Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2011 - VIII ZR 12/11

bei uns veröffentlicht am27.09.2011
vorgehend
Amtsgericht Euskirchen, 17 C 1059/09, 30.03.2010
Landgericht Bonn, 5 S 124/10, 08.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 12/11
vom
27. September 2011
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. September 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter
Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.
2
Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Gasversorgungsunternehmen gegenüber einem Normsonderkunden ein einseitiges Preisänderungsrecht zusteht, sind durch die Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. September 2011 - VIII ZR 14/11 und VIII ZR 25/11, unter 1 mwN, zur Veröffentlichung bestimmt). Der vorliegende Fall weist keinen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf auf.
3
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand.
4
a) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich ein einseitiges Preisänderungsrecht der Beklagten nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung herleiten. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1322 Rn. 38; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, NJW-RR 2010, 1202 Rn. 27; jeweils mwN).
5
Das ist hier nicht der Fall. Der Beklagten steht gemäß § 6 der Vertragsbedingungen das Recht zu, sich mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten jeweils zum Ende des Abrechnungsjahres vom Vertrag zu lösen. In einem solchen Fall ist ihr, auch wenn sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, ein Festhalten am Vertrag zu den bestehenden Bedingungen nicht ohne Weiteres unzumutbar (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 39 mwN).
6
Der Kläger hat bereits am 28. Dezember 2004 der ersten streitgegenständlichen Preiserhöhung widersprochen und sodann auch gegen alle weiteren Preiserhöhungen Widerspruch erhoben. Für die Beklagte bestand deshalb Anlass, eine Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Vertrages - etwa mit dem Ziel der Rückkehr in ein Tarifkundenverhältnis - in Betracht zu ziehen, um auf diese Weise einer unbefriedigenden Erlössituation zu begegnen. Soweit die Revision demgegenüber anführt, der Kläger habe sich nur gegen die Billigkeit der Preiserhöhungen gewandt, rechtfertigt dies ebenfalls keine abweichende Bewertung. Auf die tatsächlichen oder von der Beklagten vermuteten Gründe für den Widerspruch kommt es nicht an.
7
Soweit die Beklagte geltend macht, bei Bestätigung des Berufungsurteils habe sie massenhaft Rückforderungsansprüche zu erwarten, die existenzbedrohende Verluste zur Folge hätten, kann dahinstehen, ob diesem Umstand für die Frage der ergänzenden Vertragsauslegung im Hinblick auf ein einseitiges Preisänderungsrecht Bedeutung zukommt (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 37; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 54). Denn die Beklagte führt dazu keinen hinreichenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen an.
8
b) Entgegen der Ansicht der Revision liegen auch die Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB nicht vor. Eine Gesamtnichtigkeit nach § 306 Abs. 3 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn durch die unwirksame Klausel eine Lücke verbleibt, die weder durch dispositives Recht noch durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann, und das Festhalten am Vertrag eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Juni 1995 - V ZR 184/94, BGHZ 130, 150, 155 ff.; vom 8. Mai 2007 - KZR 14/04, NJW 2007, 3568 Rn. 12). Dies ist hier nicht der Fall (vgl. oben 2 a).
9
c) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die von der Beklagten geltend gemachte Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB verneint. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen steht § 818 Abs. 3 BGB dem Bereicherungsanspruch des Klägers nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZR 333/10, juris Rn. 12). Die Beklagte kann sich vorliegend schon deshalb nicht auf Entreicherung berufen, weil der Kläger nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts seit seinem Widerspruch vom 28. Dezember 2004, mit dem er sich erstmals gegen die Preiserhöhungen der Beklagten wandte, die weiteren Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung stellte. Dem hat - entgegen der Ansicht der Revision - die Beklagte nicht widersprochen. Hinreichenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen für eine Zurückweisung des Vorbehalts zeigt die Revision nicht auf. Dem insoweit angeführten Vortrag der Beklagten lässt sich vielmehr nur entnehmen, dass diese den Kläger auf ihre Rechtsansicht zum Bestand der Forderung hinwies. Dass darin zugleich eine Zurückweisung der nur unter dem Vorbehalt des Bestandes der Schuld geleisteten Zahlung liegt (vgl. BGH, Urteile vom 19. Januar 1983 - VIII ZR 315/81, NJW 1983, 1111 unter II 3; vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161 unter 2 e), ist nicht ersichtlich. In diesem Fall hindert § 820 Abs. 1 Satz 1 BGB analog die Anwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB (BGH, Urteile vom 20. Oktober 2005 - III ZR 37/05, NJW 2006, 286 unter II 3; vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161 unter 2 e).
10
e) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auch nicht als verwirkt angesehen. Die Verwirkung eines Rechts setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass zu dem Umstand des Zeitablaufs (Zeitmoment) besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen , der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (st. Rspr., z.B. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 104/09, BGHZ 184, 253 Rn. 19; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 298). Derartige Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revision insoweit nicht auf. Schon aus dem Inhalt des Widerspruchsschreibens ergibt sich vielmehr deutlich, dass der Kläger mit der Preiserhöhung nicht einverstanden war und deshalb künftige Zahlungen nur unter Vorbehalt leistete.
11
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanzen:
AG Euskirchen, Entscheidung vom 30.03.2010 - 17 C 1059/09 -
LG Bonn, Entscheidung vom 08.12.2010 - 5 S 124/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2011 - VIII ZR 12/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2011 - VIII ZR 12/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit


(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2011 - VIII ZR 12/11 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

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(1) War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als ungewiss angesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgab

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. September 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Dr. Frellesen und Dr. Schneider, die
Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.
2
Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Gasversorgungsunternehmen gegenüber einem Normsonderkunden ein einseitiges Preisänderungsrecht zusteht, sind durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Insbesondere ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen bei einem Normsonderkundenvertrag von einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung eines Preisänderungsrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen werden kann (vgl. nur Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 26 ff.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 32 ff., 38 ff.; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, NJW-RR 2010, 1202 Rn. 17; je- weils mwN), ob beim Fehlen einer wirksamen Vereinbarung eines Preisänderungsrechts ein solches aus der ergänzenden Auslegung des Versorgungsvertrages hergeleitet werden kann (Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 38 f.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 49 ff.; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, aaO Rn. 26 ff.; jeweils mwN) und ob in einer vorbehaltlosen Zahlung der vom Gasversorgungsunternehmen einseitig erhöhten Gaspreise durch den Kunden eine stillschweigende Zustimmung zu dem erhöhten Preis gesehen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 57-59, 65 f.; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 40-42; jeweils mwN). Der vorliegende Fall weist keinen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf auf.
3
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand.
4
a) Anders als die Revision meint, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts , dass die - zumal unter Vorbehalt erfolgte - Zahlung der Abrechnungen nicht als konkludente Zustimmung des Klägers zur Erhöhung der Gaspreise zu verstehen ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats zu Normsonderkundenverträgen (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 57-59 mwN). Der vorliegende Fall weist keine Besonderheiten auf, die zu einer abweichenden Bewertung führen können. Insbesondere führt auch der von der Revision angeführte Umstand, dass die Preiserhöhungen dem Kläger individuell angekündigt worden sind, nicht zu einer stillschweigenden Zustimmung zu den erhöhten Preisen.
5
b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich ein einseitiges Preisänderungsrecht der Beklagten nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung herleiten. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine ergänzende Ver- tragsauslegung nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 38; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, aaO Rn. 27; jeweils mwN).
6
Das ist hier nicht der Fall. Der Beklagten steht gemäß § 6 der Vertragsbedingungen das Recht zu, sich mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten jeweils zum Ende des Abrechnungsjahres vom Vertrag zu lösen. In einem solchen Fall ist ihr, auch wenn sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, ein Festhalten am Vertrag zu den bestehenden Bedingungen nicht ohne Weiteres unzumutbar (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 39 mwN).
7
Der Kläger hat bereits gegen die erste im Revisionsverfahren noch streitgegenständliche Preiserhöhung der Beklagten Widerspruch erhoben. Für die Beklagte bestand deshalb Anlass, eine Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Vertrages - etwa mit dem Ziel der Rückkehr in ein Tarifkundenverhältnis - in Betracht zu ziehen, um auf diese Weise einer unbefriedigenden Erlössituation zu begegnen. Soweit die Revision demgegenüber anführt, der Kläger habe nur gegen eine Preiserhöhung Widerspruch erhoben sich darin auch nur gegen die Billigkeit gewandt, rechtfertigt dies ebenfalls keine abweichende Bewertung. Auf die tatsächlichen oder von der Beklagten vermuteten Gründe für den Widerspruch kommt es nicht an.
8
Soweit die Beklagte geltend macht, bei Bestätigung des Berufungsurteils habe sie massenhaft Rückforderungsansprüche zu erwarten, die existenz- http://www.juris.de/jportal/portal/t/1bux/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE303842009&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - bedrohende Verluste zur Folge hätten, kann dahinstehen, ob diesem Umstand für die Frage der ergänzenden Vertragsauslegung im Hinblick auf ein einseitiges Preisänderungsrecht Bedeutung zukommt (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 37; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 54). Denn die Beklagte führt dazu keinen hinreichenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen an.
9
c) Entgegen der Ansicht der Revision liegen auch die Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB nicht vor. Eine Gesamtnichtigkeit nach § 306 Abs. 3 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn durch die unwirksame Klausel eine Lücke verbleibt, die weder durch dispositives Recht noch durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann, und das Festhalten am Vertrag eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellt (BGH, Urteile vom 30. Juni 1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150, 155 f.; vom 8. Mai 2007 - KZR 14/04, NJW 2007, 3568 Rn. 12). Dies ist hier nicht der Fall (vgl. oben 2 b).
10
d) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die von der Beklagten geltend gemachte Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB abgelehnt. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen steht § 818 Abs. 3 BGB dem Bereicherungsanspruch des Klägers nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZR 333/10, juris Rn. 12). Die Beklagte kann sich vorliegend schon deshalb nicht auf Entreicherung berufen, weil der Kläger in seinem Widerspruch vom 5. Februar 2006 weitere Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung gestellt und die Beklagte dem nicht widersprochen hat. In diesem Fall hindert § 820 Abs. 1 Satz 1 BGB analog die Anwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB (BGH, Urteile vom 20. Oktober 2005 - III ZR 37/05, NJW 2006, 286 unter II 3; vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161 unter 2 e). http://www.juris.de/jportal/portal/t/2e1x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=10&numberofresults=145&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306398801&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2e1x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=10&numberofresults=145&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306398801&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 -
11
e) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auch nicht als verwirkt angesehen. Die Verwirkung eines Rechts setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass zu dem Umstand des Zeitablaufs (Zeitmoment) besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen , der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (st. Rspr., z.B. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 104/09, BGHZ 184, 253 Rn. 19; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 298). Derartige Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Übergangenen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revision insoweit nicht auf. Schon aus dem Inhalt des Widerspruchsschreibens ergibt sich vielmehr deutlich, dass der Kläger mit der Preiserhöhung nicht einverstanden war und deshalb künftige Zahlungen nur unter Vorbehalt leistete.

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3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Ball Dr. Frellesen Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanzen:
AG Euskirchen, Entscheidung vom 23.04.2010 - 17 C 1198/09 -
LG Bonn, Entscheidung vom 08.12.2010 - 5 S 159/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 25/11
vom
7. September 2011
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. September 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Dr. Frellesen und Dr. Schneider, die
Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.
2
Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Gasversorgungsunternehmen gegenüber einem Normsonderkunden ein einseitiges Preisänderungsrecht zusteht, sind durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Insbesondere ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen bei einem Normsonderkundenvertrag von einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung eines Preisänderungsrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen werden kann (vgl. nur Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 26 ff.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 32 ff., 38 ff.; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, NJW-RR 2010, 1202 Rn. 17; jeweils mwN), ob beim Fehlen einer wirksamen Vereinbarung eines Preisände- rungsrechts ein solches aus der ergänzenden Auslegung des Versorgungsvertrages hergeleitet werden kann (Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 38 f.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 49 ff.; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, aaO Rn. 26 ff.; jeweils mwN) und ob in einer vorbehaltlosen Zahlung der vom Gasversorgungsunternehmen einseitig erhöhten Gaspreise durch den Kunden eine stillschweigende Zustimmung zu dem erhöhten Preis gesehen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 57-59, 65 f.; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 40-42; jeweils mwN). Der vorliegende Fall weist keinen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf auf.
3
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand.
4
a) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich ein einseitiges Preisänderungsrecht der Beklagten nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung herleiten. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 38; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, aaO Rn. 27; jeweils mwN).
5
Das ist hier nicht der Fall. Der Beklagten steht gemäß § 5 der Vertragsbedingungen das Recht zu, sich mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten jeweils zum Ende des Abrechnungsjahres vom Vertrag zu lösen. In einem solchen Fall ist ihr, auch wenn sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an den ver- http://www.juris.de/jportal/portal/t/1bux/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE303842009&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - traglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, ein Festhalten am Vertrag zu den bestehenden Bedingungen nicht ohne Weiteres unzumutbar (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 39 mwN).
6
Die Kläger haben bereits am 14. Januar 2005 der ersten streitgegenständlichen Preiserhöhungen widersprochen und sodann auch gegen alle weiteren Preiserhöhungen Widerspruch erhoben. Für die Beklagte bestand deshalb Anlass, eine Kündigung des mit den Klägern bestehenden Vertrages - etwa mit dem Ziel der Rückkehr in ein Tarifkundenverhältnis - in Betracht zu ziehen, um auf diese Weise einer unbefriedigenden Erlössituation zu begegnen. Soweit die Revision demgegenüber anführt, die Kläger hätten sich nur gegen die Billigkeit der Preiserhöhungen gewandt, rechtfertigt dies ebenfalls keine abweichende Bewertung. Auf die tatsächlichen oder von der Beklagten vermuteten Gründe für den Widerspruch kommt es nicht an.
7
Soweit die Beklagte geltend macht, bei Bestätigung des Berufungsurteils habe sie massenhaft Rückforderungsansprüche zu erwarten, die existenzbedrohende Verluste zur Folge hätten, kann dahinstehen, ob diesem Umstand für die Frage der ergänzenden Vertragsauslegung im Hinblick auf ein einseitiges Preisänderungsrecht Bedeutung zukommt (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 37; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, aaO Rn. 54). Denn die Beklagte führt dazu keinen hinreichenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen an.
8
b) Entgegen der Ansicht der Revision liegen auch die Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB nicht vor. Eine Gesamtnichtigkeit nach § 306 Abs. 3 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn durch die unwirksame Klausel eine Lücke verbleibt, die weder durch dispositives Recht noch durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann, und das Festhalten am Vertrag http://www.juris.de/jportal/portal/t/2e1x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=10&numberofresults=145&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306398801&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2e1x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=10&numberofresults=145&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306398801&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellt (BGH, Urteile vom 30. Juni 1995 - V ZR 184/94, BGHZ 130, 150, 155 f.; vom 8. Mai 2007 - KZR 14/04, NJW 2007, 3568 Rn. 12). Dies ist hier nicht der Fall (vgl. oben 2 b).
9
c) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die von der Beklagten geltend gemachte Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB abgelehnt. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen steht § 818 Abs. 3 BGB dem Bereicherungsanspruch der Kläger nicht entgegen. Die Beklagte kann sich vorliegend schon deshalb nicht auf Entreicherung berufen, weil die Kläger seit ihrem Widerspruch vom 14. Januar 2005 Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung gestellt haben und die Beklagte dem nicht widersprochen hat. In diesem Fall hindert § 820 Abs. 1 Satz 1 BGB analog die Anwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB (BGH, Urteile vom 20. Oktober 2005 - III ZR 37/05, NJW 2006, 286 unter II 3; vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161 unter 2 e).
10
Die von der Revision angesprochene Frage der Verjährung stellt sich nicht, denn die Kläger haben insoweit die Teilabweisung der Klage durch das Amtsgericht hingenommen.
11
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Anspruch der Kläger auch nicht als verwirkt angesehen. Die Verwirkung eines Rechts setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass zu dem Umstand des Zeitablaufs (Zeitmoment) besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen , der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (st. Rspr., z.B. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 104/09, BGHZ 184, 253 Rn. 19; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1988 - VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290, 298). Derartige Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Übergan- genen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revision insoweit nicht auf. Schon aus dem Inhalt des ersten Widerspruchsschreibens ergibt sich vielmehr deutlich, dass die Kläger mit der Preiserhöhung nicht einverstanden waren und deshalb künftige Zahlungen nur unter Vorbehalt leisteten.
12
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Frellesen Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG Euskirchen, Entscheidung vom 09.03.2010 - 17 C 850/09 -
LG Bonn, Entscheidung vom 15.12.2010 - 5 S 91/10 -
27
Zwar zählen zu den gemäß § 306 Abs. 2 BGB bei Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen anwendbaren gesetzlichen Vorschriften auch die Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB über die ergänzende Vertragsauslegung (BGHZ 90, 69, 75 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 2 AGBG; Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 36). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt aber nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (BGHZ 90, 69, 77 f.; 137, 153, 157; Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 36). Das ist hier, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht der Fall.
37
Gemäß § 14 Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht der Beklagten das Recht zu, sich jeweils mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit von 18 Monaten und sodann zum Ablauf der um je zwölf Monate verlängerten Vertragslaufzeit vom Vertrag zu lösen. Wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, so führt dies nicht ohne weiteres zu einem unzumutbaren Ergebnis (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 33; Senatsurteil vom 17. Dezember 2008, aaO, Tz. 26). Soweit die Beklagte in der Revisionsinstanz geltend macht, eine nicht mehr hinnehmbare grundlegende Störung des vertraglichen Gleichgewichts ergebe sich daraus, dass sie aus rechtlichen und politischen Gründen massenhafte Rückforderungen anderer Kunden zu gewärtigen habe, in deren Verträgen die unangemessene Preisanpassungsklausel ebenfalls enthalten sei, zeigt sie entsprechenden Sachvortrag in den Instanzen nicht auf, obwohl dazu Anlass bestanden hätte, nachdem bereits das Amtsgericht die Preisanpassungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam angesehen hat. Es kann deshalb offen bleiben, ob ein sich aus dem Abschluss einer Vielzahl gleich lautender Verträge ergebender wirtschaftlicher Nachteil überhaupt geeignet sein kann, eine nicht mehr hinnehmbare einseitige Verschiebung des im Individualprozess zu beurteilenden konkreten Vertragsgefüges zulasten des Verwenders zu begründen.
54
c) Soweit die Beklagte geltend macht, bei Bestätigung des Berufungsurteils habe sie massenhaft Rückforderungsansprüche zu erwarten, die existenzbedrohende Verluste zur Folge hätten, kann dahinstehen, ob diesem Umstand für die Frage der ergänzenden Vertragsauslegung im Hinblick auf ein einseitiges Preisänderungsrecht Bedeutung zukommt (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 37). Denn die Beklagte führt dazu keinen hinreichenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen an.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

12
Gemäß § 305 Abs. 1 BGB, Art. 229 § 5 EGBGB ist § 306 BGB auf den von der Beklagten nach einheitlichem Muster abgeschlossenen Händlervertrag anwendbar (inhaltsgleich die Vorgängerregelung des § 6 AGBG). Danach führt die Unwirksamkeit einzelner Geschäftsbedingungen dann zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages, wenn ein Festhalten am Vertrag auch unter Berücksichtigung der Ergänzungen durch dispositives Recht eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. Diese Norm geht der allgemeineren Regel des § 139 BGB vor und gilt auch dann, wenn sich die Unwirksamkeit der Klausel nicht aus dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 307 - 309 BGB), sondern aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt (vgl. BGHZ 129, 297, 306 zu § 6 AGBG). Sie ist - ebenso wie § 139 BGB (Sen.Urt. v. 21.2.1989 - KZR 18/84, WuW/E BGH 2565, 2569 - Schaumstoffplatten; v.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als ungewiss angesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfangs rechtshängig geworden wäre. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt.

(2) Zinsen hat der Empfänger erst von dem Zeitpunkt an zu entrichten, in welchem er erfährt, dass der Erfolg nicht eingetreten oder dass der Rechtsgrund weggefallen ist; zur Herausgabe von Nutzungen ist er insoweit nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 37/05 Verkündet am:
20. Oktober 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 145, 611 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., § 818 Abs. 3; TKV § 15
Abs. 1 Satz 1

a) Zum Rückforderungsanspruch eines Telefonanschlussinhabers gegen
einen Verbindungsnetz- und Plattformbetreiber wegen unter Vorbehalt
gezahlten Entgelts für die Herstellung einer Verbindung zu einem Mehrwertdienst
(Fortführung des Senatsurteils vom 28. Juli 2005 - III ZR 3/05 -
MMR 2005, 597 ff).

b) Hat der Bereicherungsgläubiger seine Leistung unter Vorbehalt erbracht,
kann sich der Bereicherungsschuldner nicht auf den Wegfall der Bereicherung
berufen, wenn er dem Vorbehalt nicht widersprochen hat (Bestätigung
von BGH, Urteil vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 51/87 - WM 1988,
1494, 1496).
BGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - III ZR 37/05 - LG Itzehoe
AG Elmshorn
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 8. Februar 2005 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 26. März 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger ist Inhaber eines Telefonanschlusses der Deutsch en Telekom AG. Die Beklagte stellt als sogenannter Verbindungsnetzbetreiber Verbindungen aus Teilnehmernetzen in andere Telekommunikationsnetze her. Unter anderem leitet sie über eine von ihr betriebene Diensteplattform aus dem Netz der Deutschen Telekom und anderer Telekommunikationsunternehmen kommende Anrufe bzw. Interneteinwahlen an die Betreiber von Mehrwertdiensten weiter.
2
Die Deutsche Telekom AG stellte dem Kläger 1.427,21 € nebst anteiliger Umsatzsteuer als Forderung der Beklagten für die Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten über ihr Netz im Februar 2002 in Rechnung. Nach einer Auseinandersetzung der Parteien über die Berechtigung dieser Forderung zahlte der Kläger schließlich im Januar 2003 den strittigen Betrag unter Vorbehalt. Er bestreitet, dass die berechneten Verbindungen von seinem Anschluss aus bewusst hergestellt worden seien, und fordert die Rückzahlung des geleisteten Betrages. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe


3
Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidu ng ausgeführt , die Klage sei unbegründet, da der Kläger aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Telefondienstvertrags verpflichtet sei, die in Rechnung gestellten Beträge zu zahlen. Der Kläger sei beweisfällig dafür geblieben, dass sein Anschluss nicht in einem von ihm nicht zu vertretenen Umfang genutzt worden sei. Die Beweislast hierfür trage der Kläger, da die Ordnungsmäßigkeit des Abrechnungssystems und des Verbindungsnetzes feststehe und ein - wenn auch um die letzten drei Zielnummern gekürzter - Einzelverbindungs- nachweis vorliege. Der Kläger habe auch nicht beweisen können, dass die Verbindungen durch ein sich heimlich selbst installierendes automatisches Anwahlprogramm (sogenannter Dialer) hergestellt worden seien.

II.


5
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der K läger hat gegen die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Die Beklagte ist um die von dem Kläger geleistete Summe ohne rechtlichen Grund bereichert, da sie keinen Anspruch auf das geltend gemachte Verbindungsentgelt hat.
6
1. Die Beklagte ist Empfängerin der Leistung des Klägers, obgleich der Kläger den strittigen Betrag an die Deutsche Telekom AG zahlte. Für die Frage , wer Empfänger einer Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinn ist, kommt es entscheidend darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Danach richtet sich die einer Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, die wiederum für das Leistungsverhältnis maßgebend ist, innerhalb dessen der kondiktionsrechtliche Ausgleich zu vollziehen ist (ständige Rechtsprechung z.B.: BGHZ 82, 28, 30 m.w.N.).
7
Danach ist die Beklagte aufgrund des der Zahlung vorang egangenen Geschehensablaufs als Leistungsempfängerin anzusehen. Die Deutsche Telekom machte das Entgelt für die unter Mitwirkung der Beklagten zustande gekommenen Verbindungen nicht als eigene Forderung geltend, sondern als Inkassostelle für einen Anspruch der Beklagten. Dies ergibt sich daraus, dass die Deutsche Telekom AG den betreffenden Betrag in ihrer Rechnung unter der Rubrik "Beträge anderer Anbieter" aufführte und darauf hinwies, dass "Einwendungen gegen die Entgelte des Anbieters … direkt" an die Beklagte zu richten seien. Dementsprechend verwies sie den Kläger an die Beklagte, nachdem dieser remonstriert hatte. Auch die Beklagte behandelte die hier strittige Summe als ihren eigenen Anspruch. Sie überließ die Einforderung des beanspruchten Betrags nicht der Deutschen Telekom AG. Vielmehr machte sie ihn durch die Beauftragung eines Inkassounternehmens und einer Anwaltskanzlei selbst und in eigenem Namen geltend. Dementsprechend führte der Kläger die schriftliche Auseinandersetzung über die Berechtigung des Anspruchs der Beklagten mit dieser selbst beziehungsweise mit den von ihr eingeschalteten Personen. Insbesondere erklärte er seine unter den Vorbehalt der Rückforderung gestellte Zahlungsbereitschaft gegenüber den von der Beklagten beauftragten Rechtsanwälten. Bei dieser Sachlage ging der erkennbare Wille des Klägers dahin, eine Forderung der Beklagten und nicht der Deutschen Telekom AG zu begleichen, selbst wenn er an das letztgenannte Unternehmen zahlte. Dieses war bloße Zahlstelle der Beklagten.
8
2. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien ein Vertrag über die Erbringung von Telefondienstleistungen zustande gekommen ist. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass ihre Mitwirkung am Zustandekommen der berechneten Verbindungen für den Anschlussnutzer erkennbar war. Wie der Senat in seinem Urteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 3/05 (MMR 2005, 597 ff) bereits entschieden hat, kommt in diesen Fällen zwischen dem Inhaber eines Telefonanschlusses, von dem aus ein Mehrwertdienst angewählt wird, und dem Verbindungsnetz- sowie dem Plattform- betreiber kein Vertrag über die Erbringung von Verbindungsleistungen zustande. Im Einzelnen gilt Folgendes:
9
a) Der Anwahl einer Mehrwertdienstenummer ist nicht d er objektive Erklärungswert zu entnehmen, dass der Nutzer nicht nur mit dem Mehrwertdiensteanbieter , sondern auch mit dem Verbindungsnetz- und Plattformbetreiber eine (entgeltliche) vertragliche Beziehung begründen will. Dies scheitert bereits daran, dass dieser aus Sicht eines objektiven Dritten bei vernünftiger Betrachtung der bekannten oder erkennbaren Umstände (vgl. hierzu z.B. BGHZ 36, 30, 33; BGH, Urteil vom 12. März 1992 - IX ZR 141/91 - NJW 1992, 1446 f; Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, § 133 Rn. 27) nicht Adressat einer Willenserklärung ist. Dem durchschnittlich verständigen und informierten Telefon - und Internetnutzer ist, wovon auch ein objektiver Dritter auszugehen hat, die Leistungskette zwischen dem Teilnehmernetzbetreiber und dem Mehrwertdiensteanbieter nicht bekannt, sofern er nicht - etwa im Wege des sogenannten call-by-call-Verfahrens - gezielt einen bestimmten Verbindungsnetzbetreiber auswählt. Ihm ist deshalb nicht bewusst, dass die Verbindung zu dem Mehrwertdienst auch durch zwischengeschaltete Leistungserbringer hergestellt wird.
10
Hieran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn der du rchschnittliche Anschlussbenutzer mit der Einbeziehung von Verbindungsnetz- und Plattformbetreibern in die Verbindungskette rechnete. Auch dann ließe sich der Anwahl des Mehrwertdienstes nicht die Erklärung des Nutzers entnehmen, mit dem Verbindungsnetz- oder Plattformbetreiber einen Vertrag über die Herstellung einer Telekommunikationsverbindung schließen zu wollen. Für den Anschlussnutzer stellen sich, wie für einen objektiven Dritten erkennbar ist, diese Betreiber als bloße Hilfspersonen dar, deren Leistungen zur Erbringung des Mehrwertdienstes technisch notwendig sind. Offen bleiben kann, ob sich der Mehrwertdiensteanbieter dieser Verbindungsleistungen bedient oder ob der Teilnehmernetzbetreiber zur Erfüllung seiner Pflichten aus dem Telefondienstlei- stungsvertrag darauf zurückgreift. In beiden Fällen sind der Verbindungsnetzund der Plattformbetreiber aus Sicht des Nutzers Erfüllungsgehilfen eines Dritten. Hierfür spricht insbesondere, dass in dem Preis für die Inanspruchnahme des Mehrwertdienstes das Entgelt für die Leistungen des Verbindungsnetzund des Plattformbetreibers bereits enthalten ist. Schuldet der Kunde gegenüber dem Vertragspartner das Entgelt auch für Leistungen eines Dritten, liegt am nächsten der Schluss, dass diese Bestandteil der Pflichten des Vertragspartners sind und der Dritte dessen Erfüllungsgehilfe ist. Stellt sich im Rahmen einer Leistungsbeziehung ein Beteiligter, hier der Verbindungs- und Plattformbetreiber , aus Sicht einer Partei als Erfüllungsgehilfe des Vertragspartners dar, geht ihr erkennbarer Wille im Zweifelsfall nicht dahin, auch mit dem weiteren Beteiligten einen Vertrag zu schließen.
11
b) Gegen den Vertragsschluss zwischen dem Anschlussnutzer und d em Verbindungsnetz- bzw. Plattformbetreiber spricht auch die Interessenlage, die bei der Auslegung von Willenserklärungen zu berücksichtigen ist (z.B.: BGHZ 21, 319, 328; 109, 19, 22; BGH, Urteil vom 9. Juli 2001 - II ZR 228/99 - NJW 2002, 747, 748 m.w.N.). Es liefe den erkennbaren Interessen des Nutzers zuwider , neben den vertraglichen Beziehungen zu dem Mehrwertdiensteanbieter und dem Teilnehmernetzbetreiber weitere Vertragsverhältnisse mit dem Verbindungsnetz - und dem Plattformbetreiber zu begründen. Der Anschlussinhaber würde auf diese Weise für ein und dieselbe Leistung den Entgeltansprüchen zusätzlicher Gläubiger ausgesetzt werden, obgleich er insoweit bereits den erstgenannten Vertragspartnern verpflichtet ist. Auch wenn er im Ergebnis nur einmal zu zahlen hat, würden die Rechtsverhältnisse durch die Vermehrung der Gläubigerzahl unübersichtlich und wären Streitigkeiten über die Tilgungswirkung von Leistungen und über Einwendungen des Kunden vorpro- grammiert. Demgegenüber sind Verbindungsnetz- und Plattformbetreiber zur Wahrung ihrer Interessen nicht auf Ansprüche gegenüber dem Endkunden angewiesen , da sie die von ihnen erbrachten Leistungen je nach Gestaltung der entsprechenden Verträge gegenüber dem Mehrwertdiensteanbieter oder dem Teilnehmernetzbetreiber oder gegenüber beiden geltend machen können.
12
c) Die Beklagte kann auch aus § 15 Abs. 1 TKV keinen Anspr uch herleiten. Nach dieser Bestimmung hat der Teilnehmernetzbetreiber dem Kunden, vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung, auch die Entgelte in Rechnung zu stellen, die durch die Auswahl anderer Anbieter von Netzdienstleistungen entstehen. Diese Bestimmung begründet keinen Anspruch des Anbieters. Sie enthält vielmehr eine Regelung für den Fall, dass eine Entgeltforderung entstanden ist (vgl. die Begründung zu § 14 des TKV-Entwurfs = § 15 TKV, BR-Drucks. 551/97 S. 37). Hieran fehlt es mangels Vertragsschlusses zwischen den Parteien.
13
3. Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, von ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß § 818 Abs. 3 BGB befreit zu sein, soweit sie die erhaltenen Gelder an den Mehrwertdienstebetreiber abgeführt hat. Es kann insoweit auf sich beruhen, ob dies bereits daran scheitert, dass sie mit der Weiterleitung der Zahlung von einer ihr gegenüber dem Mehrwertdienstebetreiber obliegenden Verpflichtung frei geworden ist und sie deshalb weiterhin in Form der Befreiung von einer Verbindlichkeit bereichert ist. Die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ist jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 820 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen, weil der Kläger unter Vorbehalt gezahlt hat, ohne dass die Beklagte dem widersprochen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 51/87 - WM 1988, 1494, 1496 m.w.N.).
Schlick Streck Kapsa
Galke Herrmann

Vorinstanzen:
AG Elmshorn, Entscheidung vom 26.03.2004 - 51 C 270/03 -
LG Itzehoe, Entscheidung vom 08.02.2005 - 1 S 162/04 -
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3. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Anspruch der Klägerin auch nicht verwirkt. Die Verwirkung eines Rechts setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (st. Rspr., z.B. BGHZ 105, 290, 298). Derartige Umstände, die ein Vertrauen der Beklagten rechtfertigen, die Klägerin werde eine Verbesserung des Schallschutzes auch in Zukunft nicht mehr verlangen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; übergangenen Sachvortrag hierzu in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revision nicht auf. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger