Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2012 - IX ZR 171/10

bei uns veröffentlicht am27.09.2012
vorgehend
Landgericht Dresden, 1 O 620/07, 23.01.2009
Oberlandesgericht Dresden, 14 U 235/09, 07.09.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 171/10
vom
27. September 2012
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 27. September 2012

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 7. September 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 80.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
1. Wird der Schaden aus dem Verlust eines Rechtsstreits geltend gemacht , so ist im Regressverfahren selbständig darüber zu entscheiden, wie der Vorprozess richtig zu entscheiden gewesen wäre (BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 9 mwN). Bei der Beantwortung von Fragen, die der Kontrolle einer anderen Gerichtsbarkeit als der Ziviljustiz unter- stehen, hat sich das zuständige Regressgericht an der dort geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung auszurichten (BGH, Beschluss vom 5. März 2009 - IX ZR 90/06, NJW 2009, 1422 Rn. 3; vom 11. Mai 2010 - IX ZR 80/07, GI aktuell 2010, 186 mwN). Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat die Frage einer fehlerhaften Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) anhand der von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Maßstäbe (BAG NZA 2008, 1120 Rn. 18 ff; NZA 2010, 1352 Rn. 31 mwN) verneint. Die hierbei angestellten einzelfallbezogenen Erwägungen berühren keine Zulassungsgründe.
3
2. Die geltend gemachten Verfahrensgrundrechtsverletzungen liegen nicht vor. Die rechtliche Würdigung des Prozessstoffes ist Sache des Prozessgerichts. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt nicht die Pflicht des Gerichts, der von einer Prozesspartei vertretenen Rechtsansicht oder Würdigung des Verfahrensstoffes zu folgen (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2011 - IX ZB 214/10, WM 2011, 1087 Rn. 13). Entgegen der Ansicht der Beschwerde liegen auch keine sachfremden Erwägungen im Sinne eines Willkürverstoßes vor (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2005 - IV ZR 62/04, NJW-RR 2005, 1051, 1052).
4
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 23.01.2009 - 1 O 620/07 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 07.09.2010 - 14 U 235/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2012 - IX ZR 171/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2012 - IX ZR 171/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2012 - IX ZR 171/10 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2012 - IX ZR 171/10 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2005 - IV ZR 62/04

bei uns veröffentlicht am 13.04.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 62/04 vom 13. April 2005 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2009 - IX ZR 90/06

bei uns veröffentlicht am 05.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 90/06 vom 5. März 2009 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, den Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape a

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2011 - IX ZB 214/10

bei uns veröffentlicht am 19.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 214/10 vom 19. Mai 2011 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 14 Abs. 1 Ein Insolvenzantrag ist als rechtsmissbräuchlich zu erachten, wenn mit dem Insolven

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

3
1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass die Beklagten Nichtzulassungsbeschwerden an den Bundesfinanzhof nicht erfolgreich auf Verstöße des Finanzgerichts Düsseldorf gegen §§ 318 ZPO, 155 FGO hätten stützen können, werfen keine rechtsgrundsätzliche Frage auf. Der Bundesfinanzhof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine gemäß § 104 Abs. 2 FGO zuzustellende Entscheidung frühestens zu demjenigen Zeitpunkt Wirksamkeit im Sinne des § 318 ZPO entfaltet, in dem sie zumindest einem der jeweiligen Verfahrensbeteiligten in irgend einer Weise bekannt gemacht worden ist (BFHE 145, 120, 122; 179, 8, 11; 203, 523, 528; BFH/NV 1995, 692, 694; BFH/NV 2001, 1143, 1144). Zutreffend hat sich das Berufungsgericht ausschließlich an dieser Rechtsprechung des im Inzidenzprozess zuständigen höchsten Fachgerichts orientiert. Das Regressgericht muss die jeweils geltende Rechtslage unter Einbeziehung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Regeln und Grundsätze bestimmen. Insbesondere dann, wenn - wie im Streitfall - die im Ausgangsverfahren getroffene Entscheidung der Kontrolle einer anderen Gerichtsbarkeit als der Ziviljustiz untersteht, hat das Regressgericht bei der Beurteilung rechtlicher Streitfragen der jeweiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung der Fachgerichtsbarkeit zu folgen, weil ihr bei der Rechtsfindung eine überragend wichtige praktische Bedeutung zukommt (BGHZ 145, 256, 261 ff.; BGH, Urt. v. 22. Februar 2001 - IX ZR 293/99, WM 2001, 741, 744; Beschl. v. 4. März 2004 - IX ZR 180/02, FamRZ 2004, 779, 780). Die teilweise abweichenden Auffassungen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu der wortlautgleichen Regelung des § 116 Abs. 2 VwGO sind im Streitfall deshalb nicht entscheidungserheblich.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

13
Das Beschwerdegericht hat das Vorbringen der Schuldnerin, eine Veräußerung von Betriebsvermögen sei ohne die Gefahr einer Rückforderung von Fördergeldern oder Investitionszulagen in Betracht gekommen, ausweislich der Entscheidungsgründe zur Kenntnis genommen. Es hat sich dieser Rechtsansicht jedoch nicht angeschlossen. Bei dieser Sachlage ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG genügt. Das Prozessgrundrecht gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit Vorbringen einer Partei in der Weise auseinandersetzt , die sie selbst für richtig hält. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt auch keine Pflicht des Gerichts, der von einer Partei vertretenen Rechtsansicht zu folgen (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2008 - IX ZR 62/07, DStRE 2009, 328 Rn. 5 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 62/04
vom
13. April 2005
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 13. April 2005

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 5. Februar 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 961.189,39 €

Gründe:


Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil ein Zulass ungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2, 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
1. Dies gilt zunächst für die Frage der Leistungsf reiheit nach § 61 VVG wegen vorsätzlicher Brandstiftung durch die Versicherungsnehmerin.


a) In der Rechtsprechung des Senats ist seit lange m hinreichend geklärt, daß der Versicherer ohne Beweiserleichterungen voll zu beweisen hat, daß der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat (Urteile vom 14. April 1999 - IV ZR 181/98 - NJW-RR 1999, 1184 unter II 2; vom 8. November 1995 - IV ZR 221/94 - r+s 1996, 410 f. und vom 25. April 1990 - IV ZR 49/89 - VersR 1990, 894 m.w.N.). Die Beschwerde meint unter Hinweis auf eine Mindermeinung in der Literatur (Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 61 Rdn. 90), dies erscheine dem Versicherer gegenüber als zu hart. Diese Einschätzung entbehrt angesichts der ständigen Rechtsprechung des Senats zu den Anforderungen an die Beweisführung durch Indizien einer Grundlage (vgl. Urteile vom 14. April 1999 aaO; vom 9. April 1997 - IV ZR 73/96 - r+s 1997, 294 unter II und vom 24. Januar 1996 - IV ZR 270/94 - r+s 1996, 146 unter II 1 bis 3, jeweils m.w.N.).
Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfan g der beweisbelasteten Partei Beweiserleichterungen zugute kommen, wenn der Gegner den Beweis vereitelt oder erschwert, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenfalls grundsätzlich geklärt (vgl. Urteile vom 23. September 2003 - XI ZR 380/00 - NJW 2004, 222 unter II 1 a und vom 17. Juni 1997 - X ZR 119/94 - NJW 1998, 79 unter I 4 jeweils m.w.N.). Ob diese Grundsätze im Einzelfall zu Beweiserleichterungen oder einer Beweislastumkehr führen, ist eine Frage der im tatrichterlichen Ermessen liegenden Überzeugungsbildung (vgl. BGH, Nichtannahmebeschluß vom 11. März 1993 - III ZR 182/91 - BGHR ZPO § 444 Beweisvereitelung

3).




b) Die Beschwerde zeigt nicht auf, daß das Berufun gsurteil auf einem Rechtsfehler beruht, der die Gefahr der Wiederholung durch das Berufungsgericht oder der Nachahmung durch andere Gerichte besorgen läßt oder der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. dazu BGHZ 154, 288, 293 ff. und BGH, Beschluß vom 7. Oktober 2004 - V ZR 328/03 - NJW 2005, 153 unter II 1 a und b m.w.N.). Es ist insbesondere nicht dargelegt, daß das Berufungsgericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt oder gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen hat.
aa) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 96, 205, 216 f.; NJW 1994, 2279 m.w.N.; NJW 1993, 254 f.) nur festgestellt werden , wenn sich im Einzelfall klar ergibt, daß das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, daß die Gerichte Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl. auch BGH, Urteile vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90 - NJW 1992, 2080 unter I 2 b bb und vom 26. Juni 1989 - II ZR 128/88 - NJW 1990, 573 unter II 1). Von einer Beweiserhebung darf unter anderem abgesehen werden, wenn das tatsächliche Vorbringen insoweit als wahr unterstellt wird (BVerfG NJW 1993, 254 f.; BVerfGE 85, 386, 404 f.). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist selbst bei einer zweifelsfrei fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts noch nicht anzunehmen. Hinzu kommen muß vielmehr, daß die fehlerhafte

Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfG NJW 1994, 2279).
bb) Das Berufungsgericht hat wie schon das Landger icht das gesamte Vorbringen des Beklagten zur behaupteten vorsätzlichen Brandstiftung durch die Versicherungsnehmerin zur Kenntnis genommen. Es hat sich mit der gebotenen Ausführlichkeit damit auseinandergesetzt und ergänzend auf das Urteil des Landgerichts verwiesen. Auf die beantragte Vernehmung des ZeugenC. G. konnte das Berufungsgericht ohne Verfassungsverstoß verzichten, weil es die damit unter Beweis gestellte Behauptung des Beklagten als wahr unterstellt hat. Ebenso hat es den von der Beschwerde aufgegriffenen Vortrag des Beklagten zur wirtschaftlichen Lage der Versicherungsnehmerin und ihres Ehemannes , dessen Wunsch, die Kühlhalle zu beseitigen, zu den Vorschäden und der sogenannten Firmenbibel als wahr unterstellt. Das Berufungsgericht hat sich dennoch bei der Gesamtwürdigung aller Umstände nicht von einer vorsätzlichen Brandstiftung durch die Versicherungsnehmerin oder ihren Ehemann überzeugen können und dies mit sachlichen Erwägungen nachvollziehbar und zumindest vertretbar begründet. Im übrigen räumt die Beschwerde selbst ein, daß dieser Beweis wegen der Beseitigung von Brandspuren nicht geführt werden kann. Daraus folgt, daß das Berufungsurteil insoweit nicht auf den gerügten Verstößen gegen Verfahrensgrundrechte beruht. Die Beschwerde beruft sich vielmehr auf Beweiserleichterungen wegen Veränderungen am Brandort. Der Vortrag des Beklagten, die Versicherungsnehmerin habe hierzu den Auftrag er-

teilt, ist bestritten, ohne Substanz und nicht unter Beweis gestellt, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend bemerkt.
2. Den Behauptungen zum Verhalten des Ehemannes de r Versicherungsnehmerin brauchte das Berufungsgericht nicht weiter nachzugehen , weil es ihn nicht als ihren Repräsentanten angesehen hat. Zulassungsgründe sind auch insoweit nicht dargelegt.
Unter welchen Voraussetzungen ein Dritter Repräsen tant des Versicherungsnehmers ist, ist durch die neuere Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt (Urteil vom 14. Mai 2003 - IV ZR 166/02 - r+s 2003, 367 unter II 2 m.w.N.). Diese Rechtsprechung hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung ausdrücklich zugrundegelegt. Deshalb kann nicht angenommen werden, daß es durch die mißverständlich erscheinende Formulierung zur Übertragung der gesamten Risikoverwaltung davon abweichen wollte, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt.
Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Beklagten zur Repräsentantenstellung des Ehemannes der Versicherungsnehmerin zur Kenntnis genommen, ihn aber mit Recht für unsubstantiiert gehalten und

deshalb den angebotenen Zeugenbeweis nicht erhoben. Darin liegt kein zulassungsrelevanter Rechtsfehler, insbesondere kein Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch