht. Ihr ist nicht genügt, wenn der Rechtsanwalt
die Handakten mit der Verfügung zur sofortigen Wiedervorlage in den Geschäftsgang
seines Büros gibt, um erst anschließend zu überprüfen, ob die Frist notiert
ist. Erfolgt die Wiedervorlage der Handakten rechtzeitig, vergißt der Rechtsanwalt
aber die weitere Bearbeitung, so ist ihm auch in Situationen ungewöhnlichen
Arbeitsanfalls als Verschulden vorzuwerfen, daß er nicht sofort die Fristensicherung
klärte, oder - falls dies nicht möglich war - an seinem Arbeitsplatz für eine Erinnerung
an die Dringlichkeit der Sache sorgte.
BGH, Beschl. v. 13. Februar 2003 - V ZR 422/02 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 13. Februar 2003 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin und des Drittwiderbeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Klägerin und des Drittwiderbeklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. September 2002 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, einschließlich der Kosten der Streithelferin, tragen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 59.258,73 festgesetzt.

Gründe:

I.


Die Klägerin nimmt die Beklagte - auch aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns - wegen angeblich falscher Informationen beim Kauf einer Eigentumswohnung auf Rückabwicklung dieses Geschäfts in Anspruch. Mit ihrer Wi-
derklage verlangt die Beklagte die Feststellung, daß dem Drittwiderbeklagten - dem Ehemann der Klägerin - keine Schadensersatzansprüche aus dem Kauf der Eigentumswohnung zustehen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Ihrem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten ist das Berufungsurteil am 18. Oktober 2002 zugestellt worden. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil haben die Klägerin und der Drittwiderbeklagte mit am 13. Dezember 2002 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags tragen sie unter Glaubhaftmachung vor, auf Grund eines Büroversehens, das nach der Organisation des Büros ihres zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten an sich ausgeschlossen sei, sei die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht notiert worden. Dies sei erst am 29. November 2002 bemerkt worden. Das Büro sei so organisiert, daß jedes eingehende Schriftstück vom Personal auf Fristen durchgesehen werden müsse. Fristen müßten in einem computergestützten Fristenkalender erfaßt werden. Danach werde das Schriftstück mit einem vorgehefteten Ausdruck der erfaßten Frist dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt vorgelegt. Dieser müsse die Frist kontrollieren und abzeichnen. Die Einhaltung der Büroanweisungen werde regelmäßig kontrolliert. Im vorliegenden Fall sei eine Auszubildende im dritten Lehrjahr, die sich als sehr zuverlässig erwiesen habe, mit der Posteingangsbearbeitung betraut gewesen. Sie habe es aus nicht mehr aufklärbaren Gründen am 18. Oktober 2002 unter-
lassen, eine Frist vorzunotieren und dem Berufungsurteil einen Fristausdruck beizuheften. Dies sei dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt aufgefallen. Er habe verfügt, daß eine Abschrift des Urteils für die Partei gefertigt und ihm die Akte sofort wieder vorgelegt werde. Nach der Wiedervorlage habe er kontrollieren wollen, ob die Frist überhaupt und ggf. richtig eingetragen sei. Ob die sofortige Wiedervorlage der Akte unterblieben oder die Akte von dem Rechtsanwalt wegen seiner starken Arbeitsbelastung zunächst nicht beachtet worden sei, lasse sich nicht mehr aufklären. In der fraglichen Zeit sei die Arbeitsbelastung des Rechtsanwalts sehr hoch gewesen, weil sich herausgestellt habe, daß einer der von ihm als Rechtsanwalt beschäftigten Mitarbeiter tatsächlich nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen gewesen sei.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Nach § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO muß die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Berufungsurteils eingelegt werden. Die Frist ist vorliegend nicht gewahrt, weil das Berufungsurteil bereits am 18. Oktober 2002 zugestellt wurde, die Beschwerde jedoch erst am 13. Dezember 2002 bei dem Revisionsgericht eingegangen ist. Gegen die Versäumung dieser Notfrist kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Der hierauf gerichtete Antrag der Klägerin und des Drittwiderbeklagten ist zwar zulässig, bleibt aber in der Sache selbst ohne Erfolg.
1. Nach § 233 ZPO ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur bei unverschuldeter Fristversäumung eröffnet. An dieser Voraussetzung fehlt
es hier, weil ihren zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, dessen Verhal- ten sich die Klägerin und der Drittwiderbeklagte zurechnen lassen müssen (§ 85 Abs. 2 ZPO), ein Verschulden an der Versäumung der Beschwerdefrist trifft. Er hat den verspäteten Rechtsmittelauftrag an die beim Revisionsgericht zugelassene Rechtsanwältin und damit auch die verspätete Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde zu verantworten.

a) Ein Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn neben dem Zustellungsdatum (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 26. März 1996, VI ZB 1, 2/96, NJW 1996, 1900, 1901; Beschl. v. 2. Juni 1999, XII ZB 63/99, NJW-RR 1999, 1585, 1586; Beschl. v. 17. September 2002, VI ZR 419/01, NJW 2002, 3782) auch die Eintragung des Fristendes in den Fristenkalender und in die Handakten sichergestellt ist (BGH, Beschl. v. 12. Juni 1985, IVb ZR 23/85, VersR 1985, 962, 963). Hiernach ist es zwar nicht erforderlich, daß das Empfangsbekenntnis erst nach vollständiger Fristensicherung in den allgemeinen Geschäftsbetrieb des Rechtsanwalts und von dort an das zustellende Gericht zurückgegeben wird. Entschließt sich ein Rechtsanwalt aber, das Empfangsbekenntnis vor vollständiger Fristensicherung zurückzugeben, so trifft ihn eine besondere Sorgfaltspflicht (BGH, Beschl. v. 12. Juni 1985, aaO). Um ihr gerecht zu werden, genügen allgemeine Weisungen des Rechtsanwalts an sein Personal grundsätzlich nicht (BGH, Beschl. v. 12. Juni 1985, aaO).

b) Im vorliegenden Fall hat der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte die besondere Sorgfaltspflicht nicht beachtet. Er bemerkte zwar bei der ihm aus Anlaß der Vorlage obliegenden Prüfung (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2000, VIII ZB 35/00, NJW-RR 2001, 782), daß eine Fristensicherung zumindest
zweifelhaft war. Wie der bei den Gerichtsakten befindliche Zustellungsnachweis mit Datum vom 18. Oktober 2002 belegt, unterzeichnete er gleichwohl noch vor Aufklärung der Angelegenheit das Empfangsbekenntnis und gab dieses offensichtlich auch in den Geschäftsgang seines Büros. Von dort aus ging das Empfangsbekenntnis noch am selben Tag durch Telekopie bei dem Berufungsgericht ein. Es war mithin eine Situation gegeben, bei der der Rechtsanwalt angesichts der unzulänglichen Fristensicherung zu besonderer Sorgfalt gehalten war. Den hieraus folgenden Anforderungen hat er nicht entsprochen, wobei sein Verschulden für die Fristversäumung in beiden hier möglichen Sachverhaltsvarianten ursächlich geworden ist.
aa) Nach dem glaubhaft gemachten Geschehen ist es zunächst möglich, daß die Nichtzulassungsbeschwerde deshalb verspätet eingelegt wurde, weil dem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten die Handakten - entgegen seiner Verfügung - nicht sofort, sondern erst nach Fristablauf wieder vorgelegt wurden. Dies hätte der Rechtsanwalt zumindest - was ausreicht (Senat, Beschl. v. 8. März 2001, V ZB 5/01, NJW-RR 2001, 1072) - mitverschuldet. Die von ihm verfügte sofortige Wiedervorlage der Handakten stellt keine ausreichend konkrete Einzelanweisung dar, wie sie regelmäßig für die Beachtung der hier geschuldeten besonderen Sorgfalt zu fordern ist. Es handelt sich lediglich um eine Anordnung im Rahmen des allgemeinen Geschäftsgangs und nicht um einen Auftrag zur sofortigen Aktenvorlage an eine bestimmte Mitarbeiterin (vgl. BGH, Beschl. v. 3. Juli 1991, XII ZB 39/91, VersR 1992, 516). In Ausnahmefällen kann zwar auch eine allgemeine Weisung genügen, dies setzt aber voraus, daß sich der Rechtsanwalt nicht lediglich auf deren Einhaltung verläßt, sondern daneben noch Vorkehrungen trifft, um die notwendigen Maßnahmen zur Fristensicherung noch persönlich veranlassen zu können (vgl. BGH, Beschl. v.
12. Juni 1985, aaO). Für solche Vorkehrungen hat der zweitinstanzliche Pro- zeßbevollmächtigte nicht gesorgt, sondern mit der Verfügung an sein Personal namentlich die Urteilsausfertigung aus der Hand gegeben und sich damit jede Möglichkeit genommen, auch bei unterbliebener Wiedervorlage eine Fristensicherung herbeizuführen.
bb) Vor dem Hintergrund des glaubhaft gemachten Sachverhalts ist als Ursache der Fristversäumung ferner möglich, daß dem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zwar die Handakten noch rechtzeitig vorgelegt wurden, er aber die schleunige Klärung der Angelegenheit auf Grund starken Arbeitsanfalls vergaß. Auch in diesem Fall hätte der Rechtsanwalt seiner Sorgfaltspflicht nicht genügt.
(1) Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob hier - wie im Regelfall (vgl. BGH, Beschl. v. 2. Oktober 1974, VIII ZB 26/74, VersR 1975, 40) - bereits das Vergessen der Vornahme einer fristwahrenden Handlung als schuldhaftes Verhalten des Rechtsanwalts anzusehen ist. Die vorliegende Situation ist durch gesteigerten Arbeitsanfall wegen der - erst nachträglich erkannten - fehlenden Anwaltszulassung eines als Rechtsanwalt tätig gewordenen Angestellten gekennzeichnet. Selbst wenn hier von einer außergewöhnlichen Inanspruchnahme des Prozeßbevollmächtigten ausgegangen wird, bei der ihm das Vergessen ausnahmsweise nicht als Verschulden zur Last gelegt werden kann, ist dieser Vorwurf doch wegen einer vorausgegangenen Nachlässigkeit gerechtfertigt.
(2) Auch ein Rechtsanwalt, der nicht - wie hier - zu besonderer Sorgfalt verpflichtet ist, hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen (BGH, Beschl. v.
10. Oktober 1991, VII ZB 4/91, NJW 1992, 574 m.w.N.). Dies hat der zweit- instanzliche Prozeßbevollmächtigte nicht beachtet, als er der von ihm als klärungsbedürftig erkannten Frage der Fristensicherung nicht sogleich nachging, sondern durch die Verfügung der Übersendung einer Urteilskopie an die Mandanten und anschließender Wiedervorlage der Handakten die Überprüfung auf einen späteren Zeitpunkt verschob. Gerade in der gegebenen Situation eines ungewöhnlichen Arbeitsanfalls schuf der Rechtsanwalt auf diese Weise die naheliegende Gefahr, daß ihm selbst bei einer alsbaldigen Wiedervorlage die Dringlichkeit der Angelegenheit entfallen war und daher die gebotenen Maßnahmen zur Fristensicherung unterblieben. Vernünftige Gründe für ein solches Vorgehen sind nicht ersichtlich und werden auch mit dem Wiedereinsetzungsantrag nicht geltend gemacht. Sie liegen auch völlig fern. Nachdem der Rechtsanwalt erkannt hatte, daß eine Notierung der Beschwerdefrist möglicherweise unterblieben war, hätte er sogleich durch Rückfrage bei seiner zuständigen Mitarbeiterin den Sachverhalt klären und durch eine konkrete Einzelweisung das Notieren der Beschwerdefrist veranlassen können. All dies wäre binnen weniger Minuten zu erledigen gewesen, so daß auch andere dringende Arbeiten den Rechtsanwalt nicht ernsthaft von einem sofortigen Handeln abhalten konnten. Selbst wenn der Rechtsanwalt, etwa nach Dienstende seines Personals, durch von ihm nicht zu beeinflussende Umstände gehindert war, der Angelegenheit auf der Stelle nachzugehen, durfte er nicht - wie geschehen - sämtliche Unterlagen aus der Hand geben, ohne dafür zu sorgen, daß er an seinem Arbeitsplatz - etwa durch eine nicht zu übersehende Notiz - an die Dringlichkeit der Sache erinnert wurde. Ohne eine solche Vorsorge war es naheliegend, daß ihm - zumal bei starkem Arbeitsanfall - nach einer erneuten Vorlage der Handakten im normalen Geschäftsgang die Notwendigkeit einer schleunigen Klärung der Fristensicherung entfallen war.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 238 Abs. 4 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Lemke Gaier

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 5/01
vom
8. März 2001
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. März 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. November 2000 wird auf Kosten der Klägerin, die auch die Kosten der Streithilfe im Beschwerdeverfahren trägt, zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 82.900 DM.

Gründe:


I.


Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung von Verzugszinsen aus einem Grundstückskaufvertrag in Anspruch. Das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 26. Mai 2000 zugestellt.
Am 26. Juni 2000 ging dem Oberlandesgericht ein siebenseitiges Telefax des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin zu, das sich aus der ersten Seite einer Berufungsschrift und der sechs Seiten umfassenden Ausfertigung des
angefochtenen Urteils zusammensetzte. Nachdem er am 28. Juni 2000 telefonisch auf die Unvollständigkeit hingewiesen worden war, reichte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin am 30. Juni 2000 das Original der Berufungsschrift, deren zweite Seite von ihm unterschrieben war, beim Oberlandesgericht ein. Mit am 11. Juli 2000 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten hat die Klägerin gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Zur Rechtfertigung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht, ihr Prozeßbevollmächtigter habe selbst die Übermittlung der Berufungsschrift und der Urteilsausfertigung an das Berufungsgericht übernommen. Obwohl der Sendebericht des Telefaxgerätes keine Fehlermeldung enthalten habe, habe sich ihr Prozeßbevollmächtigter anschließend bei einer Mitarbeiterin des Oberlandesgerichts erkundigt, ob die Berufungsschrift eingegangen sei. Er habe die Antwort "Ja, sieben Seiten" erhalten. Die Übermittlung der zweiten Seite der Berufungsschrift sei wegen eines Doppeleinzugs durch das Telefaxgerät ihres Prozeßbevollmächtigten unterblieben. Wegen der geringen Zahl der eingelegten Blätter sei ein Doppeleinzug nicht zu befürchten gewesen und bislang auch noch nicht vorgekommen. Es habe deshalb kein Anlaß bestanden, die Zahl der übermittelten Seiten mit dem Sendeprotokoll abzugleichen.
Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin verworfen. Gegen diesen der Klägerin am 20. November 2000 zugestellten Beschluß richtet sich ihre am 1. Dezember 2000 beim Berufungsgericht eingegangene sofortige Beschwerde.

II.


Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet.
1. Die Frist zur Einlegung der Berufung (§ 516 ZPO) ist versäumt; denn eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Berufungsschrift ist erst am 30. Juni 2000 und damit nach Ablauf der Berufungsfrist beim Berufungsgericht eingegangen. Das am 26. Juni 2000 übermittelte Telefax war insoweit nicht ausreichend. Zwar kann Berufung fristwahrend auch durch Telefax eingelegt werden, nach der Rechtsprechung ist hierbei jedoch zu fordern, daß die Kopiervorlage von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet und die Unterschrift auf der Fernkopie wiedergegeben ist (vgl. BGH, Beschl. v. 8. Oktober 1997, XII ZB 124/97, NJW 1998, 762 f m.w.N.). Daran fehlte es, weil die vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin unterzeichnete zweite Seite der Berufungsschrift nicht übermittelt worden war.
2. Das Berufungsgericht hat der Klägerin gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht versagt. Die geltend gemachten Gründe rechtfertigen eine Wiedereinsetzung nicht, weil die Versäumung der Berufungsfrist zumindest auch auf einem der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten beruht (§ 233 ZPO). Eine Wiedereinsetzung kommt schon dann nicht in Betracht , wenn ein Mitverschulden der Partei Ursache für die Fristversäumung war (vgl. BGH, Urt. v. 5. April 1990, VII ZR 215/89, NJW 1990, 2822, 2823; Senat , Urt. v. 9. Januar 1998, V ZR 209/97, VersR 1998, 1046, 1047). Auch bei einem gerichtlichen Mitverschulden, das neben dem schuldhaften Verhalten der Partei ursächlich gewesen ist, gilt nichts anderes (vgl. Senat, Urt. v.
9. Januar 1998, aaO; BGH, Urt. v. 6. Mai 1999, VII ZR 396/98, VersR 2000, 515, 516).

a) Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat die ihm obliegende Verpflichtung zur Ausgangskontrolle schuldhaft verletzt. Ein Rechtsanwalt muß dafür Sorge tragen, daß die Berufungsschrift als fristwahrender Schriftsatz nicht nur rechtzeitig hergestellt wird, sondern auch fristgerecht bei dem zuständigen Gericht eingeht. Hierzu gehört insbesondere eine hinreichend sichere Ausgangskontrolle, die zuverlässig verhindert, daß fristwahrende Schriftstücke über den Fristablauf hinaus in der Kanzlei liegenbleiben (vgl. BGH, Beschl. v. 27. Oktober 1998, X ZB 20/98, NJW 1999, 429). Eine solche Ausgangskontrolle macht es bei der Übermittlung der Berufungsschrift durch Telefax erforderlich , daß durch Maßnahmen der Büroorganisation festgestellt werden kann, ob der Schriftsatz auch wirklich übermittelt worden ist. Daher muß über die konkrete Übermittlung ein Sendebericht ausgedruckt und darauf überprüft werden , ob der Übermittlungsvorgang einwandfrei durchgeführt worden ist (vgl. Senat, Urt. v. 29. April 1994, V ZR 62/93, NJW 1994, 1879, 1880; BGH, Beschl. v. 12. April 1995, XII ZB 38/95, FamRZ 1995, 1135, 1136; Beschl. v. 16. Juni 1998, XI ZB 13 u. 14/98, VersR 1999, 996). Entsprechende Anweisungen muß der Rechtsanwalt aber nicht nur an seine Mitarbeiter erteilen, sondern auch in eigener Person beachten, wenn er - wie hier der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin - Bürotätigkeiten wie das Übermitteln der Berufungsschrift selbst übernimmt.
Da dies anhand des Sendeprotokolls und der Originalvorlagen unschwer möglich ist, kann sich die erforderliche Kontrolle auf einwandfreie Übermittlung nicht nur auf den Übertragungsvorgang als solchen erstrecken, sondern muß
die Überprüfung einschließen, ob alle Seiten des Originalsschriftsatzes nebst etwa erforderlicher Anlagen übermittelt wurden (vgl. Senat, Urt. v. 29. April 1994, aaO). Auch wenn es bei Übermittlung einer solch geringen Seitenzahl noch nicht zu Problemen mit dem Blatteinzug des Telefaxgerätes gekommen war, durfte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin daher nicht unbeachtet lassen , daß das von ihm ausgedruckte - und auf Anforderung des Berufungsgerichts vorgelegte - Sendeprotokoll seines Telefaxgerätes lediglich sieben Seiten als übermittelt auswies. Der erforderliche Vergleich mit der Zahl der Vorlagen hätte ihm gezeigt, daß eines der insgesamt acht Blätter nicht übermittelt worden war. Da es sich bei der fehlenden Seite um einen wesentlichen Teil der Berufungsschrift handeln konnte, bestand Anlaß, an der Wirksamkeit der Berufungseinlegung zu zweifeln. Dem hätte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin bei Beachtung anwaltlicher Sorgfalt nachgehen müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 1997, X ZB 16/97, NJWE-VHR 1998, 86). Dies hat der Rechtsanwalt nicht schon durch seine Nachfrage beim Berufungsgericht, ob die Berufungsschrift eingegangen sei, getan. Hätten die Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit der Berufungseinlegung ausgeräumt werden sollen, wäre eine gezielte Frage nach der Vollständigkeit der Übermittlung erforderlich gewesen.

b) Es bedarf keiner Entscheidung über die Frage, ob die Mitarbeiterin des Berufungsgerichts, gefragt nach dem Eingang der durch Telefax übermittelten Berufungsschrift, von sich aus die eingegangenen Seiten auf Vollständigkeit überprüfen mußte. Selbst wenn ein Verschulden der Mitarbeiterin angenommen wird, ändert dies an der Ursächlichkeit des Verschuldens des von der Klägerin beauftragten Rechtsanwaltes an der Fristversäumung nichts. Die Mitarbeiterin des Berufungsgerichts beschränkte sich nämlich nicht auf die Bestätigung des Eingangs der Berufungsschrift, sondern wies ausdrücklich auf ein-
gegangene "sieben Seiten" hin. Hätte der Rechtsanwalt zuvor seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle genügt, so hätte er sich nicht in entschuldigender Weise (vgl. BGH, Beschl. v. 22. Februar 1989, IVb ZB 121/88, FamRZ 1989, 729, 730) auf die Auskunft der Geschäftsstelle verlassen können. Für ihn wären mit der gerichtlichen Auskunft Zweifel an der einwandfreien Übermittlung nicht ausgeräumt, sondern die Vollständigkeit der Übermittlung auch weiterhin zweifelhaft gewesen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)