Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2007 - IX ZR 120/05

bei uns veröffentlicht am11.10.2007
vorgehend
Landgericht Schwerin, 3 O 462/03, 23.07.2004
Oberlandesgericht Rostock, 7 U 104/04, 16.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 120/05
vom
11. Oktober 2007
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Dr. Ganter, Prof. Dr. Gehrlein und Vill und die Richterin
Lohmann
am 11. Oktober 2007

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 16. Juni 2005 wird auf Kosten des Beklagten, dem auch die Kosten der Nebenintervention auferlegt werden, zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 84.698,84 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 544 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
1. In formeller Hinsicht genügt das Berufungsurteil noch den Anforderungen , die an ein abgekürztes Berufungsurteil, welches in der Form des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergangen ist, zu stellen sind (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 6. Februar 2004 - V ZR 249/03, NJW 2004, 1666 f).
3
a) Zur Hauptsache enthält die angefochtene Entscheidung den in dem Berufungsurteil gestellten Antrag. Der Sach- und Streitstand ist - mit Ausnahme des Streites um die Zulässigkeit der durch die Vereinbarung vermiedenen Streitverkündung - in der Berufungsinstanz nur vertieft worden; auf die Zulässigkeit der Streitverkündung kam es nach Auffassung des Berufungsgerichts aus Rechtsgründen nicht an.
4
b) In Bezug auf die von der Nebenintervenientin begehrte Urteilsergänzung wurde in der Berufungsinstanz nur über eine Rechtsfrage - die Wirkungen eines von einem Rechtsanwalt abgegebenen Empfangsbekenntnisses - gestritten. Dieser Streit betrifft einen Nebenpunkt (Kostenentscheidung) und konnte durch Bezugnahme auf den näher bezeichneten Schriftsatz des Nebenintervenienten erledigt werden.
5
2. In der Hauptsache war über den Vertragsschluss als solchen sowie die Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Vereinbarung zu entscheiden, welche die Verjährung des Schadensersatzanspruches gegen den vorgerichtlich für den Kläger tätig gewesenen Beklagten hinausschieben sollte. Die Entscheidung des Berufungsgerichts betrifft einen besonders gelagerten Einzelfall und liegt weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet. Das gefundene Ergebnis - Annahme einer verjährungshemmenden Vereinbarung - ist naheliegend, keinesfalls willkürlich.
6
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).
Fischer Ganter Gehrlein
Vill Lohmann
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 23.07.2004 - 3 O 462/03 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 16.06.2005 - 7 U 104/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2007 - IX ZR 120/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2007 - IX ZR 120/05

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2007 - IX ZR 120/05 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2007 - IX ZR 120/05 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Feb. 2004 - V ZR 249/03

bei uns veröffentlicht am 06.02.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 249/03 Verkündet am: 6. Februar 2004 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 249/03 Verkündet am:
6. Februar 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 540 Abs. 1

a) Auch das sogenannte Protokollurteil nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO muß nicht sogleich im
Anschluß an die mündliche Verhandlung über die Berufung, über die in dem Urteil
entschieden wird, verkündet werden; möglich ist auch die Verkündung am Schluß der
Sitzung, nachdem das Berufungsgericht noch andere Sachen verhandelt hat.

b) Bei dem Erlaß eines Protokollurteils muß das Sitzungsprotokoll neben den übrigen
Angaben nach § 160 ZPO die Urteilsformel, die Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1
ZPO und die Verkündung des Urteils enthalten.

c) Der Protokollinhalt nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO bildet die für die revisionsrechtliche
Überprüfung des Protokollurteils nach §§ 545, 559 ZPO erforderliche tatsächliche
Beurteilungsgrundlage; er hat insoweit dieselbe Funktion wie die Bezugnahmen und
Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO in einem Berufungsurteil, das in einem
späteren Termin verkündet wird.
BGH, Urt. v. 6. Februar 2004 - V ZR 249/03 - LG Hannover
AG Burgwedel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Februar 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 4. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit seiner auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2003 ergangenen Entscheidung hat das Landgericht die Berufung der Beklagten gegen ein nach Verkündungsdatum und Aktenzeichen bezeichnetes Urteil des Amtsgerichts B. zurückgewiesen. Die Entscheidung enthält außer den in § 313 Abs. 1 Nr. 1 - 4 ZPO genannten Angaben den Vermerk: "Verkündet lt. Protokoll am: 4. Juli 2003. S. , Justizangestellte als Urkundsbeamtin/beamter der Geschäftsstelle" und die Unterschriften der Richter.
In das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2003 hat das Landgericht vor der Wiedergabe der von den Parteien gestellten Anträge folgendes aufgenommen:
"Die Kammer beabsichtigt gem. § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO am Schluß der Sitzung unter Zugrundelegung der nachfolgenden Hinweise ein Urteil zu verkünden: Die Berufung der Beklagten erscheint aussichtslos. Dabei schließt sich die Kammer der Auffassung an, daß der Anspruch auf Zurückschneiden eines Baumes nach Ablauf der 5-Jahresausschlußfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NachbarRG nicht völlig entfällt , sondern noch - wenn auch nur - das Zurückschneiden des Wachstums der letzten 5 Jahre vor Klageerhebung verlangt werden kann. Das Risiko einer irreversiblen Schädigung besteht beim Zurückschneiden immer und läßt den Anspruch nicht entfallen. Der behauptete Umstand, daß die Verschattung nur geringfügig sei, spielt ebensowenig eine Rolle wie die Tatsache, daß sich auf dem Grundstück der Kläger zur Grenze ebenfalls hohe Bäume befinden".
Nach der Wiedergabe der Anträge ist in dem Protokoll vermerkt, daß die Anwälte zur Sache streitig verhandelt haben. Danach heißt es: "Beschlossen und verkündet: Eine Entscheidung ergeht am Schluß der Sitzung. Der Streitwert ..." Das Protokoll ist von dem Vorsitzenden der Berufungskammer und - für die Richtigkeit der Übertragung von dem Tonträger - von einer Justizangestellten unterzeichnet.
Eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil, die Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält das Protokoll nicht.
Mit ihrer von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, wollen die Beklagten die Aufhebung des Berufungsurteils und die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Das angefochtene Urteil ist als sogenanntes Protokollurteil verfahrensfehlerhaft ergangen und deswegen aufzuheben.
1. Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist allerdings der von dem Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung verkündete Beschluß, daß eine Entscheidung am Schluß der Sitzung ergehen solle. Das Protokollurteil muß zwar in dem Termin, in welchem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet werden. Dazu ist es aber nicht erforderlich, daß die Verkündung sogleich im Anschluß an die mündliche Verhandlung über die Berufung, über die in dem Protokollurteil entschieden wird, geschieht. Möglich ist auch, daß das Berufungsgericht zunächst noch andere Sachen verhandelt und erst nach Wiederaufruf der früher verhandelten Sache die Entscheidung verkündet (Hartmann, NJW 2001, 2577, 2592; Meyer-Seitz in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 540 Rdn. 11). Diese Vorgehensweise erfordert allerdings, daß die mündliche Verhandlung vorher nicht geschlossen worden ist, weil anderenfalls die Verkündung nicht mehr in dem Termin, in welchem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, erfolgt und einen besonderen Termin zur Verkündung einer Entscheidung erfordert. Insoweit gilt für die Verkündung eines Protokollurteils nichts anderes als für die Verkündung anderer Urteile im Anschluß an die mündliche Verhandlung nach § 310 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative
ZPO (sogenanntes Stuhlurteil, vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 310 Rdn. 3). Das hat das Berufungsgericht hier jedoch nicht beachtet. Nach dem Sitzungsprotokoll, das den äußeren Hergang der mündlichen Verhandlung beweist (§ 165 ZPO), endete diese nach der Verkündung des Beschlusses über den Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung und die Festsetzung des Streitwerts für die Berufungsinstanz. Danach folgen lediglich noch die Unterschriften des Vorsitzenden der Berufungskammer und der Justizangestellten, die das Protokoll hergestellt hat (vgl. § 160a ZPO). Die Verkündung des Berufungsurteils (§ 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO) ist nicht festgestellt. Auch gibt es kein besonderes Verkündungsprotokoll.
2. Fehlerhaft ist auch, daß das Berufungsgericht die verkündete Entscheidung nicht in das Sitzungsprotokoll aufgenommen hat (§ 160 Abs. 3 Nr. 6 ZPO). Das ist aber bei einem Urteil nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO notwendig. Aus dem Protokoll muß sich, ebenso wie bei einem Stuhlurteil, ergeben, ob das Berufungsgericht das angefochtene erstinstanzliche Urteil abgeändert, aufgehoben oder bestätigt hat. Allerdings schafft § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO neben der mit § 540 ZPO allgemein beabsichtigten weitgehenden Entlastung der Berufungsgerichte bei der Urteilsabfassung (BGH, Urt. v. 26. Februar 2003, VIII ZR 262/02, NJW 2003, 1743) in dem besonderen Fall des Protokollurteils eine weitere Vereinfachung. Im Unterschied zu dem Stuhlurteil, das erst später, nämlich vor Ablauf von drei Wochen nach der Verkündung, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übergeben ist (§ 315 Abs. 2 Satz 1 ZPO), braucht das Protokollurteil nach der Verkündung nicht mehr mit Gründen versehen zu werden. Sie werden bereits vorher in das Sitzungsprotokoll aufgenommen. Dieses muß somit - neben den übrigen Angaben nach § 160 ZPO und dem Hinweis auf die erfolgte Verkündung (§ 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO) - die Urteilsfor-
mel (§ 160 Abs. 3 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 311 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO) und die Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO enthalten. Das Urteil selber mit dem dann noch verbleibenden Inhalt gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 1 - 4 ZPO und der Unterschrift der Richter (§ 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO) muß, weil auch die in das Protokoll aufgenommenen Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO Inhalt des Urteils sind, mit dem Protokoll verbunden werden. Eines ausdrücklichen Hinweises in dem Urteil auf das Protokoll (vgl. OLG Naumburg, FamRZ 2003, 48) bedarf es dann nicht; ein solcher Hinweis ersetzt allerdings auch nicht die Verbindung.
3. Das Protokoll enthält auch nicht die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Darlegungen.

a) Allerdings fehlt es nicht an den hierzu gehörenden Anträgen (BGH, Urt. v. 26. Februar 2003, VIII ZR 262/02, NJW 2003, 1743; Senat, Urt. v. 24. Oktober 2003, V ZR 424/02, ZfIR 2003, 1049; BGH, Urt. v. 13. Januar 2004, XI ZR 5/03, Umdruck S. 5 [zur Veröffentlichung bestimmt]). Sie ergeben sich aus dem übrigen Inhalt des Protokolls. Das genügt bei einem Protokollurteil. Daß hier die Anträge nicht verlesen oder zu Protokoll erklärt, sondern durch Bezugnahme auf nach Datum und Blattzahl der Gerichtsakten bezeichnete Schriftsätze gestellt worden sind, ändert daran nichts. Diese Verfahrensweise entspricht der nach § 525 ZPO auch im Berufungsverfahren anwendbaren Vorschrift des § 297 Abs. 2 ZPO.

b) Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, daß das Protokoll keine ausreichenden tatbestandlichen Feststellungen enthält. Ein Berufungsgericht kann zwar von einer eigenen Darstellung des Sach- und Streitstands absehen, wenn
das erstinstanzliche Urteil tatsächliche Feststellungen enthält. Aber nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO muß es dann darauf Bezug nehmen und etwaige Änderungen und Ergänzungen, die sich durch zweitinstanzliches Vorbringen der Parteien ergeben haben, darstellen. Das hat das Berufungsgericht hier versäumt. In seinem am Beginn des Verhandlungstermins erteilten Hinweis ist dazu lediglich die Rede davon, daß eine Partei (welche?) behauptet hat, eine Verschattung sei nur geringfügig, und daß sich auf dem Grundstück der Kläger zur Grenze ebenfalls hohe Bäume befinden. Ein Zusammenhang zu dem dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Sach- und Streitstand ergibt sich daraus nicht. Damit fehlt dem Berufungsurteil die für die revisionsrechtliche Nachprüfung nach §§ 545, 559 ZPO erforderliche tatsächliche Beurteilungsgrundlage (Senat, Urt. v. 6. Juni 2003, V ZR 392/02, WM 2003, 2424, 2425; BGH, Urt. v. 22. Dezember 2003, VIII ZR 122/03, Umdruck S. 3 [zur Veröffentlichung bestimmt ]). Der Protokollinhalt nach § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat insoweit für das Protokollurteil dieselbe Funktion wie die Bezugnahmen und Darlegungen nach Satz 1 in einem später verkündeten Urteil; an ihn sind deshalb inhaltlich keine geringeren Anforderungen zu stellen (Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 540 Rdn. 8; Meyer-Seitz, aaO, § 540 Rdn. 11).

c) Schließlich enthält das Berufungsurteil auch keine Begründung für die Zurückweisung des Rechtsmittels. Aus dem Sitzungsprotokoll ergibt sich, daß das Berufungsgericht zwar am Beginn des Verhandlungstermins einen rechtlichen Hinweis erteilt und die Parteien darüber informiert hat, daß es aufgrund der darin zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung ein Protokollurteil erlassen wolle. Dieser Hinweis erfolgte aber, bevor die Parteien ihre Anträge gestellt hatten, und damit vor dem Eintritt in die mündliche Verhandlung (§ 137 Abs. 1 ZPO). Aus dem Protokoll ergibt sich nicht, ob die ursprüngliche Auffas-
sung des Berufungsgerichts auch nach der mündlichen Verhandlung unverändert fortbestand und die Begründung für die Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung war. Bei dem Erlaß eines Protokollurteils muß sich jedoch aus dem Sitzungsprotokoll ergeben, daß das Berufungsgericht seine Entscheidung - wie bei jedem Urteil - aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung gefällt hat. Das kann nur dadurch erreicht werden, daß die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO notwendige kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung in das Protokoll nach der Wiedergabe der Anträge der Parteien und dem Vermerk, daß streitig verhandelt worden ist, aufgenommen wird. Wenn das Berufungsgericht schon vor der Antragstellung die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert und - wie hier - ihnen seine Rechtsauffassung mitteilt, so ist das nicht zu beanstanden. Eine solche Verfahrensweise hat den Vorteil, daß sie es den Parteien ermöglicht , ihr Prozeßverhalten und ihre Anträge dementsprechend anzupassen. Bleibt das Berufungsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung bei seiner Auffassung, muß es dies in dem Protokoll zum Ausdruck bringen.
4. Diesen Anforderungen an ein Protokollurteil (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO) entspricht das Berufungsurteil nicht. Der äußeren Form nach stellt es sich allenfalls als Stuhlurteil nach § 310 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative ZPO dar. Aber auch als solches kann es nicht aufrechterhalten werden, weil es entgegen § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mit Gründen versehen ist (§ 547 Nr. 6 ZPO), sondern nur die Urteilsformel enthält.
Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

a) Nach dem Inhalt des von dem Berufungsgericht am Beginn des Verhandlungstermins erteilten rechtlichen Hinweises liegt die Annahme nahe, daß es davon ausgegangen ist, daß der Anspruch auf Zurückschneiden eines Baumes nach Ablauf der 5-Jahresfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NachbarRG nicht völlig entfalle, sondern das Zurückschneiden auf die Höhe verlangt werden könne, die der Baum fünf Jahre vor der Erhebung der Klage gehabt habe. Das ist jedoch nicht richtig. In seinem Urteil vom 14. November 2003 (V ZR 102/03, zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - bestimmt) hat der Senat entschieden, daß der Eigentümer von Bäumen, die den in § 50 Abs. 1 Nds. NachbarRG vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, diese auf Verlangen des Nachbarn nach dem Ablauf der Ausschlußfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NachbarRG grundsätzlich weder auf die zulässige noch auf eine andere Höhe zurückschneiden muß. Das wird das Berufungsgericht zu beachten haben.

b) Im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger in der Revisionserwiderung wird das Berufungsgericht auch entscheiden müssen, ob die Beklagten hier ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Verbindung mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Zurückschneiden des Baumes auf eine den Interessen beider Parteien gerecht werdende Höhe trotz des Ablaufs der Frist des § 54 Abs. 2 Nds. NachbarRG dulden müssen. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 14. November 2003 (aaO, Umdruck S. 7 f.) ausgeführt, daß das in Betracht kommen kann, wenn der Nachbar wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen ausgesetzt und das Zurückschnei-
den dem Eigentümer der Bäume zumutbar ist. Solche, ein Abweichen von der landesrechtlichen Sonderregelung rechtfertigende, Beeinträchtigungen können sich auch aus der Verschattung eines Grundstücks ergeben, die von dem Höhenwachstum von Bäumen auf dem Nachbargrundstück, die den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, herrührt. Ob sie hier, anders als in dem der Senatsentscheidung vom 14. November 2003 (aaO) zugrunde liegenden Fall, gegeben sind, muß das Berufungsgericht aufklären.
Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann