Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2007 - VI ZR 233/05

bei uns veröffentlicht am07.05.2007
vorgehend
Landgericht Potsdam, , 3 O 438/96

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 233/05
vom
7. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr
am 7. Mai 2007

beschlossen:
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Mit den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien zur Hauptsache sind die Urteile der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 14. November 1996 und des 1. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. Juni 1997 wirkungslos geworden.

Gründe:

I.

1
Mit dem nunmehr in der Hauptsache für erledigt erklärten Rechtsstreit hat der Kläger vom Beklagten die Unterlassung folgender Äußerung begehrt: "Die Tatsache, dass Herr Stolpe, wie wir alle wissen, IM-Sekretär, über 20 Jahre im Dienste des Staatssicherheitsdienstes tätig, dass der die Chance erhält, 1999 hier in Berlin, auch über Berlin Ministerpräsident zu werden, d.h. dass ich sein Landeskind werde, zusammen mit anderen, das verursacht mir doch erhebliche Kopfschmerzen."
2
Der Kläger war in der DDR Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg und nach der deutschen Einigung Ministerpräsident des Bundeslandes Brandenburg. In seiner Eigenschaft als Vertreter der Kirche unterhielt er von 1969 bis 1989 Kontakte zu hauptamtlichen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), welches ihn unter der Bezeichnung "IMSekretär" als inoffiziellen Mitarbeiter (IM) in einem IM-Vorgang registriert hatte.
3
Im Vorfeld der Volksabstimmung über die Vereinigung der Bundesländer Berlin und Brandenburg hat der Beklagte - damals stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus von Berlin - die umstrittene Äußerung aufgestellt. Ihr lagen keine eigenen Recherchen des Beklagten zugrunde; dieser verweist insoweit auf die Berichterstattung in den Medien, behördliche Stellungnahmen, bekannt gewordene Stasi-Unterlagen und frühere Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema.
4
Der Kläger begehrt die Unterlassung der Äußerung, er sei "IM-Sekretär, über 20 Jahre im Dienste des Staatssicherheitsdienstes tätig" gewesen, weil dies nicht zutreffe.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision hat der Beklagte zunächst sein Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16. Juni 1998 (VI ZR 205/97 - BGHZ 139, 95) das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage u.a. deshalb abgewiesen, weil die Äußerung mehrdeutig sei. Auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundesverfassungsgericht das Revisionsurteil mit Beschluss vom 25. Oktober 2005 (1 BvR 1696/98 - BVerfGE 114, 339 = NJW 2006, 207) aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen, weil es für künftige Äußerungen nicht darauf ankomme, ob sie einer für den Äußernden günstigeren Auslegung zugänglich seien. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof haben die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte sich verpflichtet hat, die streitgegenständliche Äußerung bei Meidung einer Vertragsstrafe künftig weder aufzustellen noch zu verbreiten. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien jeweils beantragt, diese dem Gegner aufzuerlegen.

II.

6
Die Kosten des Rechtsstreits sind dem Beklagten aufzuerlegen.
7
1. Über diese Kosten hat der Senat nach den - auch noch im Revisionsverfahren zulässigen - übereinstimmenden Erledigungserklärungen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen gemäß § 91a ZPO zu entscheiden. Insoweit kommt es vornehmlich darauf an, wem die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen gewesen wären, wenn die Hauptsache nicht einvernehmlich für erledigt erklärt worden wäre (vgl. BGHZ 123, 264, 265 f.).
8
2. Ohne die übereinstimmende Erledigung der Hauptsache wäre die Revision des Beklagten zurückzuweisen gewesen.
9
a) Nach der durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gebotenen Auslegung der fraglichen Äußerung hat der Beklagte das Persönlichkeitsrecht des Klägers durch eine Tatsachenbehauptung verletzt, deren Wahrheit nicht festgestellt werden konnte. Insbesondere war der Beklagte hierzu nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen zum Zwecke der öffentlichen und politischen Meinungsbildung des Wahlvolks in der Zeit einer Volksabstimmung be- rechtigt. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht auch die Stellung des Beklagten als Parteipolitiker und Abgeordneter des Berliner Abgeordnetenhauses mit berücksichtigt. Bei dieser Sachlage hätte ein Unterlassungsanspruch des Klägers analog § 1004 BGB bejaht werden müssen.
10
Für diese Beurteilung kommt es nicht darauf an, inwieweit den Beklagten bei seiner Äußerung ein Verschulden traf; denn der allein auf die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch setzt kein schuldhaftes Verhalten voraus. Entgegen der Auffassung der Revision ist deshalb auch ohne Bedeutung, inwieweit der Beklagte auf Grund vorangegangener Gerichtsentscheidungen gegen den Kläger aus dem Jahre 1993 (vgl. LG Berlin AfP 1993, 675; KG NJW-RR 1994, 926) die Äußerung für berechtigt halten konnte.
11
b) Im Revisionsverfahren wäre der Sachverhalt auch nicht anders zu beurteilen gewesen, nachdem der Beklagte nunmehr Schriftstücke vorgelegt hat, die gemäß § 580 Nr. 7 lit. b ZPO einen Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens darstellen sollen.
12
Mit Ausnahme eines Vermerks über eine Abteilungsleiterbesprechung in der Staatssicherheit der DDR stellen die neu vorgelegten Schriftstücke schon deshalb keinen Wiederaufnahmegrund dar, weil sie erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erstellt worden sind. Dies schließt eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 580 Nr. 7 lit. b ZPO aus (vgl. BGHZ 30, 60, 64 f.; 46, 300, 303; BGH, Urteile vom 8. Februar 1984 - IVa ZR 203/81 - VersR 1984, 453, 455; vom 21. Dezember 1988 - IVb ZR 1/88 - NJW-RR 1989, 258).
13
Auch der vorgelegte Vermerk über eine Abteilungsleiterbesprechung, wonach vom Staatssicherheitsdienst der DDR Anfang 1970 u.a. ein "IMV" unter dem Namen Sekretär "geworben" worden sein soll, hätte eine Aufhebung des Berufungsurteils aus Gründen der Prozessökonomie nicht gerechtfertigt, denn allein die Prozessökonomie würde nicht ausreichen, im Revisionsverfahren wegen eines Restitutionsgrundes gemäß § 580 Nr. 7 b ZPO das neu vorgelegte Schriftstück entgegen § 559 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen, um damit eine Wiederaufnahme vorwegzunehmen (vgl. BGHZ 18, 59, 60; BGH, Urteile vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99 - BGHR ZPO § 561 Abs. 1 Satz 1 Tatsachen, neue 3; vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02 - NJW 2003, 2088, 2089).
14
c) Soweit der Beklagte geltend macht, die Verurteilung durch das Berufungsgericht sei zu weitgehend, ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht Sache des Gerichts, dem Verletzer die Wege aufzuzeigen , die aus dem Verbot herausführen. Vielmehr durfte die Behauptung des Beklagten in ihrer konkret geäußerten Fassung ohne Einschränkung verboten werden (vgl. zuletzt BGHZ 118, 53, 56; BGH, Urteil vom 11. April 2002 - I ZR 317/99 - NJW 2002, 2096 unter II 1 b cc (3); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., 51. Kap., Rn. 25 m.w.N.). Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 14.11.1996 - 3 O 438/96 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 18.06.1997 - 1 U 33/96 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2007 - VI ZR 233/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2007 - VI ZR 233/05

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 3/99
vom
13. Januar 2000
in dem Rückerstattungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ÜberlG §§ 1, 2; ZPO §§ 561, 580 ff; BRüG §§ 6a, 43a

a) Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung tatsächlichen
Vorbringens zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz gilt grundsätzlich
auch im Verfahren der weiteren Beschwerde in Rückerstattungssachen.

b) Der im Allgemeininteresse liegende Zweck des § 6a BRüG gebietet es, Behauptungen
zu Restitutionsgründen, mit denen einem unlauteren Verhalten
des Antragstellers entgegengetreten werden kann, im Verfahren der weiteren
Beschwerde zuzulassen.
BGH, Beschluß vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer
am 13. Januar 2000

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragsgegners werden die Beschlüsse des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. Dezember 1998 und der Zivilkammer 150 des Landgerichts Berlin vom 11. Juli 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:


I.


Die 1934 aus Deutschland ausgewanderte Antragstellerin hat als Alleinerbin ihrer am 10. April 1935 in Berlin als Witwe verstorbenen Mutter B. M.
geb. Ma. rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz wegen Entziehung von Schmuck, Hausratssilber und einer Münzsammlung im Wiederbeschaffungswert von insgesamt 234.778,40 DM begehrt. Die Anspruchsanmeldung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13. April 1960 zurückgenommen, "da anzunehmen ist, dass seitens der oder des Testamentsvollstreckers eine Regelung durchgeführt wurde". Mit Schriftsatz vom 8. August 1960 hat die Antragstellerin beantragt, den Schriftsatz vom 13. April 1960 als unwirksam anzusehen, hilfsweise , ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ihr sei zur Zeit der Rücknahme nicht bekannt gewesen , daß tatsächlich noch Beweisunterlagen existiert hätten. Im Sommer dieses Jahres (1960) habe sie unter ihren vielen Papieren zufällig einen Brief ihres Onkels - des am 10. Januar 1941 verstorbenen Justizrats S. Ma., eines Bruders ihrer Mutter - vom 15. November 1938 gefunden. Danach stehe fest, daß die Schmucksachen zugunsten des Deutschen Reiches hätten abgeliefert werden müssen. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 1960 hat die Antragstellerin weiter hilfsweise beantragt, das Verfahren mit Rücksicht auf die Urkunde vom 15. November 1938 wieder aufzunehmen. Der vorgedruckte Briefkopf dieses Schreibens weist unter anderem den Namen "Justizrat S. Ma." auf. Der mit Schreibmaschine geschriebene Text hat folgenden Wortlaut:
"Liebe T., Du musst die Anträge bei der Devisenstelle dringend stellen, da mir Israel wieder eine Rechnung geschickt hat. Ich glaube, dass die Wohnungseinrichtung Deiner lieben Mutter dort noch am sichersten untergebracht ist, wenn man in Betracht zieht, unter welch schwierigen Umständen ich und Onkel W. die Sachen zu Israel transportieren liessen. Wie ich Dir schon beschrieb, musste ich die Schmucksachen Deiner lieben Eltern bei einer dafür besonders eingerichteten amtlichen
Stelle abliefern. Das ist eine allgemeine Bestimmung und kann mann nur hoffen, dass Du sie zurück erhältst, wenn erst wieder normale Zeiten sind. Lass bald wieder von Dir hören und sei herzlichst gegrüsst von Deinem" Danach folgt in Handschrift das Wort "S.".
Die Antragstellerin hat behauptet, ihre Mutter sei vor ihrem Tode eine Woche bettlägerig krank gewesen. Als der Arzt zur Operation geraten habe, habe die Mutter ihren Schmuck und die Münzsammlung dem Justizrat Ma. zur Aufbewahrung übergeben. Dieser habe die Sachen im Jahre 1938 an eine amtliche Stelle abliefern müssen. Dazu hat die Antragstellerin ein undatiertes, auf einem Blatt mit dem Briefkopf "Justizrat S. Ma." enthaltenes und ebenfalls mit "S." unterzeichnetes Schreiben sowie eine elfseitige Wertsachenaufstellung vorgelegt. Der maschinengeschriebene Text dieses Schreibens lautet:
"Liebe T., Mein Mandant, Herr Sch., hat sich freundlicher Weise bereit erklärt, Dir die Aufstellung der abgelieferten Wertsachen zu übergeben und Dir die diesbezüglichen näheren Umstände zu schildern. Entgelt wurde nicht gezahlt, da die Konfiszierung nur eine vorübergehende Sicherheitsmassnahme darstellt. Auf baldiges Wiedersehen, Dein",
Am Ende der Wertsachenaufstellung heißt es:
"Abgeliefert nach amtlicher Aufforderung November 1938."
Danach folgt die Unterschrift "S. Ma.".
Das Landgericht hat den Rückerstattungsanspruch mit Beschluß vom 13. Februar 1969 zurückgewiesen, weil das Verfahren durch die Rücknahme des Anspruchs beendet worden sei. Die sofortige Beschwerde zum Kammergericht ist erfolglos geblieben. Die Entscheidungen wurden durch Beschluß des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin vom 24. Februar 1972 mit der Begründung aufgehoben, eine an sich unwiderrufliche Prozeßhandlung wie die Rücknahme des Rückerstattungsantrags könne bei Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes widerrufen werden. Ein solcher Wiederaufnahmegrund sei hier in Gestalt des Schreibens des Justizrats Ma. gegeben (§ 580 Nr. 7b ZPO). Die Existenz des Schreibens sei der Antragstellerin bis zum Sommer 1960 unbekannt gewesen, und es könne festgestellt werden, daß die auf diese Unkenntnis zurückzuführende Unmöglichkeit, das Schreiben schon früher vorzulegen , nicht auf Verschulden beruhe.
Mit Beschluß vom 4. September 1980 hat das Landgericht den Rückerstattungsanspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Antragstellerin habe die Ablieferung von Wertgegenständen im Jahre 1938 durch Justizrat Ma. - dieser hatte aus rassischen Gründen im Jahre 1933 sein Notariat und im Jahre 1937 seine Anwaltspraxis verloren und sich von da an im Jüdischen Altersheim aufgehalten - nicht beweisen können. Das undatierte Schreiben und die
Wertsachenaufstellung seien nicht vor 1950 gefertigt und schieden deshalb als Entziehungsnachweis aus.
Diesen Beschluß hat das Kammergericht mit Beschluß vom 15. April 1985 aufgehoben, weil das Landgericht nicht alle Möglichkeiten zur Aufklärung erschöpft habe. Insbesondere müsse ein weiteres Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt werden, ob ausgeschlossen werden könne, daß das undatierte, mit "S." unterzeichnete Schreiben und die Wertsachenaufstellung bereits um die Jahreswende 1938/39 angefertigt worden seien. Bejahendenfalls hätte sich die Antragstellerin mit Hilfe des Zeugen Sh. (früher: Sch.) unlauterer Mittel zur Durchsetzung eines im Rückerstattungsverfahren geltend gemachten Anspruchs bedient und damit einer Versagung ihres Anspruchs nach § 6a BRüG ausgesetzt.
Mit Beschluß vom 11. Juli 1990 hat das Landgericht den Antragsgegner unter Zurückweisung des weitergehenden Rückerstattungsantrags verurteilt, an die Antragstellerin 43.310 DM nach Maßgabe der §§ 34 ff BRüG zu zahlen. Es hat ausgeführt, die Entziehung der in der Wertsachenaufstellung aufgelisteten Gegenstände könne - soweit nicht entsprechende Zeugenaussagen vorlägen - weder ihrem Umfang noch den darin näher bezeichneten Wertmaßstäben nach als glaubhaft gemacht angesehen werden. Auch nach dem ergänzend eingeholten Gutachten des FBI-Laboratoriums seien das undatierte Schreiben und die Wertsachenaufstellung mit einer Schreibmaschine beschriftet worden, deren Schrifttypen erst 1950 in den Handel gekommen seien. Gleichwohl sei der Antragstellerin der Anspruch nicht gemäß § 6a BRüG zu versagen, weil ihr der subjektive Tatbestand nicht nachgewiesen werden könne. Es sei nicht auszuschließen , daß die Antragstellerin in dem guten Glauben gewesen sei, die von
dem Zeugen Sh. gefertigte Aufstellung sei diesem von ihrem Onkel übergeben worden. Die Antragstellerin selbst habe sich bei der Beschreibung des Schmucks ihrer Mutter deutlich zurückgehalten und erklärt, ihn nicht näher beschreiben zu können. Abgesehen von drei Skizzen habe die Antragstellerin sich nur auf die überreichte Aufstellung und die im Hausratsverfahren eingereichten eidesstattlichen Erklärungen der Zeugen K., E., F. und Schl berufen. Übertriebene Wertangaben allein seien kein Versagungsgrund. Über den Rükkerstattungsanspruch sei daher unter Außerachtlassung der Wertsachenaufstellung und des undatierten Schreibens, aber unter Zugrundelegung des Schreibens des Onkels der Antragstellerin vom 15. November 1938 zu entscheiden. Danach sei der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin rückerstattungsrechtlichen Schadensersatz wegen der Entziehung bestimmter, im Gutachten des Sachverständigen C. vom 27. Oktober 1964 aufgeführter Edelmetall - und Schmuckgegenstände, ferner wegen zwei viereckiger Goldmünzen zu leisten. Bei diesen Gegenständen handele es sich um solche, die auf den Fotografien, vornehmlich von der Mutter der Antragstellerin, erkennbar seien, und um solche, deren Existenz die Zeugen K., E. und Schl. in ihren eidesstattlichen Versicherungen vom 3. Juli 1962, 8. Juni 1962 und 22. Dezember 1961 bekundet hätten. Es könne durchaus sein, daß der Justizrat Ma. entsprechend seinem Schreiben vom 15. November 1938 schon zu dieser Zeit zur Ablieferung der Edelmetallgegenstände aufgefordert worden sei. Es sei anzunehmen, daß er sie abgeliefert habe und daß die Einziehung und Verwertung nach der Ablieferungsverordnung vom 21. März 1939 erfolgt sei.
Mit seiner gegen diesen Beschluß eingelegten sofortigen Beschwerde hat der Antragsgegner geltend gemacht, das Landgericht habe sich über die rechtliche Bindung an den Beschluß des Kammergerichts vom 15. April 1985
hinweggesetzt. Das Kammergericht habe festgestellt, daß im Falle einer nachgewiesenen Fälschung der Wertsachenaufstellung und des undatierten Begleitschreibens die Versagungsgründe nach § 6a BRüG gegeben seien. Da eine Fälschung nach dem Gutachten des FBI vom 26. August 1988 zu bejahen sei, hätte das Landgericht die Ansprüche nach dieser Vorschrift versagen müssen.
Mit Beschluß vom 1. Dezember 1998 hat das Kammergericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einem Rechtsfehler beruhe. Die Rücknahme der Anmeldung mit Schriftsatz vom 8. August 1960 stehe der Durchführung des Rückerstattungsverfahrens nicht entgegen, weil die Beweisaufnahme nicht ergeben habe, daß das nachträglich aufgefundene Schreiben vom 15. November 1938 später angefertigt worden sei. Nach dem Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes vom 23. September 1976 sei dieses Schreiben mit einer Adler-Schreibmaschine gefertigt worden, die am 15. November 1938 bereits im Handel gewesen sei. Die Untersuchungen des FBI hätten zum selben Ergebnis geführt. Allein deshalb , weil das undatierte Schreiben und die Wertsachenaufstellung nicht schon 1938/39, sondern erst 1950 oder danach gefertigt worden seien, habe das Landgericht nicht nach § 6a BRüG den Anspruch versagen müssen. Die Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 15. April 1985 stehe dem nicht entgegen. Die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses vom 4. September 1980 durch diese Entscheidung beruhe allein auf einer angenommenen Verletzung von § 12 FGG, nicht aber auf Ausführungen zu § 6a BRüG. Das Landgericht habe daher in eigener Verantwortung prüfen müssen, ob die Voraussetzungen dieser Norm vorgelegen hätten. Die Annahme des Landgerichts , in der Person der Antragstellerin seien die subjektiven Voraussetzungen
für eine Anwendung dieser Vorschrift nicht feststellbar, sei zumindest vertretbar. Daß der Mutter der Antragstellerin Wertsachen entzogen worden seien, habe das Landgericht zutreffend aufgrund des Schreibens des Justizrats Ma. vom 15. November 1938 festgestellt. Die Schadenshöhe habe das Landgericht im Wege der Schätzung bestimmt. Insoweit seien Rechtsfehler nicht zu erkennen und mit der sofortigen Beschwerde auch nicht aufgezeigt worden.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Begehren auf Abweisung des Antrags auf Rückerstattung weiter. Er hält die Rüge einer Verletzung von §§ 565 Abs. 2, 318 ZPO aufrecht. Aber auch unabhängig davon sei der Anspruch nach § 6a BRüG zu versagen, weil die Antragstellerin sich unlauterer Mittel zur Durchsetzung ihrer Ansprüche bedient habe. Im übrigen sei (auch) die Urkunde vom 15. November 1938 nicht echt. Die erst am 6. Januar 1999 von dem Antragsgegner aufgefundene JuVA-Akte (betreffend die Vermögensabgabe von Juden) des Finanzamtes Moabit-West - ........ - über die Antragstellerin enthalte eine von Justizrat Ma. unter dem Datum vom 24. Juni 1940 unterschriebene Urkunde über die Erteilung einer Prozeßvollmacht und ein eigenhändiges Schreiben des Justizrats mit demselben Datum. Beide Unterschriften ähnelten nicht der Unterschrift unter dem Schreiben vom 15. November 1938. Diese gleiche vielmehr derjenigen auf dem unechten undatierten Begleitschreiben zu der Wertsachenaufstellung. Daraus sei der Schluß zu ziehen , daß beide Schreiben von derselben Person, die nicht S. Ma. gewesen sein könne, unterfertigt worden seien. Weiter folge daraus, daß die Behauptungen der Antragstellerin, das Schreiben vom 15. November 1938 sei ihr während ihrer Flucht aus Italien nachgesandt worden und sie habe es jahrelang in ihrem Gepäck gehabt, bevor sie es im Sommer 1960 wiedergefunden habe, unrichtig seien; denn das Schreiben vom 15. November 1938 könne dann auch
nur im Zusammenhang mit der Herstellung der Wertsachenaufstellung und dem Begleitschreiben angefertigt worden sein, mithin nach 1950.

II.


1. Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß § 1 des Gesetzes zur Überleitung der Zuständigkeit der Obersten Rückerstattungsgerichte auf den Bundesgerichtshof (Art. 9 Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2847, 2862 - fortan: ÜberlG) i.V.m. § 11 Nr. 1 Buchst. d BRüG, Art. 62 Abs. 2 REAO statthaft und nach §§ 2 ff ÜberlG auch im übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse vom 11. Juli 1990 und 1. Dezember 1998 und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
2. Ohne Rechtsverstoß haben Land- und Kammergericht angenommen, die Ansprüche seien nicht allein wegen der Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 15. April 1985 gemäß § 6a BRüG zurückzuweisen. Mit den Bemerkungen auf Bl. 9 des Umdrucks dieses Beschlusses, wenn die Wertsachenaufstellung und das undatierte Schreiben nicht aus der Verfolgungszeit stammten, hätte sich die Antragstellerin mit Hilfe des Zeugen Sh. unlauterer Mittel zur Durchsetzung eines im Rückerstattungsverfahren geltend gemachten Anspruchs bedient und damit einer Versagung ihres Anspruchs nach § 6a BRüG ausgesetzt, wollte das Kammergericht nicht zum Ausdruck bringen, daß im Fall der Feststellung einer Fälschung der genannten Unterlagen der Anspruch ohne weitere Prüfung nach § 6a BRüG zu versagen sei. Schon der Wortlaut dieser Ausführungen - die Antragstellerin hätte sich einer
Versagung ihres Anspruchs "ausgesetzt" - zwingt nicht zu einem anderen Verständnis. Dafür spricht auch, daß das Landgericht sich im Beschluß vom 4. September 1980 jedes Hinweises auf § 6a BRüG enthalten hat. Auch wenn das Kammergericht im folgenden annahm, das Landgericht habe "tatsächlich den Vorwurf der Unlauterkeit jedenfalls erhoben", indem es zu dem Schluß gekommen sei, daß die beiden Schriftstücke erst nachträglich angefertigt seien und deshalb als Entziehungsnachweis ausschieden, fehlte es jedenfalls an einer Feststellung der erforderlichen subjektiven Voraussetzungen des § 6a BRüG auf seiten der Antragstellerin. Da nicht davon auszugehen ist, das Kammergericht habe diesen Umstand übersehen, sind seine Ausführungen allenfalls dahin zu verstehen, daß bei einem Nachweis der Fälschung die Versagung des Anspruchs nach § 6a BRüG naheliege und geprüft werden müsse. Dieses Verständnis wird durch die Ausführungen auf Bl. 15 des Beschlußumdrucks bestätigt, wo es heißt, ob das Schreiben vom 15. November 1938 als Beweis für eine Entziehung von "Schmucksachen" jedenfalls dem Grunde nach ausreiche, selbst wenn nach Abschluß der noch notwendigen weiteren Ermittlungen ausgeschlossen werden könne, daß die Wertsachenaufstellung und das undatierte Begleitschreiben ebenfalls um die Jahreswende 1938/39 geschrieben worden seien, müsse das Landgericht zu gegebener Zeit entscheiden ; anders dürfte es sein, wenn die Voraussetzungen des § 6a BRüG festgestellt werden sollten. Geschehe das nicht, müßten (zugunsten der Antragstellerin ) weitere Umstände berücksichtigt werden. Diese Ausführungen belegen mit hinreichender Klarheit, daß das Kammergericht ungeachtet der wiedergegebenen mißverständlichen Wendungen auf Bl. 9 des Beschlußumdrucks die Voraussetzungen des § 6a BRüG keineswegs mit bindender Wirkung bejahen, sondern deren Feststellung - wie prozessual geboten - dem Landgericht als Tatrichter überlassen wollte.

3. Der Antragsgegner macht mit der weiteren Beschwerde ferner geltend , das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 6a BRüG rechtsfehlerhaft verneint.

a) Zur Begründung führt er aus, das Landgericht habe nicht s ämtliche bekannten Umstände berücksichtigt, die dafür sprächen, die Antragstellerin habe sich unlauterer Mittel bedient oder vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder irreführende Angaben über Grund oder Höhe des Anspruchs gemacht , veranlaßt oder zugelassen. Im gegenwärtigen Verfahrensstand bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob diese Rüge für sich genommen die Annahme begründen könnte, die tatrichterliche Würdigung des Landgerichts, die subjektiven Voraussetzungen des § 6a BRüG auf seiten der Antragstellerin ließen sich nicht feststellen, beruhe auf Rechtsfehlern. Ein Erfolg dieser Rüge könnte allenfalls zu einer Zurückverweisung an das Landgericht zur weiteren Prüfung dieser Frage führen. Das gleiche Ergebnis wird aber bereits mit dem Vorbringen des Antragsgegners zu den nach Erlaß der landgerichtlichen Entscheidung während des Verfahrens der weiteren Beschwerde aufgefundenen Urkunden vom 24. Juni 1940 erreicht.

b) Läßt sich - was aufgrund der eingehenden Ausführungen des Antragsgegners möglich erscheint - anhand eines Schriftvergleichs nachweisen, daß die Urkunde vom 15. November 1938 gefälscht ist und in Wahrheit nicht von S. Ma. unterschrieben wurde, läge darin nicht nur ein erhebliches Beweisanzeichen dafür, daß die Antragstellerin sich zur Durchsetzung eines rükkerstattungsrechtlichen Anspruchs vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig unlauterer Mittel bedient hätte. Vielmehr würde darüber hinaus die Zulässigkeit
des vorliegenden Rückerstattungsverfahrens in Frage gestellt. Das Oberste Rückerstattungsgericht für Berlin hat in seinem Beschluß vom 24. Februar 1972 den Widerruf der Rücknahme des Rückerstattungsantrages nur mit Rücksicht auf die von der Antragstellerin vorgelegte Urkunde vom 15. November 1938 aus dem Gesichtspunkt der Wiederaufnahme des Verfahrens für zulässig gehalten. Wäre die Urkunde gefälscht, fehlte es insoweit an einem Wiederaufnahmegrund, denn dann würde die Urkunde schwerlich zu einer der Antragstellerin günstigen Entscheidung geführt haben (§ 580 Nr. 7b ZPO). Dies könnte ungeachtet der dem Beschluß des Obersten Rückerstattungsgerichts für Berlin entsprechend § 565 Abs. 2 ZPO zukommenden Bindungswirkung berücksichtigt werden, weil ein anderer Sachverhalt zugrunde zu legen wäre, für den die bisherige rechtliche Beurteilung nicht zuträfe (vgl. BGH, Urt. v. 7. März 1983 - VIII ZR 331/81, NJW 1983, 1496, 1497; v. 3. April 1985 - IVb ZR 18/84, NJW 1985, 2029, 2030).
4. Mit seinem Vorbringen zu den Urkunden vom 24. Juni 1940 trägt der Antragsgegner Restitutionsgründe im Sinn von § 580 Nr. 2, 4 und 7b ZPO vor. Dieser Vortrag ist im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen, auf das gemäß § 2 ÜberlG die Vorschriften der §§ 545 bis 566a ZPO grundsätzlich entsprechende Anwendung finden.

a) Im Revisionsverfahren kann tatsächliches Vorbringen zu den in § 580 Nr. 1 bis 7 ZPO angeführten Restitutionsgründen zu berücksichtigen sein.
aa) Soweit die Restitutionsgründe auf einer strafbaren Handlung beruhen (§ 580 Nr. 1 bis 5 ZPO), können sie in der Revisionsinstanz geltend gemacht werden, wenn deswegen eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist
(§ 581 Abs. 1 ZPO; BGHZ 3, 65, 68; 5, 240, 247). Der Grund für diese Abweichung von dem Grundsatz des § 561 ZPO liegt hier in erster Linie nicht im Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit, sondern vornehmlich darin, daß das in der Revisionsinstanz ohne Berücksichtigung des neuen Vorbringens ergehende Urteil sich unter Umständen mit dem Inhalt eines bereits vorliegenden rechtskräftigen Erkenntnisses eines anderen Gerichts in Widerspruch setzen oder doch dieses Erkenntnis unbeachtet lassen würde. Daraus ergäben sich für die Einheitlichkeit und das Ansehen der Rechtsprechung in hohem Maße abträgliche Folgen. Demgegenüber ist eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Restitutionsgründe in der Revisionsinstanz ausgeschlossen, wenn nach der Überzeugung des Revisionsgerichts ein Zusammenhang des Geschehens , das den Gegenstand des neuen Vorbringens und des neu vorgebrachten rechtskräftigen Urteils bildet, mit dem Berufungsurteil des anhängigen Verfahrens nicht bestehen kann. Damit soll die mit der Zulassung des neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz an sich verbundene Gefahr einer mißbräuchlichen Hemmung des Eintritts der Rechtskraft oder der Vollstreckung eines in der Berufungsinstanz ergangenen Urteils auf ein Mindestmaß begrenzt werden, das im Interesse der Wirtschaftlichkeit, der Einheitlichkeit und des Ansehens der Rechtsprechung in Kauf genommen werden muß (BGHZ 3, 65, 68 f; 5, 240, 247 f). Ob auch in solchen Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO das neue Vorbringen in der Revisionsinstanz zuzulassen ist, in denen es an einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der strafbaren Handlung fehlt und die Begrenzung der erwähnten Gefahr deshalb erhöhten Schwierigkeiten begegnet, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offengelassen (BGHZ 3, 65, 69).
bb) Beruft sich der Revisionskläger in der Revisionsinstanz auf einen Tatbestand des § 580 Nr. 7b ZPO, hängt es von der jeweiligen verfahrens-
rechtlichen Lage des anhängigen Rechtsstreits ab, ob die aufgezeigte Gefahr in Kauf genommen und das neue tatsächliche Vorbringen zugelassen werden kann. Das trifft etwa zu, wenn das Urteil des Revisionsgerichts ohne Berücksichtigung der neuen Tatsachen zur Folge haben würde, daß in dem anhängigen Verfahren noch weitere unrichtige Urteile ergehen, die nur durch eine Restitutionsklage beseitigt werden können (BGHZ 5, 240, 248 f). Wird der Rechtsstreit durch das Urteil des Revisionsgerichts insgesamt beendet, können neue Tatsachen und Beweismittel, die einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7b ZPO darstellen, grundsätzlich nicht entgegen § 561 ZPO vom Revisionsgericht berücksichtigt werden. Diese Norm dient dem Zweck, jeden Rechtsstreit möglichst schnell beizulegen und die rechtliche Ungewißheit bald zu klären. Sie darf daher nur in solchen Fällen durchbrochen werden, in denen höhere Belange der Allgemeinheit und der ihr dienenden Rechtspflege dies fordern. Gründe der Prozeßwirtschaftlichkeit allein genügen dazu nicht (BGHZ 15, 59,

60).



b) Im Rückerstattungsverfahren sind die Vorschriften der §§ 578 ff ZPO über die Wiederaufnahme des Verfahrens grundsätzlich entsprechend anwendbar (ORG/II/695 v. 13. Dezember 1957, ORGE Zweiter Senat Bd. II, 205, 206 = RzW 1958, 136, 137; ORG/II/639 v. 26. September 1958, RzW 1959, 17; ORG/III/747 v. 10. Dezember 1965, ORGE Dritter Senat Bd. XII, 111, 118 f; ORG/A/1800 v. 24. Juni 1960, ORGE für Berlin Bd. XIV, 132, 137; Marsden, in: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz Bd. II Das Bundesrückerstattungsgesetz S. 465). Eine Ausnahme gilt freilich insoweit, als Wiederaufnahmegründe mit solchen Gründen übereinstimmen, die gemäß § 43a BRüG zur Aufhebung ei-
ner rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellung eines rückerstattungsrechtlichen Anspruchs führen können. Dies trifft für die Fälle des § 580 Nr. 3 und 4 ZPO zu. Diese Normen treten hinter der Sonderregelung des § 43a BRüG zurück (ORG/A/5894 v. 16. Dezember 1971, ORGE für Berlin Bd. 29, 116, 120; ORG/A/6920 v. 25. August 1976, ORGE für Berlin Bd. 32, 183, 188; Marsden aaO S. 467).
Es bestehen keine Bedenken, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit tatsächlichen Vorbringens zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz auf das Verfahren der weiteren Beschwerde in Rückerstattungssachen zu übertragen (vgl. auch ORG/III/747 aaO S. 119). Soweit § 580 ZPO durch § 43a BRüG verdrängt wird, ist das Vorbringen zu dieser Norm im Verfahren der weiteren Beschwerde unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Vorbringen zu § 580 ZPO zu berücksichtigen.

c) Im Streitfall kommt im Hinblick auf die von dem Antragsgegner geltend gemachten Restitutionsgründe im Sinn von § 580 Nr. 2, 4 ZPO die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens wegen fälschlicher Anfertigung oder Verfälschung einer Urkunde oder wegen einer in Beziehung auf den Rechtsstreit verübten Straftat (etwa § 263 StGB) weder gegen den Zeugen Sh. noch gegen die Antragstellerin in Betracht. Der Zeuge ist am 28. Februar 1983 verstorben , die Antragstellerin lebt in den Vereinigten Staaten von Amerika und ist nahezu 100 Jahre alt. Gemäß § 581 Abs. 1 Fall 2 ZPO kann in einem solchen Fall die Restitutionsklage auch ohne eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung stattfinden.
Der Antragsgegner war ohne sein Verschulden außerstande, die Restitutionsgründe früher, insbesondere in der durch Beschluß des Landgerichts vom 11. Juli 1990 abgeschlossenen Tatsacheninstanz geltend zu machen (vgl. § 582 ZPO). Er hat glaubhaft gemacht, daß er im vorliegenden Rückerstattungsverfahren erst am 6. Januar 1999 auf die JuVA-Akten über die Antragstellerin gestoßen ist und in ihnen die von S. Ma. unterschriebenen Urkunden vom 24. Juni 1940 gefunden hat. Daß der Antragsgegner nicht früher nach diesen Akten geforscht und deshalb erst im Verfahren der weiteren Beschwerde Zugang zu den Urkunden erlangt hat, ist ihm wegen der von ihm geschilderten Besonderheiten nicht vorzuwerfen. Insbesondere gab es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sich in den JuVA-Akten der Antragstellerin diese Urkunden befinden könnten.
Im Streitfall fordern überwiegende Belange der Allgemeinheit, die vorgebrachten Restitutionsgründe im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen. Schon das Landgericht hat § 6a BRüG ungeachtet einiger nachgewiesener Unwahrheiten im Vorbringen der Antragstellerin deshalb nicht angewendet , weil sich der subjektive Tatbestand nicht mehr nachweisen lasse. Der Antragsgegner hat mit der weiteren Beschwerde auf zusätzliche Umstände hingewiesen, welche geeignet sind, die Wahrheitsliebe der Antragstellerin in Frage zu stellen. Diese Umstände allein mögen - was hier offenbleiben kann - für eine Anwendung des § 6a BRüG nicht ausreichen. Sollte sich aber erweisen , daß die Unterschrift unter der Urkunde vom 15. November 1938 nicht von S. Ma. stammt, sondern daß auch diese Urkunde gefälscht ist, dürfte sich der Vortrag der Antragstellerin, mit der sie den Widerruf der Rücknahme des Rükkerstattungsanspruchs begründet hat, in einem entscheidenden Punkt als unrichtig erweisen. In diesem Fall erscheint es entgegen ihrem Vorbringen aus-
geschlossen, daß ihr das Schreiben seinerzeit an ihren damaligen Wohnsitz in Neuseeland nachgesandt wurde. Vielmehr dürfte jedenfalls auf der Grundlage des gegenwärtigen Sachstandes dann alles dafür sprechen, daß die Antragstellerin das Schreiben in Kenntnis einer Fälschung vorgelegt hat. Damit hätte sie nicht nur zu Unrecht bewirkt, daß der Widerruf der Rücknahme ihres Rückerstattungsantrags für zulässig erklärt wurde, sondern sie hätte zugleich vorsätzlich unrichtige Angaben über den Grund des Schadens gemacht, so daß ein rückerstattungsrechtlicher Schadensersatzanspruch aller Voraussicht nach auch aus Sachgründen keinen Erfolg haben könnte.
§ 6a BRüG dient wie § 7 BEG und vergleichbare Vorschriften dem Zweck einer wirksamen Bekämpfung von Verstößen gegen die Wahrheitspflicht. Seine besondere Bedeutung liegt darin, daß den Angaben des Berechtigten im Rückerstattungs- wie im Entschädigungsverfahren bei der Ermittlung des Sachverhalts ein erhöhtes Gewicht zukommt (vgl. Art. 42 REAO, § 176 Abs. 2 BEG) und eine strafrechtliche Ahndung unrichtiger Angaben vielfach ausscheidet (vgl. Regierungsbegründung zu § 6a BRüG, BT-Drucks. IV/1549 S. 6; Boerner RzW 1964, 435; zum BEG: BGH, Urt. v. 11. März 1964 - IV ZR 74/63, RzW 1964, 408, 409; Brunn RzW 1964, 193). Dieser im Allgemeininteresse liegende Zweck des § 6a BRüG gebietet es, tatsächliches Vorbringen jedenfalls zu solchen Restitutionsgründen, mit denen einem fraudulösen Verhalten des Antragstellers entgegengetreten werden kann, im Verfahren der weiteren Beschwerde zuzulassen.

d) Die Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Restitutionsgründe und/oder des § 43a BRüG ist der Tatsacheninstanz vorzubehalten (vgl. BGHZ 5, 240, 249; 104, 215, 222; BGH, Urt. v. 27. Oktober 1976
- IV ZR 147/75, NJW 1977, 498, 499; v. 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, NJW 1999, 1261, 1262).
Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 188/02 Verkündet am:
18. März 2003
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1; BGB a.F. § 278

a) Ist der im Rahmen eines steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodells
abgeschlossene Treuhändervertrag wegen eines Verstoßes
gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtig, so erfaßt die Nichtigkeit auch
die dem Treuhänder erteilte Vollmacht.

b) Bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen muß sich das in den
Vertrieb nicht eingeschaltete finanzierende Kreditinstitut Erklärungen des
Vermittlers zu Wert und Rentabilität des Kaufobjekts nicht zurechnen lassen.
Sie betreffen nicht das Kreditgeschäft, sondern das zu finanzierende Geschäft
und liegen damit außerhalb des Pflichtenkreises der Bank.
BGH, Urteil vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02 - OLG Hamm
LG Siegen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. März 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Sparkasse verlangt von den Beklagten die Rückzahlung zweier Darlehen, die sie ihnen zur Finanzierung des Kaufpreises einer Eigentumswohnung gewährt hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im August 1990 suchte der damals für die K. und später für die G. (im folgenden: Verkäuferin) tätige U. C. To. die Beklagten mehrfach zu Hause auf und bot ihnen eine Eigentumswohnung zum Kauf an. Im Anschluß an ein Gespräch in den Räumen der Verkäuferin erteilten die Beklagten der CO. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im folgenden: Treuhänderin ) am 20. Dezember 1990 einen notariellen Treuhandauftrag zum Erwerb einer dort im einzelnen bezeichneten Eigentumswohnung, die die
Verkäuferin ihrerseits im Oktober 1990 erworben hatte. Gleichzeitig bevollmächtigten sie die Treuhänderin zur "Vornahme aller Maßnahmen und Rechtshandlungen" sowie zur "Abgabe und Entgegennahme aller Willenserklärungen", die für den Eigentumserwerb und dessen Finanzierung "erforderlich sind". Die Treuhänderin nahm das Angebot mit notarieller Erklärung vom 23. Dezember 1990 an und schloß gleichzeitig namens der Beklagten mit der Verkäuferin einen notariellen Kaufvertrag über die Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des Kaufpreises von 154.484 DM sowie der Nebenkosten nahm sie für die Beklagten bei der Klägerin zwei Darlehen über 125.500 DM und 64.000 DM auf, die durch eine Grundschuld abgesichert wurden. Eine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz wurde den Beklagten nicht erteilt.
Seit Juni 1998 bedienten die Beklagten die aufgenommenen Darlehen nicht mehr. Die Klägerin kündigte die Verträge daraufhin fristlos. Mit der Klage verlangt sie von den Beklagten die Rückzahlung des noch offenen Restbetrages von 46.984,87 zuzüglich Zinsen.
Diese verweigern die Zahlung unter anderem mit der Begründung, der Treuhandvertrag und die mit ihm verbundene Vollmacht seien wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig. Zudem hätten sie ihre auf den Abschluß des Treuhandvertrages und der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) wirksam widerrufen. Schließlich treffe die Klägerin ein Aufklärungsverschulden. Insbesondere habe sie es pflichtwidrig unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die Wohnungen, die die Verkäuferin selbst zu einem wesentlich niedrigeren Preis erworben habe, weit überteuert seien. Ein schwerwie-
gender Interessenkonflikt der Klägerin ergebe sich daraus, daß sie der Verkäuferin einen ungesicherten Kredit in Höhe von 900.000 DM gewährt habe.
Das Landgericht hat der Klage von einem Teil des Zinsanspruchs abgesehen stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgen sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die Darlehensverträge seien wirksam. Zwar seien der Treuhandauftrag und die damit verbundene Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes nichtig. Die Klägerin könne sich aber mit Erfolg auf § 172 BGB berufen, da ihr bei Abschluß der Darlehensverträge die der Treuhänderin erteilte notarielle Vollmacht vorgelegen habe. Ein Widerruf gemäß § 1 HWiG a.F. scheide aus, da bei Erteilung des Treuhandauftrags eine zum Widerruf berechtigende Haustürsituation im Sinne des § 1 HWiG a.F. nicht mehr vorgelegen habe. Schließlich sei auch ein Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen
Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht nicht gegeben. Es stehe weder fest, daß die Klägerin in bezug auf die speziellen Risiken des Objekts einen konkreten Wissensvorsprung gegenüber den Beklagten gehabt habe, noch hätten sich hinreichende Anhaltspunkte für einen schwerwiegenden Interessenkonflikt oder die Schaffung eines Gefährdungstatbestandes ergeben. Ein etwaiges Fehlverhalten der Vermittler müsse sich die Klägerin nicht über § 278 BGB zurechnen lassen.

II.


Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht ist in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, daß die notarielle Vollmacht, von der die Treuhänderin bei Abschluß der Darlehensverträge Gebrauch gemacht hat, der Klägerin gegenüber aus Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln ist.

a) Allerdings war der Treuhandvertrag - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG nichtig (§ 134 BGB). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträgermodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag ist nichtig (BGHZ 145, 265, 269 ff.; Senatsurteile vom 18. September 2001 - XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2114 f.
und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01, WM 2002, 1273, 1274; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261). Danach erweist sich auch der hier in Rede stehende Treuhandvertrag als unwirksam, da die Treuhänderin eine umfassende Rechtsbetreuung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung zu erbringen hatte. Es ging hierbei nicht primär um die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange der Käufer, sondern ganz überwiegend um rechtsbesorgende Tätigkeiten von Gewicht.

b) Die Nichtigkeit des Treuhandvertrags erfaßt - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat - auch die der Treuhänderin zur Ausführung des Vertrags erteilte Abschlußvollmacht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es hierfür nicht entscheidend darauf an, ob Vollmacht und Grundgeschäft zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft gemäß § 139 BGB verbunden sind.
Welche Auswirkungen die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags auf die dem Geschäftsbesorger zum Zwecke der umfassenden Geschäftsbesorgung erteilte Vollmacht hat, ist streitig. Nach der - dem Berufungsurteil zugrundeliegenden - Auffassung kann der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nur dann - mittelbar - auch zur Nichtigkeit der Vollmacht führen, wenn die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags gemäß § 139 BGB auf die Vollmacht durchschlägt (Edelmann DB 2001, 687, 688; Ganter WM 2001, 195; Sommer NotBZ 2001, 28, 29). Dies wird damit begründet, daß sich das Verbot des Art. 1 § 1 RBerG nur gegen den Rechtsberater richte und mithin nicht zur Nichtigkeit der Vollmacht führen könne, die als einseitiges Rechtsgeschäft durch den Vertragspartner des Rechtsberaters erteilt werde. Nach Auffassung des
III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261 f.) führt der Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB demgegenüber unmittelbar und ohne weiteres auch zur Nichtigkeit der Vollmacht (so auch Reiter/Methner VuR 2001, 193, 196 ff.). Zur Begründung hat der III. Zivilsenat auf den Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes abgestellt. Art. 1 § 1 RBerG diene dem Schutz der Rechtsuchenden vor unsachgemäßer Beratung und Vertretung sowie deren häufig nachteiligen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen. Dieser sei nur dann zu erreichen, wenn auch die Vollmacht, die die Vertretung ermögliche, für unwirksam erachtet werde. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 14. Mai 2002 (XI ZR 155/01, WM 2002, 1273, 1274) zum Ausdruck gebracht, daß er mit Rücksicht auf die Zweckrichtung des Rechtsberatungsgesetzes der vom III. Zivilsenat vertretenen Auffassung zuneigt und schließt sich dieser nunmehr an (ebenso BGH, Urteil vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, WM 2003, 247, 249, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen).
Zwar erfolgt die Vollmachtserteilung durch einseitige Willenserklärung des Vertretenen (siehe z.B. Soergel/Leptien, BGB 13. Aufl. § 167 Rdn. 4; MünchKomm/Schramm, BGB 4. Aufl. § 167 Rdn. 4; differenzierend Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft S. 243 ff.). Dies schließt es aber nicht aus, die Wirksamkeit der Vollmacht nach dem Schutzzweck des Art. 1 § 1 RBerG zu beurteilen. Die gegenteilige Ansicht berücksichtigt nicht hinreichend, daß die Bevollmächtigung in Fällen der vorliegenden Art fester Bestandteil der von dem Rechtsbesorger einseitig vorgegebenen Vertragsbedingungen ist und darüber hinaus regelmäßig nicht frei widerrufen werden kann. Es wäre daher verfehlt, unter diesen besonderen Umständen den Unterschied zwischen "einseiti-
gen" und "mehrseitigen" Rechtsgeschäften und nicht den Schutzzweck des Art. 1 § 1 RBerG in den Vordergrund zu stellen.

c) Die unwirksame Vollmacht ist gegenüber der Klägerin gleichwohl als gültig zu behandeln. Zu ihren Gunsten greift nämlich die an die Vorlage der Vollmachtsurkunde anknüpfende Rechtsscheinhaftung aus §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB ein. Diese setzt voraus, daß die Vollmacht dem Vertragspartner bei Vertragsschluß im Original bzw. bei notarieller Beurkundung in Ausfertigung vorgelegt wird (BGHZ 102, 60, 63; Senatsurteile vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232 und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01, WM 2002, 1273, 1274).
aa) Das war hier nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Danach hat die Klägerin bei Abschluß der Darlehensverträge eine Legitimationsprüfung anhand der ihr vorgelegten notariellen Urkunde vom 20. Dezember 1990 vorgenommen. Dies ergebe sich - wie das Berufungsgericht ausführt - aus dem handschriftlichen Vermerk, der in dem für die "Legitimation" vorgesehenen Feld auf den Vertragsexemplaren der Klägerin eingefügt ist. Die gegen diese tatrichterliche Feststellung erhobenen Verfahrensrügen der Revision hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
bb) Ohne Erfolg beruft sich die Revision auch auf das den Beklagten zwischenzeitlich bekanntgewordene Postausgangsbuch des beurkundenden Notars sowie auf dessen schriftliche Stellungnahme vom 13. März 2003. Nach Auffassung der Revision soll sich hieraus ergeben, daß der Klägerin bei Unterzeichnung der Darlehensverträge die notari-
elle Vollmacht vom 20. Dezember 1990 nicht vorgelegen haben könne. Wie auch die Revision nicht verkennt, handelt es sich insoweit um neuen Vortrag, der im Rahmen des Revisionsverfahrens grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen ist (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Entgegen der Auffassung der Revision besteht auch kein Restitutionsgrund , der eine ausnahmsweise Zulassung des neuen Vorbringens rechtfertigen könnte. Der von der Revision geltend gemachte Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 b ZPO rechtfertigt eine Berücksichtigung neuer Tatsachen im Revisionsverfahren nur ausnahmsweise, wenn höhere Belange der Allgemeinheit und der ihr dienenden Rechtspflege dies fordern. Das trifft etwa zu, wenn das Urteil des Revisionsgerichts ohne Berücksichtigung der neuen Tatsachen zur Folge haben würde, daß in dem anhängigen Verfahren noch weitere unrichtige Urteile ergehen, die nur durch die Restitutionsklage beseitigt werden können (BGHZ 5, 240, 248 f.). Wird der Rechtsstreit hingegen - wie hier - durch das Urteil des Revisionsgerichts insgesamt beendet, können neue Tatsachen und Beweismittel , die einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 7 b ZPO darstellen , grundsätzlich nicht entgegen § 559 ZPO berücksichtigt werden (BGH, Beschluß vom 13. Januar 2000 - IX ZB 3/99, NJW 2000, 1871 (LS) = BGHR ZPO § 561 Abs. 1 Satz 1 Tatsachen, neue 3).
Abgesehen davon hat die Revision einen Restitutionsgrund im Sinne des § 580 Nr. 7 b ZPO auch nicht schlüssig dargetan. Der vorgelegte Auszug aus dem Postausgangsbuch des beurkundenden Notars ist nicht geeignet, eine für die Beklagten günstigere Entscheidung herbeizuführen , da er keinen Eintrag zu dem die Vollmacht enthaltenden notariellen Treuhandauftrag (UR.Nr. ...) enthält. Die im Verhandlungstermin
überreichte schriftliche Erklärung des beurkundenden Notars stellt bereits keine Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7 b ZPO dar. Zudem belegt sie nicht, daß den Beteiligten keine Ausfertigung der notariellen Urkunde ausgehändigt wurde. Nur hierauf käme es an, da das Original der notariellen Urkunde stets beim Notar verbleiben muß.
2. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht auch zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagten ihre zum Abschluß des Treuhandauftrages und der Darlehensverträge führenden Willenserklärungen nicht wirksam gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. widerrufen haben.

a) Einen wirksamen Widerruf der Treuhandvertrags- und/oder der Vollmachtserklärung der Beklagten vom 20. Dezember 1990 hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, es fehle angesichts des zeitlichen Abstands von rund 3 1/2 Monaten zwischen den Besuchen des Vermittlers in der Privatwohnung der Beklagten im August 1990 und der Abgabe des notariellen Treuhandauftrags nebst Vollmacht vom 20. Dezember 1990 sowie angesichts einer zwischenzeitlichen Objektbesichtigung durch die Beklagten an einer Ursächlichkeit der ursprünglichen Haustürsituation für den Abschluß des Treuhandhandvertrages nebst Vollmacht.
Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. und der Vertragserklärung wird vom Gesetz zwar nicht gefordert. Bei zunehmendem zeitlichen Abstand wird aber die Indizwirkung für die Kausalität entfallen (BGHZ 131, 385, 392 m.w.Nachw.). Ob sich der Darlehensnehmer auch bei einem größeren
zeitlichen Abstand zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluß durch einen Verstoß gegen § 1 HWiG a.F. in einer Lage befindet , in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (BGHZ 123, 380, 393 m.w.Nachw.), ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (Senatsurteil vom 21. Januar 2003 - XI ZR 125/01, WM 2003, 483, 484) und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint worden. Der Einwand der Revision, nicht alle Besuche des Vermittlers hätten im August 1990 stattgefunden, greift nicht. Nach dem unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils , der nach §§ 314, 525 ZPO für den Senat bindend ist, ist davon auszugehen, daß alle Hausbesuche im August 1990 erfolgt sind.

b) Auch ein Widerruf der auf Abschluß der Darlehensverträge gerichteten Erklärungen, die die Treuhänderin als Vertreterin der Beklagten abgegeben hat, scheidet aus. Wie auch die Revision nicht verkennt, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 144, 223, 226 ff. und Senatsurteil vom 2. Mai 2000 - XI ZR 108/99, WM 2000, 1247, 1248 f.) im Falle des Vertragsschlusses durch einen Stellvertreter darauf an, ob der Vertreter zum Abschluß des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation bestimmt worden ist, wofür auch die Revision keine Anhaltspunkte aufzuzeigen vermag. Zu einer Abkehr von diesen Entscheidungen , die der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur entsprechen, sieht der Senat keine Veranlassung.
3. Rechtsfehlerfrei sind auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die
Klägerin wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten verneint hat.

a) Eine kreditgebende Bank ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, daß die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urteil vom 18. April 1988 - II ZR 251/87, WM 1988, 895, 898; Senatsurteile vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, WM 1992, 133, vom 17. Dezember 1991 - XI ZR 8/91, WM 1992, 216, 217, vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 902, vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 und vom 12. November 2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161).

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht keine Umstände festgestellt, die ausnahmsweise die Annahme einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten rechtfertigen würden. Auch die Revision zeigt solche Umstände nicht auf.
aa) Ihr Einwand, das Berufungsgericht hätte angesichts eines um 81,39% überteuerten Kaufpreises eine Aufklärungspflicht der Klägerin wegen eines - für sie erkennbaren - konkreten Wissensvorsprungs bejahen müssen, greift nicht. Wie auch die Revision nicht verkennt, begründet ein Wissensvorsprung der Bank darüber, daß der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine Aufklärungspflicht (vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 1987 - III ZR 235/86, WM 1987, 1426, 1428, vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563, vom 11. Februar 1999 - IX ZR 352/97, WM 1999, 678, 679 und Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 sowie vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62). Denn es gehört zu den eigenen Aufgaben des Käufers, auch wenn der Kauf kreditfinanziert wird, die Angemessenheit des Kaufpreises zu prüfen.
Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt danach nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Bank bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247 m.w.Nachw. und vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62). Das ist hier aber nicht der Fall. Nicht jedes, auch nicht jedes
auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann von einem besonders groben Mißverhältnis , das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, vielmehr erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGHZ 146, 298, 302 ff. m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62). Ein solches Mißverhältnis bestand hier aber - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - schon nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten nicht. Der Hinweis der Revision auf das Urteil des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. Januar 1980 (V ZR 34/78, WM 1980, 597 f.) geht fehl. Der V. Zivilsenat hat darin ein Mißverhältnis von 77,77% allein nicht ausreichen lassen, sondern die Sittenwidrigkeit eines Grundstückskaufvertrages nur unter Berücksichtigung weiterer belastender Umstände für möglich gehalten.
bb) Die Klägerin war auch nicht wegen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts aufklärungspflichtig. Ein solcher ist nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil eine finanzierende Bank zugleich Kreditgeberin des Bauträgers oder Verkäufers und des Erwerbers ist (BGH, Urteil vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 562; OLG Stuttgart WM 2000, 292, 295; OLG Frankfurt a.M. WM 2000, 2135, 2137; OLG Köln WM 2000, 2139, 2142). Ein schwerwiegender Interessenkonflikt kann vielmehr nur vorliegen, wenn zu dieser "Doppelfinanzierung" besondere Umstände hinzutreten. Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Auch die Revision zeigt sie nicht auf.
Ihr Hinweis, die Klägerin habe der Verkäuferin einen angeblich ungesicherten Kredit in Höhe von 900.000 DM gewährt, um dieser die Rückführung eines Teils der Darlehen zu ermöglichen, die die Klägerin der insolventen Vorgängerin der Verkäuferin, der K., gewährt habe, genügt hierfür nicht. Das Berufungsgericht hat schon nicht für bewiesen erachtet, daß aus den Geschäften der Verkäuferin ausgefallene Forderungen der Klägerin gegen die K. gedeckt werden sollten. Es hat ferner unter Hinweis auf die - von der Klägerin erfolgreich in Anspruch genommene - Bürgschaft des Architekten T. festgestellt, daß der der Verkäuferin gewährte Kredit ausreichend besichert war und bei dieser entgegen der Annahme der Revision auch kein erhöhtes Insolvenzrisiko bestand. Durchgreifende Verfahrensrügen gegen diese revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Feststellungen hat die Revision nicht erhoben. Zu dem angeblich konkreten Insolvenzrisiko, das bei der Verkäuferin im Hinblick auf den Kredit in Höhe von 900.000 DM entstanden sein soll, fehlt im übrigen auch ausreichender Vortrag der Beklagten. Dieser hätte eine Darlegung der Gesamtsituation der Verkäuferin im Herbst des Jahres 1990 unter Berücksichtigung aller Aktiva und Passiva der GmbH vorausgesetzt (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision kommt auch eine Aufklärungspflicht der Klägerin wegen Überschreitung der Kreditgeberrolle nicht in Betracht. Eine solche Aufklärungspflicht setzt voraus, daß die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen
auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (Senatsurteile vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 905 und vom 12. November 2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161). Diese Voraussetzungen sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil es an Anhaltspunkten dafür fehlt, daß ein über die Kreditgeberrolle hinausgehendes Engagement der Klägerin auch nach außen in Erscheinung getreten ist.
4. Die Klägerin muß sich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nicht ein Fehlverhalten der Vermittler B. und To. durch unrichtige Erklärungen über den Wert und die Rentabilität der Eigentumswohnung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der im Rahmen von Bauherren -, Bauträger- oder Erwerbermodellen auftretende Vermittler als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis der in den Vertrieb nicht eingeschalteten Bank nur insoweit tätig, als sein Verhalten den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages betrifft (zuletzt Senatsurteile vom 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99, WM 2000, 1685, 1686 m.w.Nachw. und vom 12. November 2002 - XI ZR 47/01, WM 2002, 2501, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Erklärungen des Vermittlers zu Wert und Rentabilität des Objekts betreffen entgegen der Auffassung der Revision nicht das Kreditgeschäft, sondern das zu finanzierende Geschäft und liegen damit außerhalb des Pflichtenkreises der Bank. An dieser Rechtsprechung, die dem Umstand Rechnung trägt, daß Darlehensverträge und Immobilienkaufverträge grundsätzlich keine verbundenen Geschäfte sind (Senatsurteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, WM 2002, 1181, 1186 m.w.Nachw., zum Abdruck in BGHZ vorgesehen) und das Kreditverwendungsrisiko allein vom Darlehensnehmer zu tragen ist, ist festzuhalten.

III.


Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 317/99 Verkündet am:
11. April 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja

a) Ist ein Namensträger nach dem Recht der Gleichnamigen verpflichtet,
seinen Namen im geschäftlichen Verkehr nur mit einem unterscheidenden Zusatz
zu verwenden, folgt daraus nicht zwingend das Verbot, den Namen als
Internet-Adresse zu verwenden. Vielmehr kann eine mögliche Verwechslungsgefahr
auch auf andere Weise ausgeräumt werden. So kann der Internetnutzer
auf der ersten sich öffnenden Seite darüber aufgeklärt werden, daß es sich
nicht um die Homepage des anderen Namensträgers handelt, zweckmäßigerweise
verbunden mit einem Querverweis auf diese Homepage.

b) Kann der Inhaber eines Unternehmenskennzeichens einem Dritten die Verwendung
dieses Zeichens als Domain-Name im geschäftlichen Verkehr verbieten
, kommt ein auf Löschung der Registrierung gerichteter Beseitigungsanspruch
nur in Betracht, wenn der Dritte kein berechtigtes Interesse vorweisen
kann, diesen Domain-Namen außerhalb des sachlichen oder räumlichen Wirkungsfelds
des kennzeichenrechtlichen Anspruchs - etwa für private Zwecke
oder für ein Unternehmen in einer anderen Branche - zu verwenden.

c) Ein Rechtsanwalt, der durch die Bezeichnung seiner Kanzlei die Rechte eines
Wettbewerbers verletzt hat, ist im Hinblick auf die ihn treffende Verschwiegenheitspflicht
grundsätzlich nicht verpflichtet, im Rahmen einer zur Schadensberechnung
dienenden Auskunft die Namen seiner Mandanten zu offenbaren.
BGH, Urt. v. 11. April 2002 – I ZR 317/99 – OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. September 1999 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision im Kostenpunkt und in dem Umfang aufgehoben, der sich aus der nachstehenden Abänderung ergibt : Auf die Berufung der Beklagten und auf die in der Klageänderung liegende Anschluûberufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts München I, 1. Kammer für Handelssachen, vom 19. August 1998 unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaût: 1. Die Beklagten werden unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 ?, er- satzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr als Internet-Adresse die Domain-Namen “vossius.de” oder “vossius.com” zu benutzen, falls nicht dem Benutzer auf der ersten sich öffnenden Internet-Seite der Beklagten deutlich gemacht wird, daû es sich nicht um die Homepage der Kläger handelt. 2. Die Beklagten werden verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie den Domain-Namen “vossius.de” benutzen. 3. Es wird festgestellt, daû die Beklagten den Schaden zu ersetzen haben , der den Klägern daraus entstanden ist oder noch entstehen wird, daû die Beklagten den Domain-Namen “vossius.de” benutzt haben. 4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Berechtigung an den Domain-Namen ªvossius.deº und ªvossius.comº. Der 1927 geborene Beklagte zu 1 ist ein bekannter Patentanwalt. Aus der von ihm betriebenen Patentanwaltskanzlei ist die heute von den Klägern geführte Kanzlei entstanden, der er bis 1992 angehörte. Diese Kanzlei, die nicht zuletzt aufgrund der Reputation des Beklagten zu 1 auch international einen guten Ruf genoû, führte zunächst in der Kanzleibezeichnung die Namen sämtlicher Sozien beginnend mit ªVossiusº, dem Nachnamen des Beklagten zu 1. 1986 verständigten sich die Sozien darauf, künftig nur noch die Bezeichnung ªVossius & Partnerº zu führen. Am 1. März 1989 schlossen der Beklagte zu 1 und die Kläger zu 1 bis 6 einen Sozietätsvertrag, der auch eine Regelung über die Kanzleibezeichnung enthält. Dabei lag auf beiden Seiten die Vorstellung zugrunde, der Beklagte zu 1 werde nach seinem Ausscheiden aus der Kanzlei nicht mehr als Patentanwalt tätig sein. In § 1 Abs. 2 des Vertrages heiût es: Die Sozietät führt folgenden Briefkopf: Vossius & Partner Patentanwälte. European Patent Attorneys. Die Sozien werden in der Reihenfolge dieses Vertragsrubrums ... untereinander aufgeführt. Neu aufgenommene Sozien setzen die Reihe fort. Der Sozius zu 1 [Beklagter zu 1] gibt sein Einverständnis zur Weiterführung seines Namens im Briefkopf auch nach seinem Ausscheiden.
Ende 1989 kündigte der Beklagte zu 1 den Sozietätsvertrag zum 30. Juni 1990. Durch Vertrag vom 29. Juni 1990 einigten sich die Sozien jedoch auf ein Ausscheiden des Beklagten zu 1 zum 30. Juni 1992. Seit dessen Ausscheiden verwenden die Kläger für ihre inzwischen von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine Partnerschaftsgesellschaft umgewandelte Sozietät weiterhin die Kanzleibezeichnung
VOSSIUS & PARTNER PATENTANWÄLTE · EUROPEAN PATENT ATTORNEYS.
Entgegen seiner ursprünglichen Absicht trat der Beklagte zu 1 am 1. Juli 1992 als Sozius in die im April 1992 von seiner Schwiegertochter und seinem Sohn, den Beklagten zu 2 und zu 3, gegründete Rechtsanwaltskanzlei ein. Diese Sozietät führt seit Ende 1992 die Bezeichnung DR. VOLKER VOSSIUS PATENTANWALTSKANZLEI · RECHTSANWALTSKANZLEI.
Der Beklagte zu 1, der der Ansicht ist, die von ihm gegenüber den Klägern zu 1 bis 6 ausgesprochene Gestattung, seinen Namen als Kanzleibezeichnung weiterzuführen, sei ohnehin unwirksam, widerrief im April 1998 gegenüber den Klägern ªjede etwa noch bestehende Gestattung zur Führung meines Namensº. Im Februar 1999 kündigte er ªjegliche etwa (noch) bestehende Gestattungsvereinbarung zur Führung des Namens ‚Vossius’, insbesondere in der Bezeichnung ‚Vossius & Partner’º. Im März 1997 lieû der Beklagte zu 3 für die Sozietät der Beklagten den Domain -Namen ªvossius.deº registrieren. Unter dieser Internet-Adresse waren in der Folge Informationen über die Kanzlei der Beklagten zu finden. Eine Kontaktaufnahme war unter der E-Mail-Adresse ª[email protected]º möglich. Im Frühjahr 1998 lieû der Beklagte zu 3 unter seiner Privatanschrift den Domain-Namen ªvossius.comº registrieren und richtete eine Homepage ein, von der ein Querverweis auf die Internetseiten der Kanzlei der Beklagten führte.
Die Kläger verwenden seit Februar 1998 die Domain-Namen ªvossiuspartner.deº und ªvossiusundpartner.deº sowie ªvossiuspartner.comº und ªvossiusandpartner.comº.
Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagten verletzten durch die Verwendung der Domain-Namen ªvossius.deº und ªvossius.comº sowie durch die E-MailAdresse ª[email protected]º die ihnen an der Bezeichnung ªVossius & Partnerº zustehenden Namensrechte. Sie haben zuletzt beantragt,
1. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr als Internet-Adresse die Domain-Namen ªvossius.deº und/oder ªvossius.comº sowie als E-mail-Adresse ª[email protected]º zu benutzen; 2. die Beklagten zu verurteilen, gegenüber der DENIC ... auf die Inhaberschaft an dem Domain-Namen ªvossius.deº und gegenüber der Network Solutions, Inc. ... auf die Inhaberschaft an dem Domain-Namen ªvossius.comº zu verzichten und der Löschung dieser Domain-Namen zuzustimmen; 3. die Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie den Domain-Namen ªvossius.deº benutzen, in welchem Umfang hierüber Kontakt zu späteren Mandanten entstanden ist und welche Honorareinnahmen sie hierdurch erzielt haben unter Angabe des Datums der jeweiligen Kontaktaufnahme und der Höhe der durch die entsprechenden Mandate erzielten Honorareinnahmen; 4. festzustellen, daû die Beklagten den Klägern den Schaden zu ersetzen haben, der diesen aus der Benutzung des Domain-Namens ªvossius.deº und der E-mailAdresse ª[email protected]º entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben in erster Linie eine Berechtigung der Kläger in Abrede gestellt, die Kanzleibezeichnung ªVossius & Partnerº zu verwenden. Im übrigen verfüge der Beklagte zu 1 über die älteren Namensrechte. Den Beklagten könne ferner nicht verwehrt werden, den eigenen Familiennamen im geschäftlichen Verkehr zu verwenden.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Verurteilung den in zweiter Instanz geringfügig geänderten Klageanträgen angepaût (OLG München ZUM-RD 1999, 474 = K&R 1999, 570).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû die Kläger berechtigt seien , den Namen ªVossiusº in ihrer Kanzleibezeichnung zu führen. Dieses Recht sei weder durch die Umwandlung der Sozietät von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine Partnerschaftsgesellschaft noch durch den Widerruf und die Kündigung erloschen, die der Beklagte zu 1 im April 1998 und im Februar 1999 erklärt habe. Im Hinblick auf die Berechtigung der Kläger, die Kanzleibezeichnung ªVossius & Partnerº zu führen, müsse sich die Kanzlei der Beklagten wie eine ªprioritätsjüngereº Namensträgerin behandeln lassen. Ohnehin seien Verwechslungen im Hinblick darauf nicht zu vermeiden, daû beide Kanzleien den Namen ªVossiusº verwendeten und die Kanzleibezeichnungen daher groûe Ähnlichkeit aufwiesen. Mit den Domain-Namen ªvossius.deº und ªvossius.comº hätten sich die Beklagten noch weiter an die Kanzleibezeichnung der Kläger angenähert. Die Beklagten seien gehalten, die bestehende Verwechslungsgefahr ± soweit möglich ± durch Aufnahme unterscheidungskräftiger Zusätze abzumildern.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Ein auf Verzicht und Löschung der fraglichen Domain-Namen gerichteter Anspruch steht den Klägern nicht zu. Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz können sie nur in eingeschränktem Umfang beanspruchen.
1. Zum Unterlassungsantrag:
Den Klägern steht aufgrund ihres Kennzeichenrechts an der Kanzleibezeichnung ªVossius & Partnerº gegenüber den Beklagten ein Unterlassungsanspruch nach §§ 5, 15 Abs. 2 MarkenG zu. Den Beklagten ist es danach untersagt, die Domain-Namen ªvossius.deº und ªvossius.comº im geschäftlichen Verkehr in einer Weise zu verwenden, die geeignet ist, Verwechslungen hervorzurufen. Ein weitergehender Unterlassungsanspruch steht den Klägern dagegen nicht zu.

a) Die Kläger haben an der Kanzleibezeichnung ªVossius & Partnerº als Name der Sozietät bzw. Partnerschaft durch Aufnahme der Benutzung im Jahre 1986 ein Kennzeichenrecht nach § 5 Abs. 2 MarkenG erworben. Dies gilt ungeachtet der Rechtsform, in der die Sozietät betrieben wird; insbesondere kann auch der Name, unter dem eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Geschäftsverkehr auftritt, nach § 5 MarkenG geschützt sein (vgl. Teplitzky in Groûkomm. UWG, § 16 Rdn. 12; anders offenbar BayObLG NJW 1998, 1158, 1159). Dieser kennzeichenrechtliche Schutz geht in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich einem parallel dazu bestehenden möglichen Namensschutz aus § 12 BGB vor (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2001 ± I ZR 138/99, Umdr. S. 8 f. ± shell.de, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal setzt der Schutz aus § 5 MarkenG einen befugten Gebrauch voraus (vgl. Goldmann, Der Schutz des Unternehmenskennzeichens , § 7 Rdn. 4 ff.; zum Merkmal ªbefugterweiseº im früheren § 16 UWG Teplitzky in Groûkomm. UWG, § 16 Rdn. 238 ff.; vgl. ferner Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 15 MarkenG Rdn. 116; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 15 Rdn. 12). Im Streitfall können sich die Kläger auch im Verhältnis zu den Beklagten als Träger des Familiennamens Vossius auf ihr Kennzeichenrecht berufen. Denn
entgegen der Auffassung der Revision sind die Kläger berechtigt, die Kanzleibezeichnung ªVossius & Partnerº zu führen. Dies hat der Senat im Rechtsstreit I ZR 195/99 durch Urteil vom 28. Februar 2002 (ªVOSSIUS & PARTNERº) entschieden. Danach hat es der Beklagte zu 1 den Klägern durch die Vereinbarung vom 1. März 1989 wirksam gestattet, seinen Namen in ihrer Kanzleibezeichnung auch nach seinem Ausscheiden aus der Sozietät zu führen. Diese auf unbegrenzte Zeit ausgesprochene Gestattung ist weder durch Widerruf oder Kündigung seitens des Beklagten zu 1 noch durch die inzwischen erfolgte Umwandlung der Sozietät in eine Partnerschaftsgesellschaft beendigt worden.

b) Den Beklagten ist es nach §§ 5, 15 MarkenG untersagt, die DomainNamen ªvossius.deº und ªvossius.comº im geschäftlichen Verkehr in einer Weise zu verwenden, daû es zu Verwechslungen mit den Klägern kommen kann.
aa) Die Kanzleibezeichnung ªVossius & Partnerº, aus der die Kläger Schutz beanspruchen, wird durch den Eigennamen Vossius geprägt. Dieser Bestandteil der Kanzleibezeichnung stimmt mit dem prägenden Teil der beanstandeten Domain -Namen überein, die ebenfalls für das Angebot einer Patent- und Rechtsanwaltskanzlei verwendet werden.
bb) Der Streitfall zeichnet sich allerdings durch die Besonderheit aus, daû der übereinstimmende, jeweils prägende Bestandteil der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen der Familienname der Beklagten ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, daû die Beklagten nach dem Recht der Gleichnamigen verpflichtet sind, in ihrem Auftreten, insbesondere mit ihrer Kanzleibezeichnung , einen hinreichenden Abstand zur Kanzleibezeichnung der Kläger zu halten. Zwar kann den Beklagten nicht verwehrt werden, sich als Patent- oder Rechtsanwälte unter ihrem bürgerlichen Namen zu betätigen (vgl. zum Recht der
Gleichnamigen BGH, Urt. v. 22.11.2001 ± I ZR 138/99, Umdr. S. 13 ± shell.de, m.w.N.). Sie trifft aber eine Pflicht zur Rücksichtnahme, weil sie erst seit 1992 den Namen ªVossiusº in Alleinstellung benutzen, während die Kanzlei der Kläger bereits seit 1986 als ªVossius & Partnerº firmiert (vgl. OLG München WRP 1993, 708).
cc) Dieser Pflicht zur Rücksichtnahme kann dadurch genügt werden, daû die Beklagten ihrem Namen in der Internet-Adresse einen unterscheidenden Zusatz beifügen (z.B. ªvolkervossius.deº). Der Gefahr einer Verwechslung, die bei Verwendung der Domain-Namen besteht, kann aber auch auf andere Weise begegnet werden.
(1) Mit den beanstandeten Domain-Namen haben die Beklagten nicht hinreichend Abstand von der Kanzleibezeichnung der Kläger gehalten. Zwar ist es üblich, daû als Domain-Namen Kurzformen der sonst verwendeten vollständigen Namen oder Geschäftsbezeichnungen registriert werden. Interessenten, die die Internetseiten der Beklagten suchen, werden sie in erster Linie unter den eingerichteten Adressen ªvossius.deº oder ªvossius.comº vermuten. Gleichwohl können die Kläger grundsätzlich auf die Einhaltung des vorhandenen Abstands bestehen. Denn auch bei ihrer Kanzleibezeichnung liegt als Internet-Adresse ªvossius.deº oder ªvossius.comº nahe.
(2) Das Rücksichtnahmegebot führt indessen nicht dazu, daû die Beklagten die Domain-Namen ªvossius.deº und ªvossius.comº als Adresse für ihren Internetauftritt zwingend aufgeben müssen. Die in Fällen der Gleichnamigkeit vorzunehmende Abwägung der Interessen der Beteiligten (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2001 ± I ZR 138/99, Umdr. S. 13 ff. ± shell.de, m.w.N.) gebietet es vielmehr, auch mildere Mittel als ein Verbot in Erwägung zu ziehen. So können die Beklagten das
Gebot der Rücksichtnahme auch auf andere Weise unter Beibehaltung des Domain -Namens ªvossius.deº oder ªvossius.comº erfüllen, indem sie auf der ersten Internetseite, die sich für den Besucher öffnet, deutlich machen, daû es sich nicht um das Angebot der Kanzlei ªVossius & Partnerº handelt, und zweckmäûigerweise ± wenn die Kläger an einem solchen Hinweis interessiert sind ± zusätzlich angeben , wo dieses Angebot im Internet zu finden ist (vgl. zur Vermeidung einer Irreführung BGHZ 148, 1, 7 u. 13 ± Mitwohnzentrale.de).
(3) Die Einschränkung des Unterlassungsgebots ist im Urteil auszusprechen (ª... falls nicht dem Benutzer auf der ersten sich öffnenden Internet-Seite der Beklagten deutlich gemacht wird, daû es sich nicht um die Homepage der Kläger handeltº). Zwar ist es grundsätzlich nicht Sache des Gerichts, dem Verletzer Wege aufzuzeigen, die aus dem Verbot herausführen (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.1991 ± I ZR 284/89, GRUR 1991, 860, 862 = WRP 1993, 469 ± Katovit, m.w.N.; Teplitzky , Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 51 Rdn. 25). Dies gilt aber nur, wenn das Verbot die konkrete Verletzungsform beschreibt. Ist es ± wie im Streitfall ± abstrakt gefaût, müssen derartige Einschränkungen in den Tenor aufgenommen werden, um zu vermeiden, daû auch erlaubte Verhaltensweisen vom Verbot erfaût werden.
dd) Die Unterlassungsverpflichtung trifft nicht nur den Beklagten zu 3, der die beiden beanstandeten Domain-Namen angemeldet hat, sondern auch die Beklagten zu 1 und zu 2 als seine Partner. Dies gilt ohne weiteres für den DomainNamen ªvossius.deº, den der Beklagte zu 3 für die Sozietät angemeldet hat und der von der Sozietät verwendet worden ist. Was den Domain-Namen ªvossius.comº angeht, haften die Beklagten zu 1 und zu 2 zumindest als Störer. Nachdem sie Kenntnis von den Internetauftritten erhalten haben, steht es innerhalb der
Sozietät in ihrer Macht, dem Beklagten zu 3 das entsprechende Verhalten zu untersagen.

c) Die Kläger können dagegen nicht beanspruchen, daû die Beklagten die Verwendung der E-Mail-Adresse ª[email protected]º unterlassen.
Wäre den Beklagten die Verwendung des Domain-Namens ªvossius.deº im geschäftlichen Verkehr zu untersagen, wäre davon die Benutzung einer abgeleiteten E-Mail-Adresse ebenfalls erfaût. Im Streitfall kommt dagegen eine Untersagung nur in Betracht, wenn sich bei Verwendung der beanstandeten E-MailAdresse eine selbständige Verwechslungsgefahr ergäbe. Dies ist indessen nicht der Fall. Der Inhaber einer E-Mail-Adresse weist auf sie im allgemeinen nicht isoliert , sondern ± wie auf dem Briefkopf oder auf einer Visitenkarte ± im Zusammenhang mit weiteren Namens- und Adressenangaben hin. Für eine theoretisch denkbare isolierte Verwendung ± beispielsweise in einer Werbeanzeige, in der der Werbende selbst nicht genannt, sondern allein seine E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme angegeben ist ± bestehen im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist es auch auszuschlieûen, daû sich (potentielle) Mandanten, die sich auf elektronischem Wege an die Kläger wenden wollen, ohne ihre E-Mail-Adresse zu kennen, versehentlich der beanstandeten EMail -Adresse bedienen mit der Folge, daû die entsprechende Korrespondenz statt bei den Klägern bei den Beklagten eingeht. Eine möglicherweise verbleibende Gefahr von Irrläufern ist jedenfalls nicht gröûer als bei der auf herkömmlichem Wege versandten Korrespondenz. Sie ist Folge der von den Klägern hinzunehmenden Ähnlichkeit der beiden Kanzleibezeichnungen.
2. Zum Schadensersatzantrag:
In dem Umfang, in dem die Beklagten hinsichtlich der Verwendung des Domain -Namens ªvossius.deº zur Unterlassung verpflichtet sind, besteht dem Grunde nach auch die Verpflichtung, den Klägern den aus diesem Verhalten entstandenen Schaden zu ersetzen. Entgegen der Auffassung der Revision ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daû das Berufungsgericht von einem Verschulden der Beklagten ausgegangen ist. Im gewerblichen Rechtsschutz werden an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsirrtum nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt , in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muû (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2001 ± I ZR 138/99, Umdr. S. 19 f. ± shell.de, m.w.N.).
Der das Unterlassungsgebot einschränkende Zusatz kann hier entfallen, weil ein aufklärender Hinweis in der Vergangenheit nicht vorhanden war.
3. Zum Auskunftsantrag:
Zur Berechnung ihres Schadens können die Kläger Auskunft darüber verlangen , seit wann und in welchem Umfang die Beklagten den Domain-Namen ªvossius.deº benutzt haben. Der weitergehende Antrag, mit dem die Kläger erfahren wollen, in welchem Umfang über die Internet-Seite der Beklagten Kontakt zu späteren Mandanten entstanden ist und welche Honorareinnahmen hierdurch erzielt wurden, ist nicht begründet. Den Beklagten ist es nicht zuzumuten, die Klä-
ger über Umstände zu informieren, die unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (§ 43a Abs. 2 BRAGO, § 2 BORA, § 39a Abs. 2 PatAnwO) fallen. Insbesondere kann von den Beklagten nicht verlangt werden, den Namen von Mandanten zu offenbaren, die möglicherweise früher die Dienste der Kläger in Anspruch genommen haben, dann aber ± aus welchen Gründen auch immer ± zu den Beklagten übergewechselt sind. Den Bedenken, die sich aus dem Verschwiegenheitsgebot gegen eine weitergehende Auskunftsverpflichtung ergeben, könnte auch mit einem Wirtschaftsprüfervorbehalt nicht begegnet werden, weil die Kläger auch auf diese Weise in Erfahrung bringen könnten, welche (konkret bezeichneten ) früheren Mandanten zu den Beklagten gewechselt sind. Honorareinnahmen wären nur dann aussagekräftig, wenn sie bestimmten Mandaten zuzuordnen wären und die Kläger darlegen könnten, daû sie, die Kläger, in diesen Fällen mandatiert worden wären.
4. Zum Löschungsanspruch:

a) Den Klägern steht ein auf Löschung gerichteter Beseitigungsanspruch hinsichtlich der Domain-Namen ªvossius.deº und ªvossius.comº schon deswegen nicht zu, weil ± wie oben unter II.1.b)cc)(2) dargelegt ± die Verwendung dieser Domain-Namen auch im geschäftlichen Verkehr nicht unter allen Umständen untersagt werden kann.

b) Im Streitfall kommt hinzu, daû die Beklagten als Träger des bürgerlichen Namens Vossius ein berechtigtes Interesse an der Verwendung des entsprechenden Domain-Namens für private Zwecke haben können und daû eine solche Verwendung zumindest hinsichtlich von ªvossius.comº auch in Rede steht. Die kennzeichenrechtlichen Ansprüche aus §§ 5, 15 MarkenG beziehen sich jedoch immer nur auf eine Verwendung der Domain-Namen im geschäftlichen Verkehr.
Selbst wenn die Kläger beanspruchen könnten, daû die Beklagten die beanstandeten Domain-Namen im geschäftlichen Verkehr nicht mehr verwenden, käme ein Beseitigungsanspruch daher nur in Betracht, wenn den Beklagten auch die Verwendung der beiden Domain-Namen im privaten Verkehr untersagt werden könnte. Das ist indessen nicht der Fall.
Ein solcher Anspruch könnte sich lediglich aus § 12 BGB ergeben. Zwar haben die Kläger durch Benutzung auch ein Namensrecht an der Kanzleibezeichnung ªVossius & Partnerº erworben. Ein Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung käme indessen nur in Betracht, wenn den Klägern an den in Rede stehenden Domain-Namen wesentlich bessere Rechte zustünden als den Beklagten. So hat der Senat im Falle ªshell.deº der dort klagenden Deutschen Shell GmbH aus der berühmten Marke und dem berühmten Firmenschlagwort ªShellº ausnahmsweise einen auch auf den privaten Verkehr bezogenen Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf Löschung (Verzicht auf die Registrierung) gegenüber einem Beklagten zugebilligt, dessen bürgerlicher Name ebenfalls Shell lautete. Die berechtigten Interessen der Shell GmbH an diesem Domain-Namen überwogen dort deutlich das Interesse des Trägers des bürgerlichen Namens (BGH, Urt. v. 22.11.2001 ± I ZR 138/99, Umdr. S. 11 ff. ± shell.de). In der Regel sind jedoch Gleichnamige, die als berechtigte Namensträger für einen Domain-Namen in Betracht kommen, hinsichtlich der Registrierung ihres Kennzeichens als DomainName dem Gerechtigkeitsprinzip der Priorität unterworfen (vgl. BGHZ 148, 1, 10 ± Mitwohnzentrale.de; BGH, Urt. v. 22.11.2001 ± I ZR 138/99, Umdr. S. 11 ff. ± shell.de). Dem muû sich grundsätzlich sogar derjenige unterwerfen, der über ein relativ stärkeres Recht verfügt als der Inhaber des Domain-Namens. Denn im Hinblick auf die Fülle von Konfliktfällen muû es im allgemeinen mit einer einfach zu handhabenden Grundregel, der Priorität der Registrierung, sein Bewenden haben.
Im Streitfall können die Kläger keine Rechte an einer Verwendung des Namens Vossius in Alleinstellung beanspruchen; ihre namensrechtlichen Ansprüche beziehen sich auf die vollständige Kanzleibezeichnung. Dagegen handelt es sich bei der als Internet-Adresse angemeldeten Bezeichnung um den bürgerlichen Namen der Beklagten zu 1, zu 2 und zu 3. Da die Kläger den Beklagten die Verwendung dieses Domain-Namens für private Zwecke nicht untersagen könnten, können sie auch den Verzicht auf die Registrierung nicht beanspruchen.
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit die Beklagten zur Löschung und über die eingeschränkten Verpflichtungen zur Unterlassung und Auskunftserteilung hinaus verurteilt worden sind und ihre weitergehende Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz ausgesprochen worden ist. In Abänderung des landgerichtlichen Urteils ist die weitergehende Klage auf die Berufung der Beklagten abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert