Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2008 - II ZB 19/07

bei uns veröffentlicht am26.05.2008
vorgehend
Landgericht Berlin, 22 O 346/05, 13.06.2006
Kammergericht, 10 U 140/06, 10.05.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 19/07
vom
26. Mai 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine mittellose Partei, die innerhalb der Rechtsmittelfrist ein Prozesskostenhilfegesuch
mit der ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse eingereicht und die erforderlichen Belege beigefügt hat, ist grundsätzlich
bis zur Entscheidung über ihr Gesuch wegen Mittellosigkeit als unverschuldet
gehindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen. Dies gilt allerdings
nur dann, wenn sie nach den gegebenen Umständen nicht damit rechnen
muss, dass ihr Prozesskostenhilfeantrag aus wirtschaftlichen Gründen wegen
fehlender Bedürftigkeit abgelehnt wird.

b) Setzt das Gericht der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei eine Frist zur
Vervollständigung ihrer Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
und erfüllt die Partei die gerichtlichen Auflagen innerhalb dieser Frist,
endet ihr schutzwürdiges Vertrauen auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe
erst mit der Bekanntgabe des ihr Prozesskostenhilfegesuch ablehnenden
Beschlusses mit der Folge, dass erst zu diesem Zeitpunkt die Wiedereinsetzungsfrist
des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu laufen beginnt.
BGH, Beschluss vom 26. Mai 2008 - II ZB 19/07 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 26. Mai 2008 durch
die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 10. Mai 2007 aufgehoben , soweit der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen wurde. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer 22 des Landgerichts Berlin vom 13. Juni 2006 gewährt. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 6.636,00 €

Gründe:

1
I. 1. Die Klägerin nimmt die Beklagte als Geschäftsführerin der P. GmbH auf Schadensersatz gemäß § 826 BGB in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 13. Juni 2006 antragsgemäß verurteilt. Die Beklagte hat mit einem am 19. Juli 2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz gleichen Datums Prozesskostenhilfe für die Berufung gegen das ihr am 19. Juni 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts beantragt und dem Antrag die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen beigefügt. Durch Schreiben vom 18. Dezember 2006 teilte der Berichterstatter des Berufungszivilsenats mit, dass das Berufungsgericht Bedenken gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe habe, weil unter Zugrundelegung der Angaben der Beklagten Zweifel an ihrer Bedürftigkeit bestünden und ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gegen ihren Ehemann in Betracht zu ziehen sei. Der Beklagten wurde eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen gesetzt, um insbesondere die Angaben zu vorhandenen Giround Sparkonten zu präzisieren, durch Vorlage der Kontoauszüge der letzten zwölf Monate zu belegen und die Vollständigkeit ihrer Angaben durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft zu machen. Die Beklagte hat mit einem - an demselben Tag bei Gericht eingegangenen - Schriftsatz vom 22. Januar 2007 innerhalb der vom Berufungsgericht antragsgemäß bis 20. Januar 2007 (Samstag ) verlängerten Äußerungsfrist diese Auflagen erfüllt. Durch Beschluss vom 15. Februar 2007 wies das Berufungsgericht das Prozesskostenhilfegesuch der Beklagten zurück, weil diese sich auf einen ihr gegen ihren Ehemann zustehenden Anspruch auf Prozesskostenvorschuss verweisen lassen müsse; dieser Beschluss wurde der Beklagten am 22. Februar 2007 zugestellt.
2
Mit Schriftsatz vom 6. März 2007 (bei Gericht eingegangen am 7. März 2007) hat die Beklagte Berufung eingelegt, diese begründet und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt.
3
2. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung ihres Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
4
Die Berufung der Beklagten sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der am 19. Juli 2006 abgelaufenen Berufungsfrist eingelegt worden sei. Die Beklagte sei spätestens seit dem Hinweis des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit nicht vorlägen, nicht mehr schuldlos an der Wahrung der Rechtsmittelfrist gehindert gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass ihr hierzu rechtliches Gehör gewährt und für den Fall der Aufrechterhaltung ihres Prozesskostenhilfeantrags die Präzisierung ihrer Angaben und die Vorlage von Unterlagen zu deren Glaubhaftmachung aufgegeben worden sei. Auch wenn für die Beklagte noch die Möglichkeit bestanden habe, das Berufungsgericht von ihrer Bedürftigkeit zu überzeugen, habe sie jedenfalls mit einer Zurückweisung ihres Prozesskostenhilfegesuchs rechnen müssen.
5
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.
6
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2; 522 Abs. 1 Satz 4; 238 Abs. 2 ZPO). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht die von der Beklagten für eine Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist vorgetragenen Gründe mit unzutreffenden, ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzenden Erwägungen übergangen und ihr zugleich den verfassungsrechtlich gewährleisteten Zugang zu den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise verwehrt hat (vgl. dazu BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG NJW 2005, 814, 815; BGHZ 151, 221, 227 m.w.Nachw.).
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist.
8
Zwar war die Frist zur Einlegung der Berufung gegen das der Beklagten am 19. Juni 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin bei Eingang der Berufungsschrift am 7. März 2007 abgelaufen. Der Beklagten ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wie auch der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, weil sie bis zur Mitteilung der Ablehnung ihres Prozesskostenhilfeantrags am 22. Februar 2008 ohne ihr Verschulden an der Einlegung der Berufung und deren Begründung gehindert war und innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung beantragt sowie die Prozesshandlungen nachgeholt hat.
9
a) Im Ansatz zutreffend ist allerdings das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass eine mittellose Partei, die innerhalb der Rechtsmittelfrist ihr Prozesskostenhilfegesuch mit der ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht und die erforderlichen Belege beigefügt hat, grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat und bis zur Entscheidung über ihren Antrag wegen Mittellosigkeit als unverschuldet gehindert anzusehen ist, das Rechtsmittel wirksam einzulegen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie nach den gegebenen Umständen nicht damit rechnen muss, dass ihr Prozesskostenhilfeantrag aus wirtschaftlichen Gründen wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt wird (st. Rspr., BGHZ 16, 1, 3; BGH, Beschl. v. 31. Januar 2007 - XII ZB 207/06, NJW-RR 2007, 793; v. 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07, FamRZ 2008, 871 Tz. 10).
10
b) Unvertretbar ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe spätestens ab dem Zugang des Schreibens des Berichterstatters vom 18. Dezember 2006 damit rechnen müssen, dass sie die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht erfüllen würde, und habe deshalb bereits zu diesem Zeitpunkt form- und fristgerecht Wiedereinsetzung (§§ 234, 236 ZPO) beantragen müssen. Die Beklagte durfte vielmehr auch nach diesem Zeitpunkt auf die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe bis zur Zustellung des Ablehnungsbeschlusses des Kammergerichts vom 15. Februar 2007 vertrauen.
11
Zwar wurde die Beklagte durch das gerichtliche Schreiben vom 18. Dezember 2006 davon in Kenntnis gesetzt, dass das Berufungsgericht strengere Anforderungen an den Nachweis der Bedürftigkeit stellte als das Landgericht, das ihr für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt hatte. Die Beklagte musste jedoch nach dem Inhalt dieses Schreibens nicht davon ausgehen, dass das Berufungsgericht ihren Prozesskostenhilfeantrag nunmehr ohne weiteres wegen fehlender Bedürftigkeit ablehnen würde. Zwar hat das Berufungsgericht auf Bedenken gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie auf Widersprüche zwischen dem Prozessvortrag und den Angaben in der Erklärung der Beklagten über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen. Es hat jedoch zugleich der Beklagten nicht nur Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, sondern ihr für den Fall, dass sie ihren Prozesskostenhilfeantrag aufrecht erhalten wollte, aufgegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ihre Angaben zu den Bankkonten zu präzisieren, durch Vorlage der Kontoauszüge der letzten zwölf Monate zu belegen und die Vollständigkeit ihrer Angaben durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft zu machen.
12
Setzt das Gericht dem Antragsteller zur Vervollständigung seiner Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine Frist, darf er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Beschl. v. 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07 Tz. 12) auf die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe jedenfalls bis zum Ablauf der - ggf. verlängerten - Frist ver- trauen. Erfüllt der Antragsteller die gerichtlichen Auflagen innerhalb dieser - verlängerten - Frist, so endet sein schutzwürdiges Vertrauen sogar erst mit Zustellung des die beantragte Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses (BGH aaO).
13
Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht der Beklagten zu Unrecht die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt. Für die Beklagte war trotz der im gerichtlichen Hinweisschreiben vom 18. Dezember 2006 geäußerten "Bedenken" nicht erkennbar, dass das Berufungsgericht ihre Bedürftigkeit im Sinne der Vorschriften über die Prozesskostenhilfe endgültig verneinen würde. Indem das Berufungsgericht der Beklagten aufgegeben hat, ihre Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zu ergänzen und glaubhaft zu machen, hat es - aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten als Erklärungsempfängerin - zum Ausdruck gebracht, dass es das Prozesskostenhilfegesuch der Beklagten zwar für nachbesserungsbedürftig, aber auch für nachbesserungsfähig hielt. Hätte das Berufungsgericht das Prozesskostenhilfegesuch mangels Bedürftigkeit der Beklagten bereits zu diesem Zeitpunkt abschließend für aussichtslos erachtet - so verhielt es sich in der vom Berufungsgericht zu Unrecht herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. Januar 2007 (XII ZB 207/06 aaO) -, hätte es die Beklagte hierüber nicht im Unklaren lassen dürfen; insbesondere hätte es die Beklagte nicht durch Aufforderung zur Ergänzung ihrer Angaben und zu deren Glaubhaftmachung irreführen dürfen, wenn es für seine Entscheidung über das Gesuch auf die Erfüllung der Auflagen gar nicht mehr angekommen wäre.
14
Nichts anderes ergibt sich aus dem in dem Schreiben enthaltenen Hinweis des Berufungsgerichts, dass der Beklagten ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen ihren Ehemann zustehen könne. Auch insoweit handelte es sich offensichtlich nicht um eine verbindliche Festlegung, sondern lediglich um eine vorläufige Erwägung, zu der die Beklagte erstmals Gelegenheit zur Stellungnahme erhielt und die sie veranlasst hat, ihren Vortrag zur - aus ihrer Sicht fehlenden - Leistungsfähigkeit ihres Ehemannes zu ergänzen.
15
c) Da die Beklagte mithin jedenfalls bis zur Zustellung des die beantragte Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses am 22. Februar 2007 unverschuldet gehindert war, die Berufung einzulegen, wurde durch ihren am 7. März 2007 eingegangenen Schriftsatz die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewahrt.
16
d) Mit der Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungseinlegungsfrist ist der Beklagten zugleich von Amts wegen gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, da auch diese versäumte Prozesshandlung zugleich mit der Berufungseinlegung durch Schriftsatz vom 6. März 2007 - bei Gericht eingegangen am 7. März 2007 - innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt wurde und die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Umstände offenkundig sind (BGH, Beschl. v. 31. Januar 2007 - XII ZB 207/06 aaO S. 794; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. § 236 Rdn. 5 m.w.Nachw.). Denn die Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beginnt - ebenso wie für die Nachholung der Berufungsbegründung - erst mit der Mitteilung der positiven Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu laufen, weil die Begründung des Rechtsmittels dessen Einlegung voraussetzt und ohne diese sinn- und zwecklos wäre (BGH, Beschl. v. 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06, NJW 2007, 3354, 3356).
17
3. Durch die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird die vom Berufungsgericht gleichzeitig ausgesprochene Verwerfung der Berufung gegenstandslos.
18
III. Da der Beklagten nicht nur für die 1. Instanz, sondern auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, wird das Berufungsgericht in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren ggf. erneut zu prüfen haben, ob der Beklagten auch für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe zu gewähren ist. Die - vom Berufungsgericht bejahten - Voraussetzungen für eine Verpflichtung des Ehemanns der Beklagten zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses liegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor.
Kurzwelly Kraemer Strohn Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.06.2006 - 22 O 346/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 10.05.2007 - 10 U 140/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2008 - II ZB 19/07

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2008 - II ZB 19/07

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 236 Wiedereinsetzungsantrag


(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2008 - II ZB 19/07 zitiert 4 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

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(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

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(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

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vom
31. Januar 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 234 Abs. 1 B, 236 Abs. 2 Satz 2, 115 Abs. 4
Hat eine anwaltlich vertretene Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe
beantragt, so beginnt die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in
die Rechtsmittelfrist spätestens in dem Zeitpunkt, in dem das Gericht ihr unter
eingehender Darlegung der Berechnungen mitteilt, dass die Voraussetzungen
für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (hier: nach § 115 Abs. 4 ZPO) nicht
vorliegen. Jedenfalls von diesem Zeitpunkt an muss sie mit der Ablehnung ihres
Prozesskostenhilfegesuchs rechnen; sie darf deshalb mit ihrem Wiedereinsetzungsgesuch
und der Nachholung der versäumten Prozesshandlung nicht über
die 14-Tage-Frist (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO) hinaus zuwarten, bis
das Gericht über ihr Gesuch entscheidet.
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 - XII ZB 207/06 - OLG Hamm
AG Steinfurt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2007 durch die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
1. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. April 2006 wird auf Kosten des Klägers verworfen. 3. Wert: 2.556 €

Gründe:

I.

1
Die Ehe der Parteien wurde durch Verbundurteil vom 8. April 2005 geschieden , der Zugewinnausgleich geregelt und der jetzige Kläger zur Tragung von 70 % der Verfahrenskosten verurteilt. Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger mit der Vollstreckungsgegenklage unter Berufung auf eine von den Parteien am 11. Mai 2005 geschlossene außergerichtliche Vereinbarung gegen die Vollstreckung aus dem zugunsten der Beklagten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss.
2
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Klage mit einem dem Kläger am 27. Oktober 2005 zugestellten Urteil abgewiesen. Mit einem am 28. November 2005 (Montag) eingegangenen Schriftsatz vom 25. November 2005 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers um "Prozesskostenhilfe für die einzulegende Berufung" nachgesucht und mitgeteilt, den "Entwurf der Berufung" beizufügen. Dem Gesuch war ein Schriftsatz vom 23. November 2005 beigefügt, der als "Berufung" überschrieben und vom Prozessbevollmächtigten des Klägers unterzeichnet war. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 9. Januar 2006 die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsmittel mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Mit Beschluss vom 24. April 2006 hat das Oberlandesgericht die am 23. Dezember 2005 begründete Berufung als unzulässig verworfen. Der Schriftsatz des Klägers vom 23. November 2005 sei nur als Entwurf einer Berufungsschrift anzusehen; durch die späteren Schriftsätze des Klägers vom 19. Dezember 2005 und 7. April 2006 habe die Berufungsfrist nicht mehr gewahrt werden können. Die vom Kläger nachgesuchte Prozesskostenhilfe rechtfertige eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist nicht, da die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingereicht worden sei, der Prozesskostenhilfeantrag keine hinreichende Bezugnahme auf die Erklärung erster Instanz enthalte und der Kläger nachträglich eingeräumt habe, dass dies wegen einer zwischenzeitlichen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geschehen sei.
3
Mit einem am 19. Mai 2006 eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten II. Instanz hat der Kläger um Prozesskostenhilfe zur Durchführung einer Rechtsbeschwerde gegen diese ihm am 4. Mai 2006 zugestellte Entscheidung nachgesucht. Der Rechtspfleger beim Bundesgerichtshof hat den Prozessbevollmächtigten mit einem am 21. September 2006 zugegangenen Schreiben unter eingehender Darlegung seiner Berechnung darauf hingewiesen , dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorlägen. Das einzusetzende Einkommen des Klägers verpflichte diesen zu Ratenzahlungen; die voraussichtlichen Prozesskosten würden sich nur auf das 2,4-fache der danach zu leistenden Monatsrate belaufen (vgl. § 115 Abs. 4 ZPO). Der Prozessbevollmächtigte II. Instanz hat gleichwohl um eine Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch gebeten. Der Senat hat daraufhin mit einem dem Prozessbevollmächtigten II. Instanz am 30. Oktober 2006 zugestellten Beschluss den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf § 115 Abs. 4 ZPO abgelehnt. Mit einem am 7. November 2006 eingegangenen Schriftsatz haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Rechtsbeschwerde erhoben und Wiedereinsetzung in die Rechtsbeschwerdefrist beantragt. Die Rechtsbeschwerde haben sie mit einem am 27. November 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet und zugleich Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde begehrt.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, aber unzulässig.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht innerhalb der am 5. Juni 2006 (Montag ) abgelaufenen Rechtsbeschwerdefrist (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingelegt worden. Dem Kläger kann insoweit auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Zwar ist einer Partei auch nach Ablehnung eines innerhalb der Frist für die versäumte Prozesshandlung angebrachten vollständigen Prozesskostenhilfegesuchs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung ihres Gesuchs rechnen musste. Diese Voraussetzung war jedoch spätestens in dem Zeitpunkt entfallen , in dem der Rechtspfleger beim Bundesgerichtshof dem anwaltlich vertretenen Kläger - unter eingehender Darlegung des Zahlenmaterials - mitgeteilt hatte , dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 115 Abs. 4 ZPO nicht vorlägen. Jedenfalls nach dieser seinem Prozessbevollmächtigten am 21. September 2006 zugegangenen Mitteilung durfte der Kläger nicht mehr davon ausgehen, dass seinem Prozesskostenhilfegesuch entsprochen werde. Daran ändert auch der Hinweis der Rechtsbeschwerde nichts, dass § 115 Abs. 4 ZPO rechtspolitisch umstritten sei. Der Kläger durfte insbesondere nicht zuwarten, bis der Senat sein Prozesskostenhilfegesuch - mit der bereits vom Rechtspfleger gegebenen und jedenfalls für seinen Prozessbevollmächtigten ohne weiteres nachvollziehbaren - Begründung ablehnen würde. Vielmehr hätte der anwaltlich vertretene Kläger binnen der bereits mit dem ausführlich begründeten Bescheid des Rechtspflegers beginnenden 14-Tage-Frist (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand antragen und die versäumte Rechtsbeschwerde nachholen müssen. Das ist indes nicht geschehen. Der Kläger hat vielmehr erst am 7. November 2006 - mithin nach Ablauf der am 21. September 2006 beginnenden 14tägigen Wiedereinsetzungsfrist - die Wiedereinsetzung in die Rechtsbeschwerdefrist beantragt und die Rechtsbeschwerde durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt eingelegt. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist deshalb ohne Erfolg und die Rechtsbeschwerde unzulässig.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber auch deshalb unzulässig, weil ein Zulassungsgrund (§ 574 Abs.1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) nicht vorliegt. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichthofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Die angefochtene Entscheidung lässt Rechtsfehler nicht erkennen, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Berufungsschriften und erschwert dem Kläger den Zugang zum Berufungsgericht nicht in unzumutbarer Weise.
7
a) Das Oberlandesgericht hat zu Recht die Berufungsfrist als nicht gewahrt angesehen.
8
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Einlegung der Berufung mit dem Gesuch um Prozesskostenhilfe verbunden werden, wenn der Rechtsmittelführer unabhängig von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe bereits zur Durchführung der Berufung entschlossen ist. Hierfür muss ein von einem zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichneter Schriftsatz eingereicht werden , der inhaltlich den Anforderungen des § 519 ZPO entspricht und darüber hinaus als Vornahme der Prozesshandlung - Einlegung der Berufung - bestimmt ist. Das ist nicht der Fall, wenn sich trotz Erfüllung der Voraussetzungen des § 519 ZPO aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt, dass der Schriftsatz nicht zur Einlegung des Rechtsmittels, sondern nur zur Darlegung der Erfolgsaussicht dienen soll (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschlüsse BGHZ 165, 318, 320 f. = FamRZ 2006, 400 f., vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 15. September 1999 - XII ZB 114/99 - FamRZ 2001, 907). So liegen die Dinge hier. Zwar erfüllt der als Berufung überschriebene und vom Prozessbevollmächtigten unterzeichnete Schriftsatz des Klägers vom 23. November 2005 für sich allein die formalen Voraussetzungen einer Berufungsschrift. Der Kläger hat in seinem Prozesskostenhilfegesuch jedoch ausdrücklich und zweifelsfrei klargestellt , dass dieser Schriftsatz nur den Entwurf einer Berufungsschrift darstellen solle. Das ergibt sich, worauf das Oberlandesgericht zu Recht hinweist, aus dem Umstand, dass dieser dem Prozesskostenhilfegesuch als Anlage beigefügte Schriftsatz im Prozesskostenhilfegesuch ausdrücklich als "Entwurf" bezeichnet wird und das Gesuch insoweit von einer (erst noch) "einzulegenden" Beru- fung spricht. Die Tatsache, dass der als Berufung überschriebene Schriftsatz ein früheres Datum (23. November 2005) als das Prozesskostenhilfegesuch (25. November 2005) trägt, ändert daran nichts. Ebenso vermag auch der im Schriftsatz vom 23. November 2005 enthaltene Antrag, die Zwangsvollstreckung einstweilen ohne Sicherheitsleistung einzustellen, nichts an dem objektiveindeutigen Entwurfscharakter dieses Schreibens zu ändern.
9
b) Das Oberlandesgericht hat dem Kläger auch zu Recht eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist verwehrt. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Formulierungen seines Prozesskostenhilfegesuchs, die den beigefügten Schriftsatz vom 23. November 2005 nur als den Entwurf einer Berufungsschrift erscheinen lassen, auf einem "Redaktionsversehen" seines Prozessbevollmächtigten II. Instanz beruhen, kann dies den Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO nicht entlasten. Andere Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten , sind nicht ersichtlich.
10
3. Schließlich ist die Rechtsbeschwerde auch deshalb unzulässig, weil der Kläger die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde nicht gewahrt und die Wiedereinsetzung in diese Frist zwar beantragt, aber diesen Antrag nicht, wie von § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO verlangt, begründet hat. Eine Wiedereinsetzung kann zwar nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch von Amts wegen gewährt werden, wenn die versäumte Prozesshandlung innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt wird. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung offenkundig sind (vgl. Zöller /Greger ZPO 26. Aufl. § 236 Rdn. 5 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.
Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Steinfurt, Entscheidung vom 25.10.2005 - 10 F 139/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 24.04.2006 - 8 UF 218/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 151/07
vom
13. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels
Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe
wegen nicht hinreichend nachgewiesener Bedürftigkeit rechnen
musste. Das ist der Fall, wenn dem Antrag innerhalb der Rechtsmittelfrist eine
vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
nebst den erforderlichen Anlagen beigefügt war (im Anschluss an die
Senatsbeschlüsse vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901 und
vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548).

b) Enthalten die Angaben in dem Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse einzelne Lücken, kann die Partei unter Umständen gleichwohl darauf
vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe
genügend dargetan zu haben. Solches kommt in Betracht, wenn diese
Lücken oder Zweifel auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten
Unterlagen, geschlossen bzw. ausgeräumt werden können oder wenn sich
aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt, dass Einnahmen oder
Vermögenswerte nicht vorhanden sind (im Anschluss an Senatsbeschluss vom
3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520 und BGH Beschluss vom
21. September 2005 - IV ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062).

c) Hatte der Antragsteller seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
nebst ausgefüllter Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
und Anlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht und hat das Gericht ihm
zur Vervollständigung der Angaben eine Frist gesetzt, darf er jedenfalls bis zum
Fristablauf weiterhin auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe vertrauen.
BGH, Beschluss vom 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07 - LG Kassel
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2008 durch die
Richter Sprick, Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter
Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 16. August 2007 aufgehoben. Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 30. Januar 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Wert: 667 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten um Rückzahlung einer Mietkaution sowie um Verzugsschaden in Form außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
2
Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 607,56 € nebst Zinsen sowie weiterer 59,15 € verurteilt. Das Urteil ist der Beklagten am 1. Februar 2007 zugestellt worden.
3
Mit einem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 27. Februar 2007 hat die Beklagte Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Beru- fungsverfahrens beantragt und dem Antrag eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen beigefügt. Mit Schreiben vom 16. März 2007 wurde der Beklagten vom Gericht aufgegeben, die Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zu ergänzen. Dazu wurde ihr unter Hinweis auf § 118 Abs. 1 (richtig: Abs. 2) Satz 4 ZPO eine Frist von drei Wochen gesetzt. Die Frist wurde auf Antrag der Beklagten bis zum 9. Mai 2007 verlängert. Mit Schreiben vom 4. Mai 2007, eingegangen am 7. Mai 2007, ergänzte die Beklagte ihre Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Mit Verfügung vom 11. Mai 2007, der Beklagten zugestellt am 16. Mai 2007, wurde der Beklagten aufgegeben, ihre Angaben weiter zu ergänzen. Außerdem hieß es darin: "Das Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedarf des vollständigen Ausfüllens, insbesondere muss die Antragstellerin im Rahmen der "Wohnkosten" und der "sonstigen Zahlungsverpflichtungen" angeben, welche Zahlungen sie selbst auf die Verpflichtungen erbringt."
4
Auch insoweit wurde der Beklagten eine Frist von drei Wochen gesetzt. Mit einem am 8. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 6. Juni 2007 reichte die Beklagte weitere Unterlagen ein und fragte ergänzend an, ob "nochmals ein komplett neu ausgefülltes Formular" über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht werden müsse. Mit Verfügung vom 13. Juni 2007, zugestellt am 15. Juni 2007, wurde der Beklagten Gelegenheit gegeben, "bis zum 27.06.2007 die im Schriftsatz vom 06.06.2007 vorgetragenen Tatsachen glaubhaft zu machen." Es bleibe der Beklagten unbenommen, ein neues Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auszufüllen oder das bereits ausgefüllte Formular entsprechend zu ergänzen. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass am 28. Juni 2007 über das PKH-Gesuch entschieden werde.
Mit einem am 27. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 26. Juni 2007 reichte die Beklagte eine neu ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie weitere Unterlagen zu Nebenkosten und zwei eidesstattliche Versicherungen ein. Mit Beschluss vom 28. Juni 2007 wurde der Beklagten die begehrte Prozesskostenhilfe versagt, weil sie ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch immer nicht in einem Umfang glaubhaft gemacht habe, der eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe zulasse. Der Beschluss wurde der Beklagten am 4. Juli 2007 zugestellt.
5
Mit einem am 11. Juli 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 10. Juli 2007 beantragte die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, legte zugleich Berufung ein und begründete sie. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. August 2007 hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Berufung der Beklagten verworfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist sei nicht innerhalb der 14-tägigen Frist eingegangen. Diese habe spätestens am 26. Juni 2007 begonnen , als der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wegen seiner unzureichenden Antwort auf die verschiedenen Hinweise der Kammer vernünftigerweise nicht mehr mit einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe habe rechnen dürfen. Die Wiedereinsetzungsfrist sei deswegen am (Dienstag) 10. Juli 2007 abgelaufen. Der am 11. Juli 2007 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag sei mithin verfristet. Damit sei auch die Berufung verspätet eingegangen und deswegen ebenfalls als unzulässig zu verwerfen.
6
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

7
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
8
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht die von der Beklagten für eine Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist vorgetragenen Gründe mit unzutreffenden Erwägungen übergangen und damit deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung.
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist.
10
a) Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte (ständige Rechtsprechung seit BGHZ 16, 1, 3). Das setzt allerdings voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist neben der ausgefüllten Erklärung über die per- sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die insoweit notwendigen Belege beigefügt waren (Senatsbeschluss vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902). Denn für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001, abgedruckt bei Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 117 Rdn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Der Antragsteller kann deswegen grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reicht (Senatsbeschlüsse vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902 und vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548).
11
Enthalten die Angaben im Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzelne Lücken, kann die Partei unter Umständen gleichwohl darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe genügend dargetan zu haben. Solches kommt in Betracht , wenn diese Lücken oder Zweifel auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, geschlossen bzw. ausgeräumt werden können (Senatsbeschluss vom 3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520). Gleiches gilt, wenn zwar einzelne Fragen zu den Einnahmen nicht beantwortet sind, sich aber aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt , dass solche Einnahmen nicht vorhanden sind (BGH Beschluss vom 21. September 2005 - IV ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062 und Senatsbeschluss vom 3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520).
12
Auch wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst ausgefüllter Erklärung über die persönlichen und wirtschaftli- chen Verhältnisse und Anlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte und das Gericht ihm zur Vervollständigung der Angaben eine Frist gesetzt hatte , darf er weiterhin auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe vertrauen. In solchen Fällen entfällt das schutzwürdige Vertrauen in die Bewilligung der begehrten Prozesskostenhilfe erst mit Ablauf der gesetzten Frist. Ist der Antragsteller der Auflage hingegen nachgekommen, endet sein schutzwürdiges Vertrauen erst mit Zustellung des die beantragte Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses. Das gilt auch dann, wenn die dem Antragsteller gesetzte Frist mehrfach verlängert wurde, weil das schutzwürdige Vertrauen auf Bewilligung der begehrten Prozesskostenhilfe auch dann noch bis zur letzten gesetzten Frist fortbesteht. Selbst wenn der Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist reagiert, aber zunächst nur einen Teil der offenen Fragen klärt, ist sein Vertrauen auf die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe weiter geschützt. Denn dies wäre auch ohne die (Teil-)Antwort der Fall, und dem Antragsteller bleibt es unbenommen, die Antwort bis zum Fristablauf weiter zu ergänzen.
13
b) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht der Beklagten die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Unrecht versagt. Denn der Vorsitzende und der Berichterstatter hatten der Beklagten wiederholt Fristen zur Ergänzung des Prozesskostenhilfeantrags gesetzt, die von der Beklagten stets beantwortet wurden. Die letzte mit Verfügung vom 13. Juni 2007 gesetzte Frist lief bis zum 27. Juni 2007. Jedenfalls bis zu diesem Tag durfte die Beklagte darauf vertrauen, doch noch Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen. Daran ändert der Schriftsatz vom 26. Juni 2007 nichts, weil die Beklagte Gelegenheit hatte, weitere Fragen fristgerecht bis zum 27. Juni 2007 zu beantworten. Weil die Wiedereinsetzungsfrist deswegen frühestens am 27. Juni 2007 begann, war sie entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bei Eingang des Antrags auf Wiedereinsetzung am 11. Juli 2007 nicht abgelaufen.
14
Solange die vom Berufungsgericht gesetzte Frist lief, war die Beklagte somit schuldlos daran gehindert, die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist zu wahren. Erst mit fruchtlosem Ablauf dieser Frist zur Ergänzung des Prozesskostenhilfeantrags durfte die Beklagte nicht mehr auf eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe vertrauen. Erst in diesem Zeitpunkt begannen mithin die Wiedereinsetzungsfristen des § 234 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO.
15
d) Die gleichzeitig ausgesprochene Verwerfung der Berufung steht der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegen, weil diese Entscheidung durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ihre Grundlage verliert und damit gegenstandslos wird (Senatsbeschlüsse vom 15. August 2007 - XII ZB 101/07 - FamRZ 2007, 1725, 1726, vom 10. Mai 2006 - XII ZB 240/05 - NJW 2006, 2269 und vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/05 - FamRZ 2005, 791, 792).
Sprick Fuchs Ahlt Vézina Dose Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 30.01.2007 - 452 C 2931/06 -
LG Kassel, Entscheidung vom 16.08.2007 - 1 S 59/07 -

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 151/07
vom
13. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels
Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe
wegen nicht hinreichend nachgewiesener Bedürftigkeit rechnen
musste. Das ist der Fall, wenn dem Antrag innerhalb der Rechtsmittelfrist eine
vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
nebst den erforderlichen Anlagen beigefügt war (im Anschluss an die
Senatsbeschlüsse vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901 und
vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548).

b) Enthalten die Angaben in dem Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse einzelne Lücken, kann die Partei unter Umständen gleichwohl darauf
vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe
genügend dargetan zu haben. Solches kommt in Betracht, wenn diese
Lücken oder Zweifel auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten
Unterlagen, geschlossen bzw. ausgeräumt werden können oder wenn sich
aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt, dass Einnahmen oder
Vermögenswerte nicht vorhanden sind (im Anschluss an Senatsbeschluss vom
3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520 und BGH Beschluss vom
21. September 2005 - IV ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062).

c) Hatte der Antragsteller seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
nebst ausgefüllter Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
und Anlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht und hat das Gericht ihm
zur Vervollständigung der Angaben eine Frist gesetzt, darf er jedenfalls bis zum
Fristablauf weiterhin auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe vertrauen.
BGH, Beschluss vom 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07 - LG Kassel
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2008 durch die
Richter Sprick, Fuchs und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter
Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 16. August 2007 aufgehoben. Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 30. Januar 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Wert: 667 €.

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten um Rückzahlung einer Mietkaution sowie um Verzugsschaden in Form außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
2
Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 607,56 € nebst Zinsen sowie weiterer 59,15 € verurteilt. Das Urteil ist der Beklagten am 1. Februar 2007 zugestellt worden.
3
Mit einem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 27. Februar 2007 hat die Beklagte Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Beru- fungsverfahrens beantragt und dem Antrag eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen beigefügt. Mit Schreiben vom 16. März 2007 wurde der Beklagten vom Gericht aufgegeben, die Angaben zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen zu ergänzen. Dazu wurde ihr unter Hinweis auf § 118 Abs. 1 (richtig: Abs. 2) Satz 4 ZPO eine Frist von drei Wochen gesetzt. Die Frist wurde auf Antrag der Beklagten bis zum 9. Mai 2007 verlängert. Mit Schreiben vom 4. Mai 2007, eingegangen am 7. Mai 2007, ergänzte die Beklagte ihre Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Mit Verfügung vom 11. Mai 2007, der Beklagten zugestellt am 16. Mai 2007, wurde der Beklagten aufgegeben, ihre Angaben weiter zu ergänzen. Außerdem hieß es darin: "Das Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedarf des vollständigen Ausfüllens, insbesondere muss die Antragstellerin im Rahmen der "Wohnkosten" und der "sonstigen Zahlungsverpflichtungen" angeben, welche Zahlungen sie selbst auf die Verpflichtungen erbringt."
4
Auch insoweit wurde der Beklagten eine Frist von drei Wochen gesetzt. Mit einem am 8. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 6. Juni 2007 reichte die Beklagte weitere Unterlagen ein und fragte ergänzend an, ob "nochmals ein komplett neu ausgefülltes Formular" über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht werden müsse. Mit Verfügung vom 13. Juni 2007, zugestellt am 15. Juni 2007, wurde der Beklagten Gelegenheit gegeben, "bis zum 27.06.2007 die im Schriftsatz vom 06.06.2007 vorgetragenen Tatsachen glaubhaft zu machen." Es bleibe der Beklagten unbenommen, ein neues Formular über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auszufüllen oder das bereits ausgefüllte Formular entsprechend zu ergänzen. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass am 28. Juni 2007 über das PKH-Gesuch entschieden werde.
Mit einem am 27. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 26. Juni 2007 reichte die Beklagte eine neu ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie weitere Unterlagen zu Nebenkosten und zwei eidesstattliche Versicherungen ein. Mit Beschluss vom 28. Juni 2007 wurde der Beklagten die begehrte Prozesskostenhilfe versagt, weil sie ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch immer nicht in einem Umfang glaubhaft gemacht habe, der eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe zulasse. Der Beschluss wurde der Beklagten am 4. Juli 2007 zugestellt.
5
Mit einem am 11. Juli 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 10. Juli 2007 beantragte die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, legte zugleich Berufung ein und begründete sie. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. August 2007 hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Berufung der Beklagten verworfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist sei nicht innerhalb der 14-tägigen Frist eingegangen. Diese habe spätestens am 26. Juni 2007 begonnen , als der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wegen seiner unzureichenden Antwort auf die verschiedenen Hinweise der Kammer vernünftigerweise nicht mehr mit einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe habe rechnen dürfen. Die Wiedereinsetzungsfrist sei deswegen am (Dienstag) 10. Juli 2007 abgelaufen. Der am 11. Juli 2007 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag sei mithin verfristet. Damit sei auch die Berufung verspätet eingegangen und deswegen ebenfalls als unzulässig zu verwerfen.
6
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

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1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
8
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht die von der Beklagten für eine Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist vorgetragenen Gründe mit unzutreffenden Erwägungen übergangen und damit deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist.
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a) Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte (ständige Rechtsprechung seit BGHZ 16, 1, 3). Das setzt allerdings voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist neben der ausgefüllten Erklärung über die per- sönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die insoweit notwendigen Belege beigefügt waren (Senatsbeschluss vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902). Denn für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001, abgedruckt bei Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 117 Rdn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Der Antragsteller kann deswegen grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reicht (Senatsbeschlüsse vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902 und vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548).
11
Enthalten die Angaben im Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzelne Lücken, kann die Partei unter Umständen gleichwohl darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe genügend dargetan zu haben. Solches kommt in Betracht , wenn diese Lücken oder Zweifel auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, geschlossen bzw. ausgeräumt werden können (Senatsbeschluss vom 3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520). Gleiches gilt, wenn zwar einzelne Fragen zu den Einnahmen nicht beantwortet sind, sich aber aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt , dass solche Einnahmen nicht vorhanden sind (BGH Beschluss vom 21. September 2005 - IV ZB 21/05 - FamRZ 2005, 2062 und Senatsbeschluss vom 3. Mai 2000 - XII ZB 21/00 - NJW-RR 2000, 1520).
12
Auch wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst ausgefüllter Erklärung über die persönlichen und wirtschaftli- chen Verhältnisse und Anlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte und das Gericht ihm zur Vervollständigung der Angaben eine Frist gesetzt hatte , darf er weiterhin auf Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe vertrauen. In solchen Fällen entfällt das schutzwürdige Vertrauen in die Bewilligung der begehrten Prozesskostenhilfe erst mit Ablauf der gesetzten Frist. Ist der Antragsteller der Auflage hingegen nachgekommen, endet sein schutzwürdiges Vertrauen erst mit Zustellung des die beantragte Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses. Das gilt auch dann, wenn die dem Antragsteller gesetzte Frist mehrfach verlängert wurde, weil das schutzwürdige Vertrauen auf Bewilligung der begehrten Prozesskostenhilfe auch dann noch bis zur letzten gesetzten Frist fortbesteht. Selbst wenn der Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist reagiert, aber zunächst nur einen Teil der offenen Fragen klärt, ist sein Vertrauen auf die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe weiter geschützt. Denn dies wäre auch ohne die (Teil-)Antwort der Fall, und dem Antragsteller bleibt es unbenommen, die Antwort bis zum Fristablauf weiter zu ergänzen.
13
b) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht der Beklagten die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Unrecht versagt. Denn der Vorsitzende und der Berichterstatter hatten der Beklagten wiederholt Fristen zur Ergänzung des Prozesskostenhilfeantrags gesetzt, die von der Beklagten stets beantwortet wurden. Die letzte mit Verfügung vom 13. Juni 2007 gesetzte Frist lief bis zum 27. Juni 2007. Jedenfalls bis zu diesem Tag durfte die Beklagte darauf vertrauen, doch noch Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen. Daran ändert der Schriftsatz vom 26. Juni 2007 nichts, weil die Beklagte Gelegenheit hatte, weitere Fragen fristgerecht bis zum 27. Juni 2007 zu beantworten. Weil die Wiedereinsetzungsfrist deswegen frühestens am 27. Juni 2007 begann, war sie entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bei Eingang des Antrags auf Wiedereinsetzung am 11. Juli 2007 nicht abgelaufen.
14
Solange die vom Berufungsgericht gesetzte Frist lief, war die Beklagte somit schuldlos daran gehindert, die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist zu wahren. Erst mit fruchtlosem Ablauf dieser Frist zur Ergänzung des Prozesskostenhilfeantrags durfte die Beklagte nicht mehr auf eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe vertrauen. Erst in diesem Zeitpunkt begannen mithin die Wiedereinsetzungsfristen des § 234 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO.
15
d) Die gleichzeitig ausgesprochene Verwerfung der Berufung steht der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht entgegen, weil diese Entscheidung durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ihre Grundlage verliert und damit gegenstandslos wird (Senatsbeschlüsse vom 15. August 2007 - XII ZB 101/07 - FamRZ 2007, 1725, 1726, vom 10. Mai 2006 - XII ZB 240/05 - NJW 2006, 2269 und vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/05 - FamRZ 2005, 791, 792).
Sprick Fuchs Ahlt Vézina Dose Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 30.01.2007 - 452 C 2931/06 -
LG Kassel, Entscheidung vom 16.08.2007 - 1 S 59/07 -

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 207/06
vom
31. Januar 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 234 Abs. 1 B, 236 Abs. 2 Satz 2, 115 Abs. 4
Hat eine anwaltlich vertretene Partei innerhalb der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe
beantragt, so beginnt die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in
die Rechtsmittelfrist spätestens in dem Zeitpunkt, in dem das Gericht ihr unter
eingehender Darlegung der Berechnungen mitteilt, dass die Voraussetzungen
für die Gewährung von Prozesskostenhilfe (hier: nach § 115 Abs. 4 ZPO) nicht
vorliegen. Jedenfalls von diesem Zeitpunkt an muss sie mit der Ablehnung ihres
Prozesskostenhilfegesuchs rechnen; sie darf deshalb mit ihrem Wiedereinsetzungsgesuch
und der Nachholung der versäumten Prozesshandlung nicht über
die 14-Tage-Frist (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO) hinaus zuwarten, bis
das Gericht über ihr Gesuch entscheidet.
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 - XII ZB 207/06 - OLG Hamm
AG Steinfurt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2007 durch die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
1. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. April 2006 wird auf Kosten des Klägers verworfen. 3. Wert: 2.556 €

Gründe:

I.

1
Die Ehe der Parteien wurde durch Verbundurteil vom 8. April 2005 geschieden , der Zugewinnausgleich geregelt und der jetzige Kläger zur Tragung von 70 % der Verfahrenskosten verurteilt. Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger mit der Vollstreckungsgegenklage unter Berufung auf eine von den Parteien am 11. Mai 2005 geschlossene außergerichtliche Vereinbarung gegen die Vollstreckung aus dem zugunsten der Beklagten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss.
2
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Klage mit einem dem Kläger am 27. Oktober 2005 zugestellten Urteil abgewiesen. Mit einem am 28. November 2005 (Montag) eingegangenen Schriftsatz vom 25. November 2005 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers um "Prozesskostenhilfe für die einzulegende Berufung" nachgesucht und mitgeteilt, den "Entwurf der Berufung" beizufügen. Dem Gesuch war ein Schriftsatz vom 23. November 2005 beigefügt, der als "Berufung" überschrieben und vom Prozessbevollmächtigten des Klägers unterzeichnet war. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 9. Januar 2006 die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsmittel mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Mit Beschluss vom 24. April 2006 hat das Oberlandesgericht die am 23. Dezember 2005 begründete Berufung als unzulässig verworfen. Der Schriftsatz des Klägers vom 23. November 2005 sei nur als Entwurf einer Berufungsschrift anzusehen; durch die späteren Schriftsätze des Klägers vom 19. Dezember 2005 und 7. April 2006 habe die Berufungsfrist nicht mehr gewahrt werden können. Die vom Kläger nachgesuchte Prozesskostenhilfe rechtfertige eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist nicht, da die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingereicht worden sei, der Prozesskostenhilfeantrag keine hinreichende Bezugnahme auf die Erklärung erster Instanz enthalte und der Kläger nachträglich eingeräumt habe, dass dies wegen einer zwischenzeitlichen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geschehen sei.
3
Mit einem am 19. Mai 2006 eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten II. Instanz hat der Kläger um Prozesskostenhilfe zur Durchführung einer Rechtsbeschwerde gegen diese ihm am 4. Mai 2006 zugestellte Entscheidung nachgesucht. Der Rechtspfleger beim Bundesgerichtshof hat den Prozessbevollmächtigten mit einem am 21. September 2006 zugegangenen Schreiben unter eingehender Darlegung seiner Berechnung darauf hingewiesen , dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorlägen. Das einzusetzende Einkommen des Klägers verpflichte diesen zu Ratenzahlungen; die voraussichtlichen Prozesskosten würden sich nur auf das 2,4-fache der danach zu leistenden Monatsrate belaufen (vgl. § 115 Abs. 4 ZPO). Der Prozessbevollmächtigte II. Instanz hat gleichwohl um eine Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch gebeten. Der Senat hat daraufhin mit einem dem Prozessbevollmächtigten II. Instanz am 30. Oktober 2006 zugestellten Beschluss den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf § 115 Abs. 4 ZPO abgelehnt. Mit einem am 7. November 2006 eingegangenen Schriftsatz haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Rechtsbeschwerde erhoben und Wiedereinsetzung in die Rechtsbeschwerdefrist beantragt. Die Rechtsbeschwerde haben sie mit einem am 27. November 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet und zugleich Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde begehrt.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, aber unzulässig.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht innerhalb der am 5. Juni 2006 (Montag ) abgelaufenen Rechtsbeschwerdefrist (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingelegt worden. Dem Kläger kann insoweit auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Zwar ist einer Partei auch nach Ablehnung eines innerhalb der Frist für die versäumte Prozesshandlung angebrachten vollständigen Prozesskostenhilfegesuchs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung ihres Gesuchs rechnen musste. Diese Voraussetzung war jedoch spätestens in dem Zeitpunkt entfallen , in dem der Rechtspfleger beim Bundesgerichtshof dem anwaltlich vertretenen Kläger - unter eingehender Darlegung des Zahlenmaterials - mitgeteilt hatte , dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 115 Abs. 4 ZPO nicht vorlägen. Jedenfalls nach dieser seinem Prozessbevollmächtigten am 21. September 2006 zugegangenen Mitteilung durfte der Kläger nicht mehr davon ausgehen, dass seinem Prozesskostenhilfegesuch entsprochen werde. Daran ändert auch der Hinweis der Rechtsbeschwerde nichts, dass § 115 Abs. 4 ZPO rechtspolitisch umstritten sei. Der Kläger durfte insbesondere nicht zuwarten, bis der Senat sein Prozesskostenhilfegesuch - mit der bereits vom Rechtspfleger gegebenen und jedenfalls für seinen Prozessbevollmächtigten ohne weiteres nachvollziehbaren - Begründung ablehnen würde. Vielmehr hätte der anwaltlich vertretene Kläger binnen der bereits mit dem ausführlich begründeten Bescheid des Rechtspflegers beginnenden 14-Tage-Frist (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand antragen und die versäumte Rechtsbeschwerde nachholen müssen. Das ist indes nicht geschehen. Der Kläger hat vielmehr erst am 7. November 2006 - mithin nach Ablauf der am 21. September 2006 beginnenden 14tägigen Wiedereinsetzungsfrist - die Wiedereinsetzung in die Rechtsbeschwerdefrist beantragt und die Rechtsbeschwerde durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt eingelegt. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist deshalb ohne Erfolg und die Rechtsbeschwerde unzulässig.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber auch deshalb unzulässig, weil ein Zulassungsgrund (§ 574 Abs.1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) nicht vorliegt. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichthofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Die angefochtene Entscheidung lässt Rechtsfehler nicht erkennen, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Berufungsschriften und erschwert dem Kläger den Zugang zum Berufungsgericht nicht in unzumutbarer Weise.
7
a) Das Oberlandesgericht hat zu Recht die Berufungsfrist als nicht gewahrt angesehen.
8
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Einlegung der Berufung mit dem Gesuch um Prozesskostenhilfe verbunden werden, wenn der Rechtsmittelführer unabhängig von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe bereits zur Durchführung der Berufung entschlossen ist. Hierfür muss ein von einem zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichneter Schriftsatz eingereicht werden , der inhaltlich den Anforderungen des § 519 ZPO entspricht und darüber hinaus als Vornahme der Prozesshandlung - Einlegung der Berufung - bestimmt ist. Das ist nicht der Fall, wenn sich trotz Erfüllung der Voraussetzungen des § 519 ZPO aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt, dass der Schriftsatz nicht zur Einlegung des Rechtsmittels, sondern nur zur Darlegung der Erfolgsaussicht dienen soll (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschlüsse BGHZ 165, 318, 320 f. = FamRZ 2006, 400 f., vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 15. September 1999 - XII ZB 114/99 - FamRZ 2001, 907). So liegen die Dinge hier. Zwar erfüllt der als Berufung überschriebene und vom Prozessbevollmächtigten unterzeichnete Schriftsatz des Klägers vom 23. November 2005 für sich allein die formalen Voraussetzungen einer Berufungsschrift. Der Kläger hat in seinem Prozesskostenhilfegesuch jedoch ausdrücklich und zweifelsfrei klargestellt , dass dieser Schriftsatz nur den Entwurf einer Berufungsschrift darstellen solle. Das ergibt sich, worauf das Oberlandesgericht zu Recht hinweist, aus dem Umstand, dass dieser dem Prozesskostenhilfegesuch als Anlage beigefügte Schriftsatz im Prozesskostenhilfegesuch ausdrücklich als "Entwurf" bezeichnet wird und das Gesuch insoweit von einer (erst noch) "einzulegenden" Beru- fung spricht. Die Tatsache, dass der als Berufung überschriebene Schriftsatz ein früheres Datum (23. November 2005) als das Prozesskostenhilfegesuch (25. November 2005) trägt, ändert daran nichts. Ebenso vermag auch der im Schriftsatz vom 23. November 2005 enthaltene Antrag, die Zwangsvollstreckung einstweilen ohne Sicherheitsleistung einzustellen, nichts an dem objektiveindeutigen Entwurfscharakter dieses Schreibens zu ändern.
9
b) Das Oberlandesgericht hat dem Kläger auch zu Recht eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist verwehrt. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Formulierungen seines Prozesskostenhilfegesuchs, die den beigefügten Schriftsatz vom 23. November 2005 nur als den Entwurf einer Berufungsschrift erscheinen lassen, auf einem "Redaktionsversehen" seines Prozessbevollmächtigten II. Instanz beruhen, kann dies den Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO nicht entlasten. Andere Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten , sind nicht ersichtlich.
10
3. Schließlich ist die Rechtsbeschwerde auch deshalb unzulässig, weil der Kläger die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde nicht gewahrt und die Wiedereinsetzung in diese Frist zwar beantragt, aber diesen Antrag nicht, wie von § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO verlangt, begründet hat. Eine Wiedereinsetzung kann zwar nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch von Amts wegen gewährt werden, wenn die versäumte Prozesshandlung innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt wird. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung offenkundig sind (vgl. Zöller /Greger ZPO 26. Aufl. § 236 Rdn. 5 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.
Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Steinfurt, Entscheidung vom 25.10.2005 - 10 F 139/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 24.04.2006 - 8 UF 218/05 -

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 40/06
vom
19. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Wird dem Berufungskläger nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist
gewährt, beginnt die Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Nachholung
der Berufungsbegründung erst mit der Mitteilung der Wiedereinsetzungsentscheidung.
BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06 - Kammergericht
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller und Dr. Joeres, die Richterin
Mayen und den Richter Dr. Grüneberg
am 19. Juni 2007

beschlossen:
Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 30. Mai 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 30. Mai 2006 aufgehoben.
Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gewährt.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Berufung der Klägerin und über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 35.000 €.

Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts wird als offensichtlich unbegründet abgelehnt.

Gründe:


I.


1
Landgericht Das hat mit Urteil vom 14. Juli 2005, zugestellt am 22. Juli 2005, die Klage der Klägerin gegen die beklagte Bank auf Rückabwicklung eines zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung abgeschlossenen Darlehensvertrages abgewiesen. Mit einem beim Berufungsgericht am 22. August 2005 eingegangenen Schreiben hat die Klägerin beantragt, ihr für die beabsichtigte Durchführung des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dem Antrag hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 16. Februar 2006 im Wesentlichen stattgegeben und der Klägerin eine Rechtsanwältin beigeordnet. Der Beschluss ist der Klägerin am 17. Februar 2006 formlos übersandt und der Rechtsanwältin am 22. Februar 2006 zugestellt worden. Diese hat am 6. März 2006 Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist sowie Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 7. April 2006 beantragt. Mit Verfügung vom 23. März 2006 hat der Berichterstatter des Berufungssenats die Klägerin darauf hingewiesen, dass gegen die Gewährung der Fristverlängerung Bedenken bestünden.
Daraufhin hat die Klägerin am 31. März 2006 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO beantragt und die Berufung begründet.
2
Mit Beschluss vom 6. April 2006, zugestellt am 12. April 2006, hat das Berufungsgericht der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Durch Beschluss vom 27. Mai 2006 hat das Berufungsgericht den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist abgelehnt, weil es sich der Sache nach um einen Antrag auf eine gesetzlich nicht zulässige Verlängerung der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Nachholung der versäumten Prozesshandlung i.S. des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO handele.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss (KGReport 2006, 856) hat das Berufungsgericht den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31. März 2006 gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO zurückgewiesen sowie den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 6. März 2006 gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und die Berufung der Klägerin mangels fristgerecht eingereichter Berufungsbegründung als unzulässig verworfen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist sei unzulässig , weil die versäumte Prozesshandlung entgegen § 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht innerhalb der Antragsfrist von einem Monat nachgeholt worden sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist sei unbegründet, weil die Versäumung der Frist von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin verschuldet worden sei und die Klägerin sich dieses Verschulden nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse; die Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe nicht davon ausgehen dürfen, dass angesichts der - wie sie meint - "offensichtlichen Verfassungswidrigkeit" des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO das Berufungsgericht dem Fristverlängerungsantrag stattgeben werde. Aufgrund dessen sei die Berufung nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist, die am 22. September 2005 abgelaufen sei, begründet worden und daher unzulässig.
4
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin. Durch Beschluss vom 12. Dezember 2006, zugestellt am 14. Dezember 2006, hat der Senat der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt. Daraufhin hat sie am 15. Dezember 2006 wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und diese, nachdem dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde am 8. Januar 2007 entsprochen worden war, am 15. Januar 2007 begründet.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
6
Die 1. gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Klägerin ist zulässig, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und zudem zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Die Verfahrensgarantien des Grundgesetzes verbieten es, den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingerichteten Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. dazu BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG NJW 2005, 814, 815; BGHZ 151, 221, 227). Indem das Berufungsgericht zu Unrecht (dazu unter 2.) davon ausgegangen ist, dass die Klägerin die Berufungsbegründung nicht fristgerecht nachgeholt habe, hat es der Klägerin den Zugang zur Berufungsinstanz ungerechtfertigt versagt.
7
2.DieRechtsbeschwer de ist auch begründet.
8
a) Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass die Frist zur Begründung der Berufung gegen das am 22. Juli 2005 zugestellte Urteil des Landgerichts am 22. September 2005 abgelaufen war, so dass die erst am 31. März 2006 eingereichte Berufungsbegründung an sich verfristet war.
9
Das b) Berufungsgericht hat aber den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die versäumte Prozesshandlung - die Einreichung der Berufungsbegründung - innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO nachgeholt. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, und beginnt gemäß § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Diese Frist hat die Klägerin eingehalten, weil die Frist erst mit der Mitteilung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist - hier also am 12. April 2006 - zu laufen begonnen hat.
10
aa) Liegt das Hindernis - wie hier - in der Mittellosigkeit der Partei, entfällt es zwar für die Berufungseinlegung grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, so dass der Lauf der Zwei-Wochen-Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu diesem Zeitpunkt beginnt (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 1994 - XI ZB 1/94, VersR 1994, 1324; BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 1985 - IVb ZB 62/85, VersR 1986, 40, 41 und vom 21. März 2006 - VI ZB 31/05, VersR 2006, 1141, 1142). Ob dies aber auch hinsichtlich der Berufungsbegründung und der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO gilt, hat der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 29. Juni 2006 - III ZA 7/06, NJW 2006, 2857, 2858) hat lediglich für die Fallgestaltung einer unbedingt eingelegten Berufung und eines sodann gestellten Prozesskostenhilfeantrages angenommen, dass der Lauf der Begründungsfrist nach Maßgabe des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO beginnt und dem Antragsteller nach Wegfall des Hindernisses, d.h. nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder deren Versagung, die Wiedereinsetzungsfrist von einem Monat nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Verfügung steht, um die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.
11
bb) In der Literatur ist die Beantwortung der Frage umstritten.
12
Nach der überwiegenden Auffassung ist § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO dahin auszulegen, dass bei versäumter Berufungsfrist die Begründungsfrist erst ab Mitteilung der Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist läuft (so Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO 28. Aufl. § 234 Rdn. 3b; Fölsch MDR 2004, 1029, 1032; Löhnig FamRZ 2005, 578, 579; Lange DB 2004, 2125, 2128 zum gleichlautenden § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO). Andere Stimmen in der Literatur sprechen sich für eine Korrektur des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der Weise aus, dass ab Mitteilung des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe eine zweite, gleichlange Begründungsfrist, mithin im Falle der Berufung die zweimonatige Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO, laufen soll (H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 234 Rdn. 13; HK-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 234 Rdn. 7; Schultz NJW 2004, 2329, 2334). Teilweise macht die Literatur auch nur verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung geltend, ohne aber Lösungen für eine Abhilfe aufzuzeigen (Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. § 234 Rdn. 7a; Musielak/Grandel, ZPO 5. Aufl. § 236 Rdn. 6; Born NJW 2005, 2042, 2044; Greger NJW-Sonderheft BayObLG 2005, 36, 38; Knauer/Wolf NJW 2004, 2857, 2863). Lediglich vereinzelt wird in der Literatur die Neuregelung des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO für verfassungsgemäß gehalten (ausdrücklich: Bischoff FamRB 2005, 47, 48; ohne nähere Begründung : Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 65. Aufl. § 236 Rdn. 14); diese Auffassung wird in instanzgerichtlichen Entscheidungen geteilt (vgl. etwa OLG Stuttgart OLGR 2006, 677).
13
cc) Der erkennende Senat schließt sich der erstgenannten Literaturmeinung an. § 234 Abs. 1 Satz 2 i.V. mit Abs. 2 ZPO ist dahin auszulegen , dass bei auch versäumter Berufungsfrist die Frist zur Nachholung der Berufungsbegründung erst mit der Mitteilung der Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist läuft.
14
(1)Hierfürsprechen bereits die Gesetzgebungsgeschichte und der Wille des Gesetzgebers.
15
Nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtslage begann die Frist für die Berufungsbegründung mit der Einlegung der Berufung (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.). War der mittellosen Partei für die Berufungseinlegung Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr hierfür Wiedereinsetzung gewährt worden, bestand somit im Hinblick auf die Begründungsfrist zwischen mittelloser und vermögender Partei kein Unterschied. Mit der Reform der Zivilprozessordnung im Jahr 2002, die sich insoweit an bereits in anderen Verfahrensordnungen geltende Regelungen anlehnte, verschlechterte sich die Rechtslage für die mittellose Partei deutlich. Da der Beginn der Frist für die Berufungsbegründung nunmehr an die Zustellung des angefochtenen Urteils anknüpft (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO), war für die mittellose Partei bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungseinlegung in der Regel auch die Frist für die Berufungsbegründung abgelaufen, so dass sie faktisch gemäß § 234 Abs. 1 ZPO a.F. die Berufung innerhalb von zwei Wochen - ohne Verlängerungsmöglichkeit - zu begründen hatte. Um diese unbillige Benachteiligung der mittellosen Partei zu vermeiden, räumte der Bundesgerichtshof in Anlehnung an die Rechtsprechung anderer oberster Bundesgerichte der mittellosen Partei extra legem eine gesonderte Begründungsfrist ein (vgl. Beschlüsse vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02, NJW 2003, 3275, 3276 f. m.w.Nachw., vom 25. September 2003 - III ZB 84/02, NJW 2003, 3782 f. und vom 17. Juni 2004 - IX ZB 208/03, NJW 2004, 2902, 2903). Dabei konnte er den Meinungsstreit zwischen anderen obersten Bundesgerichten offenlassen, ob die besondere Begründungsfrist ein oder zwei Monate betrug und ob für den Fristbeginn die Mitteilung über die Wiedereinsetzung oder über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgeblich sein sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2003 - XII ZB 147/02, NJW 2003, 3275, 3277 m.w.Nachw.).
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Kenntnis In dieser Problematik hat der Gesetzgeber durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) die Vorschrift des § 234 Abs. 1 ZPO um Satz 2 ergänzt, demzufolge die Wiedereinsetzungsfrist zur Begründung der Berufung einen Monat beträgt. Durch die Änderung sollte nach der Gesetzesbegründung sichergestellt werden, dass "einem Rechtsmittelführer, dem Prozesskostenhilfe nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist gewährt worden ist, ein Monat Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibt, so dass er nicht schlechter gestellt wird als die vermögende Partei" (BTDrucks. 15/1508, S. 17). Zugleich sollte hierdurch die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte zum Lauf der Rechtsmittelbegründungsfristen nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe umgesetzt werden, wobei ausdrücklich auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts in NJW 1984, 941 (zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a Abs. 3 ArbGG) und des Bundesverwaltungsgerichts, Beschluss vom 17. April 2002 - 3 B 137/01, DVBl. 2002, 1050 ff. (zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) Bezug genommen wurde. Nach diesen Entscheidungen ist aber maßgeblicher Zeitpunkt für den Fristbeginn die Mitteilung der Entscheidung über die Wiedereinsetzung in die Einlegungsfrist (ebenso BGHSt 30, 335, 338 zur Begründung der Rechtsbeschwerde nach § 345 Abs. 1 StPO; BGH BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 3 zur Begründung der Revision; BVerwG Buchholz 310 § 139 VwGO Nr. 84 zur Begründung der Revision; BSG SozR 2. Folge 1500 § 67 SGG Nr. 13 und § 164 SGG Nr. 9 zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160a Abs. 2 Satz 1 SGG).
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Da sich der Gesetzesbegründung kein Hinweis für eine nur eingeschränkte Umsetzung dieser Rechtsprechung entnehmen lässt, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für den Beginn der Monatsfrist auf die Mitteilung der Entscheidung über die Wiedereinsetzung, nicht die Bekanntgabe der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abstellen wollte. Zugleich kann wegen der eindeutigen Festlegung des Gesetzgebers auf eine einmonatige Frist den Stimmen in der Literatur, die für die Berufungsbegründungsfrist eine Verlängerung der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf zwei Monate, beginnend mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, vorschlagen (H. Roth, in: Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 234 Rdn. 13; HK-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 234 Rdn. 7), nicht gefolgt werden.
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(2) Für die Maßgeblichkeit der Mitteilung der Wiedereinsetzungsentscheidung spricht auch das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, mit der Neuregelung die mittellose Partei nicht schlechter zu stellen als die vermögende Partei. Eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes ist nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsgrundsatz verfassungsrechtlich geboten (vgl. BVerfGE 81, 347, 356; BVerfG DVBl. 2001, 1748, 1749; NJW 2003, 3190, 3191 m.w.Nachw.), auch wenn eine vollständige Gleichstellung aus Verfassungsgründen nicht erforderlich ist (vgl. BVerfGE 81, 347, 357; BVerfG NJW 2003, 3190, 3191).
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Würde die Monatsfrist für die Berufungsbegründung mit der Bekanntgabe des Beschlusses über den Prozesskostenhilfeantrag beginnen , würde die mittellose Partei gegenüber der vermögenden Partei deutlich benachteiligt. Während nämlich der von einer wirtschaftlich leistungsfähigen Partei für das Rechtsmittelverfahren mandatierte Anwalt zwei Monate Zeit hat, um die Berufungsbegründung zu fertigen, stünde dem Anwalt der mittellosen Partei hierfür nur eine einmonatige Frist zur Verfügung. Dieser ungleiche Fristlauf lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass im Rahmen der Zweimonatsfrist auch Überlegungen dazu angestellt werden müssen, ob die beschwerte Partei überhaupt Berufung einlegt und sich der mandatierte Anwalt erst danach mit der Erstellung der Berufungsbegründung näher befasst, während im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe diese "Vorprüfung" durch das Gericht vorgenommen wird. Eine solche zeitliche Zäsur lässt sich im Rahmen der Zweimonatsfrist im praktischen Ablauf nicht feststellen, weil die Frage der Berufungseinlegung und Überlegungen zum Inhalt der Berufungsbegründung gedanklich miteinander verschränkt sind.
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Ungleichbehandlung Die zwischen mittelloser und vermögender Partei wird außerdem dadurch deutlich verschärft, dass die auf Prozesskostenhilfe angewiesene Partei - anders als die vermögende - keine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist erreichen kann, weil die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO keine Begründungs-, sondern eine Wiedereinsetzungsfrist ist (Greger NJW-Sonderheft BayObLG 2005, 36, 37), für die § 224 ZPO eine Verlängerung verbietet. Auch wenn durch die Reform der Zivilprozessordnung im Jahr 2002 die Zulässigkeit einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO eingeschränkt worden ist, wird in der gerichtlichen Praxis zumindest eine einmonatige Verlängerung regelmäßig bewilligt.
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Die (3) Anknüpfung des Fristbeginns an die Mitteilung über die Wiedereinsetzungsentscheidung steht der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs zu § 234 Abs. 2 ZPO nicht entgegen.
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Nach dieser Vorschrift beginnt die Frist mit dem Tage, an dem das Hindernis behoben ist. Liegt das Hindernis - wie hier - in der Mittellosigkeit der Partei, entfällt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Berufungseinlegung zwar grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 1994 - XI ZB 1/94, VersR 1994, 1324; BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 1985 - IVb ZB 62/85, VersR 1986, 40, 41 und vom 21. März 2006 - VI ZB 31/05, VersR 2006, 1141). Diese Rechtsprechung betraf aber nach der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Rechtslage nicht die Berufungsbegründung, weil die Begründungsfrist erst ab Berufungseinlegung lief und daher im Zeitpunkt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens die Berufungsbegründungsfrist noch nicht abgelaufen sein konnte.
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hat Dies sich mit der Umgestaltung des Rechtsmittelrechts der Zivilprozessordnung geändert, weil aufgrund der Dauer des Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens die mittellose Partei nunmehr regelmäßig nicht nur die Berufungsfrist, sondern auch die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Da die Begründung der Berufung aber nach wie vor erst dann sinnvoll ist, wenn die Berufung eingelegt worden ist, muss § 234 Abs. 2 ZPO dahin ausgelegt werden, dass die Ursache der Verhinderung für die Einreichung der Berufungsbegründung nicht die Mittellosigkeit der Partei ist, sondern die fehlende Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Andernfalls wäre die mittellose Partei genötigt, das Rechtsmittel zu begründen, bevor sie weiß, ob ihr wegen Versäumung der Einlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird (vgl. BAGE 43, 297, 298 = NJW 1984, 941). Dem steht aber entgegen, dass die Begründung eines Rechtsmittels dessen Einlegung voraussetzt und ohne diesen "ersten Schritt" sinn- und zwecklos wäre (vgl. BVerwGE 36, 340, 343 = NJW 1971, 294).

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3. Der Klägerin war daher Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung zu gewähren mit der Folge, dass die Verwerfung der Berufung gegenstandslos ist.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.07.2005 - 10 O 796/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 30.05.2006 - 4 U 116/05 -