Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - IX ZR 325/12
vorgehend
Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.
Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 325/12
vom
13. Februar 2014
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den VorsitzendenRichter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape
und die Richterin Möhring
am 13. Februar 2014
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 6. Dezember 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 30.183,88 € festgesetzt.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 30.183,88 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
- 2
- Hinsichtlich der Frage, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen ein Wohnsitz im Sinne von § 7 Abs. 3 BGB aufgehoben wird, hat sich das Berufungsgericht an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 248/08, WM 2010, 683 Rn. 18). Es hat sich durch Vernehmung der Zeugin K. , einer Nachbarin, die Über- zeugung verschafft, dass der Wohnsitz der Beklagten in W. im Zeitpunkt der Zustellung des Versäumnisurteils am 16. Dezember 2010 noch bestand. Damit handelt es sich um einen reinen Inlandsfall. Auf die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl EU Nr. L 324 vom 10. Dezember 2007, S. 79), welche die Übermittlung von Schriftstücken in einen anderen Mitgliedstaat zum Gegenstand hat (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung ), kommt es nicht an.
- 3
- Verfahrensgrundrechte der Beklagten wurden nicht verletzt. Insbesondere hatte die Beklagte, wie sich aus ihrem Faxschreiben vom 13. Januar 2011 ergibt, Kenntnis von den Zustellungen unter der Anschrift B. straße in W. . Die Zustellung des Versäumnisurteils am 16. Dezember 2010 wurde nicht dadurch unwirksam, dass die Beklagte - wie sie selbst vorgetragen hat - ihre Haushälterin anwies, den Briefumschlag mit dem Versäumnisurteil ungeöffnet an das Landgericht zurückzuschicken.
Pape Möhring
Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 23.12.2011 - 4 O 370/10 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 06.12.2012 - 4 U 25/12 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - IX ZR 325/12
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - IX ZR 325/12
Referenzen - Gesetze
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - IX ZR 325/12 zitiert 3 §§.
Referenzen - Urteile
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - IX ZR 325/12 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - IX ZR 325/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.
18
cc) Bei der Frage, ob eine Wohnung mit der Folge aufgegeben worden ist, dass dort eine Zustellung nicht mehr vorgenommen werden kann, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht allein auf die bloße Absicht des bisherigen Inhabers der Wohnung abzustellen, dort künftig nicht mehr wohnen zu wollen. Dieser Wille muss vielmehr, ähnlich wie bei der Aufhebung des Wohnsitzes nach § 7 Abs. 3 BGB, in seinem gesamten Verhalten zum Ausdruck kommen. Der Wille des Wohnungsinhabers zur Aufgabe der Wohnung muss also nach außen erkennbar und in seinem Verhalten Ausdruck gefunden haben. Zwar setzt die Aufgabe einer Wohnung nicht voraus, dass ihr Inhaber alle Merkmale beseitigt, die den Anschein erwecken könnten, er wohne dort auch weiterhin. Der Aufgabewille muss aber, wenn auch nicht gerade für den Absender eines zuzustellenden Schriftstückes oder die mit der Zustellung betraute Person, so doch jedenfalls für einen mit den Verhältnissen vertrauten Beobachter erkennbar sein. Hierauf kann nicht verzichtet werden, weil sonst Möglichkeiten zur Manipulation eröffnet würden (BGH, Urt. v. 27. Oktober 1987 - VI ZR 268/86, NJW 1988, 713; v. 13. Oktober 1993 - XII ZR 120/92, NJW-RR 1994, 564, 565; Beschl. v. 19. Juni 1996 - XII ZB 89/96, NJW 1996, 2581; v. 14. September 2004 aaO).