Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2019 - V ZB 39/19

bei uns veröffentlicht am22.08.2019
vorgehend
Amtsgericht Darmstadt, 271 XIV 31/19 B, 23.01.2019
Landgericht Darmstadt, 26 T 2/19, 07.02.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 39/19
vom
22. August 2019
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist dem Haftrichter, der über einen Haftverlängerungsantrag zu entscheiden
hat, bekannt, dass der Betroffene in dem vorangegangenen Haftanordnungsverfahren
durch einen Rechtsanwalt vertreten wurde, muss er den Betroffenen
fragen, ob dieser ihn auch im Verfahren über die Haftverlängerung
vertreten soll, und, wenn die Frage bejaht wird, dem Rechtsanwalt eine Teilnahme
an der persönlichen Anhörung des Betroffenen ermöglichen. Kann
dieser den schon anberaumten Anhörungstermin nicht wahrnehmen, ist ein
neuer Termin zu bestimmen.
BGH, Beschluss vom 22. August 2019 - V ZB 39/19 - LG Darmstadt
AG Darmstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2019 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. SchmidtRäntsch
, Weinland und Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 23. Januar 2019 und der Beschluss des Landgerichts Darmstadt - 26. Zivilkammer - vom 7. Februar 2019 den Betroffenen für den Zeitraum vom 23. Januar 2019 bis zum 6. Februar 2019 in seinen Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Land Hessen auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene, ein jamaikanischer Staatsangehöriger, reiste 2016 nach Deutschland ein. Mit Beschluss vom 5. Januar 2019 ordnete das Amtsgericht Homburg Abschiebungshaft bis zum 23. Januar 2019 an. Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht Darmstadt mit Beschluss vom 23. Januar 2019 die Verlängerung der Sicherungshaft bis einschließlich 9. April 2019 angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 7. Februar 2019 zurückgewiesen. Am 3. April 2019 ist der Betroffene abgeschoben worden. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt er die Feststellung, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts ihn für den Zeitraum vom 23. Januar 2019 bis zum 6. Februar 2019 in seinen Rechten verletzt haben. Die beteiligte Behörde beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


2
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat das Amtsgericht zu Recht die Verlängerung der Abschiebungshaft angeordnet. Der für die Abschiebung vorgesehene 3. April 2019 sei der nächstmögliche Termin. Der Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig und der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG) liege vor.

III.


3
Die mit dem Feststellungsantrag gemäß § 62 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet und führt zur Feststellung der Rechtsverletzung für den beantragten Zeitraum bis zum 6. Februar 2019. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, hat die Verfahrensweise des Amtsgerichts den Betroffenen in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt; dieser Verfahrensmangel ist erst in der Beschwerdeinstanz geheilt worden.
4
1. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen. Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne weiteres zur Rechtswidrigkeit der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht (Senat, Beschlüsse vom 25. Oktober 2018 - V ZB 69/18, InfAuslR 2019, 152 Rn. 4 und vom 6. Dezember 2018 - V ZB 79/18, juris Rn. 5). Dies gilt auch für die Verlängerung der Abschiebungs- oder Rücküberstellungshaft, auf die nach § 425 Abs. 3 FamFG die Vorschriften über den Erstantrag, also auch diejenigen über die Anhörung, uneingeschränkt anzuwenden sind (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2017 - V ZB 167/16, juris Rn. 7).
5
2. Danach ist das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren verletzt.
6
a) Ausweislich des Terminvermerks vom 23. Januar 2019 war dem Amtsgericht bekannt, dass der Betroffene in dem vorangegangenen Haftanordnungsverfahren vor dem Amtsgericht Homburg durch eine Rechtsanwältin vertreten wurde. Hieraus folgt zwar nicht zwingend, dass er auch in dem Verfahren über die Haftverlängerung durch diese Rechtsanwältin vertreten wurde, wie die beteiligte Behörde in ihrer Erwiderung im Ausgangspunkt zu Recht bemerkt. Es handelt sich bei der Haftanordnung und der Haftverlängerung um zwei unterschiedliche Verfahren (vgl. Senat, Beschlüsse vom 3. Mai 2018 - V ZB 230/17, Asylmagazin 2018, 387 Rn. 7 und vom 22. August 2019 - V ZB 144/17, z. Veröff. best.). Dass die Rechtsanwältin den Betroffenen auch in dem Verlängerungsverfahren vertreten würde, lag jedoch angesichts des unmittelbaren Zusammenhangs beider Verfahren nahe.


7
b) In einem solchen Fall erfordern die Grundsätze des fairen Verfahrens, dass der Haftrichter das Haftverlängerungsverfahren so gestaltet, dass der Betroffene von seinem Recht, seinen Anwalt zu der Anhörung hinzuzuziehen, effektiv Gebrauch machen kann. Der zur Entscheidung über einen Antrag auf Verlängerung einer Sicherungshaft berufene Haftrichter ist zwar nicht verpflichtet , von Amts wegen zu prüfen, ob sich in dem Verfahren über die vorangegangene Haftanordnung ein Rechtsanwalt bestellt hat (Senat, Beschluss vom 22. August 2019 - V ZB 144/17, z. Veröff. best.). Über den ihm bekannten Umstand , dass der Betroffene in dem vorangegangenen Haftanordnungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wurde, darf er aber nicht hinweggehen. Der Haftrichter muss in diesem Fall den Betroffenen fragen, ob dieser ihn auch im Verfahren über die Haftverlängerung vertreten soll, und, wenn die Frage bejaht wird, dem Rechtsanwalt eine Teilnahme an der persönlichen Anhörung des Betroffenen ermöglichen. Kann dieser den schon anberaumten Anhörungstermin nicht wahrnehmen, ist ein neuer Termin zu bestimmen. Dies bedeutet nicht, dass der Betroffene gegebenenfalls aus der Haft entlassen werden müsste. Der Haftrichter hat bis zu dem neuen Termin nur von einer endgültigen Entscheidung über die Haftverlängerung abzusehen, kann aber bis dahin auf entsprechenden Antrag Haft vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 427 FamFG anordnen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Oktober 2018 - V ZB 69/18, InfAuslR 2019, 152 Rn. 5).
8
c) Diesen Anforderungen an eine faire Verfahrensgestaltung ist das Amtsgericht hier nicht gerecht geworden. Es hat ungeachtet seiner Kenntnis davon, dass der Betroffene im Verfahren über die vorangegangene Haft durch eine Rechtsanwältin vertreten war, das Verfahren über die beantragte Haftverlängerung durchgeführt, ohne den Betroffenen danach zu fragen, ob er durch diese Rechtsanwältin auch im Verlängerungsverfahren vertreten werdenwolle, und ohne ihr Gelegenheit zur Teilnahme an der Anhörung zu geben. Damit hat es deren Teilnahme an der persönlichen Anhörung des Betroffenen vereitelt. Die Haftverlängerung war deshalb rechtswidrig.
9
3. Der Verfahrensfehler des Amtsgerichts ist - mit Wirkung für die Zukunft (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2017 - V ZB 167/16, juris Rn. 9) - in der Beschwerdeinstanz geheilt worden. Das Beschwerdegericht hat den Betroffenen am 7. Februar 2019 in Anwesenheit seiner Verfahrensbevollmächtigten nochmals angehört und am selben Tag über die Fortdauer der Haft entschieden. Damit ist am 7. Februar 2019 Heilung des Verfahrensfehlers eingetreten (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2018 - V ZB 71/17, FGPrax 2018, 136 Rn. 6), so dass die Rechtsverletzung bis zum 6. Februar 2019 angedauert hat.

IV.


10
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 6 Abs. 3 Buchstabe e EMRK analog. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.
Stresemann Schmidt-Räntsch RinBGH Weinland ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 27. August 2019 Die Vorsitzende Stresemann
Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 23.01.2019 - 271 XIV 31/19 B -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 07.02.2019 - 26 T 2/19 -

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Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 36 Allgemeiner Geschäftswert


(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. (2) Soweit sich in einer nichtvermögensrec
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(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.

(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.

(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.

(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.

(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Freiheitsentziehung anordnen, wenn dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Freiheitsentziehung gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht. Die vorläufige Freiheitsentziehung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten.

(2) Bei Gefahr im Verzug kann das Gericht eine einstweilige Anordnung bereits vor der persönlichen Anhörung des Betroffenen sowie vor Bestellung und Anhörung des Verfahrenspflegers erlassen; die Verfahrenshandlungen sind unverzüglich nachzuholen.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

4
1. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der An- hörung hinzuzuziehen. Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne weiteres zur Rechtswidrigkeit der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht (Senat, Beschluss vom 8. Februar 2018 - V ZB 92/17, juris Rn. 6 mwN).
5
a) Einem Verfahrensbevollmächtigten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, an dem Termin zur Anhörung des Betroffenen teilzunehmen. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen. Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne weiteres zur Rechtswidrigkeit der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2017 - V ZB 167/16, juris Rn. 7).

(1) In dem Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist eine Frist für die Freiheitsentziehung bis zur Höchstdauer eines Jahres zu bestimmen, soweit nicht in einem anderen Gesetz eine kürzere Höchstdauer der Freiheitsentziehung bestimmt ist.

(2) Wird nicht innerhalb der Frist die Verlängerung der Freiheitsentziehung durch richterlichen Beschluss angeordnet, ist der Betroffene freizulassen. Dem Gericht ist die Freilassung mitzuteilen.

(3) Für die Verlängerung der Freiheitsentziehung gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend.

7
a) Einem Verfahrensbevollmächtigten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, an dem Termin zur Anhörung des Betroffenen teilzunehmen. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen (Senat, Beschluss vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, FGPrax 2014, 228 Rn. 8; Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 6 und 20 mwN). Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne weiteres zu der Rechtswidrigkeit der Haft bzw. - soweit es um das Verfahren vor dem Beschwerdegericht geht - zur Rechtswidrigkeit der Aufrechterhaltung der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, FGPrax 2014, 228 Rn. 7 f.; Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 13; Beschluss vom 13. Juli 2017 - V ZB 89/16, juris Rn. 5). Das gilt auch für die Verlängerung der Abschiebungs- oder Rücküberstellungshaft, auf die nach § 425 Abs. 3 FamFG die Vorschriften über den Erstantrag, also auch diejenigen über die Anhörung, uneingeschränkt anzuwenden sind (Senat, Beschluss vom 6. April 2017 - V ZB 59/16, InfAuslR 2017, 292 Rn. 7).
7
aa) Für eine Bestellung genügt es nicht, dass sich der Verfahrensbevollmächtigte im Zusammenhang mit der Einlegung der Beschwerde gegen den Haftanordnungsbeschluss des Amtsgerichts Kempten vom 17. April 2017 für den Betroffenen bestellt hatte. Insoweit handelte es sich nämlich um ein eigenständiges Verfahren, das mit dem hier in Rede stehenden Verfahren nicht identisch ist. Beide Verfahren betreffen einen unterschiedlichen Gegenstand und wurden auch vor unterschiedlichen Gerichten in jeweils gesonderten Akten geführt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senat, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - V ZB 73/11, FGPrax 2012, 83 Rn. 10). Anders als die Rechtsbeschwerde meint, prüft der Haftrichter, der über die Verlängerung der Haft entscheidet, in den Fällen, in denen ein anderes Gericht die Haft erstmalig angeordnet hat, nicht zugleich, ob die Haft überhaupt angeordnet werden durfte. Vielmehr bleibt das Gericht, das die ursprüngliche Haftanordnung erlassen hat, für die Entscheidung über die Aussetzung oder Aufhebung dieser Haft gemäß § 424 oder § 426 FamFG so lange zuständig, bis es gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG die Sache an das Gericht des Haftortes abgegeben hat (vgl. Senat, Beschluss vom 2. März 2017 - V ZB 122/15, InfAuslR 2017, 293 Rn. 13).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 144/17
vom
22. August 2019
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das für die Entscheidung über einen Antrag auf Verlängerung der Sicherungshaft
zuständige Amtsgericht ist nicht verpflichtet, von Amts wegen zu
prüfen, ob sich für den Betroffenen im Verfahren über die vorangegangene
Haftanordnung ein Verfahrensbevollmächtigter bestellt hat. Anders liegt es,
wenn dem Haftrichter bekannt ist, dass der Betroffene in dem vorangegangenen
Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wurde; dann muss er
den Betroffenen fragen, ob dieser ihn auch im Verfahren über die Haftverlängerung
vertreten soll, und, wenn die Frage bejaht wird, dem Rechtsanwalt
eine Teilnahme an der persönlichen Anhörung des Betroffenen ermöglichen.
BGH, Beschluss vom 22. August 2019 - V ZB 144/17 - LG Traunstein
AG Mühldorf am Inn
ECLI:DE:BGH:2019:220819BVZB144.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Traunstein - 4. Zivilkammer - vom 22. Juni 2017 wird auf Kosten des Betroffenen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Dolmetscherkosten nicht erhoben werden.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene, ein tunesischer Staatsangehöriger, wurde am 20. März 2017 wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise vorläufig festgenommen.
2
Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das für den Aufgriffsort zuständige Amtsgericht am 21. März 2017 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 18. April 2017 an. Am 1. April 2017 bestellte sich der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen für diesen und legte gegen die Haftanordnung Beschwerde ein, die er mit weiterem Schriftsatz vom 10. April 2017 begründete.
3
Auf Antrag der beteiligten Behörde vom 12. April 2017 hat das für den Haftort zuständige Amtsgericht mit Beschluss vom 13. April 2017 die Haft bis zum 11. Mai 2017 verlängert. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen ist weder über den Haftantrag informiert noch zu der dem Beschluss vom 13. April 2017 vorausgegangenen persönlichen Anhörung des Betroffenen geladen worden. Mit Schriftsatz vom 21. April 2017 hat sich der Verfahrensbevollmächtigte für den Betroffenen auch in diesem Verfahren bestellt und gegen den Beschluss vom 13. April 2017 Beschwerde eingelegt.
4
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die - nach der Abschiebung des Betroffenen am 10. Mai 2017 auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftverlängerung gerichtete - Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene weiterhin die Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 13. April 2017 festgestellt wissen. Er meint, das für den Haftort zuständige Amtsgericht habe sich bei dem für den Aufgriffsort zuständigen Amtsgericht erkundigen müssen, ob sich dort ein Verfahrensbevollmächtigter für ihn bestellt habe.

II.


5
Das Beschwerdegericht hält die Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen für rechtmäßig. Die unterlassene Ladung des Verfahrensbevollmächtigten eines Betroffenen zu dessen persönlicher Anhörung könne zwar zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung führen. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen habe sich im Zeitpunkt der Ladung zur Anhörung in dem Verfahren vor dem Amtsgericht aber noch nicht bestellt gehabt , sodass seine Ladung nicht veranlasst gewesen sei. Bei dem Haftverlängerungsverfahren handele es sich nämlich um ein eigenständiges Verfahren, in welchem eine gesonderte Bestellung des Verfahrensbevollmächtigten erforderlich sei. Das für den Haftort zuständige Amtsgericht habe im Zeitpunkt der Ladung und der Anhörung keine Kenntnis von der Bestellung des Verfahrensbevollmächtigten in dem ersten Verfahren gehabt. Dieser sei insbesondere nicht im Rubrum des dort ergangenen Beschlusses aufgeführt.

III.


6
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.
7
1. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 25. Februar 2010 - V ZA 2/10, juris Rn. 10, vom 31. Januar 2012 - V ZB 117/11, juris Rn. 4, vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, FGPrax 2014, 228 Rn. 8, vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 6 u. 20 mwN und vom 22. August 2019 - V ZB 39/19, juris Rn. 4). Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne weiteres zu der Rechtswidrigkeit der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht. Das gilt auch für die Verlängerung der Abschiebungsoder Rücküberstellungshaft, auf die nach § 425 Abs. 3 FamFG die Vorschriften über den Erstantrag, also auch diejenigen über die Anhörung, uneingeschränkt anzuwenden sind (vgl. Senat, Beschlüsse vom 6. April 2017 - V ZB 59/16, InfAuslR 2017, 292 Rn. 7, vom 13. Juli 2017 - V ZB 89/16, juris Rn. 5, vom 3. Mai 2018 - V ZB 230/17, Asylmagazin 2018, 387 Rn. 7 und vom 22. August 2019 - V ZB 39/19, juris Rn. 7 f.).
8
2. Hier lässt sich jedoch nicht feststellen, dass das Recht des Betroffenen auf ein faires Verfahren verletzt worden ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen wurde zwar nicht zu der Anhörung geladen, das ist aber nicht auf einen Verfahrensfehler des für die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der angeordneten Haft zuständigen Amtsgerichts am Haftort zurückzuführen.
9
a) Das Amtsgericht muss einen Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen zum Anhörungstermin nur laden und ihn über die Ladung des Betroffenen zu diesem Termin nur unterrichten, wenn der Bevollmächtigte sich in dem Verfahren zur Entscheidung über den Haftantrag der beteiligten Behörde bestellt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, FGPrax 2010, 154 Rn. 18, insoweit nicht in BGHZ 184, 323 abgedruckt). Eine solche Bestellung ist nicht entbehrlich, wenn der Verfahrensbevollmächtigte den Betroffenen in dem ausländerrechtlichen Verfahren vertritt. Denn dabei handelt es sich um ein anderes Verfahren, das vor einem anderen Gericht bzw. einer anderen Behörde geführt wird (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Dezember 2011 - V ZB 73/11, FGPrax 2012, 83 Rn. 10).
10
b) Das gilt auch dann, wenn der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen - wie hier - Beschwerde gegen die Erstanordnung von Sicherungshaft eingelegt hat. Hieraus folgt nicht zwingend eine Bestellung auch für das Verfahren über einen Antrag auf Verlängerung der Sicherungshaft (Senat, Beschluss vom 3. Mai 2018 - V ZB 230/17, Asylmagazin 2018, 387 Rn. 7).
11
aa) Für die Verlängerung der Freiheitsentziehung gelten, wie bereits ausgeführt, nach § 425 Abs. 3 FamFG die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend. Das Verfahren über einen Antrag auf Verlängerung der angeordneten Sicherungshaft ist deshalb ein eigenständiges Verfahren, das mit dem Verfahren über den erstmaligen Antrag auf Anordnung von Sicherungshaft nicht identisch ist. Beide Verfahren betreffen einen unterschiedlichen Gegenstand ; sie werden unter Umständen - wie hier - vor unterschiedlichen Gerichten und stets in gesonderten Akten geführt. Der Haftrichter, der über die Verlängerung der Haft entscheidet, prüft in den Fällen, in denen ein anderes Gericht die Haft erstmalig angeordnet hat, nicht zugleich, ob die Haft überhaupt angeordnet werden durfte. Vielmehr bleibt das Gericht, das die ursprüngliche Haftanordnung erlassen hat, für die Entscheidung über die Aussetzung oderAufhebung dieser Haft gemäß § 424 oder § 426 FamFG so lange zuständig, bis es gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG die Sache an das Gericht des Haftortes abgegeben hat (zum Ganzen vgl. Senat, Beschlüsse vom 2. März 2017 - V ZB 122/15, InfAuslR 2017, 293 Rn. 13 und vom 3. Mai 2018 - V ZB 230/17, Asylmagazin 2018, 387 Rn. 7).
12
bb) Entgegen der Ansicht des Betroffenen ist das für die Entscheidung über einen Antrag auf Verlängerung der Sicherungshaft zuständige Amtsgericht nicht verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob sich für den Betroffenen im Verfahren über die vorangegangene Haftanordnung ein Verfahrensbevollmächtigter bestellt hat. Anders liegt es, wenn dem Haftrichter bekannt ist, dass der Betroffene in dem vorangegangenen Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wurde; dann muss er den Betroffenen fragen, ob dieser ihn auch im Verfahren über die Haftverlängerung vertreten soll, und, wenn die Frage bejaht wird, dem Rechtsanwalt eine Teilnahme an der persönlichen Anhörung des Betroffenen ermöglichen (dazu: Senat, Beschluss vom 22. August 2019 - V ZB 39/19, juris Rn. 7 f.).
13
(1) Der Beschwerdeführer begründet seine abweichende Ansicht im Wesentlichen damit, dass die Rechte eines Betroffenen durch die gesetzlich angeordnete Anwendung der Vorschriften über den ersten Haftantrag auf die Verlängerung einer Freiheitsentziehung nicht geschmälert werden dürften. Sie könnten nur dann effektiv ausgeübt werden, wenn sich der Haftrichter, der über einen Verlängerungsantrag entscheide, von sich aus über das Verfahren, das der vorausgegangenen Haftanordnung zugrunde liege, kundig mache und einen dort bestellten Rechtsanwalt von dem Verlängerungsantrag und dem anberaumten Termin zur persönlichen Anhörung in Kenntnis setze. Dem Betroffenen selbst sei das nicht effektiv möglich, weil er gewöhnlich erst anlässlich seiner persönlichen Anhörung mit dem neuen Haftantrag konfrontiert werde und vor Erlass der Haftanordnung keine Möglichkeit der Reaktion habe.
14
(2) Dem kann nicht beigetreten werden. Es ist Aufgabe des Betroffenen und ihm auch mit zumutbaren Mittel möglich, das mit einem Antrag auf Verlängerung der Sicherungshaft befasste Gericht darüber zu unterrichten, dass er anwaltlich vertreten ist.
15
(a) Ein Betroffener kann dem mit einem Antrag auf Verlängerung der Sicherungshaft befassten Gericht bei seiner persönlichen Anhörung mitteilen, dass er einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt hat und diesen hinzuziehen will. Das Recht dazu wird dem Betroffenen aufgrund des in dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnden Grundsatzes des fairen Verfahrens garantiert. Deshalb muss das Gericht in einem solchen Fall durch seine Verfahrensgestaltung sicherstellen, dass der Betroffene mit seinem Rechtsanwalt Kontakt aufnehmen und klären kann, ob der Rechtsanwalt eine Teilnahme an der Anhörung ermöglichen oder einen Vertreter damit beauftragen wird; ggf. ist ein neuer Anhörungstermin zu bestimmen (vgl. Senat, Be- schlüsse vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, NVwZ 2016, 1430 Rn. 6 und vom 25. Oktober 2018 - V ZB 69/18, InfAuslR 2019, 152 Rn. 5).
16
(b) Darüber hinaus kann sich der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen vor Ablauf der ersten Haftanordnung bei der Ausländerbehörde erkundigen , ob ein Verlängerungsantrag gestellt werden soll und die Behörde bitten , ihn in diesem Antrag als Verfahrensbevollmächtigten zu benennen. Einem solchen Anliegen wird die beteiligte Behörde schon deshalb entsprechen, weil sie andernfalls damit rechnen müsste, dass das Amtsgericht erst im Rahmen der Anhörung von dem Betroffenen erfährt, dass er anwaltlich vertreten ist, und dass deshalb ein neuer Anhörungstermin erforderlich wird (vgl. oben Rn. 15).
17
c) Danach stellt es keinen Verfahrensfehler dar, dass der (spätere) Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen bei dessen Anhörung zu dem Verlängerungsantrag der beteiligten Behörde nicht beteiligt worden ist. Dabei kann offenbleiben, ob sich die Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigten auch auf Verfahren zur Verlängerung der Haft bezog. Denn das mit dem Verlängerungsantrag befasste Amtsgericht ist weder von dem Verfahrensbevollmächtigten noch, was ausreichen kann (OLG Celle, InfAuslR 1999, 462; OLG München, OLGR 2008, 144, 145; OLG Rostock, OLGR 2006, 502, 504), von anderer Seite darüber unterrichtet worden, dass der Betroffene in dem vorangegangenen Haftanordnungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Es hatte deshalb keinen Anlass, den Betroffenen danach zu fragen, ob er durch diesen Rechtsanwalt auch im Verlängerungsverfahren vertreten werden wolle und diesem die Teilnahme an der persönlichen Anhörung zu ermöglichen (vgl. zu dieser Konstellation: Senat, Beschluss vom 22. August 2019 - V ZB 39/19, juris Rn. 7). Das Gericht hat von der anwaltlichen Vertretung des Betroffenen erst durch die Bestellung des Verfahrensbevollmächtigten im Zusammenhang mit der Einlegung der Beschwerde gegen die Anordnung der Verlängerung der Sicherungshaft erfahren.

IV.


18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG und Art. 6 Abs. 3 Buchstabe e EMRK analog, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele
Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Mühldorf am Inn, Entscheidung vom 13.04.2017 - 1 XIV 72/17 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 22.06.2017 - 4 T 1047/17, 4 T 1395/17 -

(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Freiheitsentziehung anordnen, wenn dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Freiheitsentziehung gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht. Die vorläufige Freiheitsentziehung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten.

(2) Bei Gefahr im Verzug kann das Gericht eine einstweilige Anordnung bereits vor der persönlichen Anhörung des Betroffenen sowie vor Bestellung und Anhörung des Verfahrenspflegers erlassen; die Verfahrenshandlungen sind unverzüglich nachzuholen.

4
1. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der An- hörung hinzuzuziehen. Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne weiteres zur Rechtswidrigkeit der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht (Senat, Beschluss vom 8. Februar 2018 - V ZB 92/17, juris Rn. 6 mwN).
7
a) Einem Verfahrensbevollmächtigten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, an dem Termin zur Anhörung des Betroffenen teilzunehmen. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert einem Betroffenen, sich zur Wahrung seiner Rechte in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen (Senat, Beschluss vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, FGPrax 2014, 228 Rn. 8; Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 6 und 20 mwN). Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne weiteres zu der Rechtswidrigkeit der Haft bzw. - soweit es um das Verfahren vor dem Beschwerdegericht geht - zur Rechtswidrigkeit der Aufrechterhaltung der Haft. Es kommt nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf dem Fehler beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, FGPrax 2014, 228 Rn. 7 f.; Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 13; Beschluss vom 13. Juli 2017 - V ZB 89/16, juris Rn. 5). Das gilt auch für die Verlängerung der Abschiebungs- oder Rücküberstellungshaft, auf die nach § 425 Abs. 3 FamFG die Vorschriften über den Erstantrag, also auch diejenigen über die Anhörung, uneingeschränkt anzuwenden sind (Senat, Beschluss vom 6. April 2017 - V ZB 59/16, InfAuslR 2017, 292 Rn. 7).
6
b) Anders als das Beschwerdegericht meint, wird ein Mangel des Haftantrages aber nicht schon mit dessen Ergänzung durch die beteiligte Behörde und Anhörung des Betroffenen durch das Beschwerdegericht geheilt. Dabei kann dahinstehen, ob die ergänzenden Angaben vorliegend als ausreichend anzusehen sind. Die Heilung tritt nämlich erst mit der Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Fortdauer der Haft ein.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.

Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.