Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Aug. 2019 - VI ZB 8/18

bei uns veröffentlicht am27.08.2019
vorgehend
Landgericht Leipzig, 9 O 2876/15, 28.09.2017
Oberlandesgericht Dresden, 8 U 1631/17, 29.03.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 8/18
vom
27. August 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stützt der Anspruchsteller seinen Schadensersatzanspruch auf angeblich strafbares
Verhalten des Anspruchsgegners, so ist die Abwehr dieses Anspruchs für den Anspruchsgegner
grundsätzlich auch dann eine persönliche Angelegenheit im Sinne
von § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB, wenn der Anspruch seine Grundlage in der beruflichen
Tätigkeit des Anspruchsgegners findet.
BGH, Beschluss vom 27. August 2019 - VI ZB 8/18 - OLG Dresden
LG Leipzig
ECLI:DE:BGH:2019:270819BVIZB8.18.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2019 durch den Vorsitzenden Richter Seiters, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch, die Richterin Müller und den Richter Dr. Allgayer
beschlossen:
Dem Beklagten zu 4 wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. Ge- nius gewährt. Er hat monatliche Raten von 1.000 € an die Landes- kasse zu bezahlen. Die Rechtsbeschwerde des Beklagten zu 4 gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 29. März 2018 wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf bis zu 9.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.


1
Der Kläger nimmt unter anderem den Beklagten zu 4 (im Folgenden: Beklagter ) im Zusammenhang mit einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage auf Schadensersatz in Anspruch. Er wirft ihm insbesondere vor, für fehlerhafte Angaben im für die Kapitalanlage herausgegebenen Verkaufsprospekt, insbeson- dere für die fehlerhafte Darstellung der Ertragskraft der Anlagegesellschaft, mitverantwortlich zu sein, insoweit (Vermögens-)Straftaten zu seinen Lasten begangen und ihn sittenwidrig geschädigt zu haben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Für das vom Kläger betriebene Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht dem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt, ihm allerdings die Zahlung monatlicher Raten zu je 1.000 € auferlegt. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde , für die er zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe begehrt.

II.

2
1. Die statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
3
a) Das Berufungsgericht hat die Festsetzung monatlicher Raten mit der Erwägung begründet, der Beklagte habe den ihm als Teil seines Vermögens zustehenden Prozesskostenvorschussanspruch gegen seine Ehefrau aus § 1360a Abs. 4 BGB in Höhe von monatlich 1.000 € einzusetzen. Ein solcher Anspruch stehe ihm zu und sei auch zeitnah durchsetzbar.
4
Beim anhängigen Rechtsstreit handle es sich um eine persönliche Angelegenheit im Sinne von § 1360a Abs. 4 BGB. Zwar entspringe der Prozess der beruflichen Tätigkeit des Beklagten, er stelle sich für ihn aber trotzdem als persönliche Angelegenheit dar, weil seine Inanspruchnahme als Beklagter zum einen im Hinblick auf die erhobenen Vorwürfe seine persönliche Ehre berührten und zum anderen auch der persönliche Lebensbereich sowohl des Beklagten als auch seiner Ehefrau unmittelbar betroffen sei, wie die zugunsten von Anlegern ergangenen Arrestbeschlüsse, die auch gemeinschaftliche Vermögenswerte der Ehegatten wie Wohnungen und Gemälde betroffen hätten, zeigten.
Unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass Familiensolidarität staatlicher Fürsorge vorgehe, entspreche es der Billigkeit im Sinne des § 1360a BGB, dass die Ehefrau des Beklagten an diesen aus ihrem Einkommen monatlich 1.000 € leiste. Denn zum einen sei der Beklagte bedürftig, weil er die im Berufungsverfahren voraussichtlich anfallenden eigenen Anwaltskosten nicht aufzubringen vermöge; zum anderen erziele die Ehefrau des Beklagten ein so hohes Einkommen , dass es ihr möglich und zumutbar sei, den genannten Betrag monatlich als Prozesskostenvorschuss aufzubringen, ohne ihren eigenen angemessenen Selbstbehalt zu gefährden oder den Stamm ihres (nicht unerheblichen) Vermögens antasten zu müssen.
5
Nicht entgegen stehe der Annahme eines Anspruchs des Beklagten gegen seine Ehefrau, dass der Beklagte von Hunderten weiterer Anleger auf Schadensersatz im zweistelligen Millionenbereich in Anspruch genommen werde. Denn zum einen sei bei jeder Entscheidung über einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe die wirtschaftliche Situation im Zeitpunkt der Entscheidung zu bewerten; bislang sei dem Beklagen die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 1360a Abs. 4 BGB aber noch nicht abverlangt worden. Zum anderen habe der (Berufungs-)Senat im Rahmen der anderen bei ihm anhängigen Verfahren den im vorliegenden Verfahren berücksichtigten Prozesskostenvorschussanspruch zu Gunsten des Beklagten in Ansatz gebracht und ihm in den Parallelverfahren deshalb keine Leistungen aus seinem Vermögen abverlangt ; denn die Ehefrau des Beklagten könne nicht in sämtlichen beim (Berufungs -)Senat gegen ihren Ehemann anhängigen Berufungsverfahren Prozesskostenvorschuss gewähren, ohne ihren Vermögensstamm anzugreifen.
6
b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
7
aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde betrifft der vorliegende Rechtsstreit eine "persönliche Angelegenheit" im Sinne von § 1360a Abs. 4 BGB.
8
(1) Dass auch eine vermögensrechtliche Streitigkeit eine persönliche Angelegenheit betreffen kann, ist in Rechtsprechung (vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. November 2009 - XII ZB 46/09, NJW 2010, 372 Rn. 6; Urteile vom 30. Januar 1964 - VII ZR 5/63, BGHZ 41, 104, 110 f., juris Rn. 38; vom 18. Dezember 1959 - IV ZR 145/59, BGHZ 31, 384, 386, juris Rn. 17; KG, NJW-RR 2018, 712 Rn. 8; OLG Celle, FamRZ 2015, 1420, 1421; OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 2010, 1689) und Literatur (vgl. nur Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., § 21 Rn. 39; Rauscher, Familienrecht, 2. Aufl., Rn. 314a; FamRKomm /Klein, Marion, 6. Aufl., § 1360a Rn. 54 f.; BeckOGK/Preisner, BGB, Stand 1. August 2019, § 1360a Rn. 251; MüKoBGB/Weber-Monecke, 7. Aufl., § 1360a Rn. 26; Staudinger/Voppel, BGB, 2018, § 1360a Rn. 67) allgemein anerkannt. Bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten eines Ehegatten mit einem Dritten kommt es darauf an, ob der Rechtsstreit eine genügend enge Verbindung zur Person dieses Ehegatten aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1964VII ZR 5/63, BGHZ 41, 104, 112, juris Rn. 43). Dabei wird davon ausgegangen, dass sich eine allgemeingültige begriffliche Formel, wann eine solche genügend enge Verbindung zwischen dem Rechtsstreit und der Person des betreffenden Ehegatten besteht, schwerlich finden lassen wird, die richtige Einordnung vielmehr fallgruppenbezogen vorgenommen werden muss (BGH, Urteil vom 30. Januar 1964 - VII ZR 5/63, aaO).
9
(2) Der vorliegende Rechtsstreit weist eine genügend enge Verbindung zur Person des Beklagten auf. Zwar trifft es zu, dass - so die Rechtsbeschwerde - die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche ihre Grundlage in der beruflichen Tätigkeit des Beklagten finden. Im Streitfall spricht entscheidend für die Annahme einer persönlichen Angelegenheit aber der Umstand, dass der Kläger seine Schadensersatzansprüche auf angeblich strafbares Verhalten des Beklagten stützt. Der vom Kläger damit erhobene Vorwurf strafrechtlich relevanter Schuld und der in diesem Vorwurf enthaltene sozialethische Tadel (vgl. nur Eisele in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., Vorbemerkung zu den §§ 13 ff., Rn. 103/104) treffen den Beklagten gerade auch in seiner persönlichen Sphäre. Damit ist aber auch die Verteidigung gegen diesen Vorwurf eine persönliche Angelegenheit (vgl. auch OLG Köln, FamRZ 1979, 964, 965; FamRKomm /Klein, Marion, 6. Aufl., § 1360a BGB, Rn. 57).
10
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird dieses Ergebnis im Übrigen auch durch die Regelung des § 1360a Abs. 4 Satz 2 BGB gestützt. Zwar unterstellt sie nur die Kosten der Verteidigung in einem gegen den Ehegatten geführten Strafverfahren ohne weitere Prüfung des Merkmals der persönlichen Angelegenheit (vgl. Glasmacher, Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gemäß § 1360a IV BGB, 2003, S. 75; BeckOGK/Preisner, BGB, Stand 1. August 2019, § 1360a Rn. 262; Staudinger/Voppel, BGB, 2018, § 1360a Rn. 73; MüKoBGB/Weber-Monecke, 7. Aufl., § 1360a Rn. 26) dem unterhaltsrechtlichen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss. Die Regelung legt aber nahe, dass nach der gesetzlichen Wertung der Vorwurf einer Straftat und seine Abwehr stets persönliche Angelegenheiten des vom Vorwurf Betroffenen sind (vgl. auch BeckOGK/Preisner, aaO). Dass die Rechtsverteidigung im - wie hier - Zivilprozess nicht die Abwehr strafrechtlicher Folgen bezweckt, sondern die Abwendung schadensersatzrechtlicher Konsequenzen des angeblich strafbaren Verhaltens zum Gegenstand hat, ändert an diesem aus Sicht des erkennenden Senats entscheidenden Gesichtspunkt nichts.
11
bb) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht auch zum Ergebnis gelangt, es entspreche der Billigkeit, dass die Ehefrau des Beklagten monatlich 1.000 € Prozesskostenvorschuss an ihren Ehemann für den vorliegenden Rechtsstreit bezahlt.
12
(1) Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der Ehefrau des Beklagten sei es möglich, ihrem Ehemann, der die voraussichtlichen Prozesskos- ten nicht selbst aufbringen könne, monatlich 1.000 € als Prozesskostenvor- schuss zur Verfügung zu stellen, ohne ihren eigenen angemessenen Selbstbehalt zu gefährden oder den Stamm ihres (nicht unerheblichen) Vermögens antasten zu müssen, wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass die Ehefrau des Beklagten - wie für § 1360a Abs. 4 BGB erforderlich - leistungsfähig ist (vgl. zu der im Rahmen des § 1360a Abs. 4 BGB ausreichenden Fähigkeit zur ratenweisen Zahlung: BGH, Urteil vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04, NJW-RR 2004, 1662, 1663, juris Rn. 15 ff.).
13
(2) Auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2009 - XII ZB 46/09, NJW 2010, 372 Rn. 11) ist es der Ehefrau des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen personalen Verantwortung aus der ehelichen Lebensgemeinschaft und der allgemeinen unterhaltsrechtlichen Pflicht zum finanziellen Beistand damit auch grundsätzlich zumutbar, ihren bedürftigen Ehemann bei der Finanzierung des Rechtsstreits hinsichtlich der gegen ihn geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu unterstützen.
14
Besondere Umstände, die der Ehefrau des Beklagten die Finanzierung des vorliegenden Rechtsstreits trotz bestehender Leistungsfähigkeit unzumutbar machen würden, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde insbesondere nicht daraus, dass der Beklagte auch von zahlreichen anderen Anlegern auf Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe in Anspruch genommen wird, sich zudem einem Strafprozess zu stellen hat und seiner Ehefrau durch die auferlegten Raten - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - die Möglichkeit genommen würde, den Beklagten in diesen Verfahren zu unterstützen. Die Rechtsbeschwerde legt bereits nicht dar, dass der Beklagte in der Vorinstanz geltend gemacht hätte, dass seine Ehefrau ihn in anderen Verfahren finanziell unterstütze oder ohne die Heranziehung zum Prozesskostenvorschuss im vorliegenden Verfahren beabsichtige, ihn in anderen Verfahren zu unterstützen; vielmehr ist dem Beklagten ausweislich des angegriffenen Beschlusses und der Rechtsbeschwerdebegründung jedenfalls in den bereits anhängigen Parallelverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt worden. Dass die Zahlung monatlicher Raten gerade im vorliegenden Rechtsstreit angeordnet worden ist, hat seinen - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hinreichenden - Grund darin, dass nicht ersichtlich ist, dass die Ehefrau des Beklagten bereits in einem anderen Verfahren zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses herangezogen wurde.
15
(3) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, sind die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Billigkeit der Heranziehung der Ehefrau des Beklagten zum Prozesskostenvorschuss schließlich auch nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil in der angefochtenen Entscheidung der grundsätzliche Vorrang der Familiensolidarität vor staatlicher Fürsorge betont wird. Hat der zu finanzierende Rechtsstreit - wie hier - eine persönliche Angelegenheit des daran beteiligten Ehegatten zum Gegenstand, ist dieser nicht in der Lage, die Kosten selbst zu tragen, der andere Ehegatte aber leistungsfähig und liegen keine besonderen Umstände vor, die es für den leistungsfähigen Ehegatten unzumutbar erscheinen lassen, den Prozess zu finanzieren, so greift der § 1360a Abs. 4 BGB zugrundeliegende Grundsatz des Vorrangs der Familiensolidarität vor staatlicher Fürsorge (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2009 - XII ZB 46/09, NJW 2010, 372 Rn. 12). Nichts anderes hat das Berufungsgericht zum Ausdruck ge- bracht. Den von der Rechtsbeschwerde erhobenen Vorwurf, die Argumentation des Berufungsgerichts sei insoweit "zirkulär", vermag der erkennende Senat vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen.
16
2. Auch für das vorliegende Rechtsbeschwerdeverfahren war dem Beklagten - seinem Antrag entsprechend - Prozesskostenhilfe zu gewähren, allerdings nur unter Festsetzung von monatlichen Raten von 1.000 €.
17
a) Obwohl die Rechtsbeschwerde mit dem vorliegenden Beschluss auch in der Hauptsache zurückgewiesen wird, hatte sie im Zeitraum zwischen Eintritt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags und dem jetzigen Beschluss in der Hauptsache (vgl. zum Beurteilungszeitpunkt in der vorliegenden Fallkonstellation nur BGH, Beschluss vom 7. März 2012 - XII ZB 391/10, NJW 2012, 1964 Rn. 13 ff.; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 119 Rn. 44 ff.) hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
18
aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist die hinreichende Erfolgsaussicht in aller Regel bereits dann zu bejahen, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Denn die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Verfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Verfahren der Prozesskostenhilfe bietet den nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geschützten Rechtsschutz nicht selbst, sondern will ihn erst zugänglich machen (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 27. August 2019 - VI ZB 32/18, zVb; vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04, NJW-RR 2004, 1662, juris Rn. 7; jeweils mwN).
19
bb) Im Streitfall hat das Berufungsgericht die Rechtsbeschwerde mit der Begründung zugelassen, Rechtsprechung und Literatur sei es bislang noch nicht gelungen, eine allgemein anerkannte Definition für den Begriff der persön- lichen Angelegenheit im Sinne des § 1360a Abs. 4 BGB zu finden. Die vorliegend entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob sich die schadensersatzrechtliche Inanspruchnahme durch Personen, die sich durch die Berufsausübung des Inanspruchgenommenen sittenwidrig geschädigt oder als Betrugsopfer sähen, als dessen persönliche Angelegenheit im Sinne des § 1360a Abs. 4 BGB darstelle , sei noch nicht hinreichend geklärt. Dies traf im vorliegend für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt zu, weshalb ihre Klärung im dafür vorgesehenen Rechtsbeschwerdeverfahren veranlasst war.
20
b) Auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren konnte Prozesskostenhilfe allerdings nur gegen Ratenzahlung bewilligt werden, weil der Beklagte über einzusetzendes Vermögen in Form des gegen seine Ehefrau gerichteten Anspruchs auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verfügt.

III.

21
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; eine Kostenerstattung findet nicht statt (§ 127 Abs. 4 ZPO). Seiters von Pentz Offenloch Müller Allgayer
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 28.09.2017 - 9 O 2876/15 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 29.03.2018 - 8 U 1631/17 -

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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen.

(2) Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zur Verfügung zu stellen.

(3) Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1613 bis 1615 sind entsprechend anzuwenden.

(4) Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das Gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.

13
bb) Allerdings kann im Ausnahmefall eine nachträgliche Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch das Rechtsmittelgericht auch aufgrund einer abweichenden Beurteilung der Erfolgsaussicht geboten sein.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 32/18
vom
27. August 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In einem dem Anwaltszwang unterliegenden Verfahren wird das der Rechtsverfolgung
entgegenstehende Hindernis der Mittellosigkeit erst mit der Beiordnung
eines Rechtsanwalts beseitigt.

b) Zur Auslegung eines mit "Berufung" überschriebenen Schreibens der Naturalpartei
als Prozesskostenhilfeantrag.

c) Zur Verpflichtung des Berufungsgerichts, die erstinstanzlich unterlegene Partei
darauf hinzuweisen, dass der von ihr gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
zur Einlegung der Berufung unvollständig ist und sie innerhalb
der Berufungsfrist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse auf dem amtlichen Vordruck einreichen müsse.
BGH, Beschluss vom 27. August 2019 - VI ZB 32/18 - OLG Hamm
LG Essen
ECLI:DE:BGH:2019:270819BVIZB32.18.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2019 durch den Vorsitzenden Richter Seiters, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch, die Richterin Müller und den Richter Dr. Allgayer
beschlossen:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Mai 2018 gewährt. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der vorgenannte Beschluss aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt den Beklagten aufgrund einer körperlichen Auseinandersetzung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Die Parteien gerieten am 30. März 2014 in Streit, in dessen Verlauf der Beklagte dem Kläger einen Schlag versetzte. Der Kläger fiel zu Boden und prallte gegen die Bordsteinkante. Er erlitt jedenfalls eine Riss-Quetsch-Wunde des Nasenrü- ckens, eine Nasenbeinfraktur sowie eine Fraktur der neunten Rippe. Der Kläger behauptet, aufgrund des Vorfalls seien schwerwiegende Folgeschäden bei ihm eingetreten.
2
Die Sache war zunächst vor dem Amtsgericht anhängig, das dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt hat. Nachdem der Kläger die Klage erweitert und das Amtsgericht den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen hatte, hat das Landgericht den Beklagten mit Urteil vom 13. März 2018 verurteilt, an den Kläger 2.000 € zu zahlen; die auf Zahlung weiterer 2.826,40 € sowie auf Feststellung der Ersatzverpflichtung gerichtete Klage hat es abgewiesen. Das Urteil ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19. März 2018 zugestellt worden. Mit handschriftlichem, an das Oberlandesgericht gerichteten und bei diesem am 4. April 2018 eingegangenen Schreiben hat der Kläger erklärt: "… hiermit lege ich gegen das Urteil vom 13.3.18 mir zugestellt am 20.3.18 Be- rufung ein. … Ich bin durch den Vorfall und insbesondere durch die unmenschliche Verfah- rensweise der Richterin S[…] schwer krank geworden. Ich kann mein Nebenjob nicht mehr ausüben, wo ich dringend darauf angewiesen bin. Ich habe über 2.900 € Strom- schulden, die ich nicht zurückzahlen kann, da mich die Anwaltskosten erdrücken. … Ich weiß, dass bei Ihnen Anwaltszwang besteht. Ich kann mir einen Rechtsanwalt nicht mehr leisten. Ich hoffe, dass Sie die Sache ordnungsgemäß prüfen."
3
Mit Ersuchen vom selben Tag hat das Oberlandesgericht die Akten beim Landgericht angefordert. Mit Verfügung vom 27. April 2018 hat es darauf hingewiesen , dass die Berufung nicht formgerecht eingelegt worden sei, weil dies nur durch einen zugelassenen Rechtsanwalt erfolgen könne. Da die Berufungsfrist abgelaufen sei, könne dies auch nicht nachgeholt werden. Mit Beschluss vom 4. Mai 2018 hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts als unzulässig verworfen. Der Beschluss des Berufungsgerichts ist dem Kläger persönlich mit Postzustellungsurkunde am 11. Mai 2018 zugestellt worden.
4
Mit einem am 17. Mai 2018 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben hat der Kläger u.a. erklärt, das Oberlandesgericht habe ihm die Möglichkeit eingeräumt, Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss einzulegen. Seine "kleine Hungerrente" reiche aber "hinten und vorne nicht zum Leben". Nach Hinweis auf die Möglichkeit eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Notwendigkeit der Verwendung des amtlichen Vordrucks hat der Kläger mit einem am 5. Juni 2018 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben einen Prozesskostenhilfeantrag auf dem hierfür vorgesehenen Vordruck eingereicht. Der Senat hat dem Kläger mit Beschluss vom 21. August 2018 Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsbeschwerde bewilligt und ihm mit Beschluss vom 18. September 2018 seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten für das Rechtsbeschwerdeverfahren beigeordnet. Der Kläger beantragt Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsbeschwerde- und Rechtsbeschwerdebegründungsfrist. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt er die Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses des Oberlandesgerichts.

II.

5
Dem Kläger ist gemäß § 233 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren , weil er vor der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und der Beiordnung eines Rechtsanwalts durch den Senat ohne Verschulden daran gehindert war, diese Fristen einzuhalten. Die Wiedereinsetzungsfristen des § 234 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Diese Fristen beginnen nach § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. In einem dem Anwaltszwang unterliegenden Verfahren wie dem Rechtsbeschwerdeverfahren wird das der Rechtsverfolgung entgegenstehende Hindernis der Mittellosigkeit erst mit der Beiordnung eines Rechtsanwalts beseitigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2001 - IX ZR 407/98, WM 2001, 1038, 1039; Beschlüsse vom 17. Juni 2004 - IX ZB 208/03, NJW 2004, 2902, 2903; vom 16. Januar 2014 - XII ZB 571/12, NJW-RR 2014, 699 Rn. 11).

III.

6
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat das Verfahrensgrundrecht des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise zu erschweren (st. Rspr., vgl. BVerfGK 11, 461, 463; zuletzt Senatsbeschlüsse vom 10. April 2018 - VI ZB 44/16, VersR 2018, 1085 Rn. 5 und vom 14. März 2017 - VI ZB 36/16, NJW-RR 2017, 895 Rn. 4, jeweils mwN).
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
8
a) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Kläger mit seinem am 4. April 2018 und damit 15 Tage vor Ablauf der Berufungsfrist eingegangenen Schreiben keine - mangels Postulationsfähigkeit unzulässige - Berufung eingelegt , sondern einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt hat.
9
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Rechtsbeschwerdegericht die Würdigung prozessualer Erklärungen einer Partei uneingeschränkt nachprüfen und Erklärungen selbst auslegen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rn. 11). Die Auslegung darf auch im Prozessrecht nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Im Zweifel ist zugunsten einer Partei davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das bezweckt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer wohlverstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, NJW-RR 2010, 428 Rn. 13; BGH, Urteile vom 1. August 2013 - VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 Rn. 30; vom 9. Juni 2016 - IX ZR 314/14, BGHZ 210, 321 Rn. 46; vom 2. Februar 2017 - VII ZR 261/14, ZfBR 2017, 347 Rn. 17). Dies dient der Verwirklichung des durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gewährleisteten Anspruchs des Einzelnen auf wirkungsvollen Rechtsschutz (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2016 - IX ZR 314/14, BGHZ 210, 321 Rn. 46; BVerfG, Beschluss vom 21. April 2006 - 1 BvR 2140/05, juris Rn. 17).
10
bb) Nach diesen Grundsätzen ist das am 4. April 2018 beim Berufungsgericht eingegangene Schreiben des Klägers dahingehend auszulegen, dass er nicht Berufung eingelegt, sondern die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt hat. Der Kläger hat in seinem Schreiben zu erkennen gegeben, dass er die Beiordnung eines Rechtsanwalts begehrt, um ihm die Durchführung des Berufungsverfahrens zu ermöglichen. Er hat ausgeführt, dass er sich gegen das Urteil des Landgerichts mit der Berufung wenden wolle und wisse, dass er hierfür einen Anwalt benötige, aber aufgrund krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit und erheblicher Schulden, insbesondere Stromschulden, nicht über die für die Beauftragung eines Anwalts erforderli- chen finanziellen Mittel verfüge. Zugleich hat er seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass das Berufungsgericht die Sache ordnungsgemäß prüfe.
11
Die Auslegung seines Schreibens als Prozesskostenhilfeantrag wird auch seiner Interessenlage gerecht. Die Einlegung einer mangels Postulationsfähigkeit unzulässigen Berufung wäre offensichtlich unvernünftig.
12
b) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht bereits deshalb auf der Rechtsverletzung (§ 576 Abs. 1 ZPO), weil keine Berufung vorliegt, die kostenpflichtig verworfen werden durfte.

IV.

13
Die angefochtene Entscheidung ist deshalb aufzuheben und die Sache zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Dieses wird dabei zu unterstellen haben, dass der Kläger innerhalb der Berufungsfrist einen formal ordnungsgemäßen Antrag gestellt hat. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger innerhalb der am 19. April 2018 abgelaufenen Berufungsfrist weder eine (erneute) Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem hierfür von § 117 Abs. 4 ZPO vorgeschriebenen Vordruck eingereicht noch auf seine in der Vorinstanz eingereichte Erklärung Bezug genommen und unmissverständlich mitgeteilt hat, es habe sich seither nichts geändert (vgl. Senatsbeschluss vom 21. August 2018 - VI ZA 20/18, juris Rn. 5; BGH, Beschlüsse vom 12. Juni 2001 - XI ZR 161/01, BGHZ 148, 66, juris Rn. 5 f; vom 7. Oktober 2004 - V ZA 8/04, FamRZ 2004, 1961). Zwar kann einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Einlegung eines Rechtsmittels grundsätzlich nur stattgegeben werden, wenn neben dem Antrag innerhalb der Rechtsmittelfrist auch die notwendigen Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der erforderlichen Form gemacht werden (Senatsbeschluss vom 21. August 2018 - VI ZA 20/18, juris Rn. 4; vgl. auch Senatsbeschluss vom 14. März 2017 - VI ZB 36/16, NJW-RR 2017, 895 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 8. Mai 2019 - XII ZB 520/18, NZFam 2019, 538 Rn. 10). Das in der unterlassenen Einreichung des Vordrucks liegende Versäumnis des Klägers wirkt sich unter den Umständen des Streitfalls aber nicht zu seinen Lasten aus. Denn das Berufungsgericht hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den in der Berufungsinstanz anwaltlich nicht vertretenen und insoweit offensichtlich nicht rechtskundig beratenen Kläger darauf hinzuweisen, dass sein Prozesskostenhilfeantrag unvollständig ist.
14
1. Der aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende Anspruch des Rechtsuchenden auf ein faires Verfahren verpflichtet das Gericht zur Rücksichtnahme auf die Parteien (vgl. Senatsbeschluss vom 29. August 2017 - VI ZB 49/16, VersR 2018, 186 Rn. 13; BVerfGE 75, 183, 188 ff.; 93, 99, 114; BVerfG, NJW 2006, 1579). So sind die Gerichte beispielsweise gehalten, durch Hinweise oder andere geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern, wenn die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts "ohne weiteres" bzw. "leicht und einwandfrei" zu erkennen ist; dies kann die Weiterleitung der Rechtsmittelschrift an das zuständige Gericht im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs gebieten (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - IV ZB 17/10, NJW 2012, 78 Rn. 14; BVerfG, NJW 2002, 3692, 3693; NJW 2006, 1579). Dem Gericht ist es untersagt, aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Versäumnissen Verfahrensnachteile abzuleiten (vgl. Senatsbeschluss vom 29. August 2017 - VI ZB 49/16, VersR 2018, 186 Rn. 13; BVerfGE 75, 183, 190; 93, 99, 115; BVerfG, NJW 2006, 1579 Rn.

8).

15
Das Gebot der Rücksichtnahme gilt im Prozesskostenhilfeverfahren in besonderem Maße (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Januar 1996 - 2 BvR 306/94, StV 1996, 445 f.; VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 2004, 230; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 77. Aufl., § 117 Rn. 35; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 23. Aufl., vor § 114 Rn. 8 ff.). In diesem Verfahren ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Prozesskostenhilfe das aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG folgende Gebot der Rechtsschutzgleichheit verwirklichen soll, indem Bemittelte und Unbemittelte in den Chancen ihrer Rechtsverfolgung gleichgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Oktober 2003 - 1 BvR 901/03, NVwZ 2004, 334, juris Rn. 15; vom 5. Dezember 2018 - 2 BvR 2257/17, AGS 2019, 82, 84). Da dieses Verfahren den grundgesetzlich gebotenen Rechtsschutz nicht selbst bietet, sondern erst zugänglich macht, dürfen die Anforderungen - sowohl an den Vortrag der Beteiligten als auch bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse - nicht überspannt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2003 - 1 BvR 901/03, NVwZ 2004, 334, juris Rn. 15, 17; BGH, Beschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 106/10, FamRZ 2013, 1650 Rn. 13). Das gilt nicht nur für den ersten Zugang zum Gericht , sondern für die Wahrnehmung aller Instanzen, die eine Prozessordnung vorsieht (BVerfG, Beschluss vom 8. Januar 1996 - 2 BvR 306/94, StV 1996, 445 f.).
16
Dementsprechend ist es in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass das Gericht einen Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht wegen unterlassener Einreichung des in § 117 Abs. 4 ZPO vorgeschriebenen Vordrucks ablehnen darf, wenn es die Partei nicht zuvor erfolglos auf die Unvollständigkeit ihres Antrags hingewiesen und ihr eine Frist gesetzt hat, innerhalb der der Vordruck einzureichen ist (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2014 - 10 WF 19/14, BeckRS 2015, 2990 Rn. 3; OLG Saarbrücken, FamRZ 2012, 806 f.; OLG Rostock, FamRZ 2003, 1396; VGH Baden-Württemberg, FamRZ 2004, 125; OVG Lüneburg, FamRZ 2007, 295, 296, jeweils zum erstinstanzlichen Verfahren ; MünchKommZPO/Wache, 5. Aufl. 2016, § 117 Rn. 19; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 23. Aufl., § 117 Rn. 22; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 77. Aufl. 2019, § 117 Rn. 35; Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 117 ZPO Rn. 17; Musielak/Voit/Fischer, ZPO,16. Aufl., § 117 Rn. 19; Saenger, ZPO, 8. Aufl. § 117 Rn. 23).
17
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war das Berufungsgericht im Streitfall verpflichtet, den offensichtlich nicht rechtskundig beratenen Kläger nach Eingang seines Schreibens am 4. April 2018 darauf hinzuweisen, dass der von ihm gestellte Prozesskostenhilfeantrag unvollständig war und er innerhalb der Berufungsfrist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem amtlichen Vordruck einreichen müsse (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 28. März 2019 - IX ZA 8/18, NZI 2019, 644 Rn. 6; vom 6. Dezember 2017 - V ZA 44/17, juris Rn. 5; vom 10. November 2016 - V ZA 12/16, NJW 2017, 735 Rn. 6; vom 7. Oktober 2004 - V ZA 8/04, FamRZ 2004, 1961, juris Rn. 5 sowie BGH, Beschluss vom 3. Juli 2013 - XII ZB 106/10, FamRZ 2013, 1650; BVerfG, NJW 2000, 275; NVwZ 2004, 334, 335). Der vom Berufungsgericht am 4. April 2018 angeforderten Prozessakte bedurfte es hierfür nicht. Sowohl das Rechtsschutzziel des Klägers als auch das Fehlen des amtlichen Vordrucks waren leicht und einwandfrei zu erkennen.
18
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger, dem bereits erstinstanzlich Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen bewilligt worden war und dessen wirtschaftliche Verhältnisse sich bis auf eine geringfügige Erhöhung seiner Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht verändert hatten, auf einen solchen Hinweis - wie in der Rechtsbeschwerdeinstanz geschehen - innerhalb der Rechtsmittelfrist reagiert und eine Erklärung über seine persönlichen und wirt- schaftlichen Verhältnisse auf dem in § 117 Abs. 4 ZPO vorgeschriebenen Vordruck eingereicht hätte. Denn die Berufungsfrist lief erst am 19. April 2018 ab.
Seiters v. Pentz Offenloch
Müller Allgayer
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 13.03.2018 - 2 O 215/17 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 04.05.2018 - I-9 U 62/18 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZA 6/04
vom
4. August 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 114, 115 Abs. 1 und 2; BGB § 1360 a Abs. 2, 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2

a) Eine zugelassene Rechtsbeschwerde hat in aller Regel dann hinreichende Aussicht
auf Erfolg i.S. von § 114 ZPO, wenn die Entscheidung von der Beantwortung
schwieriger Rechtsfragen abhängt.

b) Eltern schulden ihren minderjährigen Kindern einen Prozeßkostenvorschuß auch
dann, wenn sie ihn zwar nicht in einer Summe zahlen können, aber nach § 115
Abs. 1 und 2 ZPO, der regelmäßig auch ihren notwendigen Selbstbehalt wahrt, für
eine eigene Prozeßführung zu Ratenzahlungen in der Lage wären. Dann kann
dem vorschußberechtigten Kind Prozeßkostenhilfe auch nur gegen entsprechende
Ratenzahlung bewilligt werden.
BGH, Beschluß vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - OLG Stuttgart
AG Tübingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. August 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, die
Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Der Klägerin wird als Rechtsbeschwerdeführerin für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Prozeßkostenhilfe bewilligt. Die Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts bleibt vorbehalten. Die Klägerin hat auf die Prozeßkosten monatliche Raten in Höhe von 30 € ab Wegfall der Ratenzahlungspflicht aus dem Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2004 zu zahlen. Die Zahlungen sind an die zuständige Landeskasse zu leisten.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Kindesunterhalt ab August 2003. Die 16 Jahre alte Klägerin ist die Tochter der Beklagten. Sie ist Schülerin und wohnt beim Kindesvater. Die Ehe der Eltern ist seit Juni 2003 rechtskräftig geschieden. Mit Beschluß vom 29. August 2003 hat das Amtsgericht der Klägerin für die beabsichtigte Klage Prozeßkostenhilfe ohne Raten bewilligt. Auf die Beschwerde der Staatskasse hat das Oberlandesgericht den angefochtenen Be-
schluß abgeändert und der Klägerin aufgegeben, auf die bewilligte Prozeßkostenhilfe ab März 2004 monatliche Raten in Höhe von 175 € zu zahlen. Gegen diesen Beschluß hat es die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Klägerin begehrt für die beabsichtigte Rechtsbeschwerde ratenlose Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung ihrer zweitinstanzlichen Rechtsanwältin.

II.

Der Klägerin ist die begehrte Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). 1. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde im Verfahren der Prozeßkostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. BGH Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671 m.w.N.). Um solche Fragen der persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe geht es hier allerdings.
2. Nach ständiger Rechtsprechung hat eine beabsichtigte Rechtsverfolgung in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Verfahren der Prozeßkostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Verfahren der Prozeßkostenhilfe bietet den nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geschützten Rechtsschutz nicht selbst, sondern will ihn erst zugänglich machen (BVerfGE 81, 347, 357 ff.; BVerfG NJW 1994, 241, 242; NJW 2000, 1936, 1937; BGH Beschlüsse vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438; vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554; vom 9. September 1997 - IX ZB 92/97 - NJW 1998, 82 und vom 26. April 2001 - IX ZB 25/01 - MDR 2001, 1007). Hier hat das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde wegen der rechtsgrundsätzlichen Frage zugelassen, ob auf die bewilligte Prozeßkostenhilfe Ratenzahlung angeordnet werden kann, wenn der Berechtigte zwar sonst die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Bewilligung ratenloser Prozeßkostenhilfe erfüllt, ihm allerdings ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß in Form von Ratenzahlungen zusteht. Diese Frage ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte umstritten und vom Bundesgerichtshof bislang nicht entschieden. Sie ist deswegen nicht im Verfahren der Prozeßkostenhilfe, sondern der zugelassenen Rechtsbeschwerde zu klären.

III.

Eine Beiordnung der in zweiter Instanz für die Klägerin aufgetretenen Rechtsanwältin kommt für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht in Betracht. Nach § 78 Abs. 1 Satz 4 ZPO muß sich die Klägerin im Verfahren der Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Auch die Beiordnung des erst- oder zweitinstanzlich beigeordneten Rechtsanwalts als Verkehrsanwalt kommt grundsätzlich nicht in Betracht, weil allein Rechtsfragen zu klären sind, für die eine Korrespondenz mit der Prozeßpartei von untergeordneter Bedeutung ist. Besondere Umstände, die ausnahmsweise die Bestellung eines Rechtsanwalts zur Vermittlung des Verkehrs zwischen der Partei und dem am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt erforderlich machen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere reicht es nicht aus, wenn der zweitinstanzliche Rechtsanwalt den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde begründet hat (BGH Beschluß vom 7. Juni 1982 - VIII ZR 118/80 - WM 1982, 881). Die Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts bleibt zunächst vorbehalten, weil die Klägerin noch keinen solchen Rechtsanwalt namentlich benannt hat (§ 121 Abs. 1 und 5 ZPO).

IV.

Der Klägerin kann auch für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Prozeßkostenhilfe nur gegen Ratenzahlung bewilligt werden, weil sie im Umfang der Raten über einzusetzendes Vermögen im Sinne von § 115 ZPO verfügt. 1. Nach einhelliger Auffassung schulden Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern in entsprechender Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB Prozeßkostenvorschuß für erfolgversprechende Rechtsstreitigkeiten in persönlichen Angelegenheiten (vgl. Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. IV 65; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 23; Dose Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen Rdn. 106). Die Verpflichtung hat ihren Grund in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und ergibt sich aus einer besonderen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen. Wie bei der im Gesetz ausdrücklich geregelten Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses an den getrennt lebenden Ehegatten (§ 1360 a Abs. 4 BGB) schulden auch die Eltern einen solchen Vorschuss aber nur dann, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die persönlichen Beziehungen und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien zu berücksichtigen. Der materiell-rechtliche Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß setzt deswegen voraus, daß der Berechtigte nicht in der Lage ist, die Prozeßkosten selbst zu tragen. Dies folgt schon aus dem allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsatz, wonach der Berechtigte zunächst selbst für seinen Bedarf aufkommen muß. Außerdem muß auch die Belastung des Unterhaltsschuldners mit den Prozeßkosten der Billigkeit entsprechen. Dies ist nicht der Fall, wenn er nicht hinreichend leistungsfähig ist. Dabei ist auf die auch sonst gültigen Selbstbehaltssätze der Leitlinien zurückzugreifen. Soweit dabei nach überwie-
gender Auffassung der angemessene Selbstbehalt nach §§ 1581 Satz 1, 1603 Abs. 1 BGB gewahrt bleiben muß (vgl. OLG Koblenz FamRZ 1986, 284; OLG Köln FamRZ 1999, 792), entspringt dieses der im Gesetz ausdrücklich geregelten Vorschusspflicht unter Ehegatten. Für die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses an minderjährige Kinder gilt dieses nicht in gleichem Maße. Aus der besonderen Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen (und den diesen gleichgestellten) Kindern nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB ergibt sich auch insoweit als unterste Grenze der Inanspruchnahme der notwendige Selbstbehalt. Nur wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nach Abzug der vorrangigen Verpflichtungen auf Elementarunterhalt unter Wahrung des notwendigen Selbstbehalts nicht zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses in der Lage ist, entfällt dieser Anspruch. Gleiches gilt nach prozeßkostenhilferechtlichen Grundsätzen dann, wenn der Vorschußpflichtige selbst Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung erhalten würde. Denn der unterhaltspflichtige Elternteil kann nicht verpflichtet sein, seinem Kind als Vorschuß die Kosten eines Prozesses zu erstatten, wenn er für die Kosten eines Prozesses in eigenen Angelegenheiten nicht aufkommen müsste, weil ihm dafür ratenlos Prozeßkostenhilfe bewilligt würde. 2. In der Rechtsprechung und der Literatur ist allerdings umstritten, ob ein Prozeßkostenvorschuß auch dann geschuldet ist, wenn der Vorschußpflichtige den gesamten Betrag zwar nicht in einer Summe zahlen kann, aber zu Ratenzahlungen in der Lage ist.
a) Teilweise wird die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses in Raten als unbillig angesehen (OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1414; OLG Naumburg FamRZ 2000, 1095; OLG Oldenburg FamRZ 1999, 1148; OLG München (12. Zivilsenat) FamRZ 1993, 714; OLG Karlsruhe FamRZ 1992, 77; OLG Celle (15. Zivilsenat) NdsRpfl 1995, 47; Wendl/Scholz aaO § 6
Rdn. 27; Gerhardt/Oelkers Handbuch des Fachanwalts im Familienrecht Kap. 16 Rdn. 21 f.; Dose aaO Rdn. 114). Überwiegend wird inzwischen allerdings vertreten, daß bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben zu prüfen ist, ob er den Prozeßkostenvorschuß ohne Gefährdung seines eigenen Selbstbehalts ratenweise leisten kann (OLG Dresden FamRZ 2002, 1412; OLG Köln FamRZ 2003, 102; OLG Naumburg Beschluß vom 2. Januar 2001 - 3 WF 156/00 - veröffentlicht bei Juris; OLG Nürnberg FamRZ 2001, 233; OLG München (1. Zivilsenat) OLGR München 1999, 321; OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 757; OLG Koblenz FamRZ 1991, 346; KG FamRZ 1990, 183; OLG Bamberg JurBüro 1994, 45; OLG Celle (21. Zivilsenat) JurBüro 2002, 540; Schwab/ Borth Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. Rdn. IV 78; Johannsen/Henrich/Thalmann § 115 ZPO Rdn. 67; Kühner in Scholz/Stein Teil K Rdn. 124).
b) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß unterhaltsrechtlicher Natur (BGHZ 56, 92, 94; Senatsurteil BGHZ 89, 33, 38 f.; Senatsurteil BGHZ 110, 247, 248). Nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen schuldet ein Elternteil jedenfalls dann keinen Prozeßkostenvorschuß an sein minderjähriges Kind, wenn dadurch sein notwendiger Selbstbehalt verletzt würde (Senatsurteil BGHZ 110, 247, 249). Ist der Elternteil hingegen in der Lage, ohne Verletzung seines Eigenbedarfs Raten auf den Prozeßkostenvorschuß zu leisten, steht eine mangelnde Fähigkeit, den Vorschuß in einer Summe zu leisten, dem Anspruch nicht entgegen. Die unterhaltsrechtliche Natur und der Vergleich mit den wiederkehrenden monatlichen Unterhaltsleistungen sprechen sogar ausdrücklich für eine Vorschußpflicht auch in Form von Ratenzahlungen.
Dem steht nicht entgegen, daß ein vorschußberechtigtes Kind seinerseits gegenüber seinem Prozeßbevollmächtigten und der Staatskasse in vollem Umfang vorschußpflichtig ist. Denn diese Vorschußpflicht entfällt, wenn ihm - sei es auch nur gegen Raten - Prozeßkostenhilfe bewilligt wird (a.A. Gerhardt/Oelkers aaO 16. Kap. Rdn. 22 m.w.N.). Maßgeblich ist vielmehr die Überlegung, daß der Prozeßkostenvorschuß unterhaltsrechtlich zu beurteilen ist und eine Form des Sonderbedarfs darstellt (vgl. dazu Kalthoener/Büttner/Worbel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe 2. Aufl. Rdn. 371 ff.). Wenn also der unterhaltspflichtige Elternteil für ein von ihm selbst zu führendes Gerichtsverfahren Prozeßkostenhilfe nur unter Anordnung von Raten erhalten würde und er weiterhin - wie hier der Kindesvater - über ein den notwendigen Selbstbehalt deutlich übersteigendes Einkommen verfügt, das ihn unterhaltsrechtlich in die Lage versetzt, den Sonderbedarf Prozeßkostenvorschuß zumindest in diesen Raten aufzubringen, erscheint es nicht gerechtfertigt, das prozeßführende Kind von jeder Ratenzahlungspflicht freizustellen , obwohl es unterhaltsrechtlich über Vermögen in Form eines - wenn auch ratenweise zu erfüllenden - Anspruchs auf Prozeßkostenvorschuß gegen einen Elternteil verfügt (OLG Köln FamRZ 2003, 102). Aus Gründen der Billigkeit ist lediglich eine weitergehende Ratenzahlungsbelastung, als sie nach § 115 Abs. 1 ZPO in Betracht käme, ausgeschlossen. Denn es würde dem unterhaltsrechtlichen Maßstab der Billigkeit widersprechen, wenn der Unterhaltspflichtige in stärkerem Maße in Anspruch genommen würde, als dieses bei eigener Prozeßführung der Fall wäre (OLG Dresden FamRZ 2002, 1412). 3. Mit den Raten auf seinen Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß erlangt das unterhaltsberechtigte Kind Vermögen im Sinne von § 115 ZPO, das es für die Prozeßkosten einsetzen muß. Im Umfang der Raten auf den geschuldeten
Prozeßkostenvorschuß sind der Klägerin deswegen auch für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Ratenzahlungen aufzuerlegen. Unterhaltsrechtlich ist der Kindesvater ohne Gefährdung seines eigenen notwendigen - und hier sogar des angemessenen - Selbstbehalts in der Lage, an die Klägerin einen Prozeßkostenvorschuß in monatlichen Raten zu je 30 € zu zahlen. Diese Verpflichtung zur Ratenzahlung ist für den Vater der Klägerin auch nicht unbillig, weil er nach den nunmehr nachgewiesenen Einkommensund Vermögensverhältnissen für einen eigenen Prozeß Raten in gleicher Höhe aufbringen müßte. Aus dem nachgewiesenen Nettoeinkommen in Höhe von insgesamt 2.295 € und der Mieteinnahme in Höhe von monatlich 300 € ergeben sich Gesamteinkünfte in Höhe von monatlich 2.595 €. Davon sind im Rahmen des § 115 ZPO der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 76 Abs. 2 a BSHG mit 149 €, der Einkommensfreibetrag in Höhe von 364 € und der Unterhaltsfreibetrag für die Klägerin in Höhe von 256 € abzusetzen. Weiterhin sind die Kreditbelastungen der vom Kindesvater bewohnten Eigentumswohnung in Höhe von 1.100 € und die entsprechenden Heizkosten mit 75 € zu berücksichtigen. Abzusetzen sind zusätzlich die monatlichen Darlehensraten von 600 € für die zweite Eigentumswohnung, deren Mieteinkünfte im Gegenzug als Einkommen berücksichtigt worden sind. Das ergibt ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von monatlich 51 € und damit nach § 115 ZPO eine zu erbringende monatliche Rate in Höhe von 30 €. Jedenfalls in dieser Höhe ist die Verpflichtung zur Zahlung
eines Prozeßkostenvorschusses für den Kindesvater nicht unbillig und wahrt auch dessen notwendigen Selbstbehalt, wie es der Berechnung nach § 115 ZPO systemimmanent ist.
Hahne Sprick Wagenitz Vézina Dose

(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen.

(2) Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zur Verfügung zu stellen.

(3) Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1613 bis 1615 sind entsprechend anzuwenden.

(4) Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das Gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.