Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2008 - II ZR 204/06

bei uns veröffentlicht am07.01.2008
vorgehend
Landgericht Köln, 7 O 172/04, 18.02.2005
Oberlandesgericht Köln, 20 U 66/05, 28.07.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 204/06
vom
7. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Januar 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Juli 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 225.816,75 € für die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beklagten, 119.381,00 € für die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten.

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
2
I. Das Berufungsgericht hat, indem es den Rechtsstreit unter Anwendung deutschen Rechts entschieden hat, den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Es hat nämlich angenommen, die Parteien hätten hinsichtlich der für das in diesem Rechtsstreit zu beurteilende Vertragsverhältnis maßgeblichen Abrede über die Bewilligung einer in erster Linie im Interesse der Beklagten liegenden Hypothek stillschweigend die Anwendung deutschen Rechts gewählt. Damit hat es den erst- und zweitinstanzlichen Vortrag beider Parteien, nach dem für diese Hypothekenbewilligungserklärung der Klägerseite spanisches Recht anwendbar sein soll, in einer den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzenden Weise nicht beachtet. Dieser Verstoß ist entscheidungserheblich. Denn es hängt im Wesentlichen von der Wirksamkeit und der Auslegung dieser Erklärung der Klägerseite ab, ob die fehlende Zahlungsfähigkeit der Beklagten von diesen selbst zu vertreten ist, oder aber darauf beruht, dass die Klägerseite die Erfüllung der Kaufpreisschuld durch die Beklagten pflichtwidrig verhindert hat.
3
Hinsichtlich der Hypothekenbewilligungserklärung gehen beide Seiten ausdrücklich von der Anwendbarkeit spanischen Rechts aus, insbesondere was eine etwaige Formbedürftigkeit (GA I, 119, 202, 304 f.), ein Unwirksamwerden wegen Zeitablaufs (GA I, 158, 288) oder die Umsetzung der Erklärung (GA I, 118, 288) anbelangt. Gleiches gilt hinsichtlich der haftungsrelevanten Frage, welche Auswirkungen es auf die Pflicht der Klägerseite zur Mitwirkung an der Hypothekenbestellung und der escritura hat, dass zugunsten eines Gläubigers der Beklagten ein Pfandrecht an deren Anspruch auf die escritura bestellt wurde (GA I, 288, 298), sowie hinsichtlich ihrer gesamten Streitigkeit, wie die Parteien - auch - in ihren jeweiligen Berufungsbegründungen zum Ausdruck gebracht haben (GA I, 288, 298, 304 f. ebenso GA I, 159). Angesichts dessen beruht die Ansicht des Berufungsgerichts, die Streitsache sei nach deutschem Recht zu entscheiden, weil die Parteien sich zumindest stillschweigend hierauf geeinigt hätten und in ihren Berufungsbegründungen der Anwendung deutschen Rechts durch das Landgericht nicht entgegengetreten seien, auf einer nicht nachvollziehbaren mangelnden Kenntnisnahme von erheblichem Parteivorbringen.
4
II. Für die neue Berufungsverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
5
1. Das für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebende ausländische Recht hat das Berufungsgericht nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln (Sen.Urt. v. 25. September 1997 - II ZR 113/96, WM 1998, 733, 734; BGH, Urt. v. 23. Januar 1985 - IVa ZR 66/83, ZIP 1985, 398, 402 f.; zum Umfang der Ermittlungspflicht siehe BGHZ 118, 151, 162 f.; Sen.Urt. v. 29. Juni 1987 - II ZR 6/87, NJW 1988, 647).
6
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Beweiserhebung zu der Behauptung der Beklagten, dass der Hypothekenkredit auch ohne eine persönliche Haftung der Klägerseite bewilligt worden wäre (GA I, 176, 199 f.), mit der Begründung abgelehnt, der Vortrag der Beklagten sei mangels Vorlage eindeutiger schriftlicher Bankerklärungen bzw. ihrer persönlichen Kreditunterlagen unsubstanziiert. Diese Ansicht beruht auf einer Überspannung der Anforderungen an die Substanziierungslast. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substanziierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist vielmehr Sache des Tatrichters , bei der Beweisaufnahme die Zeugen nach allen Einzelheiten zu befragen , die ihm für die Beurteilung der unter Beweis gestellten Tatsachen erforderlich erscheinen (Sen.Beschl. v. 8. Januar 2007 - II ZR 304/04, ZIP 2007, 322, 324 f.). Diesen Anforderungen an die Substanziierungslast genügt das Vorbringen der Beklagten insbesondere vor dem unstreitigen Hintergrund, dass das Hausgrundstück einen Wert von 410.000,00 € hatte, es den Beklagten hingegen "nur" um ein Darlehen in Höhe von 75.000,00 € ging. Sollte es für die Ent- scheidung des Rechtsstreits auf diese Frage ankommen, wird das Berufungsgericht die von den Beklagten angebotenen Beweise zu erheben haben.
Goette Kurzwelly Kraemer
Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 18.02.2005 - 7 O 172/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.07.2006 - 20 U 66/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2008 - II ZR 204/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2008 - II ZR 204/06

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise
Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2008 - II ZR 204/06 zitiert 3 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten


Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise

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Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2007 - II ZR 304/04

bei uns veröffentlicht am 08.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 304/04 vom 8. Januar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein GenG § 34 Abs. 1 u. 2 a) Eine Genossenschaft trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren Vorstand ge

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 304/04
vom
8. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein

a) Eine Genossenschaft trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen
ihren Vorstand gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 GenG die Darlegungs- und Beweislast
nur dafür, dass und inwieweit ihr durch ein - sich als "möglicherweise" pflichtwidrig
darstellendes - Verhalten des Vorstands in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen
ist, wobei ihr die Erleichterungen des § 287 ZPO zugute kommen können
; demgegenüber hat der Geschäftsleiter darzulegen und erforderlichenfalls zu
beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten gemäß § 34 Abs. 1 GenG nachgekommen
ist oder ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei
pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre (im Anschluss an BGHZ 152,
280 - zur GmbH).

b) Zu den Sorgfaltspflichten des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaftsbank bei
der Kreditbewilligung und der nachfolgenden Kreditausreichung.
BGH, Beschluss vom 8. Januar 2007 - II ZR 304/04 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. Januar 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein und Caliebe

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. November 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 8. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß §§ 544 Abs. 7, 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.
2
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Es hat den Sachvortrag der Beklagten hinsichtlich ihres Vorwurfs, der Kläger habe anläßlich der Bewilligung und Ausreichung zweier Großkredite i.S. von § 13 KWG an die Bauträgergesellschaft L. GmbH sowohl in seinem Zuständig- keitsbereich "Markt" als auch durch tatsächliches Tätigwerden in dem nicht seiner Leitung unterstehenden Bereich "Marktfolge" die anzuwendenden Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaftsbank i.S. von § 34 Abs. 1, 2 GenG verletzt, in wesentlichen Punkten nicht erfasst und seiner Entscheidung nicht insgesamt in der gebotenen Weise zugrunde gelegt.
3
I. Kreditengagement "I. W. "
4
1. Hinsichtlich des Kreditengagements "I. W. " mit einem Kreditvolumen von 11,115 Mio. DM hat die Beklagte im Berufungsrechtszug dem Kläger folgendes als von ihm im Rahmen seines eigenen Zuständigkeitsbereichs der "Marktbearbeitung" zu verantwortendes Fehlverhalten vorgeworfen: Er habe dem Kreditausschuss des Aufsichtsrates der Beklagten in dessen Sitzung vom 4. Mai 1994 im Zusammenhang mit der Herbeiführung der Grundentscheidung über die Bewilligung des Großkredits zugunsten der L. GmbH für dieses Objekt wahrheitswidrig vorgespiegelt, eine Kreditvergabe sei risikolos, insbesondere laufe der Vertrieb für die auf dem Grundstück geplanten 94 Wohneinheiten ordnungsgemäß, es seien bereits 40 Wohneinheiten - wie vorgesehen - "verkauft" (bzw. "veräußert") worden, obwohl dem Kläger bekannt und bewusst gewesen sei, dass es sich nicht um notariell beurkundete Kaufverträge , sondern lediglich um rechtlich unverbindliche Reservierungen gehandelt habe. Zudem habe der Kläger dem Ausschuss gegenüber wahrheitswidrig erklärt , die beiden abwesenden Vorstandskollegen hätten der von ihm vorgeschlagenen Kreditbewilligung bereits zugestimmt.
5
a) Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht bereits insofern verfahrensfehlerhaft übergangen, als es angenommen hat, die Beklagte habe entsprechende Behauptungen erstmals unter Beweisantritt im Schriftsatz vom 8. Oktober 2004 aufgestellt; rechtsfehlerhaft ist deswegen auch die darauf aufbauende Entscheidung, wegen des Umfangs der sonst erforderlichen Beweisaufnahme (insgesamt 10 Zeugen) sei der Vortrag als verspätet zurückzuweisen. Tatsächlich lag - wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rügt - insoweit überhaupt kein neues Vorbringen zu der behaupteten pflichtwidrigen Herbeiführung der Kreditbewilligung durch den Kläger vor, weil die Beklagte hierzu - im Übrigen unter Beweisantritt - bereits u.a. in der Berufungserwiderung vom 25. Oktober 2001 konkret vorgetragen hatte; insoweit war es unter dem Blickwinkel der Verspätung unschädlich, dass in dem letzten Schriftsatz zu einzelnen Punkten zusätzliche Zeugen benannt wurden und dass hinsichtlich des Hauptvorwurfs der frühere Aufsichtsratsvorsitzende B. nunmehr - nach seinem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat - nicht mehr als Partei, sondern als Zeuge zur Verfügung stand.
6
Das somit rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführte Vorbringen durfte das Berufungsgericht nicht etwa deshalb unberücksichtigt lassen, weil es in dem "späten" Schriftsatz vom 8. Oktober 2004 wiederholt und vertieft wurde; eine derartige Verfahrensweise findet im Verfahrensrecht keine Stütze und verletzt deshalb das Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. dazu nur: BVerfG, NJW-RR 2001, 1006 f.).
7
b) Soweit das Berufungsgericht an anderer Stelle seines Urteils (zusätzlich ) gemeint hat, eine Täuschung des Kreditausschusses hinsichtlich der vom Kläger behaupteten "Veräußerung" von 40 Wohneinheiten liege ohnehin deshalb nicht vor, weil im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen der Begriff der "Veräußerung" richtigerweise lediglich als "Reservierung" zu interpretieren sei, vermag dies den in der Übergehung der beantragten Zeugenvernehmung liegenden Verfahrensfehler nicht zu beseitigen. Denn insoweit liegt in der Nichtvernehmung der hierzu von der Beklagten benannten Zeugen objek- tiv eine unzulässige antizipierte Beweiswürdigung (vgl. dazu nur: Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.), weil sich die Behauptung der Beklagten, die Aufsichtsratsmitglieder hätten die wahrheitswidrige Darstellung des Klägers tatsächlich im Wortsinn, nämlich als rechtlich verbindliche rechtsgeschäftliche "Veräußerung" bzw. "Verkauf" verstanden, nicht durch die nicht fallbezogenen, sondern allgemeinen Ausführungen des Sachverständigen zum üblichen Ablauf einer Kreditausschusssitzung und zur indiziellen Bedeutung der Ausgestaltung des Sicherheitenblatts widerlegen lässt; den von ihm gezogenen Schluss durfte das Berufungsgericht danach allenfalls nach der Beweiserhebung durch Vernehmung der von der Beklagten rechtzeitig benannten Zeugen ziehen.
8
c) Die Erforderlichkeit der - vom Berufungsgericht außer Betracht gelassenen - Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung kann auch nicht mit der Hilfserwägung des Berufungsgerichts verneint werden, der Kläger habe davon ausgehen können, dass seine Angaben über den Verkauf von 40 Wohneinheiten von dem Kreditausschuss des Aufsichtsrats als bloße Reservierung der Einheiten hätten verstanden werden können, weil im Kreditprotokoll keine Risikominderung als Folge einer etwa bereits erfolgten Veräußerung festgehalten worden sei. Denn dabei hat das Berufungsgericht erneut verkannt, dass der gegen den Kläger erhobene Vorwurf gerade auch auf eine gezielte Fehlinformation des Ausschusses zur Rechtfertigung der angeblichen "Risikofreiheit" der Kreditvergabe lautete und dass zudem die Ausführungen des Sachverständigen zur allgemeinen Bedeutung des Kreditprotokolls nichts darüber besagen, wie die objektiv falsche Darstellung des Klägers im vorliegenden Fall tatsächlich von den Ausschussmitgliedern verstanden worden ist und ob dabei überhaupt das Kreditprotokoll eine erhebliche Rolle gespielt hat. Bei seiner Hilfserwägung hat das Berufungsgericht im Übrigen völlig außer Betracht gelassen, dass aus der Wortwahl des Klägers über den Verkauf bzw. die Veräußerung von 40 Einheiten - auch nach der Beurteilung des Sachverständigen - zu schließen ist, dass entsprechende bindende Verträge mit den Erwerbern abgeschlossen worden sind und dass es selbstverständlich für den Kreditausschuss einen wesentlichen Unterschied darstellt, ob verbindliche, nämlich notariell beurkundete Erwerbsverträge vorliegen oder ob es sich insoweit nur um unverbindliche Reservierungen handelt; denn bei Vorliegen bindender Verträge verringert sich das Absatzrisiko erheblich, so dass es einem Kreditausschuss naturgemäß leichter fällt, einer Kreditvergabe zuzustimmen.
9
d) Unberücksichtigt gelassen hat das Berufungsgericht aber auch den in diesem Zusammenhang bedeutsamen Umstand, dass auf dem Sicherheitenblatt - offenbar wahrheitswidrig - vermerkt ist, Eigentümer des mit einer Grundschuld als Sicherheit zu belastenden Grundstücks sei (schon) die L. GmbH gewesen. Gerade in einem solchen Fall wäre die Behauptung des Klägers über einen bereits erfolgten Teilverkauf von 40 Wohneinheiten vom Empfängerhorizont her gesehen zweifellos im wörtlichen Sinn zu verstehen, weil ein bereits erfolgter Eigentumserwerb des zu bebauenden Grundstücks durch den Bauträger einen Verkauf entsprechender Einheiten als realistisch erscheinen ließe.
10
e) In den Gesamtzusammenhang seiner Überlegungen nicht einbezogen - und insoweit den entsprechenden Beklagtenvortrag übergangen - hat das Berufungsgericht auch den weiteren Umstand, dass der Kläger entsprechend der Darstellung auf dem Sicherheitenblatt dem Kreditausschuss vorgetragen hat, es sei wegen der (übrigen) Wohneinheiten bereits mit der P. GmbH ein Vertriebsvertrag mit Abnahmeverpflichtung geschlossen und es sei ein Verkaufserlös von 13,4 Mio. DM zu erzielen. Beide Angaben waren jedoch grob unrichtig, weil zum einen eine entsprechende Abnahmeverpflichtung der P. GmbH nicht existierte und weil zum anderen - wie bereits das Landge- richt insoweit als unstreitig festgestellt hat - die richtige Berechnung des Verkaufserlöses lediglich 11.217.903,00 DM ergeben hätte; ausgehend von damals kalkulierten Gesamtgestehungskosten von 11,115 Mio. DM wäre schon im Zeitpunkt der Kreditvergabe allenfalls ein marginaler Gewinn von ca. 100.000,00 DM zu erwarten gewesen.
11
f) Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht die Tragweite des weiteren Vorwurfs der Beklagten, der Kläger habe dem Kreditausschuss bewusst wahrheitswidrig das Vorliegen einer einstimmigen, die Kreditvergabe befürwortenden Entschließung des Vorstandes vorgespiegelt, verkannt hat. Dieser Vorgang war nicht etwa - wie das Berufungsgericht gemeint hat - für die Frage einer Pflichtwidrigkeit des Klägers unerheblich, weil die Außenwirksamkeit des Kreditvertrags nicht von der Fehlerhaftigkeit der genossenschaftsinternen Willensbildung abhing. Entscheidend ist vielmehr, dass nach den - vom Sachverständigen bestätigten - banküblichen Gepflogenheiten im Interesse einer Minimierung des Risikos bei der Ausreichung von Großkrediten - wie hier - kumulativ ein einstimmiger Vorstandsbeschluss und ein dem zustimmender Beschluss des Kreditausschusses hätten vorliegen müssen. Dabei bringt üblicherweise - wie der Sachverständige anlässlich seiner Anhörung vor dem Oberlandesgericht am 1. Juli 2004 bekundet hat - der Vorstand ein Kreditanliegen nur dann in den Kreditausschuss, wenn er sich bereits eine positive Meinung über die Kreditvergabe , manifestiert durch einen entsprechenden befürwortenden Vorstandsbeschluss , gebildet hat; zwar ist es ausnahmsweise denkbar, dass der Vorstand die Kreditvergabe noch von weiteren Informationen abhängig machen möchte; dies legt er dann jedoch dar und klärt den Kreditausschuss hierüber auf. Von solchen banküblichen Gepflogenheiten ist der Kläger indes in doppelter Hinsicht abgewichen: Zum einen hatte er einen entsprechenden einstimmigen Vorstandsbeschluss seinerzeit noch gar nicht herbeigeführt, sondern - dem Beklagtenvortrag zufolge - dies in Abwesenheit der beiden anderen Vorstands- mitglieder dem Ausschuss gegenüber nur wahrheitswidrig behauptet; zum anderen hatte sogar die Sachbearbeiterin G. ausweislich ihres - dem Ausschuss freilich nicht zugänglich gemachten - Vermerks vom 4. Mai 1994 weitere Nachweise für erforderlich gehalten, die deutlich machten, dass im Grunde genommen außer pauschalen Recherchen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte vorlagen, um bereits in diesem Stadium eine positive und dann im Regelfall die Abteilung "Marktfolge" bindende Kreditgrundentscheidung zu treffen. Nachdem auf falscher Tatsachengrundlage die positive Kreditgrundentscheidung des Ausschusses zustande gekommen war, hat der Kläger - nach der Behauptung der Beklagten - sodann dem Vorstandsmitglied N. wiederum wahrheitswidrig vorgespiegelt, die Beklagte gehe bei der Kreditvergabe an die L. GmbH "kein Risiko" ein, und auf diese Weise auch dessen Zustimmung zu der Kreditvergabe erreicht.
12
Bei einer derartigen Situation kann ein schadensursächliches pflichtwidriges Verhalten des Klägers - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - nicht mit dem Hinweis darauf verneint werden, dass die Abteilung Marktfolge im Rahmen der ihr obliegenden konkreten Kreditsachbearbeitung zur eigenständigen Überprüfung des Kreditengagements im Hinblick auf etwaige (bislang unbekannte ) Risiken verpflichtet war. Denn es liegt auf der Hand, dass dann, wenn infolge falscher Darstellungen des Klägers eine frühzeitige positive Kreditgrundentscheidung des Kreditausschusses für einen derart hohen Kredit vorbehaltlos getroffen und auch eine einstimmige Vorstandsentscheidung hierzu "nach außen" verlautbart worden ist, die mit den Folgeentscheidungen befasste "Marktfolgeabteilung" davon ausgehen konnte, dass es sich um ein von der Abteilung Markt und dem Kreditausschuss bereits sorgfältig geprüftes, als "problemlos" eingestuftes Kreditengagement handelte, das nicht einer erneuten, besonders akribischen "Grundlagenprüfung" zu unterziehen war.
13
g) Der solchermaßen übergangene Sachvortrag der Beklagten ist zweifellos geeignet, eine Pflichtwidrigkeit des Klägers "überhaupt in Betracht kommen" zu lassen (vgl. zur eingeschränkten Darlegungs- und Beweislast der Gesellschaft hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit des Geschäftsleiters: BGHZ 152, 280, 284). Denn es ist nicht nur möglich, sondern sogar nahe liegend, dass der Kreditausschuss bei wahrheitsgemäßer Unterrichtung über die Gesamtumstände, insbesondere auch bei der - hier unterlassenen - Vorlage des Vermerks der Zeugin G. vom 4. Mai 1994, eine positive Kreditgrundentscheidung nicht - zumindest nicht ohne Vorbehalt mit entsprechend eingehenden Prüfauflagen (wie sie teilweise auch im Vermerk der Zeugin G. vorgeschlagen wurden) - erlassen hätte; denn wenn die Behauptungen der Beklagten über die teils wahrheitswidrige, teils unvollständige Unterrichtung des Ausschusses zutreffen, hätte seinerzeit jegliche Grundlage gefehlt, um nach den schon von Anfang an zu beachtenden Richtlinien über Kredite an Bauträger eine hinreichend fundierte positive Grundentscheidung bei einem Kredit dieses Umfangs - zumal angesichts der schon damals kritischen finanziellen Situation der Beklagten - zu treffen.
14
2. Auch hinsichtlich des Vorwurfs der Beklagten, der Kläger habe sich im Zusammenhang mit dem Kreditengagement "W. " pflichtwidrig in den Zuständigkeitsbereich der Marktfolge hineingedrängt und in diesem Rahmen grundlegende Entscheidungen an sich gezogen und getroffen, hat das Berufungsgericht - wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rügt - den Tatsachenvortrag in seinem Kern verkannt und damit i.S. des Art. 103 GG übergangen.
15
a) Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang bereits in ihrer Klageerwiderung und der Widerklageschrift vom 9. September 1997 sowie im Schriftsatz vom 25. November 1997 behauptet, dass der Kläger bei dem Kreditengage- ment "I. W. " sämtliche Entscheidungen, die eigentlich in die generelle Kompetenz der "Marktfolge" fielen, an sich gezogen habe; daraus sei auch zu erklären, warum das Schreiben des Rechtsanwalts S. , mit dem dieser der Beklagten noch vor Valutierung des Darlehens mitgeteilt habe, dass keine einzige Wohnung notariell verkauft worden sei, nur vom Kläger und zusätzlich von der - ihm im Bereich "Markt" unterstellten - Zeugin G. abgezeichnet und nicht in den Bereich "Marktfolge" weitergeleitet worden sei. Konkret hat die Beklagte ferner vorgetragen, dass die Valutierung des Darlehens und insbesondere die "unglaublichen Barauszahlungen", für die es nach den Kreditrichtlinien schlechterdings keine Rechtfertigung gegeben habe, in Höhe von insgesamt 1.018.839,52 DM von der Zeugin G. nach jeweiliger Rücksprache mit dem Kläger und auf dessen Weisung veranlasst und bewilligt worden seien.
16
Dieses Vorbringen hat die Beklagte in der Berufungsinstanz - insbesondere in der Berufungserwiderung und später nochmals zusammenfassend im Schriftsatz vom 8. Oktober 2004 - wiederholt und konkretisiert. Danach seien übliche Post und Telefonate zu diesem Kreditfall beim Kläger und der Zeugin G. eingegangen, der Kläger habe über die jeweils erforderliche Reaktion entschieden, welche von der Zeugin G. entweder persönlich oder über die Zeugin Gr. (die eigentlich dem Mitvorstand N. unterstand) umgesetzt worden sei; über die Barauszahlungen hinaus habe er auch Scheckziehungen bewilligt und die Zeugin Gr. beauftragt, der Kreditnehmerin entsprechende Gegenwerte zur Verfügung zu stellen.
17
b) Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen zu Unrecht als unsubstantiiert abqualifiziert und die dazu beantragte Beweisaufnahme als unzulässige Ausforschung abgelehnt. Diese Verfahrensweise ist derart offensichtlich fehlerhaft, dass sie einer "Nichtzurkenntnisnahme" des Beklagtenvortrags gleichsteht.
18
Denn das Berufungsgericht hat sich der Erkenntnis verschlossen, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist vielmehr Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (vgl. nur: Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.). Diesen Anforderungen an die Substantiierungslast genügt das Vorbringen der Beklagten zweifelsfrei, so dass das Berufungsgericht in die beantragte Beweisaufnahme hätte eintreten müssen.
19
c) Ersichtlich hat das Berufungsgericht aber darüber hinaus das Vorbringen der Beklagten auch in seinem Kern nicht erfasst, weil es meint, das behauptete Verhalten des Klägers im fremden Zuständigkeitsbereich sei nur unter dem Blickwinkel der "Rechtsfrage" einer wirksamen Abänderung der Zuständigkeiten im Geschäftsverteilungsplan der Beklagten beachtlich gewesen. Tatsächlich ging es der Beklagten mit ihrem Vortrag gar nicht darum, sondern um das behauptete tatsächliche pflichtwidrige Eindringen bzw. den Eingriff des Klägers in den ihm an sich nicht zugeordneten Bereich der "Marktfolge" und seine daraus resultierende Verantwortlichkeit für die weitere, nicht sachgerechte Behandlung des Kreditfalls, insbesondere die Nichtverhinderung der Auszahlungen der Valuta an den Kreditnehmer. Eine solche tatsächliche Verhaltensweise des Klägers würde - ihre Richtigkeit unterstellt - nicht nur eine mögliche, sondern eine offensichtliche Pflichtwidrigkeit i.S. des § 34 GenG jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Verantwortlichkeit aus vorangegangenem Tun darstellen.
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d) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten auch nicht in sich widersprüchlich. Gerade das faktische Hineindrängen des Klägers mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen (u.a. Anweisungen zu Barauszahlungen und Scheckziehungen) begründet den Vorwurf der Pflichtwidrigkeit unabhängig von der Frage, ob diese Verhaltensweise eine "nach außen hin rechtswirksame" Verlagerung der Ressortzuständigkeit i.S. der Satzung darstellen würde. Auch im Übrigen ist das Vorbringen der Beklagten folgerichtig, soweit sie behauptet, der Zeuge N. und der Kläger hätten für diesen Kreditfall die "Zuständigkeit" des Klägers vereinbart , d.h. faktisch habe N. insoweit das Tätigwerden des Klägers und der diesem unterstellten Zeugin G. im Bereich "Marktfolge" toleriert.
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e) Die Relevanz eines solchen - an sich zuständigkeitswidrigen - Pflichtenverstoßes des Klägers im Bereich "Marktfolge" ist schon deshalb gegeben, weil die Beklagte bereits in der Berufungserwiderung unter Beweisantritt dargelegt hat, dass der Kläger die Valutierung des Kredits noch bis Oktober 1994 zumindest insoweit hätte verhindern können und müssen, als der Beklagten der ganz überwiegende Teil des - hier entstandenen - Schadens erspart geblieben wäre.
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II. Kreditengagement "K. "
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Die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich dieses zweiten Kreditkomplexes unterliegt schon deshalb der "Mitaufhebung" und Zurückverweisung nach § 544 Abs. 7 ZPO, weil nicht auszuschließen ist, dass dann, wenn der Vortrag der Beklagten zu dem ersten Sachverhaltskomplex "I. W. " sich als zutreffend erweisen sollte, jene Kreditgrundentscheidung gänzlich unterblieben und deshalb auch der Folgekredit für das Objekt "K. " nicht gewährt worden wäre.
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Eine - vom Berufungsgericht nicht bedachte - Pflichtwidrigkeit des Klägers als Leiter "Markt" bei der von ihm veranlassten Grundentscheidung über die Vergabe des zweiten Kredits kann auch darin liegen, dass jener Folgekredit noch zu einem Zeitpunkt gewährt worden ist, an dem bereits offen zu Tage getreten war, dass die Prognosen über den Vertrieb der Wohnungen des Objekts "W. " überhaupt nicht realisiert worden sind. Bezüglich des insoweit geltend gemachten Schadens verbleibt - unabhängig davon, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zu einer angeblichen teilweisen Schadenskompensation aufgrund der späteren Bebauung und Realisierung des Versteigerungserlöses zutreffen - jedenfalls noch die Differenz bis zu dem Gesamtschaden von 3.047.168,93 DM, d.h. in Höhe von noch 559.253,64 DM.
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III. Von der Entscheidung gemäß § 544 Abs. 7 ZPO wird auch derjenige Teil der ursprünglichen Widerklageforderung erfasst, hinsichtlich dessen die Beklagte in Höhe des nachträglich aus dem Zwangsversteigerungsverfahren empfangenen Erlöses in Höhe von 1,85 Mio. DM den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt und das Berufungsgericht die Erledigungsfeststellungsklage abgewiesen hat.
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IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
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1. Soweit das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil mit wiederholten - zumindest missverständlichen - Formulierungen gemeint haben sollte, die Beklagte sei als Gläubigerin des geltend gemachten Ersatzanspruchs darlegungsund beweisbelastet dafür, dass der Kläger in seinem Pflichtenkreis bei der Darlehensvergabe pflichtwidrig gehandelt hat, stünde dies nicht im Einklang mit der Senatsrechtsprechung.
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Nach der - vom Berufungsgericht im Ansatz zunächst richtig wiedergegebenen - Rechtsprechung des Senats (BGHZ 152, 280, 284) trifft eine Genossenschaft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren Vorstand gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 GenG die Darlegungs- und Beweislast nur dafür, dass und inwieweit ihr durch ein - sich als "möglicherweise" pflichtwidrig darstellendes - Verhalten des Vorstands in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist, wobei ihr die Erleichterungen des § 287 ZPO zugute kommen können; demgegenüber hat der Geschäftsleiter darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten gemäß § 34 Abs. 1 GenG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft, oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre.
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2. In dem wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht auch dem weiteren Vortrag der Beklagten nachzugehen haben, den diese ergänzend zur Begründung ihres Vorwurfs gebracht hat, der Kläger habe bei der Vorbereitung der Kreditgrundentscheidung pflichtwidrig gehandelt. Das betrifft die Zusage einer 100 %-Finanzierung, die Frage der Werthaltigkeit der Bürgschaften der Gesellschafter der Kreditnehmerin, die Bonität eines der Gesellschafter der Vertriebspartnerin sowie vor allem den Umstand, dass das hier geplante Appartementwohnungsprojekt in einem als Puffer zu einem Industriegebiet (mit einem nahe gelegenen Zementwerk) dienenden Gewerbe (Misch-)gebiet gelegen war, hinsichtlich dessen der bei der Kreditvergabe angesetzte Grundstückswert mit 1.082,00 DM/m² mehr als das Doppelte des entsprechenden , vom Gutachterausschuss ermittelten Wertes betrug.
Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Caliebe

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.03.2001 - 4 O 278/97 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.11.2004 - 3 U 22/01 -