Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2009 - VIII ZR 241/08

bei uns veröffentlicht am15.09.2009
vorgehend
Amtsgericht Rathenow, 4 C 511/07, 23.04.2008
Landgericht Potsdam, 13 S 57/08, 13.08.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 241/08
vom
15. September 2009
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterin
Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision des Beklagten durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich, soweit sie der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt, im Ergebnis als richtig, da bereits die Auslegung der Parteivereinbarungen ergibt, dass jedenfalls für den Beklagten ein ordentliches Kündigungsrecht des Stromlieferungsvertrages nicht besteht, solange eine öffentliche Erschließung der Grundstücksparzelle des Klägers nicht erfolgt ist. Auf die Rechtsfrage, derentwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, kommt es daher nicht an; sie ist im Übrigen bereits geklärt.

I.

2
1. Die Revision ist nur beschränkt zugelassen.
3
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt: "Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil sie die Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts im Hinblick auf die Frage, ob ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Schuldrechts unter Einhaltung einer Frist analog §§ 624 und 723 Abs. 1 Satz 1 BGB kündbar ist, für erforderlich hält im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO."
4
Da diese Rechtsfrage ausschließlich für die Feststellungsanträge des Klägers zu 2 a, b sowie korrespondierend hierzu für die Widerklage des Beklagten zu 2 entscheidungserheblich ist, ist die Revision auch nur für diese Streitgegenstände zugelassen. Diese stellen einen klar abgrenzbaren Teil des Rechtsstreits dar, der selbständig durch Teilurteil entschieden werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04, NJW 2007, 144 Tz. 8).
5
2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor.
6
Die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, ist bereits - konträr zur Auffassung des Berufungsgerichts - vom Bundesgerichtshof beantwortet worden (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - III ZR 145/05, NJW-RR 2006, 1427, 1428, Tz. 5; vgl. auch Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 74/07, NJW 2008, 1064, Tz. 23). In beiden nach der Schuldrechtsreform ergangenen Urteilen hat der Bundesgerichtshof die grundsätzliche Möglichkeit bejaht, ein Dauerschuldverhältnis in entsprechender Anwendung der §§ 584, 624, 723 BGB ordentlich unter Einhaltung einer Frist zu kündigen. Auf beide in den genannten Entscheidungen zu beurteilende Sachverhalte kam gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB neues Schuldrecht zur Anwendung. Daran ist festzuhalten.
7
3. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
8
Auch wenn grundsätzlich ein ordentliches Kündigungsrecht des zwischen den Parteien bestehenden Stromlieferungsvertrages nicht ausgeschlossen ist, verhilft dies der Revision nicht zum Erfolg, da die Parteien nach der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei vorgenommenen Auslegung der zur Stromversorgung des Klägers getroffenen vertraglichen Regelungen eine ordentliche Kün- digung jedenfalls durch den Beklagten solange ausgeschlossen haben, als eine öffentliche Erschließung der Grundstücksparzelle des Klägers nicht erfolgt ist.
9
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht ein ordentliches Kündigungsrecht eines Dauerschuldverhältnisses nicht, soweit und solange es durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen worden ist (BGH, Urteil vom 21. Juli 2005 - I ZR 312/02, NJW-RR 2006, 117, 120, Tz. 42; Urteil vom 25. Mai 1993 - X ZR 79/92, NJW-RR 1993, 1460 unter II 2). So liegt es hier.
10
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der zwischen den Parteien maßgebliche Grundstückskaufvertrag vom 23. Juni 2003 hinsichtlich der Erschließung in § 5 folgenden Wortlaut: "Die Erschließung des Kaufobjekts mit den öffentlichen Leitungen, Wasser und Elektroenergie erfolgt über das Flurstück 23/9. Gegenwärtig erfolgt die Versorgung des Kaufobjekts mit Wasser und Elektroenergie über die Parzelle 30 auf dem Flurstück 23/8 (Parzellenpächter : M. D. ). Die Leitungsführung von der Parzelle 30 zum Kaufobjekt ist dem Verkäufer nicht bekannt. Dem Käufer steht es frei, die erforderliche privatschriftliche Vereinbarung mit Herrn M. D. zu treffen. Der Verkäufer gestattet, die Versorgungsleitungen Wasser und Strom auf den ihm gehörenden weiteren Grundstücken zu belassen. Käufer dieser Grundstücke kann er jedoch nicht verpflichten, das erforderliche Leitungsrecht dem Käufer zu gewähren. Wird dem Käufer zukünftig das erforderliche Leitungsrecht nicht gewährt, verpflichtet er (Kursivsetzung durch den Senat) sich, das Kaufobjekt an die öffentlichen Versorgungsleitungen anzuschließen, die über das Grundstück 23/9 führen."
11
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts konnte und kann das verkaufte Grundstück nicht über die vorstehend erwähnte Parzelle 23/9, jedoch (nunmehr) über die Parzelle 23/8 an die öffentliche Versorgung angeschlossen werden.
12
Das Amtsgericht - auf dessen Tatbestand das Berufungsurteil Bezug nimmt - hat festgestellt, dass die Stromversorgung des Grundstücks des Klägers seit Sommer 2004 vom Flurstück 23/10 erfolgte, das im Eigentum des Beklagten steht. Dort befindet sich ein Stromverteilerkasten, von dem aus eine Stromleitung zur Parzelle des Klägers führt. Grundlage der Stromversorgung über das Grundstück des Beklagten war das Angebot des Beklagten (u.a.) an den Kläger in einem Rundschreiben vom 25. Juni 2004, Strom gegen Zahlung eines monatlichen Unkostenbeitrags von 10 € für "Kosten, Wartung, Verwaltung und Abrechnung" zu liefern; bezüglich des Verbrauchs sollte monatlich ein Abschlag gezahlt werden, der mit der Jahresverbrauchsrechnung verrechnet werden sollte. Dieses Angebot hat der Kläger nach der von der Revision nicht angegriffenen Würdigung des Berufungsgerichts konkludent angenommen, indem er in der Folgezeit Strom aus dem vom Beklagten zur Verfügung gestellten Verteilerkasten entnahm. Zu dem Angebot des Beklagten ist es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts deshalb gekommen, weil sich in der Zwischenzeit herausgestellt hatte, dass eine öffentliche Versorgung über das Flurstück 23/9 nicht möglich war.
13
bb) Das Berufungsgericht hat vor diesem Hintergrund naheliegend - und von der Revision nicht angegriffen - angenommen, der Zweck des in dem Rundschreiben angebotenen Stromlieferungsvertrages habe darin gelegen, die im Grundstückskaufvertrag vom 23. Juni 2003 vom Beklagten versprochene, aber tatsächlich fehlende (öffentliche) Stromversorgung sicherzustellen, die wesentlich für die Nutzbarkeit des Grundstücks gewesen sei. Indem sich der Beklagte zur Stromlieferung bereiterklärt habe, habe er möglichen Schadensersatzansprüchen des Klägers begegnen wollen. Der Kläger selbst sei nicht verpflichtet gewesen, sich um einen Stromanschluss zu kümmern. Der auf der Grundlage des Rundschreibens vom 25. Juni 2004 geschlossene Stromlieferungsvertrag sehe keine Verpflichtung des Klägers, vielmehr nur das Recht hierzu vor. Auch aus dem Grundstückskaufvertrag ergebe sich keine dementsprechende Pflicht des Klägers, wohl aber eine Pflicht des Beklagten. Zwar lasse der Wortlaut des letzten Satzes von § 5 des Grundstückskaufvertrages isoliert betrachtet eine Auslegung dahin zu, der Kläger sei verpflichtet, sich um eine öffentliche Versorgung zu kümmern. Im Gesamtkontext der Regelung in § 5 sei der Satz aber dahin zu verstehen, dass mit demjenigen ("er"), der verpflichtet sei, eine öffentliche Versorgung sicherzustellen, nicht der Kläger, sondern der Beklagte gemeint sei. Diese Auslegung der vertraglichen Regelungen der Parteien durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denk- oder Erfahrungssätze verstößt oder wesentliche Umstände des Einzelfalls außer Acht gelassen hat (BGHZ 111, 110, 115). Das ist nicht der Fall. Die Auslegung ist vielmehr naheliegend und wird den beiderseitigen Interessen im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen gerecht.
14
Das Risiko der Stromlieferung ist damit zwischen den Parteien klar verteilt worden. Der Kläger hatte lediglich das Recht, nicht aber die Pflicht, sich selbst um einen eigenen (öffentlichen) Anschluss zu kümmern. Hingegen war der Beklagte aufgrund der kaufvertraglichen Regelung in der (Versorgungs-) Pflicht, sah das offenbar auch selbst so und wollte dieser Pflicht nachkommen. Anders sind das Angebot in dem Rundschreiben und die nachfolgenden Stromlieferungen über sein Grundstück nicht zu verstehen. Damit haben die Parteien vertraglich aber eine ordentliche Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Stromlieferungsvertrages, jedenfalls durch den Beklagten, ausgeschlossen, solange es eine öffentliche Versorgung nicht gibt.
15
Aus diesen Gründen hat das Berufungsgericht es für den Beklagten auch als zumutbar erachtet, an dem Stromlieferungsvertrag weiter festzuhalten, und ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gemäß § 314 Abs. 1 BGB rechtsfehlerfrei verneint.
16
Das Berufungsgericht hat damit im Ergebnis zu Recht den Feststellungsanträgen des Klägers zu 2 a, b stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

II.

17
Es besteht Gelegenheit, zu diesem Hinweis binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Ball Dr.Frellesen Dr.Hessel Dr.Schneider Dr.Achilles
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG Rathenow, Entscheidung vom 23.04.2008 - 4 C 511/07 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 13.08.2008 - 13 S 57/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2009 - VIII ZR 241/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2009 - VIII ZR 241/08

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 723 Kündigung durch Gesellschafter


(1) Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichti

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 624 Kündigungsfrist bei Verträgen über mehr als fünf Jahre


Ist das Dienstverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Verpflichteten nach dem Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2009 - VIII ZR 241/08 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 723 Kündigung durch Gesellschafter


(1) Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichti

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 624 Kündigungsfrist bei Verträgen über mehr als fünf Jahre


Ist das Dienstverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Verpflichteten nach dem Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 584 Kündigungsfrist


(1) Ist bei dem Pachtverhältnis über ein Grundstück oder ein Recht die Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die Kündigung nur für den Schluss eines Pachtjahrs zulässig; sie hat spätestens am dritten Werktag des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablau

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2009 - VIII ZR 241/08 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juli 2005 - I ZR 312/02

bei uns veröffentlicht am 21.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 312/02 Verkündet am: 21. Juli 2005 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2006 - XII ZR 141/04

bei uns veröffentlicht am 25.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 141/04 Verkündet am: 25. Oktober 2006 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2009 - VIII ZR 241/08.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2012 - VIII ZR 34/11

bei uns veröffentlicht am 22.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 34/11 Verkündet am: 22. Februar 2012 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Referenzen

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

Ist das Dienstverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Verpflichteten nach dem Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(1) Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor,

1.
wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird,
2.
wenn der Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat.
Der volljährig Gewordene kann die Kündigung nach Nummer 2 nur binnen drei Monaten von dem Zeitpunkt an erklären, in welchem er von seiner Gesellschafterstellung Kenntnis hatte oder haben musste. Das Kündigungsrecht besteht nicht, wenn der Gesellschafter bezüglich des Gegenstands der Gesellschaft zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gemäß § 112 ermächtigt war oder der Zweck der Gesellschaft allein der Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse diente. Unter den gleichen Voraussetzungen ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.

(2) Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt ein Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 141/04 Verkündet am:
25. Oktober 2006
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Revision kann nur dann wirksam auf die Entscheidung zum Altersvorsorgeunterhalt
als Teil des geltend gemachten einheitlichen Unterhaltsanspruchs
beschränkt werden, wenn der Halbteilungsgrundsatz im Einzelfall
keine zweistufige Berechnung des ebenfalls rechtshängigen Elementarunterhalts
gebietet und deswegen auch ein Teilurteil zum Altersvorsorgeunterhalt
zulässig wäre.

b) Die Höhe des geschuldeten Altersvorsorgeunterhalts ist bei sehr guten Einkommensverhältnissen
nicht auf den sich aus der Beitragsbemessungsgrenze
der gesetzlichen Rentenversicherung ergebenden Betrag beschränkt.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - OLG München
AG München
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2006 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 21. Juni 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Höhe des der Klägerin zustehenden Altersvorsorgeunterhalts.
2
Die Parteien, aus deren Ehe drei minderjährige Kinder hervorgegangen sind, leben seit Februar 2002 dauernd getrennt. Ihr Scheidungsverfahren ist seit dem 17. Januar 2003 rechtshängig. Mit Anerkenntnis-Teilurteil vom 17. Oktober 2002 wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin für die gemeinsamen Kinder A., J. und M. ab August 2002 monatlich Unterhalt in Höhe von jeweils 456 € zu zahlen. Mit weiterem Anerkenntnis-Teilurteil vom 16. Januar 2003 wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin ab August 2002 monatlichen ElementarTrennungsunterhalt in Höhe von 3.000 € zu zahlen.
3
Der Beklagte bezieht Einkünfte aus einer Kommanditbeteiligung, die sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nach Abzug aller Verbindlichkeiten im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2003 auf monatlich 20.372,94 € netto und - trotz Rückgangs der Überschüsse - im Durchschnitt der Jahre 2002 und 2003 noch immer auf 16.948,22 € netto beliefen. Wegen dieses überdurchschnittlich hohen Einkommens des Beklagten hat die Klägerin ihren Elementarunterhalt konkret bemessen und daneben Altersvorsorgeunterhalt begehrt.
4
Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin über den durch Anerkenntnis-Teilurteil zugesprochenen Elementarunterhalt von monatlich 3000 € hinaus einen Unterhaltsrückstand und ab September 2003 monatlich weitere 1.945 € sowie als Altersvorsorgeunterhalt ab Januar 2003 monatlich 1.752 € zu zahlen. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er eine Herabsetzung des geschuldeten Vorsorgeunterhalts auf monatlich 1.004,25 € erreichen will.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

6
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 367 veröffentlicht ist, hat die Revision wegen der Frage zugelassen, ob die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung auch eine Grenze für die Bemessung des Vorsorgeunterhalts darstelle bzw. in welcher Weise der Vorsorgeunterhalt zu berechnen sei, wenn der auf ein Bruttoeinkommen hoch- gerechnete Elementarunterhalt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich übersteigt. Darin liegt eine wirksame Begrenzung der Revisionszulassung auf den Betrag, der den sich auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung errechneten Altersvorsorgeunterhalt übersteigt.
7
1. Wenn der Unterhaltsgläubiger neben dem Elementarunterhalt auch Altersvorsorgeunterhalt schuldet, ist eine auf den Vorsorgeunterhalt beschränkte Zulassung der Revision allerdings grundsätzlich unzulässig.
8
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Beschränkung der Revisionszulassung nur möglich, wenn sie sich auf einen abtrennbaren Teil der Klageforderung bezieht, der einem Teilurteil zugänglich gewesen wäre oder auf den die Revision hätte beschränkt werden können (Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405; BGH Urteile vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03 - NJW 2004, 3264 und vom 3. März 2005 - IX ZR 45/04 - NJW-RR 2005, 715). Nach § 301 ZPO, an dessen Grundsätzen mithin auch die Beschränkung der Revisionszulassung zu messen ist, ist ein Teilurteil nur zulässig, wenn es über einen aussonderbaren, einer selbständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstandes ergeht und der Ausspruch über diesen Teil unabhängig von demjenigen über den restlichen Verfahrensgegenstand getroffen werden kann, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Dabei ist der Erlass eines Teilurteils bereits dann unzulässig, wenn sich die Gefahr durch die abweichende Beurteilung eines Rechtsmittelgerichts im Instanzenzug ergeben kann (Senatsurteil vom 24. Februar 1999 - XII ZR 155/97 - FamRZ 1999, 992, 993 m.w.N.).
9
Insbesondere bei Unterhaltsansprüchen, die den laufenden Bedarf für denselben Zeitraum betreffen, sind Teilurteile deswegen ausgeschlossen, wenn die Entscheidung über den weiter gehenden Antrag von Umständen abhängt, die auch für den bereits ausgeurteilten Teil maßgeblich sind und die einer abweichenden Beurteilung, gegebenenfalls in der Rechtsmittelinstanz, unterliegen können (sogenanntes horizontales Teilurteil, vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1999 aaO).
10
Solches gilt auch für Fälle, in denen der Unterhaltsgläubiger für den gleichen Unterhaltszeitraum neben dem Elementarunterhalt Altervorsorgeunterhalt begehrt (so auch Eschenbruch/Klinkhammer/Schürmann Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 1411). Denn bei dem Anspruch auf Vorsorgeunterhalt handelt es sich nicht um einen eigenständigen Anspruch, sondern um einen unselbständigen Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf betreffenden Unterhaltsanspruchs (Senatsurteil vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80 - FamRZ 1982, 255). Zudem wirkt sich die Höhe des Vorsorgeunterhalts regelmäßig auf den geschuldeten Elementarunterhalt aus, weil der Elementarunterhalt nach ständiger Rechtsprechung des Senats zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes regelmäßig in einer zweistufigen Berechnung zu ermitteln ist. Nachdem aus dem vorläufigen Elementarunterhalt und dem daraus entsprechend § 14 SGB IV ermittelten fiktiven Bruttoeinkommen der zusätzlich geschuldete Altersvorsorgeunterhalt in Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung errechnet wurde, ist in einer zweiten Stufe nach Abzug der Beträge des Vorsorgeunterhalts vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen der endgültige Elementarunterhalt zu ermitteln (Senatsurteil vom 25. Februar 1981 - IVb ZR 543/80 - FamRZ 1981, 442, 445). Zwar ist der Unterhaltsgläubiger nicht gehindert, Elementarunterhalt oder Altersvorsorgeunterhalt separat geltend zu machen. Ist allerdings sowohl der Elementarunterhalt als auch der Altersvorsorgeunterhalt rechtshängig geworden und betreffen beide Verfahren - wenigstens teilweise - denselben Zeitraum, sind solche Verfahren stets miteinander zu verbinden, weil sie einen einheitlichen Unterhaltsanspruch und somit denselben Streitgegenstand betreffen. Soweit dem Urteil vom 6. Oktober 1982 (- IVb ZR 311/81 - FamRZ 1982, 1187) anderes entnommen werden könnte, hält der Senat daran nicht fest.
11
2. Gleichwohl sind die eingeschränkte Revisionszulassung und die entsprechend auf die Höhe des Altersvorsorgeunterhalts begrenzte Revision hier ausnahmsweise zulässig.
12
Denn der Unterhaltsbedarf der Klägerin wurde wegen der besonders günstigen Einkommensverhältnisse des Beklagten konkret ermittelt, weswegen sich eine zweistufige Berechnung des Elementarunterhalts aus Gründen der Halbteilung erübrigt. Der Senat hat bereits entschieden, dass in Fällen besonders günstiger wirtschaftlicher Verhältnisse die sonst übliche zweistufige Berechnung des Elementarunterhalts nicht erforderlich ist (Senatsurteil vom 6. Oktober 1982 aaO, 1188), zumal diese (nur) sicherstellen soll, dass nicht zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten über den Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten am ehelichen Lebensstandard hinausgegangen wird. Sind die wirtschaftlichen Verhältnisse in einer Ehe aber so günstig, dass der Vorsorgebedarf neben dem laufenden Unterhaltsbedarf befriedigt werden kann, besteht keine Notwendigkeit für die zweistufige Berechnungsweise (Senatsurteil vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 68/87 - NJW-RR 1988, 1282, 1285).
13
Der Beklagte schuldet der Klägerin deswegen Altersvorsorgeunterhalt, der auf die Höhe des Elementarunterhalts ohne Einfluss bleibt. Weil in solchen Fällen ein Teilurteil über den Elementarunterhalt nach § 301 ZPO zulässig ist, konnte auch die Revision auf den Vorsorgeunterhalt als verbliebenen Teil beschränkt werden.

II.

14
Das Oberlandesgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin neben dem - von der Revision nicht angegriffenen - Elementarunterhalt ab Januar 2003 einen monatlichen Vorsorgeunterhalt in Höhe von 1.752 € zu zahlen. Die Höhe des Vorsorgeunterhalts sei grundsätzlich auf der Grundlage des Elementarunterhalts zu ermitteln. Dafür sei der Elementarunterhalt nach der sogenannten Bremer Tabelle in ein fiktives Bruttoeinkommen umzurechnen.
15
Hier bestehe zwar die Besonderheit, dass der Elementarunterhalt der Klägerin die Höchstgrenze der Nettobemessungsgrundlage der Bremer Tabelle überschreite, die mit Rücksicht auf den höchstmöglichen Einzahlungsbetrag in die gesetzliche Rentenversicherung ab 2003 monatlich 2.825 € betrage. Gleichwohl sei der Vorsorgeunterhalt auch hier auf der Grundlage des Elementarunterhalts zu berechnen. Eine Einschränkung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten widerspreche den tatsächlichen Lebensverhältnissen und könne den Lebensstandard im Alter nicht aufrechterhalten. Bei großzügigen Lebensverhältnissen sei es zudem anerkannt, dass die Altersvorsorge nicht nur in Höhe oder im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung erfolge. Ein Bedürfnis auf Zahlung von Vorsorgeunterhalt entfalle - unabhängig davon, in welcher Weise während des Zusammenlebens der Eheleute Aufwendungen für die Alterssicherung gemacht wurden - nur insoweit, als hierdurch für den Berechtigten eine Altersversorgung zu erwarten wäre, die diejenige des Unterhaltspflichtigen übersteige.
16
Auf der Grundlage des Elementarunterhalts der Klägerin in Höhe von monatlich 4.945 € ergebe sich für das Jahr 2003 ein fiktiver Bruttolohn von monatlich 9.454 €. Unter Berücksichtigung der zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Steuerreform betrage das fiktive Bruttoeinkommen ab diesem Zeitpunkt monatlich 8.986 €. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung sei für den gesamten Vorsorgeunterhalt auf das ab 2004 geltende fiktive Bruttoeinkommen abzustellen , zumal die Hochrechnung lediglich einen sachgerechten Schätzwert ergeben solle. Auf der Grundlage dieses fiktiven Bruttoeinkommens ergebe sich in Höhe der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung von derzeit 19,5% der geschuldete Vorsorgeunterhalt von monatlich 1.752 €. Wegen der sehr guten Lebensverhältnisse des Beklagten sei der Halbteilungsgrundsatz durch die zusätzliche Unterhaltspflicht nicht tangiert.
17
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

III.

18
Die Bemessung des geschuldeten Altersvorsorgeunterhalts mit derzeit 19,5 % des auf der Grundlage des Elementarunterhalts errechneten fiktiven Bruttoeinkommens entspricht der Rechtsprechung des Senats und verstößt jedenfalls nicht zu Lasten des Beklagten gegen § 1361 Abs. 1 Satz 2 BGB.
19
1. Der nach §§ 1361 Abs. 1 Satz 2 bzw. 1578 Abs. 3 BGB geschuldete Vorsorgeunterhalt ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs Nachteile auszugleichen, die dem unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der Hinderung seiner Erwerbstätigkeit erwachsen. Für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens zieht ein Anspruch auf Elementarunterhalt nach § 1361 Abs. 1 BGB bzw. nach §§ 1570 bis 1573 oder 1576 BGB deswegen in der Regel auch einen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nach sich (Senatsurteile vom 4. November 1987 - IVb ZR 81/86 - FamRZ 1988, 145, 150 und vom 19. Mai 1982 - IVb ZR 708/80 - FamRZ 1982, 781 f.). Nach dem Zweck der gesetzlichen Regelungen über den Vorsorgeunterhalt soll dem Ehegatten, der nach Trennung und Scheidung aus den im Gesetz aufgeführten Gründen gehindert ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und so auf den ihm durch den Versorgungsausgleich übertragenen Versorgungsanrechten aufzubauen, die Möglichkeit verschafft werden, seine Versorgung im Wege der freiwilligen Weiterversicherung zu erhöhen, um damit die ansonsten entstehende Lücke in seiner "sozialen Biographie" zu schließen. Danach sollen mit unterhaltsrechtlichen Mitteln die Nachteile ausgeglichen werden, die dem Berechtigten aus der ehebedingten Behinderung seiner Erwerbstätigkeit erwachsen.
20
Dabei hat es der Senat stets abgelehnt, den Vorsorgeunterhalt an der Höhe einer später zu erwartenden, den Lebensbedarf des Berechtigten sodann in angemessener Weise deckenden Versorgungsleistung auszurichten und zu bemessen, zumal es in der Regel mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte, den angemessenen Lebensbedarf für den Zeitpunkt des Versicherungsfalls zu beurteilen (Senatsurteil vom 25. Februar 1981 aaO, 444). Im Hinblick auf die Zielsetzung des Vorsorgeunterhalts hat er es stattdessen für gerechtfertigt gehalten, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu entrichten wären, und damit den Berechtigten hinsichtlich der Altersvorsorge so zu behandeln, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte (Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 33/97 - FamRZ 1999, 372, 373 f.).
21
Entsprechend hat das Berufungsgericht den als Elementarunterhalt rechtskräftig zugesprochenen Betrag dem Nettoarbeitsentgelt gleichgestellt und dieses zur Ermittlung der darauf entfallenden Vorsorgebeiträge in ein fiktives Bruttoeinkommen umgerechnet. Zu diesem Zweck hat es den Bruttobetrag errechnet , der, vermindert um die Lohnsteuer sowie die dem Arbeitnehmeranteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit, den Nettobetrag des Elementarunterhalts ergibt. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats und der Regelung des § 14 Abs. 2 SGB IV, nach der in den Fällen von sogenannten Nettolohnvereinbarungen das Nettoarbeitsentgelt zum sozialversicherungsrechtlichen Bruttolohn hochzurechnen ist (vgl. Senatsurteil vom 25. Februar 1981 aaO). Soweit das Berufungsgericht bei der Bemessung des Altersvorsorgeunterhalts dann insgesamt auf das geringere fiktive Bruttoeinkommen abstellt, das sich aus dem zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Steuerrecht ergibt, bestehen dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken. Die Revision greift diese - ihr günstige - Berechnungsweise auch nicht an.
22
2. Ebenfalls zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der vom Beklagten zur Wahrung der ehelichen Lebensverhältnisse im Alter geschuldete Vorsorgeunterhalt nicht durch die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 159 SGB VI; vgl. insoweit Verordnung über die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung für 2006 FamRZ 2006, 170) begrenzt ist.
23
Eine die ehelichen Lebensverhältnisse wahrende Altersversorgung kann die Klägerin nur aufbauen, wenn sie bis zum Rentenbeginn Versicherungsbeiträge abführt, die mindestens dem Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung auf der Grundlage ihres gesamten Unterhaltsbedarfs entsprechen (zur zusätzlichen privaten Altersversorgung durch den Unterhaltspflichtigen vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 2005 - XII ZR 211/02 - FamRZ 2005, 1817, 1821 f.). Entsprechend hat der Senat dem Unterhaltsberechtigten auch dann einen auf der Grundlage des vollen Unterhaltsbedarfs errechneten Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen, wenn er den Bedarf teilweise durch Einkünfte aus einer sozialversicherungsfreien Teilzeitbeschäftigung selbst deckt. Denn wenn die Einkünfte aus der Teilzeitbeschäftigung im Alter nicht mehr vorhanden sind, der Unterhaltsberechtigte aber im Umfang dieser Einkünfte keine Altersversorgung erworben hätte, würde seine "soziale Biographie" insoweit eine Lücke aufweisen. Wie in jenem Fall erfordert es der mit dem Vorsorgeunterhalt beabsichtigte Zweck auch hier, dem Unterhaltsberechtigten Altersvorsorgeunterhalt auf der Grundlage seines gesamten Bedarfs auf Elementarunterhalt zuzubilligen (vgl. Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 33/97 - FamRZ 1999, 372, 373 f.).
24
Weil es dem Unterhaltsberechtigten frei steht, den Altersvorsorgeunterhalt als freiwillige Leistung in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen oder ihn ganz oder teilweise für eine private Altersvorsorge zu verwenden, kann der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung - die gegenwärtig monatlich 5.250 € brutto beträgt (FamRZ 2006, 170) - kein geeignetes Kriterium für die Begrenzung des individuell geschuldeten Vorsorgeunterhalts entnommen werden (so auch Weinreich/Klein Familienrecht 2. Aufl. § 1578 BGB Rdn. 88; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil IV Rdn. 971 ff.; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 4 Rdn. 455; Göppinger/Wax/Bäumel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 1031; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 356; Kaiser/Schnitzler/Friederici/Schürmann AnwaltKommentar BGB Band 4 § 1578 Rdn. 129; Hoppenz/Hülsmann Familiensachen 8. Aufl. § 1578 BGB Rdn. 63 ff.; Johannsen/Henrich/Büttner Eherecht 4. Aufl. § 1578 BGB Rdn. 42; Bäumel/Büte/Poppen Unterhaltsrecht § 1578 BGB Rdn. 35). Denn der Unterhaltsberechtigte ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht verpflichtet, den Altersvorsorgeunterhalt zur Aufstockung seiner Rentenanwartschaft aus dem Versorgungsausgleich in die gesetzliche Ren- tenversicherung einzuzahlen. Zwar mag die Entrichtung freiwilliger Beiträge an die BfA in gewissen Fällen wirtschaftlich sinnvoll sein. Gleichwohl ist dem Unterhaltsberechtigten diese Art seiner Altersversorgung nicht zwingend vorgeschrieben. Vielmehr kommt daneben oder an deren Stelle auch der Abschluss einer privaten Rentenversicherung in Betracht; dies würde nicht außerhalb der unterhaltsrechtlichen Zweckbindung liegen (Senatsurteil vom 25. März 1987 - IVb ZR 32/86 - FamRZ 1987, 684, 686). Der unterhaltsberechtigte Ehegatte ist deswegen auch nicht verpflichtet, bei der Geltendmachung des Anspruchs auf Vorsorgeunterhalt eine bestimmte Form der Vorsorgeversicherung und die hiermit verbundenen konkret anfallenden Vorsorgeaufwendungen anzugeben (Senatsurteile vom 26. Mai 1982 - IVb ZR 715/80 - FamRZ 1982, 887, 889 f. und vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 727/80 - FamRZ 1983, 152, 154). Entsprechend begründet auch die Tatsache, dass der Unterhaltsberechtigte darauf besteht , die Art und Weise seiner Altersvorsorge selbst zu bestimmen, nicht die Besorgnis, er werde sie zweckwidrig verwenden (Senatsurteil vom 6. Oktober 1982 - IVb ZR 311/81 - FamRZ 1982, 1187, 1189).
25
Der auf der Grundlage des gesamten Elementarunterhalts und des daraus errechneten fiktiven Bruttoeinkommens nach dem Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 158 SGB VI) errechnete Altersvorsorgeunterhalt ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats deswegen nur dann zur Höhe begrenzt, wenn anderenfalls für den Unterhaltsberechtigten eine Altersversorgung zu erwarten steht, die diejenige des Unterhaltsverpflichteten übersteigt (Senatsurteil vom 8. Juni 1988 - IVb ZR 68/87 - FamRZ 1988, 1145, 1147 f.; vgl. auch Schwab/Borth aaO Rdn. 973). Daneben ist regelmäßig auch der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. In beiderlei Hinsicht gibt der vorliegende Fall aber keinen Anlass zu Bedenken.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 02.10.2003 - 534 F 7260/02 -
OLG München, Entscheidung vom 21.06.2004 - 17 UF 1571/03 -

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Ist bei dem Pachtverhältnis über ein Grundstück oder ein Recht die Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die Kündigung nur für den Schluss eines Pachtjahrs zulässig; sie hat spätestens am dritten Werktag des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll.

(2) Dies gilt auch, wenn das Pachtverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden kann.

Ist das Dienstverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Verpflichteten nach dem Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(1) Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor,

1.
wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird,
2.
wenn der Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat.
Der volljährig Gewordene kann die Kündigung nach Nummer 2 nur binnen drei Monaten von dem Zeitpunkt an erklären, in welchem er von seiner Gesellschafterstellung Kenntnis hatte oder haben musste. Das Kündigungsrecht besteht nicht, wenn der Gesellschafter bezüglich des Gegenstands der Gesellschaft zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gemäß § 112 ermächtigt war oder der Zweck der Gesellschaft allein der Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse diente. Unter den gleichen Voraussetzungen ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.

(2) Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt ein Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 312/02 Verkündet am:
21. Juli 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
BOSS-Club

a) Darauf, ob dem Markeninhaber auch nach den vor dem Inkrafttreten des
Markengesetzes geltenden Bestimmungen Ansprüche wegen Markenverletzung
gegen eine vor dem 1. Januar 1995 aufgenommene Zeichennutzung
zustanden (§ 153 Abs. 1 MarkenG), kommt es nur an, wenn das angegriffene
Zeichen auch vor dem 1. Januar 1995 in identischer Form oder in einer Weise
benutzt worden ist, die den kennzeichnenden Charakter des Zeichens
nicht verändert hat. Ist die neue Verwendungsform der früheren lediglich
ähnlich, kommt es nur auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des Markengesetzes
an.

b) Der Lizenznehmer kann sich gegenüber dem Lizenzgeber nicht darauf berufen
, er hätte ohne Abschluß des Lizenzvertrages ein Recht an einem anderen
als dem lizenzierten Zeichen erwerben können.

c) Schließen die Parteien einen Gestattungsvertrag über eine Zeichennutzung,
ohne weitergehende wechselseitige Pflichten zu vereinbaren, läßt sich dem
regelmäßig nicht entnehmen, der Lizenznehmer habe für den Fall der Beendigung
des Vertragsverhältnisses auf den Einwand verzichten wollen, die
Voraussetzungen einer Schutzrechtsverletzung hätten bei Benutzungsaufnahme
nicht vorgelegen.
BGH, Urt. v. 21. Juli 2005 - I ZR 312/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin und die Anschlußrevision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. November 2002 aufgehoben, soweit nicht der Beseitigungsantrag der Klägerin (Beseitigungsantrag bezogen auf den Hauptantrag) abgewiesen worden ist.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, die HUGO BOSS AG, stellt Damen- und Herrenbekleidung her. Sie ist Inhaberin der u.a. für "Bekleidungsstücke (einschließlich gewirkter und gestrickter) für Damen, Herren und Kinder" mit Priorität vom 7. Dezember 1979 eingetragenen Marken Nr. 100 82 83 "BOSS" und Nr. 100 74 60
2
Die Beklagte zu 2, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1 ist, betreibt seit 1986 in H. ein Tanzlokal mit der Bezeichnung "BOSS-Club". Vor der Aufnahme des Betriebs wandte sich der Bruder des Beklagten zu 1 in dessen und im eigenen Namen mit Schreiben vom 15. April 1985 an die Klägerin und bat um Mitteilung, ob sie den Namen "BOSS" mit Schriftzug für das Tanzlokal verwenden dürften. Daraufhin sandte die Klägerin dem Bruder des Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 17. April 1985 eine reprofähige Vorlage des Schriftzugs mit der Bitte, diese nach Gebrauch zurückzusenden. Anfang März 1986 übersandte der Bruder des Beklagten zu 1 der Klägerin ein Foto von der Eingangstür des Lokals und unterrichtete sie von der bevorstehenden Eröffnung. Die Klägerin ließ die Geschäftsleitung des Lokals daraufhin Ende März 1986 wegen der Verwendung der Bezeichnung "BOSS-Club" abmahnen. An die Abmahnung schlossen sich in der Folgezeit Verhandlungen über den Abschluß eines schriftlichen Lizenzvertrags an, die von dem Beklagten zu 1 Ende des Jahres 1987 nicht mehr weiterverfolgt wurden.
3
Gegenüber einer am 18. September 1996 ausgesprochenen weiteren Abmahnung der Klägerin berief sich der Beklagte zu 1 darauf, in der Übersen- dung der reprofähigen Vorlage des "BOSS"-Schriftzugs habe eine ausdrückliche Gestattung der Verwendung der Bezeichnung für das Lokal gelegen. Daraufhin ließ die Klägerin mit Schreiben vom 23. Dezember 1996 die dem Beklagten zu 1 "erteilte Lizenz zur Kennzeichnung seines Tanzlokals mit der Bezeichnung 'BOSS' zum 30. Juni 1997 kündigen". Im Juni 2001 wandte sich die Beklagte zu 2 an die Klägerin mit der Mitteilung, gegen Zahlung einer Entschädigung für die Werbungskosten in einer Größenordnung von 750.000 DM auf die Führung der Bezeichnung "BOSS-Club" zu verzichten. Die Klägerin nahm dies zum Anlaß, die Beklagten am 6. August 2001 abzumahnen, kündigte Ende August 2001 die Gestattung zur Benutzung der Bezeichnung "BOSS" zur Kennzeichnung des Tanzlokals in H. fristlos und erhob am 6. September 2001 die vorliegende Klage.
4
Die Klägerin sieht in der Verwendung der Bezeichnung "BOSS-Club" einen Eingriff in ihre Markenrechte. Sie hat geltend gemacht, ihre Marken "BOSS" seien sehr bekannt. 1986 seien die Marken 64 % der Verkehrskreise bekannt gewesen. In den Jahren 1990 bis 1999 hätten die Marken einen Bekanntheitsgrad zwischen 81,9 % und 92 % erreicht. Die Beklagten nutzten den herausragenden Ruf der Marken der Klägerin zu einem Imagetransfer aus und schädigten die Wertschätzung dieser Marken aufgrund eines abträglichen Zustands des Lokals und durch die dort aufgeführten Programme.
5
Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, Entfernung des Zeichens "BOSS" von dem Gelände des Tanzlokals und Auskunft in Anspruch genommen. Sie hat ferner die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten beantragt.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin beantragt, 1. a) die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen BOSS zur Kennzeichnung von Tanzlokalen (Diskotheken) zu benutzen, auch mit Zusatz der Worte "Club" und/oder "Super" und/oder der Zahl "2000", insbesondere das Zeichen an solchen Lokalen, auf Hinweisschildern, Fahrzeugen, Aushängen, Zeitungsanzeigen, Prospekten oder anderen Werbemitteln anzubringen oder sonst im Geschäftsverkehr oder in der Werbung zu benutzen, hilfsweise: die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im gesch äftlichen Verkehr das Zeichen BOSS und/oder BOSS CLUB in den nachstehend eingeblendeten Gestaltungen aa) bb) cc) dd) zur Kennzeichnung von Tanzlokalen (Diskotheken) zu benutze n, insbesondere das Zeichen an solchen Lokalen, auf Hinweisschildern , Fahrzeugen, Aushängen, Zeitungsanzeigen, Prospekten oder anderen Werbemitteln anzubringen oder sonst im Geschäftsverkehr oder in der Werbung zu benutzen;
b) den Beklagten die gesetzlichen Ordnungsmittel anzudrohen; 2. die Beklagten zu verurteilen, das Zeichen "BOSS" und/oder "BOSS CLUB", auch in den in den Hilfsantrag Ziffer 1 a) eingeblendeten Gestaltungen, von dem Lokal in der M. Straße in H. sowie von Hinweisschildern und/oder Fahrzeugen zu entfernen; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin über den Umfang der im Klageantrag Ziffer 1 a) bezeichneten Handlungen seit dem 1. Juli 1997 Auskunft zu erteilen durch Vorlage eines Verzeichnisses, das enthält - die monatlichen wertmäßigen Umsätze mit Eintrittskarten für das Lokal in der M. Straße in H. sowie die monatlichen Umsätze mit Speisen und Getränken und sonstigen Waren und Dienstleistungen in diesem Lokal sowie - eine Zusammenstellung der Werbung mit Angabe der Art der Werbung und der Werbeträger, aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten ; 4. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin gesamtschuldnerisch allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin seit dem 1. Juli 1997 durch die in dem Klageantrag Ziffer 1 a) bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist oder noch entstehen wird.
7
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben sich auf eine Verwirkung von Ansprüchen der Klägerin berufen.
8
Das Berufungsgericht hat die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln auf den Hilfsantrag verurteilt, es zu unterlassen, die Zeichen "BOSS" und/oder "BOSS CLUB" in den Gestaltungen 1 a aa), 1 a cc) und 1 a dd) zur Kennzeichnung von Tanzlokalen (Diskotheken) zu benutzen. Bei der Gestaltung 1 a aa) hat das Berufungsgericht den obersten Schriftzug "BOSS" von dem Verbot ausgenommen. Das Berufungsgericht hat die Beklagten weiterhin verurteilt, die Zeichen "BOSS" und "BOSS CLUB" in den im Verbotstenor wiedergegebenen Gestaltungen von dem Lokal sowie Hinweisschildern und Fahrzeugen zu entfernen. Im übrigen hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung die Klage abgewiesen (OLG Stuttgart GRUR-RR 2004, 8).
9
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin den Hauptantrag zu 1 a, den Antrag zu 1 b sowie die Anträge 3 und 4 der Berufungsinstanz weiter, wobei Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ab 1. Januar 1998 geltend gemacht werden.

10
Die Beklagten haben Anschlußrevision eingelegt, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage begehren. Die Klägerin beantragt, die Anschlußrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat den auf Unterlassung gerichteten Klageantrag zu 1 und den auf Beseitigung gerichteten Klageantrag zu 2 nur bezogen auf eine schriftzuggebundene Verwendung der Bezeichnung "BOSS" und "BOSS CLUB" nach § 1 UWG a.F. und § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG für begründet erachtet. Die weitergehenden Anträge zu 1 und 2 sowie die Anträge zu 3 und 4 hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
12
Der Klägerin stünden keine marken- oder wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagten zu, soweit diese den Begriff "BOSS" nicht in der von der Klägerin speziell entwickelten und benutzten typographischen Schreibweise verwendeten. Beabsichtige ein Dritter die anlehnende Führung eines Begriffs und gestatte der Kennzeicheninhaber die Benutzung eines mit seinem Zeichen identischen Zeichens, so sei der Dritte nach Kündigung der identischen Zeichennutzung zu einer Verwendung in der anlehnenden allgemeineren Zeichenform berechtigt, wenn er diese von Anfang an auch ohne Ermächtigung des Kennzeicheninhabers hätte führen können und auf diese Weise ein eigenes Geschäftszeichen erworben hätte. Davon sei für die mit dem typischen Schriftzug , den die Klägerin verwende, nicht identischen Schreibweise von "BOSS" auszugehen. Unter der Geltung des Warenzeichengesetzes hätte die Klägerin im Jahre 1985 den Beklagten die Benutzung des Zeichens "BOSS" in beliebiger Schreibweise zur Kennzeichnung eines Tanzlokals nicht verbieten können. Auch wenn es sich bei der Klagemarke "BOSS" schon im Jahre 1985 um eine bekannte Marke gehandelt habe, habe der Begriff nicht über eine einzigartige Originalität verfügt, sondern sei in der Umgangssprache ein Synonym für das Wort "Chef" gewesen. Damit sei das Kennzeichen nicht derartig einmalig und einzigartig gewesen, daß es den Verkehr zwangsläufig an ein bestimmtes Unternehmen habe denken lassen. Zudem hätten schon 1985 weitere wortidentische Marken existiert, welche das Klagezeichen weiter verwässert und in Verbindung mit der Zugehörigkeit der Bezeichnung zum allgemeinen Wortschatz angesichts der großen Branchenferne eine verwerfliche Rufüberleitung ausgeschlossen hätten. Hätten die Beklagten im Jahre 1985 die Benutzung der Bezeichnung "BOSS" in allgemeiner Schreibweise aufgenommen, hätten sie ein eigenes Kennzeichen erworben, das sie nach wie vor hätten nutzen können. Auch die Voraussetzungen einer Rufschädigung durch den Betrieb der Beklagten seien nicht erfüllt.
13
Die Beklagten seien aber schon 1985 gemäß § 1 UWG a.F. und ab 1995 nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG nicht berechtigt gewesen, eine mit dem charakteristischen Schriftzug der Zeichen der Klägerin identische Schreibweise zu verwenden.
14
Der entsprechende Unterlassungsanspruch sei nicht verwirkt. Der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum habe erst nach Beendigung des Gestattungsvertrags der Parteien zu laufen begonnen und der bis zur Klageerhebung reichende Zeitraum habe nicht ausgereicht, eine Verwirkung zu begründen. Ein untätiges Zuwarten i.S. von § 21 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG oder § 21 Abs. 4 MarkenG i.V. mit § 242 BGB, das den markenrechtlichen oder den allgemeinen Verwirkungseinwand begründen könnte, sei nicht gegeben, solange die Zeichennutzung auf vertraglicher Grundlage erfolgt sei. Durch die Überlassung des reprofähigen Schriftzugs am 17. April 1985 sei ein unentgeltlicher Nutzungsgestattungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen. Die Parteien hätten mit Rechtsbindungswillen gehandelt. Für die Klägerin sei erkennbar gewesen , daß das Benutzungsrecht für die Beklagtenseite von großer wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sei. Neben dem Beklagten zu 1 sei der Nutzungsgestattungsvertrag nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts auch mit der Beklagten zu 2 zustande gekommen. Der Wille der Beteiligten eines Geschäfts gehe im Zweifel dahin, mit dem Unternehmensinhaber den Vertrag zu schließen. Diese Nutzungsvereinbarung habe über die schließlich gescheiterten Verhandlungen der Parteien über einen entgeltlichen Lizenzvertrag hinaus fortbestanden und sei erst durch die Kündigung vom 23. Dezember 1996 zum 31. Dezember 1997 beendet worden. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung habe die Klägerin den Gestattungsvertrag in entsprechender Anwendung der §§ 624, 723 BGB ordentlich kündigen können. Unter Berücksichtigung der Dauer der Nutzung von mehr als zehn Jahren einerseits und der unentgeltlichen Einräumung des Nutzungsrechts andererseits sei eine Kündigungsfrist von einem Jahr angemessen.
15
Der Zeitraum von fünf Jahren für die Verwirkung nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG sei bei Klageeinreichung am 30. August 2001 selbst dann nicht abgelaufen gewesen, wenn die Frist für die Verwirkung ab 1. Juli 1997 zu rechnen sei, weil die Klägerin die Kündigung zum 30. Juni 1997 ausgesprochen habe.
16
Auch eine Verwirkung nach allgemeinen Vorschriften sei nicht gegeben (§ 21 Abs. 4 MarkenG i.V. mit § 242 BGB). Wie lange der Zeitraum für eine Verwirkung zu bemessen sei, ergebe sich aus den Umständen des Einzelfalls. Regelmäßig liege er oberhalb des in § 21 Abs. 1 MarkenG vorgesehenen Zeitraums von fünf Jahren. Die Klägerin habe von dem von ihr selbst gesetzten Kündigungszeitpunkt am 30. Juni 1997 einen Zeitraum von etwas mehr als vier Jahren zugewartet. Daß die Beklagten innerhalb des Zeitraums vom 1. Juli 1997 bis zur Klageerhebung einen nennenswerten zusätzlichen Besitzstand erworben hätten, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zudem hätten die Beklagten nach der Kündigung sich nicht in Sicherheit wiegen dürfen.
17
Der Beseitigungsanspruch sei ebenfalls nur im Umfang der schriftzuggebundenen Kennzeichennutzung erfolgreich.
18
Eine Pflicht, Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG zu leisten, bestehe nicht. Die Klägerin könne den Ersatz eines Schadens nur wegen einer schriftzuggebundenen Kennzeichenbenutzung beanspruchen, nicht aber wegen der Verwendung der Bezeichnung "BOSS" mit beliebigem Schriftzug. Zu der Wahrscheinlichkeit eines solchen Schadenseintritts habe die Klägerin nichts vorgetragen. Mangels Schadensersatzanspruchs bestehe auch kein Auskunftsanspruch.
19
II. Die Revision der Klägerin und die Anschlußrevision der Beklagten haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit nicht der Beseitigungsanspruch der Klägerin (Beseitigungsantrag bezogen auf den Hauptantrag) abgewiesen worden ist.
20
Revision der Klägerin
21
1. Das Berufungsgericht hat den mit dem Hauptantrag verfolgten Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Verwendung der Zeichen "BOSS" und "BOSS CLUB" nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG, § 1 UWG a.F., § 153 Abs. 1 MarkenG mit der Begründung verneint, nach Kündigung des Ge- stattungsvertrags könnten die Beklagten das Zeichen "BOSS" in seiner allgemeinen , nicht schriftzuggebundenen Form benutzen, weil sie zu dieser Verwendung bei Aufnahme der Benutzung (1986) auch ohne Gestattung der Klägerin berechtigt gewesen wären und auf diese Weise ein Recht an einem eigenen Geschäftszeichen erworben hätten. Dem kann nicht zugestimmt werden. Für den mit dem Hauptantrag zu 1 a geltend gemachten Unterlassungsanspruch , der sich gegen die Verwendung von "BOSS" mit beliebigem Schriftzug richtet, und die hierauf bezogenen Auskunfts- und Schadensersatzansprüche kommt es, soweit dieser Antrag in seiner allgemeinen Form nicht auch die schriftzuggebundene Zeichenbenutzung umfaßt, nur darauf an, ob diese Ansprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 und Abs. 6 MarkenG begründet sind. Soweit der umfassende Hauptantrag auch die schriftzuggebundene Verwendung von "BOSS" beinhaltet, gelten dagegen die Ausführungen zu II 5 entsprechend.
22
a) Nach dem Inkrafttreten des Markengesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 1995 können die in die Zukunft gerichteten Unterlassungsansprüche und der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung aufgrund einer vor dem 1. Januar 1995 aufgenommenen Zeichenbenutzung nur dann bejaht werden , wenn sie der Klägerin nach §§ 14, 15 MarkenG zustehen und wenn sie ihr außerdem nach den bis dahin geltenden Vorschriften zugestanden haben (§§ 152, 153 Abs. 1 MarkenG). Danach, ob der Klägerin auch aufgrund der vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes geltenden Bestimmungen die in Rede stehenden Ansprüche zustanden, ist nur zu fragen, wenn das angegriffene Zeichen vor dem 1. Januar 1995 in identischer Form oder in einer Weise benutzt worden ist, die den kennzeichnenden Charakter des Zeichens nicht verändert, während eine Benutzung eines darüber hinaus nur ähnlichen Zeichens keine Weiterbenutzung i.S. von § 153 Abs. 1 MarkenG darstellt (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 153 Rdn. 12; Hacker in Ströbele/Hacker, Markenge- setz, 7. Aufl., § 153 Rdn. 14; v. Schultz/Zumbusch, Markenrecht, § 153 Rdn. 10).
23
Von einer Benutzung, die den kennzeichnenden Charakter des Zeichens nicht verändert, ist auszugehen, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt (vgl. zu § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG: BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, GRUR 2005, 515 = WRP 2005, 620 - FERROSIL, m.w.N.).
24
Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Die Beklagten haben das Zeichen "BOSS" in der besonderen graphischen Gestaltung des Schriftzugs, wie er von der Klägerin entwickelt worden ist, oder zumindest in einer sehr ähnlichen Weise benutzt, nicht aber in anderer nicht schriftzuggebundener Form. Dies gilt auch für das im Hilfsantrag zu 1 a unter aa) angeführte oberste Zeichen "BOSS" und den unter bb) wiedergegebenen Zeichenbestandteil "BOSS", die eine dem typischen Schriftzug der Klägerin sehr ähnliche graphische Gestaltung aufweisen. Die Beklagten haben danach das Zeichen "BOSS" vor dem 1. Januar 1995 nur mit dem typischen von der Klägerin verwandten Schriftzug oder in einer dem sehr ähnlichen Weise benutzt. Die angegriffene nicht schriftzuggebundene Verwendung des Zeichens "BOSS" unterliegt als neue Benutzungsform nicht der Übergangsvorschrift des § 153 Abs. 1 MarkenG, sondern allein der Beurteilung der neuen Rechtslage nach dem Markengesetz.
25
Darauf, ob die Klägerin den Beklagten 1985/86 eine Verwendung von "BOSS" in nicht gebundenem Schriftzug nicht hätte verbieten und ob die Beklagten insoweit ein eigenes Kennzeichenrecht hätten erwerben können, kommt es nicht an. Denn § 153 Abs. 1 MarkenG soll nur verhindern, daß aus Altrech- ten über das Markengesetz gegen vor seinem Inkrafttreten rechtmäßige Benutzungshandlungen vorgegangen wird (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 128 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 122). Der Sinn der Übergangsvorschrift besteht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aber nicht darin, eine bloße Möglichkeit zur Zeichennutzung, die unter Geltung des Warenzeichengesetzes bestand, für die Zeit nach Inkrafttreten des Markengesetzes fortzuschreiben.
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b) Die Beklagten können ein Recht zur Benutzung des Zeichens "BOSS" mit beliebigem Schriftzug auch nicht daraus ableiten, daß sie das schriftzuggebundene Zeichen aufgrund eines mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrags nutzen durften. Nach Beendigung des Lizenz- oder Gestattungsvertrags, von dessen Abschluß und wirksamer Kündigung das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist (vgl. hierzu unter II 3a), kann der Lizenznehmer dem Lizenzgeber nicht entgegenhalten, während der Laufzeit des Lizenzvertrags eigene Kennzeichenrechte an dem lizenzierten Zeichen erworben zu haben (vgl. BGH, Urt. v. 27.2.1963 - Ib ZR 180/61, GRUR 1963, 485, 487 f. - Micky-MausOrangen ; Ingerl/Rohnke aaO § 30 Rdn. 61). Entsprechend kann sich der Lizenznehmer gegenüber dem Lizenzgeber auch nicht darauf berufen, er hätte bei Benutzung dieses oder eines ähnlichen Zeichens ohne Abschluß des Lizenzvertrags selbst ein Kennzeichenrecht erwerben können. Die Stellung des Lizenznehmers im Verhältnis zum Lizenzgeber nach Beendigung des Lizenzvertrags ist insoweit nicht besser als diejenige eines Dritten, der erstmals ein mit der lizenzierten Marke identisches oder ähnliches Zeichen benutzt.
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2. Das Berufungsgericht hat zu der Frage, ob die Markenrechte der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG durch die Verwendung der Bezeichnung "BOSS" in beliebiger graphischer Gestaltung verletzt werden - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen. Mangels ausreichender Tatsachengrundlage ist der Senat zu einer eigenen Sachentscheidung nicht in der Lage.
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a) Nach der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG liegt eine Markenverletzung vor, wenn ein mit der Marke identisches oder ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
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b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Marken der Klägerin seien im Jahre 1997 im Inland bekannte Marken i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gewesen. Dagegen wendet sich die Revisionserwiderung ohne Erfolg mit der Begründung, das Berufungsgericht habe zur Bekanntheit der Marken der Klägerin bei Beendigung des Lizenzvertrags 1997 keine ausreichenden und zum Teil widersprüchliche Feststellungen getroffen. Zwar hat das Berufungsgericht die Frage, ob es sich bei den "BOSS"-Marken im Jahre 1997 um bekannte Marken handelte, an einer Stelle der Entscheidungsgründe dahinstehen lassen. Es ist jedoch ansonsten in seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß es sich bei den Klagemarken im Jahr 1997 um bekannte Marken handelte. Das war für diesen Zeitpunkt zwischen den Parteien auch nicht umstritten. Die Klägerin hat hierzu geltend gemacht, für Anzeigenwerbung im Inland in den Jahren 1983 bis 1989 zwischen 1,6 Mio. DM und 3,3 Mio. DM jährlich und in den Jahren 1990 bis 2000 zwischen 2,7 Mio. DM und 7,6 Mio. DM im Jahr aufgewandt zu haben. Sie hat unter Vorlage verschiedener Veröffentlichungen weiter vorgetragen , Marktführer im Bereich für Herrenbekleidung zu sein. Zudem hat sie sich auf Untersuchungen der GfK berufen, wonach die Marke "BOSS" 1994 87,9 % und 1999 81,9 % der Gesamtbevölkerung bekannt war. Die Beklagten haben diese Angaben nicht bestritten und sie sind auch sonst dem Vortrag der Klägerin nicht entgegengetreten, daß es sich bei der Marke "BOSS" 1997 und in der Folgezeit um eine bekannte Marke handelte. Danach konnte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, daß die "BOSS"-Marken jedenfalls seit dem Jahre 1997 die Voraussetzungen erfüllten, die gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG an bekannte Marken zu stellen sind.
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c) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob eine Verwendung der Bezeichnung "BOSS" mit beliebigem Schriftzug für das von der Beklagten zu 2 betriebene Tanzcafé die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marken der Klägerin in den Jahren seit 1997 in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG).
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3. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der mit dem Hauptantrag verfolgte Unterlassungsanspruch nicht zu, erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.
32
Ein Anspruch der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG ist weder gemäß § 21 Abs. 2 MarkenG noch nach § 21 Abs. 4 MarkenG i.V. mit § 242 BGB verwirkt.
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a) Nach § 21 Abs. 2 MarkenG hat der Inhaber einer Marke nicht das Recht, die Benutzung einer geschäftlichen Bezeichnung mit jüngerem Zeitrang zu untersagen, soweit er die Benutzung dieses Zeichens während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat.
34
Das Berufungsgericht ist bei seinen Erwägungen zum Hilfsantrag zutreffend davon ausgegangen, daß der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum von fünf Jahren nicht vor dem 1. Juli 1997 zu laufen begann und eine Duldung der Nutzung des Zeichens "BOSS" seitens der Klägerin jedenfalls durch die Klageerhebung (§ 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 ZPO) am 6. September 2001 endete.
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aa) Durch die Anfrage des Bruders des Beklagten zu 1 vom 15. April 1985, "ob wir den Namen Boss (mit Schriftzug) für unser Abendlokal verwenden dürfen", und die mit Schreiben der Klägerin vom 17. April 1985 übersandte reprofähige Vorlage des Schriftzugs ist zwischen den Parteien ein Vertrag zustande gekommen, durch den die Klägerin den Beklagten gestattete, das Zeichen auf Zeit zu nutzen.
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Dagegen wendet sich die Anschlußrevision ohne Erfolg mit der Begründung , den Parteien habe ein Rechtsbindungswillen gefehlt; über wesentliche Bestandteile eines solchen Vertrags, insbesondere über Art und Dauer der Gestattung, die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts sowie die Übertragbarkeit der Nutzungsrechte, sei keine Einigung erzielt worden. Entsprechend seien auch die Verhandlungen über den Abschluß eines Lizenzvertrags in der Folgezeit ergebnislos geblieben.
37
Ob den Erklärungen der Parteien ein Wille zur rechtlichen Bindung zu entnehmen ist oder die Parteien nur aufgrund einer außerrechtlichen Gefälligkeit handeln, ist eine Sache tatrichterlicher Würdigung (vgl. BGHZ 56, 204, 209). Das Berufungsgericht hat eine rechtliche Bindung der Parteien bejaht. Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Ob bei einer Partei ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die andere Partei unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen mußte. Dies ist anhand objektiver Kriterien aufgrund der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien zu ermit- teln, wobei vor allem die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit , insbesondere für den Begünstigten, und die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind (st. Rspr.: vgl. BGHZ 92, 164, 168, m.w.N.).
38
Für die Beklagten hatte die Frage, unter welchem Namen sich ihr auf dem Gebiet der Unterhaltungsbranche tätiges Unternehmen auf dem Markt einführte , erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Das war für die Klägerin erkennbar. Denn auch nach Ablehnung eines zunächst von dem Beklagten zu 1 und seinem Bruder erstrebten Sponsorings durch die Klägerin versuchten diese mit Schreiben vom 15. April 1985, jedenfalls eine Erlaubnis zur Namensführung mit Schriftzug von der Klägerin einzuholen. Hierfür hätte ersichtlich kein Anlaß bestanden , wenn die Gestattung - wie die Beklagten dies nunmehr geltend machen - wegen eines fehlenden Rechtsbindungswillens der Parteien allein dem außerrechtlichen Bereich zuzuordnen gewesen wäre.
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Für die Auslegung, daß die Parteien mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben, kann als Indiz auch ihr nachträgliches Verhalten herangezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.1997 - IX ZR 164/96, NJW-RR 1998, 259). In der auf die Abmahnungen der Klägerin vom 24. März 1986 und vom 18. September 1996 folgenden Korrespondenz hat sich der Beklagte zu 1 auf die Gestattung der Zeichenführung durch die Klägerin berufen und Unterlassungsansprüche zurückgewiesen. Dagegen läßt sich aus dem Umstand, daß die Parteien keine Befristung und kein Entgelt für die Gestattung der Zeichennutzung vereinbart haben, nicht auf einen mangelnden Rechtsbindungswillen schließen. Ohne Vereinbarung dieser Punkte galt im Streitfall eine zeitlich unbefristete, für jede Seite mit angemessener Frist kündbare Gestattung der Zeichennutzung, die die Klägerin den Beklagten unentgeltlich einräumte. Schließlich spricht gegen einen Rechtsbindungswillen der Parteien auch nicht, daß diese in den Jahren 1986 und 1987 unter Beteiligung ihrer Rechtsanwälte Verhandlungen über den Ab- schluß eines entgeltlichen Lizenzvertrags aufgenommen haben, die nicht zu einem Vertragsschluß führten. Die Verhandlungen dienten ersichtlich nur dem Zweck, die vorhandene unentgeltliche Gestattung durch eine detaillierte, entgeltliche Regelung zu ersetzen.
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Das Berufungsgericht hat angenommen, in die Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 vom 15./17. April 1985 über die Gestattung der Zeichennutzung sei auch die Beklagte zu 2 nach den Grundsätzen über unternehmensbezogene Geschäfte einbezogen worden. Diese Feststellungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und werden von der Revisionserwiderung auch nicht in Zweifel gezogen.
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bb) Der für die Verwirkung nach § 21 Abs. 2 MarkenG maßgebliche Zeitraum von fünf Jahren, während dessen die Klägerin die Zeichennutzung durch die Beklagten geduldet haben muß, begann erst mit Beendigung des Gestattungsvertrags vom 15./17. April 1985. Dies war jedenfalls nicht vor dem 1. Juli 1997. Erstmals mit Schreiben vom 23. Dezember 1996 hatte die Klägerin die Kündigung des Gestattungsvertrags und zwar zum 30. Juni 1997 erklärt. Diese Kündigung war als ordentliche Kündigung wirksam.
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Bei dem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag handelte es sich um ein Dauerschuldverhältnis, das in entsprechender Anwendung der §§ 584, 624, 723 BGB ordentlich gekündigt werden konnte, weil das ordentliche Kündigungsrecht in dem Gestattungsvertrag nicht ausgeschlossen war und die Nutzungseinräumung unentgeltlich erfolgte (vgl. BGH, Urt. v. 17.9.1969 - I ZR 131/67, GRUR 1970, 528, 532 - Migrol; vgl. auch BGH, Urt. v. 25.5.1993 - X ZR 79/92, NJW-RR 1993, 1460; Ingerl/Rohnke aaO § 30 Rdn. 52; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 30 Rdn. 82). Ob die Kündigung entsprechend der Erklärung vom 23. Dezember 1996 den Gestattungsvertrag mit Ablauf des 30. Juni 1997 beendete oder die angemessene Kündigungsfrist bis 31. Dezember 1997 lief, wie das Berufungsgericht angenommen hat, kann dahinstehen. Zugunsten der Beklagten kann bei der Verwirkung von der Beendigung der Gestattung einer Zeichennutzung zum 30. Juni 1997 ausgegangen werden.
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War die Kündigung zum 30. Juni 1997 wirksam, begann erst mit dem 1. Juli 1997 der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum. Denn zuvor war der Klägerin aufgrund des Gestattungsvertrags ein Vorgehen gegen die Beklagten rechtlich nicht möglich (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.2001 - I ZR 175/98, GRUR 2001, 1164, 1166 = WRP 2001, 931 - buendgens).
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b) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer Verwirkung nach § 21 Abs. 4 MarkenG i.V. mit § 242 BGB mit der Begründung verneint, daß nach dem von der Klägerin gesetzten Zeitpunkt der Kündigung des Gestattungsvertrags (30. Juni 1997) ein nennenswerter Zuwachs des Besitzstandes der Beklagten nicht erfolgt sei. Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Die Verwirkung eines kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruchs nach § 21 Abs. 4 MarkenG i.V. mit § 242 BGB setzt voraus, daß durch eine länger andauernde redliche und ungestörte Benutzung einer Kennzeichnung ein Zustand geschaffen ist, der für den Benutzer einen beachtlichen Wert hat, ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muß und den auch der Verletzte ihm nicht streitig machen kann, wenn er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2001 - I ZR 232/98, GRUR 2001, 1161, 1163 = WRP 2001, 1207 - CompuNet/ComNet I). Einen während des Laufs des Gestattungsvertrags begründeten Besitzstand hat das Berufungsgericht zu Recht außer Betracht gelassen. Zu einem nach der Beendigung des Gestattungsvertrags erfolgten Zuwachs des Besitzstands haben die Beklagten nichts vorgetragen.
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4. Die Abweisung des Schadensersatz- und des Auskunftsanspruchs (Anträge zu 3 und 4) gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG und § 242 BGB kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil noch nicht feststeht, daß der Klägerin der Unterlassungsanspruch nach dem Hauptantrag nicht zusteht.
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Anschlußrevision der Beklagten
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5. Das Berufungsgericht hat dem auf Unterlassung gerichteten Hilfsantrag zu 1a gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG und § 1 UWG a.F., § 153 Abs. 1 MarkenG teilweise stattgegeben. Dagegen wendet sich die Anschlußrevision mit Erfolg.
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Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß die Klagemarken im Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme des Zeichens der Beklagten im Jahre 1986 die Voraussetzungen einer bekannten Marke erfüllten, die vor Geltung des Markengesetzes gemäß § 1 UWG a.F. gegen Rufausbeutung geschützt war (vgl. hierzu: BGH, Urt. v. 29.11.1984 - I ZR 158/82, GRUR 1985, 550, 552 = WRP 1985, 399 - DIMPLE, insoweit in BGHZ 93, 96 nicht abgedruckt ; BGHZ 113, 82, 84 f. - Salomon). Der zwischen den Parteien geführten Korrespondenz des Jahres 1985 und dem Artikel im Stadtmagazin "M. " von November 2001, auf die das Berufungsgericht für die Bekanntheit der Klagemarken seit 1985 abgestellt hat, war dies nicht zu entnehmen. Die Schreiben des Jahres 1985 enthalten keine Angaben zum Bekanntheitsgrad der Klagemarken. In dem im November 2001 erschienenen Zeitungsartikel wird der Geschäftsführer der Beklagten zu 2 - soweit in diesem Zusammenhang von Interesse - lediglich mit der Bemerkung zitiert, "die Nobelmarke war ja das Aus- schlaggebende bei der Namenswahl". Allein daraus läßt sich nicht folgern, die als Nobelmarken bezeichneten Klagemarken seien bereits im Jahr 1986 bekannte Marken gewesen. Im übrigen haben die Beklagten in den Tatsacheninstanzen bestritten, daß die Klagemarken schon seinerzeit die Voraussetzungen erfüllten, die an eine bekannte Marke zu stellen sind.
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Entgegen der Ansicht der Revision ist die Feststellung, daß die Voraussetzungen des Schutzes einer bekannten Marke nach § 1 UWG a.F. im Jahre 1986 vorlagen, nicht entbehrlich. Die Beklagten hatten die Benutzung des schriftzuggebundenen Zeichens vor dem 1. Januar 1995 i.S. des § 153 Abs. 1 MarkenG aufgenommen. Die Anwendung dieser Vorschrift ist auch nicht im Hinblick auf den Gestattungsvertrag der Parteien ausgeschlossen. Diese Vereinbarung beschränkt sich auf die Gestattung der Zeichennutzung, ohne daß weitergehende wechselseitige Pflichten der Parteien vereinbart worden wären. Ihr läßt sich nicht entnehmen, daß die Beklagten für den Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses auf den Einwand verzichten wollten, die Voraussetzungen einer Schutzrechtsverletzung hätten bei Benutzungsaufnahme im Jahr 1986 nicht vorgelegen.
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Das Berufungsgericht wird daher die erforderlichen Feststellungen zur Bekanntheit der Klagemarken im Jahr 1986 nachzuholen haben.
52
Dabei reicht es für einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG a.F. wegen Ausnutzung des guten Rufs einer Kennzeichnung als Vorspann für die eigene Leistung aus, daß die Marke der Klägerin im Verkehr einen gewissen Ruf erlangt hat, also bekannt geworden ist, ohne bereits eine berühmte Marke zu sein, und weiterhin, daß diesem Ruf auch eine Werbewirkung und Ausstrahlung auf das in Frage stehende Waren- oder Dienstleistungsangebot zukommt (vgl. BGHZ 113, 82, 85 - Salomon). Sollte das Berufungsgericht bereits für das Jahr 1986 feststellen, daß die Klagemarken die Voraussetzungen erfüllten, die an bekannte Marken zu stellen sind, ist entgegen der Ansicht der Anschlußrevision die vom Berufungsgericht angenommene Rufausbeutung nach § 1 UWG a.F. nicht zu beanstanden. Denn der Werbewert der - unterstellt - bekannten Marken der Klägerin wird im Fall der identischen Übernahme des typischen Schriftzugs der Marken der Klägerin, die für Bekleidungsstücke geschützt sind, auf das von der Beklagten zu 2 betriebene Tanzlokal übertragen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Büscher
Schaffert Bergmann

Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 29.01.2002 - 17 O 422/01 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 21.11.2002 - 2 U 29/02 -

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.