Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - III ZR 79/13
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 32.000 € fest- gesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe von 8.000 € in Anspruch und stützt sich dabei auf eine entsprechende Vereinbarung in einem mit ihm am 22. November 2008 geschlossenen und zwischenzeitlich beendeten Datensatznutzungsvertrag. Der Beklagte hält die Höhe der Vertragsstrafe für unangemessen und die dazu getroffene Regelung deshalb für unwirksam. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat der Beklagte nach der Mitteilung des Oberlandesgerichts, es beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, negative Feststellungswiderklage erhoben. Das Oberlandesgericht hat anschließend die Berufung des Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen und zugleich ausgesprochen, dass die in zweiter Instanz erhobene Widerklage wirkungslos sei. Den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren hat es auf 32.000 € festgesetzt und dabei den auf die negative Feststellungswiderklage entfallenden Betrag mit 24.000 € veranschlagt.
- 2
- Gegen diese Entscheidung richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, der insbesondere rügt, dass seine Widerklage inhaltlich nicht geprüft worden sei.
II.
- 3
- Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
- 4
- 1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist der nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestwert der Beschwer von mehr als 20.000 € überschritten. Zwar weist die Beschwerdeerwiderung zutreffend daraufhin, dass das Berufungsgericht über die Widerklage in der Sache keine Entscheidung getroffen hat, und der Beklagte daher das mit der Widerklage verfolgte Begehren zum Gegenstand eines gesonderten Verfahrens machen könnte. Daraus folgt aber nicht, dass der Beklagte durch diese Behandlung seines Widerklagebegehrens lediglich in Höhe der insoweit entstandenen und ihm (ebenfalls) auf- erlegten Kosten beschwert worden ist. Die Beschwer ist vielmehr danach zu bestimmen, wieweit der vom Richterspruch gewährte Rechtsschutz hinter dem in Form der gestellten Anträge erbetenen zurückbleibt (vgl. nur MünchKommZPO /Rimmelspacher, 4. Aufl., Vor §§ 511 ff Rn. 14 f mwN). Hieraus ergibt sich, dass der Beklagte vorliegend durch die fehlende Sachentscheidung über seine Widerklage in Höhe des vollen Werts beschwert ist. Diese Sichtweise liegt auch der - nicht näher begründeten - Wertfestsetzung des erkennenden Senats in dem Verfahren III ZR 403/13 (siehe unter 2.) zugrunde. Die vorliegende Konstellation ist dabei derjenigen vergleichbar, bei der ein (Nichtzulassungs-)Beschwerde - oder Revisionsführer ein Berufungsurteil angreift, durch das das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen worden ist. Auch dort bemisst sich die Beschwer nach dem Wert der Berufungsanträge, auch wenn eine das Rechtsschutzbegehren zurückweisende Sachentscheidung nicht getroffen worden ist (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteile vom 15. Dezember 1959 – VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358, 361; vom 24. Februar 1983 - IX ZR 35/82, NJW 1984, 495; vom 5. Oktober 1994 - XII ZR 15/93, NJW-RR 1995, 123, 124; vom 5. November 1997 - XII ZR 290/95, NJW 1998, 613, 614 und Beschluss vom 3. Juli 2002 - IV ZR 191/01, NJW 2002, 3477,
3478).
- 5
- 2. Die von der Beschwerde in den Mittelpunkt gestellte Frage, ob das Berufungsgericht die erstmals im Berufungsverfahren erhobene Widerklage aufgrund der von ihm gewählten Verfahrensweise (Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO) zu Recht für wirkungslos angesehen hat oder aber sich mit ihr (sachlich) hätte befassen müssen, ist mittlerweile vom erkennenden Senat zum Nachteil des Beschwerdeführers beantwortet worden (vgl. Senatsurteil vom 24. Oktober 2013 - III ZR 403/12, NJW 2014, 151 Rn. 19 ff).
- 6
- 3. Auch im Übrigen hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 20.09.2012 - 2 O 16/11 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 05.02.2013 - 3 U 217/12 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - III ZR 79/13
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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2014 - III ZR 79/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf ein Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteils im Wege der Stufenklage geltend gemacht. Das Landgericht hat die Stufenklage wegen Verjährung des Leistungsanspruchs insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht , weil es den Anspruch nicht für verjährt hält, das Urteil des Landgerichts aufgehoben, den Beklagten zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses verurteilt und die Sache wegen der Anträge auf eidesstattliche Versicherung und Zahlung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Beschwer des Beklagten hat das Oberlandesgericht auf 63.750 DM festgesetzt , d.h. den Betrag, den der Kläger als Ergebnis seiner in letzter
Stufe angekündigten Zahlungsklage erwartet. Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben und nach seinen Schlußanträgen zweiter Instanz zu entscheiden, d.h. die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen. In der Sache verteidigt der Beklagte das Urteil des Landgerichts. Der Senat hat die Revision nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine grundsätzliche Bedeutung und im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Nach Ansicht der Prozeßbevollmächtigten beider Parteien kommt es für den gemäß §§ 14, 18 GKG zu bestimmenden Streitwert des Revisionsverfahrens nicht nur darauf an, daß der Beklagte vom Oberlandesgericht zur Auskunft verurteilt worden ist. Vielmehr trete hier die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht wegen der beiden weiteren, vom Landgericht zunächst abgewiesenen Stufen hinzu. Auch insoweit sei der Beklagte durch das in vollem Umfang angegriffene Berufungsurteil beschwert. Der in letzter Stufe angekündigte Zahlungsanspruch sei hier auch in zweiter und dritter Instanz Prozeßgegenstand gewesen.
3. Dem ist nicht zu folgen. Zwar enthält die Zurückverweisung in die untere Instanz im allgemeinen eine Beschwer für eine Partei, die ein endgültiges, ihr günstiges Sachurteil erstrebt hatte. Bei der Stufenklage ist aber eine besondere Rechtslage gegeben: Wenn das Verfahren ohne Grundurteil wegen der weiteren Stufen lediglich zurückverwiesen wird, hat das Berufungsgericht eine sachliche Entscheidung über die weiteren Stufen und insbesondere über den Zahlungsanspruch nicht getroffen. Es liegt nicht anders, als wenn das Berufungsgericht von einer Zurückver-
weisung abgesehen (§ 540 ZPO a.F.) und durch Teilurteil über den in erster Linie gestellten Auskunftsanspruch entschieden hätte (BGH, Beschluß vom 23. März 1970 - VII ZR 137/68 - NJW 1970, 1083; Schneider /Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. 1996, Rdn. 4289).
Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof der Sache nach in einer weiteren Entscheidung bestätigt (Beschluß vom 15. Februar 2000 - X ZR 127/99 - NJW 2000, 1724 unter II 2 b). In jenem Fall war die Stufenklage erst in zweiter Instanz erhoben worden; das Berufungsgericht hatte nur zur Auskunft verurteilt und den Rechtsstreit wegen des Zahlungsanspruchs zurückverwiesen. Die Beschwer des Beklagten richtet sich allein nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen , also seinem mit der Auskunft verbundenen Aufwand. Seine Verurteilung zur Auskunft ist nicht präjudiziell für den Zahlungsanspruch. Insbesondere können auch nach dieser Entscheidung die im allgemeinen für die Beschwer durch Zurückverweisung geltenden Regeln nicht auf die Stufenklage übertragen werden, für die besondere Gesichtspunkte gelten.
Es wäre nicht gerechtfertigt, den hier zu beurteilenden Fall, in dem das Berufungsgericht ebenfalls nur zur Auskunft verurteilt und im übrigen zurückverwiesen hat, deshalb anders zu behandeln, weil das Landgericht die Stufenklage zuvor insgesamt abgewiesen hatte. Dadurch war der Kläger zwar in Höhe ihres vollen Streitwerts beschwert worden (vgl. BGH, Beschluß vom 12. März 1992 - I ZR 296/91 - NJW-RR 1992, 1021; Beschluß vom 1. Oktober 2001 - II ZR 217/01 - NJW 2002, 71). Für den Streitwert des Revisionsverfahrens kommt es indessen auf die Beschwer des Beklagten durch das Berufungsurteil an (BGH, Beschluß vom
23. März 1970 aaO). Das Interesse des Beklagten, mit Hilfe der Revision die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, geht über den unmittelbaren Gegenstand der angegriffenen Entscheidung hinaus und muß daher hier außer Betracht bleiben. Dem Beklagten stehen nach einer Verurteilung zur Zahlung die dann eröffneten Rechtsmittel zu (BGHZ 128, 85, 89 ff.).
4. Der Senat hat die Parteien bereits darauf hingewiesen, daß er den Aufwand des Beklagten für die Erteilung der Auskunft durch Vorlage eines von ihm anzufertigenden Nachlaßverzeichnisses auf 500 DM, also 255,65 ! " #$ % & ' ( ' ) ) *+ ' #, - # . ) ) &
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.