Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juni 2011 - V ZR 22/11

bei uns veröffentlicht am16.06.2011
vorgehend
Landgericht Zwickau, 5 O 268/07, 21.11.2008
Oberlandesgericht Dresden, 14 U 1927/08, 28.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 22/11
vom
16. Juni 2011
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juni 2011 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Czub und Dr. Roth und die Richterin Weinland

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. Dezember 2010 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 144.000 €.

Gründe:

I.

1
Mit notariellen Erklärungen vom 27. Januar 2005 gaben die Kläger gegenüber der Beklagten Angebote zum Kauf von zwei zu sanierenden Eigen- tumswohnungen zu Preisen von 82.500 € und von 61.500 € mit einer Bindungs- frist bis zum 28. Februar 2005 ab, welche die Beklagte mit notariellen Erklärungen vom 23. Februar 2005 annahm. Die Kaufpreise wurden durch ein den Klägern gewährtes Darlehen finanziert; die Kaufverträge wurden vollzogen.
2
Mit Schreiben vom 1. August 2007 kündigten die Kläger gegenüber der Beklagten die Verträge aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen und verlangten die Rücknahme der Wohnungen unter Berufung auf eine mit deren Vermittler S. vereinbarte Rückkaufsverpflichtung. Die Beklagte wies dies zurück.
3
Die Kläger haben - soweit hier noch von Interesse - hilfsweise ihre Vertragserklärungen wegen arglistiger Täuschung angefochten und dazu vorgetragen , dass die Beklagte sie und andere Käufer systematisch mit bewusst falschen Angaben in den Vertragsgesprächen über den Inhalt der abzuschließenden Kaufverträge (befristete Finanzierungsübernahme, 60-monatige Mietgarantie, zweijährige Rückkaufsverpflichtung) getäuscht und durch Vorlage der solche Zusagen nicht enthaltenden vorformulierten Angebotserklärungen erst in den jeweiligen Beurkundungsterminen überrumpelt habe.
4
Das Landgericht hat der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums unter Lastenfreistellung von den in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Buchgrundschulden stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der Senat dieses Urteil mit Beschluss vom 11. März 2010 (V ZR 165/09) aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage erneut abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger

II.

5
Das Berufungsgericht meint, die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis einer arglistigen Täuschung nicht geführt.
6
Daran ändere die im Zuge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei der den Kauf der Kläger finanzierenden Bank aufgefundene schriftliche Mietgarantieerklärung nichts. Da sich dieses Schreiben nur bei der Bank befunden habe, spreche vieles dafür, dass die Beklagte nur der Bank eine Mietgarantie vorgetäuscht habe, um die Übernahme der Finanzierung des Kaufs zu erreichen.
7
Die Einvernahme der Zeugen G. und M. hätte den Beweis der von den Klägern behaupteten systematischen Täuschung ebenfalls nicht erbracht. Der Zeuge G. sei erst 18 Monate nach dem Vertragsschluss bei der Beklagten tätig gewesen und habe bei seiner Vernehmung bekundet, dass er nicht sicher wisse, was den Kaufinteressenten versprochen worden sei. Der Zeuge M. habe zwar angegeben, dass in seinem Beisein oder durch ihn selbst im Namen der Beklagten Versprechungen abgegeben worden seien. Da er aber ebenfalls erst 20 Monate nach dem Vertragsschluss für die Beklagte tätig gewesen sei, seien systematische Täuschungen der Käufer im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags zwischen den Parteien nicht zwingend. Zudem habe der Zeuge M. nicht von einer Mietgarantie der Beklagten, sondern von einer kommunalen Mietgarantie gesprochen, und die Zeugenvernehmung habe auch nicht ergeben, dass der Verweis auf die Zahlung der Miete durch die Stadt falsch gewesen sei.

III.

8
Das angefochtene Berufungsurteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben , weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) erneut in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
9
1. Das Berufungsgericht hätte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der ehemaligen Vermittler G. und M. nicht die weiteren Beweisangebote der Kläger durch die von diesen angebotenen Zeugen F. , Sch. und Sc. übergehen dürfen. Die unter Beweis gestellte Behauptung, auch diese Käufer seien in den Verhandlungen durch Versprechungen der Vermittler durch die Beklagte getäuscht und so zum Vertragsschluss bewogen worden, betraf allerdings nicht die von den Klägern zu beweisende Haupttatsache, vor Abgabe ihrer Angebotserklärung von der Beklagten getäuscht und durch den abweichenden, vorformulierten Text im Notartermin überrumpelt worden zu sein, sondern lediglich eine Hilfstatsache (Indiz), dass auch andere Käufer in gleicher Weise getäuscht worden seien.
10
2. Bei einem Indizienbeweis darf der Tatrichter zwar von einer beantragten Beweiserhebung absehen, wenn die unter Beweis gestellte Hilfstatsache für den Nachweis der Haupttatsache nach seiner Überzeugung nicht ausreicht (BGHZ 53, 245, 261; Urt. v. 14. März 2000 - X ZR 31/98, Rn. 13 - juris). Art. 103 Abs. 1 GG ist aber verletzt, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache die ernstliche Möglichkeit des logischen Rückschlusses auf den zu beweisenden Tatbestand bietet und der Tatrichter sich mit dem Beweisantrag in seiner Entscheidung überhaupt nicht auseinandersetzt.
11
So ist es hier. Das Berufungsgericht hätte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der ehemaligen Vermittler, wenn es denn den Beweis als nicht geführt ansah, sich mit den weiteren Beweisangeboten der Kläger auseinandersetzen müssen. Angesichts dessen, dass die als Zeugen vernommenen Vermittler nach den protokollierten Aussagen bekundet haben, dass die Verkaufsgespräche „nicht ganz der Wahrheit entsprochen hätten“ (G. ) und „Sachen versprochen wurden, die nicht eingehalten worden sind“ (M. ) und dass zwischen den Verkaufsgesprächen und den Beurkundungen kein Wochenende liegen sollte und daher wahrheitswidrig beurkundet worden sei, dass die Käufer bereits 14 Tage zuvor informiert worden seien (G. ), lag es nicht fern, dass auch die Kläger in der behaupteten Weise ge- täuscht worden sind, wenn - wie unter Beweisantritt behauptet - auch andere Käufer in der geschilderten Weise zum Vertragsschluss bestimmt und durch vorformulierte notarielle Angebotserklärungen mit abweichendem Inhalt überrumpelt wurden. Das von dem Berufungsgericht vor dem Hintergrund der Aussagen der Vermittler nicht begründete Übergehen der weiteren Beweisangebote verstieß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
12
3. Das Berufungsurteil beruht auch auf der Verletzung rechtlichen Gehörs , weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht unter Berücksichtigung des übergangenen, unter Beweis gestellten Vorbringens anders entschieden hätte (vgl. BVerfGE 62, 392, 396; 89, 381, 392).

IV.

13
Für die neue Verhandlung, für die der Senat von der auch im Verfahren nach § 544 Abs. 7 ZPO bestehenden Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO (Senat, Beschluss vom 1. Februar 2007 - V ZR 200/06, NJW-RR 2007, 1221, 1222) Gebrauch macht, weist der Senat darauf hin, dass die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist und einer rechtlichen Prüfung in einem Revisionsverfahren nicht standhielte.
14
1. Es fehlt an der im Falle eines Indizienbeweises erforderlichen zusammenfassenden Würdigung und Gesamtschau (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2006 - IV ZR 21/05, NJW-RR 2005, 312, 313). Die Beweiswürdigung lässt die vorgenannten, für die Richtigkeit des Vortrags einer systematischen Täuschung der Kaufinteressenten sprechenden Bekundungen der Zeugen vollkommen außer Betracht und stellt allein auf die gegen die Beweiskraft der vorstehenden Indizien sprechenden Umstände ab (spätere Tätigkeit der Zeugen für die Beklagte; unpräzise Erklärungen des Zeugen G. , Aussage des Zeugen M. über eine Mietübernahme durch die Kommune für bedürftige Mieter).
15
Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Grad der richterlichen Überzeugungsbildung überspannt. Für den Beweis ist es nicht erforderlich , dass jede andere Deutung ausgeschlossen ist, sondern es genügt ein brauchbarer Grad an Gewissheit, der Zweifel ausschließt (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1999 - IV ZR 181/98, NJW-RR 1999, 1184).
16
2. Im Übrigen wird das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des von der Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten rechtlichen Gesichtspunkts die Begründetheit der Klage auch im Hinblick auf einen schadensersatzrechtlichen Rückabwicklungsanspruch (§§ 280 Abs. 1, 249 Satz 1 BGB) prüfen müssen. Dieser Anspruch bestünde, wenn die Beklagte die Annahme der Kaufvertragsangebote der Kläger nach einer von ihr durch Täuschung der Bank herbeigeführten Kreditzusage für die Finanzierung des Kaufs erklärt haben sollte. Die Bejahung dieses Anspruchs setzt allerdings voraus, dass die Beklagte die vorgefundene Erklärung gegenüber der Bank tatsächlich abgegeben hat, was die Beklagte bestreitet. Krüger Stresemann Czub Roth Weinland
Vorinstanzen:
LG Zwickau, Entscheidung vom 21.11.2008 - 5 O 268/07 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 28.12.2010 - 14 U 1927/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juni 2011 - V ZR 22/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juni 2011 - V ZR 22/11

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg
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Gesetz über den Lastenausgleich


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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bei uns veröffentlicht am 12.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 179/12 vom 12. März 2013 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetz

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 165/09
vom
11. März 2010
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. August 2009 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 144.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Rückgängigmachung des Erwerbs von zwei Eigentumswohnungen in P. .
2
Mit notariellen Erklärungen vom 27. Januar 2005 gaben die Kläger gegenüber der Beklagten Angebote zum Kauf von zwei zu sanierenden Eigentumswohnungen zu Preisen von 82.500 € und von 61.500 € mit einer Bindungsfrist bis zum 28. Februar 2005 ab, welche die Beklagte mit notariellen Erklärungen vom 23. Februar 2005 annahm. Die Kaufpreise wurden durch ein den Klägern gewährtes Darlehen finanziert; die Kaufverträge wurden vollzogen.
3
Mit Schreiben vom 1. August 2007 kündigten die Kläger gegenüber der Beklagten die Verträge und verlangten die Rücknahme der Wohnungen unter Berufung auf eine mit deren Vermittler S. vereinbarte Rückkaufsverpflichtung. Die Beklagte wies dies zurück.
4
Die Kläger haben geltend gemacht, dass die Kaufverträge wegen der zu langen Bindungsfristen durch die daher verspätete Annahme der Beklagten schon nicht zustande gekommen seien. Sie haben hilfsweise ihre Vertragserklärungen wegen arglistiger Täuschung angefochten und sich zudem auf ein Widerrufsrecht nach § 312 BGB berufen.
5
Das Landgericht hat der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums unter Lastenfreistellung von den in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Buchgrundschulden stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde streben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils in einem Revisionsverfahren an.

II.

6
Das Berufungsgericht meint, dass der Vertrag - abweichend von der von dem Landgericht vertretenen Rechtsansicht - wirksam zustande gekommen sei. Ihre notariell beurkundete Erklärung könnten die Kläger nach § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB nicht widerrufen. Der Vertrag sei auch nicht nach der von den Klägern erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB nichtig; ihnen stehe auch kein Anspruch auf Rückabwicklung wegen eines vorvertraglichen Verschuldens (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) zu.
7
Die Behauptungen der Kläger, durch falsche Versprechungen darüber getäuscht worden zu sein, dass die Beklagte eine Mietgarantie für 60 Monate übernehme sowie sich auf Verlangen der Kläger zu einem Rückkauf innerhalb von zwei Jahren nach dem Vertragsschluss verpflichte, seien nicht bewiesen.
Der Zeuge S. habe diese Behauptungen nicht bestätigt. Andere Erwerber , welche die Kläger als Zeugen dafür benannt hätten, dass die Beklagte in den Verhandlungen gleiche Versprechungen wie ihnen gegenüber gemacht, diese aber ebenfalls nicht eingehalten habe, seien nicht zu vernehmen. Was die Beklagte in anderen Verkaufsgesprächen möglicherweise zugesagt habe, lasse keine Rückschlüsse auf den Inhalt der Verhandlungen der Parteien zu.

III.

8
Das angefochtene Berufungsurteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben , weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
9
1. Mit Erfolg rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, dass das Berufungsgericht das Verfahrensgrundrecht verletzt habe, weil es dem Beweisangebot der Kläger nicht nachgegangen sei, den ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten G. als Zeugen zu vernehmen. Diesen hatten sie zum Beweis ihrer Behauptung benannt, es sei systematische Verkaufsstrategie der Beklagten gewesen, Kaufinteressenten durch bewusst falsche Angaben zu ihren Verpflichtungen in den Kaufverträgen (befristete Übernahme der Finanzierungskosten, Mietgarantie , Rückkaufsverpflichtung) zu gewinnen und durch zeitnahen Abschluss (an dem der Verhandlung folgenden Tage) auf der Grundlage vorformulierter Vertragsangebote mitwirkungsbereiter Notare zu überrumpeln.
10
2. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 83, 24, 35; 96, 205, 216) und erhebliche Beweisanträge nach den Grundsätzen der Zivilprozessordnung zu berücksichtigen (BVerfGE 50, 32, 36; 69, 141, 144; NJW 2009, 1585, 1586). Gemessen daran, hätte das Berufungsgericht den Beweis erheben müssen.
11
a) Dem steht nicht entgegen, dass der Beweis nur in erster Instanz angeboten war und die Kläger in der Berufungserwiderung allein global auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen haben. Die Nichtberücksichtigung solcher Beweisantritte verletzt dann Art. 103 Abs. 1 GG, wenn das Erstgericht das unter Beweis gestellte Vorbringen als unerheblich behandelt hat, das Vorbringen nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichts jedoch erheblich wird (BVerfGE 70, 288, 295; NJW 1982, 581, 582; 1982, 1636, 1637; NJW-RR 1993, 636). So ist es hier, weil das Landgericht der Klage schon deswegen stattgegeben hat, weil der Vertrag nach dessen Ansicht wegen der zu langen Bindungsfrist von einem Monat in dem notariellen Angebot nicht zustande gekommen ist.
12
b) Das Übergehen des Beweisangebots G. war auch nicht deshalb zulässig, weil es nicht die von den Klägern zu beweisende Haupttatsache, sie seien in den Verhandlungen getäuscht und überrumpelt worden, sondern eine Hilfstatsache (Indiz) betraf, dass die Beklagte systematisch so vorgegangen sei.
13
Bei einem Indizienbeweis darf der Tatrichter zwar von einer beantragten Beweiserhebung absehen, wenn die unter Beweis gestellte Hilfstatsache für den Nachweis der Haupttatsache nach seiner Überzeugung nicht ausreicht (BGHZ 53, 245, 261; Urt. v. 14. März 2000, X ZR 31/98, Rz. 13 – juris). Art. 103 Abs. 1 GG ist aber verletzt, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache die ernstliche Möglichkeit des logischen Rückschlusses auf den zu beweisenden Tatbestand bietet und der Tatrichter sich mit dem Beweisantrag in seiner Entscheidung überhaupt nicht auseinandersetzt.
14
So ist es hier. Das Berufungsgericht ist nämlich auf andere Beweisanträge der Kläger zu Hilfstatsachen aus erster Instanz eingegangen. Es hat das Beweisangebot durch das Zeugnis anderer Käufer, dass diese in gleicher Weise getäuscht und überrumpelt worden seien, mit der tatrichterlich zulässigen Würdigung zurückgewiesen, dass dem kein Beweiswert für den von den Klägern zu beweisenden Inhalt des Verkaufsgesprächs der Parteien zukomme. Diese Er- wägungen des Berufungsgerichts tragen aber nicht das Übergehen des Beweisangebots durch das Zeugnis des ehemaligen Mitarbeiters der Beklagten G. . Dass auch der unter Beweis gestellte Vortrag zur Verkaufsstrategie der Beklagten keinen Rückschluss auf die von den Klägern zu beweisende Haupttatsache ermöglichte, ist nicht ersichtlich. Das Übergehen dieses Beweisantritts lässt nur den Schluss zu, das das Berufungsgericht den unter den Beweis des Zeugen G. gestellten Vortrag übersehen hat.
15
c) Das Berufungsurteil beruht auch auf der Verletzung rechtlichen Gehörs. Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht unter Berücksichtigung des übergangenen, unter Beweis gestellten Vorbringens anders entschieden hätte (vgl. BVerfGE 62, 392, 396; 89, 381, 392). Das ist hier so, weil eine Zurückweisung des Beweisangebots G. aus den tatrichterlichen Erwägungen in dem Berufungsurteil nicht in Betracht kommt, nach der Beweiserhebung durch die Vernehmung des ehemaligen Mitarbeiters der Beklagten aber ein anderer Ausgang des Rechtsstreits nicht ausgeschlossen werden kann.
Krüger Klein Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Zwickau, Entscheidung vom 21.11.2008 - 5 O 268/07 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 18.08.2009 - 14 U 1927/08 -

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 31/98 Verkündet am:
14. März 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die
Richter Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 3. Dezember 1997 verkündete Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin verlangt von den Beklagten, die eine Arbeitsgemeinschaft bilden, gestützt auf eine Abtretung der A. GmbH & Co. (im folgenden: Zedentin) Zahlung restlichen Werklohns nebst Zinsen.
Auf Aufforderung der Beklagten bot die Zedentin mit Telefax vom 14. Juli 1995 die Demontage bestimmter Rolltorpanzer zu einem Pauschalpreis von 92.000,-- DM (einschließlich Mehrwertsteuer) an. Noch am 14. Juli 1995, einem Freitag, rief deshalb der Bauleiter der Beklagten zu 1 F. den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Zedentin H. P. an. Die Parteien streiten darüber, ob F. in diesem Telefongespräch für die Beklagten das Angebot der Zedentin angenommen hat.
In schriftlicher Form teilten die Beklagten der Zedentin mit einem Schreiben, welches das Datum des 14. Juli 1995 trägt, mit, sie solle für eine Pauschalvergütung von 92.000,-- DM die Rolltorpanzer sowie die Rolltorkästen demontieren und sowohl Panzerrollen als auch Rolltorkästen in transportfähige Stücke zertrennen. Es ist streitig, ob die Zedentin dieses Auftragsschreiben der Beklagten, wie diese behaupten, noch am 14. Juli 1995 vorab als Telefax erhalten hat oder ob es ihr, wie von der Klägerin vorgetragen worden ist, erst am 18. Juli 1995 zugegangen ist.
Am 17. Juli 1995 erhielt die Zedentin ferner ein Telefax der örtlichen Bauleitung der Beklagten, in dem es unter anderem hieß:
"Leider mußten wir feststellen, daß Sie am 17.07.1995 bis 19.30 Uhr auf der o.g. Baustelle nicht zur Terminsabsprache zur Realisierung der Demontagearbeiten an den Rolltoranlagen erschienen waren. Da es sich bei dem Bauvorhaben um eine Terminbaustelle handelt, bitten wir um Bereitstellung von vier Fachkräften am 18.07.1995 um 7.00 Uhr, um mit den Demontagearbeiten am ersten Rolltor zu beginnen."

Die Zedentin nahm die Demontage der Rolltorpanzer und weitere Arbeiten in der Zeit vom 18. bis 22. Juli 1995 vor. Das vom 14. Juli 1995 datierende Auftragsschreiben schickte sie versehen mit umfangreichen Streichungen bei der Leistungsbeschreibung und bei den Ausführungsterminen am 21. Juli 1995 an die Beklagten zurück. Unter dem 24. Juli 1995 stellte die Zedentin den Beklagten 92.000,-- DM in Rechnung. Die Beklagten ermittelten, wieviel Stunden die Mitarbeiter der Zedentin auf der Baustelle gearbeitet hatten , und errechneten auf dieser Basis die für angemessen gehaltene Vergütung , die sie an die Zedentin zahlten.
Den Differenzbetrag hat die Klägerin eingeklagt. Zur Begründung hat sie unter anderem behauptet, nachdem H. P. am 18. Juli 1995 festgestellt habe, daß in dem vom 14. Juli 1995 datierenden Auftragsschreiben der Beklagten unter anderem eine Erweiterung des Auftragsumfanges enthalten sei, habe er dies noch am selben Tage gegenüber F. telefonisch unter Hinweis darauf beanstandet , daß der Vertrag bereits abgeschlossen gewesen sei und die Mitarbeiter der Zedentin bereits auf der Baustelle arbeiteten. Auf die Drohung, die Mitarbeiter von dort abzuziehen, habe F. erklärt, die Zedentin könne aus dem Schriftstück der Beklagten herausstreichen, was ihr nicht gefalle und der getroffenen Vereinbarung nicht entspreche. Die Beklagten haben demgegenüber behauptet, F. habe einen Preis von 92.000,-- DM für die von der Zedentin allein angebotene Demontage der Rolltorpanzer für zu hoch erachtet und sei deshalb hierauf in dem Telefongespräch vom 14. Juli 1995 nicht eingegangen.
Das Landgericht hat nach Beweiserhebung (Zeugenvernehmung) die Zahlungsklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerich-
tete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter und bittet hilfsweise um Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision der Klägerin führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat nicht für erwiesen erachtet, daß der für die Zedentin handelnde H. P. und der für die Beklagten handelnde F. sich anläßlich des Telefongesprächs vom 14. Juli 1995 nach Maßgabe des Telefax der Zedentin von diesem Tage auf einen Werkvertrag mit einer Vergütungspflicht von 92.000,-- DM geeinigt hätten. Die Aussagen der hierüber vor dem Landgericht vernommenen Zeugen H. P. und M. S. einerseits sowie F. andererseits stünden sich konträr gegenüber. Es könne nicht festgestellt werden, wer die Wahrheit und wer die Unwahrheit gesagt habe.
Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Würdigung des Berufungsgerichts ist vertretbar. Rechtsfehler zeigt auch die Revision insoweit nicht auf.
Es kann nicht festgestellt werden, daß die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts im Widerspruch zu der schriftlichen Erklärung der örtlichen Bauleitung der Beklagten vom 17. Juli 1995 steht. Aus diesem Telefax mag rückgeschlossen werden, daß ein Erscheinen von H. P. bis 19.30 Uhr des 17. Juli
1995 abgesprochen war. Einen Anhaltspunkt, daß diese Absprache schon während des Telefongesprächs vom 14. Juli 1995 erfolgte und F. als Zeuge jedenfalls in diesem Punkt die Unwahrheit gesagt hat, bietet das Telefax vom 17. Juli 1995 jedoch nicht.
Das Berufungsgericht brauchte auch nicht den Beweisantritten nachzugehen , welche die Revision als übergangen rügt. Eine Beweiserhebung über Indiztatsachen ist nur nötig, wenn ersichtlich oder dargelegt ist, daß sie allein oder zusammen mit anderen Umständen die ernstliche Möglichkeit des logischen Rückschlusses auf den zu beweisenden Tatbestand bieten (vgl. BGHZ 53, 245, 261). Das mußte hier von dem in das Zeugnis des Poliers der Beklagten gestellte Geschehen nicht angenommen werden.
Wie frühere Vertragsverhandlungen zwischen H. P. und den Beklagten oder die hierauf zustande gekommenen Verträge anschließend durchgeführt wurden, läßt ebenfalls verläßliche Rückschlüsse darauf nicht zu, daß am 14. Juli 1995 ein Vertrag mit Pauschalpreisabrede zustande gekommen sei. Auch nach der Darstellung der Revision sollen die behaupteten Gepflogenheiten nur belegen, daß das nach dem 14. Juli 1995 Geschehene bzw. für die Zeit nach diesem Datum von der Klägerin Behauptete bei den Beklagten nichts Unübliches dargestellt habe.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aus der Beweisfälligkeit der Klägerin , was den Inhalt des Telefongesprächs vom 14. Juli 1995 anbelangt, aber gefolgert, der Zedentin sei für die erbrachten Arbeiten lediglich ein Anspruch auf die übliche Vergütung erwachsen, die mangels ausreichenden Bestreitens der entsprechenden Darlegungen der Beklagten in dem Betrag bestehe, den
die Zedentin bereits erhalten habe. Zu diesem Schluß ist das Berufungsgericht gelangt, weil es das Telefongespräch vom 14. Juli 1995 als einziges Geschehen angesehen hat, durch das ein Werkvertrag habe zustande kommen können , der eine Pauschalvergütung von 92.000,-- DM beinhaltet. Das schöpft die unstreitigen sowie die von der Klägerin vorgetragenen Umstände des Falls nicht aus und genügt deshalb nicht den Anforderungen des § 286 ZPO, wie die Revision zu Recht rügt.

a) Ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils hat die Klägerin behauptet, die Zedentin habe das umfangreiche und mit neuen Vertragsbedingungen versehene Auftragsschreiben der Beklagten, welches das Datum vom 14. Juli 1995 trägt, erst am 18. Juli 1995 erhalten. Zuvor war der Zedentin unstreitig das Telefax der örtlichen Bauleitung der Beklagten vom 17. Juli 1995 zugegangen, in dem die Zedentin ohne jede Einschränkung aufgefordert worden war, am nächsten Tag um 7.00 Uhr mit Demontagearbeiten zu beginnen. Dieses Telefax enthielt keinerlei Vorbehalte, wie sie nach der Behauptung der Beklagten anläßlich des Telefongesprächs vom 14. Juli 1995 durch F. gemacht worden sein sollen. Dies bedeutet, daß die Klägerin die schlüssige Behauptung aufgestellt hat, jedenfalls am 17. Juli 1995 sei es nach Maßgabe des Angebots der Zedentin vom 14. Juli 1995 zu einer vertraglichen Übereinkunft gekommen. Denn die vorbehaltslose Aufforderung zum Arbeitsantritt durfte die Zedentin, wie die Revision zu Recht meint, ohne weiteres dahin verstehen, daß etwaige Bedenken bei den Beklagten, für die bloße Demontage der Rollpanzer 92.000,-- DM bezahlen zu sollen, nicht mehr bestünden und die Beklagten nunmehr mit dem von der Zedentin Angebotenen einverstanden seien.

b) Das Berufungsgericht durfte deshalb die Klage nicht abweisen, ohne zuvor auch die streitige Frage aufzuklären, wann ein Schriftstück mit dem Inhalt des vom 14. Juli 1995 datierenden Schreibens der Beklagten in verkehrsüblicher Weise so in die tatsächliche Verfügungsgewalt der Zedentin gelangt ist, daß sie hiervon Kenntnis nehmen konnte (vgl. zu dieser Definition des Zuganges z.B. BGH, Urt. v. 11.05.1979 - V ZR 177/77, NJW 1979, 2032, 2033 m.w.N.). Da der zeitlich erst nach dem Empfang des Telefax der örtlichen Bauleitung der Beklagten erfolgte Zugang des Schreibens mit dem Datum vom 14. Juli 1995 Wirksamkeitsvoraussetzung für das Zustandekommen eines Werkvertrages am 17. Juli 1995 mit dem von der Zedentin gewünschten Inhalt ist, trägt unter den Gegebenheiten des vorliegenden Falls die Klägerin als Anspruchstellerin insoweit die Beweislast.

c) Sollte sich bei der noch durchzuführenden Sachaufklärung nicht erweisen , daß das Auftragsschreiben der Beklagten der Klägerin erst am 18. Juli 1995 zugegangen ist, und deshalb der von den Beklagten behauptete Zugang bereits am 14. Juli 1995 nicht auszuschließen sein, ist davon auszugehen, daß das Angebot der Zedentin vom 14. Juli 1995 abgelehnt war. Denn das Auftragsschreiben der Beklagten enthielt gegenüber dem Angebot der Zedentin unstreitig Ä nderungen. Gemäß § 150 Abs. 2 BGB enthielt das Auftragsschreiben der Beklagten daher ein neues Angebot, was auch allen Beteiligten klar sein mußte. Das neue Angebot der Beklagten, das ebenfalls eine Pauschalvergütung von 92.000,-- DM vorsah, hat dann die Zedentin angenommen. Die hierfür erforderliche Erklärung ist in der zunächst vorbehaltslosen Arbeitsaufnahme durch Mitarbeiter der Zedentin zu sehen. In Anbetracht ihres eigenen Auftrags mußten die Beklagten den Arbeitsbeginn durch Mitarbeiter der Zedentin am Morgen des 18. Juli 1995 dahin verstehen, daß die Zedentin mit den
ihr angetragenen Vertragsbedingungen einverstanden sei. Die behauptete Ablehnung dieser Vertragsbedingungen durch die Zedentin während des für den 18. Juli 1995 behaupteten Telefongesprächs kam zu spät, weil dieses Gespräch erst im Laufe dieses Tages geführt wurde. Die Zedentin will das Schreiben der Beklagten mit Datum vom 14. Juli 1995 am 18. Juli 1995 erst nach Arbeitsbeginn erhalten haben, weshalb auch das Telefongespräch an diesem Tag erst geführt worden sein kann, nachdem die Beklagten den Vertrag nach Maßgabe ihres Auftragsschreibens bereits als abgeschlossen betrachten mußten. Ein fernmündliches Gespräch am 18. Juli 1995 konnte deshalb nur eine Abänderung des bereits zustande gekommenen Vertrages bewirken. Da das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung der Zeugenaussagen über dieses Telefonat und seinen Inhalt keine Tatsachen hat feststellen können, ist eine solche Abänderung jedoch nicht bewiesen. Die gegen diese Beweiswürdigung gerichtete Rüge der Revision ist wie die entsprechende Rüge gegen die den Inhalt des Telefongesprächs vom 14. Juli 1995 betreffende Beweiswürdigung nicht berechtigt.

d) Zusammenfassend kann danach festgestellt werden, daß die Zedentin und die Beklagten sich jedenfalls auf einen Werkvertrag geeinigt haben, der das Versprechen der Beklagten beinhaltet, einen Pauschalpreis von 92.000,-- DM an die Zedentin zu zahlen. Die beiden Möglichkeiten des Zustandekommens , die das Berufungsgericht übersehen hat, führen nur zu einem Unterschied bei der von der Zedentin geschuldeten Gegenleistung. Ist - wie noch zu klären sein wird - das Angebot der Zedentin vom 14. Juli 1995 mit der die vorbehaltslosen Aufforderung zum Arbeitsantritt in dem Telefax der örtlichen Bauleitung der Beklagten vom 17. Juli 1995 angenommen worden, hat das Angebot der Zedentin die Gegenleistung bestimmt. Da nichts dafür ersicht-
lich ist, daß die Zedentin die in ihrem Angebot vom 14. Juli 1995 versprochene Leistung nicht vollständig erbracht hat, wird deshalb in diesem Fall der Klage der vollständige Erfolg nicht versagt werden können.
Kann der von der Klägerin behauptete Geschehensablauf dagegen nicht bewiesen werden, ist davon auszugehen, daß die Zedentin die von den Beklagten gewünschte umfangreichere Gegenleistung zu erbringen versprochen hat. Da die Zedentin diese nach der Behauptung der Beklagten nicht vollständig erbracht hat, kann in diesem Fall ein Abzug von dem vereinbarten Preis von 92.000,-- DM in Betracht kommen, wenn die gesetzlichen (z.B. § 649 BGB) oder die von der Rechtsprechung (z.B. BGH, Urt. v. 24.06.1974 - VII ZR 41/73, NJW 1974, 1864) herausgearbeiteten Voraussetzungen vorliegen, was noch weiterer tatrichterlicher Aufklärung bedarf. Dabei kann es darauf ankommen, ob die Beklagten das Leistungsergebnis, zu dem die von den Mitarbeitern der Zedentin durchgeführten Arbeiten geführt haben, so, wie es erbracht worden ist, als im wesentlichen vertragsgemäße Leistung abgenommen haben (§ 641 Abs. 1 BGB); hierfür könnte sprechen, daß ein Zerschneiden der von der Zedentin demontierten Teile nicht mehr nötig war, weil - wie die Beklagten haben vortragen lassen - am 19. Juli 1995 eine Ausnahmeerlaubnis der Sondermülldeponie erlangt worden war, die Tore dort komplett abzuliefern. Außerdem haben die Beklagten vortragen lassen, die Zedentin habe vor Ort ordentliche Arbeit geleistet. Die Klägerin hat überdies - worauf die Revision hinweist - geltend gemacht, daß vor Ort von der Zedentin das Zerschneiden der Tore und die Demontage der Rolltorkästen nicht mehr verlangt worden sei. Sollte gleichwohl ein Abzug in Betracht kommen, wird dieser ausgehend von dem vereinbarten Pauschalpreis zu berechnen sein (BGH, Urt. v. 29.06.1995 - VII ZR 184/94, NJW 1995, 2712, 2713). Die von den Beklagten vorgenomme-
ne und dem Berufungsgericht hingenommene Abrechnung nach üblichen Vergütungssätzen scheidet auch dann aus.
Rogge Jestaedt Scharen Keukenschrijver Mühlens

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 200/06
vom
1. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei einer Zurückverweisung im Beschlusswege nach § 544 Abs. 7 ZPO kommt in
entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch die Zurückverweisung
an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts in Betracht.
BGH, Beschl. v. 1. Februar 2007 - V ZR 200/06 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Februar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung weiterer 2.337.000 € nebst Zinsen aberkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an den 14. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Gründe

I.


1
Der Kläger erwarb 1994 von der später in die Beklagte eingemeindeten Gemeinde L. ein Grundstück, um darauf eine Freizeiteinrichtung und Saunaanlage zu betreiben. Das Vorhaben scheiterte daran, dass die Beklagte die Erteilung der notwendigen kommunalaufsichtlichen Genehmigung erfolgreich hintertrieb. Der Kläger verlangt nunmehr von der Beklagten Ersatz des ihm entgangenen Gewinns, hilfsweise Ersatz seines Vertrauensschadens.
2
Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Revision hat der Senat nicht zur Entscheidung angenommen (V ZR 472/99). In dem anschließenden Betragsverfahren, um das es hier geht, hat der Kläger Zahlung von zuletzt 15.102.582,30 € nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat ihm 163.000 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit welcher dieser die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 2.337.000 € nebst Zinsen erreichen will. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

II.


3
1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, in dem Grundurteil sei lediglich die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des aus der Vertragsvereitelung entstandenen Schadens festgestellt worden, aber offen geblieben, ob es sich um den Vertrauens- oder den Erfüllungsschaden handele. In der Sache stehe dem Beklagten jedoch ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu. Dieser sei nur mit 163.000 € zu bemessen. Der Kläger habe zwar "ein durchdachtes Konzept und eine gute Planung" gehabt. Dass sein entgangener Gewinn den (ihm als Vertrauensschaden) zugesprochenen Betrag übersteige, davon habe es sich nicht überzeugen können.
4
2. Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, indem es ihm keine Gelegenheit gegeben hat, zu den Gründen Stellung zu nehmen, aus denen es einen über 163.000 € hinausgehenden ent gangenen Gewinn des Klägers verneint hat.
5
a) Nach Art. 103 Abs. 1 GG darf ein Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144 f.; 96, 189, 204; 108, 341, 345 f.). Es hat in einem solchen Fall auf seine (geänderte) Rechtsauffassung hinzuweisen und den Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen (BVerfGE 84, 188, 191; 86, 133, 144; 98, 218, 263; BVerfG NVwZ 2006, 586, 587).
6
b) Das hat das Berufungsgericht hier versäumt.
7
aa) Sein Versäumnis ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass das Berufungsgericht den Kläger mit seiner Annahme überrascht hätte, ein entgangener Gewinn lasse sich jenseits der ersten fünf Betriebsjahre nicht seriös beurteilen. Diese Auffassung hat nämlich schon der in erster Instanz tätig gewordene Sachverständige M. vertreten. Er ist davon bei seiner Befragung durch das Berufungsgericht nicht abgerückt. Auch der von dem Berufungsgericht hinzugezogene Sachverständige Dr. V. hat diese Annahme nicht in Zweifel gezogen. Das Berufungsgericht war an seiner Einschätzung entgegen der Meinung des Klägers nicht aus Rechtsgründen gehindert. Zwar stellte sein Grundurteil die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Erfüllungsschadens ohne zeitliche Begrenzung fest. Das Berufungsgericht sieht sich aber nicht aus Rechtsgründen, sondern deshalb daran gehindert, dem Kläger einen entgangenen Gewinn jenseits von fünf Jahren nach der Betriebsaufnahme zuzusprechen , weil er sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit abschätzen lasse. Dem steht das Grundurteil nicht entgegen.
8
bb) Das Berufungsgericht war auch nicht gehindert, bei der Ermittlung des dem Kläger entgangenen Gewinns die von dem in erster Instanz mit der Sache befassten Sachverständigen M. seiner Berechnung zugrunde gelegten Ansätze unter Berücksichtigung der Ausführungen des von ihm selbst hinzugezogenen Sachverständigen Dr. V. kritisch zu hinterfagen und eine abweichende Berechnungsmethode anzuwenden. Es durfte dabei das geschäftliche Risiko berücksichtigen und die Frage aufwerfen, ob der Kläger angesichts seiner bisherigen geschäftlichen Erfahrungen zu der Führung eines Sauna- und Badebetriebs in der Lage war, den er sich hier vorgenommen hatte.
9
cc) Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, dass der Kläger auch bei gewissenhafter Prozessführung und insbesondere bei gewissenhafter Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit dieser Wendung des Rechtsstreits nicht rechnen konnte.
10
(1) Der Sachverständige Dr. V. stimmte zwar nicht mit allen von dem Sachverständigen M. angesetzten Einzelpositionen überein, folgte aber dessen Berechnung. Einen Ansatz für die von dem Berufungsgericht angestellten Überlegungen hatte weder die schriftsätzliche Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch die Parteien noch die Anhörung der beiden Sachverständigen durch das Berufungsgericht ergeben. Sie war auch deswegen nicht zu er- warten, weil der Sachverständige M. selbst Leiter eines großen Badebetriebs ist und über große Erfahrung bei der betriebswirtschaftlichen Bewältigung eines solchen Unternehmens hat. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage zu anderen Erkenntnissen kam, musste es die Parteien vor seiner Entscheidung darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen.
11
(2) Nach der Überzeugung des Berufungsgerichts scheitert der Kläger vor allem an dem geschäftlichen Risiko und seiner fehlenden beruflichen Erfahrung bei der Führung eines anspruchsvolleren Bäderbetriebs. Der erste Gesichtspunkt ist in dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen M. gestreift, der zweite in der Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht kurz angesprochen worden. Keiner der beiden Sachverständigen ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger bei der Umsetzung seines Konzepts auf Schwierigkeiten gestoßen wäre, die er nicht oder nur mit geschäftlichen Nachteilen hätte meistern können. Welche Risiken dies konkret hätten sein sollen, war nicht vorgetragen und wird von dem Berufungsgericht auch in seinem Urteil nicht näher erläutert. Die geschäftliche Eignung des Klägers ist von dem Gericht in der mündlichen Verhandlung hinterfragt worden. Ob dazu die aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung zu entnehmende Frage ausreichte, ob der Kläger in der Lage sei, sich mit seinem Konzept am Markt zu behaupten, ist zweifelhaft , kann aber offen bleiben. Denn es haben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger zur Führung eines solchen Betriebs und auch nicht in der Lage gewesen wäre, sich den bei ihm nicht vorhandenen, aber erforderlichen Sachverstand etwa durch Anstellung eines Betriebsleiters zu beschaffen. Worauf das Berufungsgericht seine gegenteilige Annahme konkret stützt, lässt das Berufungsurteil nicht erkennen. Es bescheinigt dem Kläger vielmehr ausdrücklich ein durchdachtes Konzept und eine gute Planung. Dass seine Klage im Kern an diesen beiden Umständen, denen das Berufungsgericht nicht weiter nachgegangen ist, scheitern könnte, damit konnte der Kläger bei dieser Sachlage nicht rechnen. Zu diesem Ergebnis konnte das Berufungsgericht nur nach näherer Sachaufklärung und auch nur gelangen, wenn diese hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür erbrachte, dass und in welchem Umfang der Kläger bei der Umsetzung seines Plans an diesen Umständen gescheitert wäre. Nähere Sachaufklärung konnte das Berufungsgericht sachgerecht zudem nur erreichen, wenn es die Parteien auf die Notwendigkeit dazu hinwies und ihnen Gelegenheit gab, dazu näher vorzutragen. Beides ist unterblieben und macht die Entscheidung des Berufungsgerichts zu einer mit Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Überraschungsentscheidung.
12
3. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um die erforderliche Sachaufklärung nachzuholen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Diese Möglichkeit ist zwar in § 544 Abs. 7 ZPO nicht ausdrücklich vorgesehen. Auf diesen Fall ist § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO aber entsprechend anzuwenden. Die Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör würde nämlich ohne die Regelung des § 544 Abs. 7 ZPO regelmäßig nicht nur zur Zulassung der Revision, sondern auch dazu führen, dass die Sache nach eingelegter Revision an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um das rechtliche Gehör nachträglich zu gewähren. Diesen Vorgang soll das Revisionsgericht im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung durch die Zurückverweisung im Beschlusswege nach § 544 Abs. 7 ZPO abkürzen können. Ersetzt die Zurückverweisung durch Beschluss aber ohne inhaltliche Einbußen die Zurückverweisung durch Revisionsurteil, dann bietet sie auch die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten (BGH, Beschl. v. 18. Januar 2005, XI ZR 340/03, BGHReport 2005, 939, 940).

13
4. Für die neue Verhandlung vor dem Berufungsgericht weist der Senat auf folgendes hin:
14
a) Dem Kläger ist mit dem rechtskräftigen Grundurteil ein Anspruch auf Ersatz seines Erfüllungsschadens dem Grunde nach zugesprochen worden. In diesem Sinne hat der Senat das Grundurteil auch bestätigt. Ersatz seines Vertrauensschadens kann dem Kläger deshalb nur hilfsweise für den Fall zugesprochen werden, dass sich ein Erfüllungsschaden nicht oder nicht in einem den zuerkannten Betrag übersteigendem Umfang sollte nachweisen lassen.
15
b) Bei der Feststellung des entgangenen Gewinns wird den in dem Berufungsurteil aufgeführten Gesichtspunkten mit sachverständiger Unterstützung nach zugehen sein. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob sich angesichts der nur geringen Erfahrungen des bislang von dem Berufungsgericht herangezogenen Sachverständigen Dr. V. bei der Begutachtung des wirtschaftlichen Betriebs von Bädern eine erneute Heranziehung dieses Sachverständigen empfiehlt.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 13.11.2003 - 3 O 10774/97 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.03.2006 - 11 U 59/04 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.