Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZB 58/09

bei uns veröffentlicht am19.03.2009
vorgehend
Amtsgericht Neuruppin, 15 IK 916/07, 21.08.2008
Landgericht Neuruppin, 5 T 362/08, 02.01.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 58/09
vom
19. März 2009
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
am 19. März 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 2. Januar 2009 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.

Gründe:


1
Die Rechtsbeschwerde ist schon deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).
2
Die Rechtsbeschwerde ist überdies gemäß §§ 4, 7 InsO, § 574 Abs. 1 ZPO unstatthaft. Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt voraus, dass bereits die ihr vorausgegangene (erste) sofortige Beschwerde statthaft war (BGH, Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 75/03, WM 2003, 2344; v. 16. Oktober 2003 - IX ZB 599/02, WM 2003, 2390, 2391; ständige Rechtsprechung). Das ist hier nicht der Fall. Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 21. August 2008 erhobene sofortige Beschwerde ist bereits ihrerseits nicht statthaft gewesen. Gemäß § 6 InsO unterliegen nur diejenigen Entscheidungen des Insolvenzgerichts einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung selbst die sofortige Beschwerde ausdrücklich vorsieht. Das Insolvenzgericht hat die von dem Antragsteller angeregte Entlassung des Treuhänders abgelehnt. Die Ablehnung der Entlassung eines Insolvenzverwalters kann gemäß § 59 Abs. 2 Satz 2 InsO ausschließlich von dem Verwalter selbst, dem Gläubigerausschuss oder, wenn die Gläubigerversammlung den Entlassungsantrag gestellt hatte, von einzelnen Insolvenzgläubigern mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden, nicht aber von einem am Verfahren Unbeteiligten. Der Antragsteller ist am vorliegenden Verfahren nicht beteiligt, insbesondere nicht als Gläubiger, weil er trotz Aufforderung durch öffentliche Bekanntmachung keine Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat.
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp

Vorinstanzen:
AG Neuruppin, Entscheidung vom 21.08.2008 - 15 IK 916/07 -
LG Neuruppin, Entscheidung vom 02.01.2009 - 5 T 362/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZB 58/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZB 58/09

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78 Anwaltsprozess


(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZB 58/09 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78 Anwaltsprozess


(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

Insolvenzordnung - InsO | § 4 Anwendbarkeit der Zivilprozeßordnung


Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen

Insolvenzordnung - InsO | § 59 Entlassung des Insolvenzverwalters


(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenz

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Sept. 2003 - IX ZB 75/03

bei uns veröffentlicht am 18.09.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 75/03 vom 18. September 2003 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein InsO § 97 Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners nach § 97 InsO umfassen die Erteilung einer sogenannt

Referenzen

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 75/03
vom
18. September 2003
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners nach § 97 InsO umfassen
die Erteilung einer sogenannten Auslandsvollmacht, wenn Anhaltspunkte für Vermögen
des Schuldners im Ausland bestehen und die Befugnisse des Insolvenzverwalters
im Ausland nicht ohne weiteres anerkannt werden.
BGH, Beschluß vom 18. September 2003 - IX ZB 75/03 - LG Fulda
AG Fulda
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Kayser, Dr. Bergmann und
am 18. September 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 24. Februar 2003 wird als unzulässig verworfen, soweit das Landgericht die Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Fulda vom 30. Dezember 2002 als unzulässig angesehen hat; im übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Schuldnerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.500 stgesetzt.

Gründe:


I.


Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 26. Februar 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 1) zum Insolvenzverwalter
bestellt. Nachdem dieser Unterlagen vorgefunden hatte, die Bankverbindungen der Schuldnerin zu Schweizer Kreditinstituten nahelegten, forderte er die Er- teilung einer umfassenden Vollmacht (sog. Auslandsvollmacht) für alle Schweizer Banken. Die Schuldnerin erteilte für einige - vom Verwalter benannte - Banken eine Vollmacht, erklärte sich im übrigen jedoch dazu nur bereit, soweit der Verwalter bestimmte Banken konkret bezeichne.
Mit Beschluß vom 8. November 2002 hat das Amtsgericht durch den Rechtspfleger der Beschwerdeführerin aufgegeben, dem Insolvenzverwalter die von diesem begehrte umfassende Auslandsvollmacht bezogen auf die Schweiz zu erteilen. Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin "Beschwerde" eingelegt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 30. Dezember 2002 den von ihm als sofortige Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RpflG ausgelegten Rechtsbehelf der Beschwerdeführerin gegen diese Entscheidung für zulässig erachtet, jedoch als unbegründet zurückgewiesen. Mit Beschluß vom 16. Januar 2003 hat das Amtsgericht Zwangshaft angeordnet.
Die gegen diese Beschlüsse gerichteten sofortigen Beschwerden hat das Landgericht mit Beschluß vom 24. Februar 2003 zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Schuldnerin die Aufhebung der gegen sie erlassenen Beschlüsse.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, soweit die Schuldnerin sich dagegen wendet, daß das Landgericht die sofortige Beschwerde gegen den
Beschluß des Amtsgerichts vom 30. Dezember 2002 über die Anordnung der Erteilung der Auslandsvollmacht als unzulässig angesehen hat. Gegen die Entscheidung über die Anordnung der Auslandsvollmacht sieht die Insolvenzordnung als Rechtsmittel keine sofortige Beschwerde vor (§§ 97, 6 Abs. 1 InsO ), so daß eine Rechtsbeschwerde nicht stattfindet (§ 7 InsO; vgl. MünchKomm -InsO/Ganter, Bd. 3 § 7 n.F. Rn. 21). Daß das Landgericht auch Ausführungen zur Sache gemacht hat, ändert daran nichts.
2. Statthaft ist die Rechtsbeschwerde hingegen, soweit die Schuldnerin sich gegen die bestätigende Entscheidung des Landgerichts über die Anordnung der Haft wendet (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. §§ 7, 98 Abs. 3 Satz 3 InsO). Das im übrigen gemäß § 574 Abs. 2, §§ 575, 576 ZPO zulässige Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

a) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das insolvenzbefangene Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über. Dieser hat nach § 148 Abs. 1 InsO das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen. Die hiermit verbundene Rechtsmacht gilt uneingeschränkt auch für das im Ausland belegene Vermögen und unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter sich im Ausland durchsetzen kann. Das entspricht einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum. Es gilt das Universalitätsprinzip (BGHZ 88, 147, 150; 95, 256, 264; 118, 151, 159; Kübler/Prütting/Kemper, InsO Art. 102 EGInsO Rn. 12; MünchKommInsO /Reinhart, Art. 102 EGInsO Rn. 62, 81; Uhlenbruck/Lüer, InsO Art. 102 EGInsO Rn. 19).

b) Wird die dem Insolvenzverwalter nach inländischem Insolvenzrecht zukommende Rechtsmacht im Ausland nicht beachtet, ist der Insolvenzverwalter zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 148 InsO auf die Mitwirkung des Schuldners angewiesen. Die in § 97 InsO festgelegten Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners umfassen auch die Erteilung einer sogenannten Auslandsvollmacht. Dies ist allgemeine Ansicht (vgl. Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 97 Rn. 9 m.w.N.; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., §§ 237, 238 Rn. 64/65; MünchKomm-InsO/Passauer, § 97 Rn. 32; MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 102 EGInsO Rn. 84; OLG Koblenz, ZIP 1993, 844; vgl. auch Begründung RegE zu § 110 RegE/§ 98 InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 142, abgedruckt in: Kübler/Prütting, RWS-Dok. 18, Bd. I, S. 281).

c) Die Verpflichtung zur Erteilung einer solchen Vollmacht setzt nicht voraus, daß die Existenz ausländischen Schuldnervermögens feststeht. Vielmehr reicht es aus, wenn es aufgrund konkreter Umstände nicht ganz unwahrscheinlich ist, daß der Schuldner über Auslandsvermögen verfügt. Schutzwürdige Interessen des Schuldners, die eine weitere Einschränkung dieser Voraussetzungen für die Erteilung einer Auslandsvollmacht rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
aa) Hat der Insolvenzverwalter Hinweise auf etwaiges Auslandsvermögens des Schuldners, dann muß er von diesem die Vornahme aller jener notwendigen Handlungen verlangen können, die ihn - den Verwalter - zur Erfüllung der ihm auferlegten Pflicht zur Inbesitznahme, Verwaltung und Verwertung befähigen (vgl. Hanisch, ZIP 1980, 170, 171). Hierzu gehört nicht nur die Erteilung entsprechender Auskünfte, sondern auch einer Vollmacht, die den Zugriff auf das ausländische Vermögen eröffnet, soweit sein Ausweis als Insol-
venzverwalter dazu nicht ausreicht. Weigert sich der Schuldner, entsprechende Auskünfte zu erteilen, oder sind die bisherigen Angaben des Schuldners unzuverlässig (insbesondere falsch oder unvollständig), hat der Insolvenzverwalter aber gleichwohl Anhaltspunkte für etwaiges Auslandsvermögen, dann muß die zu erteilende Vollmacht den Insolvenzverwalter auch in die Lage versetzen, eigene Ermittlungen anzustellen, um das - möglicherweise - vorhandene Vermögen auffinden zu können.
bb) Um einen möglichst effizienten Zugriff auf etwaiges Auslandsvermögen des Schuldners sicherzustellen, sind an die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Vollmacht keine besonders hohen Anforderungen zu stellen. So können z.B. bloße Geschäfts- und Bankverbindungen des Schuldners in bestimmte Auslandsstaaten genügen, um die Erteilung einer Vollmacht im Rahmen der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners gemäß § 97 InsO bezogen auf diese Fremdstaaten zu rechtfertigen. Denkbar erscheint auch, daß Hinweise auf einzelne Auslandsstaaten einer bestimmten "Sachgruppe" (z.B. Steueroasen) ausreichen, eine Vollmacht auch für solche Staaten zu fordern, für die zwar (noch) keine konkreten Anhaltspunkte ausländischen Schuldnervermögens vorliegen, die aber nach allgemeiner Auffassung dieser "Sachgruppe" angehören. Da im Regelfall davon ausgegangen werden kann, daß der Insolvenzverwalter - allein schon um Schadensersatzansprüche zu vermeiden - sachgerecht mit derartigen weitgefaßten Vollmachten umgehen wird, besteht kein Grund, die Anforderung an die Erteilung und den Umfang einer Vollmacht noch weiter einzuschränken.
Deswegen ist z.B. bei vermuteten ausländischen Bankverbindungen des Schuldners nicht zu verlangen, daß der Insolvenzverwalter Hinweise auf be-
stimmte Banken haben muß und auch nur dann auf diese Banken bezogene Vollmachten einfordern kann. Eine solche Einengung der rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Vollmacht würde zudem auf eine Warnung des (unlauteren) Schuldners hinauslaufen und ihm Gelegenheit geben, etwa vorhandenes Vermögen zu Lasten der Masse nunmehr anderweitig beiseite zu schaffen.
Die Rechtfertigung für diese in erster Linie die Interessen der Insolvenzgläubiger berücksichtigende Sichtweise ergibt sich aus dem mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für den Schuldner verbundenen Verlust seiner Verwaltungs - und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen.

d) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen, gegen die die Rechtsbeschwerde keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhebt, tragen die Entscheidung.
aa) Danach hat die Schuldnerin schon im Fragebogen vom 7. Dezember 2001 gegenüber dem Insolvenzgericht unvollständige und unrichtige Angaben gemacht. Sie hat angegeben, über keine Bankkonten zu verfügen. Der Verwalter hingegen hat ein Konto bei der S. F. festgestellt, ebenso ein zu diesem Zeitpunkt bestehendes Privatkonto und ein Depot bei der C. S. in Sch. .
Damit konnte sich das Gericht nicht auf die Angaben der Schuldnerin verlassen, so daß es notwendig wurde, die Ermittlung entsprechender Bank-
verbindungen über die begehrte Auslandsvollmacht in das pflichtgemäße Ermessen des Insolvenzverwalters zu stellen.
Darüber hinaus rechtfertigen die weiteren Nachforschungen des Verwalters seine Forderung nach einer auf Schweizer Banken bezogene Auslandsvollmacht. So hat er die Schenkung eines am Luganer See gelegenen Grundstücks, die Eintragung einer Grundschuld der Schweizer Bank C. & Co AG betreffend das Grundstück T. straße 7 in L. und die Einrichtung eines Kontos und eines Depots bei der C. S. in Sch. ermittelt. Weiterhin hat er zufällig im Privathaus der Schuldnerin zusätzliche Unterlagen aufgefunden, die Geschäftsverbindungen zu mehreren Schweizer Banken belegen, welche entweder von der Schuldnerin oder ihrem Ehemann unterhalten werden oder wurden.
bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entfällt die Notwendigkeit einer Vollmachtserteilung nicht deswegen, weil das Schweizer Internationale Privatrecht die Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren ermöglicht. Das Beschwerdegericht hat unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Insolvenzgerichts - von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet - festgestellt, daß ausländische Insolvenzverfahren in der Schweiz nicht unmittelbar anerkannt werden. Vielmehr ist dort erst ein formelles Anerkennungsverfahren zu durchlaufen (vgl. Kübler/Prütting/Kemper Art. 102 EGInsO Rn. 177). Auf ein solches (zeit- und kostenaufwendiges) Verfahren muß sich der Insolvenzverwalter nicht verweisen lassen.
cc) Schließlich ist die Anordnung der Haft zur Durchsetzung der Erteilung einer Auslandsvollmacht auch nicht unverhältnismäßig.

Wie bereits dargelegt, ist der Insolvenzverwalter aufgrund des unkooperativen Verhaltens der Schuldnerin auf die Erteilung der Vollmacht angewiesen, um seinen Pflichten aus § 148 InsO nachkommen zu können. Die Schuldnerin hingegen muß lediglich eine Unterschrift leisten. Dies ist ihr angesichts der auf dem Spiel stehenden Gläubigerinteressen zumutbar. Die möglicherweise mit den Nachforschungen des Insolvenzverwalters verbundene Schädigung ihrer Kreditwürdigkeit muß die Schuldnerin hinnehmen. Sie ist eine Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Kreft Ganter Kayser
Bergmann

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.