Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - KVR 34/11

bei uns veröffentlicht am15.05.2012
vorgehend
Oberlandesgericht Stuttgart, 201 Kart 1/11, 20.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KVR 34/11
vom
15. Mai 2012
in dem Kartellverwaltungsverfahren
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Mai 2012 durch den
Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter Dr. Raum, Dr. Strohn und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. April 2011 wird als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem oben bezeichneten Beschluss wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerde- und Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Verfahren notwendigen Kosten des Antragsgegners.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde und der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf jeweils 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Antragstellerin ist ein Wasserversorgungsunternehmen mit Sitz in Trossingen. Die Stadt Trossingen ist alleinige Gesellschafterin. Mit der "Satzung über die öffentliche Wasserversorgung der Stadt Trossingen" vom 19. November 2001 wurde der Antragstellerin der Betrieb der Wasserversorgung als öffentliche Einrichtung übertragen. Die Nutzungsverhältnisse zu den Kunden sind privatrecht- lich ausgestaltet. In der Satzung ist jedoch ein Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet.
2
Mit Verfügung vom 26. Mai 2010 verlangte das Wirtschaftsministerium Baden -Württemberg als zuständige Landeskartellbehörde von der Antragstellerin wegen des Verdachts der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch das Verlangen überhöhter Trinkwasserpreise die Mitteilung der Kalkulationsgrundlagen für diese Preise betreffend die Jahre 2008 bis 2010. Nachdem es zu Unstimmigkeiten gekommen war, erließ die Landeskartellbehörde am 9. Februar 2011 eine zwangsgeldbewehrte Auskunftsverfügung. Die Antragstellerin hat Beschwerde dagegen eingelegt und mit ihr den Antrag verbunden, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 65 Abs. 3 Satz 3 GWB herzustellen. Nachdem die Landeskartellbehörde eine Zurückstellung bis zu einer gerichtlichen Entscheidung abgelehnt hatte, hat die Antragstellerin Unterlagen herausgegeben und Auskünfte erteilt.
3
Das Beschwerdegericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde herzustellen und die Vollziehung aufzuheben, zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde und ihrem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wehrt sich die Antragstellerin gegen diesen Beschluss.
4
II. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
5
Die Auskunftsverfügung belaste die Antragstellerin nicht mehr, weil sie das von der Landeskartellbehörde Geforderte freiwillig bewirkt habe. Die Antragstellerin müsse nicht mit Zwangsmaßnahmen aufgrund der angefochtenen Verfügung rechnen. Die Landeskartellbehörde habe erklärt, sie sehe die erteilten Auskünfte derzeit als Erfüllung der durch die Verfügung begründeten Pflicht an und werde, falls die Auskünfte unvollständig seien, eine neue Verfügung erlassen.
6
Auf die Gefahr, dass aufgrund der erteilten Auskünfte eine materiellrechtliche Verfügung erlassen werde, könne sich die Antragstellerin nicht berufen. Denn über zukünftige Verwaltungsakte sei im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
7
Im Übrigen bestünden Bedenken gegen die Auffassung der Antragstellerin, sie falle nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Auch wenn die angefochtene Verfügung aufgehoben würde, bliebe die bestandskräftig gewordene Auskunftsverfügung vom 26. Mai 2010 wirksam.
8
III. Weder die Rechtsbeschwerde noch die Nichtzulassungsbeschwerde führen zum Erfolg.
9
1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
10
a) Die nach § 74 Abs. 4 Nr. 3 GWB geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht schlüssig dargelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - KVZ 16/09, WuW/E DE-R 2879 Rn. 10 - Kosmetikartikel). Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, welchen Vortrag der Antragstellerin das Beschwerdegericht übergangen haben soll. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Annahme des Beschwerdegerichts wendet, die Herausgabe der Unterlagen und die Erteilung von Auskünften sei "freiwillig" geschehen, vertritt sie lediglich eine andere Rechtsansicht als das Beschwerdegericht, legt aber keinen Gehörsverstoß dar.
11
b) Auch die Voraussetzungen des § 74 Abs. 4 Nr. 6 GWB liegen nicht vor. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei im Hinblick auf die nicht näher erläuterte Erwähnung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 2011 (11 W 2/11) nicht mit Gründen versehen. Der Hinweis des Beschwerdegerichts auf diesen Beschluss hat aber ersichtlich keine tragende Bedeutung für die Begründung der Entscheidung, son- dern befindet sich in dem Abschnitt, der mit "Ohne dass es darauf noch ankäme" eingeleitet wird.
12
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
13
Die Sache wirft weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 74 Abs. 2 GWB).
14
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (siehe zu der vergleichbaren Regelung in § 544 ZPO etwa BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, ZIP 2010, 985 Rn. 3). Ist die Entscheidung - wie hier - auch auf eine Hilfsbegründung gestützt, muss die Nichtzulassungsbeschwerde zudem aufzeigen, dass die Hilfsbegründung unzutreffend, die klärungsbedürftige Rechtsfrage mithin entscheidungserheblich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2008 - II ZR 62/07, ZIP 2008, 736 Rn. 7; Beschluss vom 12. Februar 2004 - V ZR 247/03, NJW 2004, 1167, 1168; Beschluss vom 7. Januar 2003 - X ZR 82/02, BGHZ 153, 254, 256 f.). Jedenfalls daran fehlt es hier.
15
Die Hilfsbegründung des Beschwerdegerichts, schon die bestandskräftige Verfügung vom 26. Mai 2010 trage das Auskunftsbegehren, beruht auf einer tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts. Das gilt sowohl für die Frage, ob die Auskunftsverfügung infolge der Erteilung von Auskünften erledigt ist, als auch für die damit zusammenhängende Frage, ob die zweite Auskunftsverfügung einen neuen Anwendungsbereich eröffnet oder nur die Anordnungen der alten Verfü- gung wiederholt und konkretisiert. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur überprüfen , ob der Tatrichter von einem zutreffenden Rechtsverständnis ausgegangen ist, der Sachverhalt ausgeschöpft ist und keine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt worden sind, sowie - bei entsprechenden Verfahrensrügen - ob die Verfahrensregeln eingehalten sind.
16
Derartige Rechtsfehler des Beschwerdegerichts zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf.
17
Nicht ausreichend ist insoweit ihr pauschaler Vortrag, die Verfügung vom 9. Februar 2011 wiederhole nicht nur die Anordnungen der Verfügung vom 26. Mai 2010, sondern verlange aufgrund eines weitergehenden Aufklärungsbedarfs detaillierte Nachweise zu Einzelpositionen und Kostenpunkten. Damit nimmt die Beschwerde eine abweichende Wertung vor, zeigt aber keinen Rechtsfehler auf. Ebenso wenig reicht der Einwand aus, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genüge es für die Annahme eines eigenständigen Verwaltungsakts , wenn Rechte und Pflichten konkretisiert würden. Zwar ist richtig, dass nach der in Bezug genommenen Rechtsprechung eine verbindliche Regelung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG auch dann anzunehmen sein kann, wenn eine generelle und abstrakte Regelung des Gesetzes für den Einzelfall mit Bindungswirkung als bestehend oder nicht bestehend festgesetzt, konkretisiert oder individualisiert wird (BVerwG, BVerwGE 79, 291, 293; Buchholz 442.16 § 18 StVZO Nr. 1). Die Auskunftsverfügung vom 26. Mai 2010 ist aber schon keine generelle und abstrakte Regelung. Vielmehr ist die Antragstellerin bereits aufgrund dieser Verfügung verpflichtet , detaillierte Auskünfte zu erteilen.
18
Darauf, dass in der Verfügung vom 9. Februar 2011 erstmals ein Zwangsgeld angedroht worden ist, stellt die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht nicht ab. Diese Androhung ist nach der Erklärung der Behörde, davon keinen Gebrauch machen zu wollen, gegenstandslos geworden.
19
Aus den vorgenannten Gründen ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.
20
IV. Der Senat entscheidet über die Rechtsbeschwerde (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - KVZ 16/09, WuW/E DE-R 2879 Rn. 45 - Kosmetikartikel ) und über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 75 Abs. 2 Satz 2 GWB) ohne mündliche Verhandlung.
Tolksdorf Meier-Beck Raum
Strohn Löffler
Vorinstanz:
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 20.04.2011 - 201 Kart 1/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - KVR 34/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - KVR 34/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 74 Frist und Form


(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2012 - KVR 34/11 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


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Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 74 Frist und Form


(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 65 Mündliche Verhandlung


(1) Das Gericht entscheidet über die Beschwerde und über die Rechtsbeschwerde aufgrund mündlicher Verhandlung; mit Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. (2) Sind die Beteiligten in dem Verhandlungsterm

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 75 Untersuchungsgrundsatz


(1) Das Beschwerdegericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. (2) Der oder die Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänz

Referenzen - Urteile

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Referenzen

(1) Das Gericht entscheidet über die Beschwerde und über die Rechtsbeschwerde aufgrund mündlicher Verhandlung; mit Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

(2) Sind die Beteiligten in dem Verhandlungstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht erschienen oder ordnungsgemäß vertreten, so kann gleichwohl in der Sache verhandelt und entschieden werden.

(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1 Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 42 gestellt, so beginnt die Frist für die Beschwerde gegen die Verfügung des Bundeskartellamts mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Es genügt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(2) Ergeht entsprechend § 73 Absatz 3 Satz 2 auf einen Antrag keine Verfügung, so ist die Beschwerde an keine Frist gebunden.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Verfügung zu begründen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 3 beginnt die Frist mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Wird diese Verfügung angefochten, beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt, zu dem die Untersagung unanfechtbar wird. Im Fall des Absatzes 2 beträgt die Frist einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Beschwerde. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden.

(4) Die Beschwerdebegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Verfügung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird,
2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.

(5) Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Beschwerden der Kartellbehörden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

3
a) aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche , klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (siehe grundlegend hierzu BGHZ 151, 221, 223 f.; 154, 288, 291 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (s. MünchKommZPO/ Wenzel 3. Aufl. § 543 Rdn. 7; Musielak/Ball, ZPO 7. Aufl. § 543 Rdn. 5 a, jew. m.w.Nachw.). Derartige Unklarheiten bestehen nicht, wenn abweichende Ansichten in der Literatur vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (s. nur BVerfG, NJW-RR 2009, 1026 Tz. 14).
7
2. Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung fehlt hier die Entscheidungserheblichkeit der genannten Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG auch nicht deshalb, weil das Berufungsgericht die Abweisung der Klage in einer Hilfsbegründung auch darauf gestützt hat, dass die Klägerinnen einen Schaden nicht schlüssig dargelegt hätten. Diese Begründung trifft zwar, was auch die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Abrede stellt, materiellrechtlich zu, verletzt aber ihrerseits wiederum den Anspruch der Klägerinnen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), weil sämtliche Prozessbeteiligte über zwei Instanzen hinweg die erstmals in dem Berufungsurteil geäußerten Schlüssigkeitsbedenken verkannt haben und es deshalb eines vorherigen Hinweises des Berufungsgerichts (§ 139 Abs. 2 ZPO) bedurft hätte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17. Oktober 2003, NJW 2003, 3687 m.w.Nachw.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 247/03
vom
12. Februar 2004
in dem Rechtsstreit
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2
Eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
kommt nicht in Betracht, wenn mehrere Rechtsfehler des Berufungsgerichts zu einer
im Ergebnis richtigen Entscheidung führen (Abgrenzung zu Senat, Beschl. v.
2. Oktober 2003, V ZB 72/02, NJW 2004, 72).
BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 247/03 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Februar 2004 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr.
Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 160.000

Gründe:


I.


Mit notariellem Vertrag vom 4. November 1998 kaufte der Kläger von dem Beklagten zu 1 ein im Außenbereich gelegenes Hofanwesen zum Preis von 770.000 DM; hinsichtlich des Kaufpreises unterwarf sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung. Auf dem Grundstück war neben einem Wohn-
gebäude ein "Gästehaus" errichtet, in dem sich vier Wohnungen sowie vier Doppelzimmer befanden. Nach Zahlung der ersten Kaufpreisrate hat der Kläger die vorliegende Vollstreckungsgegenklage erhoben. Er sieht sich von dem Beklagten zu 1 insbesondere deshalb arglistig getäuscht, weil für die Nutzung des "Gästehauses" - es handelt sich um eine umgebaute frühere Scheune - zur Vermietung an Feriengäste keine baurechtliche Genehmigung vorliegt. Dagegen behauptet der Beklagte zu 1, er habe vor Abschluß des Kaufvertrages den Kläger über die insoweit fehlende Genehmigung unterrichtet. Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht - soweit für den Rechtsstreit noch von Interesse - die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde insoweit für unzulässig erklärt, als aus ihr die Vollstreckung über einen Betrag von 267.150,01 DM) hinaus betrieben wird. Es hat außerdem festgestellt , daß beiden Beklagten aus dem Kaufvertrag keine Ansprüche über diesen Betrag hinaus zustehen, und daß der Beklagte zu 1 zum Ersatz aller weiteren Schäden wegen der arglistigen Täuschung des Klägers verpflichtet ist. Zur Begründung führt das Oberlandesgericht aus, dem Kläger stehe gegenüber dem Beklagten zu 1 der "kleine" Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB a.F. zu, mit dem er gegenüber der Kaufpreisschuld aufrechnen könne. Der Beklagte zu 1 habe insbesondere durch das Exposé ein volleingerichtetes Gästehaus zur Nutzung für Feriengäste angeboten und damit durch positives Tun bei dem Kläger einen Irrtum hervorgerufen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lasse sich nicht feststellen, daß der Beklagte zu 1 den Kläger über die fehlende baurechtliche Genehmigung aufgeklärt habe. Dies gehe im vorliegenden Fall zu Lasten des Beklagten zu 1. Der Wert der Immobile sei wegen der fehlenden Nutzungsmöglichkeit als Ferienanlage um 25 % gemindert.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Beklagten zu 1.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) ist zulässig, bleibt in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg, weil der Beklagte zu 1 einen Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht dargetan hat.
1. Ungeachtet der weiteren Voraussetzungen läßt sich der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) insbesondere nicht aus einem Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Verteilung der Beweislast für die behauptete Aufklärung des Käufers herleiten.

a) Dem Berufungsgericht sind allerdings bei der Begründung der von ihm vorgenommenen Verteilung der Beweislast in zweifacher Hinsicht Rechtsfehler unterlaufen.
aa) Im vorliegenden Fall ist nicht die Rechtsprechung des Senats maßgebend , wonach auch für einen Anspruch aus § 463 Satz 2 BGB a.F. der Käufer die Darlegungs- und Beweislast für den gesamten Arglisttatbestand trägt und mithin im Fall des arglistigen Verschweigens vortragen und nachweisen muß, daß der Verkäufer ihn nicht gehörig aufgeklärt hat (Senat, Urt. v. 30. April 2003, V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2381; auch Urt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65). Vielmehr ist hier auf Grund der fehlerfreien
Feststellungen des Berufungsgerichts von einem arglistigen Vorspiegeln der Fehlerfreiheit auszugehen. Der Beklagte zu 1 täuschte in vorsätzlicher Weise dadurch, daß er insbesondere in den Zeitungsannoncen und im Exposé die Nutzung des Gästehauses für Vermietungen an Feriengäste herausstellte, so daß der Kläger von einer Erlaubnis für diese Nutzung ausgehen durfte (vgl. Senat, Urt. v. 2. April 1982, V ZR 54/81, WM 1982, 696, 697). Zu prüfen ist daher , ob der durch die Täuschung hervorgerufene Irrtum des Klägers vor Vertragsschluß durch die behauptete Aufklärung über die insoweit fehlende Baugenehmigung beseitigt worden ist. Dies ist eine Frage der Kausalität zwischen Täuschung und Vertragsschluß.
bb) In der von dem Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung (Urt. v. 22. Oktober 1976, V ZR 247/75, LM § 123 BGB Nr. 47) hat der Senat die Frage, ob ein durch die Täuschung hervorgerufener Irrtum vor Schadenseintritt durch Aufklärung beseitigt worden ist oder nicht, ausdrücklich "zur Beweislast des Getäuschten, nicht des Täuschenden" gestellt. Erst wenn der getäuschte Käufer den Beweis geführt hat, daß er durch einen Irrtum zum Vertragsschluß bestimmt worden ist, obliegt es dem - nach wie vor nicht beweispflichtigen - Verkäufer, den Gegenbeweis etwa dadurch zu führen, daß er spätere Irrtumsbeseitigung darlegt. Grund für diese Verteilung der Beweislast ist, daß - anders als hinsichtlich des Fortbestands einmal entstandener Rechte - keine Vermutung für die Fortdauer eines einmal eingetretenen tatsächlichen Zustands (hier des Irrtums) mit der Wirkung einer Umkehr der Beweislast besteht. Danach wäre im vorliegenden Fall der Kläger und nicht - wie das Berufungsgericht auf Grund eines Fehlverständnisses der Senatsrechtsprechung annimmt - der Beklagte zu 1 beweisbelastet.
cc) Das Berufungsgericht hat allerdings auch verkannt, daß die ge- nannte Entscheidung hier nicht einschlägig ist. Sie ist zu einem Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB und culpa in contrahendo auf Grund arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) ergangen, nicht aber zu einem Schadensersatzanspruch aus § 463 Satz 2 BGB a.F., über den (in analoger Anwendung) im vorliegenden Fall zu entscheiden ist. Bei dem letztgenannten Anspruch ist die Beweislastverteilung abweichend von der bei § 123 BGB; denn der Käufer braucht hier nicht zu beweisen, daß die arglistige Täuschung für seinen Kaufentschluß ursächlich geworden ist. Bei § 463 Satz 2 BGB wird die Ursächlichkeit der Täuschung vielmehr von Gesetzes wegen vermutet (Senat, Urt. v. 7. Juli 1989, V ZR 21/88, NJW 1990, 42, 43; Urt. v. 30. April 2003, V ZR 100/02, aaO). Behauptet der Verkäufer daher, daß der Käufer bei Vertragsschluß Kenntnis von dem Mangel hatte, sich also nicht in einem Irrtum befand, so wendet er einen gesetzlichen Haftungsausschlußtatbestand (vgl. § 460 BGB a.F.) ein, für den er die Beweislast trägt (Senat, Urt. v. 7. Juli 1989, V ZR 21/88, aaO). Hiernach ist es der Beklagte zu 1, der die Kenntnis des Klägers von der fehlenden Nutzungsgenehmigung auf Grund nachträglicher Aufklärung beweisen muß, womit das Berufungsgericht über die Verteilung der Beweislast im Ergebnis zutreffend entschieden hat.

b) Die Rechtsfehler des Berufungsgerichts rechtfertigen keine Zulassung der Revision.
aa) Dies ergibt sich allerdings nicht aus den Erwägungen, die der Entscheidung des Senats vom 2. Oktober 2003 (V ZB 72/02, NJW 2004, 72) zugrunde liegen. Dort war die Berufung wegen Nichterreichens der Wertgrenze aus § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig verworfen worden. Die Beschwerde
wandte sich gegen die zugrunde liegende Auffassung des Berufungsgerichts zur Bewertung minimaler Teilflächen und sah die damit aufgeworfene Rechtsfrage als grundsätzlich an. Das Berufungsgericht hatte jedoch den höheren Wert zumindest eines Hilfsantrags übersehen, der nach § 5 ZPO zum Erreichen der Berufungssumme führte. Damit beruhte die auch im Ergebnis unzutreffende Entscheidung der Vorinstanz alternativ auf mehreren (möglichen) Rechtsfehlern, darunter einem, an dessen Bereinigung ein öffentliches Interesse im Sinne der Zulassungsgründe nicht dargelegt wurde. Unter diesen Umständen läßt sich bei Prüfung der Zulassungsfrage nicht feststellen, daß das Revisionsverfahren seinen Zweck einer im Interesse der Allgemeinheit liegenden Entscheidung (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 66) erreichen könnte. Da die angefochtene Entscheidung schon aus Gründen aufzuheben wäre, die eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigen, führt das Revisionsverfahren weder zur Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage, auf die eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung abzielt, noch zu Leitsätzen für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen, wie vom Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts bezweckt, noch zur Ausräumung eines das Allgemeininteresse berührenden Rechtsfehlers, wie sie die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erstrebt. Mangels Entscheidungserheblichkeit könnte das Revisionsgericht die für die Zulassung maßgebenden Gesichtspunkte nur als abstrakte Rechtsfragen beantworten. Dies gehört jedoch nicht zu seinen Aufgaben; das Revisionsgericht kann nur wegen einer Streitfrage angerufen werden, die sich im konkreten Rechtsstreit stellt (BGH, Beschl. v. 7. Januar 2003, X ZR 82/02, NJW 2003, 1125, 1126, zur Veröffentlichung in BGHZ 153, 244 bestimmt). Mithin sind in dieser Situation die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht erfüllt.

bb) Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Fall, weil die mehreren Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht jeder für sich zu einer unzutreffenden Entscheidung führen, sondern im Gegenteil durch ihr Zusammenwirken zu einer im Ergebnis richtigen Entscheidung. Allerdings ist auch hier ein Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden Zulassungsgrundes der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erfüllt sind. Ungeachtet der Frage eines über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Interesses, fehlt es wegen der letztlich zutreffenden Verteilung der Beweislast an einer Entscheidung, die einer Korrektur durch ein Urteil des Revisionsgerichts bedürfte. Auch die Rechtsfehler, die dem Berufungsgericht bei der Herleitung dieses Ergebnisses unterlaufen sind, können nicht zur Zulassung der Revision führen. Ihnen mangelt es bereits an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831).
2. Mit ihren weiteren Ausführungen gelingt es der Beschwerde ebenfalls nicht, einen Zulassungsgrund darzulegen. Insoweit sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO von einer Begründung ab.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 82/02
vom
7. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Ob eine Rechtsfrage, deren Beantwortung die gegen eine Nichtzulassung der
Revision beschwerdeführende Partei für grundsätzlich hält, entscheidungserheblich
ist, kann der Bundesgerichtshof im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
nur auf der Grundlage der Erkenntnisse beurteilen, die ihm in diesem Verfahrensabschnitt
zulässigerweise hierzu zur Verfügung stehen.
BGH, Beschl. v. 7. Januar 2003 - X ZR 82/02 - OLG Hamm
LG Münster
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin
Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck
am 7. Januar 2003

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem am 22. Januar 2002 verkündeten Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.032.075,70

Gründe:


I. Die Klägerin nimmt den beklagten Landschaftsverband auf Schadensersatz in Anspruch, weil er 1998 einen im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland als Auftraggeberin zu vergebenden und vergebenen Auftrag auf Anweisung des Bundesministeriums für Verkehr nicht ihr, sondern einem anderen Bieter erteilte. Die Klage und die Berufung der Klägerin sind
erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten bei der Ausschreibung (c.i.c.) verneint, weil der Beklagte nicht der öffentliche Auftraggeber habe sein sollen und er auch weder am Vertragsschluß ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse gehabt, noch die Vertragsverhandlungen durch Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens beeinflußt habe, wie es die Rechtsprechung für eine persönliche Haftung eines Vertreters oder eines Verhandlungsgehilfen verlange. Auch einen deliktischen Schadensersatzanspruch hat das Berufungsgericht verneint, und zwar, weil der nicht durch ein Organ des Beklagten ausgesprochene Zuschlag nicht auf einer eigenen Entscheidung von Mitarbeitern des Beklagten, sondern auf einer den Beklagten bindenden Weisung des Bundesverkehrsministeriums beruht habe und daher nach § 831 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (a.F.) eine Haftung des Beklagten ausscheide. Das Berufungsgericht hat deshalb die in der Instanz streitig erörterte Frage offengelassen, ob der mit der Klage gerügte Verstoß gegen vor dem 1. Januar 1999 zu beachtende Vergaberegeln überhaupt ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB a.F. betreffe , und die wegen dieser Rechtsfrage angeregte Zulassung der Revision nicht ausgesprochen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie macht eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache geltend, die gegeben sei, weil das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, an einer deliktischen Haftung des Beklagten fehle es jedenfalls wegen §§ 831, 89 BGB a.F.. Nach näher angegebenem tatsächlichen Vorbringen der Parteien in den Tatsacheninstanzen, das vom Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, könne der Entlastungsbeweis nach § 831 BGB a.F. nicht
als erbracht angesehen werden. Deshalb stelle sich die Frage nach dem Schutzgesetzcharakter von vor dem 1. Januar 1999 geltenden Vergabevor- schriften, die in Rechtsprechung und Literatur umstritten, aber höchstrichterlich nicht entschieden sei und höchstrichterlicher Klärung bedürfe, weil sie in einer Vielzahl von Fällen entscheidende Bedeutung erlangen könne.
II. Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. a) Im Rahmen dieses Rechtsmittels prüft der Bundesgerichtshof nur den dargelegten Zulassungsgrund (BGH, Beschl. v. 23.07.2002 - VI ZR 91/02, NJW 2002, 3334). Da hinsichtlich der Auffassung des Berufungsgerichts, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe - soweit er auf unerlaubte Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB a.F.) gestützt sei - deshalb nicht, weil die Voraussetzungen der haftungsrechtlichen Zuordnung nach den §§ 89, 831 BGB a.F. nicht gegeben seien, ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist, hat der Senat im vorliegenden Verfahren hiervon auszugehen.

b) Dann aber besteht wegen der Frage, ob bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des Vergaberechts im GWB am 1. Januar 1999 zu beachtende Vergaberechtsregeln Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB a.F. waren , eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht. Grundsätzliche Bedeutung kann einer Sache zukommen, wenn sie Rechtsfragen aufwirft, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten können, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren (BGH, Beschl. v. 01.10.2002 - XI ZR 71/02, ZIP 2002, 2148). Voraussetzung ist dabei nicht allein, daß eine klärungsbedürftige Frage dieser Art überhaupt besteht (vgl. May, Die Revision, IV Rdn. 63); sie
muß auch in dem anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden sein (vgl. Zöller/ Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rdn. 11 m.w.N.), sie muß – mit anderen Worten – entscheidungserheblich sein (Wenzel, NJW 2002, 3353, 3354. Denn auch ein Revisionsgericht hat nicht die Aufgabe, abstrakte Rechtsfragen zu beantworten ; auch ein Revisionsgericht kann nur wegen einer Streitfrage angerufen werden, die sich im konkreten Rechtsstreit stellt. Der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz, daß sich wegen einer Rechtsfrage, deren abschließende Beantwortung durch eine übergeordnete Instanz zur Beseitigung bestehender Zweifel im Interesse der Rechtssicherheit liegen kann, diese Instanz mit dem zugrundeliegenden Rechtsstreit sachlich nur zu befassen hat, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage im Hinblick auf die Entscheidung in diesem Rechtsstreit notwendig ist, liegt auch der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Anrufung des Großen Senats und der Vereinigten Großen Senate zugrunde. Insoweit ist anerkannt, daß es auf die Rechtserheblichkeit der streitigen (vorgelegten ) Rechtsfrage ankommt (BGH Vereinigte Große Senate, Beschl. v. 05.05.1994 - VGS 1-4/93, BGHZ 126, 63).

c) Ob eine Rechtsfrage, deren Beantwortung die gegen eine Nichtzulassung der Revision beschwerdeführende Partei für grundsätzlich hält, entscheidungserheblich ist, kann der Bundesgerichtshof im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nur auf der Grundlage der Erkenntnisse beurteilen, die ihm in diesem Verfahrensabschnitt zulässigerweise hierzu zur Verfügung stehen. Da der Senat im derzeitigen Verfahrensstand - wie ausgeführt - davon auszugehen hat, daß die Klage ohnehin abzuweisen ist, geht diese Erkenntnis hier jedoch dahin, daß sich die als grundsätzlich angesehene Frage im vorliegenden Fall nicht stellt.

d) Hiernach reicht es für die Annahme grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtssache durch den Bundesgerichtshof nicht aus, daß im Falle der Zulassung der Revision wegen der in diesem Falle weiterreichenden Überprüfungsmöglichkeiten eine Rechtsfrage durchaus noch entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen kann, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten oder deren Beantwortung wegen anderer Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren kann. An dieser Auslegung von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Senat nicht durch frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehindert, wonach eine Rechtssache auch dann grundsätzliche Bedeutung haben kann, wenn das Berufungsgericht die Rechtsfrage, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht und deren Klärung im Interesse der Rechtseinheit und der Rechtsfortbildung für wünschenswert erachtet wird, nicht zum Nachteil der aus anderen Gründen unterlegenen Partei entschieden hat, wenn also die unterlegene Partei durch die Behandlung dieser besonderen Rechtsfrage in der Begründung des angefochtenen Urteils nicht beschwert ist (BGH, Urt. v. 26.10.1953 - I ZR 114/52, NJW 1954, 110). Denn diese Rechtsprechung betraf die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht, die hier nicht vorliegt und an die der Senat nach § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO gebunden wäre. Es kann deshalb hier auch dahinstehen , ob für den seit dem 1. Januar 2002 geltenden Rechtszustand dieser Rechtsprechung beigetreten werden könnte, insbesondere vor dem Hintergrund , daß es ein Anliegen der ZPO-Reform ist, die Letztentscheidungskompetenz grundsätzlich den Berufungsgerichten zuzuweisen und die Rechtskontrolle , die der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht zu leisten hat, auf die Fälle zu konzentrieren, in denen dies unbedingt nötig erscheint.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Das Beschwerdegericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen.

(2) Der oder die Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Das Beschwerdegericht kann den Beteiligten aufgeben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist über aufklärungsbedürftige Punkte zu äußern, Beweismittel zu bezeichnen und in ihren Händen befindliche Urkunden sowie andere Beweismittel vorzulegen. Bei Versäumung der Frist kann nach Lage der Sache ohne Berücksichtigung der nicht beigebrachten Beweismittel entschieden werden.

(4) Wird die Anforderung nach § 59 Absatz 5 oder die Anordnung nach § 59a Absatz 5 mit der Beschwerde angefochten, hat die Kartellbehörde die tatsächlichen Anhaltspunkte glaubhaft zu machen. § 294 Absatz 1 der Zivilprozessordnung findet Anwendung. Eine Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich, soweit § 20 voraussetzt, dass Unternehmen von Unternehmen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen.

(5) Der Bundesgerichtshof kann in Verfahren nach § 73 Absatz 5 eine Stellungnahme der Monopolkommission einholen.