Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2012 - IX ZR 7/11

bei uns veröffentlicht am15.03.2012
vorgehend
Landgericht Hof, 12 O 621/08, 12.08.2009
Oberlandesgericht Bamberg, 5 U 171/09, 14.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 7/11
vom
15. März 2012
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den
Richter Dr. Pape
am 15. März 2012

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Dezember 2010 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 1.132.892,60 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
2
1. Die Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde, durch die erneute Abtretung der Ansprüche für den Erlebensfall im Dezember 2001 sei dem Vermögen des Schuldners der Anspruch auf Zahlung des Rückkaufswertes entzogen worden, weil ein zukünftiger Insolvenzverwalter durch diese Abtretung die Möglichkeit verloren hätte, den Rückkaufswert zur Masse zu ziehen, geht fehl. Bei einer Kapitallebensversicherung entsteht der Anspruch auf den Rückkaufswert nicht schon mit der Insolvenzeröffnung oder der Wahl des Verwalters, den Vertrag nicht zu erfüllen. Vielmehr setzt der Anspruch zu seiner Entstehung eine wirksame Kündigungserklärung des Insolvenzverwalters voraus (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 79/11, ZInsO 2012, 77, Rn. 17 ff). Eine solche Kündigung hätte ein Verwalter im Dezember 2001 aber nicht einseitig erklären können, weil der Schuldner nach der im Mai 1993 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten getroffenen Vereinbarung die Versicherung nur im Einvernehmen mit dieser kündigen durfte und diese Beschränkung der Versicherungsgesellschaft angezeigt war (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2012 - IX ZR 191/10, Rn. 17 zVb). Die Beklagte hat ihre insolvenzfeste Rechtsposition durch die Rückabtretung der Ansprüche für den Erlebensfall im Mai 1993 deshalb auch nicht verloren.
3
2. Eine Divergenz zwischen der Entscheidung des Berufungsgerichts und einem Urteil des OLG Celle (Urteil vom 30. November 2006 - 13 U 178/06) besteht nicht. Anders als im Verfahren vor dem OLG Celle, in dem der Todesfall erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist und der Insolvenzverwalter den Vertrag hätte kündigen können, ist vorliegend der Versicherungsfall schon mehr als ein Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten. Eine Kündigungsmöglichkeit des Insolvenzverwalters hat zu keinem Zeitpunkt bestanden. Die Sachverhalte lassen sich deshalb nicht miteinander vergleichen.
4
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Voraussetzungen beizutragen, unter denen die Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).
Kayser Raebel Vill
Lohmann Pape

Vorinstanzen:
LG Hof, Entscheidung vom 12.08.2009 - 12 O 621/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.12.2010 - 5 U 171/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2012 - IX ZR 7/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2012 - IX ZR 7/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2012 - IX ZR 7/11 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2012 - IX ZR 191/10

bei uns veröffentlicht am 26.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Versäumnisurteil IX ZR 191/10 Verkündet am: 26. Januar 2012 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 91

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

17
Interessengerecht erscheint die Kündigungsregelung in Nummer 5 der Vertragsbedingungen deswegen nur, wenn Anspruch und Gestaltungsrecht beim Versicherungsnehmer in einer Hand zurückbleiben sollen. Denn damit wird einerseits erreicht, dass der Versicherungsnehmer unter Umständen die Prämienzahlung steuerlich absetzen kann, solange nicht die weiteren Vertragsbedingungen steuerschädlich sind. Andererseits wird durch die Vereinbarung des Zustimmungsvorbehalts das Interesse des Sicherungsnehmers zumindest teilweise geschützt, solange nur die Kündigungsbeschränkung dem Versicherer gegenüber offenbart ist.