Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2009 - III ZR 158/08

bei uns veröffentlicht am12.03.2009
vorgehend
Landgericht Cottbus, 4 O 476/04, 03.04.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 158/08
vom
12. März 2009
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dörr, Dr. Herrmann, Hucke und
Schilling

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 5. Juni 2008 - 5 U 89/06 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 247.476,23 €.

Gründe:


1
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
Insbesondere ist entgegen der Ansicht der Beschwerde keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den Fragen notwendig, welcher Schutzzweck einer notariellen Rangbestätigung zukommt und in welchem Umfang der Notar bei Erstellung einer unrichtigen Bestätigung haftet. Zwar gibt es spezifisch zu diesen Rechtsproblemen - soweit ersichtlich - noch keine höchstrichterliche Entscheidung. Jedoch ist die von der Beschwerde aufgeworfene Frage auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits zuverlässig - zum Nachteil der Beklagten - zu beantworten.
3
Für die Fälle, in denen ein Notar bei ihm hinterlegte Darlehensmittel unter Verstoß gegen Treuhandauflagen auskehrt, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass die Treuhandabrede nicht (nur) gewährleisten solle, dass die vereinbarte Sicherheit für das Darlehen bestellt wird. Vielmehr sei es auch Zweck des Treuhandauftrages, den Treugeber dagegen zu schützen, dass der Notar den noch zulässigen Widerruf eines Treuhandauftrages und die Rückerstattung des Treuguts vereitele (Senatsurteil vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01 - NJW 2002, 2459, 2460; BGH, Urteil vom 8. Februar 1990 - IX ZR 63/89 - NJW-RR 1990, 629, 631; siehe auch Senatsurteil vom 10. Juli 2008 - III ZR 255/07 - WM 2008, 1662, 1664 Rn. 16). Danach dient die Pflicht zur Einhaltung der Auszahlungsvoraussetzungen im Treuhandauftrag auch dazu, dem Treugeber das Treugut (= Darlehensmittel) zu erhalten. Dementsprechend schuldet der Notar in diesen Fällen als Schadensersatz den Betrag der treuhandwidrig ausgekehrten Darlehensvaluta.
4
Für die unrichtige Rangbestätigung kann nichts anderes gelten. Es bedeutet für den Schutzzweck der jeweiligen notariellen Amtspflicht keinen Unterschied , ob eine Bank die Kreditmittel dem Notar widerruflich treuhänderisch überlässt und ihm die Überwachung der Voraussetzungen für die Auskehr zur selbständigen Erledigung überträgt oder ob sie die Darlehensvaluta behält und sich die Voraussetzungen für deren Auszahlung vom Notar bestätigen lässt. Die Rangbestätigung hat in diesem Fall keine andere Funktion als die Einhaltung der Treuhandauflage, dass die ranggerechte Sicherung des Darlehens gewährleistet ist. Hieraus ergibt sich, dass die notarielle Amtspflicht zur Erteilung einer richtigen Rangbestätigung, von der die Auszahlung eines Darlehens abhängt, (auch) davor schützen soll, dass die Kreditmittel überhaupt ausgekehrt werden, wenn nicht die ranggerechte Sicherheit gewährleistet ist. Hieraus folgt weiter, dass der Notar, der gegen diese Amtspflicht verstößt, dem Darlehensgeber zum vollständigen Ersatz der ausgezahlten Darlehensvaluta verpflichtet ist. Auch aus dem von der Beschwerde angeführten Urteil des IX. Zivilsenats vom 26. April 2001 (IX ZR 453/99 - NJW 2001, 2714) ergibt sich nichts anderes.
5
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO ab.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Schilling
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 03.04.2006 - 4 O 476/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 05.06.2008 - 5 U 89/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2009 - III ZR 158/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2009 - III ZR 158/08

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2009 - III ZR 158/08 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juni 2002 - III ZR 206/01

bei uns veröffentlicht am 06.06.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 206/01 Verkündet am: 6. Juni 2002 F i t t e r e r Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juli 2008 - III ZR 255/07

bei uns veröffentlicht am 10.07.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 255/07 Verkündet am: 10. Juli 2008 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BNotO § 19 Abs. 1

Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 206/01 Verkündet am:
6. Juni 2002
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 249 (Ba), 662
Gibt ein Rechtsanwalt, der von einer Bank den Treuhandauftrag hat, über
ihm ausgehändigte Bürgschaftserklärungen nur unter bestimmten Bedingungen
zu "verfügen", die Bürgschaften pflichtwidrig vorzeitig weiter und kommt
es zu einer Inanspruchnahme der Bank, so muß er die Bank im Wege des
Schadensersatzes so stellen, als wäre diese keine Bürgschaftsverpflichtung
eingegangen; die Schadensersatzpflicht läßt sich nicht im Hinblick auf den
Zweck des Treuhandgeschäfts und der einzelnen Treuhandauflagen einschränken.
BGH, Urteil vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01 - OLG Köln
LG Bonn
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. Juni 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die klagende Bank nimmt den Beklagten, einen Rechtsanwalt, wegen Verletzung eines Treuhandvertrages in Anspruch.
Der Beklagte vertrat die Interessen der SAL A. N. GmbH (im folgenden: SAL). SAL stand in Geschäftsbeziehungen zur Autovermietung A. , der sie im Rahmen eines sog. "Buy-back-Systems" Neuwagen lieferte und verpflichtet war, die Fahrzeuge nach einer gewissen Zeit zu festgelegten Preisen zurückzukaufen. Im Juni 1997 vereinbarte SAL mit der Kfz-B. -
GmbH (im folgenden: B. -GmbH), daû letztere die Abwicklung des Geschäftes mit der A. übernehmen und künftig sämtliche von SAL zurückzunehmenden Fahrzeuge selbst ankaufen und bezahlen sollte. Zur Absicherung der Verbindlichkeiten der SAL gegenüber A. , die bisher durch Bürgschaften der C. -Bank erfolgt war, sollte die B. -GmbH neue Bankbürgschaften stellen.
Unter dem 14. Juli 1997 übersandte die Klägerin, die Hausbank der B. -GmbH, dem Beklagten sieben Bankbürgschaften zum Gesamtbetrag von 1,5 Mio. DM mit einem - vom Beklagten am 15. Juli 1997 unterzeichneten - Treuhandauftrag, wonach der Beklagte über die Unterlagen nur verfügen durfte , wenn sichergestellt war, daû u.a. folgende Bedingungen erfüllt wurden:
"a) Rückgabe sämtlicher bei A. für die ... SAL bestehende(n) Bankbürgschaften an die C. -Bank ...
b) Zahlung eines Betrag(s) in Höhe von DM 1.776.100,36 gemäû Schreiben der SAL vom 10.6.1997 an die ... B. - GmbH auf das bei uns bestehende Konto ...
c) Zustimmung der SAL zur Übernahme der Bürgschaften durch uns und Freistellung der C. -Bank ..." Zu b) war bis dahin ein Betrag von 1.600.000 DM gezahlt. Der Geschäftsführer der B. -GmbH, der dem Beklagten das Schreiben der Klägerin vom 14. Juli 1997 im Rahmen einer Besprechung vom 15. Juli 1997 übergab , erklärte, den Restbetrag von gut 176.000 DM stunde sein Unternehmen. Daraufhin gab der Beklagte die Bürgschaften an die A. weiter.
In der Folgezeit zahlte die SAL an die B. -GmbH weitere 76.100,36 DM. Der Restbetrag von 100.000 DM blieb offen. SAL geriet in Vermögensverfall. Da SAL auch die Verträge mit A. nicht mehr erfüllte, nahm diese die Klägerin aus den Bürgschaften in Anspruch. Die Klägerin zahlte an A. insgesamt 792.695,46 DM.
Nachdem sie in einem Vorprozeû den Beklagten zunächst auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 100.000 DM verklagt und im Berufungsrechtszug ein Anerkenntnisurteil erstritten hatte, hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Höhe von 692.695,46 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen, und zwar in erster Instanz Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Rückgriffsansprüche der Klägerin gegen die B. -GmbH, im Berufungsverfahren hilfsweise mit einem solchen Zug-um-Zug-Vorbehalt.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Ausgangspunkt ist, daû nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt der Beklagte (schuldhaft) seine - schriftlich klar und deutlich niedergelegten - Pflichten aus dem Treuhandvertrag vom 14. Juli 1997 verletzt hat. Er hat über die ihm zu treuen Händen übergebenen Bürgschaftsurkunden "verfügt", nämlich sie weitergegeben und dadurch den Rechtsakt der Erteilung der Bürgschaftserklärungen der Klägerin an die A. (§ 766 Satz 1 BGB) vollendet, obwohl die Bedingung zu b) (Zahlung von 1.776.100,36 DM durch die SAL an die B. -GmbH) im Hinblick auf noch offene 176.100,36 DM nicht voll erfüllt war.
Soweit die Revisionserwiderung dem entgegenhält, der Beklagte hätte den Umständen nach annehmen dürfen, die Klägerin sei mit der betreffenden Abweichung von der Treuhandauflage einverstanden gewesen (vgl. § 665 BGB), handelt es sich um einen Einwand des Beklagten, mit dem das Berufungsgericht sich nicht befaût hat und den, da es insoweit einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung bedürfte, der Senat als Revisionsgericht nicht abschlieûend beurteilen kann. Für die Revisionsinstanz muû daher unterstellt werden, daû der Beklagte nicht berechtigt war, in dem hier in Rede stehenden Punkt von den schriftlichen Treuhandauflagen der Klägerin abzuweichen.
Ausgehend hiervon steht (im Revisionsverfahren) auch auûer Frage, daû nach den Regeln der haftungsausfüllenden Kausalität eine Einstandspflicht des Beklagten gegeben ist. Hätte er sich vertragsgemäû verhalten , so hätte er - da die Treuhandauflagen der Klägerin nicht voll erfüllt waren - die Bürgschaftsurkunden nicht an die A. herausgegeben; es hätte mithin nicht zu einer Inanspruchnahme der Klägerin aus diesen Bürgschaften kommen können. Daraus ergibt sich zugleich, daû einer Schadensersatzpflicht des
Beklagten auch nicht der Gesichtspunkt des sogenannten rechtmäûigen Alternativverhaltens (vgl. BGHZ 96, 157, 172 f; Senatsurteil BGHZ 143, 362, 365 f; Palandt/Heinrichs, BGB 61. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 105) entgegenstehen kann.

II.


Das Berufungsgericht begründet die Abweisung der Klage damit, daû der Schaden, dessen Ersatz die Klägerin von dem Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit verlangt, nicht vom Schutzzweck der Pflichten erfaût werde, die der Beklagte gegenüber der Klägerin in dem Treuhandvertrag vom 14./15. Juli 1997 übernommen habe. Die Treuhandauflage zu b) habe nämlich nur den Sinn gehabt, sicherzustellen, daû der Betrag von knapp 1,8 Mio. DM von der SAL an die B. -GmbH floû. Nicht hingegen habe die Treuhandauflage die Klägerin davor schützen sollen, aus den gegenüber der A. übernommenen Bürgschaften seitens dieser Firma in Anspruch genommen zu werden. Letzteres ergebe sich schon daraus, daû der Klägerin nach ihren eigenen Ausführungen durch die Transaktion zwischen der SAL und der B. -GmbH keinerlei Sicherheit für etwaige Rückgriffansprüche gegen die letztgenannte Firma hätten verschafft werden sollen. Damit fehle es an einem inneren Zusammenhang zwischen der von der Klägerin geltend gemachten Pflichtverletzung des Beklagten und dem durch Inanspruchnahme der Bürgschaften bei ihr eingetretenen Schaden. Dieser Schaden sei letztlich nur deshalb eingetreten, weil die B. -GmbH entgegen der mit der SAL getroffenen Vereinbarung nicht in deren Pflichten gegenüber der A. eingetreten sei, dieser die Gebrauchtwagen gegen Zahlung des für den Rückkauf vorgesehenen Preises abzunehmen. Aus der Sicht des Beklagten habe es sich hier um einen Kausalverlauf gehandelt , der auûerhalb seines Pflichtenkreises gestanden habe und von ihm nicht mehr habe beeinfluût werden können. Zumindest fehle der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang insoweit, als die Klägerin über den im Vorprozeû eingeklagten Betrag von 100.000 DM hinaus den Ersatz weiterer Schäden begehre. Die Zahlungen der SAL hätten den in der Treuhandauflage ge-
nannten Betrag letztlich nur um 100.000 DM unterschritten. Nachdem der Differenzbetrag Gegenstand des Vorprozesses gewesen und inzwischen vom Beklagten an die Klägerin gezahlt worden sei, stehe sich die Klägerin wirtschaftlich nicht schlechter als sie stünde, wenn im Jahre 1997 der volle Betrag nach der Treuhandauflage an die B. -GmbH gezahlt worden wäre. Hätte der Beklagte damals die fehlenden 100.000 DM aus eigener Tasche an die B. -GmbH gezahlt, dann wäre die Klägerin ebenso wie tatsächlich geschehen in Anspruch genommen worden und hätte gegebenenfalls ihrerseits Rückgriffansprüche gegen die B. -GmbH.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die tatrichterlichen Erwägungen des Berufungsgerichts über den Sinn und Zweck der dem Beklagten erteilten Treuhandauflagen beruhen auf einer fehlerhaften Wertung.
1. Richtig ist, daû nach der vom Bundesgerichtshof grundsätzlich für Schadensersatzansprüche aller Art anerkannten Schutzzwecklehre eine Schadensersatzpflicht nur besteht, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm oder Pflicht fällt. Bei Vertragsverletzungen muû es sich also um Nachteile handeln, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte vertragliche Pflicht übernommen worden ist (Palandt/Heinrichs aaO Rn. 62 mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen).
2. Mit Recht rügt jedoch die Revision den Standpunkt des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft, die hier verletzte Treuhandauflage habe nicht die Klägerin davor schützen sollen, aus den gegenüber der A. übernommenen
Bürgschaften seitens dieses Unternehmens in Anspruch genommen zu werden. Das Berufungsgericht stellt maûgeblich auf die Zwecke des Geschäfts ab, dem (auch) die vorliegende Treuhandabrede diente und auf das die Treuhandauflagen abgestimmt waren ("Hintergrund der gesamten Transaktion"). Es berücksichtigt aber nicht, daû in der treuhänderischen Hingabe der Bürgschaften mit der Ermächtigung zur Weitergabe - nur - unter bestimmten Bedingungen wesensgemäû zugleich eine Sicherung für die Klägerin (Treugeberin) lag.

a) Die Rechtsbeziehungen der Partner eines (wie hier: unentgeltlichen) Treuhandvertrages richten sich grundsätzlich nach dem Recht des Auftrags (§§ 662 ff BGB). Nach den dafür geltenden Vorschriften muû dann, wenn das vereinbarte Geschäft bestimmungsgemäû dazu geführt hat, daû der Auftragnehmer vom Auftraggeber zur Ausführung des Auftrags etwas erhalten hat, der Auftragnehmer dem Auftraggeber das Erhaltene (wieder) herausgeben, soweit er es nicht entsprechend der getroffenen Abrede verwendet oder verbraucht hat (§ 667 BGB). Ist der Auftraggeber zur Herausgabe nicht mehr in der Lage, ohne sich insoweit entlasten zu können (vgl. Palandt/Sprau aaO § 667 Rn. 10), so haftet er auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Bei einem Treuhandauftrag mit dem Inhalt, daû der Beauftragte (Treuhänder) unter bestimmten Bedingungen ermächtigt sein soll, über einen ihm vom Auftraggeber (Treugeber ) übergebenen Gegenstand zu verfügen, kommt eine Herausgabepflicht des Beauftragten gemäû § 667 BGB bis zum Eintritt der maûgeblichen - aufschiebenden - Bedingung grundsätzlich immer in Betracht, denn ein solcher Auftrag ist seiner Art nach bis dahin jederzeit widerruflich (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 1959 - III ZR 180/58 - VersR 1960, 231, 234; BGH, Urteile vom 19. März 1987 - IX ZR 166/86 - NJW 1987, 3201 f und vom 8. Februar 1990 - IX ZR 63/89 - DNotZ 1990, 661, 663 ff m. Anm. Tönnies). Folgerichtig hat der
Bundesgerichtshof für den Fall des Treuhandauftrags einer Bank an einen Notar ausgesprochen, Zweck der den Notar durch den Treuhandauftrag treffenden Pflichten sei es (auch), den Treugeber dagegen zu schützen, daû der Notar den noch zulässigen Widerruf des Treuhandauftrags und die Rückerstattung des Treuguts vereitelt (Urteil vom 8. Februar 1990 aaO); das begründete die Rechtsfolge, daû der Notar die Bank so stellen muûte, als hätte er pflichtgemäû nicht über das Treugut verfügt.
Es gibt keinen Grund, bei einer vergleichbaren Treuhandabrede einer Bank mit einem Rechtsanwalt die vertraglichen Pflichten und deren Schutzzweck - abgesehen von der Einordnung eines solchen Geschäfts ins Privatrecht statt ins öffentliche Recht wie beim Notar - grundsätzlich anders zu beurteilen. Es gibt darüber hinaus auch keine Veranlassung, die im Streitfall erfolgte Hinterlegung "der Bürgschaften" anders zu behandeln als die treuhänderische Hingabe einer Sache. Zwar hatte die Übergabe der Bürgschaftsurkunden sachenrechtlich nicht dieselbe Bedeutung wie die Übergabe eines Gegenstandes (vgl. § 952 BGB). Wirtschaftlich bedeutete die Einräumung der "Verfügungs" -Befugnis über die Bürgschaften aber nichts anderes als die Übergabe einer Sache: Der Beklagte konnte durch Weitergabe der Urkunden an die A. befugtermaûen die "Erteilung" der Bürgschaften an die Gläubigerin im Rechtssinne bewirken und dadurch die Bürgschaftsverpflichtung der Klägerin auslösen.

b) Wenn aber nach dem typischen Sinn und Zweck eines derartigen Treuhandauftrages der dem Treuhänder zu treuen Händen übergebene Gegenstand für den Treugeber verfügbar bleiben muû - auch im Streitfall hat das Berufungsgericht eine gegenteilige Einigung der Parteien nicht festgestellt -, so
kommt es für die haftungsrechtliche Reichweite des Schutzes der Treuhandabsprache auf die sonstigen mit den Treuhandauflagen verfolgten wirtschaftlichen Zwecke nicht entscheidend an. Der Zurechnungszusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten des Treuhänders und dem eingetretenen Schaden des Treugebers kann mithin auch unter wertenden Gesichtspunkten grundsätzlich nicht verneint werden. Der Treuhänder hat den Treugeber so zu stellen , als hätte er sich pflichtgemäû nach dem Treuhandvertrag verhalten (BGH, Urteil vom 8. Februar 1990 aaO).

c) Damit verbieten sich auch die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts im Sinne der Verneinung oder einer Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Beklagten unter dem Gesichtspunkt, daû den Schaden "letztlich" die B. -GmbH verursacht habe und daû die Klägerin heute wirtschaftlich nicht anders dastünde als sie jetzt dasteht, wenn die offengebliebene Treuhandauflage erfüllt worden und erst dann die Freigabe der Bürgschaften durch den Beklagten erfolgt wäre. Es ist - entgegen der Revisionserwiderung - für den Fall des Verstoûes gegen schriftlich klar und eindeutig festgelegte Treuhandauflagen auch kein Raum für die Anwendung des Grundsatzes, daû ein Auftraggeber unter Umständen gegen Treu und Glauben verstöût, wenn er eine weisungswidrige Ausführung eines Auftrags nicht als Erfüllung gelten lassen will, obwohl die Abweichung sein Interesse überhaupt nicht verletzt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 4. Februar 1980 - II ZR 119/79 - WM 1980, 587, 588).

III.


Da der Rechtsstreit in der Revisionsinstanz nicht entscheidungsreif ist, muû die Sache für die erforderliche weitere tatrichterliche Beurteilung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 565 Abs. 1 ZPO a.F.).
Es bleibt dem Berufungsgericht auch überlassen, für den Fall, daû ein weiterer Schadensersatzanspruch der Klägerin in Betracht kommen sollte, zu prüfen, inwieweit sich Rückgriffsansprüche der Klägerin gegen die B. -GmbH auf ihren Anspruch gegen den Beklagten auswirken. Grundsätzlich wird ein Vermögensschaden nicht durch die Möglichkeit eines anderweitigen Ausgleichs ausgeschlossen. Denkbar ist aber - als Ausdruck des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots - ein Zurückbehaltungsrecht des Schädigers, mit dem die Abtretung einer anderweitigen Ausgleichsforderung nach § 255 BGB geltend gemacht wird, wobei die Möglichkeit eines solchen Anspruchs genügt (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1996 - IX ZR 214/95 - NJW 1997, 1008, 1012).
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr
16
b) Für Treuhandaufträge und Treuhandverträge ist indes anerkannt, dass der Schutzbereich nicht zu eng gezogen werden darf. Denn im Rahmen einer Treuhandbeziehung geht es in der Regel nicht allein darum, dass - auf welchem Wege auch immer - eine ausbedungene Sicherheit gestellt wird. Vielmehr wer- den häufig im Einzelnen die Voraussetzungen festgelegt, unter denen ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll, und von der Einhaltung und Beachtung dieser Voraussetzungen hängt es vielfach ab, dass komplexe Rechtsbeziehungen zwischen mehreren Beteiligten interessengerecht abgewickelt werden. Vor allem ist bei der Abwicklung eines Treuhandverhältnisses in den Blick zu nehmen , dass der Treugeber den Auftrag bis zur bedingungsgemäßen Sicherstellung jederzeit widerrufen kann und der Treuhänder die Rückgabe des zu treuen Händen übergebenen Treuguts nicht vereiteln darf (vgl. zum Notar BGH, Urteil vom 8. Februar 1990 aaO; zum Rechtsanwalt als Treuhänder Senatsurteil vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01 - NJW 2002, 2459, 2460 f).