Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2008 - III ZB 50/08

bei uns veröffentlicht am17.09.2008
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 33 O 154/07, 06.12.2007
Oberlandesgericht Düsseldorf, 18 W 3/08, 06.03.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 50/08
vom
17. September 2008
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dörr und Dr. Herrmann, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Hucke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. März 2008 - I-18 W 3/08 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 1.968.235,64 €.

Gründe:


I.


1
Die Parteien streiten in der Hauptsache über einen Anspruch der Klägerin aus einer "Haftungserklärung", die die Beklagte im Zusammenhang mit der Gewährung eines Investitionszuschusses zugunsten eines dritten Unternehmens abgegeben hatte.
2
Die Klägerin ist eine Anstalt öffentlichen Rechts des Landes Brandenburg , der die Wahrnehmung von öffentlichen Förderaufgaben unter anderem auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft obliegt (§ 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Investitionsbank des Landes Brandenburg in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1996, GVBl. S. 258). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hielt 7,47 v.H. der Aktien an der P. AG.
3
Mit Bescheid vom 13. Juli 1998 gewährte die Klägerin dieser Gesellschaft (nachfolgend: Zuwendungsempfängerin) aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie aus Haushaltsmitteln des Bundes und des Landes eine Zuwendung zur Errichtung einer Betriebsstätte. Sie zahlte hieraufhin umgerechnet insgesamt 52.113.129,01 € an die Zuwendungsempfängerin aus. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten unterzeichnete am 5. November 1998 eine "Haftungserklärung", in der sie für etwaige Erstattungsund Verzinsungsansprüche der Klägerin gegen die Zuwendungsempfängerin die quotenmäßige Haftung entsprechend ihrem Aktienanteil übernahm. Nachdem über das Vermögen der Zuwendungsempfängerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Geschäftsbetrieb eingestellt worden war, hob die Klägerin durch Widerrufs- und Feststellungsbescheid vom 11. September 2003 den Zuwendungsbescheid auf und setzte den von der Zuwendungsempfängerin zu erstattenden Betrag auf die an sie zuvor geleistete Summe nebst Zinsen fest.
4
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte aus der Haftungserklärung vom 5. November 1998 auf Zahlung von 5.904.706,92 € sowie Zinsen in Anspruch. Das Landgericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht den beschrittenen Rechtsweg hingegen als zulässig festgestellt. Dagegen richtet sich das vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsmittel der Klägerin.

II.

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5
Das Rechtsmittel, das als Rechtsbeschwerde nach §§ 575 ff ZPO zu behandeln ist (BGHZ 152, 213, 214 f), ist statthaft (§ 17a Abs. 4 Satz 4, 5 GVG) und auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache unbegründet.
6
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, zwar spreche viel dafür, dass es sich bei der Haftungsübernahmeerklärung der Beklagten um einen öffentlichrechtlich zu qualifizierenden Schuldbeitritt handele. Es komme jedoch in Betracht , dass dieser in eine Bürgschaft umzudeuten sei und die Klägerin ihren Anspruch hierauf stützen könne. Eine Bürgschaft sei auch dann ein in die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit fallendes Rechtsgeschäft, wenn sie eine öffentlich -rechtliche Forderung sichere.
7
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist zulässig.
8
a) Jeweils vorbehaltlich besonderer Regelungen gehören gemäß § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, während die Verwaltungsgerichte nach § 40 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art berufen sind.
9
aa) Die Beurteilung, ob ein Rechtsstreit bürgerlich- oder öffentlich-rechtlichen Charakter hat, richtet sich, wenn, wie hier, eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgeblich für die Abgrenzung ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt, unabhängig davon, ob dieser eine zivil- oder öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage für einschlägig hält (z.B.: GmS-OGB BGHZ 97, 312, 313 f; Senatsbeschluss BGHZ 162, 78, 80 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 29. April 2008 - VIII ZB 61/07 – RdL 2008, 238, 239, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; BGH, Urteil vom 24. Januar 2008 - IX ZR 216/06 - NJW-RR 2008, 610 Rn. 14).
10
Natur Die eines durch Vertrag begründeten Rechtsverhältnisses bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist. Über diese Zuordnung entscheidet, ob die Vereinbarungen mit ihrem Schwerpunkt öffentlich- oder privatrechtlich ausgestaltet sind und welcher Teil dem Vertrag das entscheidende Gepräge gibt (Senatsbeschluss aaO S. 80 f mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
11
bb) Für die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs genügt es allerdings , dass sich der geltend gemachte Anspruch möglicherweise auf eine Rechtsgrundlage stützen lässt, die in die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fällt. Gewissheit hierüber ist nicht erforderlich (z.B.: Ziekow in Sodan/ Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl., § 17 GVG Rn. 32). Eine Verweisung an eine andere Gerichtsbarkeit ist danach nur zulässig, wenn eine in den vom Kläger gewählten Rechtsweg fallende Anspruchsgrundlage aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts so offensichtlich nicht gegeben sein kann, dass kein Bedürfnis dafür besteht, die Klage insoweit mit Rechtskraftwirkung abzuweisen (Senatsurteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 166/89 - NVwZ 1990, 1103, 1104; BSG NJW 1995, 1575, 1576; BVerwG NVwZ 1993, 358, 359; Ziekow aaO Rn. 33).
12
b) Für die von der Klägerin auf die Erklärung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die anteilsmäßige Haftung für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zu übernehmen, gestützte Forderung kommt eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage nicht nur möglicherweise, sondern sogar zumindest ernsthaft in Betracht, so dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten unter Anwendung des vorgenannten Maßstabs eröffnet ist.
13
aa) Die Haftungserklärung dürfte als Bürgschaft zu qualifizieren sein.
14
Die Rechte und Pflichten aus einer Bürgschaft sind bürgerlich-rechtlicher Natur, auch wenn sie, wie hier, eine öffentlich-rechtliche (Haupt-)Forderung sichert (BGHZ 90, 187, 189 f m.w.N.; 174, 39, 46 Rn. 25; BVerwGE 105, 302, 305 unter Aufgabe der abweichenden Ansicht in BVerwGE 35, 170, 172; OLG Frankfurt NVwZ 1985, 373). Die Bürgschaft begründet eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, eigene Verpflichtung des Bürgen, für die Erfüllung durch den Hauptschuldner einzustehen. Ihr Rechtscharakter bestimmt sich nicht nach der Hauptschuld. Die Bürgschaft trägt ihren Rechtsgrund vielmehr in dem Sinne in sich, dass sie keiner weiteren Rechtfertigung mehr bedarf. Sie hat ihre Grundlage in den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der gesicherten Hauptverbindlichkeit (Akzessorietät) stellt nur sicher, dass der Gläubiger vom Bürgen das erhält, was er vom Hauptschuldner zu bekommen hat. Die Akzessorietät bestimmt aber nicht die Rechtsnatur der Bürgschaft (BGHZ 90, 187, 190; BGHZ 174 aaO).
15
Aus diesen Gründen vermag der Senat die unter Hinweis auf § 62 Satz 2 VwVfGBbg geäußerte Ansicht der Beklagten nicht zu teilen, Haftungserklärungen der vorliegenden Art seien, wenn sie nicht ohnehin als öffentlich-rechtlicher Schuldbeitritt anzusehen sein sollten (siehe sogleich bb), als Bürgschaften öffentlich -rechtlicher Natur zu qualifizieren (vgl. auch Bonk in Stelkens/Bonk/ Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. § 62 Rn. 41). Die Rechtsprechung , die die Beklagte für ihre Auffassung in Anspruch nehmen könnte (BVerwGE 35, 170, 172; LG Frankfurt am Main NVwZ 1984, 267 f), ist dementsprechend im Wesentlichen überholt (BVerwGE 35 aaO aufgegeben durch BVerwGE 105 aaO; LG Frankfurt am Main aaO aufgehoben durch OLG Frankfurt am Main aaO).
16
bb) Allerdings ist der Bürgschaftscharakter von Haftungserklärungen zur Besicherung öffentlich-rechtlicher Beihilferückforderungsansprüche je nach den Umständen des Einzelfalls umstritten. Teilweise werden solche Erklärungen nach §§ 765 ff BGB beurteilt (z.B.: OLG München OLGR München 1998, 272; VGH München NJW 1990, 1006, 1006 f; LG Meiningen ZIP 1998, 991, 992), teilweise als Schuldbeitritt gewertet (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 10. Oktober 2007 - 4 U 20/07 - juris Rn. 45 ff; OVG Magdeburg, Beschluss vom 8. Mai 2007 - 1 O 52/97 - juris Rn. 3; VG Meiningen, Urteil vom 27. November 2007 - 2 K 414/05 Me - juris Rn. 22; VG Weimar ZInsO 2007, 1057, 1058). Im zweiten Fall wäre der Anspruch aus der Erklärung als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, weil ein Schuldbeitritt seinem Wesen nach die Rechtsnatur der Forderung des Gläubigers teilt, zu der er erklärt wird (Senatsurteil BGHZ 72, 56, 58 ff; BGHZ 174 aaO Rn. 23).
17
cc) Für die Bestimmung des Rechtswegs im vorliegenden Streitfall kann allerdings, wie das Beschwerdegericht seiner Entscheidung mit Recht zugrunde gelegt hat, auf sich beruhen, ob die Mithafterklärung der Rechtsvorgängerin der Beklagten (von vornherein) als Bürgschaft oder (zunächst) als Schuldbeitritt einzuordnen ist. Auch wenn Letzteres der Fall wäre, kommt im Ergebnis ein Anspruch der Klägerin aus einer Bürgschaft in Betracht.
18
Als - öffentlich-rechtlich zu qualifizierender - Schuldbeitritt wäre die Erklärung nichtig, weil die notwendige gesetzliche Schriftform eines öffentlich-rechtlichen Vertrages (§§ 57, 59 Abs. 1, § 62 Satz 2 VwVfGBbg, § 125 Satz 1, § 126 Abs. 2 BGB) nicht gewahrt wurde (vgl. BGHZ 174 aaO m.w.N.). Die Erklärung ist nur einseitig von der Beklagten abgegeben und unterschrieben worden. Nach § 57 VwVfGBbg i.V.m. § 62 Satz 2 VwVfGBbg und § 126 Abs. 2 BGB wäre jedoch erforderlich gewesen, dass die Vertragsparteien auf derselben Urkunde unterzeichnet oder nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB einzeln unterschriebene gleichlautende Urkunden ausgetauscht hätten. Auf der Basis des klägerischen Tatsachenvortrags wäre allerdings sodann zu prüfen, ob ein etwaiger nichtiger Beitritt zu einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit nach § 140 BGB in einen privatrechtlichen Bürgschaftsvertrag umzudeuten ist, für den hinsichtlich der Form lediglich § 766 Satz 1 BGB und § 350 HGB gelten (vgl. BGHZ aaO Rn. 24 ff; hierzu zustimmend Heeg, DB 2008, 391, 392 f; kritisch Bülow, WuB I F 1 d. - 1.08; siehe ferner Senatsurteil BGHZ 76, 16, 28).
19
Die "Haftungserklärung" kann gemäß § 140 BGB in eine Bürgschaft umzudeuten sein, wenn anzunehmen ist, dass die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit der Mithaftungserklärung eine Bürgschaft gewollt hätten. Davon ist im Zweifel auszugehen, wenn durch dieses Sicherungsmittel derselbe wirtschaftliche Erfolg erreicht werden kann, da es den Vertragsparteien weniger auf die Rechtsform ihres Geschäfts als auf die von ihnen beabsichtigten wirtschaftlichen Wirkungen ankommt und ihnen in der Regel jedes rechtlich zulässige Mittel willkommen sein wird, das diesen Erfolg, wenn vielleicht auch nicht ganz, so aber doch annähernd gewährleistet. Nur wenn die Parteien der von ihnen ge- http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=BGB&p=140 - 9 - wählten Rechtsform eine besondere Bedeutung beigelegt haben, würde das Aufzwingen einer anderen rechtlichen Gestaltung im Wege der Umdeutung nach § 140 BGB zu einer im Gegensatz zur Privatautonomie stehenden Bevormundung der Parteien führen (BGHZ 174, 39, 47, Rn. 27 m.w.N.).
20
Gemessen an diesen Grundsätzen dürfte der nichtige Schuldbeitritt der Beklagten in einen wirksamen Bürgschaftsvertrag umzudeuten sein. Zwar stellt das Verwaltungsverfahrensrecht mit dem Schuldbeitritt in Form eines öffentlichrechtlichen Vertrags ein geeignetes Sicherungsmittel zur Verfügung. Es liegt jedoch nahe, dass die Rechtsnatur der von der Beklagten zu bestellenden Personalsicherheit für die Parteien ohne Bedeutung war. Die Interessenwertung der Parteien und der von ihnen verfolgte wirtschaftliche Zweck sprechen dafür, dass die Beklagte sich auf entsprechenden Wunsch der Klägerin und bei Kenntnis der Rechtslage für die etwaige Verbindlichkeit der Zuwendungsempfängerin , an der sie einen erheblichen Anteil hielt, verbürgt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 aaO Rn. 28).
Schlick Dörr Herrmann
Harsdorf-Gebhardt Hucke
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.12.2007 - 33 O 154/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.03.2008 - I-18 W 3/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2008 - III ZB 50/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2008 - III ZB 50/08

Referenzen - Gesetze

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17a


(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. (2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Am

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2008 - III ZB 50/08 zitiert 13 §§.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17a


(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. (2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Am

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(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 126 Schriftform


(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. (2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 125 Nichtigkeit wegen Formmangels


Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 140 Umdeutung


Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 13


Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehö

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 765 Vertragstypische Pflichten bei der Bürgschaft


(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. (2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit ü

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 766 Schriftform der Bürgschaftserklärung


Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Man

Handelsgesetzbuch - HGB | § 350


Auf eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis finden, sofern die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen, das Versprechen oder das Anerkenntnis auf der Seite des Schuldners ein Handelsgeschäft ist, die Formvorschriften des § 766

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2008 - III ZB 50/08 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Apr. 2008 - VIII ZB 61/07

bei uns veröffentlicht am 29.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 61/07 vom 29. April 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja MilchAbgV 2000 § 8; UStG § 14; VwGO § 40 a) Die regulierte entgeltliche Übertragung von Anlieferungs-Referenzmeng
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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Nov. 2008 - III ZR 279/07

bei uns veröffentlicht am 06.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 279/07 Verkündet am: 6. November 2008 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 311 Abs. 2;

Referenzen

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 61/07
vom
29. April 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
MilchAbgV 2000 § 8; UStG § 14; VwGO § 40

a) Die regulierte entgeltliche Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen gemäß
§§ 8 bis 11 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung
vom 12. Januar 2000 (MilchAbgV 2000) ist ein von öffentlichrechtlichen
Sonderregelungen geprägtes Verfahren; das gilt auch dann, wenn
die Funktion der gemäß § 8 Abs. 2 MilchAbgV 2000 einzurichtenden Verkaufsstelle
von Privaten ausgeübt wird (im Anschluss an BFHE 213, 436).

b) Ein etwaiger Anspruch des Übernehmers von Anlieferungs-Referenzmengen
gegen die Verkaufsstelle auf Ausstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis
gemäß § 14 UStG ist im Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1
VwGO) geltend zu machen.
BGH, Beschluss vom 29. April 2008 - VIII ZB 61/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. April 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Dr. Wolst und Dr. Frellesen, die Richterin
Dr. Milger sowie den Richter Dr. Achilles

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden die Beschlüsse des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Juli 2007 und der 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 13. April 2007 aufgehoben. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen. Die Kläger haben die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Kläger sind Milcherzeuger. Sie erwarben von der Beklagten in den Jahren 2001 bis 2003 Anlieferungs-Referenzmengen ("Milchquoten") im Rahmen der regulierten entgeltlichen Übertragung von AnlieferungsReferenzmengen gemäß §§ 8 bis 11 der Verordnung zur Durchführung der EGMilchabgabenregelung vom 12. Januar 2000 (BGBl I S. 27; ursprünglicher Titel: Zusatzabgabenverordnung; m. W. v. 1. April 2004 geändert in: Milchabgaben- verordnung; im Folgenden: MilchAbgV 2000). Die Beklagte, ein in der Rechtsform einer GmbH betriebenes Tochterunternehmen des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg e.V., führt in Baden-Württemberg die Tätigkeit der gemäß § 8 Abs. 2 MilchAbgV 2000 von den Ländern einzurichtenden "Verkaufsstelle" aus.
2
Mit der Klage verlangen die Kläger von der Beklagten die Ausstellung von Rechnungen über den Erwerb der Milchquoten, welche die in den Rechnungsbeträgen nach Auffassung der Kläger enthaltene Umsatzsteuer gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG ausweisen sollen. Die Beklagte rügt die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten. Das Landgericht hat vorab durch Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 GVG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte weiterhin die Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht.

II.

3
Das statthafte (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei eröffnet. Dies ergebe sich aus der auf den Streitfall entsprechend anzuwendenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den sogenannten "sic-non"-Fällen. In der Arbeitsgerichtsbarkeit sei anerkannt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten schon dann zu bejahen sei, wenn ein prozessualer Anspruch geltend gemacht werde, der sich ausschließlich auf eine arbeitsvertragliche Anspruchsgrundlage stütze. In diesen Fällen hänge die Zulässigkeit und die Begründetheit der Klage von der Arbeitnehmereigenschaft der einen Partei ab. Die Arbeitnehmereigenschaft stelle eine doppelrelevante Tatsache dar, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage maßgeblich sei. Für die Zulässigkeit der Klage genüge insoweit die bloße Behauptung der Arbeitnehmereigenschaft.
6
Die vorliegende Konstellation sei damit vergleichbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestehe der Klagegegenstand bei der Inanspruchnahme eines Unternehmers auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung gemäß § 14 UStG in einem behaupteten zivilrechtlichen Anspruch, für dessen Durchsetzung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei daher der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten schon aufgrund der zivilrechtlichen Natur des geltend gemachten Anspruchs gegeben. Dem stehe nicht entgegen, dass der Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG eine steuerpflichtige Leistung eines Unternehmers voraussetze und zwischen den Parteien gerade darüber Streit bestehe. Darauf komme es für die Rechtswegfrage nicht an, weil es sich um eine doppelrelevante Tatsache handele, über deren tatsächliches Bestehen erst im Rahmen der Begründetheit der Klage zu befinden sei.
7
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts handelt es sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit (§ 13 GVG), sondern um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben ist (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
8
Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn – wie im Streitfall – eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt, und nicht, ob der Kläger sich auf eine zivilrechtliche oder auf eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (BGHZ 108, 284, 286 m.w.N.; Beschluss vom 4. Juni 1974 – GmS-OGB 2/73, NJW 1974, 2087). Deshalb ist entscheidend darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BGHZ 103, 255, 257 m.w.N.).
9
Die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse zwischen den Klägern und der Beklagten werden, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht geltend macht, von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts geprägt. Der öffentlich -rechtliche Charakter dieser Rechtsverhältnisse erstreckt sich auch auf eventuelle Ansprüche auf Ausstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 8 UStG, welche die Kläger aus ihrer Rechtsbeziehung zur Beklagten herleiten und mit der Klage geltend machen.
10
a) Für die Beurteilung ist auf die Milchabgabenverordnung vom 12. Januar 2000 (aaO) abzustellen. Diese Verordnung ist zwar gemäß § 57 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (Milchabgabenverordnung ) vom 7. März 2007 (BGBl. I S. 295; im Folgenden: MilchAbgV 2007) am 1. April 2007 außer Kraft getreten, findet aber auf den vorliegenden Rechtstreit noch Anwendung, weil die zugrunde liegenden Übertragungen von Anlieferungs -Referenzmengen bereits in den Jahren 2001 bis 2003 stattgefunden haben. Dies ergibt sich aus § 56 Abs. 1 MilchAbgV 2007 und – nach Aufhebung der Milchabgabenverordnung 2007 durch § 57 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der EG-Milchquotenregelung (Milchquotenverordnung) vom 4. März 2008 (BGBl. I S. 359; im Folgenden: MilchQuotV) – aus § 56 Abs. 1 MilchQuotV.
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b) Der Erwerb der Anlieferungs-Referenzmengen durch die Kläger fand im Wege der regulierten entgeltlichen Übertragung gemäß §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 statt. Die Beklagte übte dabei die Funktion der gemäß § 8 Abs. 2 MilchAbgV 2000 von den Ländern einzurichtenden "Verkaufsstelle" aus. Dieser Vorgang ist öffentlich-rechtlicher Natur, obwohl die Bezeichnung "Verkaufsstelle" den Anschein erweckt, der Übertragung lägen bürgerlich-rechtliche Kaufverträge (§§ 433 ff. BGB) zugrunde. Aus der Rechtsnatur der AnlieferungsReferenzmenge , dem das öffentliche Interesse verfolgenden Regelungszweck der §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 und der hoheitlichen Ausgestaltung des Übertragungsverfahrens durch diese Vorschriften ergibt sich aber, dass es sich um einen von öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen geprägten Vorgang handelt (BFHE 213, 436, 444), nämlich um ein hoheitliches Zuteilungsverfahren in Bezug auf öffentlich-rechtliche Abgabevergünstigungen (vgl. Busse, AUR 2006, 229, 235). Dass die Funktion der Verkaufsstelle – wie im vorliegenden Fall – von einer juristischen Person des Privatrechts ausgeübt wird, steht der Beurteilung , dass die Verkaufsstelle im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wird, nicht entgegen (vgl. BFHE, aaO). Ob die Neuzuordnung der AnlieferungsReferenzmengen durch öffentlich-rechtliche Verträge oder durch Verwaltungsakte bewirkt wird (vgl. dazu Busse, aaO, S. 232 ff.), bedarf für die Prüfung der Rechtswegzuständigkeit keiner Entscheidung.
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aa) Referenzmengen stellen öffentlich-rechtliche Abgabevergünstigungen dar. Sie gewähren dem Milcherzeuger das Recht, Milch im Rahmen der ihm zugeteilten Menge abgabenfrei anzuliefern (BGHZ 114, 277, 280 f.; BVerwGE 92, 322, 326). Das in §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 geregelte Übertragungsverfahren dient der Neuzuordnung der Inhaberschaft an dieser öffentlichrechtlichen Befugnis.
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bb) Die mit Inkrafttreten der Milchabgabenverordnung 2000 zum 1. April 2000 erfolgte Einführung der regulierten entgeltlichen Übertragung von Anlieferungs -Referenzmengen dient dem im öffentlichen Interesse liegenden Ziel einer Kostendämpfung auf dem Milchquotenmarkt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Milcherzeuger zu stärken und deren Einkommen zu stabilisieren.
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Durch die Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. EG Nr. L 160 S. 73) wurde – im Wege der Änderung von Art. 8 und der Einführung von Art. 8a der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 – die rechtliche Grundlage für die Neuordnung der Übertragung von Referenzmengen geschaffen. Dazu heißt es in dem der Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 vorangestellten sechsten Erwägungsgrund, die Erfahrung mit der Zusatzabgaberegelung habe gezeigt, dass die Übertragung durch Rechtsgeschäfte wie Verpachtungen, die nicht unbedingt zu einer dauerhaften Zuteilung der Referenzmengen an den Empfänger führten, einen zusätzlichen Kostenfaktor für die Milcherzeugung darstellen könnten. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten unter anderem das Recht haben, für die Übertragung von Referenzmengen andere Möglichkeiten als individuelle Transaktionen zwischen Erzeugern vorzusehen (aaO, S. 74).
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Nach der amtlichen Begründung zur Milchabgabenverordnung 2000 soll durch diese Verordnung der mit der Milchquotenregelung verfolgte Zweck, zu einer Stabilisierung der Milcherzeugereinkommen beizutragen, wieder in den Mittelpunkt gerückt werden. Ziel sei es dabei unter anderem, die Wettbewerbs- fähigkeit der (aktiven) Milcherzeuger durch eine Kostenentlastung zu stärken. Dazu werde das Übertragungssystem für Milchquoten neu gestaltet. Vom 1. April 2000 an sei kein flächengebundener Verkauf und keine flächengebundene Verpachtung von Milchquoten mehr zulässig, sondern nur noch ein flächenungebundener Verkauf, der im Interesse einer nachhaltigen Kostensenkung nur noch über so genannte Verkaufsstellen möglich sei. Die Einführung dieser Verkaufsstellen führe zu einer größeren Transparenz auf dem Quotenmarkt , breche Preisspitzen und könne, da der Verkauf mit zusätzlichen kostendämpfenden Elementen versehen sei, zu einer Reduzierung der Quotenpreise führen (BR-Drs. 577/99, S. 24 f.).
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cc) Die Ausgestaltung des Verfahrens durch die §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 belegt den öffentlich-rechtlichen Charakter der regulierten entgeltlichen Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen. Nach §§ 8 bis 11 MilchAbgV erfolgt diese Übertragung im Wege der Zuteilung von Milchquoten zu einem festgelegten Preis durch eine als Verkaufsstelle tätige Behörde und nicht aufgrund eines freihändigen Verkaufs von Milcherzeuger zu Milcherzeuger.
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§ 8 Abs. 1 Satz 1 MilchAbgV 2000 bestimmt, dass die Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen – abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen (insbesondere Erbfolge, Ausübung des Übernahmerechts gemäß § 12 Abs. 3 MilchAbgV 2000 nach Beendigung eines Pachtvertrages und Übergang eines gesamten Betriebes als selbständige Produktionseinheit) – nur durch Verkaufsstellen nach Maßgabe der § 8 Abs. 3, §§ 9 bis 11 MilchAbgV 2000 erfolgen kann. Anlieferungs-Referenzmengen können gemäß § 8 Abs. 3 MilchAbgV 2000 nur innerhalb der festgelegten Übertragungsbereiche übertragen werden. Für jeden Übertragungsbereich ist nur eine der gemäß § 8 Abs. 2 MilchAbgV einzurichtenden Verkaufstellen zuständig. Milcherzeuger, die AnlieferungsReferenzmengen veräußern oder erwerben wollen, sind also – soweit nicht ei- ner der genannten Ausnahmefälle vorliegt – gehalten, am Verfahren der regulierten entgeltlichen Übertragung teilzunehmen und sich zu diesem Zweck an die zuständige Verkaufsstelle zu wenden, die für ihre Tätigkeit kostendeckende Gebühren erhebt (§ 8 Abs. 2 Satz 6 MilchAbgV 2000). Insoweit kann im übertragenen Sinn von einem "Benutzungszwang" gesprochen werden (vgl. Busse, aaO, S. 236). Den Verkaufsstellen ist dabei durch § 8 MilchAbgV 2000 eine Monopolstellung zugewiesen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 – Rs. C-408/06 Landesanstalt für Landwirtschaft/Götz, Tz. 44 – 46).
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Die Anbieter und Nachfrager von Anlieferungs-Referenzmengen haben ihre Angebote zu den gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 MilchAbgV 2000 festgelegten Übertragungsterminen (1. April, 1. Juli und 30. Oktober eines jeden Kalenderjahres ) bei der Verkaufsstelle einzureichen; an diese Erklärungen sind sie gebunden. Die Angebote und Nachfragegebote müssen unter anderem den Preis pro Kilogramm Anlieferungs-Referenzmenge enthalten, den der Anbieter mindestens erzielen will bzw. den der Nachfrager höchstens zu zahlen bereit ist (§ 9 MilchAbgV 2000). Aus den Angeboten ermittelt die Verkaufsstelle gemäß § 10 MilchAbgV 2000 den Gleichgewichtspreis. Anlieferungs-Referenzmengen von Anbietern, deren geforderter Angebotspreis niedriger oder gleich dem Gleichgewichtspreis ist, werden zum Gleichgewichtspreis an Nachfrager, deren gebotener Nachfragepreis höher oder gleich dem Gleichgewichtspreis ist, übertragen. Die nicht zu berücksichtigenden Anbieter und Nachfrager scheiden aus dem Verfahren aus. Übersteigen die zum Gleichgewichtspreis nachgefragten Mengen die angebotenen Mengen (Nachfrageüberhang), erfolgt ein Ausgleich über die den Verkaufsstellen aus der Landesreserve zugewiesenen Anlieferungs -Referenzmengen, die – kostenlos – an die Nachfrager übertragen werden. Reichen diese Mengen nicht vollständig aus, wird der Nachfrageüberhang durch Kürzung ausgeglichen.
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Gemäß § 11 MilchAbgV 2000 teilt die Verkaufsstelle den zum Zuge gekommenen Nachfragern den Gleichgewichtspreis, die Höhe der an sie zu übertragenden Referenzmenge sowie den zu zahlenden Betrag mit. Die Nachfrager überweisen anschließend den zu zahlenden Betrag an die Verkaufsstelle. Sodann teilt die Verkaufsstelle dem Nachfrager, der zuständigen Landesstelle und dem für den Nachfrager zuständigen Käufer (Molkerei) mit, in welcher Höhe Anlieferungs-Referenzmengen auf den Nachfrager übertragen werden. Aufgrund dieser Mitteilung berechnet der zuständige Käufer die AnlieferungsReferenzmenge des Nachfragers neu und teilt das Ergebnis dem Nachfrager und dem zuständigen Hauptzollamt mit (ein entsprechendes Neuberechnungsverfahren aufgrund einer Mitteilung der Verkaufsstelle findet – zuvor – auch hinsichtlich des Anbieters statt). Zuletzt überweist die Verkaufsstelle nach Eingang sämtlicher Beträge von allen Nachfragern die errechneten Verkaufspreise an die Anbieter. Die Mitteilungen der Verkaufsstelle haben abgabenrechtliche Wirkungen (vgl. Niels, Agrarrecht 2001, 4, 7). Sie führen zu einer Neuberechnung der Anlieferungs-Referenzmenge und bilden damit die Voraussetzungen für die Schaffung oder Änderung eines Abgabenbefreiungstatbestandes.
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Die Verkaufsstelle bestimmt durch diese öffentlich-rechtlich geprägten Maßnahmen den Umfang und den Preis der zu den festgelegten Terminen stattfindenden Übertragungen von Anlieferungs-Referenzmengen. Sie handelt dabei nach genau festgelegten Regeln, die den öffentlichen Interessen der Markttransparenz und einer Kostendämpfung auf dem Quotenmarkt dienen.
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Der öffentlich-rechtliche Charakter des Zuteilungsverfahrens nach der Milchabgabenverordnung 2000 fügt sich auch ein in die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Übertragungsverfahrens nach der Vorgänger- und den Nachfolgeregelungen zur Milchabgabenverordnung 2000. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur früheren Milch-Garantiemengen- Verordnung handelte es sich bei der Bescheinigung der zuständigen Landwirtschaftskammer über einen Referenzmengenübergang um einen feststellenden Verwaltungsakt (BVerwG, RdL 1997, 278, 279). Auch die nachfolgende Milchabgabenverordnung 2007 behandelt die Übertragung von Referenzmengen durch die zuständige Stelle als öffentlich-rechtlichen Vorgang. Die Milchabgabenverordnung 2007 hat die Regelungen der §§ 8 bis 11 MilchAbgV 2000 im Wesentlichen unverändert übernommen (§§ 11 bis 20 MilchAbgV 2007) und dabei die Bezeichnung "Verkaufsstelle" durch den Begriff "Übertragungsstelle" ersetzt. Mit dieser sprachlichen Änderung soll nach der amtlichen Begründung "insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen gerichtlichen Verfahren um die Umsatzsteuerpflichtigkeit des Übertragungsstellenverfahrens die hoheitliche Funktion des Verfahrens deutlicher herausgestellt" werden (BR-Drs. 935/06, S. 50). Die am 1. April 2008 in Kraft getretene Milchquotenverordnung hat an der Rechtsnatur des Übertragungsverfahrens wiederum nichts geändert; sie hat die Vorschriften der Milchabgabenverordnung 2007 zum Übertragungsstellenverfahren nahezu unverändert übernommen (BR-Drs. 936/07, S. 45, 48).
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dd) Dem öffentlich-rechtlichen Charakter des Übertragungsstellenverfahrens steht auch nicht entgegen, dass die Funktion der Verkaufsstelle im vorliegenden Fall von der Beklagten, einer juristischen Person des Privatrechts, ausgeübt wird (BFHE, aaO). Die Beklagte hat – als juristische Person des Privatrechts – kraft öffentlich-rechtlicher Aufgabenzuweisung im öffentlichen Interesse und aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gehandelt. § 8 Abs. 2 Satz 3 MilchAbgV 2000 bestimmt, dass Private nach pflichtgemäßem Ermessen als Träger einer Verkaufsstelle zugelassen werden können, wenn sie oder ihre Träger repräsentative landwirtschaftliche Berufsverbände oder Organisationen sind und gegen ihre Zuverlässigkeit und Eignung keine Bedenken bestehen. Von dieser Möglichkeit hat das Land Baden-Württemberg durch Vereinbarung vom 4. September 2000 mit dem Landesbauernverband in Baden-Württemberg e.V. (dessen Tochterunternehmen die Beklagte ist) sowie dem Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband e.V. Gebrauch gemacht (Bekanntmachung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28. September 2000 – Az.: 344 /8361.27). Diese Vereinbarung berechtigt die Verbände, die Tätigkeit der Verkaufsstelle durch die Beklagte ausführen zu lassen.
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An der Beurteilung, dass die privatrechtlich organisierte Verkaufsstelle im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wird, ändert sich dadurch nichts. Bei dem auf § 8 Abs. 2 Satz 3 MilchAbgV 2000 gestützten Rechtsakt handelt es sich um eine Beleihung, durch die dem privatrechtlichen Träger die Erfüllung der Staatsaufgaben nach §§ 8 ff. MilchAbgV 2000 im eigenen Namen übertragen wird (BFHE aaO; Niels, aaO; Düsing/Kauch, Die Zusatzabgabe im Milchsektor (2001), S. 199). In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass sich der Staat bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch privater Personen bedienen und ihnen dazu hoheitliche Befugnisse sowohl obrigkeitlicher wie auch schlicht hoheitlicher Art zur Wahrnehmung in eigenem Namen übertragen kann. Geschieht dies, so ist das Rechtsverhältnis zwischen dem mit hoheitlichen Befugnissen Beliehenen und dem Dritten, dem gegenüber diese Befugnisse wahrgenommen werden, öffentlich-rechtlicher Natur. Beliehene sind als Verwaltungsbehörden im Sinne des Verwaltungsprozessrechts anzusehen. Streitigkeiten zwischen dem Beliehenen und Dritten gehören vor die Verwaltungsgerichte, soweit es um den öffentlich-rechtlichen Tätigkeitsbereich des Beliehenen geht (BVerwGE 17, 41, 43; BVerwG, NVwZ-RR 1991, 330).
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c) Da die Rechtsverhältnisse zwischen der Beklagten und den Klägern hinsichtlich der Übertragung von Anlieferungs-Referenzmengen, wie dargelegt, insgesamt öffentlich-rechtlicher Natur sind, gilt das auch für eine etwaige – als Nebenpflicht aus diesem Rechtsverhältnis erwachsende - Verpflichtung der Beklagten , den Klägern Rechnungen auszustellen, welche die Umsatzsteuer aus- weisen (§ 14 UStG). In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt , dass sich auch aus öffentlich-rechtlichen Sonderverbindungen Nebenpflichten ergeben können (vgl. BVerwG, NJW 1995, 2303, 2304).
25
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der es sich bei dem Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung um einen zivilrechtlichen Anspruch handelt, der vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist (Senatsurteil vom 11. Dezember 1974 – VIII ZR 186/73, WM 1975, 77, unter I 1; BGH, Urteil vom 14. Januar 1980 – II ZR 76/79, WM 1980, 872, unter 1; BGHZ 103, 284, 286 f.; vgl. auch BFHE 135, 118, 122 ff.), steht dem nicht entgegen. Diese Rechtsprechung bezieht sich auf ein bürgerlichrechtliches Vertragsverhältnis, an dem es im Streitfall fehlt.
26
Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung sei auch dann zivilrechtlicher Natur, wenn es an einer (zivilrechtlichen) vertraglichen Grundlage fehle (Heeseler, BB 2006, 1137, 1138; Rau/Dürrwächter/Stadie, UStG [Stand: Oktober 2007], § 14 Rdnr. 140 f., 303 u. a. für öffentlich-rechtliche Kostenschuldverhältnisse ). Es besteht aber keine Notwendigkeit, auf diesem Wege einen – ausschließlich auf die Ausstellung einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG bezogenen – zivilrechtlichen "Annex" zu einem sonst öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsverhältnis zu schaffen. Vielmehr ist nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs für die Charakterisierung des Anspruchs auf Ausstellung der Rechnung auf die Qualität des Rechtsverhältnisses abzustellen, in dem der Leistungsaustausch zwischen den Parteien seine Grundlage findet. Aus diesem zutreffenden Ansatz, dem auch das Schrifttum und die Verwaltungspraxis folgen (Bunjes/Geist/Zeuner, UStG, 8. Aufl., § 14 Rdnr. 68; Hartmann/Metzenmacher/Scharpenberg, UStG [Stand: November 2004], § 14 Rdnr. 154, 165; jeweils m.w.N.; so auch Weiss, BB 1980, 1433, 1437, der sich de lege ferenda für eine Zuständigkeit der Finanzgerichte ausspricht; vgl. auch § 183 Abs. 5 Umsatzsteuer-Richtlinien), lässt sich aber nicht ableiten, dass der Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung stets als zivilrechtlich zu qualifizieren wäre.
27
Es ist kein Grund ersichtlich, warum in Fällen, in denen der steuerbare Leistungsaustausch auf öffentlich-rechtlicher Grundlage beruht, nicht auch der Anspruch auf Erteilung einer Rechnung im Sinne des § 14 UStG als öffentlichrechtlicher Anspruch qualifiziert werden sollte. Insbesondere ist es nicht etwa ausgeschlossen, dass der Anspruch auf Erteilung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis wurzelt. Ein steuerbarer Leistungsaustausch zwischen Unternehmern, der gemäß § 14 UStG Voraussetzung für den Anspruch auf Erteilung einer aufgeschlüsselten Rechnung ist, setzt nicht zwingend ein bürgerlich-rechtliches Austauschverhältnis voraus. Die Begriffe "Unternehmer" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 UStG) und "Leistung" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UStG) haben eine spezifisch umsatzsteuerrechtliche Bedeutung (Bunjes/Geist/Heidner, aaO, § 2 Rdnr. 5, § 3 Rdnr. 3, 85) und sagen über den – zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen – Charakter einer zum Unternehmer bestehenden Leistungsbeziehung nichts aus. So fällt beispielsweise für die Gebührenforderungen der Bezirksschornsteinfegermeister (vgl. BFHE 181, 508, 510) und der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (vgl. Hessischer VGH, HessVGRspr 1992, 33, 34 f.), auch soweit sie hoheitlich – als beliehene Unternehmer – tätig geworden sind, Umsatzsteuer an. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG entfällt die Steuerbarkeit eines Umsatzes nicht, wenn dieser auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wurde oder als ausgeführt gilt. Demnach stellen beispielsweise auch die Einschränkung eines Brennereirechts zugunsten der Monopolverwaltung oder die Zwangsschließung eines Betriebes aufgrund behördlicher Anordnung gegen Zahlung einer Entschädigung einen steuerbaren Umsatz dar (Rau/Dürrwächter/ Husmann, aaO, § 1 Rdnr. 569 m.w.N.).
28
Ob die Beklagte tatsächlich Unternehmer im steuerrechtlichen Sinn ist, so dass für die Übertragung der Anlieferungs-Referenzmengen an die Kläger Umsatzsteuer anfällt, und ob den Klägern demzufolge aus ihrem öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnis zur Beklagten gemäß §§ 8 ff. MilchAbgV 2000 ein Anspruch auf Erteilung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung zusteht , der im Wege einer öffentlich-rechtlichen Leistungsklage geltend zu machen wäre, ist hier nicht zu prüfen. Im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren geht es nur um die Bestimmung des Rechtswegs für die gerichtliche Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung einer § 14 UStG entsprechenden Rechnung.
29
d) Das Beschwerdegericht hat daher zu Unrecht angenommen, der Anspruch auf Erteilung einer gemäß § 14 UStG die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung sei zwingend zivilrechtlicher Natur. Der Streitfall ist deshalb nicht – wie das Beschwerdegericht gemeint hat – mit den so genannten "sic-non"Fällen vergleichbar, in denen das Bundesarbeitsgericht für die Annahme des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten die Rechtsbehauptung des Klägers vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausreichen lässt (BAGE 83, 40, 49 ff. m.w.N.; 85, 46, 54; 106, 273, 275; st. Rspr.). Die Voraussetzungen für die Annahme einer den "sic-non"-Fällen vergleichbaren Konstellation liegen nicht vor. Zwar berufen sich die Kläger auf eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage (§ 433 BGB) für die Übertragung der Anlieferungs-Referenzmengen durch die Beklagte. Der Anspruch auf Ausstellung einer die Umsatzsteuer ausweisenden Rechnung kann aber im vorliegenden Fall gerade nicht auf eine bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden. Vielmehr kommt hierfür – wie ausge- führt – nur eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage in Verbindung mit § 14 UStG in Betracht.
30
3. Nach alledem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben; sie ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO). Da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu erklären und der Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht Stuttgart zu verweisen. Ball Dr. Wolst Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.04.2007 - 18 O 603/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.07.2007 - 1 W 24/07 -

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Die Erteilung der Bürgschaftserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.

Auf eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis finden, sofern die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen, das Versprechen oder das Anerkenntnis auf der Seite des Schuldners ein Handelsgeschäft ist, die Formvorschriften des § 766 Satz 1 und 2, des § 780 und des § 781 Satz 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keine Anwendung.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.