Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2010 - IV ZR 265/08

bei uns veröffentlicht am08.12.2010
vorgehend
Landgericht Koblenz, 16 O 285/04, 12.04.2007
Oberlandesgericht Koblenz, 10 U 592/07, 14.11.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 265/08
vom
8. Dezember 2010
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Richter
Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch, Dr. Karczewski
und Lehmann
am 8. Dezember 2010

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 14. November 2008 wird auf Kosten des Klägers verworfen.
Streitwert: 19.116,91 €

Gründe:


1
Die 1. Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil ihr Beschwerdewert die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO (20.000 €) nicht übersteigt.
2
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Wert eines Streits über das Bestehen eines privaten Krankenversicherungsvertrages gemäß den §§ 3 und 9 ZPO nach der 3,5-fachen Jahresprämie festzusetzen. Das gilt auch für den Streit über das Bestehen eines privaten Pflegeversicherungsvertrages. Vor der Kündigung beider Verträge durch den Beklagten hatte der Kläger monatliche Prämien von insgesamt 148,78 € (291 DM) zu zahlen. Bis zum 1. Januar 2005 wäre der monatliche Prämienbetrag auf 163,67 € gestiegen. Legt man - wie der Kläger - diese monatliche Prämienlast von 163,67 € zugrunde, ergibt sich zunächst ein Beschwerdewert von 6.874,14 €.
3
Daneben b) sind geltend gemachte oder angekündigte, jedoch noch nicht rechtshängige Leistungsansprüche des Versicherungsnehmers mit Blick auf ihre noch ausstehende Klärung zu 50% in die Wertfestsetzung einzustellen (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 3. Mai 2000 - IV ZR 258/99, VersR 2000, 1430 unter II und vom 10. Oktober 2001 - IV ZR 171/01, NVersZ 2002, 21).
4
aa) Insoweit hat der Kläger offene Leistungsanträge wegen Krankheitskosten in Höhe von insgesamt 31.939,92 € aus der Zeit bis einschließlich Oktober 2008 vorgelegt. Er macht weiter geltend, er habe einen noch nicht rechtshängigen Anspruch auf Pflegegeld in Höhe von insgesamt 5.767,37 € für die Zeit von Dezember 2004 bis Oktober 2008. Ob von den behaupteten Krankheitskosten 1.364,11 € abzuziehen wären , die aus ärztlichen Leistungen und Rezeptbelieferungen nach dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 10. Oktober 2001 aaO), dem 24. August 2008, herrühren, und ob aus dem gleichen Grunde das Pflegegeld für die Monate September und Oktober 2008 außer Betracht bleiben müsste, kann offen bleiben.
5
der Da Beklagte nach dem zwischen den Parteien vereinbarten beihilfekonformen Tarif 30% der behaupteten Krankheitskosten, das sind 9.581,98 €, zu erstatten hätte, wären - ausgehend vom Zahlenwerk des Klägers bei der Wertfestsetzung wegen seiner nicht rechtshängigen Forderungen - zusätzlich 7.674,68 € (die Hälfte der Summe aus 9.581,98 € und 5.767,37 €) zu berücksichtigen.
6
Zu bb) Recht geht die Beschwerdebegründung aber davon aus, dass von den behaupteten Leistungsansprüchen Abzüge wegen der Prämien seit Dezember 2004 (7.703,36 €) vorzunehmen sind, die der Kläger infolge der Kündigung des Beklagten bisher nicht gezahlt hat, letztere jedoch bei einem Fortbestand der beiden Versicherungsverträge entrichten müsste, so dass der Beklagte sie gegen die Forderungen des Klägers verrechnen könnte. Offen bleiben kann, ob diese Prämien - wie in der Berechnung des Klägers angenommen - ebenfalls nur zur Hälfte zu berücksichtigen sind. Denn selbst wenn von dem vorgenannten Betrag von 7.674,68 € lediglich 3.851,68 € (50% von 7.703,36 €) abgezogen würden, erhöhte sich der Beschwerdewert nur um 3.823 €.
7
c) Zusammen mit dem auf 8.419,77 € bezifferten Leistungsantrag (Klagantrag zu 2, betreffend die Zahlung von Pflegegeld für die Zeit bis einschließlich November 2004) ergibt sich ein Beschwerdewert von insgesamt 19.116,91 €.
8
d) Anders als der Kläger meint, bleiben Pflegegeldleistungen aus versicherter Zeit in Höhe von insgesamt 6.196,86 €, die der Beklagte mittlerweile vom Kläger in einem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht zurück fordert, für die Wertfestsetzung außer Betracht. Denn dieser Rückforderungsanspruch hängt prozessual nicht von der Wirksamkeit der hier im Streit stehenden Kündigung ab. Dass die Frage, ob der Kläger den Beklagten während der versicherten Zeit über seine Pflegebedürftigkeit getäuscht hat, auch für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutsam war, begründet keine Bindungswirkung der hier getroffenen Entscheidung für das Sozialgericht.
9
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde hätte im Übrigen auch in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Gehörsrüge des Klägers greift nicht durch.
Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch
Dr. Karczewski Lehmann
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 12.04.2007 - 16 O 285/04 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 14.11.2008 - 10 U 592/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2010 - IV ZR 265/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2010 - IV ZR 265/08

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2001 - IV ZR 171/01

bei uns veröffentlicht am 10.10.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 171/01 vom 10. Oktober 2001 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius, den Richter Wendt und die Richteri
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2010 - IV ZR 265/08.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Sept. 2019 - IV ZR 40/19

bei uns veröffentlicht am 04.09.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 40/19 vom 4. September 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:040919BIVZR40.19.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Prof. Dr. Karczewski

Referenzen

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 171/01
vom
10. Oktober 2001
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius, den
Richter Wendt und die Richterin Dr. Kessal-Wulf
am 10. Oktober 2001

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, ihre Beschwer durch das Berufungsurteil auf über 60.000 DM festzusetzen, wird abgelehnt.

Gründe:


1. Die Festsetzung der Beschwer durch das Berufungsgericht, das sie mit 28.620,60 DM, nämlich dem 60-fachen Betrag einer monatlichen Versicherungsprämie von 477,01 DM, bemessen hat, ist zwar zu niedrig ausgefallen. Die Beschwer erreicht jedoch nicht die Revisionssumme von 60.000 DM.
In einem Rechtsstreit, in dem es um die Feststellung des Fortbestandes eines Krankenversicherungsvertrages geht, ist die Beschwer der unterlegenen Partei im Regelfall entsprechend §§ 3, 9 ZPO auf das 3 1/2-fache der Jahresprämie festzusetzen.

Jedoch kann sich eine Erhöhung der Beschwer im Einzelfall daraus ergeben, daß Ansprüche auf die Versicherungsleistung geltend gemacht oder zumindest angekündigt sind. Für das im Rahmen des § 3 ZPO zu bewertende wirtschaftliche Interesse am Bestehen oder Nichtbestehen eines Versicherungsverhältnisses ist es von erheblicher Bedeutung , ob behauptet wird, wegen Eintritt des Versicherungsfalls seien bereits Ansprüche entstanden. Im Interesse der Rechtsklarheit ist ungeachtet der konkreten Erfolgsaussicht solcher lediglich angekündigter Ansprüche , die von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein kann, die zweitinstanzliche Beschwer einheitlich mit 50% der behaupteten, aber nicht rechtshängigen Ansprüche zu bemessen (BGH, Beschluß vom 3. Mai 2000 - IV ZR 258/99 - VersR 2000, 1430 unter 2 m.w.N.).
Der für die Festsetzung der Beschwer gemäß § 546 Abs. 2 ZPO maßgebliche Zeitpunkt ist die letzte mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BGH aaO).
Ausgehend von einer monatlichen Prämie in Höhe von 503,11 DM (nicht 477,01 DM), nachgewiesenen Heilbehandlungskosten in der Zeit bis April 2001 in Höhe von 7.462,98 DM und weiteren 60.695,64 DM sowie von glaubhaft geschätzten Behandlungskosten der Ärzte A. /Dr. D. (zu unterscheiden von der Dialyse durch die P., deren Kosten bis April 2001 belegt sind) in der Zeit von Januar 2001 bis 2. Mai 2001 (Datum der letzten Berufungsverhandlung) in Höhe von 4.529,70 DM ergibt sich folgende Berechnung:

42 x 503,11 DM 21.130,62 DM 50% der Gesamtsumme der nachgewiesenen Heilbehandlungskosten bis 2. Mai 2001 34.079,26 DM 50% der geschätzten Arztkosten vom 1. Januar bis zum 2. Mai 2001 2.264,85 DM 57.474,73 DM

Terno Seiffert Ambrosius
Wendt Dr. Kessal-Wulf

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.