Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2010 - V ZB 93/10

bei uns veröffentlicht am26.05.2010
vorgehend
Landgericht Kassel, 3 T 160/10, 02.03.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

Beschluss
V ZB 93/10
vom
26. Mai 2010
in der Abschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Mai 2010 durch die Richter
Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub, Dr. Roth und Leupertz

beschlossen:
Die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts Kassel vom 26. Februar 2010 (700 XIV 7 B/2010) wird bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Kassel vom 2. März 2010 ausgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste nach mehrmaliger Abschiebung im Januar 2006 erneut unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde am 19. März 2006 festgenommen. Bis zum 4. März 2010 verbüßte er eine Freiheitsstrafe. Derzeit befindet er sich in Untersuchungshaft. Die Abschiebung des Betroffenen nach Marokko aus der Strafhaft heraus scheiterte an dem fehlenden Einvernehmen der Staatsanwaltschaft (§ 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG). Diese teilte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 mit, bei einer Aufhebung des Untersuchungshaftbefehls zu erwägen, von der Erhebung der öffentlichen Klage abzusehen (§ 154 b Abs. 3 StPO).
2
Das Amtsgericht hat auf Antrag der Beteiligten zu 2 gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der Abschiebung für die Dauer von einem Monat im Anschluss an das Ende der Strafhaft und der Untersuchungshaft, längstens jedoch bis zum 25. August 2010, und die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht u. a. mit der Begründung zurückgewiesen, das nach § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG notwendige Einvernehmen der Staatsanwaltschaft liege vor, weil ihre Mitteilung vom 19. Februar 2010 nur so verstanden werden könne, dass sie eine weitere Strafverfolgung ohne Sicherung des Verfahrens durch Untersuchungshaft als nicht aussichtsreich beurteile. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene die Aufhebung der Haftanordnung und der Beschwerdeentscheidung erreichen.

II.

3
Die Anordnung beruht auf § 64 Abs. 3 FamFG; diese Vorschrift ist im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbar (Senat, Beschl. v. 21. Januar 2010, V ZB 14/10, FGPrax 2010, 97). Die Anordnung ist geboten, weil das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtslage jedenfalls zweifelhaft ist (zu diesen Anforderungen: Senat, Beschl. v. 21. Januar 2010, V ZB 14/10, aaO).
4
Die Beteiligte zu 2 hat die Anordnung der Haft beantragt, obwohl die zuständige Staatsanwaltschaft ihr nach § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erforderliches Einvernehmen mit der Abschiebung nicht erteilt hat. Ob ein solcher Antrag eine taugliche Grundlage für eine Haftanordnung ist, erscheint fraglich. Jedenfalls darf die Abschiebungshaft dann nicht angeordnet werden, wenn der Abschiebung - wie hier - keine tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen und nicht festgestellt ist, dass die Staatsanwaltschaft ihr Einvernehmen trotz zuvor erfolgter Verweigerung innerhalb der in § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG genannten Frist doch noch erteilt. Ob dies eintreten wird, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ohne der Beteiligten zu 2 Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Denn die Feststellung des Beschwerdegerichts, das Einvernehmen sei in dem Schreiben vom 19. Februar 2010 erteilt worden, könnte sich nach bishe- rigem Sachstand als rechtsfehlerhaft erweisen. Dies erfordert die vorläufige Aussetzung des Vollzugs der Haftanordnung.
Lemke Schmidt-Räntsch Czub
Leupertz Roth

Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 26.02.2010 - 700 XIV 7 B/2010 -
LG Kassel, Entscheidung vom 02.03.2010 - 3 T 160/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2010 - V ZB 93/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2010 - V ZB 93/10

Referenzen - Gesetze

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62 Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 72 Beteiligungserfordernisse


(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Rege

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 64 Einlegung der Beschwerde


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll. (
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2010 - V ZB 93/10 zitiert 4 §§.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62 Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 72 Beteiligungserfordernisse


(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Rege

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 64 Einlegung der Beschwerde


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll. (

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2010 - V ZB 93/10 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2011 - V ZB 14/10

bei uns veröffentlicht am 28.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 14/10 vom 28. April 2011 in der Freiheitsentziehungssache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-R

Referenzen

(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.

(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.

(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.

(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.

(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.

(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.

(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.

(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 14/10
vom
28. April 2011
in der Freiheitsentziehungssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof.
Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 8. Januar 2010 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene ist libanesischer Staatsbürger und lebte seit 28 Jahren in Deutschland. Die beteiligte Behörde ordnete mit Bescheid vom 20. Februar 2007 seine Ausweisung an, weil er unter anderem wegen Erwerbs von Heroin und gefährlicher Körperverletzung zu mehreren Freiheitsstrafen verurteilt worden war, deren Vollstreckung nicht (mehr) zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach Eintritt der Bestandskraft der Ausweisung betrieb sie die Beschaffung der Ersatzpapiere, die sich indessen länger hinzog und bis zu dem nachträglich vorgezogenen Ende der Strafhaft nicht mehr gelang. Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht die Sicherungshaft von drei Monaten gegen den Betroffenen angeordnet. Das Landgericht hat diese auf die Beschwerde des Betroffenen auf zwei Monate bis zum Ablauf des 31. Januar 2010 verkürzt, weil die Papiere inzwischen erteilt waren und die Abschiebung für den 26. Januar 2010 vorgesehen war und auch so durchgeführt wurde. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Feststellung beantragt, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts ihn in seinen Rechten verletzt haben.

II.


2
Das Beschwerdegericht stützt die Sicherungshaft auf § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG. Es bestehe der begründete Verdacht, dass sich der Betroffene der vorgesehenen Abschiebung entziehe. Der Betroffene habe sich vor seiner Abschiebung in Strafhaft befunden und keinen festen Wohnsitz. Er sei 1981 nach Deutschland eingereist und nach der Zurückweisung seines Asylantrags Mitte 1982 untergetaucht. Er sei nicht bereit, die deutsche Rechtsordnung zu achten. Das belegten die Straftaten, die zu seiner Ausweisung geführt hätten. Er habe mehrfach falsche Personaldaten angegeben. Deshalb sei anzunehmen , dass er sich ohne eine Inhaftierung der Abschiebung entziehen werde. Die Anordnung der Haft sei auch verhältnismäßig, weil die Ausländerbehörde die Abschiebung mit der größtmöglichen Beschleunigung betrieben hätte.

III.


3
Die nach Erledigung der Hauptsache mit dem gestellten Feststellungsantrag statthafte (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151 Rn. 10) Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist unbegründet. Die Anordnung der Abschiebungshaft ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4
1. Der Betroffene war auf Grund der bestandskräftig gewordenen Ausweisungsverfügung nach §§ 53, 56 AufenthG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und auf Grund dieser Ausweisungsverfügung nach § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG abzuschieben.
5
2. Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen den Haftgrund nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG angenommen. Nach ihren Feststellungen bestand bei Anordnung der Abschiebungshaft und der Zurückweisung der Beschwerde der begründete Verdacht, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen. Diese Feststellungen sind im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
6
a) Der Betroffene meint, es hätten keine konkreten, verlässlichen Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass er sich der Abschiebung entziehen wolle. Auf sein Untertauchen im Jahr 1982 könne nicht abgestellt werden. Er habe im Mai 2008 selbst um die Durchführung der Abschiebung gebeten, an der Beschaffung der Papiere aktiv mitgewirkt und erklärt, er werde sich mit seinem Übergangsgeld von 3.500 € in einer Pension einquartieren. Der Umstand, dass er keine aktiven familiären Bindungen habe, reiche allein nicht für die Anordnung von Sicherungshaft aus. Sein Verhalten vor der Strafhaft könne den konkreten Verdacht, dass er sich nach dem Vollzug der Strafhaft der Abschiebung entziehen wolle, nicht begründen. Darauf abzustellen, unterstelle, dass die Strafhaft die ihr gesetzten Ziele verfehlt habe.
7
b) Diese Einwände stellen die Feststellungen der Vorinstanzen nicht in Frage.
8
(1) Der begründete Verdacht, der Betroffene wolle sich dem Vollzug der Ausreisepflicht entziehen, ließ sich allerdings nicht auf sein Untertauchen im Jahr 1982 stützen. Dieser Vorfall hatte im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts keine Aussagekraft mehr. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung aber nicht allein auf diesen Vorfall, sondern - wie das Amtsgericht - gleichwertig auch auf die strafrechtlichen Verurteilungen des Betroffenen und die mehrfache Angabe unrichtiger Personalien gestützt. Das trägt die getroffene Prognose. Aus den strafrechtlichen Verurteilungen ergibt sich, dass der Betroffene in hohem Maß unzuverlässig ist. Das ist insbesondere dem gegen ihn ergangenen Strafurteil des Amtsgerichts Frankenthal/Pfalz vom 18. September 2006 zu entnehmen. Darin hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt und die Aussetzung der Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt. Begründet hat es diese Entscheidung damit, dass der Betroffene die Bewährungsauflagen aus früheren Verurteilungen zu Freiheitsstrafen nicht eingehalten und den ihm aufgegebenen Kontakt zu seinem Bewährungshelfer nicht gehalten hat. Vor allem aber hat es festgestellt, dass sich der Betroffene durch die vorangegangenen Verurteilungen in keiner Weise hat beeindrucken lassen und letztlich „macht, was er will“, wie es in dem Urteil heißt.
9
(2) Diesen Gesichtspunkt durften die Vorinstanzen auch nach dem Vollzug der Strafhaft ihrer Prognose zugrunde legen. Ein Ziel des Strafvollzugs ist zwar nach § 2 Satz 1 StVollzG, den Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Das besagt ohne zusätzliche Anhaltspunkte aber nicht, dass dieses Ziel durch den Vollzug auch erreicht worden ist. Hinzukommt, dass der Strafvollzug nach § 2 Satz 2 StVollzG auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten dient. Verlässliche Anzeichen dafür, dass sich der Betroffene in der Strafhaft grundlegend verändert hätte und dem Vollzug der Ausweisung nicht mehr entziehen würde, lagen nicht vor. Der Betroffene hatte zwar seinen Angaben zufolge nach Bestandskraft der Ausweisung im Mai 2008 um deren baldigen Vollzug gebeten und an der Beschaffung der Papiere mitgewirkt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er allerdings noch etwa 18 Monate Freiheitsstrafe zu verbüßen. Deshalb war seinem Verhalten nicht, jedenfalls nicht sicher zu entnehmen, dass er sich mit einer Rückkehr in seine Heimat abgefunden hatte. Es war ferner nicht erkennbar, dass der Betroffene in Deutschland einen festen Bezugspunkt hatte oder begründen konnte, an dem er in dem für seine Abschiebung vorgesehenen Zeitpunkt angetroffen werden konnte. Daran änderte auch die erklärte Absicht des Betroffenen nichts, sich nach Entlassung aus der Haft in einer Pension einzumieten.
10
3. Entgegen der Ansicht des Betroffenen war die Anordnung der Sicherungshaft auch verhältnismäßig.
11
a) Die Anordnung der Sicherungshaft kann zwar unverhältnismäßig sein, wenn die Behörde den Vollzug der Ausweisung nicht mit Nachdruck betrieben und insbesondere nicht die notwendigen Anstrengungen unternommen hat, die Ausweisung während einer Strafhaft durchzuführen (BayObLGZ 1991, 258, 260). Das aus Art. 2 Abs. 2 GG abzuleitende Beschleunigungsgebot bei Freiheitsentziehungen (vgl. BVerfGE 46, 194, 195) ist auch schon während des Laufs der Drei-Monatsfrist des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG zu beachten (Senat , Beschluss vom 18. August 2010 - V ZB 119/10, NVwZ 2010, 1575 [Ls.], Vollabdruck bei juris). Es ist verletzt, wenn die Ausländerbehörde nicht alle notwendigen Anstrengungen unternommen hat, um Ersatzpapiere zu beschaffen, damit der Vollzug der Abschiebungshaft auf eine möglichst kurze Zeit beschränkt werden kann (Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 1996 - V ZB 14/98, BGHZ 133, 235, 239 und vom 10. Juni 2010 - V ZB 205/09, juris). Das Beschwerdegericht darf die Sicherungshaft deshalb nur aufrechterhalten, wenn die Behörde die Abschiebung des Betroffenen ernstlich betreibt und zwar, gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, mit der größtmöglichen Beschleunigung (Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 205/09, juris).
12
b) Gemessen daran ist die Anordnung der Sicherungshaft nicht zu beanstanden. Die beteiligte Behörde hat die Ausweisung zu Beginn der Strafhaft angeordnet. Sie hat kurz nach dem Eintritt der Bestandskraft ihrer Entscheidung die Beschaffung der Ersatzpapiere betrieben. Anlass, schon vorher damit zu beginnen, hatte sie nicht, zumal der Betroffene bei Erlass des verwaltungsgerichtlichen Urteils noch nahezu zwei Jahre Strafhaft zu verbüßen hatte. Dass die libanesischen Behörden in diesem langen Zeitraum zur Beschaffung der Ersatzpapiere nicht in der Lage sein würden, war nicht vorherzusehen. Entgegen der Ansicht des Betroffenen ist die verzögerte Sachbehandlung durch den ausländischen Staat den inländischen Behörden mangels Einwirkungsmöglichkeiten nicht anzulasten (Senat, Beschluss vom 25. März 2010 - V ZA 9/10, NVwZ 2010, 1175, 1176 Rn. 22).

IV.


13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Wertfestsetzung beruht auf § 128c Abs. 2, § 30 Abs. 2 KostO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub

Vorinstanzen:
AG Frankenthal (Pfalz), Entscheidung vom 03.12.2009 - 2 XIV 41/09 B -
LG Frankenthal, Entscheidung vom 08.01.2010 - 1 T 252/09 -

(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.

(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.

(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.

(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.

(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.

(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.

(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.

(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.