Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2013 - IX ZR 312/12

bei uns veröffentlicht am06.06.2013
vorgehend
Landgericht Bochum, 6 O 96/10, 12.12.2011
Oberlandesgericht Hamm, 28 U 32/12, 15.11.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 312/12
vom
6. Juni 2013
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 6. Juni 2013

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. November 2012 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 20.853,75 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
2
1. Soweit sich die Beschwerde gegen die Würdigung des Berufungsgerichts wendet, die Tätigkeit des Beklagten habe nur eine Angelegenheit betroffen (§ 13 Abs. 2 BRAO), ist den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht genügt.
3
a) Die Beschwerde macht geltend, die aufgeworfene Rechtsfrage, ob von einem Anwalt mit mehreren Interessenten geführte Verhandlungen nur eine Angelegenheit beträfen, sei im Schrifttum umstritten, so dass ein Bedürfnis für eine höchstrichterliche Leitentscheidung bestehe. Nach dem Inhalt dieser Begründung könnten wegen der vermissten höchstrichterlichen Klärung allenfalls die nicht ansatzweise ausgeführten Zulassungsgründe der Grundsätzlichkeit (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder der Rechtsfortbildung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO) gegeben sein. Davon abgesehen ist die Würdigung, ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, vom jeweiligen Einzelfall abhängig und nicht einer generalisierenden Beurteilung zugänglich (BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 - IX ZR 401/00, NJW 2005, 2927, 2928; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 16).
4
b) Im Übrigen ist die Streitfrage nicht entscheidungserheblich, weil das Berufungsgericht mehrere Angelegenheiten unterstellt, dem Beklagten jedoch eine Verletzung der insoweit zu beachtenden Aufklärungspflicht angelastet hat. Da das Berufungsgericht mehrere Angelegenheiten zugrundelegt, ist im Blick auf das als übergangen gerügte Vorbringen des Beklagten zu dem Verlauf der Kaufvertragsverhandlungen Art. 103 Abs. 1 GG nicht verletzt.
5
2. Soweit das Berufungsgericht dem Beklagten im Blick auf die Vereinzelung der Angelegenheiten eine Versäumung seiner Aufklärungspflicht anlastet, greift der erhobene Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht durch. Die bei der gebührenrechtlichen Vereinzelung von mit mehreren Gläubigern geführten Vergleichsgesprächen maßgeblichen Grundsätze (BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 - IX ZR 401/00, aaO) können auf den hier gegebenen Fall der Vereinzelung von Verkaufsverhandlungen übertragen werden.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 12.12.2011 - 6 O 96/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.11.2012 - 28 U 32/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2013 - IX ZR 312/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2013 - IX ZR 312/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 13 Erlöschen der Zulassung


Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erlischt, wenn durch ein rechtskräftiges Urteil auf Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft erkannt ist oder wenn die Rücknahme oder der Widerruf der Zulassung bestandskräftig geworden ist.
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2013 - IX ZR 312/12 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 13 Erlöschen der Zulassung


Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erlischt, wenn durch ein rechtskräftiges Urteil auf Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft erkannt ist oder wenn die Rücknahme oder der Widerruf der Zulassung bestandskräftig geworden ist.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2013 - IX ZR 312/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2013 - IX ZR 312/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Okt. 2010 - VI ZR 237/09

bei uns veröffentlicht am 19.10.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 237/09 Verkündet am: 19. Oktober 2010 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2005 - IX ZR 401/00

bei uns veröffentlicht am 03.05.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL IX ZR 401/00 Verkündet am: 3. Mai 2005 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BRAGO § 13 Wird ein Rechtsanwal
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2013 - IX ZR 312/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2019 - VI ZR 402/17

bei uns veröffentlicht am 22.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 402/17 Verkündet am: 22. Januar 2019 Olovcic Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2019 - VI ZR 403/17

bei uns veröffentlicht am 22.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 403/17 Verkündet am: 22. Januar 2019 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:220119UVIZR403.17.0 Der VI.

Referenzen

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erlischt, wenn durch ein rechtskräftiges Urteil auf Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft erkannt ist oder wenn die Rücknahme oder der Widerruf der Zulassung bestandskräftig geworden ist.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 401/00
Verkündet am:
3. Mai 2005
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BRAGO § 13
Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, mit den Gläubigern eines Unternehmens zum
Zwecke der Sanierung Forderungsverzichte auszuhandeln, so entsteht für den Auftrag
jedem Gläubiger gegenüber eine Gebührenangelegenheit, sobald der Rechtsanwalt
sich mit diesem gesondert auseinandersetzen muß. Wird an bestimmte
Gläubiger ohne weitere Tätigkeit ein einheitliches Rundschreiben versandt, handelt
es sich dagegen in der Regel nur um eine einzige Gebührenangelegenheit mit mehreren
Gegenständen.
Läßt der Tatrichter in der mündlichen Verhandlung die Bezugnahme einer Partei auf
unübersichtliche Anlagen bestimmender oder vorbereitender Schriftsätze zu, darf er
nicht ohne Hinweis auf die Mangelhaftigkeit des Vortrags Teile des Verhandlungsstoffes
bei der Entscheidung außer Betracht lassen.
BGH, Versäumnisurteil vom 3. Mai 2005 - IX ZR 401/00 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2005 durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser, Vill und
die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. September 2000 im Kostenpunkt (ausgenommen die Kosten der Wiedereinsetzung ) und insoweit aufgehoben, als er zur Zahlung von 104.266,46 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.
In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 10. April 1997 e röffneten Konkursverfahren über das Vermögen der M. C. E. GmbH & Co. KG (i.F.: Gemeinschuldnerin). Er nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Her-
ausgabe empfangener Gelder in Höhe von 168.712,60 DM nebst Zinsen in Anspruch.
Der Beklagte wurde im Januar 1994 von der Gemeinschuldn erin beauftragt , sie durch einen freiwilligen Vergleich mit ihren Gläubigern zu entschulden und die Vergleichsbeträge auszuzahlen. Zu diesem Zweck empfing er in Höhe von insgesamt 276.150 DM Gelder von der Gemeinschuldnerin und - nach seinem Vortrag - auch von der ihr verbundenen Co. Ma. Co. GmbH & Co. KG (i.F.: CoMaCo). Einen Betrag von 154.680,26 DM verwendete der Beklagte zur Gläubigerbefriedigung; 81.625,64 DM entnahm er als Gebührenabschlag für das Vergleichsmandat. Hiervon beanspruchte der Beklagte zuletzt noch 50.228,79 DM, die er gegen die Klageforderung aufrechnete. Des weiteren rechnete der Beklagte mit Anwaltshonoraren für 21 andere Mandate in der Zeit vom 15. Dezember 1993 bis zum 26. November 1996 im Gesamtbetrag von 86.470,50 DM auf.
Zur Rechtfertigung der Klageforderung von 168.712,60 DM hat der Kläger behauptet, für das Vergleichsmandat sei zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Beklagten eine Vergütung einschließlich Ersatz von Auslagen und Umsatzsteuern in Höhe von lediglich 17.150 DM vereinbart worden. Insoweit hat der Kläger die Zahlung des von dem Beklagten zunächst geltend gemachten Mehrbetrages von 37.242,10 DM begehrt. Weitere 86.470,50 DM hat der Kläger mit der Begründung gefordert, daß die Zweckbestimmung des Vergleichsmandates und der hierfür empfangenen Gelder der vom Beklagten erklärten Aufrechnung mit den Vergütungen für andere Mandate entgegenstehe. Schließlich hat der Kläger die Rückzahlung von 45.000 DM verlangt, die dem
Beklagten ebenfalls zur Ablösung von Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin - somit zweckgebunden - zur Verfügung gestellt worden seien.
Soweit der Beklagte die Leistung der empfangenen Gel der für den außergerichtlichen Vergleich durch die Gemeinschuldnerin bestritten hat, beruft sich der Kläger hilfsweise auf die mit ihm im April 1998 vereinbarte Abtretung entsprechender Forderungen der CoMaCo.
Der Beklagte hat sich auch im übrigen gegen das Forderu ngsrecht des Klägers gewendet und dazu den Inhalt eines ihm am 25. März 1995 zugestellten Beschlusses vorgetragen, mit dem zugunsten des Gläubigers S. die Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegen den Beklagten aus dem Treuhandauftrag in Höhe von 155.000 DM gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen worden sind.
Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat unter Klageabweisung im übrigen die Verurteilung auf den zweitinstanzlichen Hilfsantrag des Klägers in Höhe von 104.266,46 DM nebst Zinsen, zahlbar an den Pfändungspfandgläubiger, beschränkt. Mit der angenommenen Revision verfolgt der Beklagte seinen hiergegen gerichteten Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet, soweit das Berufungsgericht d ie Verurteilung des Beklagten zur Zahlung aufrecht erhalten hat. Die Entscheidung ergeht
durch Versäumnisurteil, jedoch nach § 557 ZPO a.F., § 331 ZPO aufgrund sachlicher Prüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff, st. Rspr.).

I.


Ohne Erfolg beanstandet die Revision, daß das Berufung sgericht den zweitinstanzlichen Hilfsantrag des Klägers trotz Widerspruchs gegen die Klageänderung zugelassen hat. Dies ist gemäß § 268 ZPO, § 557 ZPO a.F. im Revisionsverfahren nicht nachzuprüfen. Im übrigen war der nachgeschobene Hilfsantrag sachdienlich (vgl. BGHZ 114, 138, 141; 147, 225, 229).

II.


Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht den Beklagten für das Vergleichsmandat, innerhalb dessen er unstreitig zur Verrechnung der insoweit anfallenden Gebühren- und Auslagenerstattungsansprüche befugt war, lediglich solche in Höhe von 17.150 DM zugebilligt hat.
1. Das Berufungsgericht hat keine entsprechende Gebühren vereinbarung , die zwischen den Parteien streitig ist, festgestellt. Die Aktennotiz des Beklagten , in welcher er unter anderem Gebühren in Höhe von 17.150 DM ermittelt hat (Anlage K 3/2), ist ohne eine solche Rechtsgrundlage für den aufgerechneten Vergütungsanspruch des Vergleichsmandates nicht entscheidend, zumal sie nach dem eigenen Vortrag des Klägers erst im Dezember 1994, also lange nach der Auftragserteilung, gefertigt worden sein soll.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft das Verglei chsmandat des Beklagten als eine einzige Gebührenangelegenheit aufgefaßt. Die Abgrenzung der Angelegenheit im Sinne von § 13 Abs. 2 BRAGO, die mehrere Auftragsge-
genstände umfassen kann (vgl. § 7 Abs. 2 BRAGO), ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse im Einzelfall grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Denn hierbei ist insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrages maßgebend (BGH, Urt. v. 29. Juni 1978 - III ZR 49/77, LM BRAGebO § 6 Nr. 1; v. 9. Februar 1995 - IX ZR 207/94, NJW 1995, 1431; v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, WM 2004, 1792, 1793 f). Auch eine übereinstimmende Annahme der Auftraggeberin und des Beklagten, das Mandat umfasse gebührenrechtlich nur eine Angelegenheit, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist, hätte als reine Geschäftsgrundlage nicht die Wirkung, den gesetzlichen Begriff der Angelegenheit gemäß § 13 Abs. 2 BRAGO für das streitige Mandatsverhältnis abzubedingen.
In der Regel betrifft ein Auftrag dieselbe Angelege nheit, wenn zwischen mehreren Auftragsgegenständen, hier dem angestrebten Vergleich mit einer Vielzahl von Gläubigern der späteren Gemeinschuldnerin, ein innerer Zusammenhang besteht und der Rechtsanwalt einen einheitlichen äußeren Tätigkeitsrahmen wahrt (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003, aaO; BVerwG NJW 2000, 2289 a.E. f). Innerhalb eines solchen Rahmens kann auch die außergerichtliche Einigung mit allen oder den hauptsächlichen Gläubigern eines Schuldnerunternehmens zum Zweck der Sanierung aufgrund der verbindenden Zielsetzung für den beauftragten Anwalt eine einzige Gebührenangelegenheit sein (vgl. Riedel/Sußbauer/Fraunholz, Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung 8. Aufl. § 13 Rn. 24 a.E.).
Der Senat hat in der Vergangenheit bei der Prüfung eines einheitlichen äußeren Rahmens der entfalteten Anwaltstätigkeit unter anderem darauf abgestellt , ob mehrere Restitutionsansprüche in einem Verwaltungsverfahren ver-
folgt werden können; soweit dies nicht möglich sei, werde der einheitliche Tätigkeitsrahmen gesprengt (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003, aaO). Im Schrifttum wird das Beispiel der anwaltlichen Korrespondenz für mehrere Unfallgeschädigte mit demselben Versicherer erörtert, wobei der getrennte Schriftverkehr auch mehrere Gebührenangelegenheiten zur Folge haben soll (vgl. Schmidt, AnwBl. 1973, 333, 334). Unter Berücksichtigung dieses äußeren Handlungsrahmens muß auch die Tätigkeit des Beklagten innerhalb des Vergleichsmandates im Streitfall abgegrenzt werden. Wegen der Gleichförmigkeit des Vorgehens handelte es sich bei der Regulierung derjenigen Forderungen um eine Angelegenheit mit mehreren Gegenständen, bei denen der Beklagte lediglich Rundschreiben versandte und auch die Gläubiger in gleicher Weise reagierten, sei es, daß sie in einen Vergleich mit teilweisem Forderungsverzicht einwilligten, sei es, daß sie Entgegenkommen endgültig ablehnten. Der einheitliche Tätigkeitsrahmen wurde indes in den Fällen verlassen, in denen der Beklagte differenziert vorgehen mußte. Dies ist in den Fällen anzunehmen, in denen er sich mit Gläubigern gesondert auseinandersetzen mußte, mit ihnen einzeln Besprechungen führte und unterschiedliche Verhandlungsergebnisse erzielte (vgl. Döser, AnwBl. 1989, 664, 665). Hier sind - ähnlich einer Abtrennung einzelner Verfahren durch das Prozeßgericht - nachträglich aus derselben Ursprungsangelegenheit in den äußerlich verselbständigten Teilen mehrere neue Gebührenangelegenheiten entstanden. Das hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
Berechtigt ist ferner die Rüge der Revision, das Berufu ngsgericht habe sich nicht mit der Behauptung des Beklagten auseinandergesetzt, daß der Vertreter der Auftraggeberin (Dr. K. ) später ausdrücklich auf einer "Einzelabrechnung" aller Fälle bestanden habe. Für sich allein spricht dieser Umstand
zwar nicht zwingend dafür, daß die Mandatsbeteiligten sich darauf geeinigt haben , die Regulierungsversuche gegenüber jedem Gläubiger vergütungsrechtlich als gesonderte Angelegenheit zu behandeln. Die Auftraggeberin könnte auch im Auge gehabt haben, daß die Geschäfts-, Besprechungs- und Vergleichsgebühren nach unterschiedlichen Gegenstandswerten zu berechnen waren. Eine Gebührenberechnung des Beklagten, welche für die Auftraggeberin durchschaubar sein sollte, mußte daher in eine gruppenweise Aufstellung der Einzelforderungen gegliedert sein. Andererseits konnte die übergangene Behauptung jedoch auch als Indiz dafür gewertet werden, daß die Parteien gerade nicht - wie das Berufungsgericht gemeint hat - "wie selbstverständlich davon ausgingen, die treuhänderische Tätigkeit und sämtliche Verhandlungen seien als einheitliche Angelegenheit zu würdigen". Wegen der Ambivalenz der Behauptung des Beklagten wäre sie tatrichterlich entsprechend zu würdigen gewesen.
Über die Folgen einer gebührenrechtlichen Vereinzelun g aller Vergleichsversuche nach Anzahl der Gläubiger hätte der Beklagte überdies die Auftraggeberin aufklären müssen und sich bei entsprechendem Versäumnis schadensersatzpflichtig machen können (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003, aaO S. 1794 unter II. 1. b). Auch dies wird das Berufungsgericht im vorstehenden Zusammenhang zu würdigen haben.
3. Selbst wenn von einer einzigen Angelegenheit im Si nne des § 13 Abs. 2 BRAGO auszugehen wäre, könnte für das Vergleichsmandat nicht - wie es das Berufungsgericht in Anlehnung an den Klägervortrag und die Besprechungsnotiz des Beklagten (Anlage K 3/2) angenommen hat - ein Streitwert von 670.000 DM zugrunde gelegt werden. Auch insoweit gilt, daß tatsächliche
Übereinstimmungen ohne rechtsgeschäftliche Vereinbarung den Wert des Geschäftsgegenstandes und die anzuwendenden Gebührensätze unter den Beteiligten nicht bindend festlegen konnten.
Das Berufungsgericht hat in diesem Punkt überdies den Gr undsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, weil es Sachvortrag des Beklagten prozeßordnungswidrig außer Betracht gelassen hat. Es hat sich davon leiten lassen, nach § 137 Abs. 3 ZPO nicht verpflichtet zu sein, aus umfangreichen Anlagen zu den Schriftsätzen des Beklagten die einzelnen Forderungspositionen herauszusuchen und deren Gesamtwert aufzuaddieren. Darum geht es hier nicht. Das Berufungsgericht hat selbst in seinem Urteilstatbestand die fraglichen Forderungen unter Angabe der Gläubiger und der vom Beklagten angesetzten Gebührenhöhe aufgezählt. Die zugehörigen Gegenstandswerte waren der vom Beklagten gefertigten, zweitinstanzlich nochmals vorgelegten Gläubiger- und Forderungsliste (GA IV 928 bis 932 - vor Doppelheftung) unschwer zu entnehmen. Die Bezugnahme auf diese Liste in der mündlichen Verhandlung hat das Berufungsgericht dem Beklagten nicht nach § 137 Abs. 3 ZPO verwehrt. Dann durfte es nicht ohne rechtlichen Hinweis Teile des Verhandlungsstoffes, dessen Rekonstruktion aus den vorbereitenden Schriftsätzen nebst Anlagen ihm zu mühevoll erschien, bei seiner Entscheidungsfindung außer Betracht lassen. In der Zurückweisung der Bezugnahme zum Zweck des mündlichen Sachvortrags lag das vom Berufungsgericht angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Oktober 1956 (IV ZR 58/56, LM ZPO § 137 Nr. 1) schon im Ausgangspunkt anders.

III.



Soweit es um die Aufrechnung mit weiteren Vergütungsa nsprüchen des Beklagten in Höhe von 86.470,50 DM geht, hat das Berufungsgericht gemeint, von einer Klärung der streitigen Frage absehen zu können, inwieweit der Kläger den Beklagten aus einem in der Person der Gemeinschuldnerin entstandenen oder aus dem abgetretenen Recht der CoMaCo auf Herausgabe der zur Geschäftsbesorgung erhaltenen Gelder (§ 675 Abs. 1, § 667 BGB) in Anspruch nehmen kann. Diese Frage durfte das Berufungsgericht nicht offenlassen.
Der erst 1998 an den Kläger abgetretene Anspruch der CoMaCo wurde von der bereits im März 1995 ausgebrachten Pfändung bei der Gemeinschuldnerin nicht ergriffen. Über die fortdauernde Zweckbindung etwaiger Gelder der Zedentin, die sich noch in der Hand des Beklagten befinden, hat das Berufungsgericht nichts festgestellt. Diese Bindung dauerte nur bis zur Erreichung oder bis zum Fortfall des Auftragszwecks. Sie ist von einer Abrechnung des Beauftragten nicht abhängig; denn der Auftraggeber kann die Geschäftsbesorgung auch selbst abrechnen und danach die Herausgabe seines Guthabens fordern. Der abgetretene Anspruch auf Herausgabe des zur Ausführung des Auftrags Erhaltenen war im Gegensatz zu den empfangenen Geldern selbst durch den Auftragszweck nicht mehr gebunden. Die Fälligkeit dieses Anspruchs setzte vielmehr die Erledigung des Auftragszwecks voraus. Dann konnte der Beklagte gegen den abgetretenen Anspruch aber auch - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - grundsätzlich mit den außerhalb des Vergleichsmandates geltend gemachten weiteren Vergütungsansprüchen aufrechnen (vgl. BGH, Urt. v. 23. Februar 1995 - IX ZR 29/94, NJW 1995, 1425, 1426 unter 1.); entgegenstehende Treuepflichten sind nicht ersichtlich. Das
Berufungsurteil ist deshalb rechtsfehlerhaft, soweit es die Aufrechnung des Beklagten mit Gegenansprüchen nicht zugelassen hat.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Z PO a.F.). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO a.F.).
1. Das Berufungsgericht wird zunächst prüfen müssen, inwie weit der Klageanspruch in der Person der Gemeinschuldnerin oder der Zedentin entstanden ist. Für den Fall, daß der Klageanspruch sich ausschließlich aus dem ursprünglichen Recht der Gemeinschuldnerin ergibt und von der nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht gehinderten Pfändung daher vollen Umfangs ergriffen worden ist, wird das Berufungsgericht in Anwendung von § 392 BGB zu unterscheiden haben: Die Vergütungsansprüche der zwischen dem 15. Dezember 1993 und 20. Dezember 1994 erstellten Honorarnoten Nr. 1 bis 12 dürften entstanden und nach § 16 BRAGO fällig geworden sein, bevor der Pfändungsbeschlag gemäß § 829 Abs. 3 ZPO bewirkt worden ist. Zu den Vergütungsansprüchen der Honorarnoten 13 bis 21, deren früheste vom 30. Oktober 1995 datiert, sind entsprechende Feststellungen nachzuholen.
Nach Zurückverweisung kann der Beklagte seinen Vortrag zur zeitlichen Entstehung und Fälligkeit der aufgerechneten Ansprüche ergänzen. Zur Forderungsentstehung beim Schutz einer Aufrechnungslage nach den §§ 392, 406 BGB wird auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 27. April 1972 (BGHZ 58, 327, 331) und vom 22. November 1979 (VII ZR 322/78, NJW 1980, 584 f) hingewiesen; hiernach genügt die Entstehung der aufgerechneten Ansprüche dem Rechtsgrunde nach.
2. Die Zurückverweisung gibt dem Beklagten außerdem Gel egenheit, seinen Vergütungsanspruch aus dem Vergleichsmandat unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Vereinzelung der Angelegenheiten neu abzurechnen. Nach anderweitiger Abgrenzung der Angelegenheiten kann sich auch die Frage ergeben, inwieweit dem Beklagten für seine Tätigkeit jeweils die im bisherigen Zusammenhang unangegriffene Mittelgebühr zusteht.
3. Soweit das Berufungsgericht darüber hinaus die Gege nseitigkeit oder den Bestand der aufgerechneten weiteren Vergütungsansprüche des Beklagten zu den Positionen 7, 20 und 21 seiner Honorarnoten verneint hat, wird es sich auch mit dem Vorbringen der Revision auseinanderzusetzen haben, sofern dies nach seinen weiteren Feststellungen im zweiten Berufungsdurchgang entscheidungserheblich werden sollte.
Ganter Raebel Kayser
Vill Lohmann
16
(1) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass sich die Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten lässt und dabei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist (vgl. Senat, Urteile vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06, VersR 2008, 413, Rn. 14; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07, VersR 2008, 985, Rn. 5 ff. und vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269, Rn. 24; BGH, Urteile vom 9. Februar 1995 - IX ZR 207/94, NJW 1995, 1431 und vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, NJW 2004, 1043, 1045). Dementsprechend hat es die Umstände des Streitfalls nicht hinreichend gewürdigt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 401/00
Verkündet am:
3. Mai 2005
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BRAGO § 13
Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, mit den Gläubigern eines Unternehmens zum
Zwecke der Sanierung Forderungsverzichte auszuhandeln, so entsteht für den Auftrag
jedem Gläubiger gegenüber eine Gebührenangelegenheit, sobald der Rechtsanwalt
sich mit diesem gesondert auseinandersetzen muß. Wird an bestimmte
Gläubiger ohne weitere Tätigkeit ein einheitliches Rundschreiben versandt, handelt
es sich dagegen in der Regel nur um eine einzige Gebührenangelegenheit mit mehreren
Gegenständen.
Läßt der Tatrichter in der mündlichen Verhandlung die Bezugnahme einer Partei auf
unübersichtliche Anlagen bestimmender oder vorbereitender Schriftsätze zu, darf er
nicht ohne Hinweis auf die Mangelhaftigkeit des Vortrags Teile des Verhandlungsstoffes
bei der Entscheidung außer Betracht lassen.
BGH, Versäumnisurteil vom 3. Mai 2005 - IX ZR 401/00 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2005 durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser, Vill und
die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. September 2000 im Kostenpunkt (ausgenommen die Kosten der Wiedereinsetzung ) und insoweit aufgehoben, als er zur Zahlung von 104.266,46 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.
In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 10. April 1997 e röffneten Konkursverfahren über das Vermögen der M. C. E. GmbH & Co. KG (i.F.: Gemeinschuldnerin). Er nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Her-
ausgabe empfangener Gelder in Höhe von 168.712,60 DM nebst Zinsen in Anspruch.
Der Beklagte wurde im Januar 1994 von der Gemeinschuldn erin beauftragt , sie durch einen freiwilligen Vergleich mit ihren Gläubigern zu entschulden und die Vergleichsbeträge auszuzahlen. Zu diesem Zweck empfing er in Höhe von insgesamt 276.150 DM Gelder von der Gemeinschuldnerin und - nach seinem Vortrag - auch von der ihr verbundenen Co. Ma. Co. GmbH & Co. KG (i.F.: CoMaCo). Einen Betrag von 154.680,26 DM verwendete der Beklagte zur Gläubigerbefriedigung; 81.625,64 DM entnahm er als Gebührenabschlag für das Vergleichsmandat. Hiervon beanspruchte der Beklagte zuletzt noch 50.228,79 DM, die er gegen die Klageforderung aufrechnete. Des weiteren rechnete der Beklagte mit Anwaltshonoraren für 21 andere Mandate in der Zeit vom 15. Dezember 1993 bis zum 26. November 1996 im Gesamtbetrag von 86.470,50 DM auf.
Zur Rechtfertigung der Klageforderung von 168.712,60 DM hat der Kläger behauptet, für das Vergleichsmandat sei zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Beklagten eine Vergütung einschließlich Ersatz von Auslagen und Umsatzsteuern in Höhe von lediglich 17.150 DM vereinbart worden. Insoweit hat der Kläger die Zahlung des von dem Beklagten zunächst geltend gemachten Mehrbetrages von 37.242,10 DM begehrt. Weitere 86.470,50 DM hat der Kläger mit der Begründung gefordert, daß die Zweckbestimmung des Vergleichsmandates und der hierfür empfangenen Gelder der vom Beklagten erklärten Aufrechnung mit den Vergütungen für andere Mandate entgegenstehe. Schließlich hat der Kläger die Rückzahlung von 45.000 DM verlangt, die dem
Beklagten ebenfalls zur Ablösung von Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin - somit zweckgebunden - zur Verfügung gestellt worden seien.
Soweit der Beklagte die Leistung der empfangenen Gel der für den außergerichtlichen Vergleich durch die Gemeinschuldnerin bestritten hat, beruft sich der Kläger hilfsweise auf die mit ihm im April 1998 vereinbarte Abtretung entsprechender Forderungen der CoMaCo.
Der Beklagte hat sich auch im übrigen gegen das Forderu ngsrecht des Klägers gewendet und dazu den Inhalt eines ihm am 25. März 1995 zugestellten Beschlusses vorgetragen, mit dem zugunsten des Gläubigers S. die Ansprüche der Gemeinschuldnerin gegen den Beklagten aus dem Treuhandauftrag in Höhe von 155.000 DM gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen worden sind.
Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat unter Klageabweisung im übrigen die Verurteilung auf den zweitinstanzlichen Hilfsantrag des Klägers in Höhe von 104.266,46 DM nebst Zinsen, zahlbar an den Pfändungspfandgläubiger, beschränkt. Mit der angenommenen Revision verfolgt der Beklagte seinen hiergegen gerichteten Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet, soweit das Berufungsgericht d ie Verurteilung des Beklagten zur Zahlung aufrecht erhalten hat. Die Entscheidung ergeht
durch Versäumnisurteil, jedoch nach § 557 ZPO a.F., § 331 ZPO aufgrund sachlicher Prüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff, st. Rspr.).

I.


Ohne Erfolg beanstandet die Revision, daß das Berufung sgericht den zweitinstanzlichen Hilfsantrag des Klägers trotz Widerspruchs gegen die Klageänderung zugelassen hat. Dies ist gemäß § 268 ZPO, § 557 ZPO a.F. im Revisionsverfahren nicht nachzuprüfen. Im übrigen war der nachgeschobene Hilfsantrag sachdienlich (vgl. BGHZ 114, 138, 141; 147, 225, 229).

II.


Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht den Beklagten für das Vergleichsmandat, innerhalb dessen er unstreitig zur Verrechnung der insoweit anfallenden Gebühren- und Auslagenerstattungsansprüche befugt war, lediglich solche in Höhe von 17.150 DM zugebilligt hat.
1. Das Berufungsgericht hat keine entsprechende Gebühren vereinbarung , die zwischen den Parteien streitig ist, festgestellt. Die Aktennotiz des Beklagten , in welcher er unter anderem Gebühren in Höhe von 17.150 DM ermittelt hat (Anlage K 3/2), ist ohne eine solche Rechtsgrundlage für den aufgerechneten Vergütungsanspruch des Vergleichsmandates nicht entscheidend, zumal sie nach dem eigenen Vortrag des Klägers erst im Dezember 1994, also lange nach der Auftragserteilung, gefertigt worden sein soll.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft das Verglei chsmandat des Beklagten als eine einzige Gebührenangelegenheit aufgefaßt. Die Abgrenzung der Angelegenheit im Sinne von § 13 Abs. 2 BRAGO, die mehrere Auftragsge-
genstände umfassen kann (vgl. § 7 Abs. 2 BRAGO), ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse im Einzelfall grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Denn hierbei ist insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrages maßgebend (BGH, Urt. v. 29. Juni 1978 - III ZR 49/77, LM BRAGebO § 6 Nr. 1; v. 9. Februar 1995 - IX ZR 207/94, NJW 1995, 1431; v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, WM 2004, 1792, 1793 f). Auch eine übereinstimmende Annahme der Auftraggeberin und des Beklagten, das Mandat umfasse gebührenrechtlich nur eine Angelegenheit, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist, hätte als reine Geschäftsgrundlage nicht die Wirkung, den gesetzlichen Begriff der Angelegenheit gemäß § 13 Abs. 2 BRAGO für das streitige Mandatsverhältnis abzubedingen.
In der Regel betrifft ein Auftrag dieselbe Angelege nheit, wenn zwischen mehreren Auftragsgegenständen, hier dem angestrebten Vergleich mit einer Vielzahl von Gläubigern der späteren Gemeinschuldnerin, ein innerer Zusammenhang besteht und der Rechtsanwalt einen einheitlichen äußeren Tätigkeitsrahmen wahrt (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003, aaO; BVerwG NJW 2000, 2289 a.E. f). Innerhalb eines solchen Rahmens kann auch die außergerichtliche Einigung mit allen oder den hauptsächlichen Gläubigern eines Schuldnerunternehmens zum Zweck der Sanierung aufgrund der verbindenden Zielsetzung für den beauftragten Anwalt eine einzige Gebührenangelegenheit sein (vgl. Riedel/Sußbauer/Fraunholz, Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung 8. Aufl. § 13 Rn. 24 a.E.).
Der Senat hat in der Vergangenheit bei der Prüfung eines einheitlichen äußeren Rahmens der entfalteten Anwaltstätigkeit unter anderem darauf abgestellt , ob mehrere Restitutionsansprüche in einem Verwaltungsverfahren ver-
folgt werden können; soweit dies nicht möglich sei, werde der einheitliche Tätigkeitsrahmen gesprengt (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003, aaO). Im Schrifttum wird das Beispiel der anwaltlichen Korrespondenz für mehrere Unfallgeschädigte mit demselben Versicherer erörtert, wobei der getrennte Schriftverkehr auch mehrere Gebührenangelegenheiten zur Folge haben soll (vgl. Schmidt, AnwBl. 1973, 333, 334). Unter Berücksichtigung dieses äußeren Handlungsrahmens muß auch die Tätigkeit des Beklagten innerhalb des Vergleichsmandates im Streitfall abgegrenzt werden. Wegen der Gleichförmigkeit des Vorgehens handelte es sich bei der Regulierung derjenigen Forderungen um eine Angelegenheit mit mehreren Gegenständen, bei denen der Beklagte lediglich Rundschreiben versandte und auch die Gläubiger in gleicher Weise reagierten, sei es, daß sie in einen Vergleich mit teilweisem Forderungsverzicht einwilligten, sei es, daß sie Entgegenkommen endgültig ablehnten. Der einheitliche Tätigkeitsrahmen wurde indes in den Fällen verlassen, in denen der Beklagte differenziert vorgehen mußte. Dies ist in den Fällen anzunehmen, in denen er sich mit Gläubigern gesondert auseinandersetzen mußte, mit ihnen einzeln Besprechungen führte und unterschiedliche Verhandlungsergebnisse erzielte (vgl. Döser, AnwBl. 1989, 664, 665). Hier sind - ähnlich einer Abtrennung einzelner Verfahren durch das Prozeßgericht - nachträglich aus derselben Ursprungsangelegenheit in den äußerlich verselbständigten Teilen mehrere neue Gebührenangelegenheiten entstanden. Das hat das Berufungsgericht nicht beachtet.
Berechtigt ist ferner die Rüge der Revision, das Berufu ngsgericht habe sich nicht mit der Behauptung des Beklagten auseinandergesetzt, daß der Vertreter der Auftraggeberin (Dr. K. ) später ausdrücklich auf einer "Einzelabrechnung" aller Fälle bestanden habe. Für sich allein spricht dieser Umstand
zwar nicht zwingend dafür, daß die Mandatsbeteiligten sich darauf geeinigt haben , die Regulierungsversuche gegenüber jedem Gläubiger vergütungsrechtlich als gesonderte Angelegenheit zu behandeln. Die Auftraggeberin könnte auch im Auge gehabt haben, daß die Geschäfts-, Besprechungs- und Vergleichsgebühren nach unterschiedlichen Gegenstandswerten zu berechnen waren. Eine Gebührenberechnung des Beklagten, welche für die Auftraggeberin durchschaubar sein sollte, mußte daher in eine gruppenweise Aufstellung der Einzelforderungen gegliedert sein. Andererseits konnte die übergangene Behauptung jedoch auch als Indiz dafür gewertet werden, daß die Parteien gerade nicht - wie das Berufungsgericht gemeint hat - "wie selbstverständlich davon ausgingen, die treuhänderische Tätigkeit und sämtliche Verhandlungen seien als einheitliche Angelegenheit zu würdigen". Wegen der Ambivalenz der Behauptung des Beklagten wäre sie tatrichterlich entsprechend zu würdigen gewesen.
Über die Folgen einer gebührenrechtlichen Vereinzelun g aller Vergleichsversuche nach Anzahl der Gläubiger hätte der Beklagte überdies die Auftraggeberin aufklären müssen und sich bei entsprechendem Versäumnis schadensersatzpflichtig machen können (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003, aaO S. 1794 unter II. 1. b). Auch dies wird das Berufungsgericht im vorstehenden Zusammenhang zu würdigen haben.
3. Selbst wenn von einer einzigen Angelegenheit im Si nne des § 13 Abs. 2 BRAGO auszugehen wäre, könnte für das Vergleichsmandat nicht - wie es das Berufungsgericht in Anlehnung an den Klägervortrag und die Besprechungsnotiz des Beklagten (Anlage K 3/2) angenommen hat - ein Streitwert von 670.000 DM zugrunde gelegt werden. Auch insoweit gilt, daß tatsächliche
Übereinstimmungen ohne rechtsgeschäftliche Vereinbarung den Wert des Geschäftsgegenstandes und die anzuwendenden Gebührensätze unter den Beteiligten nicht bindend festlegen konnten.
Das Berufungsgericht hat in diesem Punkt überdies den Gr undsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, weil es Sachvortrag des Beklagten prozeßordnungswidrig außer Betracht gelassen hat. Es hat sich davon leiten lassen, nach § 137 Abs. 3 ZPO nicht verpflichtet zu sein, aus umfangreichen Anlagen zu den Schriftsätzen des Beklagten die einzelnen Forderungspositionen herauszusuchen und deren Gesamtwert aufzuaddieren. Darum geht es hier nicht. Das Berufungsgericht hat selbst in seinem Urteilstatbestand die fraglichen Forderungen unter Angabe der Gläubiger und der vom Beklagten angesetzten Gebührenhöhe aufgezählt. Die zugehörigen Gegenstandswerte waren der vom Beklagten gefertigten, zweitinstanzlich nochmals vorgelegten Gläubiger- und Forderungsliste (GA IV 928 bis 932 - vor Doppelheftung) unschwer zu entnehmen. Die Bezugnahme auf diese Liste in der mündlichen Verhandlung hat das Berufungsgericht dem Beklagten nicht nach § 137 Abs. 3 ZPO verwehrt. Dann durfte es nicht ohne rechtlichen Hinweis Teile des Verhandlungsstoffes, dessen Rekonstruktion aus den vorbereitenden Schriftsätzen nebst Anlagen ihm zu mühevoll erschien, bei seiner Entscheidungsfindung außer Betracht lassen. In der Zurückweisung der Bezugnahme zum Zweck des mündlichen Sachvortrags lag das vom Berufungsgericht angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Oktober 1956 (IV ZR 58/56, LM ZPO § 137 Nr. 1) schon im Ausgangspunkt anders.

III.



Soweit es um die Aufrechnung mit weiteren Vergütungsa nsprüchen des Beklagten in Höhe von 86.470,50 DM geht, hat das Berufungsgericht gemeint, von einer Klärung der streitigen Frage absehen zu können, inwieweit der Kläger den Beklagten aus einem in der Person der Gemeinschuldnerin entstandenen oder aus dem abgetretenen Recht der CoMaCo auf Herausgabe der zur Geschäftsbesorgung erhaltenen Gelder (§ 675 Abs. 1, § 667 BGB) in Anspruch nehmen kann. Diese Frage durfte das Berufungsgericht nicht offenlassen.
Der erst 1998 an den Kläger abgetretene Anspruch der CoMaCo wurde von der bereits im März 1995 ausgebrachten Pfändung bei der Gemeinschuldnerin nicht ergriffen. Über die fortdauernde Zweckbindung etwaiger Gelder der Zedentin, die sich noch in der Hand des Beklagten befinden, hat das Berufungsgericht nichts festgestellt. Diese Bindung dauerte nur bis zur Erreichung oder bis zum Fortfall des Auftragszwecks. Sie ist von einer Abrechnung des Beauftragten nicht abhängig; denn der Auftraggeber kann die Geschäftsbesorgung auch selbst abrechnen und danach die Herausgabe seines Guthabens fordern. Der abgetretene Anspruch auf Herausgabe des zur Ausführung des Auftrags Erhaltenen war im Gegensatz zu den empfangenen Geldern selbst durch den Auftragszweck nicht mehr gebunden. Die Fälligkeit dieses Anspruchs setzte vielmehr die Erledigung des Auftragszwecks voraus. Dann konnte der Beklagte gegen den abgetretenen Anspruch aber auch - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - grundsätzlich mit den außerhalb des Vergleichsmandates geltend gemachten weiteren Vergütungsansprüchen aufrechnen (vgl. BGH, Urt. v. 23. Februar 1995 - IX ZR 29/94, NJW 1995, 1425, 1426 unter 1.); entgegenstehende Treuepflichten sind nicht ersichtlich. Das
Berufungsurteil ist deshalb rechtsfehlerhaft, soweit es die Aufrechnung des Beklagten mit Gegenansprüchen nicht zugelassen hat.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Z PO a.F.). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO a.F.).
1. Das Berufungsgericht wird zunächst prüfen müssen, inwie weit der Klageanspruch in der Person der Gemeinschuldnerin oder der Zedentin entstanden ist. Für den Fall, daß der Klageanspruch sich ausschließlich aus dem ursprünglichen Recht der Gemeinschuldnerin ergibt und von der nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht gehinderten Pfändung daher vollen Umfangs ergriffen worden ist, wird das Berufungsgericht in Anwendung von § 392 BGB zu unterscheiden haben: Die Vergütungsansprüche der zwischen dem 15. Dezember 1993 und 20. Dezember 1994 erstellten Honorarnoten Nr. 1 bis 12 dürften entstanden und nach § 16 BRAGO fällig geworden sein, bevor der Pfändungsbeschlag gemäß § 829 Abs. 3 ZPO bewirkt worden ist. Zu den Vergütungsansprüchen der Honorarnoten 13 bis 21, deren früheste vom 30. Oktober 1995 datiert, sind entsprechende Feststellungen nachzuholen.
Nach Zurückverweisung kann der Beklagte seinen Vortrag zur zeitlichen Entstehung und Fälligkeit der aufgerechneten Ansprüche ergänzen. Zur Forderungsentstehung beim Schutz einer Aufrechnungslage nach den §§ 392, 406 BGB wird auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 27. April 1972 (BGHZ 58, 327, 331) und vom 22. November 1979 (VII ZR 322/78, NJW 1980, 584 f) hingewiesen; hiernach genügt die Entstehung der aufgerechneten Ansprüche dem Rechtsgrunde nach.
2. Die Zurückverweisung gibt dem Beklagten außerdem Gel egenheit, seinen Vergütungsanspruch aus dem Vergleichsmandat unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Vereinzelung der Angelegenheiten neu abzurechnen. Nach anderweitiger Abgrenzung der Angelegenheiten kann sich auch die Frage ergeben, inwieweit dem Beklagten für seine Tätigkeit jeweils die im bisherigen Zusammenhang unangegriffene Mittelgebühr zusteht.
3. Soweit das Berufungsgericht darüber hinaus die Gege nseitigkeit oder den Bestand der aufgerechneten weiteren Vergütungsansprüche des Beklagten zu den Positionen 7, 20 und 21 seiner Honorarnoten verneint hat, wird es sich auch mit dem Vorbringen der Revision auseinanderzusetzen haben, sofern dies nach seinen weiteren Feststellungen im zweiten Berufungsdurchgang entscheidungserheblich werden sollte.
Ganter Raebel Kayser
Vill Lohmann