Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2013 - VII ZB 30/12

bei uns veröffentlicht am04.07.2013
vorgehend
Amtsgericht Frankfurt am Main, 32 C 2640/09, 23.12.2011
Landgericht Frankfurt am Main, 9 T 52/12, 30.05.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 30/12
vom
4. Juli 2013
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die auf Konten bei der Deutschen Bundesbank verwalteten Währungsreserven
eines ausländischen Staates dienen hoheitlichen Zwecken und unterliegen
der Vollstreckungsimmunität.

b) Der Grundsatz der Vollstreckungsimmunität findet unabhängig davon Anwendung
, ob die Währungsreserven von dem ausländischen Staat selbst
gehalten werden oder deren Verwaltung auf selbständige Zentralbanken
übertragen wurde.
BGH, Beschluss vom 4. Juli 2013 - VII ZB 30/12 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juli 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Eick, Halfmeier,
Kosziol und Prof. Dr. Jurgeleit

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. Mai 2012 wird zurückgewiesen. Die Gläubigerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

1
Die Gläubigerin betreibt aus einem Arrestbeschluss die Zwangsvollstreckung in einen Auszahlungsanspruch der Schuldnerin gegen die Deutsche Bundesbank als Drittschuldnerin.
2
Die Schuldnerin ist die Zentralbank der Mongolei. Sie unterhält unter anderem bei der Drittschuldnerin ein Konto. Das Amtsgericht hat wegen und in Höhe eines Anspruchs der Gläubigerin von 4.449.576,09 USD nebst Zinsen, abzüglich eines bereits in der Schweiz gepfändeten Betrages in Höhe von 397.702,66 CHF, mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 in der Fassung vom 15. Oktober 2009 den dinglichen Arrest in das Vermögen der Schuldnerin an- geordnet. Zugleich hat es aufgrund dieses Arrests den angeblichen Anspruch der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin auf Auszahlung des Kontoguthabens gepfändet. Unter dem 15. Oktober 2009 hat das Amtsgericht auf Antrag der Gläubigerin die öffentliche Zustellung des Arrest- und Pfändungsbeschlusses bewilligt.
3
Auf die gegen die Pfändung des Guthabens bei der Drittschuldnerin durch die Schuldnerin eingelegte Vollstreckungserinnerung hat das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung insoweit für unzulässig erklärt.
4
Gegen diesen Beschluss hat die Gläubigerin sofortige Beschwerde eingelegt , welche das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss mit der Maßgabe zurückgewiesen hat, dass die Forderungspfändung aufgehoben wird. Die Wirksamkeit der Entscheidung hat das Beschwerdegericht bis zu ihrer Rechtskraft ausgesetzt.
5
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
7
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Pfändung des Kontos der Schuldnerin bei der Drittschuldnerin sei völkerrechtlich unzulässig. Das Konto diene der Verwahrung der staatlichen Währungsreserven der Mongolei, weshalb die Forderungen aus diesem Konto sachlicher Immunität unterlägen. Dass es sich um staatliche Währungsreserven handele, stehe aufgrund des mongolischen Zentralbankgesetzes und der eidesstattlichen Erklärung des ers- ten stellvertretenden Präsidenten der Schuldnerin fest. Die Schuldnerin habe auch nicht auf diese Immunität verzichtet, indem sie zugesichert habe, keine Einwände gegen ihre Zahlungsverpflichtung geltend zu machen. Hierbei handele es sich lediglich um eine schuldrechtlich wirkende Erklärung, die keine Auswirkung auf die sachliche Immunität habe.
8
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
9
a) Die Zwangsvollstreckung in das Konto bei der Drittschuldnerin ist unzulässig. Dabei kann es dahinstehen, ob das Amtsgericht für den Erlass des Pfändungsbeschlusses gemäß § 930 Abs. 1 Satz 3, § 828 Abs. 2, 2. Alt., § 23 Satz 2 ZPO international zuständig war und ob die Zustellung des Arrestbefehls innerhalb der Wochenfrist des § 929 Abs. 3 ZPO erfolgt ist. Jedenfalls unterfällt das auf dem Konto der Schuldnerin bei der Drittschuldnerin vorhandene Guthaben der Vollstreckungsimmunität.
10
aa) Die Vollstreckungsimmunität ist eine Ausprägung des Grundsatzes der Staatenimmunität, der aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten folgt. Nach heutigem Völkerrecht sind staatliche Vermögenswerte vor Vollstreckungsmaßnahmen anderer Staaten immun, soweit sie hoheitlichen Zwecken dienen (BVerfG, IPRax 2011, 389, juris Rn. 17; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - VII ZB 37/08, NJW 2010, 769, jeweils m.w.N.).
11
Es besteht mithin eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG, wonach die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsstaat aus einem Vollstreckungstitel gegen einen fremden Staat, der über ein nicht hoheitliches Verhalten (acta iure gestionis) dieses Staates ergangen ist, in Gegenstände dieses Staates ohne dessen Zustimmung unzulässig ist, soweit diese Gegenstände im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen (BVerfG, NJW 2012, 293, 295; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - VII ZB 37/08, aaO, jeweils m.w.N.).
12
Ob ein Vermögensgegenstand hoheitlichen Zwecken dient, richtet sich danach, ob er für eine hoheitliche Tätigkeit verwendet werden soll (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - VII ZB 37/08, aaO). Die Abgrenzung zwischen hoheitlichen oder nicht hoheitlichen Zwecken ist mangels entsprechender Kriterien im allgemeinen Völkerrecht grundsätzlich nach der Rechtsordnung des Gerichtsstaats vorzunehmen (BVerfG, NJW 2012, 293, 295; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - VII ZB 37/08, aaO).
13
bb) Die auf ausländischen Konten verwalteten Währungsreserven eines Staates dienen hoheitlichen Zwecken (vgl. BVerfGE 64, 1, 45 f.; v. Lewinski, Öffentlichrechtliche Insolvenz und Staatsbankrott, S. 525; Aden, Internationales Privates Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., S. 46; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang , S. 180; Szodruch, Staateninsolvenz und private Gläubiger, S. 388, 390; Weller, Rpfleger 2006, 364, 369; Gutzwiller, ZSR 2002, 121, 131; Krauskopf/Steven, WM 2000, 269, 272; v. Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2986; Stein, IPRax 1984, 179, 182; Gramlich, RabelsZ 1981, 545, 594 f.; Pullen, Die Immunität von Staatsunternehmen im zivilrechtlichen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren , S. 255 f.).
14
Zwar wird das zugrunde liegende Rechtsverhältnis - wie hier zur Drittschuldnerin - zumeist zivilrechtlicher Natur und mithin als nicht-hoheitlich zu qualifizieren sein, da Auslandskonten schwerlich anders als durch privatrechtlichen Vertrag mit einem Kreditinstitut errichtet werden können (vgl. v. Schönfeld, aaO; Gramlich, NJW 1981, 2618, 2619). Maßgebend ist jedoch ausschließlich der Zweck des auf dem Konto gehaltenen Vermögens (BVerfGE 46, 342, 398; a.A. OLG Frankfurt, NJW 1981, 2650, 2651).
15
Die von einer Zentralbank gehaltenen Gelder eines Staates dienen auch dazu, die internationale Handlungsfähigkeit des Staates als Hoheitsträger zu gewährleisten (Aden, aaO, S. 46). Währungsreserven sind sowohl nach nationaler als auch nach internationaler Anschauung maßgeblich für die Fähigkeit eines Staates zur Stützung der eigenen Währung auf den Devisenmärkten. Sie stehen zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs in das Ausland sowie letztlich im Ernstfall der gesamten Volkswirtschaft bei einer Verknappung privater Devisenbestände für den Import lebensnotwendiger Güter zur Verfügung (Krauskopf/Steven, aaO, 272 unter Hinweis auf: Knapps, Enzyklopädisches Lexikon des Geld-, Bank- und Börsenwesens, Bd. 2, 4. Aufl., S. 2057 ff. und Issing, Einführung in die Geldpolitik, 6. Aufl., S. 8; Gutzwiller, aaO, 129 f.).
16
cc) Unerheblich ist dabei, ob die Währungsreserven von Seiten des Staates auf selbständige Zentralbanken übertragen oder von diesem selbst bzw. staatlichen Unterorganisationen gehalten werden.
17
Zwar wurde teilweise eine persönliche Immunität von selbständigen Staatsunternehmen verneint (BGH, Beschluss vom 7. Juni 1955 - I ZR 64/53, NJW 1955, 1435, 1436; OLG Frankfurt, OLGR 1997, 227). Für die Bestimmung der sachlichen Immunität ist jedoch nicht auf die Organisationsform des Rechtsinhabers , sondern auf den Zweck des Vermögensgegenstandes abzustellen (KG Berlin, IPRax 2011, 594, 595; Herdegen, Völkerrecht, 11. Aufl., § 37, Rn. 9; Doehring, Völkerrecht, 2. Aufl., Rn. 667; Damian, aaO, S. 174; Kronke, IPRax 1991, 141, 147; Karczewski, RabelsZ 1990, 533, 542; v. Schönfeld, aaO, 2987; Esser, RIW 1984, 577, 578 f.; Herz, Die Immunität ausländischer Staatsunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit im französischen und im deutschen Zivilprozessrecht, S. 128 ff.; Pullen, aaO, S. 236, 248 ff.).
18
Von der Vollstreckungsimmunität werden nicht nur die Gegenstände und Forderungen erfasst, deren Inhaber der fremde Staat selbst ist, sondern auch diejenigen, die formal-rechtlich zwar selbständigen Staatsunternehmen, wie den Zentralbanken, zuzuordnen sind, deren Zweck jedoch hoheitlich ist.
19
Es entspricht nicht nur nationalem Verständnis, für Währungsreserven unabhängig von der formal-rechtlichen Organisation der jeweiligen Zentralbank Immunität zu gewähren, sondern inzwischen auch der Praxis in einer Vielzahl anderer Staaten (vgl. Krauskopf/Steven, aaO, 273 ff.; Gramlich, aaO, 549 ff.). Dies zeigt auch Art. 21 Abs. 1 lit. c des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2. Dezember 2004 (Resolution 59/38). Danach ist das Vermögen einer Zentralbank oder anderer Währungsbehörden eines Staates völlig von der Vollstreckung freigestellt (vgl. hierzu: Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität im Verfahren vor den Zivil- und Verwaltungsgerichten, S. 136 ff.). Zwar entfaltet das Abkommen mangels der erforderlichen Ratifizierungen noch keine unmittelbare Wirkung. Es ist aber als ein Indiz für eine entsprechende Rechtsüberzeugung derjenigen Staaten anzusehen, die es unterschrieben haben und spiegelt Tendenzen allgemein anerkannter völkerrechtlicher Regeln wider (Pullen, aaO, S. 48).
20
dd) Nicht zu beanstanden sind die Feststellungen des Beschwerdegerichts , dass es sich bei dem auf dem Konto bei der Drittschuldnerin befindlichen Vermögen um die staatlichen Währungsreserven der Mongolei handelt. Die Beweiswürdigung lässt im Rechtsbeschwerdeverfahren beachtliche Fehler nicht erkennen. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1, 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozess- stoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 134/12, NJW 2013, 1226, 1227 m.w.N.).
21
Das Beschwerdegericht hat sich umfassend mit dem Parteivortrag auseinandergesetzt und ist aufgrund der Würdigung des Inhalts des mongolischen Zentralbankgesetzes und der eidesstattlichen Versicherung des ersten stellvertretenden Präsidenten der Schuldnerin widerspruchsfrei zu der Überzeugung gelangt, dass es sich um staatliche Währungsreserven handelt. Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, es fehle an einer hinreichenden Glaubhaftmachung der Zweckbestimmung des Kontoguthabens, lässt sie außer Betracht, dass sich aus Art. 4.1.1 der Regulation on State Foreign Reserve Management ergibt, dass die Währungsreserven der Mongolei u.a. auf einem Konto bei der Drittschuldnerin zu verwahren sind. Das Beschwerdegericht hat zudem festgestellt, dass dementsprechend mit der am 1. März/3. April 2008 geschlossenen Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und der Deutschen Bundesbank das hier streitgegenständliche Konto zur Verwaltung der Währungsreserven der Mongolei eingerichtet wurde. Nicht zu beanstanden ist, dass es eine Glaubhaftmachung durch den ersten stellvertretenden Präsidenten der Schuldnerin für möglich gehalten hat. Es ist nicht notwendig, dass die Glaubhaftmachung durch einen Vertreter der Mongolei erfolgt.
22
b) Zutreffend hat das Beschwerdegericht ausgeführt, die Schuldnerin habe nicht auf die Vollstreckungsimmunität verzichtet.
23
Entgegen der Auffassung der Schuldnerin ist im Rechtsbeschwerdeverfahren zu prüfen, ob die von ihr abgegebenen Erklärungen einen Immunitätsverzicht enthalten. Bereits erstinstanzlich hat die Gläubigerin Übersetzungen der Swift-Messages zur Gerichtsakte gereicht. Zudem war der Inhalt dieser Erklärungen zwischen den Parteien unstreitig und Grundlage der Feststellungen des Beschwerdegerichts. Einer (erneuten) Vorlage von Übersetzungen im Rechtsbeschwerdeverfahren bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht.
24
Grundsätzlich können Staaten auf ihre allgemeine Immunität sowohl für das Erkenntnis- als auch für das Vollstreckungsverfahren verzichten (BVerfGE 117, 141, 152). Allein von der Unterwerfung unter die Jurisdiktion eines Staates oder von einem entsprechenden Immunitätsverzicht im Erkenntnisverfahren lässt sich jedoch nicht auf einen Immunitätsverzicht im Zwangsvollstreckungsverfahren , welches einen besonders intensiven Eingriff in die Souveränität des fremden Staates darstellt, schließen. Hinsichtlich der Annahme eines Verzichts auf die Vollstreckungsimmunität ist Zurückhaltung geboten (BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 9/05, NJW-RR 2006, 198, 200; OLG Köln, IPRax 2004, 251, 254 f.). Es muss an dieser Stelle nicht entschieden werden, ob ein pauschaler Verzicht auf Vollstreckungsimmunität sich auch auf die Immunität von Währungsreserven erstrecken kann (dagegen wohl BVerfGE 117, 141, 163 zu diplomatisch genutztem Vermögen, aber unter Hinweis auf die Kommentierung zum Entwurf des heutigen Art. 21 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die gerichtlichen Immunitäten der Staaten und ihres Eigentums), und ob die Schuldnerin überhaupt befugt war, für den mongolischen Staat auf die Vollstreckungsimmunität zu verzichten (vgl. bejahend: Albert, Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, S. 305; verneinend : Gramlich, aaO, 595; zur Verzichtserklärungsbefugnis allgemein: Damian, aaO, S. 36 ff.).
25
Die von der Schuldnerin u.a. mit der Swift-Message vom 19. Juli 2007 abgegebenen Erklärungen enthalten keinen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität. Sie beziehen sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausschließlich auf Einwände gegen die Zahlungsverpflichtungen. Ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität erfordert den deutlich zutage tretenden Willen, das völkerrechtlich geschützte Vermögen der Vollstreckung zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Wille ist nicht erkennbar. Sämtliche Erklärungen der Schuldnerin nehmen lediglich Bezug auf die Geltendmachung der Forderungen aus den Akkreditiven , treffen hingegen keine Bestimmungen zur möglichen Haftungsmasse. Dies gilt auch für die mit der Zahlungsverpflichtung abgegebene Erklärung: "According to mongolian law claims for payment under a Letter of Credit are an abstract and separate payment obligation and are in no way connected with the underlying transaction between the applicant and the original beneficiary. Claims for payment under a Letter of Credit are fully valid, enforceable and assignable under mongolian law."
26
Mit dieser Erklärung hat die Schuldnerin das (schuldrechtliche) Wesen eines "Letter of Credit" als abstrakte, von dem Grundgeschäft losgelöste Verbindlichkeit erläutert und darauf hingewiesen, dass es sich um eine vollwertige, durchsetzbare, einklagbare (= enforceable) und abtretbare Forderung handelt. Aussagen über die mögliche Vollstreckungsmasse enthält die Erklärung nicht.
27
c) Die Schuldnerin ist auch berechtigt, die Rechtswidrigkeit der Zwangsvollstreckung geltend zu machen. Zwar handelt es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um Vermögen des Staates, rechtlich ist jedoch die Schuldnerin Inhaberin der Forderung gegen die Drittschuldnerin, weshalb es ihr obliegt, formelle Einwände gegen die Zwangsvollstreckung geltend zu machen (vgl. auch Busl, Ausländische Staatsunternehmen im deutschen Vollstreckungsverfahren: Immunität und Durchgriff auf den Staat, 1992, S. 144 ff., der die Zentralbank bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben nicht als "Unternehmen", sondern als "sonstige Organisation" behandeln will). Es besteht keine allgemeine Regel des Völkerrechts, die es geböte, den fremden Staat als Inhaber von Forderungen aus Konten zu behandeln, die bei Banken im Gerichtsstaat unterhalten werden und auf den Namen eines rechtsfähigen Unternehmens des fremden Staates lauten (BVerfGE 64, 1, 22; Szodruch, aaO, S. 388). Ob daneben der fremde Staat selbst zusätzlich erinnerungsbefugt ist, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden.
28
d) Der Einwand der Vollstreckungsimmunität ist nicht rechtsmissbräuchlich. Es ist nicht ersichtlich, dass die Schuldnerin ihre Zahlungsverpflichtungen in dem Wissen eingegangen ist, dass sie kein der Zwangsvollstreckung unterfallendes Vermögen hält. Vielmehr verfügt sie nach den auf ihrem unstreitigen Vortrag gründenden Feststellungen des Beschwerdegerichts noch über weiteres Vermögen, unter anderem über ein Konto bei einer deutschen Privatbank, welches nicht der Vollstreckungsimmunität unterfällt.
29
e) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass Vollstreckungsimmunität nicht bestehe, da mit dem beantragten Arrest und der anschließenden Pfändung lediglich eine Sicherung des Zahlungsanspruchs für die Dauer des Erkenntnisverfahrens begehrt werde. Durch die Vollziehung des Arrestbefehls wird - wie bei jeder Pfändung - die gepfändete Forderung verstrickt, so dass die Schuldnerin ihre Verfügungsbefugnis gemäß §§ 136, 135 Abs. 1 BGB verliert. Bereits dies begründet einen unzulässigen Eingriff in die Souveränität des fremden Staates, der nunmehr keinen Zugriff auf seine Währungsreserven hat, die ihm jederzeit kurzfristig zur Verfügung stehen müssen. Insoweit hat auch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner Entscheidung vom 12. April 1983 ausgeführt, dass nach einer gefestigten, allgemeinen, von Rechtsüberzeugung getragenen Übung der Staaten der Vollstreckungsimmunität unterliegende Vermögensgegenstände weder Zwangsvollstreckungsnoch Sicherungsmaßnahmen aus in einstweiligen Rechtsschutzverfahren er- gangenen Titeln unterworfen werden dürfen (BVerfGE 64, 1, 40; vgl. auch v. Schönfeld, aaO, 2986).

III.

30
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Eick Halfmeier Kosziol Jurgeleit
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 23.12.2011 - 32 C 2640/09 (90) -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 30.05.2012 - 2-9 T 52/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2013 - VII ZB 30/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2013 - VII ZB 30/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a
Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2013 - VII ZB 30/12 zitiert 12 §§.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 929 Vollstreckungsklausel; Vollziehungsfrist


(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll. (2) Die Vollziehung

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 25


Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 135 Gesetzliches Veräußerungsverbot


(1) Verstößt die Verfügung über einen Gegenstand gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt, so ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung g

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 136 Behördliches Veräußerungsverbot


Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem gesetzlichen Veräußerungsverbot der in § 135 bezeichneten Art gleich.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 23 Besonderer Gerichtsstand des Vermögens und des Gegenstands


Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet. Bei Forderunge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 828 Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts


(1) Die gerichtlichen Handlungen, welche die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte zum Gegenstand haben, erfolgen durch das Vollstreckungsgericht. (2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im

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Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2013 - VII ZR 134/12

bei uns veröffentlicht am 07.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 134/12 Verkündet am: 7. März 2013 Besirovic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

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Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Die gerichtlichen Handlungen, welche die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte zum Gegenstand haben, erfolgen durch das Vollstreckungsgericht.

(2) Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und sonst das Amtsgericht zuständig, bei dem nach § 23 gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann.

(3) Ist das angegangene Gericht nicht zuständig, gibt es die Sache auf Antrag des Gläubigers an das zuständige Gericht ab. Die Abgabe ist nicht bindend.

Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet. Bei Forderungen gilt als der Ort, wo das Vermögen sich befindet, der Wohnsitz des Schuldners und, wenn für die Forderungen eine Sache zur Sicherheit haftet, auch der Ort, wo die Sache sich befindet.

(1) Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll.

(2) Die Vollziehung des Arrestbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Kann ein ausländischer Sicherungstitel im Inland ohne vorherige Vollstreckbarerklärung vollzogen werden, so beträgt die Frist nach Satz 1 zwei Monate.

(3) Die Vollziehung ist vor der Zustellung des Arrestbefehls an den Schuldner zulässig. Sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehenden Absatz bestimmten Frist erfolgt.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 134/12 Verkündet am:
7. März 2013
Besirovic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Allgemein anerkannte Regeln der Technik für handwerkliche Gewerke (hier:
Holztreppen) können vorsehen, dass entweder bei bestimmten Bauteilen eine
Mindeststärke eingehalten oder ein Standsicherheitsnachweis im Einzelfall vorgelegt
werden muss.
BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 134/12 - LG Meiningen
AG Hildburghausen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die
Richter Dr. Eick, Halfmeier, Kosziol und Prof. Dr. Jurgeleit

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen vom 26. April 2012 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt einen Vorschuss zur Mängelbeseitigung.
2
Die Klägerin beauftragte den Beklagten mit der Lieferung und dem Einbau einer Massivholztreppe aus Birke in ihrem Einfamilienhaus. Der Beklagte baute die Treppe im Oktober 2006 ein und rechnete seine Leistungen mit einem Betrag von 3.485,80 € ab. Nachdem Mängel auftraten, unternahm der Beklagte mehrere Nachbesserungsversuche. Weitere Nachbesserungsverlangen wies er schließlich zurück. Die Klägerin behauptet verschiedene Mängel. Unter anderem biege sich die Treppe durch, verursache beim Begehen ein Knarren und sei für die Belastung insgesamt zu schwach ausgelegt. Eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung sei nur durch den Einbau einer neuen, mangelfreien Treppe möglich.
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Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin einen Vorschuss zur Mängelbeseitigung in Höhe von 3.485,80 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte der Beklagte Klageabweisung erreichen.

Entscheidungsgründe:

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Die Revision ist unbegründet.

I.

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Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Treppe sei mangelhaft, weil sie nicht nach den anerkannten Regeln für die Errichtung von handwerklichen Holztreppen ausgeführt worden sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Einholung von zwei Sachverständigengutachten müsse nach den fachlichen Standards, die sich aus dem vor mehr als zehn Jahren veröffentlichten "Regelwerk handwerklicher Holztreppen" ergäben, die Wangenstärke einer Treppe grundsätzlich 50 mm betragen. Sofern die Gleichwertigkeit vom Unternehmer nachgewiesen sei, könne die Dicke der Wangenträger auf bis zu 45 mm reduziert werden. Damit entspreche eine Wangenstärke von nur 40 mm - wie sie hier vorliege - dem Regelwerk nicht. Wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen I. ergebe, sei eine solche Treppe nach den anerkannten Regeln der Technik nur dann fachgerecht, wenn für sie eine bauaufsichtliche Zustimmung vorliege, die den Nachweis der Standsicherheit voraussetze. Diese bauaufsichtliche Zustimmung liege nicht vor. Es sei unerheblich, ob sie noch mit Erfolg beantragt werden könne.
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Es sei auch nicht entscheidend, ob die Treppe tatsächlich standsicher sei. Schon die Nichteinhaltung anerkannter Regeln der Technik machten einen Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB aus; auf die Einhaltung dieser Regeln stütze sich das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Sicherheit der technischen Leistung. Im Übrigen machten die Sachverständigen die zu geringe Stärke jedenfalls der Wangen für die eintretenden Knarrgeräusche verantwortlich, so dass auf diesen Mangel auch konkrete Beeinträchtigungen zurückgingen.
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Die Höhe des geforderten Vorschusses sei unbedenklich. Der Einbau einer Treppe mit ausreichender Wangenstärke werde voraussichtlich mindestens ebenso viel wie der in Rechnung gestellte Einbau kosten. Die Sachverständigen hätten festgestellt, dass eine Wiederverwendung der eingebauten Stufen zwar unter Umständen möglich sei, aber jedenfalls nicht billiger als eine komplett neu gefertigte Treppe komme. Auch die eventuell mögliche Einholung einer bauaufsichtlichen Zustimmung würde kaum weniger als 5.000 € kosten; zudem seien die Aussichten ungewiss.

II.

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Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
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1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Leistung eines Unternehmers nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB nur dann vertragsgerecht ist, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Welche Beschaffenheit des Werks von den Parteien vereinbart ist, ergibt sich aus der Auslegung des Vertrags. Üblicherweise verspricht der Unternehmer stillschweigend bei Vertragsschluss die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Entspricht die Werkleistung diesen nicht, liegt regelmäßig ein Werk- mangel vor (BGH, Urteil vom 21. April 2011 - VII ZR 130/10, NZBau 2011, 415 Rn. 11 m.w.N.).
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2. Auf dieser Grundlage kommt das sachverständig beratene Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis, dass die vom Beklagten eingebaute Treppe den allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht entspricht und damit mangelhaft ist.
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a) Entgegen der Auffassung der Revision kann ein Mangel des Werkes vorliegen, wenn eine allgemein anerkannte Regel der Technik vorsieht, dass eine bestimmte Ausführungsweise nur dann zulässig ist, wenn die Standsicherheit im Einzelfall geprüft ist und der Standsicherheitsnachweis bei einem derart ausgeführten Werk nicht vorliegt. Zur geschuldeten Beschaffenheit gehört in diesem Fall der Standsicherheitsnachweis. Es widerspricht nicht dem Rechtsgedanken des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB, dass ein Werk nicht nur dann regelkonform und damit - vorbehaltlich weiterer vertraglicher Anforderungen - mangelfrei sein könne, wenn die Wangenstärke mindestens 45 mm erreicht, sondern auch dann, wenn bei einer geringeren Wangenstärke ein Standsicherheitsnachweis für die konkrete Treppe im Einzelfall vorliegt.
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Zu Unrecht meint die Revision, dies offenbare, dass die im Regelwerk niedergelegten Kriterien nicht tauglich seien, einen Sachmangel im juristischen Sinne festzustellen. Denn entweder sei eine Treppe standsicher oder nicht; eine aus baurechtlicher Sicht gerade nicht erforderliche bauaufsichtliche Prüfung könne hieran nichts ändern. Dabei verkennt die Revision, dass der Mangel des Werkes hier nicht aus einer fehlenden Standsicherheit hergeleitet wird. Vielmehr geht es um die davon zu unterscheidende Frage, ob bei der Herstellung des Werkes bestimmte allgemein anerkannte Regeln der Technik eingehalten worden sind, die den Zweck haben, eine Standsicherheit zu erreichen. Es ist gerade typisch, dass allgemein anerkannte Regeln der Technik dazu dienen, mit der notwendigen Gewissheit sicherzustellen, dass bestimmte Eigenschaften des Werkes erreicht werden. Es kommt für die Frage, ob die Regeln verletzt sind, nicht darauf an, ob die Eigenschaften möglicherweise auf anderem Wege erreicht werden, und deshalb die Nichteinhaltung der Regeln im Einzelfall keine weiteren nachteiligen Folgen hat. Das ändert nichts daran, dass die stillschweigend vereinbarte Beschaffenheit der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln nicht erfüllt ist. Deshalb kann ein Werk etwa bereits dann mangelhaft sein, wenn die Werkstoffe nicht einen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik notwendigen Gebrauchstauglichkeitsnachweis haben (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 146).
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Wegen der Vielzahl der möglichen individuell unterschiedlichen Gestaltungen von handwerklichen Holztreppen ist es nach dem technischen Regelwerk nicht ausgeschlossen, auch bei einer geringeren Wangenstärke die Standsicherheit zu gewährleisten. Es hält derartige abweichende Konstruktionen deshalb nicht für durchweg regelwidrig. Ob eine ausreichende Gewissheit für eine erreichte Standsicherheit spricht, lässt sich in diesen Fällen allerdings nicht ohne weiteres und nicht anhand allgemein zu beschreibender Kriterien feststellen. Aus diesem Grund ist erforderlich, dass der Unternehmer durch den Nachweis der Standsicherheit für den Besteller nachvollziehbar dokumentiert, dass aufgrund der Gesamtkonstruktion die sonst notwendige Wangenstärke von 50 mm bzw. unter bestimmten Voraussetzungen 45 mm nicht erreichen muss, ohne dass die Gefahr einer Standunsicherheit besteht. Nur für diese Fälle erlauben die allgemein anerkannten Regeln der Technik ein Unterschreiten der im Übrigen geforderten Wangenstärke. Ob dieser Standsicherheitsnachweis nur durch eine bauaufsichtliche Zustimmung oder auch anderweitig geführt werden kann, muss nicht entschieden werden, denn die Beklagte hat keinerlei Nachweis erbracht.
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b) Ohne Erfolg rügt die Revision, das vom Sachverständigen I. bestätigte Vorbringen der Beklagten, es komme in der Praxis häufig vor, dass Holztreppen mit einer Wangenstärke von 40 mm verbaut würden, stehe der Einschätzung des Regelwerks als allgemein anerkannter Regel der Technik entgegen. Das Berufungsgericht hat sich, wie aus dem Protokoll der mündlichen Anhörung des Sachverständigen ersichtlich ist, mit diesem Einwand befasst. Es ist gleichwohl aufgrund der Einschätzung des Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen, das "Regelwerk Handwerkliche Holztreppen" gebe insoweit die allgemein anerkannten Regeln der Technik richtig wieder. Allein der Hinweis darauf, dass diese Einschätzung wegen vielfacher Abweichungen in der Praxis fehlerhaft sei, ist kein in der Revision zu berücksichtigender Angriff gegen diese Beweiswürdigung. Das Revisionsgericht ist grundsätzlich an die Beweiswürdigung des Tatrichters gebunden. Die Nachprüfung der Beweiswürdigung in der Revisionsinstanz beschränkt sich darauf, ob der Tatrichter in verfahrensrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Streitstoff umfassend, rechtlich möglich, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze gewürdigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, NJW-RR 2005, 558). Insoweit ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden. Allein der Umstand, dass vielfach eine Wangenstärke von 4 cm angeboten wird, zwingt nicht zu der Annahme, die allgemein anerkannten Regeln der Technik seien im "Regelwerk Handwerkliche Holztreppen" nicht richtig abgebildet. Die vielfache Praxis sagt z.B. nichts darüber aus, ob sich diese Ausführungsweise auch bewährt hat und allgemein anerkannt ist. Nähere Ausführungen dazu finden sich auch nicht in den Revisionsangriffen.
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c) Das Berufungsgericht hat danach zutreffend in der Unterschreitung der grundsätzlich vorgesehenen Wangenstärke eine Nichteinhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik gesehen und dieses als Mangel gewertet. Dem steht nicht entgegen, dass, worauf die Revision hinweist, die Parteien im Vertrag eine Wangenstärke von 40 mm vorgesehen haben. Eine solche Vereinbarung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass von einem üblicherweise zu erwartenden Mindeststandard abgewichen werden soll, wenn auf eine solche Bedeutung nicht ausdrücklich hingewiesen wird oder der Besteller dies aus anderen Gründen, etwa einer entsprechenden Fachkunde, weiß (vgl. BGH, Urteile vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 209/11, juris Rn. 23; vom 4. Juni 2009 - VII ZR 54/07, BGHZ 181, 225, 230).
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Unerheblich ist, dass die Klägerin sich zunächst nur auf andere Mängelerscheinungen gestützt hat. Sie hat sich jedenfalls im Anschluss an die gutachterlichen Ausführungen auch darauf gestützt, dass die Treppe insgesamt nicht fachgerecht errichtet worden und für die Belastung zu schwach ausgelegt ist.
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3. Auf dieser Grundlage ist auch die Höhe des zuerkannten Vorschusses rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Revision greift die Verurteilung der Beklagten unter Hinweis auf unverhältnismäßig hohe Kosten der Mängelbeseitigung auch nur unter ihrer Prämisse an, als Mangel käme allenfalls das Knarren dreier Treppenstufen in Betracht. Das ist wie dargelegt nicht der Fall. Es bedarf deshalb keiner Auseinandersetzung, ob die Kosten für die Neuherstellung der Treppe unverhältnismäßig wären, wenn das Knarren der Stufen und weitere geringere Mängel mit geringem Aufwand nachhaltig hätten beseitigt werden können.

III.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Eick Halfmeier Kosziol Jurgeleit

Vorinstanzen:
AG Hildburghausen, Entscheidung vom 21.12.2010 - 21 C 322/09 -
LG Meiningen, Entscheidung vom 26.04.2012 - 4 S 15/11 -

Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem gesetzlichen Veräußerungsverbot der in § 135 bezeichneten Art gleich.

(1) Verstößt die Verfügung über einen Gegenstand gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt, so ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.

(2) Die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)