Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2011 - IX ZR 109/08

bei uns veröffentlicht am22.09.2011
vorgehend
Landgericht Koblenz, 15 O 276/03, 13.07.2007
Oberlandesgericht Koblenz, 5 U 1121/07, 24.04.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 109/08
vom
22. September 2011
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den
Richter Dr. Pape
am 22. September 2011

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 24. April 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Streithelfers trägt die Klägerin.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 46.527,57 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde ist unbegründet. Sie hat einen gesetzlichen Grund zur Zulassung der Revision nicht dargelegt.
2
1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden stehen im Einklang mit den Rechtsgrundsätzen des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209, 212 ff unter III. 4.; vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, WM 2003, 1621, 1622). Eine Obersatzabweichung führt die Beschwerde auch nicht, wie es geboten gewesen wäre, aus (vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2011 - IX ZR 212/08, WM 2011, 1196 Rn. 3 ff).
3
Die Beschwerde will in unzulässiger Weise den Tatbestand einer umfassenden steuerlichen und rechtlichen Prüfung der Investitions- und Vorhabenplanung der Auftraggeberin mit einer umfassenden Prüfung des Anlagekonzepts überhaupt gleichsetzen, welche jedoch auch die technischen, finanziellen und kaufmännischen Berechnungen eingeschlossen haben würde. Eine so weit gezogene Pflicht der Beklagten zu 2 gegenüber der Klägerin hat das Berufungsgericht ohne Verfahrensgrundrechtsverletzung verneint.
4
Für eine erweiterte Warnpflicht der Beklagten zu 2 jenseits des Gegenstands ihrer vertraglichen Hauptpflichten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 aaO S. 1622 unter II. 2.) aufgrund Wissenszurechnung fehlt gegenüber der Klägerin, die nicht Auftraggeberin war, die Grundlage. Sie würde auch den Schutzzweck der vertraglichen Hauptpflichten nicht erweitern und nicht, wie bei der Prospekthaftung (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112), schon den Erwerbsaufwand der Klägerin zum Schaden machen.
5
Die schon für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags erforderliche Schadenswahrscheinlichkeit hatte das Berufungsgericht nach Maßgabe des ersatzfähigen Schadens zu prüfen (vgl. BGHZ 116, 209, 214). Diesen Maßstab hat es nicht verlassen. Auf eine Nichtwiederaufholung der zunächst eingetretenen Steuerbelastung kam es im Ergebnis nicht an, weil dieser Umstand allein nach den möglicherweise verletzten Pflichten der Beklagten zu 2 nicht schadensbegründend war (BGHZ aaO).
6
2. Ein Ansatzpunkt für die auch in diesem Zusammenhang beanstandeten Verfahrensgrundrechtsverletzungen des Berufungsgerichts ist nicht erkennbar. Dieses hat nicht unter Verletzung prozessualer Handlungsnormen Vortrag der Klägerin übergangen, sondern ihn nach den herangezogenen Beurteilungsnormen des materiellen Rechts nicht als erheblich erachtet.
7
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 13.07.2007 - 15 O 276/03 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 24.04.2008 - 5 U 1121/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2011 - IX ZR 109/08

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2011 - IX ZR 109/08 zitiert 1 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. März 2011 - IX ZR 212/08

bei uns veröffentlicht am 23.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 212/08 vom 23. März 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 Abs. 2 Satz 3 Rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, das Berufungsgericht habe d

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2003 - IX ZR 62/02

bei uns veröffentlicht am 13.02.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 62/02 Verkündet am: 13. Februar 2003 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 675, 328 a) Wer

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 62/02
Verkündet am:
13. Februar 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wer einen anderen allein auf steuerliche Vorteile einer gesellschaftsrechtlichen
Beteiligung hinweist, haftet ihm bei einem Fehler grundsätzlich nur für den ausgebliebenen
Steuervorteil und nicht für einen ausgebliebenen Unternehmenserfolg.

b) In den Schutzbereich von (vor-)vertraglichen Pflichten zur richtigen Darstellung
der Vorteile und Risiken einer Gesellschaftsbeteiligung werden in der Regel
nachträglich auch Dritte einbezogen, sobald der Hinweisgeber erfährt, daß sie
in Abstimmung mit dem Erstinteressenten möglicherweise an seiner Stelle in
das Anlagevorhaben eintreten werden. Solchen Dritten gegenüber kann der
Hinweisgeber auch für Fehler und Versäumnisse aus der Unterrichtung des
Erstinteressenten haften, die für die Entschlußbildung der Dritten fortwirken.
BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Februar 2003 durch die Richter Kirchhof, Dr. Ganter, Raebel, Kayser
und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten (vormalige Beklagte zu 2) wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Februar 2002 einschließlich des Kostenpunktes insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil dieser Beklagten ergangen ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Ehemann der Klägerin zu 1, Dr. K. , gründete 1992 zusammen mit der S. GmbH die SI. GmbH (im folgenden : SI. GmbH oder Inhaberin), an welcher sich die Kläger noch im Gründungsjahr mit stillen Einlagen von 700.000 DM und 200.000 DM beteiligten. Beide Gesellschaften kamen nach längeren Verhandlungen zustande, die Dr. K. mit dem Geschäftsführer der Beklagten und der Geschäftsführung der S. GmbH geführt hatte. Die Beklagte, eine Steuerberatungsgesell-
schaft, besorgte vor und während dieser Verhandlungen auch die Buchhaltung der S. GmbH.
Die Kläger erreichten mit ihren stillen Beteiligungen die für 1992 angestrebten steuerlichen Verluste durch Anlaufkosten der SI. GmbH nur zu einem geringen Teil. Die kaufmännischen Ziele der Unternehmung erfüllten sich gleichfalls nicht. Die Konkurseröffnung über das Vermögen der SI. GmbH wurde 1995 mangels Masse abgelehnt.
Das Landgericht hat die Beklagte wegen unrichtiger Darstellung des Steuersachverhaltes verurteilt, den Klägern ihre verlorenen stillen Einlagen zu ersetzen. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Die Verurteilung der Beklagten kann mit den bisherigen Feststellungen des Berufungsurteils nicht bestehen bleiben.

I.

Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Ehemann der Klägerin zu 1, Dr. K. , nach den von der Beklagten durch ihren Geschäftsführer im Zuge der Gründungsverhandlungen abgegebenen Erklärungen davon habe ausgehen dürfen, eine stille Beteiligung an der SI. GmbH werde noch im Beteiligungsjahr zu steuerlichen Verlusten in Höhe der erörterten Einlage von
900.000 DM führen. Ohne die Aussicht auf diese Steuervorteile wäre es zu der stillen Gesellschaft der Kläger mit der SI. GmbH nicht gekommen. Nach Annahme des Berufungsgerichts haftet die Beklagte deshalb den Klägern aus einem mit Dr. K. eingegangenen Auskunftsvertrag auch wegen des Verlusts der stillen Einlagen. Die Kläger seien als Dritte in den Schutzbereich dieses Vertrages einbezogen worden. Die Beklagte habe seit September 1992 gewußt, daß sich anstelle von Dr. K. womöglich die Kläger in gleicher Form und Höhe an der SI. GmbH beteiligen würden, so daß sich ihre Steuerauskunft gegenüber Dr. K. auf die Anlageentscheidung der Kläger habe auswirken können. Die Unrichtigkeit der Steuerauskunft ergebe sich aus der abweichenden Beurteilung des Finanzamtes, welche auch die Beklagte nicht mehr angreife. Darauf, daß die vermeintlichen Steuervorteile der Kläger nicht Ursache für den Verlust ihres stillen Beteiligungskapitals gewesen seien, komme es rechtlich nicht an.

II.


Demgegenüber rügt die Revision mit Recht, daß das Berufungsgericht die Begrenzung der Rechtsberaterhaftung nach dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht hinreichend beachtet habe. Dabei kann offen bleiben, ob im Streitfall zwischen Dr. K. und der Beklagten durch schlüssiges Verhalten ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist (vgl. dazu allgemein Zugehör NJW 2000, 1601, 1606 m.w.N.). Die Beklagte hat durch ihren Geschäftsführer, der für sie handelte und Dr. K. persönlich bekannt war, im besonderen Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dabei die Eingehung der stillen Gesellschaft zwischen den Klägern und der Inhaberin erheblich beeinflußt, so daß zumindest ein vorvertragliches Schuldverhältnis zu den Klägern bestanden
hat (vgl. jetzt § 311 Abs. 3 BGB). Denn sie hat mit ihren Erklärungen den Beweggrund für die Anlageentscheidung in der Vorstellung der Kläger geschaffen.
1. Grundsätzlich haftet derjenige, der für ein schädigendes Ereignis verantwortlich ist, dem Geschädigten für alle dadurch ausgelösten Schadensfolgen. Als Ausnahme von diesem Grundsatz ist auch für das Vertragsrecht und für den Bereich vorvertraglicher Schuldverhältnisse anerkannt, daß eine Pflichtverletzung nur zum Ersatz der Schäden führen kann, deren Vermeidung die verletzte Pflicht bezweckt. Bei Kapitalanlagen folgt daraus, daß jemand, der nicht Partner des Anlagegeschäfts ist und dem Anlageinteressenten nur hinsichtlich eines bestimmten für das Vorhaben bedeutsamen Einzelpunktes Aufklärung schuldet, im Falle eines Fehlers lediglich für die Risiken einzustehen braucht, für deren Einschätzung die geschuldete Aufklärung maßgeblich war (vgl. BGHZ 116, 209, 213; BGH, Urt. v. 20. November 1997 - IX ZR 286/96, NJW 1998, 982, 983; v. 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, WM 2001, 297, 298; v. 6. Juni 2002 - III ZR 206/01, WM 2002, 1440, 1441). Zur Verletzung von Aufklärungs- und Auskunftspflichten durch die Beklagte über die Steuerfragen hinaus hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nichts festgestellt. Der Ersatz des verlorenen Anlagekapitals kann dann von den Klägern auf der Grundlage der revisionsrechtlichen Beurteilung (§ 559 ZPO) nicht verlangt werden.
Wenn das Berufungsgericht es für die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der verlorenen stillen Beteiligungen hat genügen lassen, daß die Kläger von der Darstellung des Steuersachverhaltes durch die Beklagte bewogen worden sind, die stille Gesellschaft mit der SI. GmbH einzugehen, so steht dies, ebenso wie die Auffassung der Revisionserwiderung, in Widerspruch zu der eingangs angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über die
Haftung bei inhaltlich beschränkter Anlageberatung. Im Falle eines Auskunftsvertrages oder einer vorvertraglichen Hinweispflicht gilt nichts anderes. Denn es kommt in der durch Beschränkung des Pflichtenkreises gekennzeichneten Fallgruppe nicht darauf an, daß erwartete Steuervorteile durch Verlustzuweisungen und das allgemeine Beteiligungswagnis in der Anlageentscheidung zusammengeflossen sind. Vielmehr ist entscheidend, daß der Steuervorteil und der wirtschaftliche Anlageerfolg unabhängig voneinander erreicht oder verfehlt wurden. Jeder Schaden muß daher hier der haftungsbegründenden Pflichtverletzung getrennt zugerechnet werden.
Von diesen Grundsätzen abzugehen bietet der Streitfall keinen Anlaß. Eine andere Betrachtung vermöchte vorliegend um so weniger einzuleuchten, als gerade infolge des Zusammenbruchs der SI. GmbH das steuerliche Ergebnis des Jahres 1992, auf welches die Kläger nach der Darstellung der Beklagten vertrauen durften, sich im Wege von Verlustrückträgen aus den Jahren 1993/94 (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG a.F.) unter Umständen doch noch erreichen lassen könnte.
2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus einem anderen Grunde als richtig dar (§ 561 ZPO). Ein Steuerberater ist allerdings ebenso wie ein Rechtsanwalt verpflichtet, trotz eingeschränkten Mandates auch vor anderweitigen Gefahren, die ihm bekannt oder offenkundig sind, zu warnen, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß sich der Mandant der ihm drohenden Nachteile nicht bewußt ist (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juli 1998 - IX ZR 374/97, WM 1998, 2246, 2247, zur Anwaltshaftung; ähnlich BGH, Urt. v. 9. Januar 2003 - IX ZR 422/99, z.V.b., zur Notarhaftung). Diese erweiterte Warnpflicht kann auch auf die (vor-) vertragliche Haftung für steuerliche Hinweise eines Rechtsberaters zu Anlagevorhaben übertragen werden.

Die Kläger haben in den Vorinstanzen die Beklagte auch mit der Behauptung in Anspruch genommen, ihr Geschäftsführer habe in Kenntnis unrealistischer Erwartungen über die Entwicklung der SI. GmbH gehandelt. Im Kern geht es darum, daß der Geschäftsführer der Beklagten und damit die Beklagte selbst nicht nur falsche Erwartungen über die Marktchancen der SI. GmbH geteilt, sondern einen wesentlichen Wissensvorsprung vor Dr. K. und den Klägern über die mangelnde technisch-wirtschaftliche Leistungskraft des Dienstvertragspartners S. GmbH besessen haben soll. Solche Gelegenheitserkenntnisse hätte die Beklagte auch als bloße steuerliche Hinweisgeberin Dr. K. und den Klägern nicht vorenthalten dürfen, wenn ihr sich Rückwirkungen davon auf das Beteiligungsinteresse an der SI. GmbH aufdrängen mußten.
Das Berufungsgericht hat diesen streitigen Sachvortrag der Kläger, anders als das Landgericht, bisher nur unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Haftung des Geschäftsführers der Beklagten aus vorsätzlich unerlaubter Handlung gewürdigt und diese verneint. Seine knappen Ausführungen dazu genügen für die Annahme einer Vertragsverletzung nicht.

III.


Die Sache ist im gegenwärtigen Stand entgegen der Ansicht der Revision nicht zugunsten der Beklagten spruchreif.
1. Die Verletzung einer vertraglichen Warnpflicht (II. 2.) durch die Beklagte kann derzeit nicht verneint werden, weil die Feststellungen des Berufungsge-
richts in diesem Zusammenhang gleichfalls nicht ausreichen. Rechtsgründe stehen nicht entgegen. Soll die erweiterterte Warnpflicht durch den Steuerberater über nichtsteuerliche Risiken einer Anlage gerade dazu dienen, einen unwissenden Interessenten vor einem drohenden kaufmännischen Mißerfolg zu schützen, kommt eine Haftungsbegrenzung des Steuerberaters auf die ausgebliebenen Steuervorteile der Anlage nicht mehr in Betracht.
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß die Aufklärungspflichten der Beklagten aus ihrem Rechtsverhältnis mit Dr. K. Schutzwirkung zugunsten der Kläger entfalteten. Diese Drittbezogenheit beschränkt sich bei Übernahme einer wirtschaftlichen Beratung oder einer erweiterten Warnpflicht der Beklagten im Rahmen der Darstellung des Steuersachverhaltes auch nicht auf die erteilten steuerlichen Hinweise. Für die Klägerin zu 1 ist das schon infolge der Zusammenveranlagung mit ihrem Ehemann eindeutig (vgl. BGH, Urt. v. 5. Juni 1985 - IVa ZR 55/83, NJW 1986, 1050 f).
Unerheblich ist, ob eine Schutzwirkung des Rechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und Dr. K. zugunsten der Kläger von Anfang an bestand. Auch das Berufungsgericht hat eine solche Erstreckung erst vom September 1992 an bejaht, als die Kläger, wie die Beklagte wußte, als Übernehmer einer stillen Beteiligung an der SI. GmbH anstelle des Dr. K. in Betracht kamen. Ein vollständiger Vertragsbeitritt der Kläger, den die Revision verneinen möchte, war nicht erforderlich, um sie nachträglich in die vertragliche Haftung bei Verletzung anlegerschützender Aufklärungspflichten durch die Beklagte einzubeziehen (vgl. Zugehör, aaO 1603).
Der Revision ist zwar zuzugeben, daß eine solche nachträgliche Schutzerstreckung dann hätte problematisch sein können, wenn dadurch das Haf-
tungsrisiko der Beklagten vervielfältigt worden wäre. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Das Haftungsrisiko der Beklagten hat sich durch den Eintritt der Kläger in das Anlagevorhaben anstelle von Dr. K. nach Art und Höhe nicht verändert. Anders als die Revision meint, haftet die Beklagte den Klägern gegenüber auch nicht nur für solche Fehler und Versäumnisse, die ihr erst für die Zeit nach der Schutzerstreckung vorzuwerfen sind. Das mag grundsätzlich so sein, liegt hier aber anders. Denn die Beklagte war auch verpflichtet, in der Zeit vor Schutzerstreckung von ihr bereits gegenüber Dr. K. pflichtwidrig hervorgerufene oder aufrecht erhaltene Fehlvorstellungen, die fortwirkten, nach Erstrekkung zum Schutz der Kläger jederzeit durch weitere Aufklärung auszuräumen.

IV.


Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 ZPO). Bei der Prüfung der Frage, ob die Beklagte vertragliche Warnpflichten verletzt hat, wird sich das Berufungsgericht mit den Feststellungen des Landgerichts (vgl. LGU 10 f) auseinandersetzen müssen. Sollten diese Feststellungen zutreffen, so können der Beklagten die Beteiligungsverluste der Kläger auch aus anderem Grund haftungsrechtlich nicht angelastet werden. Denn die Beklagte hätte dann keine erweiterte Warnpflicht zu der technisch -wirtschaftlichen Leistungskraft des Dienstvertragspartners S. GmbH verletzt, weil Dr. K. im Rahmen der Vorgespräche in alle maßgebenden Umstände eingeweiht worden sein soll. Dem ist jedoch die Berufung der Kläger (Berufungsbegründung S. 25 ff = GA IV 896 ff) in erheblicher Weise entgegengetreten. Es ist danach nicht ausgeschlossen, daß die Beklagte hinsichtlich der nach dem Klägervorbringen noch nicht ausgereiften technischen Fähigkeiten der S. GmbH, die für die geplante Chipkartenproduktion der SI.
GmbH eingesetzt werden sollten, über einen entscheidenden Wis- sensvorsprung verfügte. Zu klären ist demnach, ob ein solcher technischer Entwicklungsrückstand bei der S. GmbH tatsächlich vorlag, ob nur die Beklagte davon wußte, Dr. K. und die Kläger aber nicht, ob die Kläger in Kenntnis des erhöhten Wagnisses von den stillen Beteiligungen an der SI. GmbH abgesehen hätten, die erwarteten Steuervorteile insoweit also nicht der ausschließliche Beweggrund geblieben wären, und ob die Beklagte nach den Umständen ihren etwaigen Wissensvorsprung zumindest fahrlässig verschwiegen hat.
Kirchhof Ganter Raebel
Kayser Bergmann
3
1. Mit der Rüge von Rechtsfehlern und der Behauptung, das Berufungsgericht habe die Rechtsprechung des Senats zu der Frage, wann ein Scha- densersatzanspruch gegen den Steuerberater entstanden sei (beispielhaftes Zitat von BGH, Urteil vom 12. Februar 1998 - IX ZR 190/97, WM 1998, 786 und BGH, Urteil vom 11. Mai 1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386), grundlegend missverstanden, ist das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als Grund der Revisionszulassung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht dargelegt. Die Beschwerdebegründung hätte vielmehr einen bestimmten, entscheidungserheblichen Obersatz des Berufungsurteils herausarbeiten müssen , der, sei es aufgrund eines Missverständnisses, sei es aufgrund anderer Erwägungen, von dem Obersatz einer Vergleichsentscheidung abweicht. In dieser Hinsicht gilt nichts anderes als für die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Rechtsfortbildung (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 50/09, WM 2010, 237 Rn. 4). Auf den Obersatzvergleich stellt der Senat auch für die Einheitlichkeitssicherung in ständiger Rechtsprechung ab (vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - IX ZR 150/08, bei juris Rn. 2; vom 2. Dezember 2010 - IX ZR 56/09, bei juris Rn. 2; vom 16. September 2010 - IX ZB 203/09, bei juris Rn. 1).

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.