Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Aug. 2019 - VIII ZB 19/18
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. August 2019 durchdie Vorsitzende Richterin Dr. Milger sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger, Kosziol und Dr. Schmidt
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz nach dem Kauf eines Anhängers in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 21. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Mit einem per Telefax am 22. November 2017 bei Gericht eingegangenen, auf den 21. November 2017 datierten Schriftsatz hat sie die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt. In einem weiteren Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausgeführt, der Verlängerungsantrag vom 21. November 2017 habe an diesem Tag in der Zeit von 15.43 Uhr bis 19.22 Uhr nicht an das Gericht übermittelt werden können, da dessen Faxgerät die Rückmeldung "besetzt" gegeben habe.
- 2
- Das Landgericht hat die Klägerin darauf hingewiesen, ihr Antrag auf Fristverlängerung sei nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangen. Das erläuternde Schreiben vom 22. November 2017 werde als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgelegt und der Klägerin Gelegenheit zur Glaubhaftmachung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen gegeben.
- 3
- Ihr Wiedereinsetzungsbegehren hat die Klägerin danach - unter Vorlage von Sendeprotokollen für einen Zeitraum von 15.43 Uhr bis zuletzt19.01 Uhr - im Wesentlichen damit begründet, dass das Gericht am Tag des Fristablaufs - 21. November 2017 - in der Zeit von 15.43 Uhr bis ca. 20.00 Uhr per Telefax nicht erreichbar gewesen sei. Auch eine telefonische Kontaktaufnahme ab etwa 17.00 Uhr sei nicht möglich gewesen. Auf den Hinweis des Vorsitzenden der Berufungskammer, wonach Bedenken gegen die Gewährung einer Wiedereinsetzung bestünden, da die Übermittlungsversuche bereits gegen 20.00 Uhr und damit vorzeitig abgebrochen worden seien, erwiderte die Klägerin, es habe offensichtlich ein technischer Defekt des Empfangsgeräts vorgelegen. Sie habe insgesamt mehr als 54 Übermittlungsversuche unternommen; weitere Versuche bis 23.59 Uhr könnten von ihr nicht verlangt werden.
- 4
- Das Landgericht hat mit Beschluss vom 6. Februar 2018 den - konkludent im Schriftsatz vom 22. November 2017 gestellten - Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 5
- Ein der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten liege in der vorschnellen Aufgabe, den Fristver- längerungsantrag an das Berufungsgericht per Telefax zu übermitteln. Zwar dürften die aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels Telefax herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer abgewälzt werden. Demgegenüber stelle die Belegung des Telefaxgerätes durch andere eingehende Sendungen keine technische Störung dar und sei somit grundsätzlich nicht als Wiedereinsetzungsgrund zu qualifizieren. Es gereiche einer Partei danach zum Verschulden, wenn sie ihre Übermittlungsversuche in solchen Fällen vorschnell aufgebe. Dies habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin getan. Zwar sei der Klägerin zuzugestehen, dass das Faxgerät des Berufungsgerichts am Nachmittag des 21. November 2017 über längere Zeit wegen eines über 200 Seiten starken Schriftsatzes zeitweise belegt gewesen sei. Aus der eingeholten Übersicht über die am 21. November 2017 eingegangenen Faxschreiben ergebe sich jedoch, dass das Faxgerät des Berufungsgerichts über den ganzen Tag betriebsbereit gewesen sei. Es seien noch nach 19.00 Uhr, zuletzt um 20.48 Uhr, Faxschreiben eingegangen. Der Klägervertreter habe mit seinen Übermittlungsversuchen daher nicht bereits um 20.00 Uhr aufhören dürfen, sondern hätte in Rechnung stellen müssen, dass deren bisheriges Scheitern auf einer erhöhten Beanspruchung des Faxanschlusses während der üblichen Bürozeiten beruht habe. Das Unterlassen weiterer Übertragungsversuche im verbleibenden Zeitraum von fast vier Stunden begründe ein der Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Berufung entgegenstehendes Verschulden.
- 6
- Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
- 7
- Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
- 8
- Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte und auch den Form- und Fristerfordernissen genügende Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Denn die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt.
- 9
- 1. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss nicht die verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche der Klägerin auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
- 10
- a) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden beziehungsweise die den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; vgl. nur BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG, NJW 2012, 2869 Rn. 8; NZA 2016, 122 Rn. 10; Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 2016 - VIII ZB 55/15, WuM 2016, 632 Rn. 1; vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 9; vom 4. September 2018 - VIII ZB 70/17, NJW-RR 2018, 1325 Rn. 9).
- 11
- b) Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu zie- hen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kommt deshalb erst in Betracht, wenn im Einzelfall besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass tatsächliches Vorbringen von Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG, NJW 2009, 1584 f.; BGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 2008 - VIII ZR 306/06, WuM 2009, 113 Rn. 12; vom 24. März 2015 - VI ZR 179/13, NJW 2015, 2125 Rn. 11; vom 9. Mai 2018 - I ZB 68/17, MarkenR 2018, 389, Rn. 9; jeweils mwN).
- 12
- 2. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung der vorgenannten Verfahrensgrundrechte der Klägerin nicht vor.
- 13
- a) Die Berufung der Klägerin war, was sowohl vom Berufungs- als auch vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 2017 - VIII ZR 224/16, NJW 2017, 2285 Rn. 19; Senatsbeschluss vom 10. April 2018 - VIII ZB 35/17, juris Rn. 11), gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Klägerin sie entgegen § 520 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig begründet hat. Dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO) konnte nicht stattgegeben werden, weil dieser Antrag erst nach Fristablauf eingegangen ist (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - II ZB 27/10, juris Rn. 9; vom 11. November 2015 - XII ZB 311/15, juris Rn. 6).
- 14
- b) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen , da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Frist zur Begründung der Berufung deshalb schuldhaft versäumt hat, weil er die Versuche, den Fristverlängerungsantrag an das Berufungsgericht per Telefax zu übermitteln am Tag des Fristablaufs bereits gegen 20.00 Uhr und damit vorschnell aufgegeben hat.
- 15
- aa) Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter anderem zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist der Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den seitens der Partei glaubhaft gemachten Tatsachen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO) zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumnis von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, VersR 2011, 1417 Rn. 8; vom 8. April 2014 - VI ZB 1/13, NJW 2014, 2047 Rn. 7; vom 14. September 2017 - IX ZB 81/16, FamRZ 2017, 1946 Rn. 6). Dies ist hier der Fall.
- 16
- bb) Zwar dürfen die aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels Telefax herrührenden besonderen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Vielmehr hat der Nutzer mit der Wahl einer Telefaxübertragung bei ordnungsgemäßer Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis zum Fristablauf - hier 21. November 2017 bis 24.00 Uhr - zu rechnen ist. Das gilt im Besonderen für Störungen des Empfangsgeräts im Gericht. Denn in diesem Fall liegt die entscheidende Ursache für die Fristversäumung in der Sphäre des Ge- richts (st. Rspr.; vgl. BVerfG, NJW 2006, 829; BGH, Beschlüsse vom 9. November 2004 - X ZA 5/04, FamRZ 2005, 266 f.; vom 30. September 2003 - X ZB 48/02, NJW-RR 2004, 283 unter II 2 c; vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, juris Rn. 8; vom 14. September 2017 - IX ZB 81/16, aaO Rn. 7; jeweils mwN).
- 17
- Allerdings darf die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes nicht vorschnell abgebrochen werden, wenn eine Übersendung zunächst - insbesondere wegen einer Belegung des Empfangsgeräts mit anderweitigen Sendungen - nicht gelingt. Denn hiermit muss der Rechtsanwalt, der sich für eine Übermittlung per Telefax entschieden hat, stets rechnen und ist deshalb gehalten, geeignete Vorkehrungen zu treffen. Deshalb ist von vornherein eine gewisse Zeitreserve einzuplanen und dürfen die Übermittlungsversuche grundsätzlich nicht vorschnell weit vor Fristablauf abgebrochen werden (vgl. BVerfG, aaO; NJW 2006, 1505, 1506; NJW 2007, 2838; BGH, Beschlüsse vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, NJW-RR 2009, 357 Rn. 11; vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, aaO Rn. 9; vom 4. November 2014 - II ZB 25/13, NJW 2015, 1027 Rn. 20; vom 27. November 2014 - III ZB 24/14, FamRZ 2015, 323 Rn. 8; vom 23. Oktober 2018 - III ZR 54/18, NJW-RR 2018, 1529 Rn. 10).
- 18
- cc) Danach hat das Berufungsgericht den im Schriftsatz vom 22. November 2017 konkludent enthaltenen (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 16. Januar 2018 - VIII ZB 61/17, NJW 2018, 1022 Rn. 17; vom 12. Juni 2019 - XII ZB 432/18, juris Rn. 10; jeweils mwN) Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht zurückgewiesen. Es hat zutreffend ein der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes sowie kausales Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist angenommen.
- 19
- (1) Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin handelte schuldhaft, indem er am Tag des Fristablaufs bereits ab etwa 20.00 Uhr - nach den vorgelegten Sendeprotokollen nach 19.01 Uhr - weitere Sendeversuche unterlassen und damit die Übermittlung vorzeitig abgebrochen hat.
- 20
- (a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdebegründung durfte der Klägervertreter von weiteren Übermittlungsversuchen nach 20.00 Uhr nicht deshalb absehen, da er zuvor mehrfach versucht hatte, den Schriftsatz per Telefax zu übersenden, dies jedoch stets an der Belegung des Empfangsgeräts scheiterte. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, muss eine Partei hiermit und auch mit einer länger andauernden, durchgehenden Belegung des Faxgerätes des Gerichts - vorliegend am Nachmittag des 21. November 2017 über eine Dauer von zweieinhalb Stunden infolge des Empfangs eines umfangreichen Schriftsatzes - rechnen und deshalb weitere Übermittlungsversuche - auch nach 20.00 Uhr - unternehmen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass weitere Übermittlungsversuche nach 20.00 Uhr von vornherein aussichtslos gewesen wären, ergaben sich daraus, dass die im Zeitraum ab 15.43 Uhr getätigten Übermittlungsversuche mit der Fehlermeldung "Empfangsgerät belegt" scheiterten, gerade nicht. Vielmehr lag es nahe, dass es sich um die besonders frequentierten Zeiten am Nachmittag und am frühen Abend handelte, so dass weitere Übermittlungsversuche in den späteren Abendstunden nicht von vornherein aussichtslos oder unzumutbar waren.
- 21
- Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dem stets lediglich die Belegung des Empfangsgeräts angezeigt wurde, trägt selbst nichts dazu vor, über Erkenntnisse hinsichtlich einer technischen Störung des Faxgerätes des Ge- richts, erst Recht nicht über Art und Dauer einer solchen verfügt zu haben (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. September 2017 - IX ZB 81/16, aaO Rn. 9).
- 22
- (b) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Übermittlung des Fristverlängerungsantrags stünden - ihr nicht zurechenbare - technische Störungen des Empfangsgeräts entgegen.
- 23
- Das Empfangsgerät des Gerichts hat nach dem vorgelegten Faxtätigkeitsprotokoll über den ganzen Tag des 21. November 2017 - zuletzt um 20.48 Uhr - Schriftstücke erfolgreich empfangen. Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, das Empfangsgerät habe laut einer von einer Mitarbeiterin des Gerichts einige Wochen nach Fristablauf erteilten Auskunft "immer wieder mal nicht" funktioniert, ergibt sich daraus nichts für eine (dauernde) Funktionsunfähigkeit im genannten Zeitraum. Auch der Umstand, dass das gerichtliche Faxprotokoll für die Zeitpunkte 18.59 Uhr bis 19.01 Uhr keine Belegung mit anderen Sendungen ausweist, während das Faxgerät des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für diese Zeitpunkte die Fehlermeldung "Empfangsgerät belegt" anzeigte , könnte - allenfalls - auf eine vorübergehende Störung in diesem kurzen Zeitraum hindeuten. Entsprechendes gilt für den von der Rechtsbeschwerde hervorgehobenen Umstand, dass das gerichtliche Faxprotokoll an einigen Stellen - insbesondere für den Zeitraum um 19.00 Uhr bei den "Jobnummern" - eine Lücke der sonst fortlaufenden Eintragungen aufweist, indem die Nummern 2506 bis 2510 fehlen. Denn durch die nach 19.00 Uhr und noch nach 20.00 Uhr eingehenden Sendungen ist ausreichend dokumentiert, dass das Gerät auch in dem Zeitraum zwischen dem letzten Übermittlungsversuch bis zum Fristablauf um Mitternacht zum Empfang weiterer Sendungen in der Lage war. Eine - wie vorliegend - allenfalls zeitlich beschränkte technische Störung des Empfangsgeräts befreit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin jedoch nicht davon, alle noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung - hier in Form weiterer Übermittlungsversuche nach 20.w00 Uhr - zu ergreifen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. März 1995 - II ZB 1/95, NJW 1995, 1431 unter II; vom 21. Juli 2011 - IX ZB 218/10, juris Rn. 2; vom 14. September 2017 - IX ZB 81/16, aaO Rn. 8).
- 24
- Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Berufungsgericht daher nicht gehalten, die Funktionsfähigkeit seines Empfangsgerätes weiter aufzuklären, sondern genügte dieser Pflicht durch die erfolgte Heranziehung eines Telefaxjournals (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30. März 2000 - IX ZR 251/99, NJW 2000, 1872 unter II 1 b; Senatsbeschlüsse vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, aaO Rn. 10; vom 8. Oktober 2013 - VIII ZB 13/13, NJW-RR 2014, 179 Rn. 14).
- 25
- (2) Das im vorzeitigen Abbruch der Übermittlungsbemühungen liegende Verschulden war für die Fristversäumung kausal (vgl. hierzu BGH,Beschlüsse vom 18. April 2000 - XI ZB 1/00, NJW 2000, 2511 unter II 2 b aa; vom 5. September 2012 - VII ZB 25/12, NJW 2012, 3516 Rn. 12; vom 7. März 2013 - I ZB 67/12, NJW-RR 2013, 1011 Rn. 8; vom 14. September 2017 - IX ZB 81/16, aaO Rn. 10; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl. § 233 Rn. 29; Wieczorek /Schütze/ Gerken, ZPO, 4. Aufl. § 233 Rn. 21; BeckOKZPO/Wendtland, Stand: 1. Juli 2019, § 233 Rn. 13).
- 26
- Von der Erfolglosigkeit weiterer Versuche, den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist innerhalb des nach 20.00 Uhr noch verbleibenden Zeitraums von fast vier Stunden an das Gericht zu übermitteln, kann gerade nicht ausgegangen werden. Wie ausgeführt fehlen insoweit jegliche Anhaltspunkte für eine technische Störung des Empfangsgerätes. Dieses hat auch in der Zeit nach 20.00 Uhr, zuletzt um 20.48 Uhr, erfolgreich Faxschreiben empfangen. Eine Belegung des Gerätes durch andere Eingänge lag in der Zeit hiernach nicht (mehr) vor.
Vorinstanzen:
AG Brakel, Entscheidung vom 11.09.2017 - 7 C 50/17 -
LG Paderborn, Entscheidung vom 06.02.2018 - 5 S 80/17 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Aug. 2019 - VIII ZB 19/18
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.
(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe:
I. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 1.629,76 € nebst Zinsen verurteilt. Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung endete mit Ablauf des 10.05.2004. Die per Telefax eingereichte Berufungsbegründung erreichte das Landgericht München I am 11.05.2004 um 0:26 Uhr. Der Beklagte hat wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt und geltend gemacht, die verspätete Übermittlung des Schriftsatzes sei auf eine
plötzliche und unerwartete Fehlfunktion der Telefonanlage seines Prozeßbevollmächtigten zurückzuführen, die erst durch einen Neustart der Anlage habe behoben werden können. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zurückgewiesen. Der Beklagte beabsichtigt, gegen diesen Beschluß Rechtsbeschwerde einzulegen und beantragt, ihm für die Durchführung dieses Verfahrens Prozeßkostenhilfe zu gewähren.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO.
Der Beklagte wendet sich gegen die Auffassung des Landgerichts München I, es sei schuldhaft, mit der Übersendung einer Berufungsbegründungsschrift im Vertrauen darauf, das Faxgerät werde rechtzeitig 7 Seiten einer Berufungsbegründungsschrift übersenden, bis ca. 5 Minuten vor Fristablauf zuzuwarten , weil eine kurzfristige Funktionsstörung einer Faxanlage häufig und vorhersehbar sei. Dies stellt nach Auffassung des Beklagten eine Aushöhlung des Grundsatzes dar, daß Fristen ausgenutzt werden können.
Dem kann nicht gefolgt werden. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr gerechtfertigter Weise zu erschweren. Deshalb entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesge-
richtshofs, daß die Versäumung einer Frist wegen einer Verzögerung bei der Übermittlung eines Telefaxes der Partei dann nicht angerechnet werden kann, wenn sie mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und der korrekten Eingabe der Sendenummer alles zur Fristwahrung Erforderliche getan hat, und wenn so rechtzeitig mit der Übermittlung begonnen wurde, daß unter normalen Umständen mit deren Abschluß bis 24 Uhr gerechnet werden kann (Sen.Beschl. v. 30.09.2003 - X ZR 48/02, NJW-RR 2004, 216 f.; BGH, Beschl. v. 01.02.2001 - V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916). Dies ist bei der Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax dann der Fall, wenn etwaige Fristversäumnisse auf der Verzögerung der Entgegennahme durch das Gericht aufgrund eines Defekts des (gerichtlichen) Empfangsgerätes oder auf Leitungsstörungen beruhen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.01.1996 - BvR 121/95, NJW-RR 1996, 2857 f., m.w.N.). Allerdings muß die Partei Verzögerungen einplanen, mit denen üblicherweise zu rechnen ist. Ein Fristversäumnis kann deshalb verschuldet sein, wenn die Partei mit der Versendung eines Telefaxes erst wenige Minuten vor Fristablauf beginnt und die Übermittlung bis 24 Uhr daran scheitert, daß das gerichtliche Empfangsgerät durch eine andere Sendung belegt ist (BVerfG, Beschl. v. 19.11.1999 - 2 BvR 565/98, NJW 2000, 574).
Daraus folgt, daß eine laufende Frist nur in dem Umfang ausgeschöpft werden darf, daß die bis zum Fristablauf verbleibende Zeit ausreicht, um die Übermittlung des Schriftsatzes sicherzustellen. Deshalb fehlt es an einer hinreichend rechtzeitigen Absendung, wenn mit der Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax so spät begonnen wird, daß eine nicht ungewöhnliche Störung des Übertragungsvorgangs wie ein Papierstau, der nach der anwaltlichen Versicherung des Prozeßbevollmächtigten des Beklagten durch Neustart des im übrigen
voll funktionsfähigen Faxgerätes sofort behebbar war, zur Fristversäumnis führt. Umstände, aus denen sich ergeben könnte, daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten darauf vertrauen durfte, der Übertragungsvorgang werde auch ohne einen eventuell erforderlichen Neustart seines Faxgerätes sofort und reibungslos ausgeführt, sind weder dargetan noch glaubhaft gemacht.
Da sich der Beklagte die verspätete Absendung des Schriftsatzes durch seinen Prozeßbevollmächtigten zurechnen lassen muß (§ 85 Abs. 2 ZPO), hat das Berufungsgericht zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.
Melullis Keukenschrijver Ambrosius
Asendorf Kirchhoff
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht Oldenburg zurückverwiesen.
Gründe:
I. Der Beklagte ist vom Landgericht Aurich zur Zahlung eines Geldbetrages an den Kläger verurteilt worden. Seine Berufungsschrift ist erst nach Ablauf der Berufungsfrist beim Berufungsgericht eingegangen. Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist hat das Berufungsgericht zurückgewiesen ; zugleich hat es die Berufung durch Beschluß als unzulässig verworfen.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Urteils, Gewährung der Wiedereinsetzung
und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht begehrt. Die Klägerin tritt dem Rechtsbehelf entgegen.
II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO), da jedenfalls die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kommt nämlich dann in Frage, wenn das Berufungsgericht seiner Entscheidung einen zu strengen Sorgfaltsmaßstab zugrunde gelegt und die besonderen Umstände des Falles nicht hinreichend berücksichtigt hat (BGH, Beschl. v. 5.11.2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437). So liegt die Sache hier.
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
a) Nach dem vom Berufungsgericht unterstellten Sachverhalt hat die erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Beklagten versucht, die von einem anderen Rechtsanwalt verfaßte Berufungsschrift am letzten Tag der Berufungsfrist zwischen 20.43 Uhr und 24.00 Uhr mittels Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln, was ihr nicht gelungen sei, weil das Telefaxgerät des Berufungsgerichts nicht empfangsbereit gewesen sei.
b) Das Berufungsgericht hat gleichwohl die Fristversäumnis als verschuldet angesehen, weil derjenige, der sich des risikobehafteten Telefax -Übertragungswegs bediene, gehalten sei, dies so rechtzeitig zu tun, daß notfalls noch eine anderweitige Übermittlung möglich sei, und er alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen müsse, wenn sich herausstelle, daß die Übermittlung nicht gelungen sei. Hiergegen sei verstoßen worden. Jedenfalls nach einem laut Sendebericht um 22.52 Uhr wiederum gescheiterten Übermitt-
lungsversuch habe für eine Übermittlung auf anderem Weg gesorgt werden müssen, wofür sich in erster Linie eine Fahrt von Leer nach Oldenburg, für die hinreichend Zeit zur Verfügung gestanden habe, aber auch der Versuch, einen in Oldenburg tätigen Rechtsanwalt zu erreichen, oder telegraphische Übermittlung angeboten hätten, wovon kein Gebrauch gemacht worden sei.
c) Diese Ausführungen greift die Rechtsbeschwerde mit Erfolg als von Rechtsfehlern beeinflußt an.
Wie der Bundesgerichtshof im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE NJW 1996, 2857) bereits entschieden hat, ist mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn so rechtzeitig mit der Übermittlung begonnen wird, daß unter normalen Umständen mit deren Abschluß bis 24.00 Uhr zu rechnen ist (BGH, Beschl. v. 1.2.2001 - V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916). Daß eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen sei, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die zu unterstellende Funktionsunfähigkeit des Telefaxgeräts des Berufungsgerichts kann dem Beklagten nicht angelastet werden.
War auf seiten des Beklagten alles Erforderliche unternommen worden, so kann ein Verschulden der Beklagtenvertreter nicht daraus abgeleitet werden, daß diese ihnen vielleicht noch mögliche weitere Schritte nicht eingeleitet haben , nachdem sie das Fehlschlagen des von ihnen zulässigerweise gewählten Übermittlungswegs erkannt hatten. Von einem Rechtsanwalt, der sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf eingestellt hat, einen Schriftsatz mittels Telefax zu übermitteln, kann nämlich beim Scheitern der gewählten
Übermittlung infolge eines Defekts im Empfangsgerät oder wegen Leitungsstörungen nicht verlangt werden, daß er unter Aufbietung aller nur denkbarer Anstrengungen innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte, vom Gericht offiziell eröffnete Zugangsart sicherstellt (BVerfGE aaO). Dies hat das Berufungsgericht bereits im Ansatz verkannt.
3. Demnach kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Da die Sache auch hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags nicht entscheidungsreif ist, sind der angefochtene Beschluß insgesamt aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu übertragen ist.
Jestaedt Scharen Keukenschrijver
Mühlens Asendorf
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Wiedereinsetzungsantrag nicht ausdrücklich gestellt werden, er kann auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein (vgl. BGH Beschlüsse vom 16. Januar 2018 - VIII ZB 61/17 - NJW 2018, 1022 Rn. 17 und vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10 - NJW 2011, 1601 Rn. 13; vgl. bereits BGHZ 63, 389, 392 f. = NJW 1975, 928). Hierzu reicht aus, dass in diesem Schriftsatz konkludent zum Ausdruck gebracht wird, das Verfahren trotz verspäteter Einreichung der Rechtsmittel- oder Begründungsschrift fortsetzen zu wollen.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagten mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch, sie hätten als von ihm beauftragte Rechtsanwälte im Jahre 1984 verspätet Widerspruch gegen einen Umlegungsbeschluß eingelegt und es sodann versäumt, einen aussichtsreichen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger - rechtzeitig - Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. März 1999 hat er mit einem Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten von diesem Tage die Berufung begründet. Der Eingangsstempel des
Oberlandesgerichts enthält folgenden Vermerk: "Dem Nachtbriefkasten entnommen am 23. März 99. ... Eingegangen nach 24.00 Uhr des 22. März 1999". Nach einem schriftlichen, beim Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 25. März 1999 eingegangenen Hinweis der Senatsvorsitzenden auf jenes Eingangsdatum hat der Kläger vorgetragen, sein Prozeßbevollmächtigter habe am 22. März 1999 zusammen mit dessen Mitarbeiterin bis etwa 22.30 Uhr an dem Schriftsatz gearbeitet. Die Mitarbeiterin habe in Anwesenheit des Prozeßbevollmächtigten um 22.50 Uhr die Kanzlei verlassen und sei mit dem Schriftsatz zum 300 m entfernten Oberlandesgericht gefahren, wo sie ihn zusammen mit einem weiteren Schriftsatz - dieser enthält einen gleichlautenden Eingangsstempel - in den Nachtbriefkasten eingeworfen habe. Gleichzeitig hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Glaubhaftmachung seines Vorbringens hat er eidesstattliche Versicherungen seines Prozeßbevollmächtigten und von dessen Mitarbeiterin S. sowie der Buchhalterin C.-K. vorgelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich dessen Revision.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 547 ZPO zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat sich vom rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung nicht überzeugen können. Es hat dazu ausgeführt, eine Auskunft des Justizobersekretärs B. habe ergeben, daß dieser am Morgen des 23. März 1999 bei der Entnahme der Post aus dem Nachtbriefkasten keinen Fehler gemacht habe. B. habe sich noch konkret daran erinnert, daß sich an jenem Morgen Post sowohl in dem Fach für den Einwurf vor 24.00 Uhr als auch in demjenigen für die Zeit danach befunden habe. Für die allgemeine Mutmaßung des Klägers, das Personal bei Gericht sei nicht immer das zuverlässigste, gebe es keine konkrete Grundlage. Durch die vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sei der durch den Eingangsstempel begründete Beweis für den Eingangszeitpunkt nicht widerlegt. Die Kanzleimitarbeiterin S. habe nicht näher und nachvollziehbar begründet, warum sie zu der Überzeugung gelangt sein will, daß sie die Post noch lange vor Mitternacht eingeworfen habe. Der Hinweis (der Buchhalterin C.-K.) auf die in den Kanzleiräumen hängende große Wanduhr überzeuge nicht, weil nach der Darstellung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers diese Uhr am nächsten Tag wegen leerer Batterien ausgefallen sei. Der Prozeßbevollmächtigte selbst habe es zunächst für möglich gehalten, daß die Uhr schon am Abend des 22. März 1999 langsamer gelaufen sei. Die Angabe der Frau C.-K., sie habe sich, nachdem sich Frau S. - gegen 22.45 Uhr - entfernt habe, noch eine gute Stunde in den Kanzleiräumen aufgehalten und sodann noch vor Mitternacht an einem Geldautomaten Geld abgehoben, könne nicht richtig sein, wenn man berücksichtige , daß sie noch den Weg zu dem Geldautomaten habe zurücklegen müssen. Sie und der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hätten im übrigen weder mit-
geteilt, wo sich der Geldautomat befinde, noch über die Abhebung irgendwelche Belege vorgelegt.
II.
Diese Beweiswürdigung greift die Revision mit Erfolg als verfahrensfehlerhaft an.
1. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Berufung verspätet begründet worden ist.
a) Die rechtzeitige Begründung einer Berufung ist Voraussetzung für deren Zulässigkeit. Ob die Berufung zulässig ist oder nicht, haben sowohl das Berufungs- wie auch das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH, Beschl. v. 27. November 1996 - XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312). Der gerichtliche Eingangsstempel ist, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO und erbringt den Beweis für den Zeitpunkt des Eingangs und nicht nur, wie die Revision meint, dafür, daß der Schriftsatz der Person, die den Stempel angebracht hat, zu dem darin angegebenen Zeitpunkt vorgelegen hat. Dieser Beweis kann jedoch gemäß § 418 Abs. 2 ZPO durch den Nachweis der Unrichtigkeit des im Eingangsstempel ausgewiesenen Zeitpunkts entkräftet werden. Dabei genügt freilich nicht bloße Glaubhaftmachung im Sinne des § 294 Abs. 1 ZPO; die Rechtzeitigkeit des Eingangs muß zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen wer-
den, wobei der sogenannte Freibeweis gilt (vgl. zu alledem BGH, Beschl. v. 30. Oktober 1997 - VII ZB 19/97, NJW 1998, 461).
b) Die bloße, in aller Regel nicht völlig auszuschließende Möglichkeit, daß ein Nachtbriefkasten aus technischen Gründen nicht richtig funktioniert oder bei der Abstempelung Fehler unterlaufen, reicht zur Führung des Gegenbeweises nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht aus. Auf der anderen Seite dürfen wegen der Beweisnot der betroffenen Partei die Anforderungen an den Gegenbeweis nicht überspannt werden. Da der Außenstehende in der Regel keinen Einblick in die Funktionsweise des gerichtlichen Nachtbriefkastens sowie das Verfahren bei dessen Leerung und damit keinen Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts, die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (BGH, Urt. v. 31. Mai 1995 - XII ZR 206/94, VersR 1995, 1467, 1468; Zöller/Geimer, ZPO 21. Aufl. § 418 Rdnr. 4). Dem ist das Berufungsgericht insofern nachgekommen, als es eine Stellungnahme des Justizbeamten eingeholt hat, der offenbar am Morgen des 23. März 1999 für die Leerung des Nachtbriefkastens und die Abstempelung der darin befindlichen Schriftstücke zuständig war. Indessen reichte es, wie die Revision zu Recht rügt, nicht aus, sich mit dessen Bestätigung zufrieden zu geben, er habe "einen Fehler nicht gemacht" und könne sich konkret daran erinnern, daß damals in beiden Fächern des Nachtbriefkastens Post gelegen habe. Den Ausführungen des Berufungsgerichts läßt sich nicht entnehmen, ob es Kenntnis von der allgemeinen Funktionsweise des Nachtbriefkastens hatte; es hätte sich darüber informieren müssen, ob und gegebenenfalls welche Fehlerquellen vorhanden sind, ob es schon zu Störungen gekommen war und ob es etwa insbesondere weitere Störfälle in der Nacht vom 22. zum 23. März 1999 gegeben hat (vgl. BGH, Beschl. v. 30. Oktober 1997 aaO S. 461 f). Auch der Frage, wie
die Leerung des Nachtbriefkastens im allgemeinen vor sich zu gehen pflegt und ob es Besonderheiten am Morgen des 23. März 1999 gegeben hat, hätte nachgegangen werden müssen. Dabei wäre - auch darauf weist die Revision mit Recht hin - aufzuklären gewesen, wie es kommt, daß die beiden Datumsstempel auf dem Schriftsatz vom 22. März 1999 ebenso wie auf dem weiteren, gleichzeitig in den Nachtbriefkasten eingeworfenen Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten des Klägers in anderer Sache sich darin unterscheiden, daß jeweils der eine die Jahreszahl nur in der abgekürzten Form "99" ausweist. Schließlich fällt auf, daß die Stempel auf den beiden Schriftsätzen vom 22. März 1999 anders als spätere über den Nachtbriefkasten eingegangene Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 19. Mai, 21. Mai und 11. Juni 1999 (GA 145, 149, 153, 162) offenbar nicht mit der Paraphe des nach den Ermittlungen des Berufungsgerichts für die Leerung am 23. März 1999 zuständigen Justizobersekretärs B. versehen sind.
c) Erst nach Aufklärung dieser Umstände wird es möglich sein, die Ä ußerungen des Prozeßbevollmächtigten des Klägers und seiner Mitarbeiterinnen abschließend zu würdigen. Dabei hält es der Senat für angezeigt, diese Personen als Zeugen zu vernehmen. Der Kläger hat inzwischen in einem nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nachgereichten Schriftsatz die Vernehmung der Zeuginnen S. und C.-K. auch beantragt.
2. Sollte sich nach der somit erforderlichen weiteren Beweisaufnahme ergeben, daß der Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht geführt ist, so käme auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, für den Fall, daß der Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht gelingt, Wiedereinsetzung mit der Be-
gründung zu beantragen, daß die Partei und ihren Prozeßbevollmächtigen kein Verschulden an der Fristversäumung treffe (BGH, Beschl. v. 27. November 1996 aaO S. 1313). Nach der Darstellung des Klägers hat hier jedoch sein Prozeßbevollmächtigter das Hinausgehen des Schriftsatzes bis zu dem Zeitpunkt , in dem seine Angestellte mit diesem die Kanzleiräume verließ, persönlich überwacht. Daß erst danach der alsbaldige Einwurf des Schriftstücks in den Briefkasten durch irgendein nunmehr eingetretenes Ereignis verzögert worden wäre, hat der Kläger nicht nur nicht behauptet, sondern gerade in Abrede gestellt. Wenn gleichwohl ein verspäteter Einwurf als bewiesen anzusehen sein sollte, könnte das hiernach nur daran liegen, daß der Schriftsatz zu spät aus dem Machtbereich des Prozeßbevollmächtigten herausgelangt ist; das wäre nach dem vom Kläger geschilderten Geschehensablauf nicht ohne ein Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten denkbar.
III.
Der Senat sieht wegen der größeren Orts- und Sachnähe des Berufungsgerichts von eigenen Beweiserhebungen ab und verweist die Sache an
dieses zurück, damit zur Frage der Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.
Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer