Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2018 - V ZB 114/17

bei uns veröffentlicht am18.01.2018
vorgehend
Amtsgericht Bergisch Gladbach, 68 C 185/15, 24.11.2016
Landgericht Köln, 9 S 27/17, 04.04.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 113/17
V ZB 114/17
vom
18. Januar 2018
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2018:180118BVZB113.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Januar 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Die Verfahren über die Rechtsbeschwerden gegen die Beschlüsse der 9. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 4. April 2017 und vom 5. Mai 2017 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden ; das Verfahren V ZB 113/17 führt. Auf die Rechtsbeschwerden der Beklagten werden die vorbezeichneten Beschlüsse aufgehoben. Den Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der verbundenen Rechtsbeschwerdeverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt bis zu ihrer Verbindung jeweils 6.166,67 €, danach einheitlich 6.166,67 €.

Gründe:

I.

1
Die Berufung der Beklagten gegen das ihnen am 5. Dezember 2016 zugestellte Urteil des Amtsgerichts ist nicht innerhalb der bis zum 5. Januar 2017 laufenden Berufungsfrist, sondern erst am 18. Januar 2017 zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, bei Gericht eingegangen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags haben sie ausgeführt, ihr Prozessbevollmächtigter habe für den Abend des Tages des Fristablaufs nach der Rückkehr in die Kanzlei ab 20.00 Uhr geplant, zunächst eine bereits begonnene Klageschrift fertigzustellen und anschließend in der vorliegenden Sache die Berufung an das Landgericht zu faxen. Gegen 21.30 Uhr sei er von starker, völlig unvermittelter Übelkeit erfasst worden und habe sich heftig erbrechen müssen. Mit dieser Übelkeit seien auch heftige Diarrhoe-Krämpfe und eine erhebliche Beeinträchtigung des Kreislaufs einhergegangen. Ihm sei schwarz vor Augen geworden und er sei nicht mehr in der Lage gewesen, irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Nachdem er eine längere Weile auf dem Boden des Badezimmers der Kanzlei an der Wand gelehnt habe, habe er sich nach mehreren Schüben und Schweißausbrüchen entschlossen, zu seinem 2,5 Kilometer entfernten Wohnhaus zu fahren. Er sei so benommen gewesen, dass er es unterlassen habe, den Computer herunterzufahren, die Flurbeleuchtung der Kanzleiräume auszuschalten und seine Bürotür und die Haustür der gemeinsamen Büroräume abzuschließen. Nach weiteren heftigen Erkrankungsschüben in der Nacht trotz eingenommener Medikamente habe er am Morgen des 6. Januar 2017 einen Arzt um einen Hausbesuch gebeten, der am frühen Nachmittag stattgefunden habe. Erst im Laufe des späten Nachmittags des 6. Januar 2017 sei dem Prozessbevollmächtigten bewusst geworden, dass die Berufungsfrist aufgrund der plötzlichen Erkrankung offenbar ohne Einlegung der Berufung verstrichen sei.
2
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 4. April 2017 den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und durch weiteren Beschluss vom 5. Mai 2017 die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen beide Entscheidungen haben die Beklagten Rechtsbeschwerde eingelegt. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Rechtsmittel.

II.

3
Das Berufungsgericht meint, den Beklagten sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu versagen, weil sie nicht glaubhaft gemacht hätten, dass die Frist schuldlos versäumt worden sei. Es sei bereits nicht nachvollziehbar, warum der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nach Rückkehr in seine Kanzlei zunächst eine nicht fristgebundene Klage verfasst habe, bevor er sich dem Versand der Berufungsschrift per Telefax habe widmen wollen. Darüber hinaus hätten die Beklagten nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr Prozessbevollmächtigter krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, die in der Regel lediglich aus einem Satz bestehende Berufungsschrift zu fertigen und fristgerecht per Telefax abzusetzen, obwohl er nach seinen eigenen Angaben mit dem Auto den Heimweg angetreten und darauf verzichtet habe, fremde Hilfe durch einen Familienangehörigen oder den Rettungsdienst in Anspruch zu nehmen. Die Bewältigung des Heimweges mit ca. 2,5 Kilometer Fahrstrecke stelle höhere und komplexere Anforderungen an Gesundheit, Aufmerksamkeit und Handlungsfähigkeit als die Fertigung eines Berufungsschriftsatzes und die Bedienung des Faxgerätes. Die Beklagten könnten auch nicht damit gehört werden, ihr Prozessbevollmächtigter habe krankheitsbedingt „keinen klaren Gedanken mehr fassen“ können und deshalb die Berufungseinlegung unterlassen. Die glaubhaft gemachten Krankheitssymptome gäben keine Veranlassung zu der Annahme, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Zeitraum zwischen 21.30 Uhr und 24.00 Uhr das Bewusstsein verloren habe und damit handlungsunfähig gewesen sei. Darüber hinaus schließe die Fähigkeit, ein Fahrzeug unfallfrei über eine Strecke von 2,5 Kilometer zu führen, denknotwendig die Fähigkeit mit ein, eine einfache Faxnachricht zu versenden. Schließlich vermöge auch das vorgelegte ärztliche Attest vom 6. Januar 2017 dem Wiedereinsetzungsantrag nicht zum Erfolg zu verhelfen.

III.

4
Die von dem Senat verbundenen Rechtsmittel der Beklagten haben Erfolg.
5
1. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, wegen der sich aus § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 ZPO ergebenden Beschränkung den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben müssen. Wird dem nicht genügt, liegt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel vor, der ohne weiteres die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung zur Folge hat (vgl. Senat, Beschluss vom 18. April 2013 - V ZB 81/12, juris Rn. 3 mwN; Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 142/15, FGPrax 2016, 241 Rn. 5). Hier liegt es nur deshalb anders, weil sich der maßgebliche Sachverhalt mit (noch) ausreichender Deutlichkeit den Gründen der Beschwerdeentscheidungen und dem konkludent in Bezug genommenen Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten entnehmen lässt.
6
2. Das Berufungsgericht hat aber den Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug unzumutbar, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt ihren Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG, NJW 2013, 592 f.) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368 mwN; Beschluss vom 9. März 2017 - V ZB 18/16, NJW 2007, 3002 Rn. 5). Die Begründung des Berufungsgerichts trägt die Versagung der Wiedereinsetzung nicht.
7
a) Es begründet kein den Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden (§ 233 Satz 1 ZPO) ihres Prozessbevollmächtigten, dass dieser nach seiner Rückkehr in die Kanzlei mit der Fertigstellung einer Klageschrift begonnen hat und erst im Anschluss die Berufungsschrift erstellen und faxen wollte. Ob diese Bearbeitungsreihenfolge „nachvollziehbar“ ist oder nicht, wie das Berufungsgericht meint, ist rechtlich unerheblich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Rechtsanwalt Fristen ausschöpfen , ohne sich allein hierdurch einem Verschuldensvorwurf auszusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2004 - IV ZB 9/04, NJW-RR 2004, 1502, 1503). Da die Erkrankung des Prozessbevollmächtigten nach dem insoweit auch von dem Berufungsgericht für glaubhaft gehaltenen Vorbringen plötzlich und unerwartet auftrat, war er nicht gehalten, das Versenden der Berufungsschrift , das nur wenige Minuten in Anspruch nehmen würde, vorzuziehen.
8
b) Rechtsfehlerhaft ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr Prozessbevollmächtigter krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, rechtzeitig vor Fristablauf die Berufung per Telefax einzureichen.
9
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss sich der Rechtsanwalt auf einen krankheitsbedingten Ausfall nur dann durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er einen solchen Ausfall vorhersehen kann. Wird er - wie hier - unvorhergesehen krank, muss er nur das unternehmen , was ihm dann möglich und zumutbar ist (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571 Rn. 9 mwN; Beschluss vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 10 f.).
10
bb) Von diesen Maßstäben geht zwar auch das Berufungsgericht aus. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch seine Würdigung, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sei trotz seiner Erkrankung zur Einlegung des Rechtsmittels in der Lage gewesen.
11
(1) Eine Behauptung ist schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - V ZB 210/09, NJW-RR 2011, 136 Rn. 7). Die Beweise sind im Hinblick darauf frei zu würdigen (§ 286 ZPO; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 294 Rn. 6). Grundsätzlich ist die Beweiswürdigung dem Tatrichter vorbehalten. An dessen Feststellungen ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO gebunden; es kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, juris Rn. 12 mwN).
12
(2) Dieser Nachprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts nicht stand, weil sie gegen Denkgesetze verstößt. Dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten trotz der von ihm dargelegten Erkrankung noch mit dem Pkw nach Hause gefahren ist und in der Zeit davor nicht bewusstlos war, besagt nicht, dass er in der Lage war, noch vor der Abfahrt den Berufungsschriftsatz zu fertigen und per Telefax an das Berufungsgericht zu senden.
13
Zum einen lässt sich alleine aus der Durchführung der Fahrt von 2,5 Kilometer nicht der Rückschluss ziehen, der Prozessbevollmächtigte habe über die für die Führung eines Fahrzeuges erforderlichen Fähigkeiten verfügt und habe deshalb auch die Berufung einlegen können, was weniger komplex gewesen sei. Vielmehr ist es in gleicher Weise denkbar, dass es nur einem Zufall bzw. der kurzen und dem Prozessbevollmächtigten bekannten Wegstrecke zu seinem Wohnhaus zu verdanken ist, dass es nicht zu einem Unfall gekommen ist.
14
Zum anderen lässt das Berufungsgericht unberücksichtigt, dass es auch unterhalb der Schwelle der Bewusstlosigkeit Erkrankungen geben kann, die es einem Rechtsanwalt unmöglich machen, eine fristwahrende Maßnahme zu treffen. In diesem Sinne sind die Ausführungen in der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu verstehen, er sei nicht mehr in der Lage gewesen, irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Insoweit ist es nicht denkgesetzlich ausgeschlossen, vielmehr überwiegend wahrscheinlich, dass er in dieser Situation nur noch das Ziel hatte, möglichst schnell nach Hause zu kommen und hierbei das Erfordernis von fristwahrenden Maßnahmen in der noch zu bearbeitenden Berufungssache völlig aus dem Blick verloren hat. Hierfür spricht auch sein weiterer Vortrag, er sei krankheitsbedingt so benommen gewesen, dass er es unterlassen habe, den Computer herunterzufahren, die Flurbeleuchtung der Kanzleiräume auszuschalten und seine Bürotür und die Haustür der gemeinsamen Büroräume abzuschließen.

IV.

15
1. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es keiner weiteren Tatsachenfeststellungen bedarf (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Die von dem Berufungsgericht als glaubhaft gemacht angesehenen Krankheitssymptome reichen aus, um das fehlende Verschulden als überwiegend wahrscheinlich anzusehen. Die weiteren Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung liegen vor, insbesondere ist die Wiedereinsetzungsfrist gewahrt, und innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung von den Beklagten nachgeholt worden (§ 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Ihnen ist danach unter Aufhebung des Beschlusses vom 4. April 2017 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluss vom 5. Mai 2017 wird mit der Wiedereinsetzung gegenstandslos. Seine Aufhebung erfolgt nur klarstellend (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04, FamRZ 2005, 791, 792; Senat, Beschluss vom 9. März 2017 - V ZB 18/16, NJW 2017, 3002 Rn. 17).
16
2. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts hat sich der Senat mangels anderer Anhaltspunkte an der Bewertung der Klageanträge sowie der Widerklage durch das Amtsgericht und an dem Unterliegen der Beklagten orientiert (Klage: 666,67 € [1/3 von 2.000 €] + 500 €, Widerklage: 5.000 €).
Stresemann RinBGH Prof. Dr. Schmidt-Räntsch Brückner ist infolge Krankheit an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 27. Februar 2018 Die Vorsitzende Stresemann
Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
AG Bergisch Gladbach, Entscheidung vom 24.11.2016 - 68 C 185/15 -
LG Köln, Entscheidung vom 04.04.2017 - 9 S 27/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2018 - V ZB 114/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2018 - V ZB 114/17

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2018 - V ZB 114/17 zitiert 9 §§.

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

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(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann
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1. Sie ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ein Zulassungsgrund ist gegeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Das Berufungsgericht hat der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in un- zumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt ihren Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368 mwN).

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 9/04
vom
23. Juni 2004
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 23. Juni 2004

beschlossen:
1. Unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen wird auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin der Beschluß des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2004 aufgehoben, soweit die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 29. Juli 2003 als unzulässig verworfen worden ist.
2. Die Sache wird zur Verhandlung und erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
3. Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 340.441,50 €

Gründe:


I. Unter Abweisung der Widerklage im übrigen hat d as Landgericht die Klägerin zur Zahlung von 340.441,50 € verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte und Widerkläger fristgerecht Berufung eingelegt und diese - eingehend am 3. November 2003 - auch fristgerecht begründet. Die Klägerin hat gegen das ihr am 5. August 2003 zugestellte Urteil am 29. August 2003 "selbständige Anschlussberufung" eingelegt, sodann Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis zum 6. November 2003 beantragt, die ihr gewährt worden ist.
Mit Schriftsatz vom 6. November 2003, der bei Geri cht erst am 7. November 2003 eingegangen ist, hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin ihre Berufung begründet. Die Berufungsbegründung endet mit folgendem Zusatz: "V. Da die Berufungsbegründung dem Oberlandesgericht nach Ablauf der verlängerten Frist zugegangen ist, stelle ich klar, dass die Berufung als unselbständige Anschlussberufung aufrecht erhalten bleibt." Mit am 20. November 2003 beim Oberlandesgericht ei ngegangenem Schriftsatz hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin für diese Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe am letzten Tag der Frist kurz nach 23.00 Uhr von seiner in der Rechtsanwaltskanzlei mitarbeitenden Ehefrau die vierte Fassung des Entwurfs der Berufungsbegründung als Computerausdruck vorgelegt bekommen. Er habe sodann bis 23.15 Uhr noch kleine Änderungen dik-

tiert, unter anderem eine geringfügig andere Anordnung eines Absatzes auf Seite 20 des Schriftsatzes, die Aufhebung einer Absatztrennung auf Seite 14 und eine Änderung der Position eines Geldb etrages von Seite 20 auf Seite 22. Gegen 23.35 Uhr habe er die vermeintliche Endfassung der Berufungsbegründung dem Oberlandesgericht per Telefax übermitteln wollen, dabei jedoch festgestellt, daß ganze Textteile gefehlt hätten. Beim Versuch, die Endfassung des Textes im Computer aufzurufen, habe sich gezeigt, daß wesentliche Teile des Textes verschwunden gewesen seien. Seine Ehefrau müsse vergessen haben, die Änderungen und Ergänzungen auf der Festplatte abzus peichern. Deshalb habe die Endfassung der Berufungsbegründung erst nach Mitternacht erstellt werden können.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesg ericht das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Auslegung der von der Klägerin im Zuge des Berufungsverfahrens abgegebenen Erklärungen ergebe, daß sie mit ihrer selbständigen Anschlußberufung eine selbständige Berufung habe einlegen wollen. Als solche sei das Rechtsmittel verspätet begründet und mithin unzulässig. Das Wiedereinsetzungsgesuch bleibe erfolglos, weil den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin ein Verschulden an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist treffe. Da er die Frist voll ausgeschöpft habe, habe ihn eine erhöhte Sorgfaltspflicht getroffen. Es sei ihm insoweit möglich und zuzumuten gewesen, in der gegebenen Situation die wenigen Änderungen, soweit sie angesichts der ablaufend en Frist nicht ohnehin verzichtbar gewesen seien, auf der ihm als Ausdruck vorgelegten vierten Fassung des Entwurfs der Berufungsbegründung handschriftlich

zu ergänzen und den so ergänzten Schriftsatz sodann per Fax an das Oberlandesgericht zu versenden.
II. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Kl ägerin hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses , soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 522 Abs. 1 Satz 4 und 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings de n Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen. Denn der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, dessen Verhalten ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, war hier nicht ohne sein Verschulden daran gehindert, die Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Zwar darf eine Partei eine Frist grundsätzlich bis zum Ablauf (24.00 Uhr) des letzten Tages ausnutzen. Sie hat in diesem Falle jedoch erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (BGH, Beschluß vom 23. April 1998 - I ZB 2/98 - NJW 1998, 2677 unter II m.w.N.; vgl. auch VGH München, Beschluß vom 9. November 2001 - 15 ZB 01.30255 - veröffentlicht in juris ; BVerwG CR 1991, 753).
Diese besonderen Anforderungen hat der Prozeßbevol lmächtigte der Klägerin nicht beachtet. Denn es wäre ihm möglich und zumutbar

gewesen, die am letzten Tag der Frist um kurz nach 23.00 Uhr vorgelegte , ausgedruckte Fassung des vierten (und letzten) Entwurfs der Berufungsbegründung heranzuziehen, um rechtzeitig vor Fristablauf die Berufungsbegründung per Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln. Nach seinem Vorbringen hat er spätestens um 23.40 Uhr entdeckt, daß die vermeintliche Endfassung der Berufungsbegründung erhebliche Lücken enthielt, die vermutlich auf einem Fehler seiner Ehefrau beim Abspeichern des Textes beruhten. In dieser Situation war es ihm zuzumuten , die lediglich marginalen Änderungen, die er im Anschluß an die Vorlage der vierten Fassung des Entwurfs noch diktiert hatte, handschriftlich in den Ausdruck einzufügen, um diesen sodann zu unterzeichnen und per Telefax zu versenden (vgl. dazu auch OLG München, OLGR 1994, 165). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von solchen Fällen, in denen es infolge einer Computerpanne kurz vor Fristablauf gänzlich unmöglich wird, einen Text rechtzeitig zu erstellen (OLG Celle NJW-RR 2003, 1439 f.) oder in denen ein defektes Faxgerät die rechtzeitige Übermittlung unmöglich macht (BGH, Beschluß vom 20. Februar 2003 - V ZB 60/02 - NJW-RR 2003, 861 f.).
Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, grundsätzli ch bestimme allein der Rechtsanwalt, wann er eine Rechtsmittelbegründung als fertiggestellt ansehe, der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin müsse sich deshalb nicht auf handschriftliche Änderungen und E rgänzungen verweisen lassen, verkennt sie die Bedeutung der Berufungsbegründungsfrist. Es entspricht nicht den erhöhten Anforderungen an die bei der Fristwahrung aufzubringende Sorgfalt, wenn der Prozeßbevollmächtigte wegen nur geringfügigen Textveränderungen die Berufungsbegrün-

dungsfrist verstreichen läßt, um statt dessen auf eine Wiedereinsetzung zu vertrauen.
3. Steht somit zwar fest, daß die Klägerin die Ber ufungsbegründungsfrist versäumt hat, kann dennoch die Verwerfung ihrer Berufung als unzulässig keinen Bestand haben.

a) Die Klägerin hatte ihr Rechtsmittel ursprünglic h als selbständige Anschlußberufung bezeichnet und dabei übersehen, daß diese früher in § 522 Abs. 2 ZPO a.F. geregelte Form der Anschlußberufung dem neuen Zivilprozeßrecht fremd ist (BGH, Beschluß vom 30. April 2003 - V ZB 71/02 - BB 2003, 1356 = NJW 2003, 2388 unter II 2 a; BTDrucks. 14/4722 S. 98). Der Berufungsbeklagte hat nach neuem Recht zwei Möglichkeiten. Er kann sich entweder der Berufung des Gegners anschließen (§ 524 ZPO) oder, falls die Voraussetzungen des § 511 ZPO gegeben sind, selbständig Berufung einlegen. Nur im ersten Fall verliert die Berufung ihre Wirkung, wenn der Gegner sein Rechtsmittel zurücknimmt (§ 524 Abs. 4 ZPO). Wird hingegen eine selbständige Berufung eingelegt, bleibt diese vom Schicksal der gegnerischen Berufung unabhängig. Für sie laufen eigenständige Fristen zur Einlegung (§ 517 ZPO) und Begründung (§ 520 Abs. 2 ZPO). Welche Möglichkeit der Berufungsbeklagte wählt, steht grundsätzlich in seinem Belieben. Erst wenn die Fristen zur Einlegung oder Begründung der selbständigen Berufung verstrichen sind, ist er - im Rahmen der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO - auf die Anschlußberufung beschränkt (BGH aaO). Daß er sich grundsätzlich zwischen den beiden genannten Möglichkeiten der Berufung entscheiden muß, schließt es nicht aus, die Anschlußberufung

für den Fall zu erklären, daß die Zulässigkeitsvoraussetzungen der selbständigen Berufung nicht erfüllt sind.

b) Hat - wie hier - der Berufungsbeklagte innerhal b der Berufungsfrist ein als selbständige Anschlußberufung bezeichnetes Rechtsmittel einlegt, so ist durch Auslegung seiner prozessualen Erklärungen zu ermitteln , für welche der genannten Möglichkeiten er sich entscheiden will (BGH aaO unter II 2 b). Das Berufungsgericht hat wegen der Anträge der Klägerin auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO und wegen des nachfolgenden Wiedereinsetzungsgesuchs angenommen, der Klägerin sei es darum gegangen, eine selbständige Berufung durchzuführen.
Das ist zwar richtig. Das Berufungsgericht hat dab ei aber erkennbar übersehen, daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin im letzten Absatz des Berufungsbegründungsschriftsatzes selbst auf dessen verspäteten Eingang hingewiesen und aus diesem Grunde klargestellt hat, daß die Berufung nunmehr als unselbständige Anschlußberufung aufrecht erhalten werden solle. Die Klägerin hat damit von der in § 524 ZPO geregelten Möglichkeit Gebrauch gemacht. Die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO für die Anschlußerklärung hatte hier erst am 5. November 2003 zu laufen begonnen.

c) Selbst wenn die Klägerin ungeachtet der Anschlu ßerklärung vorrangig weiterhin eine selbständige Berufung angestrebt hat, worauf insbesondere das nachträgliche Wiedereinsetzungsgesuch gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hindeutet, ist die Anschließung jedenfalls dahin zu verstehen, daß sie für den Fall der Zurückwei-

sung des Wiedereinsetzungsgesuchs erklärt ist. Deshalb durfte die Berufung der Klägerin nicht verworfen werden.
Legt eine Partei gegen eine bestimmte Entscheidung mehrfach Berufung ein, handelt es sich um dasselbe Rechtsmittel; ihr Begehren richtet sich im Ergebnis nur auf eine sachliche Überprüfung des angefochtenen Urteils. Daher ist über das Rechtsmittel nach ständiger Rechtsprechung einheitlich zu entscheiden (BGH, Beschluß vom 2. Juli 1996 - IX ZB 53/96 - NJW 1996, 2659 unter 2 c). Das gilt auch dann, wenn der Berufungsbeklagte sowohl eine selbständige Berufung einlegt als auch eine Anschlußerklärung nach § 524 ZPO abgibt. Entspricht die zunächst eingelegte Berufung den förmlichen Anforderungen des Gesetzes nicht, darf sie daher auch nicht gesondert als unzulässig verworfen werden (BGH aaO m.w.N.).
Hier liegt zwar eine - aus den oben genannten Grü nden - unzulässige selbständige Berufung vor. Sie durfte aber nicht verworfen werden, solange es möglich blieb (und bleibt), sie als unselbständige Anschlußberufung zu behandeln (vgl. BGH aaO m.w.N.; BGH, Beschluß vom 26. Oktober 1999 - X ZB 15/99 - VersR 2001, 730 m.w.N.).

Die Sache war deshalb nach Aufhebung der Berufungs verwerfung zur Fortsetzung des Berufungsverfahrens an das Berufungsgericht zurück zu verweisen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
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aa) Ein Rechtsanwalt muss zwar, wenn er - wie hier - unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist (BGH, Beschlüsse vom 11. März 1987 - VIII ZB 2/87, VersR 1987, 785, 786, vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026 und vom 8. Februar 2000 - XI ZB 20/99, juris Rn. 12; Senat, Beschlüsse vom 18. September 2003 - V ZB 23/03, FamRZ 2004, 182 und vom 18. September 2008 - V ZB 32/08, NJW 2008, 3571, 3572 Rn. 9). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat hier das ihm Zumutbare nicht unternommen.
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b) Dieser Rechtskontrolle hält die Beschwerdeentscheidung jedoch nicht stand. Die Rechtsbeschwerde rügt im Ergebnis zu Recht, dass die Erwägung, mit der das Beschwerdegericht eine Glaubhaftmachung verneint hat, von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgeht. Denn entgegen der Auffas- sung des Beschwerdegerichts scheitert eine Glaubhaftmachung nicht schon dann, wenn nicht festgestellt werden kann, ob die Darstellung des Ablehnenden oder die des Abgelehnten zutrifft. Anders als in Konstellationen, in denen eine Partei den (vollen) Beweis für eine Behauptung zu erbringen hat, ist eine Glaubhaftmachung selbst bei Vorliegen vernünftiger Zweifel nicht ausgeschlossen. Nach den zu § 294 ZPO entwickelten Grundsätzen genügt zur Glaubhaftmachung ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung. An die Stelle des Vollbeweises tritt eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung. Die Behauptung ist schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06, NJW-RR 2007, 776, 777; Stein/Jonas/ Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 294 Rn. 7; jeweils mwN). Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falles mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen (BGH, Beschluss vom 11. September 2003 - IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 143). Diese Würdigung vorzunehmen, ist - ebenso wie die Beweiswürdigung nach § 286 ZPO - grundsätzlich Sache des Tatrichters.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

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aa) Eine Behauptung ist - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - V ZB 210/09, NJW-RR 2011, 136 Rn. 7). Die Beweise sind im Hinblick darauf frei zu würdigen (§ 286 ZPO, Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 294 Rn. 6). Grundsätzlich ist die Beweiswürdigung dem Tatrichter vorbehalten. An dessen Feststellungen ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO gebunden; es kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 5. November 2010 - V ZR 228/09, NJW 2011, 1217 Rn. 25 mwN).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 225/04
vom
9. Februar 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluß des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 14. September 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 5.724 €.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Beklagten mit Urteil vom 3. Dezember 2003, diesem zugestellt am 10. Dezember 2003, zur Zahlung von Trennungsunterhalt verurteilt. Mit einem am (Montag) 12. Januar 2004 beim Oberlandesgericht eingegangenen Telefax-Schreiben hat der Beklagte hiergegen Berufung eingelegt. Die dem Oberlandesgericht zugegangenen 15 Seiten dieses Schreibens umfaßten die erste Seite der zweiseitigen Berufungsschrift, eine beglaubigte und eine einfache Abschrift der vollständigen Berufungsschrift
sowie das 10-seitige Urteil des Amtsgerichts. Mit einem am 21. Januar 2004 eingegangenen Telefax-Schreiben hat der Beklagte erneut Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Auf den am 10. Februar 2004 eingegangenen Antrag des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Berufungsbegründungsfrist bis zum 10. März 2004 verlängert. Mit Beschluß vom 13. Februar 2004 hat das Berufungsgericht den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Beklagten hat der Senat mit Beschluß vom 11. August 2004, dem Beklagten zugestellt am 23. August 2004, zurückgewiesen, weil die Berufungsbegründung des Beklagten nicht innerhalb der - verlängerten - Begründungsfrist , sondern erst am 15. März 2004 eingegangen war. Dagegen hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Mit Schriftsatz vom 6. September 2004, eingegangen am gleichen Tag, wiederholte der Beklagte seine Berufungsanträge und den weiteren Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren. Gleichzeitig beantragte er, ihm gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Oberlandesgericht hat auch diesen Antrag zurückgewiesen, weil das Berufungsverfahren durch die rechtskräftige Verwerfung der Berufung mit Beschluß vom 13. Februar 2004 "nicht mehr anhängig" sei. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt der Sache allerdings keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche , klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGHZ 151, 221, 223). Das ist hier hinsichtlich der Auswirkungen der erhobenen Verfassungsbeschwerde auf den Fortgang des zivilgerichtlichen Verfahrens nicht der Fall. Nach gefestigter Rechtsprechung handelt es sich bei der Verfassungsbeschwerde nicht um ein Rechtsmittel, das den Eintritt der Rechtskraft einer mit ihr angefochtenen Entscheidung hindert. Die Verfassungsbeschwerde ermöglicht es lediglich, über den Rahmen des Instanzenzuges hinaus aus Verfassungsgründen die Rechtskraft einer angefochtenen Entscheidung wieder aufzuheben (BVerfG NJW 1996, 512). 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist allerdings zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil das Berufungsgericht die vom Beklagten für eine Wiedereinsetzung in die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist vorgetragenen Gründe mit unzutreffenden Erwägungen übergangen und damit dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und
das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung. Zwar hat der Senat die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist und gegen die Verwerfung der Berufung mit Beschluß vom 11. August 2001 zurückgewiesen, weil die Berufung nicht innerhalb der verlängerten Frist begründet war. Die rechtskräftige Verwerfung der Berufung steht der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist aber nicht entgegen, weil bei Bewilligung der Wiedereinsetzung dem die Berufung verwerfenden Beschluß die Grundlage entzogen und er damit gegenstandslos würde (Senatsbeschlüsse vom 24. September 1997 - XII ZB 144/96 - FamRZ 1998, 285, 286, vom 24. November 1999 - XII ZB 134/99 - NJW-RR 2000, 879 und vom 6. Dezember 2000 - XII ZB 193/00 - NJW-RR 2001, 1146, 1147). Die Wiedereinsetzung beseitigt die der Partei durch Versäumung einer Frist entstandenen Rechtsnachteile. Durch sie wird fingiert, dass eine verspätete bzw. versäumte und nachgeholte Prozeßhandlung rechtzeitig vorgenommen wurde. Wird also die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt, so entfällt nachträglich die Rechtfertigung für den Verwerfungsbeschluß. Es liefe sonst auch auf einen Zirkelschluß hinaus, Wiedereinsetzung in die Versäumung der Berufungsfrist wegen nicht rechtzeitig eingegangener Berufungsbegründung zu versagen und sodann auch die beantragte Wiedereinsetzung in die Versäumung der Begründungsfrist mit der Erwägung abzulehnen, die Berufung sei bereits verworfen.
Ist mit dem Bundesgerichtshof (vgl. Beschluß vom 20. September 1993 - II ZB 10/93 - NJW 1993, 3141) davon auszugehen, daß die Berufung des Beklagten rechtzeitig eingegangen ist, so wird das Berufungsgericht zu prüfen haben , ob hinreichende Gründe für eine unverschuldete Versäumung der bis zum 10. März 2004 verlängerten Begründungsfrist vorgetragen sind. Dabei wird das Berufungsgericht insbesondere prüfen müssen, ob eine der Notarfachangestellten erteilte konkrete Einzelanweisung zum Absenden des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 9. März 2004 den Anforderungen an eine anwaltliche Fristenkontrolle genügt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. Juni 2003 - XII ZB 86/02 - FamRZ 2003, 1269 und vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360), oder ob es zusätzlich noch auf eine ordnungsgemäße Büroorganisation durch allgemeine Anweisungen zur Führung eines Fristenkalenders ankommt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. April 2004 - XII ZB 243/03 - FamRZ 2004, 1183 und vom 23. Juli 2003 - XII ZB 75/03 - BRAK-Mitt 2003, 224).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
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1. Sie ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ein Zulassungsgrund ist gegeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Das Berufungsgericht hat der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in un- zumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt ihren Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368 mwN).