Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2008 - IX ZR 70/06

bei uns veröffentlicht am12.06.2008
vorgehend
Landgericht Landshut, 21 O 1318/05, 10.11.2005
Oberlandesgericht München, 20 U 5319/05, 15.03.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 70/06
vom
12. Juni 2008
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter
Prof. Dr. Kayser, Raebel, Vill, Dr. Fischer und Dr. Pape
am 12. Juni 2008

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. März 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 126.344,60 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Vorliegen einer unentgeltlichen Leistung getroffen (BGHZ 113, 98, 101 f; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1157 Rn. 10; v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, ZIP 2006, 1639 Rn. 7; v. 9. November 2006 - IX ZR 285/03, ZIP 2006, 2391, 2392 Rn. 15). Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG ist nicht gegeben. Ein Verstoß der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts gegen Denkgesetze liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat den ihm von den Parteien unterbreiteten Sachverhalt zur Kenntnis genommen und umfassend gewürdigt. Eine Vorleistungspflicht der Schuldnerin aufgrund der von den Parteien geschlossenen Partnerschaftsverträge hat das Berufungsgericht mit Recht abgelehnt. Die Vereinbarung, 66% des erwirtschafteten Ertrags an die Beklagte abzuführen, ist mit einer Zahlung nach Baufortschritt ohne Abrechnung der Objekte nicht in Einklang zu bringen.
2
Soweit von der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung die fehlerhafte Anwendung des § 133 Abs. 1 InsO gerügt wird, ist dieser Angriff im Hinblick auf die Anfechtbarkeit der Zuwendungen der Schuldnerin an die Beklagte nicht entscheidungserheblich.
Kayser Raebel Vill
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 10.11.2005 - 21 O 1318/05 -
OLG München, Entscheidung vom 15.03.2006 - 20 U 5319/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2008 - IX ZR 70/06

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei
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eine Wird dritte Person in einen Zuwendungsvorgang eingeschaltet, kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung des Schuldners nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; BGH, Urt. v. 3. März 2005 - IX ZR 441/00, ZIP 2005, 767, 768, z.V.b. in BGHZ 162, 276). Die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete Forderung bezahlt wird, liegt in der Regel darin, dass er eine werthaltige Forderung gegen seinen Schuldner verliert. In diesem Fall ist nicht der Leistungsempfänger, sondern dessen Schuldner der richtige Beklagte für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung (BGHZ 41, 298, 302; BGH, Urt. v. 15. Dezember 1982 - VIII ZR 264/81, ZIP 1983, 32; v. 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, ZIP 2004, 917, 918; v. 3. März 2005, aaO) oder für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (BGHZ 70, 389, 396 f).
7
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 32 KO, 134 InsO ist eine Zuwendung dann als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenüber steht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll (BGHZ 113, 98, 101; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1157). Diese Begriffsbestimmung erweist sich jedoch dann als zu eng, wenn eine dritte Person in den Zuwendungs- oder den Gegenleistungsvorgang eingeschaltet worden ist. In solchen Fällen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für die von ihm erbrachte Leistung erhalten hat. Zu fragen ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hatte. Dies entspricht der in § 134 Abs. 1 InsO ebenso wie in § 32 Nr. 1 KO zum Ausdruck kommenden Wertung, dass der Empfänger der Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279 f; Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, aaO).
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den §§ 32 KO, 134 InsO ist eine Leistung dann als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung des Empfängers gegenü- bersteht, die dem aufgegebenen Vermögenswert entspricht (BGHZ 113, 98, 101; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1196, 1197; v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, WM 2006, 1731 f). Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGHZ 113, 98, 102 f; 113, 393, 395 f; 162, 276, 280 f; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05 aaO). Die bisherige Formel der Rechtsprechung ist jedoch nur auf Austauschverträge zugeschnitten. Die Eigenart eines Vergleichsvertrages verlangt eine sinngemäße Fortbildung dieses Grundsatzes. Es verbietet sich, generell auf das verglichene Rechtsverhältnis zurückzugreifen und den Vergleichsinhalt an den ihm vorausgegangenen Rechtsbehauptungen des Gläubigers zu messen. Das Ergebnis wäre dann - wie von der Revision vertreten - stets ein unentgeltlicher teilweiser Forderungsverzicht des Gläubigers. Der andere Teil des Vergleiches verdient jedoch nicht deswegen den geringeren Schutz des § 134 InsO, weil er keine eigene Leistung erbringt. Denn er hat typischerweise eine Verpflichtung übernommen, die gemessen an seiner vorausgegangenen Rechtsposition ebenfalls nicht bestand. In diesem Entgegenkommen kann eine den Verzicht des Gläubigers ausgleichende Gegenleistung liegen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.