Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2009 - IX ZB 158/08

bei uns veröffentlicht am12.02.2009
vorgehend
Amtsgericht Halle (Saale), 59 IN 1033/03, 16.01.2007
Landgericht Halle, 2 T 95/07, 24.06.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 158/08
vom
12. Februar 2009
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung kann nicht auf von anderen
Versagungsantragstellern vorgebrachte Gründe gestützt werden, die sich
der Beschwerdeführer im Schlusstermin nicht wenigstens hilfsweise zu eigen
gemacht hatte.
BGH, Beschluss vom 12. Februar 2009 - IX ZB 158/08 - LG Halle
AG Halle
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
am 12. Februar 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 24. Juni 2008 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 2 als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Auf Antrag eines Gläubigers, des weiteren Beteiligten zu 1, zu dem ein Eigenantrag des Schuldners verbunden worden ist, wurde über das Vermögen des Schuldners am 10. Februar 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet, in dem er Restschuldbefreiung begehrt. Der weitere Beteiligte zu 1 und der weitere Beteiligte zu 2 haben im Schlusstermin durch Einreichung jeweils voneinander unabhängiger Schreiben beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Der weitere Beteiligte zu 1 hat seinen Antrag darauf gestützt, der Schuldner habe mehrere Lebensversicherungen und ein Sparkonto bei einer Direktbank, aus deren Verwertung der Masse insgesamt 1.423,51 € zugeflos- sen seien, nicht angegeben. Der weitere Beteiligte zu 2 hat geltend gemacht, der Schuldner habe die Abwicklung mehrerer Insolvenzverfahren, an denen er als Gesellschafter dreier Gesellschaften bürgerlichen Rechts beteiligt gewesen sei, behindert. Er habe versucht, Masse beiseite zu schaffen. Außerdem habe er mutwillig eine Marmorabdeckplatte in der Küche seines zwangsversteigerten Wohnhauses beschädigt.
2
Insolvenzgericht Das hat den Versagungsanträgen stattgegeben, weil der Schuldner seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Verfahren verletzt habe. Auf die Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht diese Entscheidung geändert und die Versagungsanträge abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte zu 2 sein Begehren auf Versagung der Restschuldbefreiung weiter.

II.


3
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO) ist unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
4
1. Der weitere Beteiligte zu 2 kann nicht mit Versagungsgründen gehört werden, die er in seinem im Schlusstermin gestellten Versagungsantrag nicht geltend gemacht hat. Wer als Gläubiger beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, macht sich nicht ohne weiteres hilfsweise auch die von anderen Versagungsantragstellern vorgebrachten Gründe zu eigen.
5
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, hier müsse der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz Anwendung finden, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände, soweit sie ihre Position zu stützen geeignet sind, jedenfalls hilfsweise zu eigen macht (BGH, Urt. v. 8. Januar 1991 - VI ZR 102/90, NJW 1991, 1541, 1542; v. 3. April 2001 - VI ZR 203/00, NJW 2001, 2177, 2178; v. 26. Juli 2005 - X ZR 109/03, NJW 2006, 63, 65). Im vorliegenden Fall geht es nicht um Beweisergebnisse, sondern um Vorbringen eines anderen Verfahrensbeteiligten.
6
Das Nachschieben einer Begründung ist - auch wenn der Antragsteller erst nach dem Schlusstermin von einem Versagungsgrund Kenntnis erlangt hat - unzulässig. Das Gericht darf die Versagung nicht von Amts wegen auf andere Gründe stützen, als die vom Antragsteller geltend gemachten (BGHZ 156, 139, 142 f; BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596, 597; BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647, 648; BGH, Beschl. v. 8. Februar 2007 - IX ZB 88/06, ZInsO 2007, 322, 323; BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - IX ZB 187/03, ZInsO 2007, 1221; BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2008 - IX ZB 53/08, ZInsO 2008, 1272 Rn. 9).
7
2. Hinsichtlich der von dem weiteren Beteiligten zu 2 dem Schuldner zur Last gelegten Zerstörung von Kücheninventar, die als Verschleuderung von Vermögen im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO verstanden werden könnte, ist das Beschwerdegericht mit Recht davon ausgegangen, dass ein solches Verhalten nur erheblich ist, wenn die Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt werden. Dies ergibt sich aus dem Gesetz. Erheblicher Vortrag des Antragstellers zu diesem Merkmal fehlt. Grundsatzfragen stellen sich nicht.
8
3. Die Versagung der Restschuldbefreiung kann nur erfolgen, wenn sich die Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten auf das eigene Insolvenzverfahren des Schuldners ausgewirkt hat (vgl. AG Hamburg ZVI 2007, 209, 210 f; Hess, InsO 2007 § 290 Rn. 112; Wenzel, in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 290 Rn. 20). Gegenteilige Stimmen werden von der Rechtsbeschwerde nicht nachgewiesen und sind auch nicht ersichtlich. Dass die Verhaltensweisen des Schuldners, die der weitere Beteiligte zu 2 außerdem zum Anlass für seinen Versagungsantrag genommen hat, nicht nur die Gesellschaftsinsolvenzen, sondern auch das vorliegende Verfahren betroffen haben, ist nicht dargetan.
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Halle (Saale), Entscheidung vom 16.01.2007 - 59 IN 1033/03 -
LG Halle, Entscheidung vom 24.06.2008 - 2 T 95/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2009 - IX ZB 158/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2009 - IX ZB 158/08

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 290 Versagung der Restschuldbefreiung


(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn 1. der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolv
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2009 - IX ZB 158/08 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 290 Versagung der Restschuldbefreiung


(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn 1. der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolv

Insolvenzordnung - InsO | § 289 Einstellung des Insolvenzverfahrens


Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

Referenzen - Urteile

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Referenzen

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.

Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 109/03 Verkündet am:
26. Juli 2005
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine rechtskräftige Verurteilung zur Herausgabe kann Bindungswirkung in einem
Folgeprozeß entfalten, für den es als Vorfrage darauf ankommt, ob die zur
Herausgabe verurteilte Partei die Herausgabe verweigern darf. Das Herausgabeurteil
stellt für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bindend
fest, daß der herausgabepflichtigen Partei kein gesetzliches oder vertragliches
Recht zur Verweigerung der Herausgabe zustand. Das gleiche gilt für den Zeitraum
zwischen Rechtshängigkeit der Herausgabeklage und Schluß der mündlichen
Verhandlung, in der über sie entschieden wurde, sofern in diesem Zeitraum
keine relevanten Änderungen eingetreten sind und geltend gemacht werden
(Fortentwicklung von BGH, Urt. v. 20. Februar 1998 - V ZR 319/96, NJW
1998, 1709; Urt. v. 9. Juli 1982 - V ZR 64/81, NJW 1983, 164; Urt. v. 20. Juni
1984 - IVa ZR 34/83, NJW 1985, 1553).
BGH, Urt. v. 26. Juli 2005 - X ZR 109/03 - OLG Köln
LG Aachen
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Revision im übrigen wird das am 2. Juli 2003 verkündete Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte in Höhe von 22.041,52 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 88,15 € nebst 4 % Zinsen seit dem 13. Mai 2000 zu zahlen.
Im übrigen wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz, weil ihm nach erfolglosen Reparaturversuchen über einen Zeitraum von rund eineinhalb Jahren sein Geländewagen Chevrolet Blazer nicht herausgegeben worden sei. Außerdem verlangt er Ersatz für Mängelbeseitigungskosten.
Nachdem die Beklagte 1997 und 1998 bereits mehrere Reparatur- und Wartungsarbeiten an dem Fahrzeug durchgeführt hatte, ließ es der Kläger am 31. März 1998 erneut zu der Beklagten schleppen, die sodann weitere Arbeiten vornahm und darüber am 20. und 22. Mai 1998 Rechnungen ausstellte. In der Folgezeit weigerte sich die Beklagte, das Fahrzeug an den Kläger herauszugeben , und berief sich auf ein Werkunternehmerpfandrecht wegen verschiedener Forderungen, die sich nach ihrer Auffassung auf 3.309,95 DM sowie 630,61 DM beliefen. Als Ergebnis eines im April 2001 in der Berufungsinstanz durch Vergleich beendeten Rechtsstreits (LG Aachen 6 S 269/99) hat der Kläger mehr als die Hälfte des Gesamtbetrags dieser Forderungen an die Beklagte gezahlt.
Das Landgericht Aachen hat den Beklagten im Verfahren 12 O 535/98 verurteilt, das Fahrzeug an den Kläger herauszugeben. Gegen dieses am 21. September 1999 verkündete Urteil wurden keine Rechtsmittel eingelegt. Das Gericht ging davon aus, daß der Beklagten gegen den Kläger wegen der ersten Forderung von 3.309,95 DM kein Werkunternehmerpfandrecht zugestanden habe. Denn das Fahrzeug sei nach den ihr zugrundeliegenden Arbeiten an den Kläger herausgegeben worden und es fehle an einem treuwidrigen
oder betrügerischen Verhalten des Klägers bezüglich eines von ihm vor Aushändigung des Fahrzeugs im Februar 1998 der Beklagten übergebenen Schecks, da die Nichteinlösung eines nicht verfrüht hingegebenen Schecks hierfür nicht ausreichend sei. Aus der restlichen Forderung von 630,61 DM beziehe sich ein Teilbetrag von 108,61 DM auf Abschleppkosten der K. GmbH, so daß es insoweit an einer Forderung der jetzigen Beklagten fehle. Wegen der restlichen 522,-- DM scheide ein Werkunternehmerpfandrecht jedenfalls nach Treu und Glauben aus. Denn der Kläger habe die mit der Beklagten vereinbarte Bedingung für die Herausgabe des Fahrzeugs durch Hinterlegung der Forderungsbeträge erfüllt. Nach Rechtskraft der Entscheidung 12 O 535/98 wurde das Fahrzeug im November 1999 an den Kläger herausgegeben.
Der Kläger verlangt Erstattung von monatlich 2.436,-- DM einschließlich Mehrwertsteuer für die behauptete Anmietung eines Astra Kombi von Mai 1998 bis November 1999, insgesamt also 46.284,-- DM. Er sei seit Juni 1998 ständig von einer baldigen Herausgabe des Fahrzeugs ausgegangen. Außerdem fordert der Kläger Erstattung der von ihm behaupteten Aufwendungen zur Instandsetzung und Wiederherstellung des vor April 1998 bestandenen Zustandes des Fahrzeugs, die sich aus zahlreichen Positionen zusammensetzen.
Das Landgericht hat die Klage nach umfangreicher Beweisaufnahme überwiegend abgewiesen. Gegen das Urteil des Landgerichts haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte über den vom Landgericht zuerkannten Betrag in Höhe von 3.660,80 € zur Zahlung weiterer 21.120,39 € zu verurteilen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat weitgehend Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht Ansprüche des Klägers wegen verspäteter Herausgabe seines Fahrzeugs durch die Beklagte abgelehnt.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, Schadensersatzansprüche des Klägers ergäben sich nicht aus den §§ 631 Abs. 1, 284, 286 Abs. 1 BGB a.F., weil sich die Beklagte mit ihrer Pflicht zur Herausgabe des Fahrzeugs nicht in Verzug befunden habe. Die Beklagte sei nicht zur Herausgabe verpflichtet gewesen , weil der Kläger die Forderungsbeträge für die von der Beklagten erbrachten Leistungen nicht entsprechend den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen hinterlegt habe. An dieser Beurteilung sieht sich das Berufungsgericht nicht durch die Rechtskraft des Urteils im Verfahren LG Aachen 12 O 535/98 gehindert, in dem die Beklagte zur Herausgabe des Fahrzeugs an den Kläger verurteilt worden ist. Denn die Entscheidung über Einreden gegen den Klageanspruch erwachse nicht in Rechtskraft. Die Rechtskraft eines Herausgabeurteils entfalte materiell-rechtliche Wirkungen lediglich für Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen und auf Schadensersatz nach den §§ 987, 989
BGB. Ansprüche des Klägers aus den §§ 990, 989 BGB schieden aus, weil die Beklagte - anders als vom Landgericht im Herausgabeprozeß angenommen - zum Besitz berechtigt gewesen sei.
Bei § 989 BGB sieht sich das Berufungsgericht zwar an das Herausgabeurteil des Landgerichts Aachen gebunden. Im Rahmen dieser Vorschrift dürfe also nicht mehr erneut überprüft werden, ob der Beklagten tatsächlich kein Recht zum Besitz zustand. Nach § 989 BGB könne der Ersatz des Vorenthaltungsschadens aber nicht verlangt werden.
2. Mit diesen Ausführungen verkennt das Berufungsgericht die Bindungswirkung des rechtskräftigen Herausgabeurteils im Verfahren LG Aachen 12 O 535/98.
Entsprechend den Feststellungen von Landgericht und Berufungsgericht kommt ein Verzug der Beklagten ab Anfang Oktober 1998 in Betracht. Denn ab diesem Zeitpunkt hatte der Kläger eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er die Herausgabe seines Fahrzeugs verlangt (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.1998 - X ZR 70/96, NJW 1998, 2132). Ein Verzug der Beklagten wäre zu diesem Zeitpunkt zwar nicht eingetreten, wenn dieser ein Zurückbehaltungsrecht, ein Werkunternehmerpfandrecht oder ein vertraglich vereinbartes Besitzrecht an dem Fahrzeug zugestanden hätte. Der Annahme eines solchen Besitzrechts steht aber für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Herausgabeklage bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung in jener Sache das Urteil des LG Aachen 12 O 535/98 entgegen. Die Klägerin hat weder geltend gemacht, daß sich für sie ein derartiges Recht erst aus nach Rechtshängigkeit eingetretenen Umständen ergeben hätte noch ist das dem Herausgabeurteil zu entnehmen. Mit
der Rechtskraft des Herausgabeurteils steht daher fest, daß der Beklagten ab Rechtshängigkeit der Herausgabeklage, dem 25. November 1998, bis zum 12. August 1999, der mündlichen Verhandlung im Herausgabeprozeß, kein Recht zum Besitz zustand (BGH, Urt. v. 20.02.1998 - V ZR 319/96, NJW 1998, 1709; Urt. v. 09.07.1982 - V ZR 64/81, NJW 1983, 164; Urt. v. 20.06.1984 - IVa ZR 34/83, NJW 1985, 1553). Eine andere zeitliche Abgrenzung der Bindungswirkung ist nur geboten, wenn sich der für ein Recht zur Verweigerung der Hauptsache relevante Sachverhalt zwischen Eintritt der Rechtshängigkeit und mündlicher Verhandlung ändert. Zwar behandeln die zitierten Urteile sachenrechtliche Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen gemäß § 987 BGB. Die dort getroffenen Aussagen zu den zeitlichen Grenzen der Rechtskraft des Herausgabeurteils gelten jedoch davon unabhängig allgemein und erfassen insbesondere alle vertraglichen Besitzrechte. Daher hätte das Berufungsgericht jedenfalls für den Zeitraum vom 25. November 1998 bis zum 12. August 1999 von einem Verzug der Beklagten mit der Herausgabe des klägerischen Fahrzeugs ausgehen müssen.
Der Herausgabeanspruch war im Vorprozeß ausgeurteilter Streitgegenstand und keine Einrede. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Rechtskraft des Herausgabeurteils im Folgeprozeß nur für Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen und auf Schadensersatz nach den §§ 987, 989 BGB Bedeutung haben soll. Der rechtskräftig zuerkannte Anspruch auf Herausgabe beinhaltet, daß dem Beklagten kein Recht zur Verweigerung der Herausgabe zustehen kann. Ließe man ein anderes Ergebnis zu, könnte die Entscheidung in einem Folgeprozeß der Sache nach auf eine Verweigerung der Herausgabepflicht und damit auf das kontradiktorische Gegenteil des im Vorprozeß zuerkannten Anspruchs gestützt werden. Das wäre mit der Rechtskraft des im Vorprozeß
ergangenen Urteils unvereinbar (BGHZ 123, 137; BGH, Urt. v. 13.11.1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376).
Alle rechtlichen Gesichtspunkte, die das Berufungsgericht zur Verneinung eines Verzugs der Beklagten heranzieht, stünden dem rechtskräftig festgestellten Herausgabeanspruch des Klägers entgegen. Sowohl das Werkunternehmerpfandrecht des § 647 BGB, dessen Vorliegen das Berufungsgericht dahinstehen läßt, wie auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB und eine Vereinbarung der Parteien würden die Beklagte zur Verweigerung der Herausgabe berechtigen, was mit der rechtskräftig festgestellten Pflicht zur Herausgabe unvereinbar wäre. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß sich dem Herausgabeurteil nicht entnehmen läßt, ob es auf einen vertraglichen oder gesetzlichen Herausgabeanspruch gestützt ist.
Die Rechtskraft des Herausgabeurteils schließt zwar nicht aus, daß die zur Herausgabe verurteilte Partei zu einem späteren Zeitpunkt ein Recht zur Verweigerung der Herausgabe erwirbt. Fehlen jedoch in diesem Zeitraum eingetretene , dafür relevante Änderungen, die geltend g emacht werden, stellt das Herausgabeurteil aber rechtskräftig fest, daß ihr ab Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs und bis zu dem für das Urteil maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt , dem Schluß der mündlichen Verhandlung am 12. August 1999, kein solches Recht zustand. Dafür, daß die Beklagte es danach erworben haben könnte, ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts keinerlei Anhaltspunkte; es wird von ihr auch nicht behauptet.
Keine Rechtskraftwirkung des Urteils im Vorprozeß besteht allerdings für die Zeit von Anfang Oktober 1998, dem ersten eindeutigen Herausgabeverlan-
gen, bis zur Rechtshängigkeit der Herausgabeklage am 25. November 1998. Das Berufungsgericht ist insoweit durch das Herausgabeurteil nicht gehindert, einen Verzug der Beklagten zu verneinen. Allerdings sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für die Zeit vor und nach Rechtshängigkeit diesbezüglich eine unterschiedliche Bewertung nahelegen.
3. Auf dieser rechtlichen Grundlage ergibt sich für die einzelnen vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen folgendes:

a) Mietwagenkosten
Soweit die Beklagte die Herausgabe des Fahrzeugs unberechtigt verweigert hat, haftet sie gemäß §§ 631, 286 BGB a.F. für die Kosten der Anmietung eines mit dem klägerischen Fahrzeug gleichwertigen Ersatzwagens. Dieser Anspruch ist, anders als das Landgericht entschieden hat, nicht auf drei Monate beschränkt. Die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs war dem Kläger schon deshalb nicht unter dem Aspekt der Schadensminderungspflicht zuzumuten, weil er jederzeit erwarten konnte, daß die Klägerin ihrer Herausgabepflicht nachkommen werde. Auf den Zeitwert des Fahrzeugs des Klägers kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Feststellungen zur ersatzfähigen Höhe der Mietwagenkosten hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend nicht getroffen; dies wird nachzuholen sein.

b) TÜV-Prüfung und Abgasuntersuchung

Die Kosten der TÜV-Prüfung und Abgasuntersuchung sind nicht als Verzugsschaden ersatzfähig. Sie hat jeder Fahrzeugeigentümer regelmäßig zu tragen. Der Kläger kann sie nicht zusätzlich zu den Mietwagenkosten verlangen.

c) Batteriearbeiten, Ölwechsel, Kerzen, Klemmen, Abschleppkosten
Die Revision meint, die Beklagte hafte für diese Positionen unter dem Gesichtspunkt des Verzugs und der in § 287 Satz 2 BGB a.F. angeordneten Zufallshaftung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist jedoch nicht ersichtlich, daß diese Arbeiten aufgrund des Verzugs der Beklagten erforderlich wurden. Selbst wenn man einen Eintritt des Verzugs bereits ab Anfang Oktober 1998 annehmen würde, hätte das Fahrzeug zuvor bereits seit dem 31. März 1998, also mindestens sechs Monate, auf dem Gelände der Beklagten gestanden. Damit können die Ursachen der fraglichen Arbeiten nicht sicher dem Zeitraum ab Eintritt des Verzugs zugeordnet werden. § 287 Satz 2 BGB a.F. ordnete eine Zufallshaftung nur für während des Verzugs eingetretene Schäden an. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht ferner berücksichtigt , daß Öl- und Kerzenwechsel auch bei regulärer Nutzung regelmäßig erforderlich werden. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu diesen Schadenspositionen sind daher im Ergebnis richtig, auch wenn sie unzutreffend an den Eintritt der Rechtshängigkeit statt an den Eintritt des Verzugs anknüpfen.
Die geltend gemachten Abschleppkosten sind, wie sich aus der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Rechnung (GA 45) ergibt, im Zusammenhang mit dem Transport des Fahrzeugs zur Durchführung der vorstehenden Arbeiten entstanden. Sie sind damit kein Folgeschaden der verzögerten Herausgabe.

d) Kabel, Scheinwerfereinsatz (Nebellampen)
Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, daß bei den Positionen "Kabel" und "Scheinwerfereinsatz" kein Zusammenhang mit der langen Standzeit des Fahrzeugs bei der Beklagten dargelegt sei, ist nicht zu beanstanden ; die tatsächlichen Feststellungen tragen insoweit keine Verzugshaftung der Beklagten.

e) Chromfelgen, Frontgrill, Dichtungen, Wischerblätter
Eine Haftung der Beklagten für diese Positionen lehnt das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ab.
Danach sei der Rost an Chromfelgen und Frontgrill auf eine schon vor dem Abstellen des Fahrzeugs bei der Beklagten bestehende Beschädigung zurückzuführen. Damit scheidet eine Verzugshaftung der Beklagten für diese Schäden aus. Die Revision verkennt erneut, daß es hier nicht um eine Zufallshaftung für während des Verzugs eingetretene Schäden geht.
Die Scheibenwischer hätten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch bei Benutzung des Fahrzeugs infolge normalen Verschleißes erneuert werden müssen; hinsichtlich der festgestellten Vermoosungen an den Dichtungen schließlich habe die Möglichkeit einer Reinigung mittels Hochdruckreiniger bestanden. Auf der Basis dieser sachverständigen Ausführungen hat das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei eine Haftung der Beklagten verneint.

f) Hagelschaden

Hinsichtlich des Hagelschadens dürfte es zwar an einem Verschulden der Beklagten fehlen, weil sie nicht gehalten war, das Fahrzeug des Klägers in einer Garage abzustellen. Allerdings kommt hier eine Zufallshaftung gemäß § 287 BGB a.F. in Frage, falls der Hagelschaden während des Verzugs der Beklagten eingetreten sein sollte. Dazu wird das Berufungsgericht Feststellungen nachholen müssen.

g) Aufbereitung/Politur sowie Glühbirnen
Das Berufungsgericht lehnt einen Anspruch des Klägers auf Ersatz dieser Positionen ab, weil eine dem Zeitraum ab Rechtshängigkeit zuzuordnende Verschlechterung insoweit ebenfalls nicht feststellbar sei und Pflegearbeiten grundsätzlich auch bei regulärer Benutzung des Fahrzeugs durchgeführt werden müßten. Die Revision erhebt hiergegen keine substantiierten Einwände. Zwar kommt es wiederum nicht auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, sondern auf denjenigen des Verzugseintritts an. Die Ausführungen des Berufungsgerichts gelten dafür aber entsprechend und sind nicht zu beanstanden.

h) Rechnung des Parteigutachters
Im Hinblick auf die Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils LG Aachen 12 O 535/98 steht fest, daß die Beklagte dem Kläger das Fahrzeug jedenfalls vom 25. November 1998 bis November 1999, also mindestens etwa ein Jahr, unberechtigt vorenthielt. Die Begutachtung des Fahrzeugs zur Feststellung eventueller Ansprüche gegen die Beklagte ist daher als angemessene
Rechtsverfolgung unter dem Aspekt des Verzugsschadens von der Beklagten zu ersetzen.

i) Nockenwelle
Die Kosten der Arbeiten an der Nockenwelle hält das Berufungsgericht schon deshalb nicht für ersatzfähig, weil sie von der vergleichsweisen Regelung im Verfahren AG Geilenkirchen 10 C 564/98 (LG Aachen 6 S 269/99) erfaßt würden. Die Revision greift diese Beurteilung nicht an. Sie läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen.

j) Kosten der Arbeiten am Getriebe
Den Ersatz der Kosten der Getriebereparatur will das Berufungsgericht dem Kläger nicht zusprechen, weil er es versäumt habe, sich die Aussage des Zeugen R. zu eigen zu machen. Dieser hatte bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, bei den früheren Arbeiten der Beklagten am Getriebe sei zwar das Getriebe, nicht jedoch auch der Ölkühler erneuert worden, so daß das Getriebe wieder habe kaputtgehen müssen. Danach war naheliegend , dem Kläger einen werkvertraglichen Anspruch auf Beseitigung des Getriebeschadens zuzubilligen. Dies hat das Berufungsgericht abgelehnt, weil der Kläger versäumt habe, sich die Aussage des Zeugen R. zu eigen zu machen. Insbesondere habe er im Rahmen eines Schriftsatzes vom 27. November 2002 ausführlich zur Beweisaufnahme Stellung genommen, ohne sich zum Inhalt der Aussage des Zeugen R. zu äußern.
Diese Würdigung ist verfehlt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist davon auszugehen, daß sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, hilfsweise zu eigen macht (BGH, Urt. v. 03.04.2001
- VI ZR 203/00, NJW 2001, 2177, 2178; Urt. v. 08.01.1991 - VI ZR 102/90, NJW 1991, 1541, 1542). Entgegen dem Berufungsgericht sind Gründe, die zu einer anderen Beurteilung führen, nicht ersichtlich. Darüber hinaus trifft die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht nicht zu, daß dann, wenn eine Partei zu einer ihr günstigen Zeugenaussage in einer ausführlichen Stellungnahme zum Beweisergebnis schweigt, die zitierte Rechtsprechung keine Anwendung findet. Sie gilt auch für solche Fälle.
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe in einem Schriftsatz vom 27. November 2002 (richtig: 2001, Bl. 300 ff. der Akte) ausführlich zur Beweisaufnahme Stellung genommen, ist durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Bl. 300 ff. der Akte enthalten einen Schriftsatz des Klägers, in dem ausschließlich zum Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Stellung genommen wird. Die fragliche Aussage des Zeugen R. findet sich auf Bl. 212 f.. Auf Bl. 267 ff. folgt dann die Stellungnahme der Beklagten zum Ergebnis der Beweisaufnahme. Damit fehlt bereits die tatsächliche Grundlage für die rechtliche Argumentation des Berufungsgerichts.
II. Im Ergebnis ist das Berufungsurteil somit aufzuheben hinsichtlich der Entscheidung über die Mietwagenkosten (20.374,50 €), des Hagelschadens (945,89 €), des Honorars des privaten Sachverständigen (88,15 €) sowie der Getriebearbeiten (632,98 €). Von diesen Positionen ist allein das Honorar des Sachverständigen zur Endentscheidung reif. Die Beklagte hat es dem Kläger zu
ersetzen. Im übrigen ist der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens überlassen bleibt.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Kirchhoff

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 227/04
vom
5. April 2006
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 5. April 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 13. September 2004 wird auf Kosten der Gläubigerin als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 4.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Schuldnerin beantragte am 15. Mai 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen sowie die Erteilung der Restschuldbefreiung. Mit Beschluss vom 30. Juli 2003 eröffnete das Insolvenzgericht das Verfahren und bestellte den (weiteren) Beteiligten zu 2 zum Treuhänder.
2
Im Schlusstermin vom 13. April 2004 hat die Gläubigerin beantragt, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich diese mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das Rechtsmittel ist jedoch unzulässig; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
1. Die Rechtsbeschwerde meint, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu. Zu klären sei die Frage, ob die Versagung der Restschuldbefreiung auch auf eine Verletzung der in § 295 InsO genannten Mitwirkungsobliegenheiten des Schuldners gestützt werden könne. Diese Rechtsfrage ist jedoch durch den Beschluss des Senats vom 29. Juni 2004 (IX ZB 90/03, WM 2004, 1688, 1689) geklärt. Danach ist über eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners im Sinne der §§ 295, 296 InsO im Verfahren der Entscheidung nach § 291 Abs. 1 InsO, wie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, nicht zu befinden.
5
2. Damit kommt es auf die weitere von der Rechtsbeschwerde bezeichnete Frage, ob ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliege, wenn der verheiratete und berufstätige Schuldner an der Eingruppierung in die Steuerklasse V festhalte, hier nicht an.
6
3. Schließlich hält die Rechtsbeschwerde eine Entscheidung des Senats zu der Frage für geboten, unter welchen Voraussetzungen das Nachschieben eines Versagungsgrundes zulässig sei. Zwar hat der Senat diese Frage in seinem Beschluss vom 22. Mai 2003 (IX ZB 456/02, WM 2003, 1382, 1383) offen gelassen. In seiner Entscheidung vom 11. September 2003 (BGHZ 156, 139, 142 f) hat er sodann jedoch klargestellt, dass es ausschließlich Sache des Gläubigers ist, bis zum Schlusstermin den von ihm geltend gemachten Versagungsgrund glaubhaft zu machen. Einen gemäß § 290 Abs. 2 InsO zulässigen Versagungsantrag hat die Gläubigerin im Schlusstermin jedoch nicht gestellt, wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben. Im Übrigen ist die aufgeworfene Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich; denn das Beschwerdegericht hat die von der Gläubigerin nachgeschobene Behauptung zutreffend als unsubstantiiert gewürdigt: Die Schuldnerin war nicht gehalten, ihren Steuererstattungsanspruch im Verfahren gesondert anzugeben, weil dieser dem Treuhänder bereits bekannt war. Sie musste ihn auch nicht an diesen abtreten; die - nach dem Zeitablauf und den Äußerungen des Treuhänders fern liegende - Behauptung der Gläubigerin, die Schuldnerin habe es unterlassen, den ihr zugeflossenen Teil der Steuererstattung an den Treuhänder auszukehren, erschöpft sich in einer pauschal formulierten Mutmaßung. Schließlich zeigt die Rechtsbeschwerde auch nicht auf, dass ein Zulässigkeitsgrund in Bezug auf das Nachschieben von Versagungsgründen in dem hier gegebenen Fall vor- liegt, dass der Gläubiger im Schlusstermin keinen zulässigen Antrag gestellt hat; die von ihr in Bezug genommenen Literaturstellen belegen insoweit eine Klärungsbedürftigkeit nicht.
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 07.05.2004 - 145 IK 193/03 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 13.09.2004 - 6 T 348/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 103/05
vom
18. Mai 2006
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 18. Mai 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 1. März 2005 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Anträge Die des Schuldners vom 23. Juni 2000 auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen sowie auf Erteilung der Restschuldbefreiung gingen am 26. Juni 2000 bei Gericht ein. Nach Verweisung an das zuständige Insolvenzgericht eröffnete dieses am 14. März 2001 das Insolvenzverfahren. An dem Schlusstermin vom 4. April 2003 nahm der (weitere) Beteiligte zu 1 nicht teil. Ein anderer Gläubiger stellte zunächst den Antrag, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen; seine gegen die Zurückweisung dieses Antrags und die Ankündigung der Restschuldbefreiung gerichtete sofortige Beschwerde nahm er später zurück. Mit Beschluss vom 18. November 2003 wurde das Insolvenzverfahren sodann aufgehoben.
2
Am 10. Mai 2004 hat der Beteiligte zu 1 die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt. Diesen Antrag hat das Insolvenzgericht zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 sein Begehren weiter.

II.


3
Die 1. Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO statthaft. Dem steht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht entgegen, dass der Beteiligte zu 1 im Schlusstermin keinen Versagungsantrag gestellt hat. Denn er wendet sich nicht gegen den - rechtskräftig gewordenen - Beschluss des Insolvenzgerichts vom 22. Juli 2003, mit dem dieses dem Schuldner die Rechtschuldbefreiung angekündigt hat. Wie sich insbesondere aus dem Schriftsatz vom 24. August 2004 ergibt, nimmt der Beteiligte zu 1 die Rechtskraft dieses Beschlusses hin und strebt eine "abschließende Versagung" der Restschuldbefreiung an. Hierzu räumt das Gesetz dem Insolvenzgläubiger während der Laufzeit der Abtretungserklärung - von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall des § 297 InsO abgesehen - ein Antragsrecht nach § 296 InsO ein. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde (§ 6 Abs. 1 InsO) und damit auch der Rechtsbeschwerde (§ 7 InsO) folgt somit aus § 296 Abs. 3 S. 1 InsO.
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache nach den Darlegungen in der Rechtsbeschwerdebegründung keine grundsätzli- che Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
5
Bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüft der Bundesgerichtshof nach § 574 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulassungsgründe, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (BGH, Beschluss vom 29. September 2005 - IX ZB 430/02, ZInsO 2005, 1162).
6
a) Der Beteiligte zu 1 hält die Frage für grundsätzlich, ob Versagungsgründe nach § 290 InsO dann noch nach dem Schlusstermin geltend gemacht werden können, wenn dem Gläubiger das zur Begründung herangezogene Fehlverhalten des Schuldners erst in der Treuhandphase bekannt geworden ist; dies führt jedoch nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde. Denn die Antwort auf diese Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Ein auf die in § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO aufgezählten Versagungsgründe gestützter Versagungsantrag ist nur zulässig , wenn der Gläubiger diesen Antrag im Schlusstermin stellt. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers (BTDrucks. 12/2443 S. 189 zu § 237 RegE); wird dem Schuldner (rechtskräftig) Restschuldbefreiung angekündigt, soll sein Verhalten in der Vergangenheit keine Rolle mehr spielen (BT-Drucks. 12/2443 S. 191 zu § 240 RegE). Daher hat der Senat mit Beschluss vom 20. März 2003 (IX ZB 388/02, ZVI 2003, 170, 171) entschieden, dass die Restschuldbefreiung nur versagt werden kann, wenn der Antrag des Insolvenzgläubigers im Schlusstermin gestellt worden ist, es sei denn, dass ein besonderes Verfahren angeordnet worden ist, nach dessen Vorschriften von der Abhaltung eines Schlusstermins abgesehen werden darf. Der Schlusstermin bewirkt daher eine Zäsur. Zur Begründung eines im Termin gestellten Antrags ist der Gläubiger auf die in § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO aufgezählten Versagungsgründe beschränkt; hingegen sind Obliegenheitsverletzungen nach § 295 InsO hier noch nicht zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2004 - IX ZB 90/03, WM 2004, 1688, 1689; v. 9. März 2006 - IX ZB 17/05, Rn. 20). Dementsprechend geht auch die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass eine Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 InsO nach dem Schlusstermin nicht mehr beantragt werden kann (OLG Celle NZI 2002, 323, 324; LG Hof ZVI 2003, 545, 546; LG Göttingen ZVI 2002, 383, 384; LG München I ZInsO 2001, 767; HK-InsO/Landfermann, 4. Aufl. § 289 Rn. 7; § 290 Rn. 21; MünchKomm-InsO/ Stephan, § 290 Rn. 17; Ahrens in Kohte/Ahrens/Grote, Verfahrenskostenstundung , Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenzverfahren 3. Aufl. § 290 Rn. 59; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 290 Rn. 5; Kübler/Prütting/ Wenzel, InsO § 290 Rn. 6; § 292 Rn. 18 f; a.A. Bruckmann, Verbraucherinsolvenz in der Praxis § 4 Rn. 24).
7
b) Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, verfassungsrechtliche Gründe geböten eine Durchbrechung dieses gesetzlichen Systems, wenn dem Gläubiger ein Fehlverhalten des Schuldners erst in der Wohlverhaltensphase bekannt werde, liegt fern. Der Eröffnungsbeschluss mit der Aufforderung nach § 28 InsO wird - so auch hier - öffentlich bekannt gemacht. Die öffentliche Bekanntmachung genügt nach § 9 Abs. 3 InsO zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten. Das Gesetz geht danach ersichtlich davon aus, dass die Verantwortung für die rechtzeitige Beschaffung der erforderlichen Informationen beim Insolvenzgläubiger liegt (vgl. Kübler/Prütting/Wenzel, aaO § 290 Rn. 6).
8
Aber auch die Auffassung der Rechtsbeschwerde führt im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis: Die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 fragten mit Schriftsatz vom 19. November 2002 bei dem Insolvenzgericht unter Angabe des Namens des Schuldners und des zutreffenden Aktenzeichens an, ob das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist. Der Rechtspfleger teilte ihnen mit Schreiben vom 25. November 2002 mit, dass ein Schlusstermin noch nicht bestimmt worden sei, die Terminierung jedoch unmittelbar bevorstehe ; eine Ablichtung der gerichtlichen Zustimmung zur Schlussverteilung war dem Schreiben beigefügt. Dies geschah lange vor dem - öffentlich bekannt gemachten - Schlusstermin am 4. April 2003. Auch die erneute Sachstandsanfrage der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 vom 25. März 2003 beantwortete das Insolvenzgericht noch vor dem Schlusstermin; mit seinem Schreiben übersandte es den Beschluss, durch den dieser Termin bestimmt worden war. Die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 verfügten somit über die Kenntnis der erforderlichen Verfahrenstatsachen; der Beteiligte zu 1 hätte sich daher rechtzeitig vor dem Schlusstermin Gewissheit darüber verschaffen können, ob seine Darlehensforderung in den vom Schuldner eingereichten Verzeichnissen enthalten war.
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Bad Neuenahr-Ahrweiler, Entscheidung vom 26.11.2004 - 6 IK 16/00 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 01.03.2005 - 2 T 47/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 88/06
vom
8. Februar 2007
in dem Restschuldbefreiungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Insolvenzgericht darf die Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung
nicht von Amts wegen auf andere als die vom Antragsteller geltend gemachten
Versagungsgründe stützen.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2007 - IX ZB 88/06 - LG Stade
AG Tostedt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Cierniak
am 8. Februar 2007

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Schuldnerin werden der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 26. April 2006 und der Beschluss des Amtsgerichts Tostedt vom 29. September 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Mit Beschluss vom 16. März 2004 ist der Schuldnerin unter der Voraussetzung , dass sie während der Laufzeit der Abtretungserklärung (Wohlverhaltensperiode ) die Obliegenheiten gemäß § 295 InsO erfüllt, die Restschuldbefreiung angekündigt worden. Zugleich ist ihr mitgeteilt worden, während der Wohlverhaltensperiode, die, gerechnet ab dem 1. Juli 2002, sechs Jahre betra- ge, gingen die pfändbaren Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge nach Maßgabe der Abtretungserklärung auf den Treuhänder über. Mit Beschluss vom 31. März 2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin aufgehoben.
2
Unter dem 8. Juli 2005 haben die weiteren Beteiligten als Insolvenzgläubiger beantragt, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung gemäß § 296 InsO zu versagen. Zur Begründung haben sie darauf hingewiesen, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin "ihre Einnahmen ordnungsgemäß an den Treuhänder abgetreten" habe. Sie sei im April 2005 als Maklerin aufgetreten und habe insoweit 2.100 € vereinnahmt. Diese Einnahmen habe sie dem Treuhänder gewiss nicht offenbart. Der dazu angehörte Treuhänder hat mitgeteilt, er habe von der Schuldnerin bislang keinerlei Auskünfte über ihre Einkommensverhältnisse erhalten; eine Obliegenheitsverletzung liege auch insoweit vor, als die Schuldnerin eine Änderung ihrer Anschrift nicht angegeben habe.
3
Unter Bezugnahme auf den Bericht des Treuhänders hat das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung versagt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluss vom 26. April 2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Schuldnerin habe dem Treuhänder ihren Wohnsitzwechsel nicht angezeigt. Darin liege eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.


4
Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 6, 7, 289 Abs. 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es ist auch in der Sache begründet.
5
1. Nach § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 InsO rechtfertigt ein Verstoß gegen eine der in § 295 InsO aufgeführten Obliegenheiten die Versagung der Restschuldbefreiung nur, wenn dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird. Deren Schlechterstellung muss konkret messbar sein; eine bloße Gefährdung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger reicht nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 50/05, NZI 2006, 413). Weder das Amtsgericht noch das Landgericht als Beschwerdegericht haben Feststellungen dazu getroffen, dass die Schuldnerin durch die vom Tatrichter angenommene Obliegenheitsverletzung (Unterlassung der unverzüglichen Anzeige des Wechsels ihres Wohnsitzes) die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt habe.
6
2. Darüber hinaus setzt die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 InsO einen entsprechenden Antrag eines Insolvenzgläubigers voraus. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Antragsteller hatten ihren Versagungsantrag nicht auf den vom Beschwerdegericht angenommenen Versagungsgrund gestützt. Sie hatten vielmehr allein darauf abgehoben , die Schuldnerin habe nicht alle Einkünfte dem Treuhänder angezeigt. Dass sie den Antrag später erweitert hätten, ist nicht ersichtlich.
7
Etwas Derartiges ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schriftsatz der weiteren Beteiligten vom 4. Oktober 2005. Dieser ist erst nach Erlass der erst- instanzlichen Entscheidung eingegangen. Ob die Erweiterung des Antrags in der Beschwerdeinstanz überhaupt noch möglich gewesen wäre, kann dahinstehen. Jedenfalls enthält der Schriftsatz keine ausdrückliche Erweiterung des Antrags. Es heißt darin nur, "aus dem Schreiben des Insolvenzverwalters … (ergebe sich), dass die Schuldnerin ihren Obliegenheiten nicht nachgekommen" sei. "Insofern … (sei) die Restschuldbefreiung zu versagen". Eine Auslegung dieser Äußerungen im Sinne einer Antragserweiterung verbietet sich, weil der Antrag in seinem erweiterten Teil unzulässig wäre. Ein zulässiger Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung während der Laufzeit der Abtretungserklärung setzt voraus, dass der Insolvenzgläubiger nicht nur die Obliegenheitsverletzung des Schuldners, sondern auch eine darauf beruhende Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger glaubhaft macht (BGH, Beschl. v. 5. April 2006 aaO). Dazu enthält der Schriftsatz der weiteren Beteiligten nichts. Dass diese einen unzulässigen Antrag stellen wollten, ist nicht anzunehmen.
8
Von Amts wegen darf das Gericht das Versagungsverfahren nicht auf andere Versagungsgründe erstrecken (MünchKomm-InsO/Stephan, § 296 Rn. 4; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 296 Rn. 3; FK-InsO/Ahrens, 4. Aufl. § 296 Rn. 17; HK-InsO/Landfermann, 4. Aufl. § 296 Rn. 8; a.A. Kübler/Prütting/Wenzel, § 296 Rn. 7). Das Verfahren auf Versagung der Restschuldbefreiung unterliegt der Gläubigerautonomie. Der Treuhänder hat kein eigenes Antragsrecht. Es ist deswegen unerheblich, dass dieser im vorliegenden Fall das Insolvenzgericht auf die Nichtanzeige des Wohnungswechsels als - vermeintlich - weiteren Versagungsgrund aufmerksam gemacht hat, solange dies von keinem Gläubiger in zulässiger Form aufgegriffen wird.

III.


9
Beschwerdeentscheidung Die ist somit aufzuheben, desgleichen die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts. Die Sache ist an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO; wegen der Möglichkeit der Zurückverweisung in die erste Instanz vgl. BGHZ 160, 176, 185; BGH, Beschl. v. 4. November 2004 - IX ZB 70/03, NZI 2005, 45, 46), weil in beiden Vorinstanzen nicht über den von den weiteren Beteiligten gestellten Antrag, wegen der unterlassenen Offenlegung und Abführung von Einnahmen die Restschuldbefreiung zu versagen, entschieden worden ist. Das Amtsgericht hat zwar in seiner Entscheidung auch darauf hingewiesen, die Schuldnerin sei gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verpflichtet, keine von der Abtretungserklärung erfassten Bezüge und kein von der Nummer 2 erfasstes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen entsprechende Auskünfte zu erteilen. Indes hat das Amtsgericht hinzugefügt, die Schuldnerin habe das Unterlassen der Umzugsmitteilung selbst eingeräumt und die weiteren Beteiligten hätten "aus diesem Grunde" zu Recht eine Versagung der Restschuldbefreiung beantragt. Daraus lässt sich entnehmen, dass es die Versagung lediglich auf das Unterlassen der Umzugsmitteilung hat stützen wollen.

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An dem in der ersten Instanz fortzusetzenden Verfahren sind die Antragsteller zu beteiligen, was das Beschwerdegericht unterlassen hat.
Fischer Ganter Raebel
Kayser Cierniak
Vorinstanzen:
AG Tostedt, Entscheidung vom 29.09.2005 - 19 IN 77/02 -
LG Stade, Entscheidung vom 26.04.2006 - 7 T 205/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 187/03
vom
25. Oktober 2007
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Insolvenzgericht darf die Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung
nicht von Amts wegen auf andere als die vom Antragsteller geltend gemachten
Versagungsgründe stützen, selbst wenn diese erst nach dem Schlusstermin bekannt
geworden sind.
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - IX ZB 187/03 - LG Mönchengladbach
AG Mönchengladbach
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 25. Oktober 2007

beschlossen:
Der Schuldner wird in die versäumte Frist zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde wieder eingesetzt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach vom 10. Juli 2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Über das Vermögen des Schuldners wurde auf seinen Antrag am 9. Oktober 2001 das vereinfachte Insolvenzverfahren eröffnet und die Prüfung der angemeldeten Forderungen sowie später die Durchführung des Schlusstermins im schriftlichen Verfahren angeordnet. Nach dem Bericht des Treuhänders betrug der Vermögensbestand des Schuldners 648,11 €. Pfändbare Arbeitsein- künfte waren nicht vorhanden. Die weiteren Beteiligten zu 2 widersprachen mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19. Juli 2002, der am 22. Juli 2002 bei Gericht einging, der vom Schuldner erstrebten Restschuldbefreiung. Im Schlusstermin vom 23. Juli 2002 wurden nach dem Protokoll des Rechtspflegers weitere Versagungsanträge nicht gestellt. In der anwaltlichen Stellungnahme des Schuldners vom 12. August 2002 zu dem schriftsätzlichen Versagungsantrag der weiteren Beteiligten zu 2 ließ er dem Insolvenzgericht auch mitteilen, im laufenden Jahr durch Tennisunterricht 300 € eingenommen zu haben. Daraufhin hat das Amtsgericht dem Schuldner nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Restschuldbefreiung versagt, weil er in grob fahrlässiger Verletzung seiner Mitwirkungs- und Auskunftspflicht dem Treuhänder die Unterrichtseinkünfte verschwiegen habe. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde des Schuldners ist nach der ihm gemäß §§ 233, 234 ZPO zu gewährenden Wiedereinsetzung in die abgelaufene Begründungsfrist zulässig und begründet.
3
Beschwerdeentscheidung Die kann bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Bestand haben. Ein auf § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO gestützter Versagungsantrag ist nur zulässig, wenn er von einem Gläubiger im Schlusstermin oder in dem entsprechenden schriftlichen Verfahren gestellt wird (BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647). Daran ändert nichts, wenn das zur Begründung eines späteren Antrags herangezogene Fehlverhalten des Schuldners erst nach dem Schlusstermin bekannt geworden ist (BGH, aaO). Bis zu dieser Verfahrenszäsur muss der Versagungsgrund geltend gemacht sein; ein späteres Nachschieben von Gründen ist unzulässig (vgl. BGHZ 156, 139, 142 f; BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596, 597). Hier wie in der Wohlverhaltensphase verbietet die Gläubigerautonomie des Verfahrens der Restschuldbefreiung insbesondere, dass das Gericht seine Versagungsentscheidung von Amts wegen auf Umstände stützt, die der Gläubiger zur Begründung seines Versagungsantrags nicht geltend gemacht hat (mit Bezug auf § 296 InsO vgl. BGH, Beschl. v. 8. Februar 2007 - IX ZB 88/06, NZI 2007, 297).
4
Das Beschwerdegericht hat dem Schuldner hier nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO wie bereits das Amtsgericht von Amts wegen ein Fehlverhalten vorgeworfen , auf welches sich die weiteren Beteiligten zu 2 in Ihrem Versagungsantrag nicht berufen haben. Dieses Verhalten ist überhaupt erst durch die Offenbarung des Schuldners nach dem Schlusstermin bekannt geworden. Es ist nicht einmal festgestellt, dass der Schuldner die Unterrichtseinkünfte bereits vor dem Schlusstermin vom 23. Juli 2002 bezogen hatte. Die Restschuldbefreiung durfte dem Schuldner danach mit dieser Begründung nicht versagt werden.

5
Das Beschwerdegericht wird sich nach der Zurückverweisung nunmehr mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen haben, mit denen die weiteren Beteiligten zu 2 ihren Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gerechtfertigt haben.
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 09.05.2003 - 19 K 67/00 -
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 10.07.2003 - 5 T 270/03 -
9
Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung im eröffneten Insolvenzverfahren müssen gemäß § 290 Abs. 1 InsO im Schlusstermin gestellt werden. Ein nach dem Schlusstermin gestellter Antrag, mit dem einer der Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO geltend gemacht wird, ist unzulässig (BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 - IX ZB 103/05, NZI 2006, 538; v. 27. Juli 2006 - IX ZB 234/03, zit. bei Ganter NZI 2007, Beilage zu Heft 5 S. 18 Fn. 169). Wird anstelle des Schlusstermins das schriftliche Verfahren angeordnet und eine Frist zur Stellung von Anträgen auf Versagung der Restschuldbefreiung gesetzt, wie dies etwa im Verbraucherinsolvenzverfahren gemäß § 312 Abs. 2 InsO oder im masseunzulänglichen Verfahren zulässig ist (BGH, Beschl. v. 20. März 2003 - IX ZB 388/02, ZVI 2003, 170, 172; Kübler/Prütting/Wenzel, InsO § 290 Rn. 6; Mohrbutter/Ringstmeier/Pape, Handbuch der Insolvenzverwaltung , 8. Aufl. § 17 Rn. 89), so muss der Antrag innerhalb der Frist gestellt werden.

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.