Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2011 - VIII ZB 92/09

bei uns veröffentlicht am11.01.2011
vorgehend
Landgericht Hamburg, 415 O 138/06, 18.09.2009
Hanseatisches Oberlandesgericht, 4 W 284/09, 10.11.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 92/09
vom
11. Januar 2011
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Hessel und die Richter Dr. Achilles,
Dr. Schneider und Dr. Bünger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 10. November 2009 wird als unzulässig verworfen, soweit die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 18. September 2009 in Höhe eines zur Festsetzung angemeldeten Betrages von 6.165,20 € nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird auf die Rechtsbeschwerde des Klägers der genannte Beschluss des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg unter Einschluss der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 18. September 2009 dahin abgeändert, dass über die dort festgesetzten Kosten hinaus die von der Beklagten an den Kläger aufgrund des Anerkenntnisurteils der 15. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hamburg vom 29. Juni 2009 zu erstattenden Kosten auf weitere 880,10 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2009 festgesetzt werden. Von den Kosten der Rechtsmittelverfahren haben der Kläger 88 % und die Beklagte 12 % zu tragen Beschwerdewert: 7.045,30 €

Gründe:

I.

1
Die Beklagte ist durch Anerkenntnisurteil des Landgerichts vom 29. Juni 2009 verurteilt worden, an den Kläger 109.090,26 € nebst Zinsen zu zahlen. Außerdem sind der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der im Verfahren C-348/07 vor dem Gerichtshof der Europäischen Union entstandenen Kosten auferlegt worden. Die zu erstattenden Kosten hat das Landgericht auf 8.243,30 € nebst Zinsen festgesetzt und hierbei vom Kläger angemeldete Prozessvorbereitungskosten für Meinungsumfragen, Auswertung von Kartendaten und Kundenbefragungen in Höhe von 4.385 € ebenso abgesetzt wie die hälftige, nach einem Streitwert von 110.000 € mit dem 1,3-fachen Satz angemeldete Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG in Höhe von 1.760,20 €. Auf diese Verfahrensgebühr hat das Landgericht vielmehr die vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr in Höhe eines Betrages von 880,10 € gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG angerechnet.
2
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers, der im Verlauf des Beschwerdeverfahrens seinen Festsetzungsantrag um vorprozessuale Gebühren von 1.780,20 € erweitert hatte, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die angemeldeten Prozessvorbereitungskosten hat es für nicht und die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr für in diesem Verfahren nicht erstattungsfähig angesehen. Die vom Landgericht vorgenommene Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr hat das Oberlandesgericht unter Hinweis insbesondere auf die Rechtsprechung des Senats zum Verhältnis dieser beiden Gebühren (Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323) gebilligt und eine Anwendbarkeit der am 5. August 2009 in Kraft getretenen Anrechnungsbestimmung des § 15a Abs. 2 RVG entgegen der Auffassung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Be- schluss vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101) und des Oberlandesgerichts Stuttgart (AGS 2009, 371) verneint; zugleich hat es die Rechtsbeschwerde im Hinblick auf die Entscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs , des Oberlandesgerichts Stuttgart und eine damit übereinstimmende Entscheidung des Oberlandesgerichts München (JurBüro 2010, 23) zugelassen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Festsetzungsbegehren in vollem Umfang weiter.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde hat nur insoweit Erfolg, als das Beschwerdegericht die angemeldete 1,3-fache Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) auf den 0,65-fachen Satz gekürzt hat. Im Übrigen ist sie mangels Zulassung unzulässig.
4
1. Das Beschwerdegericht kann eine nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 ZPO auszusprechende Zulassung der Rechtsbeschwerde auf Teile des Streitstoffes beschränken. Die Beschränkung muss nicht im Tenor des Beschlusses angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Allerdings muss sich in diesem Fall die Beschränkung den Entscheidungsgründen eindeutig entnehmen lassen. Das ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, bei mehreren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung auf diesen Gegenstand zu sehen ist (vgl. zur beschränkten Zulassung der Revision Senatsurteile vom 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09, WuM 2010, 484 Rn. 18; vom 13. Juli 2010 - VIII ZR 129/09, WuM 2010, 495 Rn. 15; jeweils mwN). So verhält es sich hier.
5
a) Das Beschwerdegericht hat - worauf die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend hinweist - die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil es die Frage für klärungsbedürftig hält, ob § 15a RVG auf die vorliegende Fallgestaltung Anwendung findet und mit den hierin enthaltenen Anrechnungsregeln die bei seinem Inkrafttreten bereits bestehende Gesetzeslage lediglich klargestellt hat oder ob diese Anrechnungsregeln die zuvor bestehende Gesetzeslage mit der Folge einer Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG verändert haben. Damit hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde allein auf die Entscheidung über die zur Festsetzung angemeldete Verfahrensgebühr beschränkt. Denn nur hierzu verhalten sich die zur Erläuterung der Zulassung angeführten Entscheidungen. Eine Verpflichtung der Beklagten, die daneben angesetzten Prozessvorbereitungskosten und vorprozessual angefallenen Anwaltsgebühren zu ersetzen, stellt dagegen einen von der Zulassungsfrage unabhängigen Teil des im Kostenfestsetzungsverfahren zu beurteilenden Streitstoffes dar.
6
b) Die vom Beschwerdegericht vorgenommene Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch wirksam. Denn die Zulassung kann auf einen tatsächlich oder rechtlich selbstständigen Teil des Streitstoffes beschränkt werden, welcher Gegenstand einer gesonderten Festsetzung sein oder auf den der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel beschränken könnte (vgl. Senatsurteile vom 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09, aaO Rn. 21; vom 13. Juli 2010 - VIII ZR 129/09, aaO Rn. 17; jeweils mwN). Das unterliegt hinsichtlich der hier zur Erstattung angemeldeten einzelnen Kostenpositionen keinem Zweifel.
7
2. Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 575 ZPO), ist sie auch begründet. Entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdegerichts ist die angemeldete Verfahrensgebühr ungekürzt festzusetzen. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Anrechnungsvorschrift des § 15a RVG sei auf die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Rechtsbeschwerde macht vielmehr zutreffend geltend, dass die in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens der Parteien in der Weise hätte erfolgen müssen, wie sie nunmehr in § 15a RVG beschrieben ist, der durch Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügt worden und gemäß Art. 10 Satz 2 dieses Gesetzes am 5. August 2009 in Kraft getreten ist (Senatsbeschluss vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10, juris Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom 15. September 2010 - IV ZB 5/10, juris Rn.7 ff.; vom 28. Oktober 2010 - VII ZB 15/10, juris Rn. 6).
8
Die Rechtsbeschwerde rügt hiernach zu Recht, dass das Beschwerdegericht die angemeldete Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG nur gekürzt und nicht mit dem 1,3-fachen Satz in Ansatz gebracht hat. Da in der Sache keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, sondern der Sachverhalt zur End- entscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO nach Maßgabe vorstehender Beschlussformel in der Sache selbst zu entscheiden. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.09.2009 - 415 O 138/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 10.11.2009 - 4 W 284/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2011 - VIII ZB 92/09

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 60 Übergangsvorschrift


(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staats
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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 15a Anrechnung einer Gebühr


(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. (2) Sind mehrere Gebüh

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 57/07
vom
22. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 91 RVG-VV, Anlage 1 Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4

a) Es wird daran festgehalten, dass sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich
entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (Nr. 2400 VV RVG aF) auf die
Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4
VV RVG nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden
gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr
vermindert (Senatsurteile vom 7. März 2007 – VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049; vom
14. März 2007 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050; vom 11. Juli 2007 – VIII ZR 310/06,
NJW 2007, 3500).

b) Für die Anrechnung ist es ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr auf materiellrechtlicher
Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht
, tituliert oder bereits beglichen ist.

c) Eine vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallene Geschäftsgebühr kann nicht Gegenstand
einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein (im Anschluss an BGH, Beschluss
vom 27. April 2006 – VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 f.).
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - LG Magdeburg
AG Quedlinburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns
und Dr. Milger sowie den Richter Dr. Achilles

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 18. Juni 2007 und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Quedlinburg vom 10. Juli 2006 aufgehoben. Die von dem Kläger aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Quedlinburg vom 1. März 2006 an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 733,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. März 2006. Der weitergehende Festsetzungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Wert des Beschwerdegegenstandes: Wertstufe bis 300 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien haben um die Rückabwicklung eines PKW-Kaufvertrages gestritten. Die auf Kaufpreisrückzahlung und Erstattung von Versicherungsaufwendungen gerichtete Klage ist durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts auf Kosten des Klägers abgewiesen worden. Bereits vorprozessual hatten die Parteien über die anschließend rechtshängig gemachten Ansprüche korrespondiert , wobei die Beklagte die erhobenen Ansprüche durch ihren späteren Prozessbevollmächtigten zurückweisen ließ. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat das Amtsgericht auf Antrag der Beklagten neben einer 1,3Verfahrens - und einer 1,2-Terminsgebühr (Nrn. 3100, 3104 VV RVG), die nach dem festgesetzten Streitwert von 3.535 € bemessen waren, antragsgemäß noch eine 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2400 VV RVG) festgesetzt, die nach einem vorprozessual noch über der Klageforderung liegenden Forderungsbetrag bemessen war, und hierauf eine 0,65-Verfahrensgebühr nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert angerechnet. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers, der sich gegen den Ansatz einer Geschäftsgebühr gewandt hat, hat das Beschwerdegericht an diesem Ansatz festgehalten, die 13/10-Geschäftsgebühr jedoch lediglich unter Zugrundelegung des gerichtlich festgesetzten Streitwerts festgesetzt und hierauf eine 0,65-Verfahrensgebühr angerechnet. Hiergegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde, die in den Grenzen des mit der sofortigen Beschwerde gestellten Antrages einen vollständigen Fortfall des Ansatzes einer Geschäftsgebühr erstrebt sowie auf die Verfahrensgebühr eine 0,65-Geschäftsgebühr angerechnet wissen will.

II.

2
Die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
3
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass die vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorprozessual zu Zwecken der Anspruchsabwehr entfaltete Tätigkeit eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG (ab 1. Juli 2006: Nr. 2300 VV RVG) ausgelöst habe und dass diese angesichts ihres eindeutigen Bezuges zum späteren Rechtsstreit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend gemacht werden könne, zumal hierdurch der Beklagten ein im Vergleich zu einem Hauptsacheverfahren einfacherer Weg zur Durchsetzung ihres Kostenerstattungsanspruchs eröffnet werde. Jedoch stehe ihr ein solcher Anspruch nur in Höhe der Hälfte der Geschäftsgebühr nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert zu.
4
2. Diese Sichtweise rügt die Rechtsbeschwerde mit Recht als fehlerhaft, weil das Beschwerdegericht mit der vorprozessual angefallenen Geschäftsgebühr unzulässig Kosten in die Kostenerstattung einbezogen hat, die keine Prozesskosten sind. Darüber hinaus wird die Festsetzung der Vorinstanzen der in Anlage 1, Teil 3, Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG (im Folgenden: Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG) geregelten Gebührenanrechnung nicht gerecht.
5
a) Die Rechtsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Beschwerdegericht die durch den vorprozessualen Versuch einer Anspruchsabwehr entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG als festsetzungsfähig angesehen hat. Denn ebenso wie die Aufwendungen für ein anwaltliches Mahnschreiben nicht zu den Prozesskosten gehören, können die vorprozessual zur Anspruchsabwehr angefallenen Gebühren nicht im Rahmen einer Kostenerstattung nach § 91 ZPO angesetzt werden und somit nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2006 – VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 f.).
6
b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde greift weiter durch, soweit das Beschwerdegericht die angemeldete Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ohne Anwendung der Anrechnungsvorschrift gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG ungekürzt in Ansatz gebracht hat. Diese Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 7. März 2007 – VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049, unter II 2 a; Urteil vom 14. März 2007 – VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050, unter II 2 d; Versäumnisurteil vom 11. Juli 2007 – VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500, unter II 2) so zu verstehen, dass eine entstandene Geschäftsgebühr unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist. Durch diese Anrechnung verringert sich die erst später nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr, während die zuvor bereits entstandene Geschäftsgebühr von der Anrechnung unangetastet bleibt. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Anrechnungsvorschrift erfolgt die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens und nicht umgekehrt, so dass sich nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr , sondern die im gerichtlichen Verfahren angefallene Verfahrensgebühr im Umfang der Anrechnung reduziert.
7
Der Senat hält an dieser Sichtweise, die in erster Linie auf den klaren Wortlaut der Anrechnungsbestimmung gestützt ist, trotz der namentlich in der Instanzrechtsprechung (z.B. KG, AGS 2007, 439; OLG München, Rpfleger 2007, 686; OLG Karlsruhe, AGS 2007, 494; OLG Koblenz, AnwBl 2007, 873; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Oktober 2007 – 8 W 442/07; wie der Senat etwa VGH München, NJW 2006, 1990; OLG Hamburg, MDR 2007, 1224) geäußerten Kritik fest.
8
aa) Die teilweise vertretene Auffassung, der Gesetzgeber habe bei der Anrechnungsbestimmung gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG an der unter der Geltung des § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO entwickelten Praxis nichts ändern wollen, wonach die schon dort vorgeschriebene Anrechnung der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr auf die im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren angefallene Prozess- oder Verkehrsgebühr bei der späteren Kostenfestsetzung nicht zu berücksichtigen sei (vgl. OLG München, aaO), wird durch die Gesetzesbegründung zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drs. 15/1971, S. 209) nicht gestützt. Aus den dort wiedergegebenen Erwägungen geht nicht hervor, dass der Gesetzgeber sich überhaupt mit diesen im rechnerischen Ergebnis ohnehin als wenig bedeutsam angesehenen Praxisdetails befasst hat oder gar eine Festsetzungspraxis hat bestätigen wollen, die am Gesetzeswortlaut vorbei von der hierin vorgesehenen Anrechnung Abstand genommen hatte. Das Anrechnungserfordernis ist vielmehr nur vor dem Hintergrund der neu vorgesehenen Teilanrechnung erörtert worden, und zwar in dem Sinne, dass der Umfang derjenigen Tätigkeit, den die in Vorbemerkung 3 Absatz 2 VV RVG umschriebene Verfahrensgebühr abdecken sollte, entscheidend davon beeinflusst werde, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst gewesen sei. Denn eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhalte, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig gewesen sei, sei nicht zu rechtfertigen, wobei in diesem Zusammenhang unter anderem noch das Bestreben nach einer aufwandsbezogenen Vergütung hervorgehoben worden ist. Der Gesetzgeber hat also mit Blick auf einen erfahrungsgemäß geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand des schon vorprozessual mit der Sache befassten und hierfür nach Nrn. 2400 ff. VV RVG vergüteten Prozessbevollmächtigten dessen gerichtliche Verfahrensgebühr bereits in ihrer Entstehung um den in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG beschriebenen Teil der vorprozessual verdienten Gebühren kürzen wollen.
9
Erst recht ist kein Grund ersichtlich, eine unter der Geltung von § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO nicht selten gegen den klaren Gesetzeswortlaut praktizierte Anrechnung der Prozess- auf die Geschäftsgebühr in die Anwendung der Anrechnungsklausel gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG fortzuschreiben und zu diesem Zweck den unzweideutig in umgekehrte Richtung gehenden Gesetzeswortlaut als auslegungsfähig und auslegungsbedürftig anzusehen (so aber OVG Münster, NJW 2006,1991, 1992). Ebenso wenig besteht nach den im Gesetzgebungsverfahren anzutreffenden Äußerungen Anlass, von einem kor- rekturbedürftigen Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei Abfassung der genannten Anrechnungsbestimmung auszugehen (so zutreffend Streppel, MDR 2007, 929, 930).
10
bb) Kein entscheidendes Gewicht kommt der häufig angeführten Überlegung zu, wie schon § 118 Abs. 2 BRAGO betreffe die Anrechnungsbestimmung in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG nur das Rechtsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant, nicht jedoch das für eine etwaige Kostenerstattung maßgebliche Außenverhältnis zwischen dem Mandanten und seinem Prozessgegner (vgl. KG, OLG München, OLG Stuttgart und OLG Karlsruhe, aaO). Hierbei wird – worauf auch Streppel, aaO, zutreffend hinweist – übersehen, dass § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO für eine Kostenerstattung an die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts und darüber unmittelbar an die genannte Anrechnungsbestimmung anknüpft. Entsteht die Verfahrensgebühr wegen der in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG vorgesehenen Anrechnung eines Teils der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG von vornherein nur in gekürzter Höhe, kommt im Rahmen der Kostenfestsetzung auch keine darüber hinausgehende Erstattung in Betracht. Ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist, ist bereits nach dem Wortlaut der Anrechnungsbestimmung ohne Bedeutung. Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung ist nach dieser Vorschrift vielmehr entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden ist, der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hatte.
11
cc) Soweit eingewandt wird, es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich , dass die unterlegene Partei nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten habe , weil der Prozessbevollmächtigte der Gegenseite bereits vorprozessual das Geschäft seines Mandanten betrieben habe, greift dies ebenso wenig durch wie die Überlegung, die vom Senat vertretene Auslegung der Anrechnungsvorschrift begünstige diejenige Partei sinnwidrig, die davon abgesehen habe, bereits vorprozessual einen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. KG und OVG Münster , aaO; ferner VGH München, NJW 2007, 170). Es trifft zwar zu, dass durch diese Auslegung ein Beklagter gegenüber der unter der Geltung von § 118 Abs. 2 BRAGO praktizierten Anwendung der Anrechnungsvorschrift benachteiligt wird, wenn ihm für eine bereits vorprozessual eingeleitete Rechtsverteidigung kein Erstattungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458). Dass ein von ihm aufzubringender, materiellrechtlich nicht auf den Prozessgegner abwälzbarer Gebührenanspruch zur Kürzung eines ihm im Falle des Obsiegens zustehenden prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach §§ 91 ff. ZPO führt, hat seinen Grund jedoch allein darin, dass durch die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG ein seinem Prozessbevollmächtigten nach Nrn. 3100 ff. VV RVG zustehender Gebührenanspruch unter einem aufwandsbezogenen Gesichtspunkt gekürzt wird, nämlich weil er aufgrund seiner vorprozessualen Befassung in der Regel nur einen geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand hat. Dieser geringere Aufwand im Rahmen der von § 91 ZPO erfassten Prozessführung wiederum war nach der Gesetzesbegründung (aaO) einer der entscheidenden und durch die Anknüpfung am voraussichtlichen Tätigkeitsumfang sachlich auch tragfähigen Beweggründe des Gesetzgebers, dem Prozessbevollmächtigten nur eine insoweit gekürzte Vergütung zuzubilligen. Dies anschließend im prozessualen Erstattungsrechtsverhältnis der Parteien durch eine abweichende Erstattungspraxis wieder zu korrigieren, ist zudem rechtlich nicht geboten. In- soweit konnte es der Gesetzgeber vielmehr bei der bestehenden Rollen- und Risikoverteilung und den hiernach nur eingeschränkt bestehenden materiellrechtlichen Erstattungsansprüchen belassen.
12
dd) Für nicht durchgreifend erachtet der Senat schließlich die Bedenken, das Kostenfestsetzungsverfahren eigne sich nach seinen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten nicht, die für eine Anrechnung erforderlichen Voraussetzungen festzustellen (vgl. OLG München und KG, aaO). Abgesehen davon, dass ein anrechnungserhebliches vorprozessuales Tätigwerden in der Regel durch entsprechenden und häufig schon bei den Gerichtsakten befindlichen Schriftwechsel dokumentiert ist und dass die Bemessung der Höhe einer Geschäftsgebühr durch die in Nr. 2400 VV RVG vorgesehene Regelgebühr sowie durch die in der Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG vorgesehene Anrechnungskappung zumeist ebenfalls keinen übermäßigen Feststellungs- und Wertungsaufwand erfordert, ist das Kostenfestsetzungsverfahren durchaus darauf angelegt, auch streitigen Sachvortrag zu verarbeiten und zu klären (§ 104 Abs. 2, § 294 ZPO; dazu näher etwa Musielak/Wolst, ZPO, 5. Auflage, § 104 Rdnr. 18 m.w.N.). Zudem ist eine Anrechnung nicht von Amts wegen, sondern erst auf substantiierten, über eine Äußerung bloßer Vermutungen hinausgehenden Einwand des Festsetzungsgegners zu beachten. Im Übrigen bleibt bei Unaufklärbarkeit der Anrechnungsvoraussetzungen immer noch die Beweislastentscheidung zu Lasten dessen, der sich abweichend vom gesetzlichen Regelfall einer 1,3Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG auf die Anwendbarkeit der als Ausnahmebestimmung zu wertenden Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG beruft.
13
Dass die sonst unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie angeführten Erwägungen nicht geeignet sind, ein vom klaren Wortlaut dieser Anrechnungsbestimmung abweichendes Auslegungsergebnis zu rechtfertigen, hat der Senat bereits früher hervorgehoben (Urteil vom 7. März 2007, aaO, unter II 2 a; Versäumnisurteil vom 11. Juli 2007, aaO, unter II 2). Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die Anlass gäben, hiervon abzurücken.
14
3. Die Rechtsbeschwerde rügt hiernach zu Recht, dass das Beschwerdegericht zum einen die angemeldete Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ungekürzt in Ansatz gebracht und zum anderen die durch den vorprozessualen Versuch einer Anspruchsabwehr entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG als ebenfalls erstattungsfähig angesehen hat. Vielmehr muss die angemeldete 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG wegen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG, die nach dem aus der Anlage B 3 ersichtlichen vorprozessualen Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten unstreitig angefallen ist, auf eine 0,65-Gebühr gekürzt werden. Die Beklagte kann deshalb, wie von der Rechtsbeschwerde vorgerechnet, jeweils eine Gebühr nach Nrn. 3100 (allerdings gekürzt auf 0,65) und 3104 VV RVG, Auslagen nach Nr. 7002 VV RVG sowie die nach Nr. 7008 VV RVG anzusetzende Mehrwertsteuer in Höhe von an sich insgesamt nur 548,97 € erstattet verlangen.
15
Infolge der Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den mit der sofortigen Beschwerde gestellten Antrag (Begrenzung des zu erstattenden Betrages auf 733,70 € nebst Zinsen) ist allerdings nur eine Abänderung der Kostenfestsetzung in diesem Umfang möglich. Da in der Sache keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, sondern der Sachverhalt zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO nach Maßgabe vorstehender Beschlussformel in der Sache selbst zu entscheiden. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Quedlinburg, Entscheidung vom 10.07.2006 - 3 C 306/05 (IV) -
LG Magdeburg, Entscheidung vom 18.06.2007 - 3 T 325/07 *288* -

(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.

(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 35/07
vom
2. September 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG § 15 a, RVG VV Vorb. 3 Abs. 4 VV; ZPO § 91
Der Gesetzgeber hat durch die Einfügung von § 15 a Abs. 1 RVG (Art. 7 Abs. 4
Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen
Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie
zur Änderung sonstiger Vorschriften, BGBl I S. 2449) die bereits unter Geltung
des § 118 BRAGO und nachfolgend unter Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG bestehende Gesetzeslage
klargestellt. Die Anrechnungsvorschrift wirkt sich danach grundsätzlich
im Verhältnis zu Dritten, damit insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht
aus. Im Kostenfestsetzungsverfahren musste und muss eine Verfahrensgebühr, von
den in § 15 a Abs. 2 RVG geregelten Ausnahmen abgesehen, stets auch dann in
der geltend gemachten Höhe festgesetzt werden, wenn für den Bevollmächtigten
des Erstattungsberechtigten eine Geschäftsgebühr entstanden ist.
BGH, Beschluss vom 2. September 2009 - II ZB 35/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. September 2009
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer,
Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 1. Oktober 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 676,52 €

Gründe:


I.

1
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2. August 2007 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die von den (vollumfänglich) unterlegenen Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 3.073,84 € festgesetzt. In diesem Betrag ist u.a. die von der Klägerin für ihren Bevollmächtigten geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG in voller Höhe berücksichtigt. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Begründung, wegen der vorgerichtlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin und der dadurch entstandenen 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG sei im Hinblick auf die Anrechnungsregelung in Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG die Verfahrensgebühr nur in Höhe von 0,55 entstanden und nur in dieser Höhe festsetzbar.
2
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

3
Die statthafte und frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde der Beklagten (§§ 574 Abs. 1 Nr. 2, 575 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die von den Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 3.073,84 € festgesetzt und dabei die Verfahrensgebühr des Bevollmächtigten der Klägerin in der geltend gemachten Höhe von 1,3 Gebühren trotz der unstreitig entfalteten außergerichtlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten berücksichtigt.
4
1. Die Beklagten stützen - vor allem im Rechtsbeschwerdeverfahren - ihre Ansicht auf die neuere Rechtsprechung einiger Senate des Bundesgerichtshofs. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Beschluss vom 22. Januar 2008 (VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323 ff.) - abweichend von der bis dahin feststehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (Beschl. v. 20. Oktober 2005 - I ZB 21/05, NJWRR 2006, 501; v. 27. April 2006 - VII ZB 116/05, NJW 2006, 2560 und v. 30. Januar 2007 - X ZB 7/06, NJW 2007, 3289) und ohne sich mit ihr auseinanderzusetzen - entschieden, dass in einem Fall wie dem vorliegenden die Verfahrensgebühr nur in Höhe von 0,55 festgesetzt werden könne, da sie im Hinblick auf die vorgerichtliche Tätigkeit des Bevollmächtigten und die Anrechnungsregelung in Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG überhaupt nur in dieser Höhe "entstehe". Dem haben sich mehrere Senate des Bundesgerichtshofs ohne eigene Begründung angeschlossen.
5
Diese Rechtsprechung ist im Schrifttum ganz überwiegend und z.T. auch in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung auf - teilweise heftige - Kritik gestoßen (s. nur Schons, AnwBl. 2008, 356; Hansen, RVG-Report 2008, 121; Junglas, NJOZ 2008, 2707; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 18. Aufl. VV 3100 Rdn. 217; Bericht der Gebührenreferenten der RAK, RVG-Report 2008, 210; KG JurBüro 2008, 304; AnwBl. 2009, 236). Selbst der Petitionsausschuss des Bundestages hat den Gesetzgeber aufgefordert, tätig zu werden.
6
2. Den erkennenden Senat überzeugt die Ansicht des VIII. Zivilsenats nicht. Ohne die gegen diese Lösung des Anrechnungsproblems anzuführenden systematischen, teleologischen und sprachlichen Argumente im Einzelnen darzustellen , vermag der Senat ihr nicht zuletzt im Hinblick auf die teilweise zu Recht als katastrophal bezeichneten Folgen aber auch, weil er sie aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht abzuleiten vermag, nicht zu folgen.
7
Statt im Hinblick auf seine abweichende Meinung den Großen Senat für Zivilsachen anzurufen, hat der Senat die Bearbeitung des vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahrens zurückgestellt, nachdem der Gesetzgeber die vom VIII. Zivilsenat begründete Rechtsprechung zum Anlass für eine klarstellende Änderung des RVG genommen hat. Das Gesetzgebungsverfahren hat am 4. August 2009 durch Verkündung des § 15 a RVG (Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht , zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften) im Bundesgesetzblatt (BGBl I S. 2449) sein Ende gefunden. § 15 a RVG ist gemäß Art. 10 Satz 2 dieses Gesetzes am Tag nach der Verkündung (5. August 2009) in Kraft getreten.
8
Mit dem neu eingefügten § 15 a RVG hat der Gesetzgeber das RVG nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits vor Einfügung von § 15 a RVG bestehende Gesetzeslage in dem Sinne, wie auch der erkennende Senat sie verstanden hat, klargestellt, derzufolge sich die Anrechnung gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht auswirkt. Die Anrechnungsvorschrift betrifft vielmehr grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. In der Kostenfestsetzung musste und muss daher eine Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn für den Bevollmächtigten eine Geschäftsgebühr entstanden ist. Sichergestellt wird durch § 15 a Abs. 2 RVG lediglich, dass ein Dritter nicht über den Betrag hinaus auf Ersatz und Erstattung in Anspruch genommen werden kann, den der Anwalt von seinem Mandanten verlangen kann (siehe hierzu BT-Drucks. 16/12717 S. 2 und S. 67 f.; Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 5. April 2009; ebenso OLG Stuttgart, Beschl. v. 11. August 2009 - 8 W 339/09, juris Tz. 10; OLG Dresden, Beschl. v. 13. August 2009 - 3 W 0793/09, n.v.; OVG Münster, Beschl. v. 11. August 2009 - 4 E 1609/09, juris Tz. 9 ff.; Kallenbach, AnwBl. 2009, 442; Schons, AGS 2009, 216, 217; Hansens, RVG-Report 2009, 241, 246; ders. AnwBl. 2009, 535 ff.).
9
3. Da - unstreitig - keiner der Anwendungsfälle des § 15 a Abs. 2 RVG vorliegt, hat die Rechtspflegerin die Verfahrensgebühr mit Recht in voller Höhe festgesetzt.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Löffler
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 02.08.2007 - 12 O 101/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 01.10.2007 - 8 W 380/07 -

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

18
a) Das Berufungsgericht kann eine nach § 543 Abs. 2 ZPO auszusprechende Zulassung der Revision auf Teile des Streitstoffes beschränken. Die Beschränkung muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Allerdings muss sich in diesem Fall die Beschränkung den Entscheidungsgründen eindeutig entnehmen lassen. Das ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulas- sungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung auf diesen Anspruch zu sehen ist (st. Rspr., z.B. BGHZ 153, 358, 360 ff.; Senatsurteile vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 159/09, WuM 2010, 163, Tz. 14; vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 164/08, WuM 2009, 733, Tz. 11; jeweils m.w.N.). So verhält es sich hier.
15
1. Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf Teile des Streitgegenstandes beschränken. Die Beschränkung muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern sie kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (BGHZ 153, 358, 360 f.; Senatsurteile vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 164/08, WuM 2009, 733, Tz. 11; vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 53/09, WuM 2010, 669, Tz. 23; jeweils m.w.N.). Sie muss sich aber eindeutig aus den Entscheidungsgründen entnehmen lassen (Senatsurteile vom 4. Juni 2003 - VIII ZR 91/02, WM 2003, 2139, unter II; vom 28. Oktober 2009, aaO, und vom 10. Februar 2010, aaO). Dies ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren teilbaren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen ist (BGHZ aaO, 361 f.; Senatsurteile vom 28. Oktober 2009 und vom 10. Februar 2010, jeweils aaO). So verhält es sich hier.

(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.

(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.

18
a) Das Berufungsgericht kann eine nach § 543 Abs. 2 ZPO auszusprechende Zulassung der Revision auf Teile des Streitstoffes beschränken. Die Beschränkung muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Allerdings muss sich in diesem Fall die Beschränkung den Entscheidungsgründen eindeutig entnehmen lassen. Das ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulas- sungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung auf diesen Anspruch zu sehen ist (st. Rspr., z.B. BGHZ 153, 358, 360 ff.; Senatsurteile vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 159/09, WuM 2010, 163, Tz. 14; vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 164/08, WuM 2009, 733, Tz. 11; jeweils m.w.N.). So verhält es sich hier.
15
1. Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf Teile des Streitgegenstandes beschränken. Die Beschränkung muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern sie kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (BGHZ 153, 358, 360 f.; Senatsurteile vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 164/08, WuM 2009, 733, Tz. 11; vom 10. Februar 2010 - VIII ZR 53/09, WuM 2010, 669, Tz. 23; jeweils m.w.N.). Sie muss sich aber eindeutig aus den Entscheidungsgründen entnehmen lassen (Senatsurteile vom 4. Juni 2003 - VIII ZR 91/02, WM 2003, 2139, unter II; vom 28. Oktober 2009, aaO, und vom 10. Februar 2010, aaO). Dies ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren teilbaren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen ist (BGHZ aaO, 361 f.; Senatsurteile vom 28. Oktober 2009 und vom 10. Februar 2010, jeweils aaO). So verhält es sich hier.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Sieht dieses Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vor, kann der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren.

(2) Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

(3) Ein Dritter kann sich auf die Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

10
Der Senat schließt sich zur Vermeidung eines der Sache nicht angemessenen Vorgehens nach § 132 GVG der vorgenannten, eine Anwendung des § 15a RVG befürwortenden Rechtsprechung ebenfalls an. Danach ist auch für die Zeit vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes davon auszugehen, dass die in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG angeordnete Anrechnung für die Höhe der gesetzlichen Gebühren, deren Erstattung § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Verhältnis der Prozessparteien untereinander vorsieht, ohne Bedeutung ist und eine obsiegende Prozesspartei mithin die Erstattung einer ungekürzten Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG beanspruchen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 5/10
vom
15. September 2010
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf,
die Richter Felsch und Lehmann
am 15. September 2010

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 11. März 2010 aufgehoben.
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 4. November 2009 geändert. Die vom Kläger aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Würzburg vom 30. April 2009 an den Beklagten zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 919,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 12. Mai 2009.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.
Beschwerdewert: 232,83 €

Gründe:


1
Der I. Beklagte begehrt im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Kläger den Ansatz einer ungeminderten Verfahrensgebühr.
2
Der Kläger hat nach dem klagabweisenden Urteil des Amtsgerichts die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Beklagte begehrte mit einem am 12. Mai 2009 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr nach § 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 4.655,08 €. Da der Prozessbevollmächtigte für den Beklagten bereits außergerichtlich tätig war, brachte die Rechtspflegerin eine hierdurch angefallene 1,3-Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG unter Berufung auf Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte bei der Verfahrensgebühr in Abzug. Die dem Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten wurden auf 686,45 € festgesetzt.
3
Der vom Beklagten gegen diesen Beschluss eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen. Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser erstrebt der Beklagte die uneingeschränkte Berücksichtigung der geltend gemachten Verfahrensgebühr.
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II.DasBeschwerdegeric ht meint, eine entstandene außergerichtliche Geschäftsgebühr sei teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, soweit es sich um denselben Gegenstand handle. § 15a Abs. 2 RVG sei gemäß dem in § 60 Abs. 1 RVG bestimmten Grundsatz dagegen auf Altfälle nicht anzuwenden, denn die Regelung enthalte nicht nur eine Klarstellung, sondern sei als Gesetzesänderung anzusehen. Sie sei eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, deren Auswirkungen für die Zukunft korrigiert werden sollten, und verhindere - erstmals - unerwünschte Auswirkungen einer Anrechnung.
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Das III. hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
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1. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, die durch die Tätigkeit des Anwalts im Rechtsstreit entstanden ist, ist im Verfahren der Kostenfestsetzung in voller Höhe in Ansatz zu bringen und nicht auf Grund der Vorschrift in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG über die hälftige Anrechnung der wegen desselben Gegenstands entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu kürzen.
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Diese Regelung zur Anrechnung der Geschäftsgebühr betrifft lediglich das Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten und wirkt sich daher im Verhältnis zu Dritten - also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren - grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. April 2010 - V ZB 38/10, AGS 2010, 263 f.; vom 11. März 2010 - IX ZB 82/08, AGS 2010, 159 und vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375 Rn. 16). Eine Anrechnung findet im Rahmen der Kostenfestsetzung allein in den Fällen statt, die nunmehr in § 15a Abs. 2 RVG gesetzlich geregelt sind.
8
§ 15a RVG stellt nur eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage dar und findet somit auch dann Anwendung, wenn die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor dem 5. August 2009 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift - erfolgte. Dies hat der XII. Zivilsenat im Beschluss vom 9. Dezember 2009 (aaO Rn. 15 ff.) im Einzelnen dargelegt; dem tritt der erkennende Senat bei (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2010 - XII ZB 251/10 Rn. 6; vom 7. Juli 2010 - XII ZB 79/10 Rn. 6; vom 23. Juni 2010 - XII ZB 58/10 Rn. 6; vom 17. Juni 2010 - V ZB 176/09 Rn. 5; vom 29. April 2010 aaO; vom 31. März 2010 - XII ZB 20/10 Rn. 6 f.; vom 31. März 2010 - XII ZB 230/09, AGS 2010, 256 f.; vom 11. März 2010 aaO und vom 3. Februar 2010 - XII ZB 177/09, FamRZ 2010, 806 Rn. 10 ff.; offen gelassen in BGH, Beschlüsse vom 29. September 2009 - X ZB 1/09, NJW 2010, 76 Rn. 25 und vom 9. September 2009 - Xa ZB 2/09, FamRZ 2009, 2082 Rn. 7).
9
Der Senat hält an seiner vor Erlass des § 15a RVG zum Verständnis der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vertretenen Auffassung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. September 2008 - IV ZB 26/07 Rn. 6, 9; vom 25. Juli 2008 - IV ZB 16/08, VersR 2008, 1666 Rn. 8 und vom 16. Juli 2008 - IV ZB 24/07, VersR 2009, 236 Rn. 7) nicht mehr fest und erachtet wie der VIII. Senat (vgl. Beschluss vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10 unter II 2 c) ein Vorgehen nach § 132 GVG für nicht geboten.
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2. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.
11
Nachdem keiner der Ausnahmefälle des § 15a Abs. 2 RVG ersichtlich ist, kann sich der Kläger auf die Anrechnungsvorschrift in Vorbemer- kung 3 Abs. 4 VV RVG nicht berufen. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ist für die Kostenausgleichung in voller Höhe zu berücksichtigen , der Beschluss des Beschwerdegerichts daher aufzuheben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts zu ändern. Die vom Kläger dem Beklagten zu erstattenden Kosten sind somit antragsgemäß auf 919,28 € nebst Zinsen (§ 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO) festzusetzen.
Terno Wendt Dr. Kessal-Wulf
Felsch Lehmann

Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 04.11.2009 - 17 C 1902/08 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 11.03.2010 - 3 T 2625/09 -
6
Nach Inkrafttreten des § 15a RVG vertreten alle mit der Entscheidung befassten Senate des Bundesgerichtshofs teilweise unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung die Auffassung, dass durch § 15a RVG lediglich eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage erfolgt ist (BGH, Beschluss vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 Rn. 8; Beschluss vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07, FamRZ 2010, 456 Rn. 16; Beschluss vom 11. März 2010 - IX ZB 82/08, AGS 2010, 159 Rn. 6; Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 38/10, AGS 2010, 263 Rn. 8; Beschluss vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10, bei juris). Danach findet auch für Kostenfestsetzungen vor Inkrafttreten dieser Norm eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nur unter den in § 15a Abs. 2 RVG genannten Voraussetzungen statt. Der VII. Zivilsenat schließt sich dieser Rechtsprechung an und nimmt zur Begründung Bezug auf die Entscheidung des XII. Zivilsenats vom 9. Dezember 2009 (XII ZB 175/07, aaO).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.