Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2012 - IX ZR 72/11

bei uns veröffentlicht am20.12.2012
vorgehend
Landgericht Bonn, 15 O 451/09, 13.04.2010
Oberlandesgericht Köln, 11 U 107/10, 06.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 72/11
vom
20. Dezember 2012
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Vill, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring
am 20. Dezember 2012

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 6. April 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Streitwert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 88.650,64 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch in derSache keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB aF kann es zu einer Beendigung der Unterbrechung der Verjährung im Regelfall nicht kommen, wenn und solange die Leitung des Verfahrens beim Gericht liegt (BGH, Urteil vom 13. April 1994 - VIII ZR 50/93, NJW-RR 1994, 889; vom 8. Februar 1995 - XII ZR 24/94, NJW-RR 1995, 770, 771; vom 12. Oktober 1999 - VI ZR 19/99, NJW 2000, 132, 133). Dass diese Rechtsprechung Geltung auch für § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB mit dessen gegenüber § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB aF noch verdeutlichtem Wortlaut ["dass die Parteien es nicht betreiben"] beansprucht, kann nicht zweifelhaft sein und wird auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Die gegen die vorgenannte Rechtsprechung von der Beschwerde angeführte Ansicht (Grunsky, ZZP 93 [1980], 179 ff) ist vereinzelt geblieben und vermag daher einen Klärungsbedarf nicht zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, WM 2010, 936 Rn. 3; vom 8. Februar 2010 - II ZR 156/09, ZIP 2010, 1080 Rn. 3; Hk-ZPO/Kayser, 4. Aufl., § 543 Rn. 9).
3
2. Der Mandant hat sich den Schadensbeitrag eines weiteren Rechtsanwalts als Mitverschulden entgegenhalten zu lassen, wenn der Zweitanwalt beauftragt wurde, einen erkannten oder für möglich gehaltenen Fehler des Erstanwaltes zu beheben (BGH, Urteil vom 20. Januar 1994 - IX ZR 46/93, WM 1994, 948, 949 f; vom 29. November 2001 - IX ZR 278/00, WM 2002, 504, 509; vom 13. März 2003 - IX ZR 181/99, NJW-RR 2003, 850, 856; vom 7. April 2005 - IX ZR 132/01, WM 2005, 1812, 1813; vom 24. Mai 2005 - IX ZR 276/03, WM 2005, 1902, 1904; vom 17. November 2005 - IX ZR 8/04, WM 2006, 592, 595; Beschluss vom 19. April 2012 - IX ZR 99/10 Rn. 5; Gehrlein, Anwalts- und Steuerberaterhaftung, 2. Aufl., S. 116; Zugehör, WM 2006, SB 3, S. 26; D. Fischer in FS Ganter, 2010, S. 471, 483 f). Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Der in diesem Zusammenhang von der Beschwerde geltend gemachte Rechtsfehler stellt daher lediglich einen unter Zulassungsgesichtspunkten nicht beachtlichen Anwendungsfehler dar.
4
3. Die geltend gemachten Verletzungen des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hat der Senat geprüft. Diese liegen ebenso wenig vor, wie der von der Klägerin angeführte Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG).
5
4. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen, weil diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Kayser Vill Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 13.04.2010 - 15 O 451/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 06.04.2011 - 11 U 107/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2012 - IX ZR 72/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2012 - IX ZR 72/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2012 - IX ZR 72/11 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 211 Ablaufhemmung in Nachlassfällen


Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört oder sich gegen einen Nachlass richtet, tritt nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über d

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört oder sich gegen einen Nachlass richtet, tritt nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an der Anspruch von einem oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlass gehört oder sich gegen einen Nachlass richtet, tritt nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an der Anspruch von einem oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.

3
a) aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche , klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (siehe grundlegend hierzu BGHZ 151, 221, 223 f.; 154, 288, 291 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (s. MünchKommZPO/ Wenzel 3. Aufl. § 543 Rdn. 7; Musielak/Ball, ZPO 7. Aufl. § 543 Rdn. 5 a, jew. m.w.Nachw.). Derartige Unklarheiten bestehen nicht, wenn abweichende Ansichten in der Literatur vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (s. nur BVerfG, NJW-RR 2009, 1026 Tz. 14).
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a) aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche , klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (siehe grundlegend hierzu BGHZ 151, 221, 223 f.; 154, 288, 291 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (s. MünchKommZPO/ Wenzel 3. Aufl. § 543 Rdn. 7; Musielak/Ball, ZPO 7. Aufl. § 543 Rdn. 5 a, jew. m.w.Nachw.). Derartige Unklarheiten bestehen nicht, wenn abweichende Ansichten in der Literatur vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (s. nur BVerfG, NJW-RR 2009, 1026 Tz. 14).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 181/99
Verkündet am:
13. März 2003
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EheG a.F. §§ 15a, 17 Abs. 2 (EGBGB n.F. Art. 13 Abs. 3 S. 2; BGB n.F. § 1310);
Eine vor einem nicht gemäß § 15a Abs. 1 EheG ermächtigten Geistlichen in
Deutschland geschlossene Ehe kann zivilrechtlich nicht allein durch ein Zusammenleben
der Verheirateten als Ehegatten geheilt werden.
BGB §§ 675, 276 Hb, 1310 Abs. 1 (EheG a.F. § 11 Abs. 1)
Den Grundsatz, daß Ehen in Deutschland regelmäßig nur unter Mitwirkung eines
Standesbeamten wirksam geschlossen werden können, muß jeder Rechtsanwalt
beachten, der einen Mandanten in einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät.
BGB §§ 675, 249 Bb, 254 Da, 839 Abs. 2 Satz 1 G
Betreibt ein Rechtsanwalt eine Ehescheidungsklage für einen Mandanten, obwohl
dieser erkennbar keine wirksame Ehe geschlossen hatte, so wird die Haftung des
Anwalts für die Schäden, die dem Mandanten aus der Scheidung erwachsen, regelmäßig
nicht allein dadurch ausgeschlossen, daß auch das Familiengericht das Vorliegen
einer Nichtehe hätte erkennen und deswegen die Scheidungsklage hätte abweisen
müssen.
BGH, Urteil vom 13. März 2003 - IX ZR 181/99 - OLG München
LG Kempten
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Raebel, Dr. Bergmann und

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision des Beklagten - das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 18. März 1999 zu III und IV des Ausspruchs teilweise aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Unter weitergehender Abänderung des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. März 1997 wird der Beklagte zusätzlich zum Ausspruch unter II des Berufungsurteils verurteilt, an den Kläger 97.759,01 DM) nebst 4 % Zinsen von 54.974,10 DM) seit 17. September 1996 und von weiteren 42.784,91 "! $#% DM) seit 9. Juni 1998 zu zahlen.
Soweit der Kläger Erstattung eines künftigen Unterhaltsschadens ab 1. Februar 1999 verlangt (Klageantrag zu II, 2. Absatz im Tatbestand des Berufungsurteils), wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz aufgrund des Vorwurfs fehlerhafter anwaltlicher Beratung.
Der Kläger, damals griechischer Staatsangehöriger, ging 1962 vor einem griechisch-orthodoxen Geistlichen in H. die Ehe mit einer Griechin ein. Die Ermächtigung dieses Geistlichen gemäß § 15a EheG a.F. zeigte die griechische Regierung dem deutschen Auswärtigen Amt erst im Jahre 1964 an. 1989 trennte sich der Kläger, inzwischen Arzt und nur deutscher Staatsangehöriger , von der Frau. Er beauftragte den jetzt verklagten Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung ihr gegenüber. Der Beklagte erwirkte für den Kläger in Deutschland am 30. Juni 1992 ein Scheidungsurteil, mit dem zugleich der Versorgungsausgleich angeordnet wurde; im selben Termin vereinbarten die Geschiedenen Unterhaltszahlungen des Klägers an die Frau, die unterdessen neben der griechischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Später wurde erkannt, daß die Eheschließung im Jahre 1962 nicht mit § 15a EheG a.F. im Einklang stand. Der Kläger ist der Ansicht, daß er bei richtiger Beratung durch den Beklagten seiner Schein-Ehefrau nichts hätte zahlen müssen. Nach Abweisung seiner Schadensersatzklage durch das Landgericht hat er vor dem Berufungsgericht Ersatz aller von ihm geleisteten und künftig zu leistenden Unterhaltszahlungen, des erbrachten Zugewinnausgleichs sowie aller vergangenen und künftigen Leistungen auf den Versorgungsausgleich verlangt. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten - nur - dazu verurteilt, dem Kläger den aus dem Versorgungsausgleich entstandenen und weiterhin ent-
stehenden Schaden zu ersetzen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt; diejenige des Klägers hat der Senat insoweit nicht angenommen, als jener Ersatz des Zugewinnausgleichs verlangte.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers führt im Umfang ihrer Annahme zur Verurteilung des Beklagten hinsichtlich aller getätigten Unterhaltszahlungen sowie der erbrachten und künftig zu erbringenden Versorgungsausgleichsleistungen; soweit der Kläger Erstattung des Unterhaltsschadens für die Zukunft verlangt, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Revision des Beklagten ist dagegen unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat gemeint, die Ehe des Klägers sei wegen fehlender Ermächtigung des griechisch-orthodoxen Geistlichen gemäß § 15a EheG a.F. nach deutschem Recht unwirksam. Eine Heilung dieser "hinkenden Ehe" entsprechend § 17 Abs. 2 EheG a.F. sei nicht möglich. Deshalb habe der Beklagte keinen Scheidungsantrag in Deutschland einreichen dürfen. Sein gegenteiliges , vertragswidriges Vorgehen habe zum Versorgungsausgleich zu Lasten des Klägers geführt, der anderenfalls nicht angeordnet worden wäre.
Dagegen bestehe für den vom Kläger geleisteten Unterhalt kein Ersatzanspruch. Der Kläger habe den Unterhalt trotz fehlender Bedürftigkeit seiner Ehefrau freiwillig bezahlt. Er habe gewußt, daß er seiner Ehefrau auch nach griechischem Recht keinen Unterhalt schulde.
Dies hält der Revision des Klägers nicht in allen Punkten stand.

II.


Die zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau geschlossene Ehe war nach deutschem Recht unwirksam. Dies ist aufgrund der vor dem 1. September 1986 geltenden Vorschriften zu beurteilen, weil die Eheschließung vor diesem Tag stattgefunden hat (Art. 220 Abs. 1 EGBGB). Gemäß Art. 13 Abs. 3 EGBGB a.F. (Abs. 3 Satz 1 n.F.) richtet sich die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, grundsätzlich allein nach den deutschen Gesetzen. Danach konnten die Parteien hier eine wirksame Ehe nur vor dem Standesbeamten schließen (§ 11 EheG a.F. = § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F.), sofern nicht die Ausnahme des § 15a EheG a.F. (jetzt Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB n.F.) eingriff.
Die Trauung des Klägers am 18. August 1962 in H. vor dem griechisch -orthodoxen Geistlichen entsprach nicht den Voraussetzungen des § 15a EheG a.F., weil es zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer ordnungsgemäßen Ermächtigung des Priesters fehlte. Die diesem später erteilte Ermächtigung wirkte nicht zurück. Damit handelt es sich nach deutschem Recht um eine Nichtehe (vgl. BGHZ 43, 213, 222 ff).

Der Fehler der Eheschließung ist auch nicht als geheilt anzusehen. Zur Beurteilung dieser Frage kommt es im vorliegenden Zusammenhang auf den Rechtszustand zur Zeit des Mandats des Beklagten an (vgl. BGHZ 79, 223, 228 ff; Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1103 m.w.N.). Infolgedessen ist die durch Art. 226 Abs. 3 EGBGB auch für die Heilungsmöglichkeit nach § 1310 Abs. 3 BGB n.F. angeordnete Rückwirkung hier bedeutungslos. Vor dem 1. Juli 1998 war die Heilung einer solchen Nichtehe von Rechts wegen nicht möglich. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, daß ein vom Kläger eingeleiteter Prozeß auf Feststellung der Ehenichtigkeit (dazu s.u. III 1) so lange gedauert hätte, daß sich die spätere Gesetzesänderung noch darauf hätte auswirken können (vgl. dazu im übrigen unten 4 b).
Zwar war die vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen geschlossene Ehe des Klägers nach griechischem Recht wirksam, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Es fehlt jedoch eine gesetzliche Regelung, die eine solche "hinkende Auslandsehe" in Deutschland zivilrechtlich wirksam werden läßt. Eine solche Norm kann weder im Wege der Auslegung noch im Wege der Lückenergänzung gefunden werden.
1. § 15a EheG a.F. regelte nur die Voraussetzungen, unter denen eine Ehe auch ohne Mitwirkung eines Standesbeamten geschlossen werden konnte. Die Norm enthielt keine Vorschrift, derzufolge eine unter Verstoß gegen die dort geregelten Voraussetzungen geschlossene Ehe geheilt werden könnte. Insbesondere sah sie keine Heilung vor, wenn die Person, welche die Trauung vornahm, nicht ordnungsgemäß ermächtigt war.
2. Auch § 11 Abs. 2 EheG a.F. (§ 1310 Abs. 2 BGB n.F.) führt nicht dazu , daß die Ehe des Klägers als gültig anzusehen wäre. Nach dieser Vorschrift ist eine Ehe voll gültig, die vor einem Schein-Standesbeamten geschlossen wurde, sofern dieser die Ehe in das Familienbuch eingetragen hat. Eine direkte Anwendung kommt hier nicht in Betracht, weil eine gesetzgeberische Anordnung fehlt, daß diese Norm auch auf Eheschließungen nach § 15a EheG a.F. anzuwenden sei. Ob eine entsprechende Anwendung möglich ist, kann offenbleiben. Es ist bereits zweifelhaft, ob ein nicht formell ermächtigter griechischorthodoxer Geistlicher als ein Schein-Standesbeamter anzusehen ist. Denn die vor ihm die Ehe Schließenden halten ihn gar nicht für einen Standesbeamten, sondern glauben unabhängig davon an dessen Befugnis, in Deutschland Ehen zu schließen. Jedenfalls ist die Ehe des Klägers hier nicht in das Familienbuch eingetragen worden. Die erst 1995 vollzogene Eintragung in ein standesamtliches Register in Griechenland ist hinsichtlich der heilenden Wirkung nicht mit dem deutschen Familienbuch gleichzusetzen; nach griechischem Recht war die Eheschließung ohnehin wirksam. Es ist auch nichts zur Bedeutung dieses Registers dargetan. In ein deutsches Register wurde die Ehe gerade nicht eingetragen.
3. § 17 Abs. 2 EheG a.F. ermöglicht eine Heilung dieser Ehe ebenfalls nicht. Danach war zwar eine Ehe - obwohl die sie begründende Eheschließung nicht in der durch § 13 EheG vorgesehenen Form stattgefunden hatte - als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre als Ehegatten miteinander gelebt hatten, es sei denn, daß eine Nichtigkeitsklage erhoben war. Diese Vorschrift galt aber ausdrücklich nur für die Heilung von Formmängeln im Sinne des § 13 EheG a.F. (vgl. Staudinger /Strätz, BGB 13. Bearb. § 1310 Rn. 11), dessen erster Absatz als Form der
Eheschließung bestimmte, daß die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen (nunmehr § 1311 BGB n.F.). Um diese Form der Erklärungen der Verlobten geht es hier nicht. Eine Ehe, die gar nicht vor einem Standesbeamten geschlossen wird, verstößt nicht - nur - gegen die Formvorschriften des § 13 EheG a.F., sondern gegen den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe. Dieser war in § 11 EheG a.F. (jetzt § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) geregelt, auf den § 17 EheG a.F. gerade nicht Bezug nahm.
Eine entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 2 EheG a.F. auf eine gegen § 15a EheG a.F. verstoßende Ehe scheitert jedenfalls daran, daß damit die engen Voraussetzungen umgangen würden, die § 11 Abs. 2 EheG a.F. (siehe oben 2.) für eine Wirksamkeit gerade einer vor einem NichtStandesbeamten geschlossene Ehe vorsah. § 17 Abs. 2 EheG a.F. baut auf der Voraussetzung auf, daß die Eheleute wenigstens vor dem als allein befugt angesehenen Standesbeamten gehandelt haben. Damit fehlt es für eine entsprechende Anwendung auf den Fall einer Eheschließung vor einer nicht ordnungsgemäß ermächtigten Person an der Vergleichbarkeit der Interessenlagen. § 17 Abs. 2 EheG war nicht für den Fall gedacht, daß die Eheschließung den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe verletzt. Folgerichtig nahm § 15a EheG a.F. den § 17 EheG a.F. auch ausdrücklich von der Anwendung aus.
Im übrigen ließe sich eine Analogie zu § 17 Abs. 2 EheG a.F. - einer Norm des Sachrechts - nicht ohne weiteres auf "hinkende" Ehen beschränken, sondern müßte alle in Deutschland nicht standesamtlich geschlossenen Ehen in Betracht ziehen. Dies würde zu einer weitgehenden Auflösung des staatli-
chen Eheschließungsrechts führen und damit gegen einen wesentlichen Grundsatz des deutschen Eherechts verstoßen.
4. Allein das etwa 26 Jahre dauernde Zusammenleben des Klägers mit seiner Schein-Ehefrau - beide haben eine gemeinsame, inzwischen erwachsene Tochter - reicht nicht aus, um den Mangel der Eheschließung auszugleichen.

a) § 11 EheG a.F. lag - ebenso wie Art. 13 Abs. 3 EGBGB a.F. - die Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, eine im Inland geschlossene Ehe nur dann als wirksam anzusehen, wenn sie vor dem Standesbeamten geschlossen wurde. Dieser Gleichlauf von Inlandstrauung und Inlandsform (so jetzt auch § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) beruht auf einer für den Richter bindenden Wertentscheidung des Gesetzgebers. Danach soll bei einer Inlandstrauung dem Grundsatz der obligatorischen Zivilehe eine größere Bedeutung eingeräumt werden als dem gemeinsamen Ehewillen. Die Mitwirkung des Standesbeamten wurde als das entscheidende Merkmal angesehen, um die Ehe von einem Tatbestand abgrenzen zu können, der keine Eheschließung darstellt (vgl. Begründung zum EheG 1938, Deutsche Justiz 1938, S. 1102, 1104). Eine Heilung der Nichtehe war danach bewußt nicht vorgesehen.
Diese - in das Ehegesetz von 1946 unverändert übernommene - Regelung ist nicht spezifisch nationalsozialistisch geprägt (so auch Hepting IPRax 1994, 355, 359). Zwar hob die Begründung zum Ehegesetz 1938 darauf ab, daß die Mitwirkung des Staates bei der Eheschließung es bewirke, "die Eheschließung wegen ihrer über das Individualinteresse der Ehegatten weit hinausreichenden Bedeutung für die Volksgemeinschaft aus dem Kreis der rein
privatrechtlichen Verträge herauszuheben" (Begründung aaO S. 1102). Hiervon hängt aber der Gedanke einer obligatorischen Zivilehe nicht entscheidend ab. Dies zeigt sich bereits an den in der Sache übereinstimmenden Vorläuferbestimmungen in §§ 1317 Abs. 1, 1319 BGB in der Fassung von 1896 und in § 41 PStG von 1875 (vgl. Hepting aaO S. 358 f; Staudinger/Strätz, aaO § 1310 Rn. 1).

b) Diese gesetzgeberische Wertung besteht fort. Das Gesetz zur Neuregelung des internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl I 1142) hat in Art. 13 Abs. 3 Satz 1 EGBGB den Grundsatz des Gleichlaufs von Inlandstrauung und Inlandsform bestätigt. Satz 2 dieser Vorschrift übernahm bewußt nur die begrenzte Ausnahmeregelung des § 15a EheG (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts, BT-Drucks. 10/504 S. 53). Weitere Ausnahmen wurden in Kenntnis der möglichen Folgen für Nichtehen und insbesondere unter ausdrücklicher Erwähnung "hinkender" Ehen von Griechen (amtliche Begründung, aaO) ausgeschlossen; hierfür wurde die in Art. 13 Abs. 3 Satz 2 EGBGB übernommene Regelung des § 15a EheG a.F. als hinreichende Auflockerung angesehen.
Endlich hat das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 4. Mai 1998 (BGBl I S. 833) die Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der obligatorischen Zivilehe mit der Gestaltung des § 1310 BGB n.F. erneut bestätigt. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift kann eine ohne Mitwirkung eines Standesbeamten eingegangene Ehe auch dann als geschlossen gelten, wenn ein Standesbeamter wenigstens die Ehe in das Heirats- oder Familienbuch oder im Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes
der Ehegatten in das Geburtenbuch eingetragen oder den Ehegatten eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung betreffend eine Erklärung über die Wirksamkeit der Ehe erteilt hat. Das bloße, mehrjährige Zusammenleben der Ehegatten ist zwar zusätzliche Voraussetzung, genügt aber allein nicht. Bei der Fassung dieser Vorschrift wurden gerade auch die Fälle "hinkender" Ehen bedacht (amtliche Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Eheschließungsrechts, BT-Drucks. 13/4898 S. 17). Wegen der durch Art. 226 Abs. 3 EGBGB angeordneten Rückwirkung dieser Vorschrift wurde § 1310 Abs. 3 BGB n.F. als ausreichende Heilungsvorschrift für bereits zuvor fehlerhaft geschlossene Ehen angesehen. Demnach hat der Gesetzgeber die Frage, ob und unter welchen Umständen Nichtehen geheilt werden können, gesehen und entschieden. Liegen die Voraussetzungen des § 1310 Abs. 3 BGB n.F. - wie hier - nicht vor, so sind die Interessen der Ehegatten an einer Heilung durch bloßen Zeitablauf gegenüber den Interessen des Staates am Grundsatz der obligatorischen Zivilehe nachrangig. Ohne die qualifizierte Mitwirkung eines Standesbeamten kommt eine Heilung nicht in Betracht. Das bloße Zusammenleben als Ehegatten genügt dazu weiterhin nicht.

c) Eine Heilung unwirksamer Ehen allein durch bloßes Zusammenleben ist auch bisher nicht in Urteilen oberster Bundesgerichte angenommen worden. Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 5. April 1978 - IV ZR 71/77, FamRZ 1983, 450, 451) und das Bundessozialgericht (NJW 1979, 1792) sind zwar von einer Heilung formnichtiger Ehen ausgegangen, die unter Mitwirkung beider Eheleute wenigstens in ein deutsches standesamtliches Heiratsregister eingetragen worden waren. Daran fehlt es aber hier gerade.
5. Aus Art. 6 Abs. 1 GG läßt sich keine allgemeine Heilung der Nichtehe herleiten. Die gesetzgeberische Wertung, Inlandsehen nur in der Inlandsform zuzulassen und bei Abweichungen eine Heilung nicht ohne Beteiligung einer zuständigen deutschen Stelle vorzusehen, hält einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Der grundgesetzlich garantierte Schutz der Ehe fordert nicht die - wenigstens teilweise - Anerkennung von Nichtehen für die Zwecke des Versorgungsausgleichs oder des nachehelichen Unterhalts. Eine solche Anerkennung würde notwendigerweise zu Lasten eines der (Nicht-)Ehegatten gehen. Das Interesse des einen Ehegatten am (Nicht-)Bestand der Scheinehe verdient nicht allgemein weniger Schutz als das Vertrauen des anderen Ehegatten auf den Bestand seiner vermeintlichen Ehe.
Zwar steht auch eine "hinkende" Ehe grundsätzlich unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfGE 62, 323, 331). Eine nicht den Regeln der bürgerlich -rechtlichen Ehe entsprechende Lebensgemeinschaft kann aber nur dann der Ehe gleichgestellt werden, wenn anderenfalls die Form der Eheschließung zum Selbstzweck würde (BVerfG NJW 1993, 3316, 3317). Die Mitwirkung des Standesbeamten hat den Zweck, die im Hinblick auf die Bedeutung der Ehe erforderliche Mitwirkung des Staates an der Eheschließung sicherzustellen. Diese Mitwirkung ist vor allem für die Prüfung der Ehevoraussetzungen und -hindernisse von Bedeutung. Sie soll auch die Offenkundigkeit der Eheschließung und damit die Klarheit der Rechtsverhältnisse gewährleisten. Diesem Ordnungselement kommt entscheidende Bedeutung zu. Deshalb hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Form einer Eheschließung (vgl. BVerfGE 29, 166, 176 f). Ebenso steht dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht die Regelung frei, unter welchen Voraussetzungen die Heilung einer unter Verletzung des Prinzips der obligatorischen
Zivilehe geschlossenen, "hinkenden" Ehe möglich ist. Läßt er dazu - wie jetzt in § 1310 Abs. 3 BGB - nur die Mitwirkung eines Standesbeamten ausreichen, handelt es sich insoweit nicht nur um eine Formalie (so aber OLG Köln IPRax 1994, 371, 372). Vielmehr schafft erst diese Mitwirkung ein schutzwürdiges Vertrauen in die Bestandskraft der Ehe. Eine solche Heilungsmöglichkeit ist als abschließend gedacht (Wagenitz/Bornhofen, Handbuch des Eheschließungsrechts 2. Teil 4. Abschnitt Rn. 39 ff, insbesondere Rn. 45).
Dem steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wirkung der "hinkenden" Ehe im Sozialrecht (BVerfGE 62, 323 ff) nicht entgegen. Deren Begründung stützt sich maßgeblich auf den sozialrechtlichen Aspekt der Hinterbliebenenversorgung (aaO S. 332 f); dies führt letztlich zu einem besonderen Ehebegriff des Sozialrechts (Staudinger/von Bar/Mankowski, BGB 13. Bearbeitung Art. 13 EGBGB Rn. 532 ff m.w.N.). Der vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Fall betrifft das Verhältnis der Ehegatten oder eines überlebenden Ehegatten zu Dritten, insbesondere staatlichen Organen. Eine entsprechende Auslegung des Ehebegriffs familienrechtlicher Normen, die auch eine "hinkende" Ehe einschlösse, wird dadurch nicht vorgegeben. Was für den Schutzbereich der staatlichen Sozialversicherung gilt, läßt sich nicht ohne weiteres auf den zivilrechtlichen Ausgleich zwischen Schein-Ehegatten übertragen. Diese befinden sich potentiell jeweils in der gleichen Ausgangslage : So wie jeder der Schein-Ehegatten im Einzelfall ein Interesse daran haben kann, daß die nicht bestehende Ehe als wirksam angesehen wird, kann er in anderen Zusammenhängen ein Interesse daran haben, daß die Verbindung als Nichtehe behandelt wird.
6. Endlich steht hier nicht schon aufgrund des rechtskräftigen Schei- dungsurteils aus dem Jahre 1992 fest, daß die Eheschließung des Klägers als wirksam zu behandeln sei. Denn im Scheidungsprozeß ist das Bestehen einer wirksamen Ehe nur eine Vorfrage, die nicht von der materiellen Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) des Scheidungsurteils erfaßt wird (vgl. MünchKommBGB /Müller-Gindullis, 3. Aufl. § 11 EheG Rn. 19; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht 3. Aufl. § 1564 Rn. 23; LG Bonn IPRax 1985, 353 mit zust. Anm. von Henrich).

III.


1. Aufgrund der zuvor dargestellten Rechtslage (s.o. II) hätte der Beklagte bei seiner Beauftragung im Mai 1991 dem Kläger raten müssen, jedenfalls vorrangig auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe gemäß § 638 ZPO a.F. (§ 632 ZPO n.F.) - statt auf deren Scheidung - zu klagen, weil dies die für den Kläger günstigste Lösung war. Sie hätte - anders als eine Ehenichtigkeitsklage (§ 26 EheG a.F., § 1318 BGB n.F.) - zur Folge gehabt, daß zwischen dem Kläger und der ihm angetrauten Frau nach deutschem Recht keinerlei familienrechtliche Bindungen bestanden hätten. Rechtlich und wirtschaftlich hätte dies dem Kläger persönlich erhebliche Vorteile, aber keine wesentlichen Nachteile gebracht. Er wollte, soweit dargetan, als selbständig tätiger Arzt nicht seinerseits vermögensrechtliche Ansprüche gegen seine Schein-Ehefrau erheben. Statt dessen mußte er besorgen, daß diese im Falle einer Ehescheidung bestrebt sein würde, vermögensrechtliche Folgen aus der vermeintlichen Ehe zu ziehen, zumal sie schon 60 Jahre alt, nicht mehr berufstätig und körperbehindert war.


a) Der Kläger hatte nach den Feststellungen des Landgerichts allerdings das Ziel, "möglichst bald aus der Ehe loszukommen". Dieses Ziel war jedoch, anders als das Landgericht gemeint hat, mit der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe nicht wesentlich langwieriger zu erreichen als mit einer Ehescheidungsklage.
Eine solche Klage bot objektiv keine zuverlässige Aussicht auf eine erhebliche Abkürzung der eherechtlichen Auseinandersetzung. Denn bei der Feststellungsklage waren weder Trennungsfristen (§ 1565 Abs. 2 BGB) noch Folgesachen im Verbund mit einer Ehescheidung (§§ 628, 629 ZPO) zu beachten. Zwar hätte im Rahmen einer Feststellungsklage berücksichtigt werden müssen, daß ein solches Verfahren wegen rechtlicher Zweifel an einer Heilung der formfehlerhaften Eheschließung (s.o. II) bis in die dritte Instanz betrieben werden würde. Eine vergleichbare Verzögerung war aber auch im Falle einer Ehescheidung nicht auszuschließen. Abgesehen davon, daß das Familiengericht möglicherweise die Unwirksamkeit der Ehe erkennen könnte, lag eine Verzögerung aus tatsächlichen Gründen nahe, falls die Parteien des Scheidungsrechtsstreits sich nicht über alle Folgesachen einigen würden. Bei dem Kläger als freiberuflich Tätigem konnte eine Aufklärung der wirtschaftlich erheblichen Tatsachen erfahrungsgemäß eine längere Zeit dauern. Der spätere, mehrjährige Prozeß des Klägers mit seiner geschiedenen Frau über den Zugewinnausgleich bestätigt eine solche Erfahrung.

b) Daß die vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen abgeschlossene Ehe nach griechischem Recht voll wirksam war und hieran möglicherweise auch ein in Deutschland zu erwirkender gerichtlicher Ausspruch auf Nichtigkeit
der Ehe nichts geändert hätte, stand dem Vorschlag einer solchen Feststellungsklage nicht entgegen. Soweit es um die eherechtliche Bindung ging, brauchte der Kläger, der inzwischen nur noch deutscher Staatsangehöriger war, die Rechtslage in Griechenland nicht besonders zu berücksichtigen. Vermögensrechtliche Folgen einer nach griechischem Recht fortwirkenden Ehe hätte er in Deutschland aufgrund des vorausgehenden Feststellungsurteils nach Maßgabe des Art. 3 Nr. 1 Halbs. 2 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 des deutschgriechischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages vom 4. November 1961 (BGBl 1963 II, S. 110) oder - insbesondere für Unterhalt - gemäß Art. 27 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EuGVÜ grundsätzlich abwehren können. Dafür, daß ihn mögliche Folgen in Griechenland beeinflußt hätten, ist nichts dargetan. Einer zusätzlichen Ehescheidungsklage in Griechenland bedurfte es aus seiner Sicht nicht.
2. Der objektiv fehlerhafte Rat des Beklagten, eine Ehescheidungsklage zu erheben, beruhte auf Fahrlässigkeit. Unstreitig wußte er, daß der Kläger im Jahre 1962 in Deutschland - nur - vor einem Geistlichen geheiratet hatte. Er hat selbst mit Schreiben vom 23. Mai 1991 bei der Stadtverwaltung H. angefragt , ob die kirchlich geschlossene Ehe im Personenstandsregister des Standesamtes H. eingetragen war (Anlage K 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 12. Oktober 1998, S. 3 f). Ferner wurde in der vom Beklagten eingereichten Scheidungsklage der Antrag wie folgt gefaßt: "Die am 18.08.62 vor dem Pfarramt der griechisch-orthodoxen Kirche in H. geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden".
Den in Deutschland geltenden Grundsatz der obligatorischen Zivilehe (§ 11 Abs. 1 EheG a.F., § 1310 Abs. 1 BGB n.F.) muß jeder Rechtsanwalt be-
achten, der einen Mandanten bei einer eherechtlichen Auseinandersetzung berät. Eine erkannte Abweichung davon muß ihm Anlaß zur Nachprüfung geben , ob die Ehe wirksam zustande gekommen ist. Hierbei hätte der Beklagte auf § 15a EheG a.F. (nunmehr § 1310 Abs. 3 BGB) stoßen und erwägen müssen , ob die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift erfüllt waren. Der Kurzkommentar von Palandt/Diederichsen (BGB 50. Aufl./1991, § 15a EheG Rn. 4) enthielt dazu den Hinweis, daß nur diejenigen griechisch-orthodoxen Geistlichen in Deutschland zur Eheschließung ermächtigt seien, die in der Verbalnote der griechischen Regierung benannt seien; insoweit wurde auf den Abdruck dieser Verbalnote (vom 15. Juni 1964) in der Zeitschrift "Das Standesamt" 1965, Seite 15 hingewiesen. Dieser Veröffentlichungszeitpunkt lag erheblich später als die hier fragliche Eheschließung. Ferner wurde in der Kommentarstelle auf die Entscheidung BGHZ 43, 222 dafür verwiesen, daß eine spätere Ermächtigung keine rückwirkende Kraft habe.
Eine fahrlässige Vertragsverletzung vermag der Beklagte nicht durch die Behauptung in Frage zu stellen, er habe den Kläger darauf hingewiesen, daß er - Beklagter - das griechische Recht nicht kenne. Denn im vorliegenden Zusammenhang geht es allein um die Anwendung deutschen Rechts.
3. Da der Beklagte jedenfalls vorrangig den Rat schuldete, eine Feststellungsklage auf Nichtbestehen der Ehe zu erheben, spricht die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens (vgl. hierzu BGHZ 123, 311, 315 ff; weitere Nachweise bei Zugehör/Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1049 bis 1052) dafür, daß der Kläger einem solchen Rat gefolgt wäre. Es ist nichts dargetan , was diese auf der eindeutigen Interessenlage des Klägers (s.o. 1) beruhende Vermutung erschüttern könnte.

4. Der von der Vertragsverletzung des Beklagten ausgehende Zurechnungszusammenhang ist - auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. August 2002 (NJW 2002, 2937) - nicht dadurch unterbrochen worden, daß das angerufene Familiengericht die Unwirksamkeit der Eheschließung ebenfalls übersehen hat. Denn der im Interesse des Klägers tätige Beklagte hatte vor allen anderen die Aufgabe, die seinem Mandanten günstigste Klage zu erheben. Mit der Wahl der Klageart übte er den entscheidenden Einfluß auf die weitere rechtliche Gestaltung aus, weil der deutsche Zivilprozeß der Parteiherrschaft unterliegt.
Zwar hätte das Familiengericht die ihm vorgegebene Ehescheidungsklage abweisen müssen, weil eine gar nicht bestehende Ehe nicht geschieden werden kann. Dieser mitwirkende Fehler des Gerichts verdrängt aber nicht denjenigen des Beklagten. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln haben bei mitwirkender Schadensverursachung zum Schutz des Geschädigten die mehreren Schädiger gemeinsam den angerichteten Schaden zu ersetzen (s.u. V 4 c). Der Umstand, daß der daraus üblicherweise folgende Innenausgleich (§§ 426, 254 BGB) hier durch das Spruchrichterprivileg des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB gestört wird, kann nicht dazu führen, daß die durch zwei nebeneinander handelnde Organe der Rechtspflege geschädigte Partei regelmäßig keinen Ersatz ihres Schadens erlangen könnte.
Etwas anderes ist nach allgemeinen zivilrechtlichen Abwägungsgrundsätzen allenfalls anzunehmen, falls der Schadensbeitrag des Gerichts denjenigen des anwaltlichen Parteivertreters so weit überwiegt, daß dieser daneben ganz zurücktritt. Das traf hier nicht zu. Aufgrund der zu § 254 BGB entwickelten
Regeln ist - wie zum Beispiel auch bei der Abwägung von Schadensbeiträgen mehrerer Rechtsanwälte untereinander - darauf abzustellen, ob die Verhaltensweise eines Beteiligten den Eintritt des Schadens in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat als das Verhalten des anderen (BGH, Urt. v. 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87, VersR 1988, 1238, 1239). Im vorliegenden Falle verantwortete zwar der Familienrichter allein das Ehescheidungsurteil mit der Anordnung des Versorgungsausgleichs. Keinesfalls in geringerem Maße hat zu dem vom Kläger erlittenen Schaden aber der vom Beklagten vertragswidrig fehlgestaltete Prozeß beigetragen, der erst die Gefahrenlage schuf, in welcher sich der Fehler des Gerichts auswirken konnte. Gericht und Beklagten traf zudem derselbe Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit.
Im übrigen wäre mit einer Abweisung der Scheidungsklage allein eine Belastung des Klägers mit Getrenntlebensunterhalt (§ 1361 BGB) nicht zu vermeiden gewesen. Zur Begründung der nachehelichen Unterhaltsverpflichtung hat der Beklagte durch seine Mitwirkung beim Vergleichsabschluß beigetragen (s.u. V 4).
Darüber hinaus hat der Beklagte auch nach dem Scheidungsurteil vertragswidrig Maßnahmen unterlassen, die den Schadenseintritt - einschließlich der Übertragung von Versorgungsanwartschaften - hätten verhindern können. Er hätte die Scheidungsklage noch innerhalb der Rechtsmittelfrist wirksam zurücknehmen können. Statt dessen hat er dabei mitgewirkt, daß im Termin vom 30. Juni 1992 vor dem Familiengericht hinsichtlich des Scheidungsausspruchs auf Rechtsmittel verzichtet wurde.
Ferner hätte der Beklagte - für den Kläger - auch nach Rechtskraft des Ehescheidungsurteils das Nichtbestehen der Ehe im Wege der Feststellungsklage weiter geltend machen können. Denn wird eine Nichtehe versehentlich geschieden, so wird damit weder festgestellt, daß die Ehe vorher bestanden hat, noch kommt dem Ausspruch anderweit rechtserzeugende Kraft zu (s.o. II 5; ferner Henrich in Anm. FamRZ 1987, 950; a.M. - ohne Begründung - von Schwind RabelsZ Bd. 38 [1974], 523, 529). Sogar für den Fall eines Eheaufhebungsgrundes im Sinne von §§ 28, 29 EheG a.F. (§§ 1313 ff BGB n.F.) hatte ein Scheidungsurteil nicht die Wirkung, daß sich der geschiedene Ehegatte nicht nachträglich auf das sich aus § 37 Abs. 2 EheG a.F. ergebende, für den Aufhebungsgrund spezifische Ausschlußrecht hätte berufen dürfen (BGHZ 133, 227, 233 f). Für den Fall einer von Anfang an nicht bestehenden Ehe gilt das erst recht.
5. Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten sind nicht verjährt.
Zwar ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 51 BRAO a.F. (§ 51b BRAO n.F.) abgelaufen. Denn ein Schaden des Klägers trat - erst - mit der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 1992 und dem an diesem Tage abgeschlossenen Vergleich ein. Die dreijährige Verjährungsfrist lief folglich am 30. Juni 1995 ab, während die hier vorliegende Klage erst am 11. November 1996 eingereicht und am 27. November 1996 zugestellt wurde.
Jedoch hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß sich der Beklagte auf den Ablauf dieser Verjährungsfrist nach den Grundsätzen der Sekundärverjährung (BGHZ 94, 380, 384 ff; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaf-
tung Rn. 1252 ff m.w.N.) nicht berufen kann. Denn der Beklagte hatte Anlaß, noch vor Beendigung seines Mandats den Kläger auf den vorangegangenen Beratungsfehler hinzuweisen. Spätestens als er während des Zugewinnausgleichsverfahrens im Jahre 1994 die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung erkannte , hätte der Beklagte darauf hinweisen müssen, daß seine eigene Haftung wegen des Betreibens der Ehescheidungsklage und des Abschlusses des Unterhaltsvergleichs vom 30. Juni 1992 in Betracht kam. Da er dies schuldhaft unterlassen hat, schloß sich eine zweite Verjährungsfrist an, die bis zum 30. Juni 1998 lief. Innerhalb dieser Frist ist auch der Schriftsatz des Klägers vom 4. Juni 1998 zugestellt worden, mit dem der erhöhte Anspruch auf Ersatz eines Unterhaltsschadens angekündigt wurde.

IV.


Hätte der Beklagte den Kläger richtig beraten (s.o. III 1), so wäre zu dessen Lasten kein Versorgungsausgleich durchgeführt worden (§ 249 BGB). Dieser knüpft nach §§ 1587 ff BGB an eine Ehescheidung an, zu der es im Falle des Nichtbestehens einer Ehe von Rechts wegen nicht kommen kann. Das griechische Recht kennt, soweit dargetan, einen Versorgungsausgleich insgesamt nicht.
Sogar für den Fall, daß in Griechenland die Ehefrau eine Ehescheidung erwirkt hätte, wäre ein Versorgungsausgleich in Deutschland trotz Art. 17 Abs. 3 EGBGB (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30. September 1992 - XII ZB 100/89, NJW 1992, 3293, 3294 f) nicht durchzuführen gewesen. Denn auch diese Vorschrift setzt voraus, daß eine Ehe bestanden hat.

Dies ist insoweit wiederum nach deutschem Recht zu beurteilen. Die Vorfrage, ob eine Ehe besteht, ist im Rahmen des Art. 17 Abs. 3 EGBGB nach herrschender Ansicht gemäß dem Recht des Urteilsstaates anzuknüpfen (Soergel/Schurig, BGB 12. Aufl. Art. 17 EGBGB Rn. 9; Staudinger/ von Bar/Mankowski, aaO Art. 17 EGBGB Rn. 73 und 292 m.w.N.). Jene Kollisionsnorm setzt eine wirksam zustande gekommene Ehe voraus. Aber auch eine unselbständige Anknüpfung gemäß dem Scheidungsstatut (vgl. Johannsen /Henrich aaO Art. 17 EGBGB Rn. 53 ff) würde hier zu keinem anderen Ergebnis führen, weil ein Versorgungsausgleich nur auf der Grundlage deutschen Rechts hätte durchgeführt werden können (vgl. Art. 14 Abs. 1 EGBGB).
Dementsprechend beruht diese Rechtsfolge allein auf der fehlerhaften Beratung durch den Beklagten. Er hat daran nach der gerichtlichen Anordnung des Versorgungsausgleichs insbesondere noch durch die Erklärung des Rechtsmittelverzichts mitgewirkt (s.o. III 4).

V.


Wegen seiner Unterhaltsverpflichtung aufgrund des Vergleichs vom 30. Juni 1992 kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes vom Beklagten Zahlung - in Höhe von insgesamt 191.200 DM (97.759,01 & - wegen derjeni- gen Raten verlangen, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (Januar 1999) an die Ehefrau geleistet worden sind. Es handelt sich um monatlich 2.560 DM für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis
31. Januar 1997 und monatlich 2.100 DM seither. Wegen der späteren Raten bedarf es hingegen ergänzender Feststellung (s.u. 5).
1. Auch in bezug auf die Ehefolgesache Unterhalt bestand zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis. Durch seine fehlerhafte Beratung (s.o. III 1) hat der Beklagte seine Vertragspflichten insoweit schuldhaft verletzt.

a) Nach deutschem Recht war der Kläger aufgrund der nicht bestehenden Ehe nicht unterhaltspflichtig, weil die §§ 1569 ff BGB eine wirksame Ehe voraussetzen. Zwar hätte die Schein-Ehefrau des Klägers möglicherweise für ihre Mitwirkung bei Aufbau und Betrieb seiner Arztpraxis Ausgleichsansprüche auf gesellschafts- oder bereicherungsrechtlicher Grundlage oder in entsprechender Anwendung der §§ 611, 612 BGB geltend machen können. Darum geht es hier aber nicht. Denn als der Unterhaltsvergleich abgeschlossen wurde , arbeitete die Schein-Ehefrau nicht mehr in der Praxis des Klägers. Zu fortlaufendem Unterhalt für die Zukunft wäre der Kläger keinesfalls verpflichtet gewesen. Hiernach kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, daß auch für Rechtsgrund und Umfang solcher Ausgleichsansprüche im einzelnen im vorliegenden Rechtsstreit nichts Konkretes vorgetragen worden ist.

b) Nach griechischem Recht bestand ein Anspruch der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt aufgrund des Vortrags der Parteien ebenfalls nicht. Dies ist aus Rechtsgründen nicht angreifbar. Nach den insoweit nicht angefochtenen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. V. B. in seinem Gutachten vom 13. Mai 1998 sehen die Art. 1442 und 1443 des griechischen Zivilgesetzbuchs einen Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau nur vor, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht durch eigene Einkünfte oder Vermögen
sicher stellen kann. Um den eigenen Unterhalt zu decken, ist grundsätzlich auch der Stamm des Vermögens zu verwerten, soweit dies nicht unwirtschaftlich oder im Einzelfall unbillig ist (Hohloch, Internationales Scheidungs- u. Scheidungsfolgenrecht 1998, Griechenland, 2 B Rn. 148; Stamatiadis, Die Ehescheidung im deutsch-griechischen Rechtsverkehr, 1994, S. 70). Nach dem Vortrag des Klägers verfügt die Ehefrau über ausreichendes Vermögen in Griechenland. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
Demzufolge hätte der Beklagte dem Kläger abraten müssen, Unterhaltsverpflichtungen im Vergleichswege einzugehen.
2. Die Vertragsverletzung des Beklagten war ursächlich dafür, daß den Kläger eine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Schein-Ehefrau trifft.
Hätte der Beklagte den Kläger pflichtgemäß darauf hingewiesen, daß die Ehe nach deutschem Recht nicht bestand und daher auch keine nachehelichen Unterhaltsansprüche begründete, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Kläger sich im eigenen Interesse beratungsgerecht verhalten und keine Unterhaltsverpflichtung übernommen hätte.
3. Die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht die Ursächlichkeit des Beratungsfehlers für den eingetretenen Schaden verneint oder ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers angenommen hat, hält den Angriffen der Revision nicht stand.

a) Das Berufungsgericht stellt nicht in bestimmter, nachvollziehbarer Weise fest, daß der Kläger bei Abschluß des Unterhaltsvergleichs gewußt
hätte, der geschiedenen Ehefrau nach deutschem Recht keinen Unterhalt zu schulden. Derartiges hat auch keine Partei dargetan. Der Kläger kannte seinerzeit die Unwirksamkeit der Ehe aufgrund des Beratungsfehlers des Beklagten nicht. Ging er von einer wirksamen Eheschließung aus, so hätte eine Unterhaltspflicht seinerseits angesichts der verhältnismäßig langen Dauer der vermeintlichen Ehe und des Alters der Frau (§§ 1571, 1572 BGB) allenfalls im Hinblick auf § 1577 BGB entfallen können, also solange und soweit sich die Ehefrau aus ihren Einkünften und ihrem Vermögen selbst hätte unterhalten können.
Hierfür fehlt es an hinreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts und auch an entsprechendem Vortrag des Beklagten. Angesichts der Einkommensverhältnisse in Deutschland - die Ehefrau bezog hier aufgrund der Angaben im Scheidungsantrag des Klägers nur eine Berufsunfähigkeitsrente von monatlich 444 DM - lag die Annahme fern, daß sie ohne Unterhaltszahlungen des Klägers imstande sein würde, ein den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechendes (vgl. § 1578 BGB) Leben zu führen. Zwar hat der Kläger während des Ehescheidungsverfahrens durch Schreiben vom 12. April 1992 den Beklagten auf angeblichen Grundbesitz der Ehefrau in Griechenland hingewiesen und hinzugefügt: "Sie ist finanziell unabhängig - Millionärin -." Soweit die Frau danach eine Wohnung und eine Villa besitzen sollte, ergab sich daraus allein nach deutschem Recht aber schon kein unmittelbarer Bezug zur Unterhaltspflicht. Denn gemäß § 1577 Abs. 3 BGB braucht der Unterhaltsberechtigte den Stamm des Vermögens nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Dies ließ sich nicht zuverlässig beurteilen, zumal der Kläger selbst in Deutschland unstreitig Eigentümer eines Hausgrundstücks war.

Darüber hinaus sollte die Ehefrau aufgrund des bezeichneten Schreibens etwa ein Jahr zuvor einen Betrag von etwas mehr als 143.000 DM von einem gemeinsamen Sparbuch abgehoben sowie eine kleine Wohnung verkauft haben. Auch daraus ließen sich zuverlässige Rückschlüsse im Hinblick auf einen Unterhaltsanspruch gemäß deutschem Recht erfahrungsgemäß nicht ziehen. Dies gilt erst recht, wenn auf der anderen Seite die Einkommensverhältnisse eines selbständig berufstätigen Arztes zu bestimmen sind. Der Beklagte hat selbst darauf verwiesen, daß das Einkommen des Klägers seinerzeit weitaus höher gewesen sein müsse als angegeben (S. 3 seines Schriftsatzes v. 27. Januar 1999 = Bl. 312 GA).
Eine positive Kenntnis des Klägers vom komplexen Zusammenhang einer Unterhaltsverpflichtung läßt sich daraus schon aus Rechtsgründen nicht ableiten. Es kommt somit nicht mehr entscheidend darauf an, daß auch die Einschätzung des Wertes von vorhandenem Grundvermögen durch die Parteien erfahrungsgemäß oft zweckbestimmt und unsicher ist.

b) Ob der Kläger wußte, daß er nach griechischem Recht keinen Unterhalt schuldete, ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - unerheblich. Der Beklagte hatte den Kläger über die Rechtslage nach deutschem Recht zu unterrichten. Dieses wäre nicht nur für den Fall des Nichtbestehens der Ehe, sondern sogar im Falle ihrer Wirksamkeit gemäß Art. 18 Abs. 5 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgeblich gewesen (s.o. 1 c). Eine etwaige Kenntnis des Klägers von der Rechtslage in anderen Rechtsordnungen ist demgegenüber bedeutungslos.
4. An der Begründung der Unterhaltspflicht des Klägers hat der Beklagte auch durch den Abschluß des Vergleichs selbst mitgewirkt (s.o. III 4). Seine Schadensersatzpflicht ist nicht dadurch entfallen, daß der Kläger - vertreten durch einen anderen Rechtsanwalt - aufgrund eines am 12. Dezember 1995 geschlossenen Vergleichs seine Unterhaltspflicht gegenüber der geschiedenen Ehefrau bestätigt hat.

a) Dieser Vergleich wurde im Rahmen eines von der geschiedenen Ehefrau eingeleiteten Prozesses auf Zahlung von Zugewinnausgleich abgeschlossen. Im Verlaufe dieses Rechtsstreits trug der Beklagte - für den Kläger - erstmals Bedenken gegen die nur vor einem Geistlichen geschlossene Ehe vor. Nachdem daraufhin das Familiengericht die Klage abgewiesen hatte, verurteilte das im Wege der Berufung angerufene Oberlandesgericht den jetzigen Kläger, der geschiedenen Ehefrau Auskunft über seine den Zugewinnausgleich betreffenden Vermögensverhältnisse zu gewähren. Es nahm hierbei an, daß die Unwirksamkeit der Ehe in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 EheG geheilt sei. Der Kläger legte dagegen die zugelassene Revision ein, beendete das Mandat mit dem Beklagten und beauftragte einen anderen Rechtsanwalt , ihn - den Kläger - in einem gleichzeitig von der geschiedenen Ehefrau geführten Arrestverfahren zu vertreten. Diese hatte aufgrund eines von ihr erwirkten dinglichen Arrests unter anderem die Honoraransprüche des Klägers pfänden lassen. In diesem Verfahren einigte sich der Kläger, vertreten durch den neuen Rechtsanwalt, durch Vergleich vom 12. Dezember 1995 mit der geschiedenen Ehefrau darüber, alle gegenseitigen Ansprüche zu erledigen. Neben einer Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Zugewinnausgleich enthielt der Vergleich unter Nr. 4 die Bestimmung:
"Die Parteien sind sich weiterhin darüber einig, daß die Vereinbarung vom 30. Juni 1992 ... ohne Einschränkung aufrechterhalten bleibt. Herr Dr. A. verzichtet darauf, eventuelle Einwendungen dem Grunde nach gegen die genannte Vereinbarung vorzubringen. Er verzichtet dem Grunde nach auch auf etwaige Einwendungen gegen die im Verbundurteil des Amtsgerichts K. vom 30. Juni 1992 ... getroffene Regelung hinsichtlich des Versorgungsausgleichs".

b) Durch diese vertragliche Unterhaltsbestätigung ist der Zurechnungszusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung des Beklagten und der Unterhaltspflicht des Klägers sogar dann nicht unterbrochen worden, wenn auch dem inzwischen für den Kläger tätigen Rechtsanwalt eine schuldhafte Pflichtverletzung zur Last fiele.
Ein eigener selbständiger Willensakt des Geschädigten schließt es grundsätzlich nicht aus, demjenigen die Schadensfolge zuzurechnen, der die schädigende Kausalkette in Gang gesetzt hat. Bestand für die mitwirkende Handlung des Mandanten aufgrund des haftungsbegründenden Ereignisses ein rechtfertigender Anlaß, so bleibt der Zurechnungszusammenhang zu einem früheren, schädigenden Verhalten des Rechtsanwalts bestehen. Ein solcher rechtfertigender Anlaß liegt bereits vor, wenn der Mandant eine Entschließung trifft, die nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewerten ist (Senatsurt. v. 15. April 1999 - IX ZR 328/97, NJW 1999, 2183, 2187; Zugehör /Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung Rn. 1065 m.w.N.). Die Beendigung einer rechtlichen Auseinandersetzung durch Vergleich ist regelmäßig als vernünftige Reaktion in dem bezeichneten Sinne anzusehen (Senatsurt. v. 11. Fe-
bruar 1999 - IX ZR 14/98, NJW 1999, 1391, 1392). Hat der Rechtsanwalt sei- nen Mandanten durch einen Beratungsfehler in eine ungünstige Situation gegenüber dessen Vertragspartner gebracht, ist es nach der Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich, daß dieser daraus Vorteile zu ziehen sucht; entschließt sich der Mandant in einer solchen Lage, dem Begehren des Vertragsgegners nachzugeben und es nicht auf einen Prozeß ankommen zu lassen, handelt es sich im allgemeinen um einen normalen Geschehensablauf, der die Zurechung bestehen läßt (BGH, Urt. v. 11. März 1980 - VI ZR 91/79, VersR 1980, 649, 650).
Davon ist auch im vorliegenden Falle auszugehen. Durch den Beratungsfehler des Beklagten war der Kläger bereits titulierten Unterhaltsansprüchen der geschiedenen Ehefrau ausgesetzt. Der Beklagte hat bis zur Beendigung seines Mandats nichts unternommen, um diese Unterhaltsverpflichtung zu beseitigen. Zwar hatte er zwischenzeitlich im Zugewinnausgleichsverfahren auf die Fehlerhaftigkeit der Eheschließung hingewiesen. Er hat den Kläger aber nicht darüber belehrt, daß weiterhin noch eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe zulässig war (s.o. III 4). Ferner hat er den Kläger, soweit dargetan, nicht darauf hingewiesen, daß die vergleichsweise übernommenen Unterhaltsfolgen möglicherweise auf prozessualem Wege zu beseitigen wären, weil die im Vergleich vorausgesetzte Wirksamkeit der Eheschließung nicht vorlag (§ 779 Abs. 1 BGB).
Demgegenüber war der Kläger inzwischen von seiner Schein-Ehefrau mit einer Klage auf Leistung zusätzlichen, erheblichen Zugewinnausgleichs und mit Vollstreckungsmaßnahmen überzogen worden. Wenn er sich in dieser prozessualen Situation - ohne umfassende vorangegangene Beratung durch
den Beklagten - zu einer einvernehmlichen Gesamtlösung mit seiner Schein- Ehefrau entschloß, war dies noch durch den vorangegangenen Beratungsfehler des Beklagten mit herausgefordert. Zwar hat er hierbei im Wege gegenseitigen Nachgebens (§ 779 BGB) durch seine ausdrückliche Bestätigung der Unterhaltspflicht auch die Möglichkeit einer späteren prozessualen Abhilfe beseitigt. Da er auf diese Möglichkeit zuvor aber nicht hingewiesen wurde, war eine entsprechende Bestätigung im Verhältnis zum Beklagten nicht völlig unsachgemäß. Zudem ist nichts dafür dargetan, daß der Kläger - hätte er diesen zweiten Vergleich nicht abgeschlossen - infolge sachgerechter Beratung durch Dritte zu erfolgreichen Abwehrmaßnahmen gegen den früheren Unterhaltstitel veranlaßt worden wäre.

c) Allerdings hat auch der neue Rechtsanwalt, der kurz vor Abschluß des Vergleichs die Beratung des Klägers übernommen hatte, diesen nicht auf die zuvor aufgezeigten rechtlichen Abwehrmöglichkeiten hingewiesen. Sogar wenn darin ebenfalls eine schuldhafte Vertragsverletzung gegenüber dem Kläger läge, würde dies den Beklagten im Verhältnis zum Kläger nicht entlasten. Denn im Zivilrecht gelten grundsätzlich alle Schadensursachen als gleichwertig (§§ 421, 830, 840 BGB). Greifen weitere Personen in ein schadensträchtiges Geschehen ein, so entlasten sie damit regelmäßig nicht den Erstschädiger, sondern begründen - zum Schutz des Geschädigten - allenfalls eine eigene, zusätzliche Haftung. Das Verhalten Dritter beseitigt allgemein die Schadenszurechnung im Verhältnis zu früheren Verursachern nur, sofern es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu werten ist (vgl. MünchKomm-BGB/Grunsky, 3. Aufl. vor § 249 Rn. 57 ff; Staudinger/ Schiemann, BGB 13. Bearb. § 249 Rn. 64 ff; Erman/Kuckuk, BGB 10. Aufl. vor § 249 Rn. 68 ff). Dementsprechend wird der von einer früheren Vertragsverlet-
zung eines Rechtsanwalts ausgehende Zurechnungszusammenhang grund- sätzlich nicht dadurch unterbrochen, daß nach dem pflichtwidrig handelnden Anwalt eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befaßt worden ist und noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, wenn sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht beachtet hätte (Senatsurt. v. 18. März 1993 - IX ZR 120/92, NJW 1993, 1779, 1780 f; Zugehör/Fischer, aaO Rn. 1067 ff m.w.N.).
Davon ist auch hier auszugehen: Der Verursachungsbeitrag und ein mögliches Verschulden des zweiten Rechtsanwalts wiegen keinesfalls schwerer als die von dem langjährig beratend tätigen Beklagten verschuldete Schadensursache. In derartigen Fällen steht es dem Erstschädiger frei, den Mitschädiger als Gesamtschuldner nach Maßgabe der §§ 426, 254 BGB auf anteiligen Schadensausgleich im Innenverhältnis in Anspruch zu nehmen. Hierbei mag auch berücksichtigt werden, inwieweit ohne die in dem Vergleich vom 12. Dezember 1995 bestätigte Unterhaltspflicht deren Verringerung oder Wegfall hätte erreicht werden können. Dagegen ist dem Kläger im Außenverhältnis gegenüber dem Beklagten nach dem Sach- und Streitstand im vorliegenden Rechtsstreit auch im Hinblick auf die Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 254 Abs. 2 BGB kein mitwirkendes Verschulden seines zweiten Rechtsanwalts zuzurechnen (§ 278 BGB). Eine solche Einwendung steht zur Darlegungslast des Schädigers, hier also des Beklagten. Dieser hat nichts dazu vorgetragen, ob ohne den bestätigenden Vergleich vom 12. Dezember 1995 die Unterhaltspflicht des Klägers beseitigt worden wäre. Ferner hat er nicht dargetan, daß der neue Rechtsanwalt etwa schon mit der Verfolgung von Regreßansprüchen gegen den Beklagten betraut gewesen und in diesem Umfang zum Erfüllungsgehilfen des Klägers geworden wäre.

5. Allerdings ist die Klage derzeit insoweit unbegründet, als der Kläger Erstattung von Unterhalt für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts verlangt.
Insoweit steht dem Kläger gegen den Beklagten grundsätzlich ein Freistellungsanspruch bezüglich der Unterhaltspflicht zu. In einen Zahlungsanspruch wandelt sich dieses Forderungsrecht erst um, wenn der Kläger seinerseits die Unterhaltszahlungen an seine Schein-Ehefrau erbringt. Hierbei handelt es sich um ein ungewisses zukünftiges Ereignis, dessen jeweiliger Eintritt im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung durch das Berufungsgericht nicht zuverlässig zu beurteilen war. Dementsprechend standen die Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs noch nicht fest. Soweit dieser sich auf die Zukunft erstreckte, war er unbegründet. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen hinsichtlich des Versorgungsausgleichs, weil die auf die Altersversorgung gerichteten Anwartschaften dem Kläger schon endgültig aberkannt worden sind.
Eine Klage auf zukünftige Leistung vermochte der Kläger auch nicht auf die §§ 257, 258 oder § 259 ZPO zu stützen.

a) § 257 ZPO ist nicht erfüllt. Zwar war die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Schein-Ehefrau kalendermäßig festgelegt. Dies trifft aber nicht zugleich für den Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu. Dessen Umwandlung aus einem bloßen Freistellungsanspruch hing vielmehr von der vorangegangenen Leistung des Klägers an seine Schein-Ehefrau ab.


b) Ferner macht der Kläger nicht wiederkehrende Leistungen im Sinne von § 258 ZPO geltend. Diese beruhen auf einseitigen Verpflichtungen, die sich in ihrer Gesamtheit als Folge ein- und desselben Rechtsverhältnisses ergeben , so daß die einzelne Leistung nur noch vom Zeitablauf abhängt (vgl. BGH, Urt. v. 10. Juli 1986 - IX ZR 138/85, NJW 1986, 3142; v. 20. Juni 1996 - III ZR 116/94, MDR 1996, 1232). Die letztgenannte Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil die Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch zusätzlich durch die tatsächliche Zahlung des Klägers bedingt ist.

c) Endlich scheidet § 259 ZPO als Grundlage für eine Klage auf künftige Leistung aus. Diese Vorschrift greift nicht ein, wenn der eingeklagte Anspruch erst künftig entsteht; dieser muß vielmehr in vollem Umfang seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis finden, dessen rechtserzeugende Tatsachen schon eingetreten sind. Die Möglichkeit, daß künftig ein solches Rechtsverhältnis entsteht , reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 2001 - VI ZR 290/00 zu § 256 Abs. 1 ZPO). Zwar genügt es, wenn sich der eingeklagte Anspruch aus einem schon bestehenden Rechtsverhältnis allein aufgrund des eigenen Verhaltens des Beklagten entwickelt (BGH, Urt. v. 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954, 955 zu § 283 BGB a.F.). Darum geht es hier nicht.
Zwar kann das Rechtsverhältnis bedingt sein (BGHZ 43, 28, 31) und insbesondere auch unter der Bedingung künftiger Zahlung stehen (vgl. BGHZ 147, 225, 231). Einen bedingten Antrag hat der Kläger hier aber nicht gestellt. Seinem unbedingten Zahlungsbegehren kann nicht entsprochen werden.

d) Allerdings hätte der Kläger gemäß § 139 Abs. 1 ZPO a.F. auf den Fehler seines Antrags hingewiesen werden müssen. Um ihm die Gelegenheit zur Anpassung des Antrags zu geben, ist der Rechtsstreit in diesem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Kreft Kirchhof Raebel ' ( Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 8/04
Verkündet am:
17. November 2005
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 195 a.F., § 675
1. Zur Bezeichnung des Anspruchs in einem Mahnbescheid, wenn Ansprüche
aus eigenem und aus abgetretenem Recht geltend gemacht werden.
2. Ein Rechtsbeistand hat seinen Auftraggeber vor Rechtsnachteilen durch
Verjährung zu bewahren, auch wenn dieser zusätzlich einen Rechtsanwalt
mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt.
3. Vertragliche Schadensansprüche gegen einen nicht kammerangehörigen
Rechtsbeistand unterlagen auch nach altem Recht der Regelverjährung;
dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
4. Wegen der Pfändung und Überweisung eines Teils der Klageforderung
nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz ist eine
Klageänderung im Revisionsverfahren nicht geboten.
BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 8/04 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. September 2005 durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser,
Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin und die von dem Beklagten zu 4 und seiner Nebenintervenientin geführte Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 3. Dezember 2003 werden zurückgewiesen.
Für die Kosten des Revisionsverfahrens gilt: Die Gerichtskosten tragen die Klägerin und der Beklagte zu 4 je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 bis 3 trägt die Klägerin; die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 4 zur Hälfte. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht Schadensersatz aus anwaltlicher Tätigkeit der Beklagten zu 1 bis 3 und rechtsberatender Tätigkeit des Beklagten zu 4.
2
Die seit 1989 in Liquidation befindliche Klägerin betrieb bis dahin ein Rechenzentrum. Einer ihrer Mitgesellschafter war der Beklagte zu 4, der als zugelassener Rechtsbeistand laufend für die Klägerin tätig war. Der Beklagte zu 4 war auch als Prozessagent zugelassen. Einer Rechtsanwaltskammer gehörte er nicht an. Die Klägerin hatte die Rechtsanwälte Dr. A. und Dr. P. mit ihrer Vertretung gegen D. beauftragt, von der sie für das Jahr 1986 noch ein Nutzungsentgelt für die Überlassung eines Großrechners in Höhe von DM 196.225,55 nebst Zinsen verlangte. In zwei Schreiben vom 26. Februar 1988 und 21. April 1988 teilte der sachbearbeitende Rechtsanwalt Dr. A. - dessen Mandat im November 1989 endete - dem Beklagten zu 4 mit, die Forderung der Klägerin verjähre erst mit Ablauf des Jahres 1990. Im Dezember 1988 beantragte der Beklagte zu 4 für die Klägerin ohne Rücksprache mit Dr. A. den Erlass eines Mahnbescheides über eine Teilforderung gegen D. in Höhe von DM 150.000,--, der am 28. Dezember 1988 zugestellt wurde. Mit Erklärung vom 14. Januar 1989 trat die Klägerin ihre Forderung gegen D. an den Beklagten zu 4 ab. Nachdem D. gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt hatte, nahm der Beklagte zu 4 den Mahnbescheidsantrag im Juli 1989 zurück. Im August 1989 beauftragte er die Beklagten zu 1 bis 3 mit der gerichtlichen Geltendmachung der an ihn abgetretenen Forderung. Die Beklagten zu 1 bis 3 erwirkten vor dem Landgericht Hamburg eine Verurteilung der D. zur Zahlung von DM 196.225,55 nebst Zinsen. Auf die Berufung der D. wies das Hanseatische Oberlandesgericht aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. März 1991, bei der auch der Beklagte zu 4 persönlich anwesend war, die Klage ab, weil die im Kern mietvertragliche Forderung der Klägerin mit Ablauf des Jahres 1988 verjährt sei. Die Beklagten zu 1 bis 3 übersandten ihre Kostennote für die Berufungsinstanz an den Beklagten zu 4 am 4. April 1991. Die Revision des Beklagten zu 4 wurde vom Bundesgerichtshof nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beklagte zu 4 hatte zuvor die Revisionsbe- gründung an den Beklagten zu 3 übersandt und um eine Stellungnahme zur Erfolgsaussicht gebeten, die dieser am 19. November 1991 abgab.
3
Mit Schreiben vom 27. März 1991 meldete der Beklagte zu 4 bei Rechtsanwalt Dr. A. im eigenen Namen sowie im Namen der Klägerin Schadensersatzansprüche wegen der Forderungsverjährung an. Unter dem 3. April 1991 fragte der Beklagte zu 4 den Beklagten zu 3, wer "für den Fehler der Verjährung" hafte. Mit weiterem Schreiben vom 21. Mai 1991 bat er den Beklagten zu 3, die rechtlichen Interessen der Klägerin aus Anlass des von ihm eingeleiteten Rechtsstreits gegen D. zu übernehmen, und ihm ein Anspruchsschreiben zum Zwecke der Vorlage bei seiner Haftpflichtversicherung zu übersenden. Dieser Bitte kam der Beklagte zu 3 mit Schreiben vom 19. Juni 1991 und vom 15. Juli 1991 nach. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 4 zahlte daraufhin im Juni 1993 DM 100.000,-- an die Klägerin.
4
Ein von dem Beklagten zu 4 beantragter Mahnbescheid gegen Rechtsanwalt Dr. A. wegen eines Zahlungsanspruchs in Höhe von DM 196.225,55 nebst Zinsen wurde am 19. Mai 1992 zugestellt. Im nachfolgenden Streitverfahren vor dem Landgericht Hamburg, in dem die Beklagten zu 1 bis 3 den Beklagten zu 4 vertraten, verlangte dieser den genannten Betrag als Schadensersatz aus abgetretenem Recht der Klägerin. Mit Urteil vom 8. Februar 1995 wurde die Klage abgewiesen.
5
Die Berufung des Beklagten zu 4, der zwischenzeitlich von der Nebenintervenientin vertreten wurde, wies das Oberlandesgericht mit Urteil vom 20. Dezember 1995 ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten zu 4 nahm der Bundesgerichtshof nicht an, weil vertragliche Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen Rechtsanwalt Dr. A. bereits mit Ablauf des Jahres 1991 verjährt seien. Daraufhin vereinbarten der Beklagte zu 4 und die Klägerin im September 1997 die Rückabtretung der Ansprüche gegen D. und die Abtretung aus den vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten entstandener Schadensersatzansprüche des Beklagten zu 4.
6
Auf die durch Mahnbescheidsanträge vom 22. September 1997 eingeleitete Klage hat das Landgericht den Beklagten zu 4 - unter Klageabweisung im Übrigen - zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe € 63.378,37 nebst 5 % Zinsen seit dem 17. Juni 1993 verurteilt und die Klage gegen die Beklagten zu 1 bis 3 insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Verurteilung des Beklagten zu 4 in der Hauptsache auf € 65.664,07 erhöht. Im Übrigen blieben die Berufungen der Klägerin und des Beklagten zu 4 ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren gegen die Beklagten zu 1 bis 3 in Höhe von € 65.664,07 nebst 5 % Zinsen seit dem 17. Juni 1993 weiter, der Beklagte zu 4 und die Nebenintervenientin begehren die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 4.

Entscheidungsgründe:


A.


Revision der Klägerin

I.


7
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision im Urteilstenor ohne beschränkenden Zusatz zugelassen und in den Ent- scheidungsgründen abschließend ausgeführt: "Die Revision wird zugelassen, weil die Fortbildung des Rechts hinsichtlich der Pflichten eines Rechtsbeistandes und der Reichweite der Hinweispflichten gegenüber einem Rechtsbeistand eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert". Damit ist die Revisionszulassung nicht auf den Beklagten zu 4 beschränkt. Die Revision kann zwar grundsätzlich nur für diejenige Prozesspartei zugelassen werden, zu deren Ungunsten die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage entschieden worden ist (vgl. BGHZ 111, 158, 166 f; 130, 50, 59). Hier ist jedoch die teilweise unterlegene Klägerin von der die Zulassung tragenden Rechtsfrage in gleicher Weise betroffen. Sie leitet aus abgetretenem Recht des Beklagten zu 4 Ansprüche her, deren Verjährung von der Beantwortung der als grundsätzlich angesehenen Rechtsfrage abhängt. In einem solchen Fall ist der Ausspruch im Tenor, nach dem die Zulassung uneingeschränkt erfolgt ist, maßgebend (vgl. BGH, Urt. v. 15. November 2001 - I ZR 264/99, MDR 2002, 964).

II.


8
Die Revision der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 1 bis 3 im Ergebnis zu Recht als verjährt angesehen.
9
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Beklagte zu 3 im Verhältnis zur Klägerin bzw. zum Beklagten zu 4 eine Pflicht verletzt habe. Etwaige Schadensersatzansprüche seien jedenfalls verjährt. Das von der Klägerin erteilte Mandat habe mit der Übersendung des Anspruchsschreibens vom 15. Juli 1991 an den Beklagten zu 4 geendet. Nach § 51 BRAO (in der Fassung bis 8. September 1994) seien Ersatzansprüche einschließlich eines etwaigen Sekundäranspruchs deshalb noch im Jahr 1994 verjährt. Ein möglicher Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht des Beklagten zu 4 sei ebenfalls verjährt. Ein solcher Anspruch sei mit dem Eintritt der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegen Rechtsanwalt Dr. A. zum 31. Dezember 1991 entstanden. Primärverjährung sei nach § 51 BRAO a.F. zum Jahresende 1994 eingetreten. Eine Sekundärverjährung scheide schon mangels einer Hinweispflicht gegenüber dem Beklagten zu 4 aus. Dieser sei als Rechtsbeistand und Treuhänder im Verhältnis zur Klägerin verpflichtet gewesen , Schadensersatzansprüche gegen Rechtsanwalt Dr. A. durchzusetzen.
10
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
a) Etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten zu 1 bis 3 aus eigenem Recht wären, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, verjährt. Die klägerische Revision hat hiergegen auch keine Rüge erhoben. Es kann insoweit offen bleiben, ob das im Mai 1991 von dem Beklagten zu 4 namens der Klägerin erteilte Mandat auch die Prüfung von Schadensersatzansprüchen der Klägerin gegenüber den Rechtsanwälten Dr. A. und Dr. P. umfasste, oder ob der Beklagte zu 3 schon bei beschränktem Mandat aufgrund besonderer Umstände verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin über die Möglichkeit eines solchen Regressanspruchs und dessen drohende Verjährung zu belehren. Denn das Mandat war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit der Übersendung des Anspruchsschreibens vom 15. Juli 1991 beendet. Gemäß § 51 2. Alt. BRAO a.F. wären damit etwaige Schadensersatzansprüche , auch aus einer möglichen Sekundärhaftung, spätestens mit Ablauf des 15. Juli 1994 verjährt gewesen. Ein neues Mandat über denselben Gegenstand , aus dem sich eine sekundäre Hinweispflicht hätte ergeben können, ist zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1 bis 3, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, nicht begründet worden.
12
b) Etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 1 bis 3 aus abgetretenem Recht des Beklagten zu 4 wären ebenfalls verjährt.
13
aa) Nach § 51 BRAO a.F. verjährt ein Schadensersatzanspruch drei Jahre nach seiner Entstehung, spätestens aber 3 Jahre nach Beendigung des Auftrags. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, entstand vorliegend ein möglicher Anspruch des Beklagten zu 4 erst mit Ablauf der Verjährung des gegen die Dres. A. und P. gerichteten Schadensersatzanspruchs zum Ende des Jahres 1991. Die Primärverjährung trat damit - vorbehaltlich einer vorherigen Mandatsbeendigung - spätestens zum Jahresende 1994 ein.
14
bb) Ob der Beklagte zu 3 vor Ablauf der Primärverjährungsfrist begründeten Anlass zur Prüfung einer eigenen Haftung hatte, kann ebenso offen gelassen werden wie die weitere, vom Berufungsgericht verneinte Frage, ob eine Hinweispflicht des Beklagten zu 3 auf seine mögliche Haftung und deren drohende Verjährung gegenüber dem Beklagten zu 4 als Rechtsbeistand gegeben war.
15
Selbst wenn diese beiden Fragen zu bejahen wären, hätten die aufgrund des Antrags vom 22. September 1997 erlassenen Mahnbescheide gegen die Beklagten zu 1 bis 3 die längstens bis zum Ende des Jahres 1997 laufende Sekundärverjährung nach § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. in Verbindung mit § 207 ZPO a.F. nicht rechtzeitig unterbrochen. Der Mahnbescheid muss den geltend gemachten Anspruch unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung bezeichnen (§ 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Der Anspruch muss so gegenüber anderen Ansprüchen abgegrenzt werden, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch oder welche Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden, damit er beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen will (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 8. Mai 1996 - XII ZR 8/95, NJW 1996, 2152; v. 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305, 306). An der zweiten Voraussetzung fehlt es vorliegend. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin war im Mahnantrag nicht hinreichend genau bezeichnet. Die Klägerin hatte den Erlass von Mahnbescheiden über eine Hauptforderung in Höhe von DM 254.104,80 gegen sämtliche Beklagte als Gesamtschuldner "wegen Schadensersatzforderung aus Pflichtverletzung eines Anwaltsvertrages (Verjährung) lt. Schreiben vom 16. September 1997" beantragt. Die Zinsforderung wurde angegeben mit "12 % Zinsen seit dem 17. Juni 1993 auf DM 196.225,55". Das Schreiben vom 16. September 1997 haben die Beklagten zu 1 bis 3 unstreitig nicht erhalten. Sie konnten den auf der Grundlage des Antrags erlassenen Mahnbescheiden bei verständiger Würdigung anhand der geforderten Beträge lediglich entnehmen, dass ihnen anwaltliches Verschulden bei der gerichtlichen Durchsetzung des Zahlungsanspruchs gegen D. oder - näher liegend - im Zusammenhang mit der Verfolgung von Regressansprüchen nach dem verlorenen Prozess gegen Dr. A. vorgeworfen wurde. Aus welchem der in Betracht kommenden Mandate mit der Klägerin bzw. dem Beklagten zu 4 eine Haftung begründet sein sollte, erschließt sich aus dem Mahnbescheid dagegen nicht, ebenso wenig, ob ein Anspruch aus eigenem Recht der Klägerin oder aus abgetretenem Recht des Beklagten zu 4 geltend gemacht wird. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus eigenem Recht einerseits, aus abgetretenem Recht andererseits betrifft auch bei einem einheitlichen Klageziel zwei verschiedene Streitgegenstände, weil der Antrag auf unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt wird (vgl. BGH, Urt. v. 29. November 1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684). Ein derartiges prozessuales Vorgehen ist zwar auch im Mahnbescheidsverfahren nicht ausgeschlossen, muss aber im Antrag deutlich zum Ausdruck kommen, um dem Gegner die Beurteilung zu erlauben, ob er Widerspruch einlegen soll. Für die Beklagten war vorliegend nicht erkennbar , welche Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden sollten. Eine Verjährungsunterbrechung ist deshalb aufgrund des nicht ordnungsgemäßen Mahnbescheids nicht eingetreten. Dass der nicht individualisierte Mahnbescheid rechtsfehlerhaft erlassen wurde, ändert daran nichts (vgl. Urt. v. 17. Oktober 2000, aaO).
16
c) Die Klägerin hat die Klage nicht auf einen abgetretenen Anspruch des Beklagten zu 4 aus § 426 Abs. 1 BGB gestützt. Aus der dem Senat vorliegenden Abtretungserklärung vom 16. September 1997, die er selbst auslegen kann, ergeben sich auch keine darauf hinweisenden Anhaltspunkte.

B.


Revision des Beklagten zu 4 und der Nebenintervenientin
17
Das Rechtsmittel des Beklagten zu 4 und seiner Streithelferin, das als einheitliches Rechtsmittel anzusehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Juli 1993 - V ZR 235/92, NJW 1993, 2944), ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.

I.


18
Das Berufungsgericht hat gemeint, dem Beklagten zu 4 seien in zweifacher Hinsicht Pflichtverletzungen anzulasten. Zum einen habe er entgegen sei- nen Pflichten als Rechtsbeistand und Treuhänder der Klägerin die an ihn abgetretene Forderung gegen D. verjähren lassen. Soweit er sich im Zusammenhang mit der Rücknahme des zunächst rechtzeitig beantragten Mahnbescheids auf Auskünfte des Rechtsanwalts Dr. A. zur Verjährung verlassen habe, sei ihm dessen Verschulden als Erfüllungsgehilfe zuzurechnen. Zum anderen habe er als Treuhänder der Klägerin den Haftungsanspruch gegen die Rechtsanwälte Dr. A. und Dr. P. nicht rechtzeitig geltend gemacht. Jedenfalls der Schadensersatzanspruch wegen der zweiten Pflichtverletzung sei auch bei entsprechender Anwendung der für Rechtsanwälte geltenden Vorschrift des § 51 BRAO a.F. nicht verjährt. Der mit Ablauf des Jahres 1991 entstandene Primäranspruch wäre zwar zum Jahresende 1994 verjährt. Da der Beklagte zu 4 aber nicht auf seine eigene Haftung hingewiesen habe, sei die bis Ende 1997 laufende Sekundärverjährung rechtzeitig durch den Mahnbescheidsantrag vom 22. September 1997 unterbrochen worden.

II.


19
Auch diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
20
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 4 die ihm gegenüber der Klägerin obliegenden vertraglichen Pflichten verletzt hat.
21
a) Der Beklagte zu 4 war nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, bereits im Jahr 1988 laufend als zugelassener Rechtsbeistand für die Klägerin tätig und erwirkte in dieser Funktion im Dezember 1988 den Mahnbescheid über eine Teilforderung in Höhe von DM 150.000,- zuzüglich Zinsen für die Klägerin. Dass dieser Vorgehensweise ein entsprechender Auftrag der Klägerin zur gerichtlichen Geltendmachung der Forderung zugrunde lag, soweit nicht der Anwaltszwang bei den Landgerichten dem entgegenstand, war im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten zu 4 unstreitig. Ein Rechtsbeistand - ob Mitglied einer Rechtsanwaltskammer oder nicht - hat im Verhältnis zu seinem Auftraggeber die gleichen Berufspflichten wie ein Rechtsanwalt (vgl. BGHZ 34, 64, 68; 78, 335, 340; BGH, Urt. v. 2. April 1987 - IX ZR 68/86, WM 1987, 725, 727; v. 3. Dezember 1992 - IX ZR 61/92, WM 1993, 510, 511). Er muss deshalb auch sicherstellen, dass seinem Mandanten keine Rechtsnachteile durch Verjährung entstehen. Bei Zweifeln über die Länge der Verjährungsfrist muss er den Grundsatz des sichersten Weges beachten (vgl. BGH, Urt. v. 23. Juni 1981 - VI ZR 42/80, NJW 1981, 2741, 2742). Der Beklagte zu 4 war deshalb bereits im Jahr 1988 zur eigenen Prüfung der Verjährungsfristen verpflichtet. Dabei hätte er in Betracht ziehen müssen, dass für den klägerischen Anspruch die kurze zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. gelten konnte. Um die Klägerin vor Schaden zu bewahren, wäre der Beklagte zu 4 selbst bei Erteilung eines auf die Geltendmachung des Teilbetrages beschränkten Auftrags dazu verpflichtet gewesen, sie in unverjährter Zeit im Hinblick auf ihre Restforderung auf den möglichen Ablauf der Verjährungsfrist hinzuweisen. Dann hätte die Klägerin, wovon nach der Vermutung beratungsgerechten Verhaltens auszugehen ist, für eine rechtzeitige Unterbrechung der Verjährung auch der Restforderung gesorgt.
22
b) Weiterhin wäre der Beklagte vor der Rücknahme des Mahnbescheidsantrags im Juli 1989 - auch als Treuhänder - verpflichtet gewesen, deren Auswirkungen auf die Verjährung zu prüfen. Dabei hätte er erkennen müssen, dass er mit der Rücknahme die verjährungsunterbrechende Wirkung des Mahnbe- scheids unwiderruflich rückwirkend beseitigte und dass eine neue Verjährungsunterbrechung nicht mehr möglich sein würde, weil die Verjährungsfrist bereits Ende 1988 abgelaufen war. Auf den von Rechtsanwalt Dr. A. zuvor für die Klägerin auf Ende 1990 errechneten Ablauf der Verjährungsfrist durfte der Beklagte zu 4 sich nicht verlassen, ebenso wenig auf dessen angeblichen Rat, den Mahnbescheidsantrag zurückzunehmen. Die Revisionsrüge der Nebenintervenientin , die Prüfung der Verjährungsfrage habe im Verhältnis der Beteiligten untereinander allein Rechtsanwalt Dr. A. oblegen, während der Beklagte zu 4 ausschließlich für dessen Information in tatsächlicher Hinsicht zuständig gewesen sei, greift nicht durch. Seiner ihm als Rechtsberater der Klägerin obliegenden Pflichten wurde der Beklagte zu 4 nicht dadurch ledig, dass die Klägerin - was wegen § 78 Abs. 1 ZPO ohnehin unvermeidlich war - als weiteren rechtlichen Berater und Vertreter Rechtsanwalt Dr. A. eingeschaltet hatte. Aus dem vorstehend genannten Gleichklang der Pflichten eines zugelassenen Rechtsbeistandes und eines Rechtsanwaltes im Verhältnis zum Auftraggeber folgt jedenfalls für den vorliegenden Fall, dass beide als Gesamtschuldner zum Schadensersatz verpflichtet sind. Der Beklagte zu 4 und Rechtsanwalt Dr. A. hatten im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen zur Klägerin jeweils eigene - sich hier allerdings überschneidende - Pflichtenkreise, weshalb Dr. A. nicht als Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB für den Beklagten zu 4 tätig geworden ist. Daraus folgt für diesen Fall zugleich, dass sich die Klägerin den auf Rechtsanwalt Dr. A. entfallenden Schadensbeitrag nicht auf einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 4 anrechnen lassen muss.
23
c) Die Klägerin muss sich auf ihren Schadensersatzanspruch entgegen der Auffassung der Revision der Nebenintervenientin auch nicht ein Mitverschulden des Beklagten zu 3 als ihres Erfüllungsgehilfen nach den §§ 254, 278 BGB anrechnen lassen. Grundsätzlich haften Personen, die jeweils unabhängig voneinander eine Schadensursache gesetzt haben, als Gesamtschuldner, ohne dass sich der Geschädigte den Beitrag eines Schädigers bei der Inanspruchnahme eines anderen als Mitverschulden entgegenhalten lassen müsste; dieser Grundsatz gilt auch für Rechtsanwälte, die nacheinander für den geschädigten Mandanten tätig waren. Dieser hat sich auf einen Regressanspruch gegen einen Rechtsanwalt einen schuldhaften Schadensbeitrag eines anderen Anwalts nur dann als Mitverschulden anrechnen zu lassen, wenn er sich dieses Anwalts zur Erfüllung eines Gebots des eigenen Interesses bedient hat, insbesondere um die Folgen der von dem ersten Anwalt begangenen Fehler zu beseitigen, und das Verhalten dieser Hilfsperson in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ihr anvertrauten Pflichtenkreis steht (vgl. Senat, Urt. v. 13. März 1997 - IX ZR 81/96, NJW 1997, 2168, 2170, Urt. v. 29. November 2001 - IX ZR 278/00, NJW 2002, 1117, 1121). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Nebenintervenientin übersieht, dass zu keiner Zeit die Klägerin die Beklagten zu 1 bis 3 beauftragt hatte, einen erkannten oder für möglich gehaltenen Fehler des Beklagten zu 4 zu beheben. Das Mandat, das zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1 bis 3 - auf Betreiben des Beklagten zu 4 - in der ersten Jahreshälfte 1991 begründet wurde, hatte vielmehr zum Gegenstand, den Beklagten zu 4 wegen dessen Versäumnissen im Zusammenhang mit der erfolglosen Durchsetzung des Anspruchs gegen D. außergerichtlich zur Verantwortung zu ziehen. Der Beklagte zu 3 hat diesen Auftrag mit der Übersendung des Anspruchsschreibens an die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 4 pflichtgemäß erfüllt.
24
2. Der klägerische Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 4 unterliegt der Regelverjährung des § 195 BGB a.F. und ist deshalb nicht verjährt. Gemäß § 209 BRAO gelten die Vorschriften des 3. Teils der Bundes- rechtsanwaltsordnung, mithin auch § 51 BRAO a.F., nur für kammerangehörige Rechtsbeistände. Die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Rechtsbeistand, der - wie der Beklagte zu 4 - nicht Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ist, richtet sich dagegen weiter nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. BGHZ 78, 335, 340). Die gesetzgeberische Entscheidung, wonach nur die zugelassenen Rechtsbeistände den sich aus dem 3. Teil der Bundesrechtsanwaltsordnung ergebenden Rechten und Pflichten - und damit auch dem Verjährungsprivileg des § 51 BRAO a.F. - unterstellt werden, die auch Mitglied einer Rechtsanwaltskammer geworden sind, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar hat ein Rechtsbeistand gegen seinen Auftraggeber die gleichen Berufspflichten wie ein Rechtsanwalt. Der Umstand, dass der nicht verkammerte Rechtsbeistand nach altem Recht der dreißigjährigen Verjährung unterlag, beruhte aber auf seiner freiwilligen Entscheidung, nicht der Rechtsanwaltskammer beizutreten, wo er sich einer entsprechenden Kontrolle seiner Berufsausübung unterworfen hätte. An dieser frei gewählten Entscheidung muss er sich auch im Haftungsfall festhalten lassen.
25
Soweit der Senat im Beschluss vom 9. Januar 1997 (IX ZR 17/96, BGHR BRAO § 51 Belehrungspflicht 4) ausgeführt hat, dass für einen Rechtsbeistand, der mit der Durchsetzung von Haftpflichtansprüchen betraut ist, die für einen Rechtsanwalt entwickelten Regeln gelten, und insoweit auf weitere Senatsentscheidungen Bezug genommen hat, war damit nicht die generelle Anwendung des § 51b BRAO a.F. auf Rechtsbeistände angesprochen. In dem zugrunde liegenden Fall ging es vielmehr um die Verjährung einer Regressforderung gegen einen Rechtsanwalt. Der Senat hat insoweit lediglich seine ständige Rechtsprechung , wonach die Aufklärungspflicht des Rechtsanwalts entfallen kann, falls der geschädigte Mandant rechtzeitig vor Ablauf der Primärverjährung durch einen anderen Rechtsanwalt über Regressansprüche beraten wird, auf einen Rechtsbeistand übertragen.
26
3. Das Berufungsgericht hat die von der Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 4 gezahlten DM 100.000,-- gemäß § 367 Abs. 1 BGB zu Recht in erster Linie auf die bis dahin angefallenen Zinsen und erst dann auf die Hauptforderung angerechnet. Die Entstehung der gesetzlichen Zinsschuld des Beklagten zu 4 war nicht davon abhängig, ob die Beklagten zu 1 bis 3 im Anspruchsschreiben vom 15. Juli 1991 Zinsen geltend gemacht hatten oder nicht. Dass die Haftpflichtversicherung nach § 367 Abs. 2 BGB eine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen hätte, ist in den Vorinstanzen weder festgestellt worden, noch ist dies ersichtlich.
27
4. Die Abtretungsvereinbarung von September 1997 enthält keine Stundung der klägerischen Forderung gegen den Beklagten zu 4 und auch keinen vorübergehenden Ausschluss der Klagbarkeit. Die Zession diente ersichtlich der Vorbereitung der noch im selben Monat erhobenen Regressklage gegen die vier Beklagten dieses Rechtsstreits. Vor diesem Hintergrund bietet die Vereinbarung entgegen der Auffassung der Revision des Beklagten zu 4 keine Grundlage für eine solche Auslegung.
28
5. Die Beklagten zu 1 bis 3 haben - dies ist urkundlich belegt und zwischen den Parteien unstreitig - nach Abschluss der Berufungsinstanz den klägerischen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 4 in Höhe von € 9.771,06 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus € 4.759,62 seit dem 23. Dezember 2003 und aus € 4.596,52 seit dem 15. Dezember 2003 gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Sie meinen, die Klägerin müsse nunmehr ihren Klageantrag gegen den Beklagten zu 4 in dieser Höhe auf Zah- lung an die Beklagten zu 1 bis 3 umstellen, andernfalls die Klage insoweit wegen fehlender Sachbefugnis abzuweisen sei. Diese Auffassung ist unzutreffend. Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt grundsätzlich nur das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtliche Parteivorbringen (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine Klageänderung in der Revisionsinstanz ist unzulässig (vgl. BGHZ 28, 131, 137). In den Fällen des § 265 ZPO ist allerdings die Umstellung des Klageantrags auf Verurteilung zur Leistung an den Rechtsnachfolger auch noch im Revisionsverfahren statthaft, falls die Tatsache der Rechtsnachfolge bereits im Berufungsurteil festgestellt ist (vgl. BGHZ 26, 31, 38). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Der Bundesgerichtshof hat zwar in bestimmtem Umfang Tatsachen, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz eingetreten sind, im Revisionsverfahren berücksichtigt, wenn diese von Amts wegen zu beachten oder unstreitig sind und schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (vgl. BGHZ 28, 13, 15; 53, 128, 130; 83, 102; BGH, Urt. v. 3. April 1998 - V ZR 143/97, NJW-RR 1998, 1284). Diesen Entscheidungen liegt maßgeblich der Gesichtspunkt der Prozessökonomie zugrunde. Mit der Berücksichtigung der neuen Tatsachen soll vermieden werden, dass ein Urteil ergeht, das der materiellen Rechtslage nicht entspricht, und ein neuer Rechtsstreit anhängig gemacht und eventuell wiederum durch mehrere Instanzen geführt wird (vgl. BGHZ 28, 13, 15). Diese Erwägung trägt im vorliegenden Fall nicht. Bleibt der nachträglich teilweise unrichtig gewordene Urteilsausspruch des Berufungsgerichts bestehen, kann der Beklagte zu 4 dennoch in Kenntnis der Pfändung und Überweisung insoweit nicht mehr mit befreiender Wirkung an die Klägerin leisten (vgl. BGHZ 86, 337, 340), vielmehr hat er die gepfändeten und überwiesenen Beträge an die Beklagten zu 1 bis 3 zu bezahlen. Die Gefahr, dass ein neuer Rechtsstreit in dieser Angelegenheit geführt werden muss, besteht angesichts der eindeutigen Rechtslage hier nicht. Die Berücksichtigung einer nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erfolgten Pfändung und Überweisung eines Teils der Klageforderung ist im Revisionsverfahren deshalb nicht geboten.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.12.2002 - 319 O 285/99 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 03.12.2003 - 8 U 16/03 -
5
4. Die geltend gemachte Divergenz zur Senatsrechtsprechung, wonach dem Mandanten bei Beauftragung eines Zweitanwalts zur Behebung eines erkannten oder für möglich gehaltenen Fehlers eines früheren Rechtsberaters ein schuldhafter Schadensbeitrag seines Zweitberaters als Mitverschulden anzurechnen sein kann (BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 8/04, WM 2006, 592, 595; Zugehör/D. Fischer, aaO, Rn. 1256 mwN), liegt nicht vor. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Zweitanwalt der Klägerin kein Anwaltsverschulden anzulasten ist. Den von der Beschwerde vermissten Hilfsantrag hat der Zweitanwalt, worauf die Beschwerdeerwiderung zutreffend hingewiesen hat, im arbeitsgerichtlichen Verfahren gestellt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.