Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2013 - V ZB 193/12

bei uns veröffentlicht am17.01.2013
vorgehend
Amtsgericht Bingen am Rhein, 110 XIV 17/12, 24.08.2012
Landgericht Mainz, 8 T 170/12, 08.10.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 193/12
vom
17. Januar 2013
in der Abschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Januar 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Dem Betroffenen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Wassermann bewilligt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 8. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene reiste im Sommer 2011 unerlaubt nach Deutschland ein, tauchte dort zunächst unter und wurde am 26. Juni 2012 festgenommen. Mit Beschluss vom gleichen Tag ordnete das Amtsgericht gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung nach Ungarn bis längstens zum 25. August 2012 an. Mit Beschluss vom 24. August 2012 verlängerte das Amtsgericht auf Antrag der beteiligten Behörde die Haft bis zum 21. September 2012. In dem Protokoll über die Anhörung des Betroffenen am 24. August 2012 ist ein vorgedruckter Vermerk über einen Rechtsmittelverzicht des Betroffenen angekreuzt.
2
Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene Beschwerde eingelegt, nach Aufhebung der Haftanordnung wegen der Weigerung Ungarns, ihn aufzunehmen , mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festzustellen. Das Landgericht hat das Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

II.

3
Das Beschwerdegericht meint, der Betroffene habe in der Anhörung auf das Rechtsmittel verzichtet. Dieser Rechtsmittelverzicht sei weder widerruflich noch anfechtbar. Bedenken gegen seine Wirksamkeit bestünden nicht. Dass der Betroffene sich vorbehalten habe, mit seinem Rechtsanwalt zu sprechen, sei aus dem Protokoll nicht ersichtlich.

III.

4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Beschwerde des Betroffenen ist mit dem gestellten Feststellungsantrag zulässig.
5
1. Der Zulässigkeit des Rechtsmittels steht der in der Anhörung vor dem Amtsgericht erklärte Verzicht des Betroffenen auf das Rechtsmittel der Beschwerde nicht entgegen.
6
a) Zwar ist die Beschwerde gemäß § 67 Abs. 1 FamFG unzulässig, wenn der Beschwerdeführer nach Bekanntgabe des Beschlusses auf das Rechtsmittel durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat. In dem Verfahren der Abschiebungshaft sind an einen Rechtsmittelverzicht aber strenge Anforderungen zu stellen. Der Betroffene muss klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, sich mit der Entscheidung ohne Vorbehalt abfinden und das prozessuale Recht, die Entscheidung in der übergeordneten Instanz überprüfen zu lassen, endgültig aufgeben zu wollen. Das Gericht darf einen Verzicht nicht von sich aus nahe legen, weil er dem Interesse des Betroffenen regelmäßig nicht entspricht und weil das Verfahren der Freiheitsentziehung wegen des schwerwiegenden Eingriffs in das Grundrecht auf Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG besondere Sorgfalt und Fairness verlangt. Schließlich muss das Gericht einem anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen im Interesse einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung eine von der Rechtsmittelbelehrung unabhängige Belehrung über die Folgen des Verzichts erteilen und diese auch für das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbar dokumentieren, wenn der Betroffene von sich aus einen Rechtsmittelverzicht abgeben will (Senat, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - V ZB 73/11, FGPrax 2012, 83 f. Rn. 6 f.).
7
b) Daran gemessen fehlt es an einem wirksamen Verzicht. Der Betroffene war in der Anhörung nicht anwaltlich vertreten. Das Anhörungsprotokoll weist in der Art eines Multiple-Choice-Bogens ein Kreuz vor der Erklärung "D. Betroffene verzichtet auf das Rechtsmittel der Beschwerde." aus. Dieser Bestandteil des Anhörungsbogens ist schon für sich genommen ein Hinweis darauf, dass der Anstoß zu dem Rechtsmittelverzicht nicht von dem anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen, sondern von dem Gericht ausgegangen ist. Dass der Betroffene unabhängig von der - erfolgten - Belehrung über das Rechtsmittel der Beschwerde auch über die Folgen eines Verzichts auf das Rechtsmittel belehrt worden ist, ist im Protokoll nicht, jedenfalls nicht nachprüfbar dokumen- tiert. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Betroffene die Folgen seiner Erklärung richtig einschätzen konnte.
8
2. Das Rechtsmittel des Betroffenen ist, anders als das Beschwerdegericht offenbar meint, auch nicht dadurch unstatthaft geworden, dass die Haftanordnung während des Beschwerdeverfahrens aufgehoben worden ist.
9
Mit der Aufhebung der Haft allein kann dem Betroffenen effektiver Rechtsschutz nicht gewährt werden. Der Betroffene muss vielmehr auch sein Rehabilitierungsinteresse umfassend geltend machen können (vgl. BVerfGE 104, 202, 235). Dem dient der Antrag auf Feststellung nach § 62 FamFG (Senat , Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 314/10, FGPrax 2012, 44, 45 Rn. 14), der deshalb auch dann statthaft ist, wenn die Haftanordnung zwischenzeitlich aufgehoben worden ist (Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 238/11, juris Rn. 6 f.).

IV.

10
Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif, da sich das Beschwerdegericht mit ihr noch nicht inhaltlich befasst und die notwendigen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Das Beschwerdegericht wird auch über die außerge- richtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben. Stresemann Schmidt-Räntsch Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Bingen am Rhein, Entscheidung vom 24.08.2012 - 110 XIV 17/12 -
LG Mainz, Entscheidung vom 08.10.2012 - 8 T 170/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2013 - V ZB 193/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2013 - V ZB 193/12

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 62 Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache


(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführ

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 67 Verzicht auf die Beschwerde; Rücknahme der Beschwerde


(1) Die Beschwerde ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer hierauf nach Bekanntgabe des Beschlusses durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat. (2) Die Anschlussbeschwerde ist unzulässig, wenn der Anschlussbeschwerdeführer hierauf nac
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2013 - V ZB 193/12 zitiert 3 §§.

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(1) Die Beschwerde ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer hierauf nach Bekanntgabe des Beschlusses durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat.

(2) Die Anschlussbeschwerde ist unzulässig, wenn der Anschlussbeschwerdeführer hierauf nach Einlegung des Hauptrechtsmittels durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat.

(3) Der gegenüber einem anderen Beteiligten erklärte Verzicht hat die Unzulässigkeit der Beschwerde nur dann zur Folge, wenn dieser sich darauf beruft.

(4) Der Beschwerdeführer kann die Beschwerde bis zum Erlass der Beschwerdeentscheidung durch Erklärung gegenüber dem Gericht zurücknehmen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

6
a) Gemäß § 67 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde unzulässig, wenn der Beschwerdeführer nach Bekanntgabe des Beschlusses auf das Rechtsmittel durch Erklärung gegenüber dem Gericht verzichtet hat. Dazu muss er klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, sich mit der Entscheidung ohne Vorbehalt abfinden und das prozessuale Recht, die Entscheidung in der übergeordneten Instanz überprüfen zu lassen, endgültig aufgeben zu wollen. Sein dahingehender Wille muss zweifelsfrei feststellbar sein (BayObLGZ 1998, 62, 63; Keidel/ Sternel, FamFG, 17. Aufl., § 67 Rn. 5; Zöller/Feskorn, ZPO, 29. Aufl., § 67 FamFG Rn. 3). In dem Verfahren der Abschiebungshaft sind schon deshalb strenge Anforderungen an diese Feststellung zu stellen, weil die Interessenlage gegen einen Rechtsmittelverzicht spricht. Denn für den Betroffenen sind in aller Regel keinerlei Vorteile mit einem Verzicht verbunden. Weil das Verfahren der Freiheitsentziehung wegen des schwerwiegenden Eingriffs in das Grundrecht auf Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG besondere Sorgfalt und Fairness verlangt, darf das Gericht einen solchen interessenwidrigen Verzicht nicht von sich aus nahe legen. Will ein anwaltlich nicht vertretener Betroffener von sich aus einen Rechtsmittelverzicht abgeben, muss das Gericht zum Zweck einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung eine von der Rechtsmittelbelehrung unabhängige Belehrung über die Folgen des Verzichts erteilen und diese auch für das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbar dokumentieren.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

14
(3) Bestünde diese Möglichkeit nicht, könnte dem - auch nach seinem Tod bestehenden - Interesse des Betroffenen an seiner Rehabilitierung gegenüber dem mit der Haftanordnung verbundenen Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens nicht angemessen Rechnung getragen werden. Ob die Haftanordnung rechtmäßig war, könnte dann nur indirekt, nämlich als ein Tatbestandsmerkmal bei der Geltendmachung der Haftentschädigung, geprüft werden, die der Betroffene entsprechend Art. 5 Abs. 5 EMRK verlangen kann (BGH, Urteile vom 31. Januar 1966 - III ZR 70/64, BGHZ 45, 46, 49 ff., vom 29. April 1993 - III ZR 3/92, BGHZ 122, 268, 269 f. und vom 18. Mai 2006 - III ZR 183/05, NVwZ 2006, 960, 961). Ob die Haftanordnung rechtmäßig war oder den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, käme in dem Tenor der in einem solchen Verfahren ergehenden Entscheidung nicht zum Ausdruck. Es muss, etwa bei einem Anerkenntnis ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, nicht einmal dazu kommen, dass sich das Gericht mit der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung überhaupt befasst. Das wird dem Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen schon zu seinen Lebzeiten nicht gerecht. Das gilt umso mehr nach seinem Tod. Die Zahlung der Entschädigung an die Erben kann dem Betroffenen eine Genugtuung nicht mehr verschaffen. Eine angemessene Rehabilitierung ist in dieser Situation nur zu erreichen, wenn die Rechtmäßigkeit der Maßnahme selbst zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden kann. Mit der Vorschrift des § 62 FamFG will der Gesetzgeber einen in diesem Sinne effektiven Rechtsschutz sicherstellen. Die Vorschrift ist deshalb teleologisch erweiternd auszulegen und auch anzuwen- den, wenn die Angehörigen des Betroffenen nach dessen Tod ein Rehabilitierungsinteresse geltend machen.
6
a) Bei rechtswidrigen Freiheitsentziehungen ist ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen an der richterlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft anzuerkennen, das weder von dem Ablauf des Verfahrens noch von dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme abhängt (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 78/10, FGPrax 2011, 39 Rn. 12). Hat ein sich in Abschiebungshaft befindlicher Ausländer die Beschwerde gegen die Haftanordnung nach §§ 58 ff. FamFG oder den Antrag auf Haftaufhebung nach § 426 FamFG zulässigerweise mit dem Antrag analog § 62 FamFG verbunden, festzustellen , dass er durch die angefochtene Haftanordnung in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 78/10, FGPrax 2011, 39 Rn. 13 und vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, Rn. 16, juris), muss das Beschwerdegericht über beide Anträge entscheiden.