Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2009 - IX ZA 52/08

bei uns veröffentlicht am12.11.2009
vorgehend
Landgericht Passau, 1 O 821/06, 05.11.2007
Oberlandesgericht München, 8 U 5526/07, 06.11.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 52/08
vom
12. November 2009
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und
Grupp
am 12. November 2009

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Einlegung und Durchführung einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. November 2008 wird abgelehnt.

Gründe:


1
Prozesskostenhilfe kann dem Kläger nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Die Begründung des Berufungsurteils lässt keine Zulassungsgründe erkennen.
2
1. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint, ohne von der Rechtsprechung des Senats abzuweichen. Diese Voraussetzungen sind vom Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Ge- samtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966, 1967 Rn. 8). Das Berufungsgericht hat dies im rechtlichen Ansatz nicht verkannt. Seine Beurteilung , die vom Kläger vorgetragenen Umstände genügten nicht, um - auch unter Berücksichtigung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO - eine Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners festzustellen, lässt keinen zulassungsrelevanten Rechtsfehler erkennen. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass die vom Kläger in den Vordergrund seiner Argumentation gestellte Inkongruenz der Deckung nur dann ein starkes Beweisanzeichen für die erforderliche Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist, wenn für ihn ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners bestehen (BGHZ 157, 242, 251; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957, 959; v. 5. Juni 2008 - IX ZR 163/07, ZIP 2008, 1385, 1387 Rn. 19).
3
Berufungsgericht Das hat auch nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Zwar mag es bei seiner Würdigung nicht ausdrücklich alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte behandelt haben. Dass es wesentlichen Vortrag des Klägers zu einer Kenntnis der Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht zur Kenntnis genommen hat, kann daraus aber nicht geschlossen werden.
4
2. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO).
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp
Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 05.11.2007 - 1 O 821/06 -
OLG München, Entscheidung vom 06.11.2008 - 8 U 5526/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2009 - IX ZA 52/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2009 - IX ZA 52/08

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Aug. 2009 - IX ZR 159/06

bei uns veröffentlicht am 13.08.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 159/06 Verkündet am: 13. August 2009 Hauck Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2006 - IX ZR 84/05

bei uns veröffentlicht am 30.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL IX ZR 84/05 Verkündet am: 30. März 2006 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 134 Ab

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2008 - IX ZR 163/07

bei uns veröffentlicht am 05.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 163/07 Verkündet am: 5. Juni 2008 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 134 Eine Leist

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

8
Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, ZIP 2009, 526, 527 Rn. 13 m.w.N., z.V.b. in BGHZ). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; vgl. Fischer NZI 2008, 588, 593; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 605; Ganter WM 2009, 1441, 1443). Soweit frühere Entscheidungen des Senats anders verstanden werden könnten, wird daran nicht festgehalten.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 84/05
Verkündet am:
30. März 2006
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Leistung, die der spätere Insolvenzschuldner zur Tilgung einer Forderung
des Leistungsempfängers gegen einen Dritten erbringt, ist unentgeltlich, wenn
der Empfänger keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat.

b) Für die Frage, ob der künftige Insolvenzschuldner eine unentgeltliche Leistung
erbracht hat, sind eine entsprechende Leistungsverpflichtung gegenüber einem
Dritten oder gegenüber einem Dritten verfolgte wirtschaftliche Interessen oder
Vorteile unerheblich.

c) Die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete
Forderung bezahlt wird, liegt in der Regel darin, dass er eine werthaltige Forderung
gegen seinen Schuldner verliert.

d) Die Leistung, die der spätere Insolvenzschuldner zur Tilgung einer nicht werthaltigen
Forderung des Empfängers gegen einen Dritten erbringt, ist nicht deshalb
entgeltlich, weil der Empfänger zu einem früheren Zeitpunkt seinerseits
Leistungen an den Dritten erbracht hat, die eine Gegenleistung zu der nun erfüllten
Forderung darstellten.
(Fortführung der Rechtsprechung zu § 32 Nr. 1 KO für § 134 Abs. 1
BGH, Versäumnis-Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05 - LG Augsburg
AG Augsburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2006 durch die Richter Dr. Ganter, Kayser und Vill, die Richterin
Lohmann und den Richter Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 15. März 2005 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 9. Mai 2003 auf Eigenantrag vom 26. März 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH (im folgenden: Schuldnerin). Er begehrt im Wege der Insolvenzanfechtung von der Beklagten Rückzahlung des Sozialversicherungsbeitrages für den Monat November 2002, den die Schuldnerin am 28. Januar 2003 für die Z. GmbH & Co. KG bezahlt hat. Zwischen der Schuldnerin und der Z. GmbH & Co. KG bestand eine gesellschaftsrechtliche Verbindung dergestalt, dass die Y. GmbH alleinige Gesellschaf- terin der beiden und die Z. GmbH & Co. KG (im folgenden auch: Schwestergesellschaft ) nahezu alleinige Lieferantin der Schuldnerin war.
2
Der Kläger behauptet, die Schwestergesellschaft sei zum Zeitpunkt der Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte zahlungsunfähig gewesen. Deshalb sei die Zahlung der Schuldnerin als unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO anfechtbar.
3
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
5
1. Da die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
6
2. Das Berufungsgericht meint, ein Anspruch auf Rückzahlung gemäß §§ 143, 134 InsO bestehe schon deshalb nicht, weil die Leistung der Schuldnerin nicht unentgeltlich erfolgt sei. Die Beklagte habe zum Zahlungszeitpunkt als Gegenleistung bereits den Sozialversicherungsschutz erbracht gehabt. Dass ihre Leistung nicht an die Schuldnerin, sondern an die Schwestergesellschaft erfolgt sei, ändere nichts an der Entgeltlichkeit. Die Beklagte sei schutzbedürftig , weil für sie nicht erkennbar gewesen sei, ob die Leistung im Verhältnis der Schuldnerin zu ihrer Schwestergesellschaft mit oder ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Davon unabhängig sei der Anspruch auch deshalb unbegründet, weil der darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht schlüssig dargelegt und unter Beweis gestellt habe, dass die Schuldnerin mit der Zahlung keine eigenen wirtschaftlichen Interessen oder Vorteile verfolgt habe.
7
3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
8
a) Die Beklagte ist als Einzugsstelle (§§ 28h, 28i SGB IV) des Gesamtsozialversicherungsbetrages passiv legitimiert für eine Anfechtung auf Rückzahlung der an sie gezahlten Sozialversicherungsbeiträge, auch soweit die Beiträge im Innenverhältnis anderen Versicherungsträgern zustehen (BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 70/03, ZIP 2004, 862, 863; v. 21. Oktober 2004 - IX ZR 71/02, ZIP 2005, 38 f).
9
b) Der Umstand, dass die Beklagte den Beschäftigten der Schwestergesellschaft Sozialversicherungsschutz gewährt hat, lässt die Unentgeltlichkeit der Leistung der Schuldnerin nicht entfallen.
10
eine Wird dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung des Schuldners nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; BGH, Urt. v. 3. März 2005 - IX ZR 441/00, ZIP 2005, 767, 768, z.V.b. in BGHZ 162, 276). Die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete Forderung bezahlt wird, liegt in der Regel darin, dass er eine werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert. In diesem Fall ist nicht der Leistungsempfänger, sondern dessen Schuldner der richtige Beklagte für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung (BGHZ 41, 298, 302; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, ZIP 1983, 32; v. 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, ZIP 2004, 917, 918; v. 3. März 2005, aaO) oder für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (BGHZ 70, 389, 396 f).
11
Ist die Forderung des Zuwendungsempfängers gegen seinen Schuldner dagegen wertlos, ist die Zuwendung unentgeltlich. Dabei ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger seinem Schuldner zu einem früheren Zeitpunkt eine Leistung erbracht hat. Maßgeblich für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit ist vielmehr der Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs, also des Erhalts der Zahlung (BGHZ 41, 17, 19; BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Hat der Zuwendungsempfänger eine Leistung bereits erbracht, kann die Entgeltlichkeit der Zuwendung nur nach dem Wert seiner Forderung bemessen werden. Ist diese im Zeitpunkt der Leistung nicht werthaltig, liegt eine unentgeltliche Zuwendung vor. Der Leistungsempfänger, der lediglich eine nicht werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert, ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Schuldners nicht schutzwürdig, denn er hätte ohne dessen Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht durchsetzen können (BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO).
12
Ob die Beklagte gegebenenfalls die Wertlosigkeit ihrer Forderung gegen die Schwestergesellschaft kannte, ist unerheblich (vgl. im Einzelnen BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO).

13
c) Die Klageabweisung lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Kläger nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt hat, die Schuldnerin habe mit der Zahlung keine eigenen wirtschaftlichen Interessen oder Vorteile verfolgt.
14
Hierauf kommt es nicht an. Maßgeblich ist allein das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Schuldner und dem Zuwendungsempfänger; nur in diesem Verhältnis kann ausgehend von dem Schutzzweck des § 134 InsO die Unentgeltlichkeit beurteilt werden (BGHZ 141, 96, 101; BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Selbst wenn die Schuldnerin im Verhältnis zu der Schwestergesellschaft zur Leistung verpflichtet war oder mit der Leistung eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte oder Vorteile erzielte, macht dies den Leistungsempfänger gegenüber den Insolvenzgläubigern der Schuldnerin nicht schutzwürdig und lässt die Unentgeltlichkeit der Leistung im Verhältnis zum Empfänger nicht entfallen (BGH, Urt. v. 3. März 2005, aaO). Die Schuldnerin war zur Zahlung gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet. Zwischen beiden bestanden unstreitig - von der Zahlung abgesehen - keine Rechtsbeziehungen.
15
4. Das Berufungsgericht wird deshalb zu prüfen haben, ob die Forderung der Beklagten gegen die Schwestergesellschaft auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für November 2002 am 28. Januar 2003 werthaltig war. Die Beweislast für die fehlende Werthaltigkeit dieser Forderung im Zeitpunkt der Bezahlung durch die Schuldnerin hat der Kläger; er hat Beweis dafür angetreten, dass die Schwestergesellschaft bereits damals zahlungsunfähig gewesen sei.
16
War die Forderung nicht werthaltig, greift die Anfechtung nach § 134 InsO durch. War sie dagegen werthaltig, scheidet eine Anfechtung nach dieser Vorschrift aus. Auch eine Anfechtung nach anderen Vorschriften ist in diesem Fall nicht gegeben. §§ 130, 131 InsO scheiden aus, weil die Beklagte nicht Insolvenzgläubigerin der Schuldnerin war. Die Vorschrift des § 132 Nr. 1 InsO ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht anwendbar, weil der Kläger nicht vorgetragen hat, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und die Beklagte dies wusste. Schließlich kommt eine Anfechtung nach § 133 InsO nicht in Betracht. Die vorliegende inkongruente Deckung ergibt kein Indiz für die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil für die Beklagte nach dem Vortrag des Klägers kein Anlass bestand, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln (vgl. BGHZ 157, 242, 251; HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 133 Rn. 24).
Ganter Kayser Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 26.05.2004 - 74 C 662/04 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 15.03.2005 - 4 S 2832/04 -
19
Schließlich ist eine Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 InsO nicht gegeben. Die vorliegende inkongruente Deckung ergibt kein Indiz für die Kenntnis der Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil für die Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin kein Anlass bestand, an der Liquidität der Schuldnerin zu zweifeln (vgl. BGHZ 157, 242, 251; BGH, Urt. v. 30. März 2006 aaO Rn. 16).

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.