Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2012 - II ZR 89/11

bei uns veröffentlicht am29.03.2012
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 40 O 41/09, 18.12.2009
Oberlandesgericht Düsseldorf, 6 U 18/10, 24.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 89/11
vom
29. März 2012
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2012 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Dr. Strohn, die Richterin
Dr. Reichart, die Richter Dr. Drescher und Born auf die als Gegenvorstellung zu
behandelnden Eingaben der Beklagten vom 23. und 26. März 2012

beschlossen:
Der Streitwertbeschluss vom 6. März 2012 bleibt aufrechterhalten.

Gründe:

1
Der Streitwert beträgt 3.655.000 €, obwohl der Kläger beantragt hat, die Beklagten zur Zahlung von 1,5 Millionen € zu verurteilen. Für den Streitwert sind die als Schaden geltend gemachten Beträge (1,5 Millionen €, hilfsweise 1,5 Millionen € und weiter hilfsweise 655.000 €) nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zu addieren. Die Ansprüche betreffen nicht denselben Gegenstand, vielmehr liegen versteckte Hilfsanträge vor. Derselbe Gegenstand ist betroffen, wenn Ansprüche einander ausschließen und damit notwendigerweise die Zuerkennung des einen Anspruchs mit der Aberkennung des anderen verbunden ist, dagegen nicht, wenn sie nebeneinander bestehen können (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 - III ZR 115/02, NJW-RR 2003, 713 ). Da als Schaden Kaufpreiszahlungen zu verschiedenen Zeitpunkten geltend gemacht wurden, können die Ansprüche nebeneinander bestehen. Es liegt auch keine zeitlich verschobene alternative Begründung für den gleichen Schaden vor (wie bei BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - VII ZR 162/08, juris). Der Schadensersatzanspruch durch die Kaufpreiszahlung in Höhe von 655.000 € wurde vom Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde nach den anderen Ansprüchen weiter verfolgt. Die Beschwerde hat den Beklagten zur Last gelegt, den Vertrag vom 31. Dezember 2003 nicht verhindert zu haben, in dessen Folge es zu dieser Zahlung kam.
Bergmann Strohn Reichart Drescher Born

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.12.2009 - 40 O 41/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.03.2011 - I-6 U 18/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2012 - II ZR 89/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2012 - II ZR 89/11

Referenzen - Gesetze

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2012 - II ZR 89/11 zitiert 1 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2010 - VII ZR 162/08

bei uns veröffentlicht am 14.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZR 162/08 vom 14. Januar 2010 in dem Rechtsstreit Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Bauner, Dr. Eick und Leu

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2003 - III ZR 115/02

bei uns veröffentlicht am 27.02.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 115/02 vom 27. Februar 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GKG § 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 Zur Zusammenrechnung von Haupt- und Hilfsansprüchen im Rahmen einer erhobenen Teil

Referenzen

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 115/02
vom
27. Februar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Zusammenrechnung von Haupt- und Hilfsansprüchen im Rahmen einer
erhobenen Teilklage.
BGH, Beschluß vom 27. Februar 2003 - III ZR 115/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und
Dörr

beschlossen:
Die Gegenvorstellung des Klägers gegen die Wertfestsetzung im Senatsbeschluß vom 28. November 2002 gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.

Gründe


I.


Der Kläger, der dem beklagten Notar die Verletzung von Belehrungsund Betreuungspflichten vorgeworfen hat, hat mit der Klage einen Teilbetrag des ausgebliebenen Kaufpreises in Höhe von 500.000 DM, hilfsweise Zinsschäden in Höhe von 412.937,42 DM wegen des Ausbleibens der Kaufpreiszahlung , weiter hilfsweise Mindererlöse in Höhe von 323.980 DM, die sich infolge ausgebliebener Sachleistungen der Käuferin bei der späteren Veräußerung einzelner Wohnungen ergeben hätten, und weiter hilfsweise Kosten von 84.569,70 DM, die ihm durch die Prozesse mit der Käuferin entstanden seien, verlangt. Gegen die Abweisung dieser Klage hat der Kläger uneingeschränkt Revision eingelegt. Der Senat hat die Revision des Klägers nicht angenommen , bei der Wertfestsetzung die genannten Positionen zusammengerechnet
und dementsprechend den Streitwert für die Revisionsinstanz auf 675.665,83 (richtig, aber ohne Auswirkung auf die Höhe der Gebühr 675.665,63 = 1.321.487,10 DM) festgesetzt. Mit seiner Gegenvorstellung möchte der Kläger den Wert auf 255.645,94 500.000 DM) festgesetzt wissen.

II.


Die Gegenvorstellung ist nicht begründet.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG zu bestimmen. Danach findet grundsätzlich eine Zusammenrechnung von Haupt- und Hilfsanspruch statt, soweit auch über den Hilfsanspruch - wie hier - eine Entscheidung ergeht (§ 19 Abs. 1 Satz 2 GKG). Dies ist nach § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG nur dann anders, wenn der Haupt- und Hilfsanspruch denselben Gegenstand betreffen; dann ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend. Haupt- und Hilfsansprüche haben hier jedoch nicht bereits deshalb denselben Gegenstand, weil sie - wie der Kläger meint - auf demselben Anspruchsgrund beruhen. Entscheidend für die Anwendung des § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG ist vielmehr, ob die Ansprüche einander ausschließen und damit notwendigerweise die Zuerkennung des einen Anspruchs mit der Aberkennung des anderen verbunden ist (vgl. BGHZ 43, 31, 33 zu § 16 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.; Anders/Gehle/Kunze, Streitwert-Lexikon, 4. Aufl. 2002, Echte Hilfsanträge Rn. 7). Das ist hier jedoch nicht der Fall, da alle vom Kläger erhobenen Ansprüche nebeneinander bestehen können.
Die Wertfestsetzung ist nicht deshalb auf den Betrag von 500.000 DM zu beschränken, weil der Kläger eine Teilklage erhoben hat. Denn er hat bei seiner Antragstellung nicht etwa, wie es möglich gewesen wäre, bestimmt, daß sich der eingeklagte Betrag in jeweils bestimmter Höhe auf die verschiedenen von ihm geltend gemachten Schadenspositionen beziehen sollte, sondern er hat die Zahlung dieses Betrages in der Weise begehrt, daß ihm der volle Betrag bei Verneinung des Hauptanspruchs auf der Grundlage und in der Reihenfolge der geltend gemachten Hilfsansprüche zuerkannt werden sollte. Das ist etwas anderes als eine streitwertmäßig nicht ins Gewicht fallende Alternativbegründung für einen Anspruch, der ein und denselben gebührenrechtlichen Gegenstand betrifft.
Rinne Dörr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 162/08
vom
14. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Bauner,
Dr. Eick und Leupertz

beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Rechtsanwälte Dr. Büttner und Dr. Baukelmann gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts im Senatsbeschluss vom 10. September 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Kläger berühmt sich einer Schadensersatzforderung gegen den Beklagten aus unerlaubter Handlung und positiver Vertragsverletzung. Er hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 10 Mio. Euro zu verurteilen. Dazu hat er vorgetragen, dieser Schaden sei ihm als entgangener Gewinn in den Jahren 2000 bis 2004 entstanden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger sein Begehren als Hauptantrag weiterverfolgt und - soweit hier von Interesse - hilfsweise beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 8.419.809,43 € zu verurteilen. Unter Aufschlüsselung des Betrags auf die einzelnen Jahre hat er vorgetragen, dieser Gewinn sei ihm in den Jahren 2002 bis 2006 entgangen. Den Schaden der Jahre 2005 und 2006 hat er mit insgesamt 3.378.141,93 € beziffert. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 13.378.141,93 € festgesetzt. Es hat ausgeführt, hinsichtlich der Jahre 2005 und 2006 liege eine Erweiterung des Streitgegenstandes im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 2 GKG vor, so dass der hierauf entfallende Betrag und der Betrag von 10 Mio. Euro gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 (gemeint: Satz 2) GKG zusammenzurechnen seien.
2
Der Kläger hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit der beabsichtigten Revision wollte er sein zweitinstanzliches Begehren weiter verfolgen. Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und den Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf 10 Mio. Euro festgesetzt. Dagegen richtet sich die Gegenvorstellung der Prozessbevollmächtigten des Beklagten, die eine Erhöhung des Gegenstandswerts der Nichtzulassungsbeschwerde auf 13.378.141,93 € erreichen wollen.

II.

3
Die Gegenvorstellung ist nicht begründet. Eine Addition des auf die Jahre 2005 und 2006 entfallenden Gewinnentgangs zu dem hauptsächlich begehrten Schadensersatz von 10 Mio. Euro kommt nicht in Betracht.
4
Der Kläger hat wiederholt darauf hingewiesen, dass er auch mit der Berufung nur einen Betrag von maximal 10 Mio. Euro geltend mache und beide von ihm genannten Beträge auf den gleichen haftungsbegründenden Tatbestand , den gleichen Schaden und die gleiche Kausalität stütze; es handele sich bei dem Hilfsantrag nur um eine alternative Begründung des gleichen Schadens.
5
Daraus folgt, dass der Kläger in der Berufungsinstanz seine Schadensberechnung zwar zeitlich, nicht aber betragsmäßig um die Jahre 2005 und 2006 erweitert hat. Die maximale Höhe des geltend gemachten Schadens sollte da- von nicht betroffen sein. Gegenstand des Berufungsverfahrens war somit der entgangene Gewinn in den Jahren 2000 bis 2006, einmal berechnet mit mindestens 10 Mio. Euro durch den Vergleich mit dem Gewinn anderer Architektenbüros in den Jahren 2000 bis 2004 und hilfsweise alternativ berechnet in Höhe von 8.419.809,43 € anhand der vom Kläger für die Jahre 2002 bis 2006 behaupteten konkreten Gewinneinbußen. Damit betreffen Haupt- und Hilfsanspruch denselben Gegenstand im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG und es liegt auch keine Klageerweiterung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 2 GKG vor.
Kniffka Kuffer Bauner Eick Leupertz
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.06.2007 - 8O 23330/05 -
OLG München, Entscheidung vom 29.04.2008 - 18 U 3872/07 -