Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07

bei uns veröffentlicht am12.06.2008
vorgehend
Amtsgericht Eutin, 3 IN 223/02, 14.06.2007
Landgericht Lübeck, 7 T 338/07, 04.09.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 184/07
vom
12. Juni 2008
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter
Prof. Dr. Kayser, Raebel, Vill, Dr. Fischer und Dr. Pape
am 12. Juni 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 4. September 2007 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 31.560,88 Euro.

Gründe:

I.

1
Die Beschwerdeführerin war zunächst vorläufige Verwalterin in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, die Backwaren erzeugte und an mehreren Verkaufsstellen vertrieb. Am 1. September 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Beschwerdeführerin zur Insolvenzverwalterin bestimmt. Diese führte den Geschäftsbetrieb fort. Zum 1. Oktober 2002 wurde dieser im Wesentlichen von einer Auffanggesellschaft übernommen.
2
Nach Beendigung ihrer Tätigkeit hat die Insolvenzverwalterin die Festsetzung ihrer Vergütung und Auslagen beantragt. Dabei hat sie für die Betriebsfortführung und die übertragende Sanierung jeweils Zuschläge von 50 v.H. auf die Regelvergütung geltend gemacht. Das Amtsgericht hat - unter Zurückweisung im Übrigen - Zuschläge von 25 v.H. für die Betriebsfortführung und 5 v.H.
für die übertragende Sanierung bewilligt. Das Landgericht hat die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zuschläge jeweils 15 v.H. betragen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Insolvenzverwalterin den Anspruch auf restliche Zuschläge von 70 v.H. weiter.

II.


3
Das Rechtsmittel ist zwar statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
4
1. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757; v. 23. September 2004 - IX ZB 215/03, NZI 2004, 665; v. 16. Juli 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1205). Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr einer Verschiebung der Maßstäbe mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460).
5
2. Eine derartige Gefahr besteht hier nicht.
6
a) Das Beschwerdegericht hat als maßgeblich bezeichnet, dass die Betriebsfortführung lediglich einen Monat angedauert und an die bereits durch einen Zuschlag für die vorläufige Insolvenzverwalterin honorierte Betriebsfortführung während des Eröffnungsverfahrens angeknüpft habe. Nach Ansicht der Rechtsbeschwerde verstößt dies gegen den Rechtsgrundsatz, wonach die Verfahrensabschnitte der vorläufigen und der endgültigen Insolvenzverwaltung getrennt zu beurteilen sind.
7
Dies ist unzutreffend. Es entspricht vielmehr der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass die Vergütung des Insolvenzverwalters von der vorausgehenden Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter beeinflusst sein kann. Ist der vorläufige Insolvenzverwalter für eine Tätigkeit bereits vergütet worden, kann ihm für dieselbe Tätigkeit als Insolvenzverwalter nicht erneut eine Vergütung bewilligt werden (BGH, Beschl. v. 2. Februar 2006 - IX ZB 167/04, ZIP 2006, 483, 485). Auch ist die Vorbefassung als vorläufiger Insolvenzverwalter , falls sie zu einer erheblichen Arbeitsersparnis des endgültigen Insolvenzverwalters geführt hat, nach § 3 Abs. 2 Buchstabe a) InsVV ein vergütungsmindernder Faktor (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204, 1206). Hat der vorläufige Insolvenzverwalter in berechtigter Weise bereits Aufgaben ganz oder teilweise erledigt, die grundsätzlich dem endgültigen Verwalter obliegen, kann er auch hierfür eine Vergütung beanspruchen (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - IX ZB 28/03, NZI 2004, 381, 382; v. 11. Mai 2006 aaO S. 1207). In wertmäßig korrespondierender Weise ist dann aber ein Abschlag bei der Vergütung des Insolvenzverwalters gerechtfertigt, der diese Aufgaben nicht mehr oder nicht mehr vollen Umfangs erledigen muss (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006 aaO S. 1207).
8
Weiter beanstandet die Rechtsbeschwerde, die Ansicht des Beschwerdegerichts , ein Zuschlag von 50 v.H. stünde in keinem Verhältnis dazu, dass die Insolvenzverwalterin für die zweimonatige Betriebsfortführung während des Eröffnungsverfahrens nur einen Zuschlag von 20 v.H. beantragt und bewilligt bekommen habe, beruhe auf der Übergehung wesentlichen Sachvortrags. Die Beschwerdeführerin habe seinerzeit offenkundig die irrige Vorstellung gehabt, als vorläufige Insolvenzverwalterin stünden ihr nur 20 v.H. des für die Tätigkeit eines endgültigen Insolvenzverwalters angemessenen Zuschlags zu, den die Beschwerdeführerin damals noch auf 80 v.H. taxiert habe. Damit wird ein rechtserheblicher Gehörsverstoß nicht dargetan.
9
b) Auch hinsichtlich des Zuschlags für die übertragende Sanierung vermag die Rechtsbeschwerde die Gefahr einer Verschiebung der Beurteilungsmaßstäbe nicht aufzuzeigen.
10
Mit der Rüge, die Annahme des Beschwerdegerichts, insoweit sei ein erheblicher Teil der von der Beschwerdeführerin entfalteten Tätigkeit schon während der vorläufigen Insolvenzverwaltung angefallen, sei in tatsächlicher Hinsicht nicht begründet, wird lediglich die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts durch die eigene ersetzt.
11
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist das Beschwerdegericht auch nicht von dem unausgesprochenen Obersatz ausgegangen, die erfolgreiche übertragende Sanierung durch den Insolvenzverwalter sei in der Regel mit einem Zuschlag von 15 v.H. angemessen vergütet. Vielmehr hat das Beschwerdegericht diesen Vomhundertsatz mit einzelfallbezogenen Erwägungen begründet.
Kayser Raebel Vill
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Eutin, Entscheidung vom 14.06.2007 - 3 IN 223/02 -
LG Lübeck, Entscheidung vom 04.09.2007 - 7 T 338/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 64 Festsetzung durch das Gericht


(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest. (2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt i
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 64 Festsetzung durch das Gericht


(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest. (2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt i

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Referenzen

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.

(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.

(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 167/04
vom
2. Februar 2006
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Gewährung einer Sicherung für ein eigenkapitalersetzendes Darlehen ist nicht gläubigerbenachteiligend
, wenn ihr nach dem vereinbarten Rang sämtliche Insolvenzforderungen
vorgehen.
Ein sämtlichen Insolvenzforderungen nachrangiges Absonderungsrecht erhöht im Falle
der Verwertung durch den Insolvenzverwalter die Bemessungsgrundlage für die Vergütung
des Verwalters in der Weise, dass der der Masse zustehende Betrag in vollem Umfang
, der an den Absonderungsberechtigten auszukehrende Betrag aber nur mit höchstens
2 % des Erlösanteils zu berücksichtigen ist.
Der Anspruch auf Auslagenpauschale endet nicht schon mit der Vorlage des Schlussberichts
, sondern erst zu dem Zeitpunkt, zu dem das Insolvenzverfahren bei angemessener,
zügiger Bearbeitung abgeschlossen werden kann.
BGH, Beschluss vom 2. Februar 2006 - IX ZB 167/04 - LG Chemnitz
AG Chemnitz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 2. Februar 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Schuldnerin und des weiteren Beteiligten zu 2 werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 21. Juni 2004 und der Beschluss des Amtsgericht Chemnitz vom 12. August 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 24.598,89 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der (weitere) Beteiligte zu 1 wurde mit Beschluss vom 1. Mai 2000 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Kurze Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwertete er der Z. AG sicherungsübereignetes Anlagevermögen. Die Übereignung war zur Sicherung eines von der Z. AG an die Schuldnerin gewährten Darlehens über 675.000 DM erfolgt. Der weitere Beteiligte zu 2 ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z. AG. Der Beteiligte zu 1 kehrte einen Erlösanteil von 10.000 DM an den Beteiligten zu 2 aus und bestritt ein Absonderungsrecht des Beteiligten zu 2, weil die Übereignung zur Sicherung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens gewährt worden war. Der Beteiligte zu 2 erklärte im Hinblick auf den eigenkapitalersetzenden Charakter der Darlehensforderung den Rangrücktritt der Darlehensforderung und des Absonderungsrechts gegenüber allen Insolvenzgläubigern gemäß § 39 Abs. 2 InsO. Mit dieser Maßgabe machte er die Forderung und das Absonderungsrecht nachrangig weiterhin geltend.
2
Der Beteiligte zu 1 beantragte, seine Verwaltervergütung bei doppeltem Regelsatz auf 52.462,06 €, die Auslagen für das erste und zweite Jahr auf je 3.000 € zuzüglich Umsatzsteuer festzusetzen. Dabei legte er tatsächliche Einnahmen gemäß der Schlussrechnung in Höhe von 197.699 € abzüglich der an den Beteiligten zu 2 geleisteten Zahlung von 5.112,92 € (10.000 DM) zugrunde, letztlich also eine bereinigte Berechnungsgrundlage von 192.586,08 €. Erhöhungsfaktoren ergäben sich u.a. im Hinblick auf das geltend gemachte Absonderungsrecht und Anträge auf Einstellung des Verfahrens.
3
Das Insolvenzgericht hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Die hiergegen erhobenen sofortigen Beschwerden der Schuldnerin und des Beteiligten zu 2 hatten teilweise Erfolg. Das Landgericht hat lediglich den einfachen Regelsatz zugebilligt, die Vergütung bei unveränderter Bemessungsgrundlage auf 26.231,03 € festgesetzt und entsprechend einem Antrag des Beteiligten zu 1 im Beschwerdeverfahren zusätzliche Auslagenpauschalen bis zum Zeitpunkt seines eigenen Beschlusses in Höhe von 5.369,30 €, sowie Umsatzsteuer in Höhe von 6.016,05 € zuerkannt, insgesamt 43.616,38 €.

4
Mit ihren Rechtsbeschwerden begehren die Schuldnerin und der Beteiligte zu 2 die weitere Herabsetzung der Vergütung und Streichung der vom Landgericht zusätzlich zugebilligten Auslagenpauschbeträge.

II.


5
Die Rechtsmittel sind statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 64 Abs. 3 InsO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 4 InsO). Es fehlt zwar entgegen § 575 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ein ausdrücklicher Antrag, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts angefochten wird. Aus der Begründung der Rechtsbeschwerden lässt sich aber mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der Höhe nach das Anliegen der sofortigen Beschwerden in vollem Umfang weiterverfolgt werden soll. Dies ist ausreichend (vgl. BGH, Beschl. v. 28. April 1997 - II ZB 25/96, NJW-RR 1997, 866).
6
Die Rechtsbeschwerden führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
7
1. Amtsgericht und Beschwerdegericht haben die Bemessungsgrundlage der Vergütung nicht zutreffend bestimmt.
8
a) Das Beschwerdegericht meint, es könne dahinstehen, ob sich aus dem unstreitig an die Z. AG zur Sicherheit übereigneten Anlagevermögen für den Beteiligten zu 2 ein Absonderungsrecht ergebe. Denn der Beteiligte zu 2 habe nur ein nachrangiges Absonderungsrecht geltend gemacht. Ein solches Recht sei jedoch bei der Bestimmung der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters nicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV zu be- rücksichtigen. Eine solche nachrangige Sicherheit führe nicht zu einer Reduzierung der Teilungsmasse, weil eine für eine kapitalersetzende Darlehensforderung gewährte Sicherheit nach § 135 InsO anfechtbar und der Erlös zur Masse zu ziehen seien. Es sei dann aber systemwidrig, wenn ein auf diesem Weg zur Masse gezogenes Kapital die Teilungsmasse nicht erhöhen würde.
9
b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
aa) Die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters bemisst sich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 InsVV nach dem Wert der Insolvenzmasse , auf die sich die Schlussrechnung bezieht. Dabei sind gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV Massegegenstände, an denen ein Absonderungsrecht besteht, nur dann zu berücksichtigen, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, vom Verwalter verwertet werden. Der Mehrbetrag der Vergütung darf jedoch 50 % des an die Masse geflossenen Kostenbeitrages für die Feststellung gemäß §§ 170, 171 Abs. 1 InsO - also 2 % des Verwertungserlöses - nicht übersteigen. Hierfür ist eine Vergleichsrechnung durchzuführen. Wird dagegen bei der Verwertung ein Überschuss erzielt, ist dieser in vollem Umfang der Masse zuzurechnen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV).
11
bb) Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, dass ein zur Sicherheit übereigneter Gegenstand aus dem Vermögen der Schuldnerin dann nicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsO zu Abzügen bei der Vergütung führt, wenn die Sicherungsübereignung wirksam angefochten ist. Die Annahme des Beschwerdegerichts , im vorliegenden Fall greife die Anfechtung nach § 135 Nr. 1 InsO durch, geht indessen fehl. Die Sicherungsübereignung erfolgte zwar zur Sicherung eines kapitalersetzenden Darlehens. Es fehlt jedoch an der gemäß § 129 InsO erforderlichen objektiven Gläubigerbenachteiligung, die Voraussetzung jeder Insolvenzanfechtung ist.
12
(1) Der Beteiligte zu 2 hatte hinsichtlich der Forderung und des Absonderungsrechts den Rangrücktritt hinter alle Insolvenzgläubiger erklärt. Der Beteiligte zu 1 durfte die sicherungsübereigneten Gegenstände, die in seinem Besitz waren, gemäß § 166 Abs. 1 InsO verwerten. Das Absonderungsrecht betraf demgemäß nur den Erlösanteil, der übrig blieb, nachdem sämtliche Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen erfüllt waren. Bei einem solcher Art beschränkten Absonderungsrecht fehlt es jedoch an einer Gläubigerbenachteiligung. Tatsächlich hat der Erlös aus der Verwertung des Sicherungseigentums die Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen bei weitem überstiegen.
13
(2) Eine Vereinbarung über den Rangrücktritt kann vor oder während des Insolvenzverfahrens geschlossen werden (MünchKomm-InsO/Ehricke, § 39 Rn. 47) und ein entsprechendes Angebot - wie im vorliegenden Fall - auch konkludent angenommen werden. Der Beteiligte zu 1 hat die Wirksamkeit des Rangrücktritts nicht in Frage gestellt, das entsprechende Angebot also angenommen. Dies wird vom Beschwerdegericht auch nicht in Zweifel gezogen.
14
Damit behielt aber die Sicherungsübereignung und das hierauf beruhende Absonderungsrecht (§ 51 Nr. 1 InsO) im vereinbarten Nachrang Wirksamkeit.
15
(3) Demgemäß kann gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV der Verwertungserlös nur insoweit unbeschränkt bei der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden, als er der Masse zusteht. Im Übrigen kann er nur im Rahmen des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV berücksichtigt werden (Mehrbetrag der Vergütung begrenzt auf maximal 2 % des entsprechenden Erlösanteils).
16
(4) Dem steht nicht entgegen, dass der Beteiligte zu 2 das streitige Absonderungsrecht nicht im Wege der Klage hat feststellen lassen. Wird ein Absonderungsrecht bestritten, ist es allerdings grundsätzlich Sache des Absonderungsberechtigten , seinen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung durchzusetzen und sein Absonderungsrecht im Wege der Feststellungsklage geltend zu machen (MünchKomm-InsO/Ganter, vor §§ 49-52 Rn. 137 ff).
17
Für eine solche Feststellungsklage bestand im vorliegenden Fall jedoch kein Anlass. Es hätte das Rechtsschutzbedürfnis hierfür gefehlt. Denn infolge des Rangrücktritts war das Fortbestehen des Absonderungsrechts insofern unerheblich , als ohnehin in jedem Fall der Übererlös, der nicht für die Befriedigung der Masseverbindlichkeiten und der Insolvenzforderungen benötigt wurde, an den Beteiligten zu 2 auf dessen Forderung auf Rückgewähr des kapitalersetzenden Darlehens auszukehren war.
18
Masseverbindlichkeiten sind allerdings auch die festgesetzte Vergütung und die festgesetzten Auslagen des Insolvenzverwalters, § 54 Nr. 2 InsO. Die Festsetzung der Vergütung erfolgt jedoch durch das Insolvenzgericht, § 64 Abs. 1 InsO. Die Frage, wie ein unstreitig nachrangiges Absonderungsrecht bei der Bemessung der Vergütung zu berücksichtigen ist, kann in diesem Verfahren geklärt werden. Einer Feststellungsklage zur Klärung dieser rein vergütungsrechtlichen Vorfrage bedarf es nicht.
19
2. Das Beschwerdegericht hat den einfachen Regelsatz in Ansatz gebracht und zur Begründung ausgeführt, dass verschiedene Positionen eine Er- höhung des Regelsatzes rechtfertigen würden, andere dagegen eine Herabsetzung. Diese Umstände, die jeweils mit 0,25 % zu bewerten seien, würden sich gegenseitig aufheben.
20
Die hiergegen erhobenen Beanstandungen der Rechtsbeschwerden greifen zum Teil durch.
21
a) Bei der Bewertung als unterdurchschnittlich hat das Beschwerdegericht neben zahlreichen anderen Punkten berücksichtigt, dass lediglich zwei Vermögensgegenstände zu verwerten gewesen seien, nämlich das Anlagevermögen mit Vorräten und ein Bankguthaben.
22
Als überdurchschnittlich hat es die Tätigkeit hinsichtlich des Komplexes "Z. AG" gewertet, nämlich die damit verbundene, über den Normalfall hinausgehende Mehrarbeit infolge des vom Beklagten zu 2 geltend gemachten Absonderungsrechts und die hierdurch veranlassten zahlreichen Schreiben. Eine Reihe weiterer geltend gemachter Erhöhungstatbestände wurde nicht anerkannt , insbesondere nicht hinsichtlich der Stellungnahmen des weiteren Beteiligten zu 1 in den Beschwerdeverfahren betreffend die beantragte Verfahrenseinstellung.
23
(1) Für die Bearbeitung von Absonderungsrechten ist dem Verwalter gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV ein Zuschlag dann zuzugestehen, wenn diese Aufgabe tatsächlich über das gewöhnliche Maß hinausging. Maßgebliches Bemessungskriterium ist der real gestiegene Arbeitsaufwand in diesem Bereich (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP 2003, 1757).
24
Die Wertung des Beschwerdegerichts, die Tätigkeit des Insolvenzverwalters habe in diesem Bereich das allgemein übliche Maß überschritten, ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden. Das Landgericht geht insbesondere davon aus, dass der Beklagte zu 1 unstreitig 36 Schreiben hierzu verfasst habe. Die Rechtsbeschwerde meint, diese Anzahl sei nicht nachgewiesen oder aus den Gerichtsakten zu entnehmen; sie behauptet aber nicht, diese als unstreitig festgestellte Zahl bestritten zu haben. Die Wertung als überdurchschnittlicher Aufwand ist, auch wenn verschiedene Schreiben kurz waren, möglich, hält sich innerhalb der Grenzen tatrichterlicher Würdigung und ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ersichtlich nicht auf sachfremde Erwägungen gestützt. Die Stellungnahmen zu den Anträgen auf Einstellung des Verfahrens wurden zutreffend im Gesamtzusammenhang mit berücksichtigt.
25
(2) Das Beschwerdegericht hat aber nicht berücksichtigt, dass ein Zuschlag auch unter diesen Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV nur dann gerechtfertigt ist, wenn kein entsprechender Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV angefallen ist. Gerade dies hat das Beschwerdegericht aber angenommen, weil es den Erlös der verwerteten Gegenstände, an denen ein nachrangiges Absonderungsrecht bestand, bis auf 5.112,52 € der Bemessungsgrundlage zugerechnet hat.
26
Im Hinblick darauf, dass tatsächlich nur ein Teil des Erlöses bei der Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen ist, wird das Insolvenzgericht insoweit eine Neubewertung vorzunehmen haben, die zu einem Abschlag führen kann.
27
b) Die Rechtsbeschwerden machen geltend, das Beschwerdegericht habe ihren Sachvortrag nicht beachtet, dass die Verwertung des Anlagevermö- gens bereits im Vorverfahren weitgehend vorbereitet und dem Beteiligten zu 2 vergütet worden sei. Dies habe das Beschwerdegericht entgegen § 3 Abs. 2 Buchst. a und b nicht als Abschlagstatbestand berücksichtigt.
28
(1) Zutreffend ist, dass dieselbe Tätigkeit nicht doppelt vergütet werden darf. Ist der vorläufige Insolvenzverwalter für eine Tätigkeit bereits vergütet worden, kann ihm für dieselbe Tätigkeit als Insolvenzverwalter nicht erneut eine Vergütung bewilligt werden. Bei mehreren hintereinander tätigen Verwaltern soll die Vergütung dem Prozentsatz der jeweils geleisteten Tätigkeit entsprechen (vgl. für den Fall des vorzeitig abberufenen Insolvenzverwalters BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 - IX ZB 301/03, ZIP 2005, 180).
29
(2) Bei der Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters hatte das Insolvenzgericht indessen keine Zuschläge gewährt, sondern lediglich den grundsätzlich angemessenen Bruchteil von 25 % der Vergütung des Verwalters angesetzt (vgl. BGH, Beschl. v. 24. Juni 2003 - IX ZB 453/02, ZIP 2003, 1759; v. 16. Juni 2005 - IX ZB 264/03, ZIP 2005, 1372, 1373). Aus dem Festsetzungsbeschluss ergibt sich nicht, dass für Verwertungshandlungen eine Vergütung festgesetzt wurde. Eine solche kann deshalb auch nicht bei der Vergütung des endgültigen Verwalters im Wege des Abschlags berücksichtigt werden.
30
3. Das Beschwerdegericht hat dem Beteiligten zu 1 zusätzlich zu den vom Insolvenzgericht zugebilligten Auslagen weiteren pauschalen Auslagenersatz nach § 8 Abs. 3 InsVV bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts zugebilligt.
31
Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg.
32
Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, kann die Auslagenpauschale nur für den Zeitraum gefordert werden, in dem der Insolvenzverwalter insolvenzrechtlich notwendige Tätigkeiten erbracht hat. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt, bis zu dem das Insolvenzverfahren bei angemessener, zügiger Bearbeitung durch den Verwalter abgeschlossen worden wäre (BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004 - IX ZB 255/03, ZIP 2004, 1716, 1717).
33
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde endet der Anspruch auf Auslagenpauschale nicht schon mit der Vorlage des Schlussberichts (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 - IX ZB 183/04, z.V.b.). Denn auch danach hat der Insolvenzverwalter Aufgaben zu erfüllen, etwa die Schlussrechnung zu erstellen , am Schlusstermin teilzunehmen und die genehmigte Schlussverteilung vorzunehmen (§§ 196 ff InsO). Das Amt des Verwalters endet, sofern nicht besondere Beendigungsgründe vorliegen, grundsätzlich erst mit der Verfahrensbeendigung durch Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens (HK-InsO/Eickmann, 4. Aufl. § 56 Rn. 29 ff; MünchKomm-InsO/Graeber, § 56 Rn. 125 ff). Bis zu diesem Zeitpunkt kann grundsätzlich der Auslagenpauschsatz gefordert werden.
34
Ziel der Pauschalierungsregelung ist es, den Beteiligten die Vorlage und Prüfung von Einzelbelegen zu ersparen. Der Pauschsatz hat nicht das Ziel, mittelbar die Vergütung des Verwalters bei Verzögerungen zu erhöhen. Das Insolvenzverfahren ist beschleunigt durchzuführen (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004 aaO).
35
Umstand, Der dass der Insolvenzverwalter etwa längere Zeit den Abschlußbericht nicht vorlegt oder die genehmigte Schlussverteilung nicht vornimmt , obwohl ihm dies jeweils möglich wäre, kann deshalb den berücksichti- gungsfähigen Zeitraum der Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 3 InsVV nicht verlängern.
36
Dasselbe gilt für Rechtsmittel gegen die Vergütungsfestsetzung (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004 aaO). Denn das Verfahren zur Festsetzung der Vergütung betrifft nicht unmittelbar das Insolvenzverfahren. Würde die Dauer der Rechtsmittelverfahren bezüglich der Vergütungsansprüche weiter monatliche Auslagenpauschbeträge begründen, ohne dass der Verwalter davon unabhängig im Interesse des Insolvenzverfahrens tätig ist, wäre dies mit dem Zweck des § 8 Abs. 3 InsVV unvereinbar.

37
4. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO; vgl. BGHZ 160, 176, 185 f).
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 12.08.2003 - 1316 IN 276/00 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 21.06.2004 - 3 T 3672/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 28/03
vom
18. Dezember 2003
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak
am 18. Dezember 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 30. Dezember 2002, berichtigt durch Beschluß vom 21. Februar 2003, wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 285.543,53

Gründe:


I.


Der Antragsteller wurde durch Beschluß des Insolvenzgerichts vom 15. Januar 2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der W. GmbH & Co. KG i.L. (nachfolgend: Schuldnerin) bestellt. Das Insolvenzeröffnungsverfahren endete am 22. Januar 2002 mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Antragsteller wurde zum Insolvenzverwalter ernannt.
Für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter berechnete der Antragsteller eine Vergütung (incl. Auslagenersatz) von 738.757,14 nsolvenzgericht hat die Vergütung auf insgesamt 241.522,60 die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht die Festset- ! #" %$ '& ( ) * ( ,+- . /$0 1 2 / .*) 3$ 4 zung auf 280.904,61 ntragsteller die Festsetzung einer weiteren Vergütung von 285.543,53

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nach § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig nach § 574 Abs. 2 ZPO, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.
1. Der Antragsteller hat seiner Berechnung einen Wert der verwalteten 5 $ 768 9 : ; künftigen Masse von 19.832.820 1 Abs. 1 Satz 1 InsVV). Dabei hat er den Wert des - bereits vor der Stellung des Insolvenzantrags verkauften und an den Käufer übergebenen - Betriebsgrundstücks mit 4.651.200 und den von ihm eingezogenen Kaufpreis mit noch einmal demselben Betrag in Ansatz gebracht. Gegen die Auffassung des Landgerichts, der Betrag dürfe nur einmal, aber nicht doppelt, berücksichtigt werden, bringt die Rechtsbeschwerde vor, eine Verrechnung des Grundstückswerts mit dem Wert des Kaufpreisanspruchs sehe § 1 InsVV nicht vor. Der Antragsteller habe sowohl eine Verantwortung für das noch nicht übereignete, also noch im Schuldnervermögen be-
findliche Grundstück gehabt als auch die restliche Vertragserfüllung überwachen müssen.
Einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dieser Frage bedarf es nicht. Der Standpunkt des Landgerichts ist offensichtlich zutreffend. Andernfalls würde jede Verwertungsmaßnahme des vorläufigen wie auch des endgültigen Verwalters die Berechnungsgrundlage seiner Vergütung betragsmäßig verdoppeln. Im übrigen ist auch sein Rechenwerk falsch. Die Kaufpreisforderung war am Ende des Abrechnungszeitraums nicht mehr vorhanden, weil der Antragsteller sie eingezogen hat. Entsprechende Massezuflüsse wurden nach " 6 seinen eigenen Angaben nur in Höhe von rd. 1,344 Mio.
2. Bei der Bestimmung des angemessenen Vergütungsbruchteils nach § 11 Abs. 1 InsVV hat der Antragsteller als erhöhenden Faktor die außergewöhnliche Höhe des Umsatzes des Schuldnerunternehmens berücksichtigt wissen wollen. Das Landgericht hat dies unter Hinweis darauf abgelehnt, daß der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin schon Ende des Jahres 2000 eingestellt worden sei und danach nur noch Liquidationsmaßnahmen stattgefunden hätten. Daß die Arbeit des Antragstellers durch das früher erzielte Umsatzvolumen besonders erschwert worden sei, sei nicht ersichtlich. Nach Ansicht der Rechtsbeschwerde werfen diese Erwägungen einmal die Frage auf, ob ein besonders hoher Umsatz des verwalteten Unternehmens sich nicht auch ohne entsprechende Darlegungen des Verwalters gebührenerhöhend auswirke. Zum anderen stelle sich die Frage, ob dies auch dann zutreffe, wenn sich das Schuldner-Unternehmen schon vor Beginn der Verwaltung in Liquidation befunden habe.
Die erste Frage stellt sich nicht, weil das Schuldner-Unternehmen unter der Verantwortung des Antragstellers überhaupt nicht mehr werbend tätig war. Die zweite Frage ist ohne weiteres zu verneinen. Im Liquidationsstadium können die früher erzielten überdurchschnittlichen Umsätze gebührenerhöhend nur wirken, wenn daraus typischerweise eine aktuelle Arbeitserschwernis folgt. Einen entsprechenden Erfahrungssatz gibt es nicht.
3. Eine weitere Erhöhung hat der Antragsteller wegen der Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten geltend gemacht. Dies hat das Landgericht abgelehnt mit der Begründung, es seien "nur maßvolle Erhöhungen vorzunehmen , wenn, wie hier, in die Berechnungsgrundlage auch mit Aus- und Absonderungsrechten belastete Vermögensgegenstände einbezogen ... (seien ), die konkrete Besonderheit des Verfahrens aber keinen Bezug zu Aus- und Absonderungsrechten" habe.
Daß das Landgericht damit, wie die Rechtsbeschwerde geltend macht, von dem - vom Landgericht zitierten - Senatsbeschluß vom 14. Dezember 2000 (IX ZB 105/00, BGHZ 146, 165, 171) abweichende Bewertungsmaßstäbe formuliert habe, ist nicht erkennbar. Offensichtlich hat es zum Ausdruck bringen wollen, der Antragsteller habe die in dem erwähnten Senatsbeschluß aufgestellten Voraussetzungen für die begehrte Erhöhung nicht erfüllt. Diese Einschätzung ist zutreffend. Die von Aus- und Absonderungsrechten betroffenen Gegenstände haben in die Berechnungsgrundlage nach § 1 InsVV Eingang gefunden. Davon ist auch der von dem Antragsteller eingeschaltete Privatgutachter ausgegangen (vgl. S. 13 des Gutachtens: "Aktivvermögen einschließlich der Fremdrechte"), dessen Ausführungen sich der Antragsteller zu eigen gemacht hat.

4. Weil zur Verwaltung der Vermögensmasse insgesamt sieben Betriebsstätten hätten gesichert werden müssen, wobei in D. eine Komplettinventarisierung des Tochterunternehmens W. GmbH erforderlich gewesen sei und ein betriebliches "Controlling" habe eingesetzt werden müssen, hat der Antragsteller ursprünglich eine Erhöhung um insgesamt 25 % geltend gemacht. In der Beschwerdeinstanz hat er, dem Privatgutachter folgend, noch eine Erhöhung "um mindestens 15 %" für gerechtfertigt gehalten. Das Landgericht hat wegen des Vorhandenseins mehrerer Betriebsstätten eine Erhöhung um 4 % und wegen der Komplettinventarisierung des Tochterunternehmens eine solche um 2,5 % für angemessen gehalten. Der Antragsteller vermißt zum letzten Punkt die Angabe konkreter Gründe und hält die Ansätze für willkürlich.
Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht aufgezeigt. Gewiß kann eine tatrichterliche Ermessensentscheidung nur nachvollzogen werden, wenn die ihr zugrundeliegenden Faktoren benannt sind. Wenn dagegen im Einzelfall verstoßen wird, verschafft dies der Sache aber noch keine grundsätzliche Bedeutung. Im übrigen hat auch der Antragsteller selbst seinen Erhöhungsfaktor nicht näher aufgeschlüsselt. Mit welchem Anteil das Vorhandensein von sieben Betriebsstätten und mit welchem die Komplettinventarisierung zu Buche schlagen sollte, hat er nicht dargelegt.
5. Weil der Antragsteller auf Umsatzsteuerguthaben im europäischen Ausland bezogene Erstattungsansprüche zu prüfen hatte, hat das Landgericht eine Erhöhung der Bruchteilsvergütung um 10 % bewilligt. Damit sei dann aber
auch der Umstand abgegolten, daß der Antragsteller sich bei Prüfung der Werthaltigkeit der Forderungen mit internationalem Steuerrecht auseinandergesetzt habe.
Dies, so rügt die Rechtsbeschwerde, vermische die vom Gesetz vorgegebene Differenzierung zwischen Erhöhungsfaktoren und Zuschlägen. Indes scheidet eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter diesem Gesichtspunkt schon deshalb aus, weil nicht deutlich gemacht worden ist, daß das Ergebnis für den Antragsteller günstiger wäre, wenn das Landgericht so verfahren wäre, wie es die Rechtsbeschwerde für richtig hält. Möglicherweise hätte es dann einen niedrigeren Erhöhungsfaktor als 10 % gewählt.
6. Eine bei der Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigende Erschwernis hat das Landgericht darin gesehen, daß dem Antragsteller keine kenntnisreichen Auskunftspersonen zur Verfügung gestanden hätten und daß in R. Belege nicht hinreichend geordnet gewesen seien. Beides habe sich aber im wesentlichen nur bei der Erfassung der Umsatzsteuerforderung des niederländischen Fiskus ausgewirkt, weshalb eine Erhöhung der Vergütung um 2 % ausreichend erscheine.
Falls, wie die Rechtsbeschwerde geltend macht, nicht nur die Umsatzsteuerforderung des niederländischen Fiskus betroffen gewesen ist, stellt sich damit noch keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.
7. Wegen der Bearbeitung einer "legal watch list" hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren eine Erhöhung der Vergütung um 5 % geltend gemacht. Das Landgericht hat dies abgelehnt, weil die Entscheidung über die
Aufnahme von Rechtsstreitigkeiten zum Normalfall der vorläufigen Insolvenzverwaltung gehöre. Diese Ansicht hat der Privatgutachter des Antragstellers im Ansatz geteilt. Im vorliegenden Fall ist während der Dauer der vorläufigen Insolvenzverwaltung noch nicht einmal eine Entscheidung getroffen worden; vielmehr hat sich der Antragsteller lediglich bemüht, "die später zu treffende Entscheidung über die Aufnahme der Prozesse vorzuklären" (Gutachten S. 19). Der Ausgangspunkt des Landgerichts, der Antragsteller habe es im wesentlichen nur mit einem einzigen Verfahren zu tun gehabt, wird nicht angegriffen. Unter diesen Umständen ist eine rechtsgrundsätzliche Entscheidung des Senats zu der Frage, ob die Bearbeitung einer "legal watch list" die Erhöhung der Bruchteilsvergütung wegen quantitativer Abweichung vom Normalverfahren rechtfertige, nicht veranlaßt.
8. Für die Lösung komplexer Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Veräußerung des Handelsgeschäfts hat der Antragsteller einen Zuschlag nach § 3 InsVV in Höhe von 5 % und für die Lösung arbeitsrechtlicher Fragen in Höhe von 3 % berechnet. Das Landgericht hat im ersten Punkt 2 % bewilligt; im zweiten Punkt hat es einen Zuschlag abgelehnt. Auch insoweit vermißt die Rechtsbeschwerde eine nachvollziehbare Begründung. Dazu kann auf die Ausführungen oben zu 4. verwiesen werden.
9. Für die Einziehung der Kaufpreisforderung bei der Erwerberin des Betriebsgrundstücks hat der Antragsteller einen Zuschlag von 2 % geltend gemacht. Es habe sich um eine Verwertungsmaßnahme gehandelt, die grundsätzlich nicht zum Aufgabengebiet eines vorläufigen Insolvenzverwalters gehöre und deshalb einen Zuschlag rechtfertige. Das Landgericht hat darin keine Verwertungsmaßnahme gesehen, sondern die schlichte Einziehung einer For-
derung, die "im Rahmen der Sicherung des Vermögens von der Normaltätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters umfaßt" sei.
Insofern ist der Rechtsbeschwerde darin zuzustimmen, daß die Einziehung einer Forderung insolvenzrechtlich betrachtet eine Verwertungsmaßnahme darstellen kann. Das rechtfertigt jedoch nicht die daraus gezogene Folgerung , daß sie dann dem vorläufigen Insolvenzverwalter besonders zu vergüten sei. Etwas derartiges kommt nur in Betracht, wenn die Einziehung schon im Insolvenzeröffnungsverfahren notwendig war (vgl. Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren Rn. 188). Fällige Forderungen des Schuldners gegen Drittschuldner darf der vorläufige Insolvenzverwalter außerhalb des laufenden Geschäftsbetriebs jedoch nur einziehen, um drohender Verjährung oder Uneinbringlichkeit vorzubeugen, nicht aber allgemein zur Masseanreicherung (Kirchhof, in: HK-InsO, 3. Aufl. § 22 Rn. 14; vgl. auch BGHZ 146, 165, 176). Zu diesen Voraussetzungen ist hier nichts vorgetragen.
Kreft Ganter Raebel Kayser Cierniak